Superflashboy - Salah Naoura - E-Book

Superflashboy E-Book

Salah Naoura

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Beschreibung

Torben-Henrik fühlt sich völlig falsch in seiner Familie. Am liebsten wäre er ein Superheld, so wie sein Idol Flashboy. Immerhin kann er locker 40 Liegestütze und ist überhaupt ganz schön stark – dafür aber auch absolut unmusikalisch, im Gegensatz zum Rest seiner nerdigen Familie. Eines Tages passiert das Unglaubliche: Torben-Henrik gelangt durch einen geheimen Tunnel in die Superheldenstadt Hero City, wo alle Superhelden leben – natürlich auch Flashboy! Doch der ist in Wirklichkeit kein bisschen heldenhaft, sondern ein musikalischer Nerd mit Schaumstoffmuskeln, der sich genau wie Torben-Henrik ganz falsch in seiner Familie fühlt. Klar, dass die beiden Jungs auf die geniale Idee kommen, die Rollen zu tauschen ... Ob das wohl jemand merkt? EIN SUPERABENTEUER VON SUPERAUTOR Salah Naoura SUPER ILLUSTRIERT VON KAI SCHÜTTLER

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Seitenzahl: 141

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Salah Naoura

Superflashboy

Mit Bildern von Kai Schüttler

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Torben-Henrik fühlt sich völlig falsch in seiner Familie. Am liebsten wäre er ein Superheld, so wie sein Idol Flashboy. Immerhin kann er locker 40 Liegestütze und ist überhaupt ganz schön stark – dafür aber auch absolut unmusikalisch, im Gegensatz zum Rest seiner nerdigen Familie.

Eines Tages passiert das Unglaubliche: Torben-Henrik gelangt durch einen geheimen Tunnel in die Superheldenstadt Hero City, wo alle Superhelden leben – natürlich auch Flashboy! Doch der ist in Wirklichkeit kein bisschen heldenhaft, sondern ein musikalischer Nerd mit Schaumstoffmuskeln, der sich genau wie Torben-Henrik ganz falsch in seiner Familie fühlt. Klar, dass die beiden Jungs auf die geniale Idee kommen, die Rollen zu tauschen ... Ob das wohl jemand merkt?

 

Ein Superabenteuer von Superautor Salah Naoura – super illustriert von Kai Schüttler

Über Salah Naoura

Salah Naoura, geboren 1964, studierte Deutsch und Schwedisch in Berlin und Stockholm und arbeitete danach zunächst zwei Jahre als Lektor in einem Kinderbuchverlag. Seit 1995 ist er freier Übersetzer und Autor. Er übersetzte zahlreiche Kinder-, Jugend- und Sachbücher und veröffentlichte eigene Kinderromane, Erstlesebücher, Gedichte und Geschichten für Kinder. Als Übersetzer wurde er 1992 und 2013 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Sein Kinderroman «Matti, Sami und die drei größten Fehler des Universums» wurde mit dem Peter-Härtling-Preis und dem Jahres-LUCHS von der ZEIT und Radio Bremen prämiert, der Autor selbst als Lesekünstler des Jahres ausgezeichnet.

 

Kai Schüttler, geboren 1988, studierte Design an der FH Münster mit dem Schwerpunkt Illustration. Seit seinem Bachelor 2013 lebt und arbeitet er in Borghorst (Steinfurt) als freiberuflicher Illustrator. Neben Kinderbüchern arbeitet er an Projekten aus den verschiedensten Bereichen wie z.B. Editorialillustration.

Das Superheldenkostüm

Grelle Blitze zerschneiden den Nachthimmel in gezackte Puzzleteile. Donner grollt, und Regen rauscht herab. Gerade eben, in der Sekunde, als alles hell erleuchtet war, sah es so aus, als würde etwas raketenschnell durch die Wolken jagen! Eine optische Täuschung? Da! Noch mal! Wieder wird die Landschaft ein Augenblinzeln lang in grelles Licht getaucht. Und wieder ist am Himmel dieses fliegende Ding zu sehen. Es nimmt Kurs auf die Stadt.

