Super Acht - M.J. Crown - E-Book

Super Acht E-Book

M.J. Crown

4,7

Beschreibung

Ein Super-Acht-Film treibt den Detektiv Christian Blake in den Wahnsinn. Ein bestialischer Mord an einer jungen Frau lässt ihn in einen wahr gewordenen Alptraum fallen. Ein Geflecht aus Tabus und der Ignoranz moralischer Grundsätze der Londoner High-Society überrennt ihn. Auf der Suche nach dem Mörder und dessen Auftraggeber wird Blake von Dämonen getrieben und ist bereit, sich selbst aufzugeben. Ist er so auswegslos gefangen, um selbst zum Mörder zu werden?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 256

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
4,7 (18 Bewertungen)
13
5
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


SUPER ACHT

Die Frau aus der Retroperspektive

MJ Crown

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nd.de abrufbar.

1. Auflage 2016

Cover: © Sarah Buhr, www.covermanufaktur.com unter

Verwendung Bildmaterial www.shutterstock.com

Lektorat: Nathalie Kutscher,

www.kutscher-lektorate.jimdo.com

Satz: Patricia Knorr-Triebe

Herstellung: Patricia Knorr-Triebe

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016

Copyright: © 2016 MJ Crown

Best-OFF-Verlag. Alle Rechte vorbehalten.

Postfach 12 03 47 D-93025 Regensburg

Tel. +0049 (0)9404/​96 14 84

Fax +0049 (0)9404/​96 14 85

E-Mail: [email protected]

Homepage: www.best-off-verlag.de

Print: ISBN 978-3-942427-97-6

e-book 978-3-96133-042-3

Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Zitat

Über die Autorin

Weitere Romane

Kapitel 1

Starke Windböen pressten unnachgiebig gegen die Fensterscheiben. Unerbittlich suchte der Wind einen Weg durch die gläserne Barriere in das Innere des Hauses. Vergeblich wirkte die Kraft. Doch das Nachgeben, das Dehnen des Glases füllte unüberhörbar den Raum.

Hinter den schützenden Mauern stand Dr. Jacob Cleever in einem spärlich beleuchteten Zimmer. Er wählte eine Nummer auf dem antiken Telefon und verharrte plötzlich. Äußerlich schien er ruhig, denn er traf zielsicher die runden Aussparungen in der schwarzen Plastikscheibe. Wie er das mit ruhiger Hand fertigbrachte, war ihm ein Rätsel, da er innerlich tausend Tode starb und unter der Haut wie Espenlaub zitterte.

Der Sturm hinterließ ein heulendes Pfeifen, als er um die Ecken des Gebäudes raste. Er mahnte zur Umsicht und drohte Unheil an. Es war wie ein Omen. Nichts von dem, was Cleever jetzt tun sollte, musste geschehen. Alles könnte bleiben, wie es war - unbeschwert.

Steif lehnte er sich gegen den Sekretär und schaute Lady Chamberlain verunsichert an. Unmut und Gewissensbisse zeichneten ihn. Er wünschte sich inständig, er könnte sie wie das kleine Mädchen von früher von ihrem Vorhaben abbringen. Gedanklich reiste er in die Vergangenheit. Er hatte sie immer auf dem Arm genommen, wenn sie in das Arbeitszimmer ihres Vaters hereingeplatzt war, selbst dann, wenn sie ungelegen kam. Für sie war er immer ihr Onkel Jacob gewesen. Sie kannten sich und sie hatte ihm immer vertraut. Aus dem Kind war eine selbstbewusste Frau geworden, die keinerlei Aufschub ihres Anliegens duldete. Cleever erkannte das unschwer in ihrem Gesicht. Die Sache lag ihr wie ein Stein auf der Seele und brannte ihr unablässig wie Feuer unter den Nägeln. Zweifel waren fehl am Platz. In dieser Angelegenheit zählte für sie keine andere Meinung - nur ihre eigene. Selbst ein kurzer Aufschub schien aussichtslos.

Das angedeutete Kopfschütteln des Rechtsberaters, seine unbewusste Geste, sie möge die Toten ruhen lassen, ignorierte die Adelige. Der Dackelblick des Anwaltes fiel auf fruchtlosen Boden.

Giftig funkelten Lady Chamberlains tiefgrüne Augen, blitzten ihren Mitwisser an. Sie fand es unter ihrer Würde, den aufflammenden Konflikt mit Cleever verbal auszutragen. Nachdrücklich, aber dezent, nickte sie ihm auffordernd zu. Sie kannte ihre kühle Seite und war sich durchaus ihrer Wirkung bewusst. Die Geste war keine Bitte. Es war ein Befehl. Ob sie die Vorbehalte ihres Gehilfen ausräumen konnte, interessierte sie nicht. Das erschien ihr unerheblich. Ohne Skrupel konterte sie scharf den Blick des Rechtsanwalts. Er verweilte beharrlich auf ihm, brannte ihm im Nacken, bis er die letzte Zahl gewählt hatte.

