Survival - In den Krallen des Leguans - Andreas Schlüter - E-Book

Survival - In den Krallen des Leguans E-Book

Andreas Schlüter

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Beschreibung

Survival auf der Echsen-Insel! Nach der Havarie ihrer Yacht retten sich Mike, Elly, Gabriel und Matti auf eine kleine Insel mitten im Ozean. Die Insel scheint von Menschen verlassen – doch welche gefährlichen Tiere erwarten sie im Dickicht? Die vier Freunde entdecken Spuren einer riesigen Echse, die sie offenbar verfolgt. Als plötzlich ein Boot an der Insel anlegt, währt die Freude nur kurz: Statt der ersehnten Rettung erkennen Mike, Elly, Gabriel und Matti ausgerechnet die Piraten wieder, die sie auf der Yacht überfallen haben – und die Insel wird zur schrecklichen Falle! Können die Freunde entkommen? Ein spannendes Abenteuer auf einer einsamen Insel: mit vielen coolen Survival-Tipps und -Tricks. Alle Bände der Serie: Band 1: Survival – Verloren am Amazonas Band 2: Survival – Der Schatten des Jaguars Band 3: Survival – Im Auge des Alligators Band 4: Survival – Unter Piranhas Band 5: Survival – Im Netz der Spinne Band 6: Survival – Der Schrei des Affen Band 7: Survival – Von Haien umzingelt Band 8: Survival – In den Krallen des Leguans Serie bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 209

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Andreas Schlüter

Survival

In den Krallen des Leguans Band 8

Mit Vignetten von Stefanie Kampmann

FISCHER E-Books

Inhalt

Einsam und verlassenEin blöder UnfallEin geheimnisvoller SeeDie RettungsinselDie erste NachtEin längerer AufenthaltEin Boot nähert sich!Eine unerwartete EntdeckungFußspurenJäger und VerfolgteWo ist Lorena?Die Flucht der TiereTsunami!Große ÜberraschungVerzeichnis der Infoseiten und Survival-Tipps

Einsam und verlassen

Mike, Elly, Matti und Gabriel hatten wieder einmal riesiges Glück gehabt. Das war ihnen bewusst. Die turbulente Überfahrt in der Rettungsinsel von der sinkenden Jacht hierher auf das kleine Fleckchen Erde mitten im Nordatlantischen Ozean hätten sie auch leicht mit dem Leben bezahlen können!

Mike musste nicht lange darüber nachdenken, was für ihn die schlimmste Variante gewesen wäre: Wenn er als Einziger überlebt hätte. Er mochte es sich gar nicht vorstellen und versuchte, so schnell wie möglich die düsteren Gedanken wieder loszuwerden.

Nachdem alle vier trotz des Kenterns ihrer Rettungsinsel unversehrt am Strand der Insel aufgewacht waren und sich wiedergefunden hatten, wurden sie sich schnell einig, was als Erstes zu tun war: den Strand ablaufen und schauen, was von ihren Sachen angespült worden war. Wenn sie Glück hatten, fanden sie sogar die komplette Rettungsinsel, die sie so sorgsam mit allem Nötigen vollgepackt hatten. Denn genau genommen waren sie gar nicht gekentert, sondern im Sturm von einer riesigen Welle aus der Rettungsinsel herausgeschleudert und fortgetrieben worden.

Mike hatte noch mit aller Kraft versucht, zurück zur Rettungsinsel zu schwimmen, doch dann war ihm plötzlich schwarz vor Augen geworden. Und als Nächstes war er erschöpft, aber unverletzt am Strand erwacht. Er erinnerte sich, dass er noch Matti in seiner Nähe gesehen hatte, kurz bevor er bewusstlos geworden war.

»Warst du fast die ganze Zeit auf der Rettungsinsel?«, fragte Mike ihn.

Matti schüttelte den Kopf. »Ich bin runtergeschleudert worden wie ihr auch. Ich hab noch versucht, wieder zu ihr hinzuschwimmen, habe es aber nicht geschafft.«

Mike nickte. Genauso war es ihm ergangen.

»Da vorn liegt etwas!«, rief Gabriel und lief voraus.

Ungefähr zwanzig Meter weiter stoppte er, bückte sich, zerrte etwas aus dem Sand hervor und hielt es hoch.