Ist es ein Vogel?

Ist es ein Flugzeug?

Oder ein UFO?

NEIN!

Es ist Flashboy, der Superjunge! Der stärkste Kinderheld der Welt! Er ist stark wie zwanzig Elefanten! In seinen Augen glüht ein Feuer! Aus seinen Armen schießen Blitze! Er fliegt ohne Landkarte oder Navi und weiß trotzdem immer, wo er hinmuss. Genau dorthin, wo gerade jemand in Not ist. Flashboy rettet Menschen aus größter Gefahr! Diesmal eine Familie mit zwei Kindern, die mit ihrem Auto auf der Stadtbrücke durch die Leitplanke gekracht ist. Nun hängt der Wagen nur noch mit dem linken Hinterrad am Brückengeländer. Bei strömendem Regen und mitten in der Nacht. Jede Sekunde könnten die Unglücklichen in die Tiefe stürzen, hinab in die dunklen, kalten Fluten des Flusses!

«Flaaashboooy!», rufen die Kinder panisch aus den Autofenstern. «Reeette uns! Hiiilfe, wir stüüürzen aaab!»

Und schon ist er da! Schnell wie ein Blitz.

Elegant und lässig schwingt sich Flashboy aus der Luft über das Brückengeländer, öffnet die Heckklappe, packt den Rand des Kofferraums und spannt seine supermuskulösen Arme an. Ein kurzer Ruck, dann steht der Wagen wieder sicher auf der Brücke. «Daaanke, Flash!», jubeln die Kinder, und ihre Eltern weinen vor Glück …

Ungefähr so stellt sich Torben-Henrik seine erste Heldentat als Flashboy vor, als er abends in seinem täuschend echt aussehenden Kostüm vor dem Spiegel steht. Morgen ist Fasching, und alle dürfen verkleidet zum Unterricht erscheinen. Torben-Henrik hat seine Eltern wochenlang genervt, ihm das Flashboykostüm zu kaufen. Und nun hat er es endlich, und es passt wie angegossen. Jedes Detail stimmt. Die schwarze Augenmaske. Die grüne Hose. Der rote Umhang, die roten Stiefel und Handschuhe. Und das große rote F auf seinem Muskelshirt! Torben-Henrik sieht Flashboy wirklich ähnlich. Was heißt hier ähnlich, im Grunde sieht er genauso aus! Die beiden könnten Zwillinge sein, und wenn Flashboy, der Superheldenjunge, in einem Film mitspielen würde und vor einer wichtigen Szene krank würde, könnte Torben-Henrik ihn sofort vertreten. Keiner würde etwas merken. Er wäre das perfekte Flashboy-Double, schon wegen der Muckis. Okay, die könnten noch ein wenig größer sein, aber Torben-Henrik arbeitet daran … Ausgerechnet, als er sich vorm Spiegel kurz nach rechts dreht, um zu gucken, wie die Flashboyhose so am Hintern sitzt, fliegt die Tür auf, und seine kleine Schwester Anna-Lara kommt herein. Torben-Henrik zuckt vor Schreck zusammen, was bestimmt nicht gerade heldenhaft aussieht.

«Mann, du sollst doch anklopfen!»

«Essen ist fertig», sagt Anna-Lara. «Das sieht ja doof aus! Als was gehst ’n du?»

«Selber doof!», blafft Torben-Henrik. «Als Flashboy natürlich! Und du bestimmt wieder als hässliche Prinzessin mit verbogener Krone!»

«Die ist gar nicht verbogen!»

Und dann erklärt seine Schwester ihm lang und breit, dass die Krone schief sein muss, weil man auf dem Planeten Galaktika eben genau solche schiefen Kronen trägt, das ist dort Kronenmode. Und dass Prinzessin Lagana auch nicht hässlich ist, sondern die Fangzähne und der Böppel auf der Stirn dort ganz normal sind. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass alle Galaktikaner so aussehen.