Wie so oft setzte sie sich mit ihren Mitteln durch. Was konnte er dagegen halten? Vertrauter hin oder her. Jetzt war er nur noch ein Überbleibsel ihres Vaters und in letzter Instanz bezahlte sie ihn für eine Dienstleistung. Und das nicht schlecht, wie sie meinte. Geld steht über allem und es öffnet Wege und Möglichkeiten in jeder Hinsicht. Bei diesem Gedanken wurde es ihr warm ums Herz, denn Geld hatte sie mehr als genug. Es ließ sie in Sicherheit wiegen unantastbar zu sein.

Krampfhaft hielt Cleever den Telefonhörer an sein Ohr und lauschte dem entgegenkommenden Tuten. Viel zu fest drückte er die Muschel gegen die Haut. Es schmerzte und das erste Freizeichen hörte er nur gedämpft. Nervös rückte er den Hörer zurecht. Seine Haltung wurde steifer und sah unnatürlich aus. Ein weiterer Ton folgte. Er schien ihm lauter als der Vorangegangene. Die Spannung erhöhte sich und man konnte ihr Vibrieren in der Luft spüren.

Nur das Heulen des Windes und das Geräusch in der Leitung durchbrach die Stille des Raumes. Es erweckte den Eindruck, als hätten die Anwesenden einfach aufgehört zu existieren.

Überlaut schrillte das dritte Freizeichen in Cleevers Ohr. Ein kurzes Knacken folgte.

»Blake.«

Smart und unaufdringlich drang Blakes Stimme bis zu Lady Chamberlain vor.

Den Bruchteil einer Sekunde zu lang zögerte der Jurist, um sich vorzustellen. Genau das passte der Lady nicht und sie grub erneut ihre Waffen aus. Dieses Mal deutlicher als zu irgendeinem Zeitpunkt zuvor nickte sie dem Anwalt zu und vergaß ihre majestätische Haltung darüber. Die Lippen zu einem Strich zusammengekniffen, warf sie ihm einen bösen Blick zu und streckte ihm ihren Arm heftig entgegen. Wies auf den Anrufer. Die überschnelle Bewegung löste ein Nachbeben des Armes aus und kündigte bereits Konsequenzen an.

»Cleever. … Cleever mein Name.«

Der Berater drehte seiner Dienstherrin eingeschüchtert den Rücken zu. Es entstand nur eine kurze Pause, nicht lang genug, um eine Antwort abzuwarten. Hastig fuhr er fort und spulte den verinnerlichten Text ab.

»Dr. Cleever, Rechtsanwalt. Spreche ich mit Mister Christian Blake? … Ich möchte einen Auftrag an Sie vergeben.«

»Ja also, wenn Sie mich meinen, dann ja«, tönte es aus der Muschel.

Verwirrt über die ihm merkwürdig erscheinende Aussage, fragte der Anwalt wiederholt nach und vergewisserte sich, dass er mit dem Detektiv Christian Blake sprach.

Nachdem das kleine Missverständnis aufgeklärt war, bat er den Privatdetektiv umständlich sich eines Falles anzunehmen. Die Einzelheiten wollte er nicht am Telefon besprechen. Alles sei zu komplex und äußerst brisant.

Intuitiv, ohne nachzudenken, lehnte Blake ab und beendete das Telefonat mit den besten Wünschen für den bereits angebrochenen Abend.

Nach dem Gespräch hinterließ Blake, ohne es zu ahnen einen Mann, der mit der Absage äußerst zufrieden schien. Lady Chamberlain hingegen zeigte sich trotz aller Zweifel an Blake mit dem Ausgang des Gespräches unzufrieden.

Deprimiert saß sie auf dem schweren Sofa und beugte ihren Kopf vergrämt und hoffnungslos in ihre Handflächen. Stützte sich darin schwer auf. Dicke salzige Tränen flossen ihr über das Gesicht und verschmierten das perfekte Make-up. Ihr anhaltendes Schluchzen wurde durch das sonore Klingeln des Telefons unterbrochen. Der unerwartete Anruf verwirrte die Anwesenden. Ein neuer Funken Hoffnung schimmerte aus den Augen der jungen Lady Sarah und sie blickte erwartungsvoll zu dem rappelnden Apparat, als ihr Anwalt zum Hörer griff.

»Blake noch einmal.«

»Ja?«

»Dr. Cleever, Sie haben mich neugierig gemacht. Also ich kann nichts versprechen, aber ich werde mir Ihre Situation anhören. Können wir uns darauf einigen?«

Im Sinne seiner Auftraggeberin war er einverstanden, auch wenn er das leidvolle Kapitel vor wenigen Minuten in die ewigen Jagdgründe geschickt hatte. Da es eilte, bestellte er den Detektiv am selben Abend zu der Hausadresse der Chamberlains. Alle Details müsste man persönlich besprechen und er möge sich pünktlich um neun Uhr einfinden. Obwohl Bake entgegenkommend einen Lösungsvorschlag unterbreitete, erklärte Cleever ruppig, eine Verspätung wäre unakzeptabel und der Auftrag ginge verloren. Zu guter Letzt forderte der Jurist absolute Diskretion ein. Blake versicherte beides.