»Na super!«, äußerte sich Elly. »Ein verbogener Campingstuhl von der Jacht. Etwas Nutzloseres hätte er kaum finden können.«

Doch Matti widersprach: »Immerhin wissen wir jetzt, dass die Strömung einige Sachen von der Jacht hier angespült hat. Das ist doch ein Hoffnungsschimmer. Dann stehen die Chancen gut, dass wir auch unsere Rettungsinsel wiederfinden.«

»Ist sie das dort vorn?«, fragte Mike.

»Was? Wo?«, wollte Matti wissen.

»Na, dort! Ungefähr hundert Meter hinter Gabriel. Da liegt doch etwas?«

»Das ist ein Felsen«, glaubte Elly.

»Kann sein«, gab Mike zu. »Vielleicht aber auch nicht. Kommt, wir gehen mal hin.«

»Ich hoffe sehr, dass das nicht unsere Rettungsinsel ist«, sagte Matti.

Mike und Elly sahen ihn verwundert an. »Wieso?«

»Weil sie dann vollkommen zerstört wäre«, erläuterte Matti. »Seht euch doch diesen Haufen an. So würde eine intakte Rettungsinsel nie aussehen!«

Mike blieb kurz stehen. Matti hatte recht, dachte er bei sich.

»Trotzdem«, entschied er. »Lasst uns nachschauen!«

Als er ebenfalls bei dem verbogenen Stuhl ankam, wollte Gabriel ihm gerade etwas sagen, doch Mike lief weiter an ihm vorbei. Gabriel blieb mit noch offenem Mund stehen, sah erst Mike hinterher, dann wandte er seinen Blick zu Matti und Elly, die durch den Sand langsamer auf ihn zugestapft kamen.

»Was ist mit Mike los?«, fragte er.

»Er hat dort hinten etwas gesehen«, antwortete Matti.

Gabriel ließ den verbogenen Campingstuhl fallen und stiefelte den beiden hinterher, um mit ihnen nachzusehen, was Mike entdeckt hatte.

Als sie ihn erreichten, empfing Mike sie mit ernster Miene.

»Es ist nicht unsere Rettungsinsel«, sagte er und trat einen Schritt beiseite, damit die anderen besser sehen konnten. »Es ist das Beiboot, mit dem Roberto und Théo losgefahren sind.«

Auch die anderen erkannten das sofort. Elly hielt sich vor Entsetzen die Hände vor den Mund.

»Mein Gott!«, hauchte sie nur.

Alle wussten, was das bedeuten konnte: Wahrscheinlich waren Roberto und Théo nicht mehr am Leben.

Mike wollte sich damit allerdings nicht abfinden.

»Wer weiß?«, sagte er. »Die beiden könnten doch genauso wie wir hier an den Strand gespült worden sein? Sie hatten keine Möglichkeit, sich bei uns zu melden, aber vielleicht sind sie hier auf der Insel? Wir sollten nach ihnen suchen!«

Auch bei seinen Freunden flammte ein kleines Fünkchen Hoffnung auf.

»Du hast recht!«, stimmte seine Schwester ihm zu.

Trotz der Möglichkeit, dass die beiden Besatzungsmitglieder noch lebten, dämpfte Matti Ellys Tatendrang, die sich sofort auf den Weg machen wollte.

»Erst sollten wir nach unserer Rettungsinsel Ausschau halten«, mahnte er. »Darin befindet sich unsere gesamte Ausrüstung. Es wäre eine Katastrophe, wenn wir alles verloren hätten. Wir dürfen auf keinen Fall riskieren, dass die Rettungsinsel zurück ins Meer gespült wird, falls sie irgendwo gestrandet ist.«

»Matti hat recht«, stimmte Gabriel zu. »Zuerst brauchen wir unsere Ausrüstung. Und etwas zu essen und vor allem zu trinken!«

»Gut«, gab Elly nach. »Suchen wir weiter.«

Mike betrachtete das völlig zerstörte Schlauchboot. »Das ist nur noch ein Müllberg. Darin ist nichts, was wir brauchen könnten.«

»Außer dem Motor«, entgegnete Matti.

Elly schaute ihn fragend an. »Was willst du denn mit einem Außenborder ohne Boot? Und mit vermutlich nur sehr wenig Benzin im Tank?«

Matti öffnete den Schraubverschluss des kleinen Tanks. Der Motor hing noch immer an der schlaffen Plane, die einmal ein pralles Schlauchboot gewesen war.