«Wie oft soll ich’s dir noch sagen, Anna-Lara: Den Planeten Galaktika gibt es nicht in Wirklichkeit, das ist ein Film. Und die Böppel auf der Stirn sind angeklebt!»

«Du hast doch keine Ahnung! Natürlich gibt es Außerirdische!» Anna-Lara hat ihrem Bruder mindestens schon dreimal erzählt, dass manche Leute sogar mitten in der Nacht von Außerirdischen entführt werden! Hinterher können sie sich genau daran erinnern. Erst hört man so ein komisches Geräusch, das wie eine singende Säge klingt, dann wird es hell, und im Garten landet ein Raumschiff. Als Nächstes hebt sich wie durch Zauberei die Bettdecke, und man schwebt liegend zur offenen Balkontür raus und direkt hinein ins Raumschiff. Dann fliegen die Außerirdischen mit einem weg, schneiden einem in irgendeinem galaktischen Operationssaal das Hirn raus und tun dafür ein anderes hinein. Was der Grund dafür ist, dass man plötzlich ganz anderes Zeug denkt und völlig andere Dinge tut, wenn man am nächsten Morgen wieder aufwacht.

«Wenn es keine Außerirdischen gibt, dann gibt’s auch keine Helden!», sagt Anna-Lara.

Also, da ist Torben-Henrik völlig anderer Meinung. Natürlich gibt es Helden, sogar ganze Heldenfamilien mit Heldenkindern! Torben-Henrik kennt sie alle: Flashboys Eltern zum Beispiel heißen Flashman und Mama Flash. Und Zorro hat einen Sohn, Zorroboy. Und die Tochter von Catman und Catwoman heißt Catgirl. Die Heldenkinder gehen auch zur Schule, nämlich in Hero City, der Heldenstadt. Leider ist es nicht so einfach, als Tourist dort hinzufahren, weil zwischen Hero City und der Menschenwelt nur sehr wenige Verbindungstunnel existieren. Das Straßennetz müsste dringend mal ausgebaut werden, findet Torben-Henrik. Dann gäbe es auf der Welt vielleicht ein paar mehr Heldentaten, das könnte gar nicht schaden.

«Es gibt doch mich!», sagt Torben-Henrik, weil er der Meinung ist, dass kleine Schwestern ihre großen Brüder ruhig ein bisschen mehr bewundern dürften.

«Aber du bist nicht echt, sondern nur verkleidet», erinnert ihn Anna-Lara. «Ich bin ja auch keine echte außerirdische Prinzessin!»

«Torben-Heeeeeenrik! Anna-Laaaaaara!», tönt es aus der Küche.

«Jaaaaaaahaaaaa!», rufen die beiden.

«Aaaaaaaaaaabendessen!»

Anna-Lara rennt sofort hinunter in die Küche. Aber Torben-Henrik sieht mit der Augenmaske leider nicht so gut, weil sie dauernd verrutscht. «Wart doch mal, Anna-Lara!», ruft er. Wie kriegt der echte Flashboy das nur hin, dass seine Maske richtig sitzt?

Torben-Henrik macht ein paar Schritte und haut dabei, zack, erst mal seinen Legoturm um. Schade, da stürzt ein Meisterwerk in sich zusammen. Und als Torben-Henrik an der Tür ist, stößt er sich auch noch mit Karacho den Kopf.

«AU!» Na toll, jetzt wächst ihm, wenn er Pech hat, bis morgen früh ein dicker Böppel auf der Stirn. Dann kann er sein neues Heldenkostüm in den Schrank hängen, sich ein paar Fangzähne in den Mund kleben und als Galaktikaner zur Schule gehen …

Tofu und Klarinette

Die anderen sitzen schon am Tisch, als Torben-Henrik zur Küchentür hereinkommt. Papa gießt Mama gerade Reiswein in die Trinkschale, und in der Küche riecht es chinesisch, wie jedes Mal, wenn er kocht. Dabei gibt es doch wirklich noch jede Menge andere Länder, wo ebenfalls gekocht wird! Italien zum Beispiel.