Befreit legte der Anwalt den Telefonhörer auf die Gabel zurück. Eine getroffene Entscheidung mehr, die er von sich schob.

Obwohl Lady Chamberlain erleichtert über das Kommen des Detektivs war, äußerte sie erneut Besorgnis an seiner Wahl. Die beiden hatten bereits unzählige Male über Blake diskutiert. Die Debatte entflammte von Neuem. Die Adelige äußerte enorme Bedenken, ob er der Richtige für diesen Auftrag sei und er ihren Wünschen gerecht würde. An erster Stelle stand Umsichtigkeit. Verschwiegenheit zählte ebenfalls zu ihren Prioritäten. Erfolgreich hätte er sein sollen, doch Erfolg sprach sie ihm gänzlich ab. Aus einer erstellten Liste blieb lediglich sein Name übrig, der den gesetzten Kriterien entsprach. Austauschbare Namen der infrage kommenden Detektive strich man nach eingehender Diskussion durch. Hätte Cleever Lady Chamberlains Beanstandungen nicht mehrfach zurückgestellt, wäre die Wahl möglicherweise anders ausgefallen.

Derweil saß Christian Blake bequem zurückgelehnt in einem Bürosessel vor seinem Schreibtisch. Nachdenklich legte er einen Fuß auf die Arbeitsplatte und schlug die Beine übereinander. Er wippte und zündete sich mit zusammengekniffenen Augen eine Zigarette an.

Gedankenverloren wiederholte er alle Eindrücke und Überlegungen seit dem ersten Gespräch mit Cleever und vermischte sie chronologisch ungeordnet mit Erinnerungen aus seinem Leben.

Mhhh, … Der alte Chamberlain ist doch tot. … Dann … Die Tochter von DEM Chamberlain? Was will diese eingebildete Schnepfe von mir?

Nachdenklich runzelte der Ermittler die Stirn und sinnierte in langgezogen Großbuchstaben. Was zum Teufel? Die haben doch Geld wie Heu!

Ob er mit seiner Zusage die richtige Entscheidung getroffen hatte, war ihm unklar. Vielleicht hatte er zu schnell und unüberlegt zurückgerufen. Er haderte mit sich. Zweifelnd nahm er den letzten Schluck des billigen Bourbons aus der geöffneten Flasche. Schmatzte, wischte mit seinem Handrücken den Mund ab und nahm einen tiefen Zug von der glimmenden Zigarette.

Während er größer werdende Rauchkringel gegen die Decke blies, rätselte er über die Einzelheiten und was er überhaupt von der Frau wusste. Er kannte die Dame adeliger Abstammung nur aus der Presse und aus dem Fernsehen. Jung, gerade dreißig und bildhübsch. Obwohl sie viele Benefizveranstaltungen organisierte und finanzierte, sagte man ihr Geiz und Hochmut nach. Er erinnerte sich, dass ihre Mutter früh starb und der Vater, der Earl sie allein aufzog. Doch den segnete vor ein paar Wochen das Zeitliche - Altersschwäche hieß es offiziell.

Genau sah der Detektiv die Schlagzeilen in der Boulevardpresse vor seinen Augen und von welch großem Verlust man für die Londoner Gesellschaft sprach. Jetzt bewohnte die einzige Tochter einen der Familiensitze unweit des Belgravia Square Garden. Vage rief er sich ins Gedächtnis, dass es eines der wenigen freistehenden Häuser in einem der vornehmsten Stadtteile Londons war. Reich und reich gesellt sich gern, geisterte es ihm durch den Sinn und er dachte an all die Millionäre und erfolgreichen Menschen, die in dieser Gegend wohnten.

Stichpunktartig legte er die gesammelten Informationen in einer eigens neu angelegten Schublade in seinem Kopf ab.

Einen Reim, warum ausgerechnet er von dem aalglatten Hausanwalt der Familie, für was auch immer beauftragt wurde, konnte er sich beim besten Willen nicht darauf machen. Man munkelte, ohne dem Rechtsverdreher etwas anlasten zu können, er habe für die unsauberen Geschäfte des alten Chamberlains hohe Schmiergelder gezahlt und das eine oder andere gelungen vertuscht. Trotzdem hielten sich einige Gerüchte hartnäckig.

Rein aus finanziellen Aspekten konnte er den Auftrag nicht ausschlagen, intuitiv hatte er sofort abgelehnt. Nur sein Überlebenswille veranlasste ihn zu einer solch absurden Zusage. Obendrein gesellte sich Neugierde dazu. Die Frage nach dem Was und welchen Dreck diese Leute zu verbergen hatten, war ein Treiber, den er einfach nicht ausblenden konnte.

