Lebe lieber übersinnlich (Band 3) - Tears 'n' Kisses - Kiersten White - E-Book

Lebe lieber übersinnlich (Band 3) - Tears 'n' Kisses E-Book

Kiersten White

4,8

Beschreibung

Von wegen normal! Eigentlich ist Evie vollauf damit beschäftigt, Weihnachtsgeschenke zu besorgen und den großen Winterball zu planen. Doch wie soll sie sich auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben konzentrieren, wenn sie auf einmal das Gerichtsverfahren gegen ihre Ersatz-Mum Raquel verhindern, ihren Freund Lend aus den Fängen der Dunklen Elfenkönigin befreien und sich entscheiden muss, ob sie nun dieses verpiepte Tor in eine andere Dimension öffnen soll oder nicht.Dort hindurch will nämlich die gesamte Mannschaft der Paranormalen. Doch was, wenn Lend ebenfalls mitgeht und die Erde verlässt? Plötzlich ist Evies Entscheidung noch viel schwieriger als gedacht. "Tears 'n' Kisses" ist der letzte Band einer Trilogie. Die beiden Vorgängertitel lauten "Flames 'n' Roses" und "Dreams 'n' Whispers".

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Für Elena und Jonah

Mit Drachen gibt es ein Problem: Ich habe absolut null Ahnung von den Viechern.

Was meine Aufgabe, mal wieder die Waschbären von der Hintertür des Diners zu verscheuchen, erheblich verkomplizierte. Statt der maskierten Mini-Banditen empfing mich dort nämlich eine bleiche, schlangenartige Kreatur, an deren Wirbelsäule und Schultern sich Federn wie Stacheln aufstellten. Das Gesicht des Drachen dagegen erinnerte an das eines Wolfs: eine längliche Schnauze mit zwei mächtigen Fangzähnen, die sich über die Lefzen krümmten. Ach ja, und er hatte Klauen. Ziemlich scharfe Klauen. »Du bist definitiv kein Waschbär«, stellte ich fest.

»Mitnichten, mein Kind. Mit solch kümmerlichem Getier habe ich nichts gemein.« Die Luft schmeckte nach Kohle, als seine Stimme erklang, hoch und glatt und alterslos, was mich für einen Moment sogar noch mehr schockte als die Tatsache, dass sich hier ein Drache hinter den Mülltonnen rumdrückte. Er konnte sprechen. Na klar kann er sprechen, Evie, was hast du denn gedacht? Das sollte ja wohl jedes Müll durchwühlende Fabelwesen können, das etwas auf sich hält. Ich war gleichermaßen panisch wie genervt. Zumindest müffelte der Drache nicht so fies wie ein Einhorn.

Nur: Einhörner waren Pflanzenfresser.

Er holte tief Luft und seine Brust glühte von innen her golden auf. Das war allerdings ausnahmsweise nicht seine Seele, die da leuchtete, sondern eindeutig Feuer. Um schnell zurück ins Haus zu huschen und ihm die Tür vor der Nase zuzuknallen, bevor ich gegrillt wurde, blieb mir vermutlich nicht genug Zeit – und dass die Tür einem Drachen standhalten würde, wagte ich ohnehin zu bezweifeln. Ich konnte die Beine in die Hand nehmen und die Gasse runterrennen, aber ich hatte keine Ahnung, wie schnell dieses Wesen war. Also entschloss ich mich, ganz offen nachzufragen. »Hast du vor, mich zu fressen?«, fragte ich.

»Ist das dein Begehr?«

»Ähm, nö, nicht unbedingt. Weißt du, bald ist nämlich der Winterball und der plant sich schließlich nicht von selbst, darum passt es mir im Moment nicht ganz so gut. Könnten wir uns vielleicht auf einen anderen Termin einigen?« Ich trat einen Schritt zurück. Früher hatten die Menschen doch auch gegen Drachen gekämpft, oder nicht? Dann würde ich das genauso schaffen. Alles, was ich brauchte, war eine Ritterrüstung. Und ein Schwert. Oder eine Keule, vielleicht auch eine chemische – zum Beispiel Pfefferspray, mit dem ich ihn ordentlich einnebeln konnte.

Hinter mir öffnete sich die Tür und aus der Küche ergoss sich helles Licht in die dunkle Gasse. Ich quietschte vor Erleichterung auf.

»Da bist du ja«, sagte Nona und nickte dem Drachen zu.

»Ach, ihr zwei kennt euch?« Wieso überraschte mich das überhaupt noch? War doch klar, dass der ortsansässige Baumgeist den sprechenden Drachen hinter dem Müllcontainer kannte, wie schließlich auch die ganzen anderen seltsamen Paranormalen, die sich seit einiger Zeit in unserer Stadt rumtrieben. Und ich war mir sicher, dass sich nach diesem Zwischenfall mal wieder kein Schwein die Mühe machen würde, mir irgendwas zu erklären.