«Nicht so viel, Schatz, nicht so viel», sagt Mama. «Ein Minischlückchen reicht.»

Aber Papa schüttet munter weiter.

«Ich will auch Reiswein!»

«Nein, Anna-Lara», sagt Mama und guckt leicht genervt, weil sie ihrer Tochter schon hundertmal erklärt hat, dass Töchter nicht immer genau dasselbe tun dürfen wie Mütter. Aber Anna-Lara will genauso sein wie Mama und macht ihr immer alles nach, einfach albern findet Torben-Henrik das. «Reiswein ist noch nichts für Kinder, das weißt du doch», sagt Mama. «Und für Erwachsene reicht ein Minischluck!» Sie wirft Papa einen strengen Blick zu und kippt die Hälfte aus ihrer Trinkschale wieder zurück in die Reisweinkanne.

Torben-Henrik setzt sich schwungvoll an den Tisch und haut dabei genauso schwungvoll die Vase mit den Rosen um, wie peinlich, und im nächsten Moment stehen die Teller, Trinkschalen und Gläser in einer großen Pfütze, und die Papierhüllen von Papas geliebten Essstäbchen sind sofort komplett durchgeweicht.

«Meine Güte, Torben-Henrik!», schimpft Papa. «Das ist schon die dritte Vase diese Woche! Ausgerechnet, wenn wir essen wollen!»

«Immerhin ist sie heil geblieben», sagt Torben-Henrik. «Ich hol schnell einen Lappen.»

«Nein, bleib bitte sitzen!», ruft Mama. «Sonst schmeißt du noch mehr …»

KLIRR! Zu spät. Das Glas kippt um, und als Torben-Henrik aufsteht und sich dabei mit der rechten Hand auf die Tischplatte stützt, zerdrückt er auch noch seinen Glückskeks, den Papa ihm liebevoll neben die Stäbchen gelegt hat. Mist, hoffentlich bedeutet das nicht, dass er ab jetzt kein Glück mehr hat. Oder nur noch krümelweise.

«MANN, TORBEN-HENRIK!»

«Entschuldige, Papa. Das liegt an der Flashboy-Maske.»

«Dann zieh sie aus!», motzt Papa. «Was läufst du auch in dem Kostüm rum, Fasching ist erst morgen!»

«Ohne Maske ist es übrigens auch nicht sehr viel besser», sagt Mama, womit sie leider recht hat, denn wo Torben-Henrik geht und steht, fällt öfter mal was um.

«Mein Bruder ist der größte Kaputtmacher der Welt!», kräht Anna-Lara begeistert.

«Halt die Klappe!» Torben-Henrik weiß auch nicht, wie das kommt, aber in letzter Zeit ist er manchmal echt ein bisschen ungeschickt. Wenn er sich die Hände abtrocknet, reißt er den Handtuchhaken von der Wand. Wenn er eine Limoflasche aufmacht, spritzt die Limo meterweit, und wenn er einen Pullover anzieht, ist er eine ganze Weile blind, weil er das Loch nicht findet, wo der Kopf durchmuss. Nicht so ideal für eine Heldenkarriere, denn Helden müssen flink und wendig sein. Während ein Held gestolpert, hingefallen und wieder aufgestanden ist, hat sich vielleicht schon das Hinterrad des hängenden Wagens vom Brückengeländer gelöst, und die Familie ist in den Fluss hinabgestürzt! Tja, Flashboy, da hast du gepennt, guten Morgen!

«Wie willst du denn später mal einen guten Job finden, wenn du immer alles kaputt machst und verschüttest?», fragt Papa.

«Ich kann ja Feuerwehrmann werden, die dürfen überall Wasser drüberkippen.»