Privat und beruflich lief es für den gewerbsmäßigen Schnüffler katastrophal. Nach dem verhängnisvollen Unfalltod seiner Frau und Tochter glitt ihm das Leben aus den Händen. Der einst stetige Erfolg und das Geld mieden ihn beharrlich. Selbst kleinere Mandate blieben immer öfter aus. Falls sich dann doch jemand zu ihm verirrte, reichte das Honorar gerade so, um über die Runden zu kommen. Nennenswerte Klienten oder besser dotierte Aufträge konnte Blake, weiß Gott, schon ewig nicht mehr vorweisen. Sah den Anruf als Wink des Schicksals, als persönliche zweite Chance wieder an die Spitze der Gesellschaft aufzusteigen. Leider saß er heute da, wo er war. Fand seine Lage mehr als armselig. Er sah sich um und resümierte seine Eindrücke. Das Büro war klein und schäbig. Wie lange die Wände keine Farbe mehr gesehen hatten, wusste er nicht mehr genau. Sie waren durch den Rauch der unzähligen Zigaretten, die er konsumierte stark vergilbt. Der Boden roch latent nach dem verschütteten Fusel des einsamen Saufgelages der letzten Nacht. Der Alkohol war seit Jahren sein bester Freund und zog ihn ohne Unterlass in den schwer zu ertragenden und tiefer werdenden Abgrund.

Was hatte er zu verlieren? Wieso eigentlich nicht?

Mühsam richte sich Blake mit dröhnendem Kopf auf und wankte zum angrenzenden Bad, um sich halbwegs frisch zu machen. Hastig zog er sich saubere Sachen über und sah seit längerem wieder annähernd wie ein Mensch aus. Zum Rasieren fehlte dem Detektiv allerdings die Zeit. Das ins Gesicht gespritzte und lax verschmierte Rasierwasser musste ausreichen.

Gekonnt warf er das Jackett über und schlenderte wankend zur Bürotür hinaus. Das schlechte Wetter störte ihn in keinster Weise. Obwohl der Wind unbarmherzig unter seine Jacke fuhr, fröstelte er nicht. Der Restalkohol wärmte ihn von innen heraus.

Mit seinem runtergekommenen 68er-Chevy fuhr er aus dem Osten der Stadt ins Zentrum und orientierte sich in Richtung Hyde Park Corner, um zu der angegebenen Adresse zu gelangen.

Rastlosigkeit beherrschte ihn und baute einen Spannungszustand in seinem Körper auf. Während der Fahrt tippten seine Finger unablässig und geräuschvoll auf das Lenkrad. Dabei zündete er sich eine Zigarette nach der anderen an. Halb abgeraucht schnippte er sie aus dem Fenster, fand keine Sekunde Entspannung und fieberte dem Termin entgegen. Ohne Unterbrechung kreisten seine Gedanken. Auch wenn Blake erfolglos sein Leben fristete, hieß das nicht, dass er auf den Kopf gefallen war. Er hatte ziemlich genau eine Vorstellung von dem, was ihn erwarten würde. Er wettete auf etwas Krummes oder gar Illegales. Für die echten Jobs gab es echte Detektive und echte Anwälte, … einen wie Cleever, bemerkte er innerlich abfällig. Sich selbst zählte er nicht mehr zu diesem Kreis. Das gehörte bereits der Vergangenheit an. Während er über die vielen möglichen und dreckigen Jobs nachdachte, passierte er eine Botschaft und fuhr an den vornehmsten Stadthäusern vorbei. Er lugte wiederholt aus dem Beifahrerfenster, um das Haus der Chamberlains nicht zu verpassen.

Nachdem Blake aus dem Wagen gestiegen war und mehr als laut die Tür zuschlug, lehnte er sich gegen sein Auto. Mit verschränkten Armen und einer Zigarette im Mund begutachtete er das Anwesen. Nach zermürbenden Gedanken, weshalb er hier sein sollte, zog er noch zwei Mal tief an seinem Glimmstängel und warf ihn achtlos auf den Boden. Festen Schrittes überquerte er den Fußsteig, um an der Klingel zu läuten. Schon bevor sich das edle Metalltor öffnete, fühlte er sich durch die Überwachungsanlage beobachtet und begutachtet. Es war ein unangenehmes Gefühl und es schauderte ihn.

Auf dem Weg zu der vor ihm liegenden weißen Villa überlegte er sich umzudrehen und die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Sein Zögern wurde dann doch von der Neugier überwältigt. Jeder einzelne Schritt während dieser kurzen Strecke knirschte laut. Es war, als würde das Kieselsteinknirschen dem eigentümlich begonnenen Abend, eine unbekannte Wendung bringen. Wohin oder zu was auch immer.

Ohne eine Begrüßung wurde der Detektiv vom Butler mit einer leichten Verbeugung ins Haus gebeten. Mit einer dezenten Handbewegung zeigte der Hausdiener dem Gast den Weg in den roten Salon, in dem das Adelsblut und Dr. Cleever bereits ungeduldig auf ihn warteten.

Ohne, dass sich Lady Chamberlain erhob und bevor Blake sie sah, sprach sie ihn aus dem Verborgenen an.

»Schön, dass Sie den Weg doch noch gefunden haben. Ich habe bereits nicht mehr mit Ihnen gerechnet!« Die Stimme ertönte von dem großen Ledersofa, von dem er lediglich den Rücken mit monströs vertieften Knöpfen in dunklem Leder betrachten konnte.

Typisch britisch, huschte es dem Detektiv durch den Kopf. Gleichzeitig stolperten auch die unwirschen Gedanken, unhöflich und Schnepfe darüber. Zumindest hätte sie der Höflichkeit halber aufstehen können. Aber nichts dergleichen geschah.