»Die beiden haben so gut wie nichts an Ausrüstung mitgenommen, außer zwei Taschenlampen und einem Kanister Wasser. Das ist alles verschwunden.« Er kniff ein Auge zu und starrte mit dem anderen in die Tanköffnung. »Etwas Benzin ist noch drin. Gut ein Viertel voll, schätze ich. Das können wir brauchen, zum Beispiel, um ein Feuer anzuzünden.«

Er schraubte den Deckel wieder zu. »Lasst uns den Motor abbauen und dort oben an den Strand legen. Dann können wir uns das Benzin später holen.«

»Und das Boot selbst?«, fragte Gabriel. »Können wir nicht vielleicht die Plane nutzen?«

Matti warf einen skeptischen Blick auf das kaputte Boot und wollte schon den Kopf schütteln. Doch Elly kam ihm zuvor.

»Ich finde, das ist eine gute Idee«, gab sie Gabriel recht. »Wenn wir Glück haben und etwas von unserem Werkzeug wiederfinden, können wir uns die Plane zurechtschneiden. Zum Beispiel, um uns Schuhe daraus zu basteln.«

Die drei Jungs wussten, worauf Elly anspielte: Während ihres Überlebenskampfes im Regenwald hatten sie einmal Schuhe im Schlamm verloren und sich mühselig selbst welche aus Pflanzenfasern und Tierhaut fertigen müssen.

»Überzeugt!«, sagte Matti. »Wir schleppen das Boot vom Wasser weg. Möglicherweise können wir so ziemlich alles, was wir finden, noch irgendwie brauchen.«

Also zogen sie die Schlauchbootreste mitsamt dem Motor zu viert ein paar Meter weiter den Strand hinauf, so dass sie nicht mehr ins Meer zurückgespült werden konnten.

Elly schaute sich um, ging ein Stück in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und kehrte zu den anderen zurück.

»Was suchst du?«, fragte ihr Bruder.

»Ich habe nach Spuren geschaut, die von Roberto und Théo stammen könnten. Aber ich sehe keine.«

»Wenn es welche gegeben hat, sind die doch längst verweht«, sagte Mike.

Elly nickte nachdenklich. »Ja, vermutlich hast du recht.«

Mike sah sie an. »Du glaubst nicht daran, dass wir sie noch lebend finden, oder?«

Elly kaute auf ihrer Unterlippe, bevor sie antwortete: »Ich will mir nicht zu viele Hoffnungen machen und hinterher enttäuscht werden.«

»Das verstehe ich«, versicherte Mike ihr. »Ich möchte trotzdem die Hoffnung nicht aufgeben.«

»Komm!«, sagte Elly, auch, um sich selbst von den düsteren Gedanken abzulenken. »Gehen wir erst mal die Rettungsinsel suchen.«

Sie gingen weiter am Strand entlang, der schon bald einen Bogen beschrieb. Die Insel, auf der sie gestrandet waren, war nicht sonderlich groß. Zumindest, so weit sie es schon von der Jacht aus beurteilt hatten. Direkt in der Biegung stießen sie auf eine kleine Felszunge, die ins Meer ragte und hinter der eine winzige Bucht mit einem malerischen Sandstrand auftauchte. Von ihrem Standort aus fotografiert, hätte man das Bild der Bucht in jedem Urlaubskatalog abdrucken und diese als Ferienparadies verkaufen können. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sich hier Kinder in höchster Not befanden und einsam und verlassen erneut ums Überleben kämpfen mussten. Noch aber hatten die vier die Hoffnung nicht vollends aufgegeben, dass diese Insel doch größer war als sie dachten, und möglicherweise sogar bewohnt. Allerdings bestand die Gefahr, dass die einzigen Bewohner der Insel die Piraten waren, die ihre Gastgeber und neuen Freunde auf der Jacht gekidnappt und sie selbst samt den zwei Besatzungsmitgliedern dort ihrem Schicksal überlassen hatten.

Da sie nicht den gesamten Strand der Minibucht überblicken konnten, mussten sie zunächst über die Felszunge klettern, was ihnen mühelos gelang. Schon von deren höchster Stelle aus konnten sie sehen, dass auch hier ihre Rettungsinsel nicht angeschwemmt worden war.