Mama verteilt den Reis. «Wie bitte? Feuerwehrmann? Dein Vater ist Chinesisch-Professor! Da willst du doch wohl nicht Feuerwehrmann werden …»

«Warum denn nicht?»

«Und deine Mutter spielt in den besten Konzertsälen der Welt!», schnaubt Papa.

«Und wenn ich der beste Feuerwehrmann der Welt werde?»

«Ich werd Klarinettistin, wie du, Mama», sagt Anna-Lara. O Gott, was für eine Schleimerin seine kleine Schwester ist, findet Torben-Henrik. Das ist ja echt nicht zum Aushalten, davon wird einem ja schlecht!

«Hast du denn gestern geübt, Anna-Lara?»

«Nö.»

Mama seufzt. «So wird das nichts. Wer nicht übt, kann kein Konzert geben!» Mama hat als Kind wohl jeden Tag geübt und war sehr fleißig, denn überall gehen die Leute ins Konzert, um ihr zuzuhören, wie sie Klarinette spielt. Natürlich spielt sie nicht allein, ein Orchester ist auch dabei, für die Hintergrundmusik, aber eigentlich kommen die Leute vor allem wegen Mama. Wenn sie fertig ist mit Spielen, schmeißen die Zuhörer Blumensträuße auf die Bühne, die dann einfach liegen bleiben, weil es viel zu viele sind und Mama sie auf ihrer Konzertreise sowieso nicht mitschleppen kann. Ein Riesenblumenhaufen, der nach dem Konzert dann traurig vor sich hin welkt und zu Kompost wird. Mama erzählt immer vollkommen begeistert von den Blumenbergen, obwohl sie doch so für Naturschutz ist. Gefällte Bäume im Regenwald findet Mama schlimm, verwelkte Blumen im Konzertsaal nicht.

«Was gibt es denn?», fragt Torben-Henrik, als Papa den dampfenden Topfdeckel hebt.

«Tofu mit Gemüse und dazu Reis.»

«Mmmmmm! Ich liiiebe Tofu mit Gemüse und dazu Reis. Du kochst immer sooo toll, Papa!» Ogottogott, heute ist Anna-Lara aber wirklich mit einer Schleimspur unterwegs.

«Können wir denn nicht auch mal Nudeln essen? Mit Tomatensoße?», fragt Torben-Henrik.

«In China isst man Reis, jeden Tag», sagt Papa.

Ob das wohl stimmt? Bis jetzt ist Papa erst zweimal in China gewesen, als junger Student, das ist Ewigkeiten her. Vielleicht essen die Chinesen inzwischen ja viel lieber Pommes. Das meiste über China weiß Papa von Herrn Dong Lü, der schon seit fünfundzwanzig Jahren in Deutschland lebt und früher mal Papas Nachbar gewesen ist. Herr Dong Lü hat Papa schon von China erzählt, als er noch der kleine Junge von nebenan war, und Papa erzählt Mama, Torben-Henrik und Anna-Lara immer viel von Herrn Dong Lü. Und weil er es wahrscheinlich selber komisch findet, schon ewig nicht mehr in China gewesen zu sein, versucht er bei jeder Gelegenheit, China nach Deutschland zu holen, besonders in die Küche.

«Mannmann-tsch», sagt Papa, was Chinesisch ist und «Guten Appetit» bedeutet.

«Mannmann-tsch», wiederholen Mama und Anna-Lara.

«Mannmann …» KNACK! Da zerbrechen leider die Holzstäbchen zwischen Torben-Henriks starken Heldenfingern! Papa schließt kurz die Augen, um sich zu beruhigen. Mama stöhnt: «Ich werd noch wahnsinnig», und Anna-Lara ruft: «Torben-Henrik hat seine Stäbchen kaputt gemacht, Torben-Henrik hat seine Stäbchen kaputt gemacht!»