Trotz des eisigen Empfangs ließ er sich seine Gedanken nicht anmerken und trottete zielstrebig um das Sofa herum. Streckte der attraktiven Frau die Hand entgegen, um sich persönlich vorzustellen und sie zu begrüßen. Mit aufeinandergelegten Händen auf den Oberschenkeln saß sie vor ihm. Hochnäsig und regungslos. Seine Geste blieb unerwidert.

Der nebenstehende Cleever bat Blake säuselnd auf dem Sessel gegenüber Platz zunehmen und bot ihm ein Getränk an. Nachdem der Detektiv einen doppelten Bourbon gereicht bekam, sprach ihn der Rechtsbeistand unmittelbar und übertrieben aufmerksam höflich an.

»Mister Blake, die Angelegenheit ist heikel, um genau zu werden hochbrisant. Um gleich zur Sache zu kommen: Über die Details darf die Öffentlichkeit um keinen Preis ein Sterbenswörtchen erfahren. Noch nicht einmal, dass wir Sie beauftragt haben. Kein Wort zu irgendjemand!«

Große Fragezeichen bildeten sich auf Blakes Stirn und waren von tiefen querliegenden Falten begleitet. Sein Gesichtsausdruck verriet seinem Gegenüber, dass er wahrscheinlich nicht begeistert von dem sein würde, was jetzt zu hören bekam.

Cleever räusperte sich unbeholfen, hüstelte künstlich mit vorgehaltener Hand und fuhr dann leise fort. »Fünfzigtausend Pfund Honorar vorab, zuzüglich zehntausend Pfund Spesen. Selbstverständlich benötigt Lady Chamberlain keine Quittung. Das dürfte für das Erste reichen. Die anderen fünfzigtausend Pfund sind bei Auftragsabschluss an Sie fällig und auszuhändigen. Die Prämie ist erfolgsunabhängig und ebenso unabhängig vom Resultat ihrer Ermittlung.«

Schneidig pfiff Blake durch die Zähne. Atmete bei dem Gedanken an das viele Geld bedeutungsschwer ein. Allerdings schauderte es ihm, was er dafür möglicherweise erledigen müsste. Tausend Möglichkeiten rasten ihm in sekundenschnelle durch den Schädel. Aber nichts davon ergab für ihn einen logischen Sinn. In seiner Gedankenabwesenheit bemerkte er nicht, dass ihm der Mund weit offen stand und er lächerlich wirkte. Als er den fragenden Blick von Cleever sah, begriff er, welchen Eindruck er hinterließ und sammelte sich. Schloss die Lippen, richtete sich kerzengerade auf und fragte mit deutlich klarer Stimme, ob er jemanden für diese Summe ermorden solle.

Doch die Mimik des Anwaltes blieb unverändert. Er wirkte ernst und unbeeindruckt.

»Nein, das steht außer Frage. Zugegebenermaßen bin ich im Besitz von Material, das Sie sehen müssen. Es bedarf einer sorgfältigen Recherche. Im Anschluss benötigen wir eine Verifikation, ob der Inhalt real ist«, erklärte er abgebrüht.

»Ich begreife nicht, welche Hoffnungen Sie in mich setzten? Was soll das überhaupt? Hunderttausend Kröten? Dafür erwarten Sie, dass ich mir etwas ansehe. Was? … Etwa Bilder? …«

In Blakes aufbrausende Worte mischte sich Verwirrtheit. Der Ermittler war unfähig die Situation zu deuten. Einen verzweifelten Analyseversuch brach er kurzerhand ab.

Cleever fiel ihm resolut ins Wort.

»Bitte schenken Sie uns Ihre wertvolle Zeit. Schließlich kamen Sie aus diesem Grund hierher. Anschließend werden Sie verstehen«, schmeichelte der Rechtsanwalt. »Zur Wiederholung: Die Information bleibt in diesen vier Wänden«, bekräftigte er abschließend. Unterstrich die Priorität der Angelegenheit - drückte absolute Gewissheit darüber aus. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er die Forderung der Geheimhaltung, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, durchsetzen würde.

Zeitraubend packte der Jurist eine Filmspule aus einer flachen runden Metalldose aus. Umständlich werkelte er an einem antiquierten Filmabspielgerät herum, um den Film auf die dafür vorgesehene Vorrichtung aufzustecken. Der Ermittler lehnte sich zurück und nahm einen großen Schluck Bourbon aus dem Kristallglas. Mühsam versuchte er sich zu entspannen. Ein schwieriges Unterfangen, da sein Inneres ihm schreiend sagte: Es wird nicht gut, was da kommt. Der Alkohol konnte das flaue Gefühl im Magen nicht betäuben und die klopfenden Warnungen verstummen lassen.

Der Raum wurde verdunkelt und der Film gestartet. Die eingefangene drückende Stimmung erschwerte es Blake entspannt zu sitzen. Er fühlte sich unwohl und deplatziert. Daran änderte auch der Versuch des Hin- und Herrutschens nichts, um die passende Sitzposition auf dem klobigen Ledersessel zu finden.