»Mist!«, fluchte Mike. Er wollte schon wieder umkehren, doch Elly hielt ihn zurück.

»Da liegt etwas!«, rief sie. »Seht ihr?«

Mike hielt die Handfläche an seine Stirn wie einen Mützenschirm. Trotzdem erkannte er nur einen dunklen Fleck auf dem Strand, der allerdings im selben Moment durch einen kleinen Windstoß kurz in die Höhe gepustet wurde, ein, zwei Meter weit schwebte und wieder zu Boden sank.

»Das …«, stotterte Elly, »sieht aus … wie … eine Jacke! Findet ihr nicht auch?«

»Doch!« Matti hatte es auch so gedeutet. »Kommt, wir schauen nach!«

Flink kletterte er über die Felsen hinunter an den Strand der kleinen Bucht, sprintete zu dem jackenähnlichen Etwas und hob es mit spitzen Fingern auf.

Die anderen folgten ihm auf dem Fuß.

Elly blieb abrupt stehen und stieß erschrocken aus: »Das ist Robertos Jacke!«

»Bist du sicher?«, fragte Gabriel.

»Ja, ich bin mir sicher«, antwortete Elly. »Von wem sollte die Jacke wohl sonst sein, etwa von einem Touristen? Sie gehört keinem von uns, oder? Ist ja auch viel zu groß!«

Matti durchsuchte die Taschen der Jacke, aber sie waren leer.

»Ein gutes Zeichen!«, lautete sein Urteil.

»Wieso?«, wollte sein kleiner Bruder wissen.

»Als er sie trug, hatte er doch bestimmt irgendetwas in den Taschen«, mutmaßte Matti. »Handy, Taschenlampe, Feuerzeug …«

»Ja, und?« Gabriel verstand noch nicht so ganz.

»Wenn die Taschen jetzt leer sind, hat er die Jacke möglicherweise bewusst ausgezogen und vorher seine Sachen rausgenommen. Kein Ertrinkender leert erst seine Taschen, bevor er seine Jacke im Überlebenskampf von sich reißt. Oder? Es sind auch keine Kampf- oder Bissspuren an der Jacke. Wir nehmen sie mit.«

Elly ließ ihren Blick nochmals über die Bucht schweifen.

»Ansonsten ist hier nichts, oder? Auch im Wasser nicht. Oder seht ihr etwas?«

Die anderen verneinten.

»Gut«, sagte sie. »Wie machen wir weiter? Dort entlang? Oder zurück?«

»Wieso zurück?«, fragte Mike.

Elly zuckte mit den Schultern. »Zum kaputten Schlauchboot und dem Motor … das ist das Einzige, was wir im Moment besitzen. Deshalb dachte ich …«

»… dass wir dort jetzt Quartier beziehen? Wegen so eines blöden Motors?«, motzte Gabriel.

»Hast du einen besseren Vorschlag?«, blaffte Elly zurück.

»Weiter geradeaus! Vielleicht finden wir die Rettungsinsel schon in der nächsten Bucht.«

Mike hielt das für einen guten Vorschlag.

Nur Matti widersprach und stimmte Elly zu. »Es ist unwahrscheinlich, dass wir an der einen Stelle angespült wurden und unsere Rettungsinsel an einer ganz anderen.«

»Willst du damit sagen, dass wir sie wahrscheinlich nicht wiederfinden und unsere ganze Ausrüstung verloren ist?«, fragte Gabriel. Seine Stimme zitterte, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen.

»Im Moment sieht es so aus«, antwortete Matti ehrlich. »Wir müssen unsere Lage so nehmen, wie sie ist.«

Gabriel verzog das Gesicht. »Wir wissen noch gar nicht, wie die Lage ist. Wir haben noch nicht lange genug gesucht.«

»Aber in dieser Richtung weiterzusuchen, bringt nichts«, beharrte Matti. »Eher vielleicht in der anderen. Wir sind bisher …« Matti blickte zur Sonne, sah anschließend auf seiner Armbanduhr, dass es zwei Uhr am Nachmittag war, und fuhr fort: »Richtung Südosten gelaufen, jetzt könnten wir von unserem Strand aus nach westwärts gehen oder noch weiter herum Richtung Nordwesten.«

Matti kniete sich hin und zeichnete mit dem Finger ihre Position in den Sand:

»Wir sollten uns allmählich auch etwas zu essen suchen«, schlug Elly vor. »Wir haben zwar noch Zeit, bis es dunkel wird, aber ihr wisst ja …«

Ja, die Freunde wussten aus ihrer Zeit im Regenwald, wie lange es dauern konnte, etwas Essbares zu finden. Sie kannten die Insel nicht, hatten keine Ahnung, welche Pflanzen und vor allem Früchte hier wuchsen. Wenn sie Pech hatten, würden sie nur auf Unbekanntes stoßen, das womöglich giftig war. Ebenso ratlos waren sie, was die Tierwelt der Insel betraf. Im Moment hatten sie jedoch fast keine Waffen bei sich, außer den Überlebensgürteln, von denen sich jeder vor dem Besteigen der Rettungsinsel einen umgeschnallt hatte. Damit konnten sie weder richtig jagen noch effektiv fischen. Außerdem war es ziemlich wahrscheinlich, dass sie im Wald, der den Strand säumte, auf wilde Tiere treffen würden – weniger auf Raubtiere als vielmehr auf Schlangen oder große Giftspinnen. Und vor allem giftige Insekten konnten ihnen große Probleme bereiten. Sie mussten bei der Nahrungssuche auf jeden Fall umsichtig sein, auf Gefahren achten und sich auf eine lange, beschwerliche Suche einstellen.

»Lasst uns trotzdem zur anderen Seite des Strands gehen«, schlug Mike vor. »Vielleicht haben wir ja Glück. Wenn wir die Rettungsinsel finden und darin noch einen Teil unserer Ausrüstung, würde das einiges leichter machen.«

Matti und Elly stimmten zu, Gabriel sowieso – er war nicht bereit, einzusehen, dass sie möglicherweise alles verloren hatten.

Doch auch auf der nordwestlichen Seite des Strandes fanden sie ihre Rettungsinsel nicht. Nach insgesamt einer Stunde vergeblicher Suche gaben sie fürs Erste auf, gingen zurück zu dem zerfetzten Schlauchboot und dem Motor, ließen sich dort in den Sand fallen und ruhten sich in der sengenden Hitze aus.

»Es hat keinen Sinn«, klagte Matti. »Wir müssen uns damit abfinden, dass unsere Rettungsinsel weg ist. Wir haben nichts als unsere Überlebensgürtel und das, was wir am Leib tragen.«

Ein blöder Unfall

Gabriel standen die Tränen in den Augen, aber er verkniff es sich, zu weinen. Er wusste, dass sie jetzt handeln mussten statt sich selbst zu bemitleiden und zu jammern.

»Ich hab Durst«, sagte er. Seine Lippen fühlten sich trocken und spröde an. »Wir sollten etwas zu trinken suchen.«

Den anderen erging es ähnlich.

»Hoffen wir, dass wir schnell ein paar saftige Früchte finden«, sagte Matti. »Lasst uns in Zweiergruppen gehen. Mit einem Abstand von zehn Metern. So sind wir gegen Angriffe am besten gewappnet.«

»Ich gehe mit Matti«, stellte Gabriel klar.

»Gut, machen wir Geschwisterpaare.« Elly zog ihr Fahrtenmesser aus der Halterung. »Ich bin so weit.« Sie wandte sich an ihren Bruder: »Sag mal, Mike. Hast du dein schlaues Buch eigentlich dabei?«

»Das hab ich immer dabei. Das weißt du doch«, antwortete Mike.

Gabriel lachte auf. »Hat es etwa wasserfeste Seiten? Das Buch dürfte doch im Meer völlig zerstört worden sein. Wieso schleppst du das mit dir herum?«

Mike zog sein Buch aus der Hosentasche.

»Hältst du mich für blöd?«, fragte er zurück, während er die wasserdichte Tüte aufrollte, die ein nagelneues, knochentrockenes Survival-Taschenbuch umgab.

»Das ist aber nicht das Survivalbuch, das du bisher hattest«, stellte Gabriel mit einem Blick fest.

»Nein«, bestätigte Mike. »Das ist nach der langen Zeit im Regenwald wirklich zu sehr zerfleddert. Ich hab mir ein neues gekauft.«

»Du hast damit gerechnet, dass wir es noch mal brauchen?«, wunderte sich Matti.