Der Kung-Fu-Stuntman

Als Torben-Henrik-Flashboy am nächsten Morgen in die Klasse kommt, sind die anderen schon da, nur Herr Amend fehlt noch. Ein kurzer Blick reicht, und schon weiß Torben-Henrik, dass er eindeutig das beste und echteste Kostüm von allen hat. Tilli und Milli, die Zwillinge, gehen als Hanni und Nanni, wie jedes Jahr. Jochens Verkleidung soll wohl an Darth Vader erinnern, aber mehr als eine Erinnerung ist es wirklich nicht, denn er hat einen schwarzen Motorradhelm auf, an dem unten schwarze Pappe klebt, und sein schwarzer Umhang ist eher grau und wirkt wie eine blassgewaschene Gardine. Und Thomas und Annika, die beiden Langweiler, sehen aus wie verkleinerte Erwachsene, die in einer Bank arbeiten. Annika hat die Haare zu einem Knoten hochgesteckt, sich die Lippen rot geschminkt und trägt ein dunkles Damenkostüm mit Silberknöpfen. Und Thomas läuft mit Anzug und Krawatte rum, hat ein kleines schwarzes Klappköfferchen dabei, und seine Haare sehen aus, als hätte er sich eine halbe Packung Margarine reingeschmiert.

«Mann, Alter!», ruft Mehmet, als er Torben-Henrik sieht. «Siehst du cool aus! Total wie Flashboy!»

«Danke, Mehmet.» Mehmet ist Torben-Henriks bester Freund (und eigentlich auch sein einziger), Torben-Henrik ist echt froh, dass er ihn hat. Mehmet hält immer zu ihm, egal bei was, und außerdem bewundert er Torben-Henrik auch ein bisschen, vor allem wegen der Muckis und weil er so viel über Helden weiß. Bewundertwerden ist ab und zu ganz schön, und zum Ausgleich bewundert Torben-Henrik Mehmet, weil er Kung-Fu kann, und zwar richtig gut!

Köfferchenträger Thomas mustert Torben-Henrik von oben bis unten und muss natürlich gleich schon wieder einen blöden Spruch ablassen: «Was soll das denn sein? Mr. Universum oder was?»

«Mann! Torben ist Flashboy, der Superheld, das sieht man doch», sagt Mehmet.

«Ein Superheld!» Annika kichert. «Was ist an dem denn schon super?»

Torben-Henrik würde am liebsten sofort mit seinem Referat loslegen und Annika genau erklären, was an Flashboy alles super ist, aber dann müsste er ja alles doppelt erzählen. «Das erkläre ich nachher noch», sagt er, und erst als er Thomas spöttisch grinsen sieht, wird ihm klar, dass Annika gar nicht Flashboy gemeint hat, sondern ihn, Torben-Henrik. Die blöde Kuh.

«Der checkt aber auch gar nix», sagt Thomas und wechselt einen bedeutungsvollen Blick mit Annika.

Mehmet regt sich total auf! «Was? Ihr seid hier die totalen Nullchecker! Ihr habt null Ahnung, wie super Torben ist! Und Flashboy sowieso! Der ist der stärkste Superheldenjunge, den’s gibt! Gegen den sind alle anderen Weicheier! Und was soll das denn da überhaupt für eine Verkleidung sein! Wollt ihr zu ’ner Beerdigung?»

«Ich gehe als Geschäftsfrau», sagte Annika sehr damenhaft.

«Und ich als Börsenmakler», sagt Thomas. «Und du, Mehmet? Als nichts? Du siehst ja aus wie immer.»

Das ist gemein. Mehmet wäre bestimmt supergern als Jackie Chan gegangen, mit weißer Jacke, aber er hat leider keine weiße Jacke, und seine Eltern haben leider auch nicht so viel Geld, um ihm extra für Fasching eine weiße Jacke zu kaufen – das weiß nicht nur Torben-Henrik, sondern die ganze Klasse weiß es, also auch Thomas.

«Mehmet geht als Stuntman, da muss man ganz normal aussehen», erklärt Torben-Henrik.