Gebannt starrte er auf die Leinwand.

Nach gut der Hälfte der Laufzeit konnte sich der Detektiv nicht mehr halten und griff in nach vorn gebückter Körperhaltung zur Bourbonflasche. Das Eingießen in das Glas sparte er sich und trank gleich im Überfluss aus der Flasche. Das Gesehene widerte ihn unverkennbar an und er machte keinen Hehl daraus. Als der Berufsschnüffler den Blick zu seiner Auftraggeberin wandte, sah er, dass sie den Film keines Blickes würdigte. Mit gesenktem Haupt saß sie zusammengekauert und verkrampfte ihre schlanken Finger ineinander. Was denkt die sich nur? Widerlich, dachte er. Das Ende kennt sie höchstwahrscheinlich schon.

Die Haltung der jungen Frau zeugte von keinem guten Ende. Nichtsdestotrotz war Blake gezwungen, den Rest des ihn anekelnden Films anzusehen. Er sollte ja herausfinden, ob der Inhalt authentisch war.

Es vergingen weitere zehn schauderhafte und grausam brutale Minuten. Mit aufgerissenen Augen wurde er Zeuge, wie eine große Menge Blut aus den Wunden der Frau spritzte und auf einer Plastikplane landete, die vor einer Wand gespannt war.

Das war der Moment, in dem der Brechreiz ihn gänzlich übermannte. Über die Sessellehne gebeugt, erbrach er lauthals würgend den kompletten Mageninhalt auf den Teppich.

Nachdem sich der Detektiv bis auf die Gallflüssigkeit entleert hatte und mit dem Ärmel des Jacketts die Reste vom Mund wischte, griff er hastig nach der Flasche Bourbon. In langen Zügen trank er ihn wie Wasser. Er musste sich dringend beruhigen. Fassungslos und völlig aufgewühlt glaubte er nicht, was er unmittelbar zuvor qualvoll mit ansehen musste. Das Entsetzen, der Unglaube und der Ekel schauderten ihn erneut eiskalt und ließen seinen Magen krampfen.

Er fragte sich, ob er wach war und sich überhaupt in der Realität befand? Ob er wirklich gesehen hatte, wie eine wehrlose Frau missbraucht und brutal misshandelt wurde. Geschlagen und am ganzen Körper mit einem Messer malträtiert. Die einst makellose Haut übersät mit Wunden, aus denen es blutete. Wie gequält der Blick der attraktiven Frau aussah. Wie sie stumm schreiend da lag und die zugeführten Schmerzen ertrug, ohne sich wehren zu können. Der entsetzte und zugleich erlöste Ausdruck, als nach getanem Werk ihr von dem Peiniger einfach die Kehle aufgeschlitzt wurde. Als der kleinwüchsige Mann ihr den Rücken kehrte und in die laufende Kamera sah, erkannte man in der Aussparung der Gummimaske ein glorreiches verächtliches Lachen. Schamlos stand er seiner Handlung gegenüber und nahm eine triumphale Haltung ein. Wie ein Jäger, der seine Trophäe präsentierte.

Sein Erscheinungsbild war schmächtig. Allerdings zeigte sein unbekleideter Oberkörper deutlich muskulöse Strukturen eines zugleich zierlichen Körperbaus. In einer Hand hielt er das blutbefleckte Messer, von dessen Spitze dicke rote Tropfen auf den Boden platschten.

An der Stelle, wo der Film stoppte, wirkte es, als sähe die Frau auf dem Standbild Blake direkt in seine Augen. Irritiert und gleichzeitig fasziniert war er unfähig den Blick abzuwenden. Es schien ihm, als bat sie ihn in ein und demselben Moment um Hilfe und lächelte ihm zu. Aber es regte sich nichts mehr an ihr. »Was ist das für eine Scheiße«, schrie er unkontrolliert in den Raum hinein. »Was ist das?! Widerwärtig! Das ist krank! Abartig und pervers!«

Haltlos fuchtelte der Ermittler mit seinen Händen wild umher. Wutentbrannt ballte er die Fäuste zusammen. Mehr als nur empört sprang er auf, um die geheime Zusammenkunft schnurstracks zu verlassen. Doch Dr. Cleever wies ihn in die Schranken. Trat unerwartet schnellen Schrittes auf den Gast zu und drückte ihn unsanft in den Sessel zurück.

»Stopp! Sitzen bleiben«, forderte er drohend.

Durch die Nickelbrille brannten messerscharfe Augenpaare Löcher in den Detektiv.

»Wir wissen selbst nicht, welche Bedeutung dem Film beizumessen ist. Deswegen sind Sie hier«, lenkte er ein. Nach dem ersten Augenkontakt und feindseligen Blickwechsel zwischen den beiden Männern beruhigte sich die Lage einigermaßen. Blake beherrschte sich wieder.

Cleever schlug vor, von Anfang an sein gesamtes Wissen zu offenbaren. Aufmerksam solle der Ermittler seine Schilderung verfolgen. Sofern möglich, würde er seine Fragen beantworten. So berichte der Rechtsberater ab dem Zeitpunkt, als der Vater seiner Auftraggeberin verstarb. Es war ein düsterer Monolog und die Tatsachen erinnerten den Privatdetektiv an einen schwarzen Horrorfilm.