Lächelnd zeigte Mike auf die Überlebensgürtel, die jeder von ihnen umgeschnallt hatte. »Habt ihr damit gerechnet, dass wir die Gürtel noch mal brauchen würden?«

Matti lachte nun auch. »Nein!«, antwortete er. »Aber …«

Im Chor ergänzten die anderen drei den Satz, der sonst Mike vorbehalten war: »… man kann ja nie wissen!«

»Gut gemacht«, lobte Elly ihren Bruder. »Das Buch wird noch Gold wert sein.«

»Ja«, stimmte Matti ihr zu. »Aber um unseren Durst zu löschen, brauchen wir es sicher nicht.«

In den vielen Wochen, in denen sie im Regenwald verschollen waren, hatten sie gelernt, sich in der Wildnis zu ernähren.

»Also, gehen wir!«, rief Matti den anderen zu.

Jeder hielt sein Fahrtenmesser in der Hand. Ein Buschmesser besaßen sie nicht, aber auch die Fahrtenmesser würden ihre Dienste tun, davon war Mike überzeugt.

Nach den ersten Schritten in den Wald hinein blieben er und seine Schwester erst einmal ehrfurchtsvoll stehen. Urplötzlich, von einem Schritt auf den anderen, waren sie in ein Meer aus Farben eingetaucht. Normalerweise war es auf dem Boden im Regenwald dicht bewachsen, schattig, feucht und man konnte neben unendlich vielen Schattierungen der Farbe Grün nur das Braun der Erde, der Baumstämme und abgestorbener Pflanzen sehen. Jetzt aber waren sie von so vielen bunten Blüten umgeben, wie sie es noch nie zuvor gesehen hatten. Es war wie eine Weltausstellung der seltensten und buntesten Pflanzen, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Es wäre ein Paradies für Botaniker oder auch für Touristen gewesen. Für die vier Kinder war es eher ein großes Handicap, dass sie keine einzige dieser Pflanzen je gesehen hatten. Mike wusste, da brauchte er gar nicht erst in seinem schlauen Buch nachzulesen, diese Pflanzen würde er auch darin nicht finden.

»Ist das nicht irre?«, fragte Elly ehrfurchtsvoll.

»Allerdings!«, hauchte Mike ihr leise zu. Automatisch flüsterte er. Seine Umgebung war so schön, dass er fast Angst bekam, den Zauber durch zu lautes Sprechen zu zerstören. Besonders die zarten Blüten hatten es ihm angetan.

»Das müssten Orchideen sein«, riet Elly. »Kannst ja mal in deinem Buch nachschauen.«

Mike blätterte und war überrascht, eine Abbildung genau der Pflanze zu finden, vor der sie gerade standen.

Er lachte auf: »Ha! Das ist ein Frauenschuh!«

»Was?«, fragte Elly.

»Frauenschuh!«, wiederholte Mike. »Die Pflanze heißt wirklich so. Und sie gehört zu den Orchideen, da hattest du recht.«

Frauenschuh

Für viele Menschen ist die Orchidee »die Königin der Blumen«. Sie wird als besonders schön angesehen. Es gibt circa 1000 Gattungen mit bis zu 30000 Arten. Darunter werden weltweit circa 50 Frauenschuharten gezählt. Der Name dieser Art beschreibt das pantoffelförmige Vorderteil der Blüte. Sie ist eine sogenannte Kesselfalle, denn angelockte Insekten finden an den öligen Rändern nur schwer Halt und rutschen ins Schuhinnere ab. Bei ihrem Weg nach draußen wird die Blüte automatisch bestäubt. In Mittel- und Südamerika wachsen Frauenschuharten ohne pantoffelförmiges Vorderteil – etwa 20 solche Arten gibt es. Nicht nur der Aufbau ihrer Blüte ist anders, sie werden auch deutlich größer als die anderen Frauenschuharten.

Er zeigte auf andere farbenprächtige Blüten. »Das sind auch Orchideen, glaube ich.«

»Hey! Wo bleibt ihr?« Mattis Ruf holte Mike und Elly aus dem Blumenparadies zurück in die harte Realität. Es galt, etwas zu essen und zu trinken zu finden.

Als die beiden wieder auf die vereinbarten zehn Meter an Matti und Gabriel herangekommen waren, stoppte Gabriel plötzlich. »Hört ihr das?«

Nein, niemand außer ihm hörte etwas, jedenfalls nichts Besonderes. Der Wald, in den sie tiefer und tiefer hineingingen, war voller Geräusche. Es krächzte und piepte, schnurrte und schnarrte, als informierten sich die Tiere der Insel soeben gegenseitig über die menschlichen Neuankömmlinge. Doch diese Geräusche meinte Gabriel nicht.

Die anderen spitzten die Ohren. Schon häufiger hatten sie die Erfahrungen gemacht, dass Gabriel lange vor ihnen etwas hörte. Oft entdeckten sie dann tatsächlich etwas, das sich als wichtig für sie erwies.

»Hört ihr das nicht?«, fragte Gabriel.

Elly, Mike und Matti schüttelten ratlos die Köpfe.

»Was meinst du?«, fragte Mike. »Doch nicht das Vogelgekrächze?«

»Nein!« Gabriel winkte ab. Er legte sich eine Hand wie eine Hörmuschel ans Ohr. »Es ist Wasser in der Nähe!«

Elly stöhnte laut auf. »Ja, natürlich, du Witzbold. Ungefähr zweihundert Meter hinter uns ist das Meer!«

Gabriel verzog das Gesicht. »Das weiß ich auch. Das ist aber nicht das Geräusch, das ich meine. Vor uns plätschert etwas!«

Mike lauschte nochmals angestrengt. Aber er konnte bei all dem Lärm – das Meeresrauschen von hinten, der Wind in den Baumkronen von oben, das Gekrächze und Gekreische der Vögel und sonstiger Tiere von überall – kein Plätschern hören.

Ebenso wenig Elly und Matti.

Gabriel schüttelte fassungslos den Kopf. »Manchmal glaube ich, ich bin mit Gehörlosen unterwegs! Kommt mit!«

Er ging zielstrebig voran.

Matti hielt ihn zurück.

»Warte!«, warnte er. »Bleib trotzdem vorsichtig. Wenn es dort vorn wirklich Süßwasser gibt, könnte es die einzige Wasserquelle der Insel sein. Und dann würden sich sämtliche Tiere dort regelmäßig einfinden.«

»Einschließlich Raubkatzen und Kaimanen!«, ergänzte Mike.

Elly war skeptisch. »Raubkatzen und Kaimane auf einer Insel? Gibt es die nicht nur auf dem Festland, weil der Lebensraum für sie auf einer kleinen Insel viel zu begrenzt wäre?«

»Woher wissen wir, wie groß die Insel ist?«, fragte Gabriel.

»Wir haben sie doch von der Jacht aus gesehen«, erklärte Elly. »Mike dachte erst, es würde sich um einen Wal handeln. Wäre sie groß, hätten wir das erkannt.«

Damit hatte Elly zweifelsfrei recht, fand Mike. Nur beantwortete das die Frage nicht: Lebten Raubkatzen oder Kaimane auch auf sehr kleinen Inseln?

Doch nicht nur große Tiere konnten ihnen gefährlich werden, wie sich schon in der nächsten Sekunde zeigen sollte.

»Stopp!« Matti hielt an und hob warnend den rechten Arm.

»Was ist?«, fragte Elly. »Hast du das Wasser jetzt auch gehört?«

»Nein!«, antwortete Matti. »Es geht um die dort!«

Er zeigte auf eine knallbunte Schlange, die sich durch das Laub auf dem Boden schlängelte.

»Die ist harmlos!«, gab Elly Entwarnung. »Das ist eine Scharlachnatter. Die ist ungiftig, das hab ich mal gelesen.«

»Ach ja? Bist du sicher?«, hakte Mike nach. »Ich würde nämlich denken, dass das eine Korallenotter ist. Und die sind hochgiftig.«

Elly stutzte. »Wie kommst du darauf? Sehen die auch so aus?«

»Ich denke ja«, antwortete Mike. Er fand ein Foto einer Korallenotter in seinem Survivalbuch und zeigte es Elly.

»Aber die hat ganz andere Farben«, bemerkte sie.

»Und wenn es diese Art in verschiedenen Farben gibt?«, entgegnete Mike.