Von dem Rechtsanwalt erhielt er die Information, dass Lady Chamberlain den Film, nebst diversen Fotos im Tresor des Arbeitszimmers ihres Vaters gefunden habe. Wie selbstverständlich gab es keine Dokumentation und kein Indiz, woher die Hinterlassenschaft stammte. Lediglich die Filmrolle wurde als Super-Acht-Format identifiziert.

Die abgelichtete Frau blieb ihm und der Erbin eine Unbekannte. Das Familienarchiv war bereits durchforstet. Man konnte keinen einzigen Anhaltspunkt zur Identifizierung finden.

»Und an jenem Punkt kommen Sie ins Gespräch. Finden Sie heraus, wer die Frau ist und ob sie lebt. Ich kann das nicht übernehmen, da sind Lady Chamberlain und ich uns d'accord. Es würde ein desaströses Licht auf den Namen des Hauses werfen und den exzellenten Ruf der Familie schwer beschädigen.«

Ja, … in Verruf bringen, … du blasierter Affe, sprang es dem Ermittler durch den Kopf, bevor er wahrhaft blasphemisch rebellierte: »Es war Mord oder an was dachten Sie da?«

»Das Wort sprechen wir nicht aus«, entgegnete der Anwalt schroff und schnitt dem geladenen Gast den nächsten Satz ab.

»Wir sind unsicher, was das ist!« Er verfiel in das Majestätische und legte die Betonung auf das.

Stille füllte den Raum - unheimliche Friedhofsstille. Sie schnürte sich wie ein Korsett um Blake und machte ihm das Atmen unmöglich. Für einen kurzen Moment hörte er auf zu existieren. Das Aufflackern schwarzer Punkte vor den Augen ließ ihn wieder zur Besinnung kommen. Er atmete kräftig ein und verhinderte rechtzeitig einen vor dem Ausbruch stehenden Tobsuchtsanfall. Der in die Lungen eingesogene Sauerstoff brachte die notwendige Klarheit zurück.

Ob Feind oder Freund, den Anwesenden war klar, sollte nur ein Detail an die Öffentlichkeit geraten, wäre Lady Chamberlain gesellschaftlich tot. Jedes der krummen und nachgesagten Geschäfte des Alten würde erneut unter die Lupe genommen werden. Zu guter Letzt wäre der Earl ein entlarvter Mörder oder zumindest ein Helfershelfer - die Erbin als Tochter einer Bestie abgestempelt. Das Kind eines Mörders zu sein war gleichbedeutend das Ende in der High Society Gesellschaft.

Unsicher blickte Lady Chamberlain den Ermittler an.

»Mr. Blake. Ich benötige dringend Ihre Hilfe«, flüsterte sie inständig bittend und voller Demut. Eine Haltung, die man von ihr nicht kannte und den Detektiv erweichen ließ. Sie wirkte auf ihn wie eine zerbrechliche, bewegliche Porzellanpuppe, die überall schon Risse besaß und nur noch einen kleinen Schups brauchte, um in tausend Teile zu zerspringen. Dessen einziger Zweck die Freigabe der geschundenen Seele aus ihrem körperlichen Gefängnis war.

Nach ein paar weiteren gehemmten Blickkontakten und Ergänzungen der Adeligen nickte Blake fast unmerkbar zustimmend.

Obwohl sie wie ein Häufchen Elend vor ihm saß und aus seiner Sicht keine nennenswerten positiven Eigenschaften besaß, bewunderte er sie für ihre typisch britische Art, die er sich nie aneignen konnte. Sie war dermaßen englisch, wie James Bond und Mary Poppins in einem. Snobismus und einen Charme in vollendeter Reinheit. Die Queen wäre angetan gewesen. Warum drückten sich Briten so gewählt und viel klüger aus als er? Er verinnerlichte ihren Akzent und wurde butterweich.

»Gut«, kam es krächzend und heiser aus ihm hervor. Mit diesem Entschluss würde er für die Lösung des Falls durch die Hölle gehen müssen, stellte er nüchtern fest.

Obwohl der Hausanwalt die Vorhänge an den raumhohen Fenstern bereits aufgezogen hatte, verflüchtigte sich die negative Schwingung im Raum nicht. Wurde von den kräftigen Windböen, das ineinandergreifende Jaulen und Pfeifen untermalt und verstärkt.

Cleevers Gang war gebückt, als läge eine unsichtbare Last auf seinen Schultern. Schwere Säcke, die ihn den Oberkörper beugen ließen und die Schultern gegen Boden drückten. Der schleppende schlurfende Gang unterstrich diesen Eindruck deutlich.

Blake verfolgte ihn aus den Augenwinkeln und beobachte, wie er einen prall gefüllten Umschlag aus dem Sekretär nahm, die Klappe gedankenverloren geöffnet ließ und zu ihm trottete. Wortlos hielt Cleever dem Detektiv den Briefumschlag entgegen. Nachdrücklich schob er ihn in seine Richtung, da Blake stockte. Zögerlich, aber dann doch bestimmt, nahm der Privatdetektiv das dicke Kuvert an.