»Besser, wir gehen der Schlange weiträumig aus dem Weg«, schlug Matti vor. »Ich möchte nicht herausfinden, wer von euch beiden recht hat.«

Sie alle traten ein paar Meter zurück und schlugen sich dann durch die dichten Büsche am Wegesrand, obwohl von »Weg« eigentlich keine Rede sein konnte. Der Wald wurde allerdings von einer kleinen Schneise durchzogen, die etwas weniger bewachsen war und sich als natürlicher Pfad anbot. Doch genau darauf hatte es sich die bunte Schlange bequem gemacht, weil dort angenehm wärmende Sonnenstrahlen durch die Baumkronen drangen.

Mühsam kämpften sich die vier Kinder nun also mithilfe ihrer Fahrtenmesser durch das Dickicht und zogen in gehörigem Abstand an der Schlange vorbei. Erst ein gutes Stück hinter ihr trauten sie sich wieder auf den Pfad zurück.

»Und wohin jetzt weiter?«, fragte Matti, der noch immer kein Wasser hörte.

»Ich vermute, dort entlang. Durch die Büsche«, antwortete Gabriel.

»Was heißt denn, du vermutest?«, fragte Mike.

»Ich weiß es doch auch nicht genau«, verteidigte sich Gabriel. »Ich höre nur das Geräusch des Wassers, aber nicht, woher es exakt kommt!«

»Die Büsche dort haben Dornen!«, stellte Mike fest.

»Können wir nicht drumherum gehen?«, fragte Elly. Ohne eine Antwort abzuwarten, suchte sie nach einem anderen Weg.

Und fand einen.

»Hier!«, rief sie. »Rechts an dem Baumstamm entlang, danach wieder links, dann müssten wir hinter den Dornenbüschen herauskommen.«

Sie ging voran und die anderen folgten ihr.

»Hey, seht ihr?«, fragte Matti, als sie die Büsche hinter sich gelassen hatten. Er zeigte nach oben.

Alle hoben die Köpfe. Elly erkannte als Erste, was Matti meinte.

»Feigen!«, rief sie begeistert.

Sie standen vor einem hohen, alten Feigenbaum, in dessen Krone es sich eine Affenhorde bequem gemacht hatte und die reifen Feigen genoss.

Aus Erfahrung wusste nicht nur Elly, dass Affen nicht gern teilten. Aber sie hatten es hier mit der relativ harmlosen Gattung der Kapuzineraffen zu tun, da war außer lautem Geschrei und wilden Drohgebärden nicht viel zu befürchten – vorausgesetzt, die Horde war nicht allzu groß.

»Ich klettere mal hoch und peile die Lage«, bot Matti sich an.

»Sei vorsichtig!«, bat Elly.

»Keine Sorge. Auf Feigenbäume kann man gut klettern. Siehst du ja an den Äffchen!«

Elly schmunzelte.

Matti begann, sich den Baum hinaufzuhangeln.

Sofort wurden die Äffchen auf ihn aufmerksam. Aufgeregt fingen sie an zu kreischen und auf den Ästen hin und her zu springen. Sie jagten den Baum hinauf, als wollten sie fliehen, kehrten dann aber nach wenigen Sprüngen wieder um und liefen direkt auf Matti zu, als wollten sie ihn angreifen. Doch sie vollführten nur ein paar Drohgebärden und machten dann wieder kehrt, bis das Spiel von Neuem begann.

Matti kannte das. Schon öfter waren sie solchen Affenhorden begegnet. Er wusste aber auch, dass die Tiere tatsächlich angreifen würden, wenn sie keinen anderen Ausweg mehr sahen. Doch so weit war es noch nicht. Matti kletterte weiter geschickt an dem Baum hoch, bis er an die ersten Früchte herankam. Unter dem wüsten Protestgeschrei der Affen pflückte er eine Feige, biss hinein und rief zu den anderen hinunter: »Süß und saftig. Lecker!«

Er pflückte weitere Feigen und warf sie seinen Freunden zu.

Elly, Mike und Gabriel versuchten, die Früchte aufzufangen, ohne sie zu zerquetschen. Die meisten fielen jedoch zu Boden. Die ersten, die die drei zu fassen bekamen, stopften sie sich sofort in den Mund, ehe sie anfingen, die anderen einzusammeln.

»Die weiter oben sind noch größer!«, rief Matti ihnen zu.

»Pass auf!«, mahnte Elly.

»Klar doch!«, antwortete Matti.