»So, und wie geht es jetzt weiter?«

»Das ist der vereinbarte Vorschuss nebst Spesen«, entfuhr es Cleever reserviert. »Recherchieren Sie mit allen Mitteln, die Ihnen zur Verfügung stehen und spüren Sie die Frau auf. Ich möchte alles über sie in Erfahrung gebracht wissen. Bis zum Abschluss des Falles melden Sie sich nicht mehr. Ein weiterer Kontakt zwischen uns findet unter keinen Umständen statt. Es ist gleichgültig, welche Gründe Sie auch immer dafür in Betracht ziehen. Meiden Sie dieses Haus und machen ebenfalls einen großen Bogen um dieses Viertel. Alles was Sie brauchen haben Sie gesehen. Die Fotos bleiben im Safe unter Verschluss, genauso wie der Film. Prägen Sie sich die Sachverhalte gut ein. Aber bitte machen Sie sich eine Notiz. In dem Aluminiumgehäuse der Filmrolle ist eine Buchstaben-Nummern-Kombination eingestanzt. Vielleicht können Sie diese Information zu Ihrem Vorteil nutzen.«

Cleever wusste, was er wollte: Keine Zeugen und auch keine Mitwisser. Mit dieser Aussage verabschiedete er sich bei dem Detektiv und bat ihn nun verbindlich das Anwesen zu verlassen.

Etwas forsch, wie der Ermittler meinte, aber er folgte der Aufforderung. Eine formelle Verabschiedung zwischen ihm und der Lady fand nicht statt. Blake huschte aus dem Salon in das großzügig angelegte Foyer. Schweigsam erwartete ihn bereits der Butler, der ihn wie ein Wachhund den Rest des Weges begleitete. Die Absätze schlugen klackernd schallend auf den Marmorboden auf, als er zum Ausgang schritt. Kaum hatte er die Eingangstür durchquert, schloss diese auch schon hinter ihm und er stand in der Schwärze der Nacht. Mit zugekniffenen Augen versuchte er sich an die Dunkelheit zu gewöhnen und der weiße Kies wurde weißer im drohenden Schwarz der bereits tief hereingebrochenen Nacht.

Die Haare richteten sich auf Blakes Haut auf, als er knirschend über den Kies lief und auf seinen Chevy zusteuerte. Es schauderte ihn, als die Nacht ihn empfing und enger werdend umschlang.

Kapitel 2

Feiner Nieselregen setzte ein. Eilig rutschte Blake auf seinen Autositz. Ihm war immer noch speiübel. Innerlich aufgepeitscht ging ihm der Film an die Nieren. Ein Gefühl, das den Magen gewaltig zuschnürte, stellte sich ein. Der Brechreiz wurde nur leicht vom Bourbon überdeckt und der bittere Geschmack von Erbrochenem lag ihm in der Kehle.

Nachdem sich die Wagentür mit einem lauten Krachen schloss, schmiss er den Umschlag beiläufig auf den Beifahrersitz. Erst einmal durchatmen, tief durchatmen, beruhigte sich der Detektiv wiederkehrend.

Dennoch riss er hastig den Briefumschlag auf und zog eines der fülligen Bündel heraus. Hielt den prallen Packen Geld in der Hand und blätterte die Scheine. Einhundert brandneue Fünfzigpfundnoten. Skeptisch ließ er den Daumen erneut über den dicken Stapel fahren. Unglaublich, schwirrte es ihm durch die Gehirnwindungen. Das war noch nicht einmal der Spesenvorschuss.

Der Magen rebellierte und eine weitere Welle der Mahnungen und Drohungen zu unheilvollen Ereignissen breitete sich in ihm aus.

Blakes Gewissen riet ihm, das Honorar zurückzugeben und alles auf sich beruhen zu lassen. Es fühlte sich falsch an, den Fall zu verfolgen. Letztendlich gab es nur zwei Richtungen, in die die Ermittlung laufen könnte. Entweder wäre er Gehilfe bei einer Vertuschungsaktion oder im Gegensatz dazu, sollte er den Earl eines schweren Verbrechens überführen. Sollte letzterer Fall eintreten, verlangte Cleever die Aufklärung eines Mordes und den Täter nebst Opfer auf einem silbernen Tablett serviert. Bei einem Toten, zudem ohne Zeugen, wäre das höchstwahrscheinlich ein schwieriges Unterfangen. Ganz bestimmt bedürfte es zur Klärung auch nicht ganz legaler Methoden.

Wie viel kriminelle Energie müsste er aufbringen?

Dafür würde er todsicher in Teufels Küche landen. Was ihn genau im Zuge der Nachforschungen erwarten würde, war unklar. Er hatte nur eine vage Vorstellung, in welche Probleme er schlittern könnte.

Die Möglichkeit das Geld zu behalten zog er ebenfalls in Betracht. Niemand wäre wirklich geschädigt und würde je etwas davon erfahren. Aber lag ihm das?