Ich brauchte dringend einen neuen Job.

»Evelyn, ich habe deinen Freundinnen Milchshakes gebracht. Den Rest des Abends hast du frei.« Mit einem seelenruhigen Lächeln spazierte Nona an dem Drachen vorbei ans Ende der Gasse, wo der Wald an die Stadt grenzte. Der Drache fixierte mich mit dunkelrot glühenden Augen und zwinkerte mir zu.

Ach was, neuer Job. Wie wär’s mit einer neuen Stadt?

Eine plötzliche Windbö wehte mir die Haare in den Mund. Mit ein paar graziösen Hopsern erhob sich der Drache in die Luft und schlängelte hinter Nona her.

»Na fabelhaft«, murrte ich, schlurfte zurück in die Küche und schloss – vor allem verschloss – die Tür hinter mir. »Wie nett, dass Nona mal wieder einen neuen Freund gefunden hat.« Ich holte tief Luft, um meine Nebenhöhlen von dem hartnäckigen Brandgeruch zu befreien, straffte die Schultern und marschierte in den Restaurantbereich des Diners. Schließlich hatte ich mich gerade einem Drachen gestellt und war unverkohlt davongekommen. Ich war bereit für die nächste Schlacht.

»So«, sagte ich, nahm in der Sitznische in der Ecke Platz und funkelte die fünf anderen Teenager dort kampflustig an. »Wer hat noch mal behauptet, Rosa wäre keine gute Dekofarbe für den Ball?«

Ich pfefferte meinen Ordner mit den Farbmustern auf die abgewetzte geblümte Couch in unserer Wohnung. »Also wirklich, Rosa ist doch wohl definitiv eine neutrale Farbe! Und was soll an Marineblau bitte schön so elegant sein? Ich hab noch niemanden sagen hören: ›Hey, weißt du, was tierisch elegant ist? Die Marine!‹«

Arianna verdrehte die toten Augen. »Rosa ist kein bisschen neutral. Die brauchen eine Farbe, die einen guten Hintergrund für jedes Kleid bildet.«

»Welche Farbe beißt sich denn mit Rosa?«

»Orange zum Beispiel?«

»Also, wenn eine ernsthaft vorhat, da in ’nem orangefarbenen Kleid aufzukreuzen, dann hat sie es auch nicht besser verdient. Igitt.«

»Jetzt beruhig dich mal. Mit Marineblau kann man auch eine ganze Menge anstellen.«

Ich ließ mich neben sie auf die Couch sinken. »Ja, kann sein. Vielleicht Blau mit silbernen Akzenten oder so. Sternchen?«

»Gähn.«

»Schneeflocken?«

»Wow, wenn das für einen Winterball nicht kreativ ist!«

Wie gewöhnlich ignorierte ich ihren Sarkasmus. Ich war einfach froh, dass sie da war. In letzter Zeit war sie oft unterwegs gewesen. »Hmm … wie wär’s dann mit was Sanfterem? Ein Wasser- und Nebel-Thema?«, überlegte ich.

»Das … find ich tatsächlich gar nicht so übel.«

»Hast du vielleicht Lust, mir mit den Skizzen zu helfen?«

Sie beugte sich vor und schaltete Easton Heights ein. »Deine dämliche Tanzveranstaltung kannst du alleine dekorieren. Es war schließlich deine Idee, dass du dich unbedingt mehr in dein ›normales‹ Leben einbringen musst. Ich wäre glücklich, wenn ich mir für immer die Radieschen von unten angucken könnte.«

»Dann ist das hier wahrscheinlich nicht der allergünstigste Zeitpunkt, um dir zu sagen, dass ich mich möglicherweise gemeldet habe, um die Kostüme für die Frühlings-Theateraufführung zu entwerfen. Und dass ich, weil ich ja keine Ahnung vom Nähen hab, ganz eventuell dich als freiwillige Helferin eingetragen habe.«

Arianna seufzte und strich sich mit einer Cover-verhüllten Leichenhand durch ihr stacheliges, rot-schwarz gefärbtes Haar. »Irgendwann bring ich dich im Schlaf um.«

»Solange es nicht wehtut.«

Wir summten die Anfangsmelodie mit, die genau in dem Moment endete, als mit einem Knall die Tür aufschwang und mein Freund hereingestürmt kam, mit einem strahlenden Grinsen seine Reisetasche fallen ließ und sich aus seinem Mantel schälte. »Endlich frei! Was hab ich verpasst?«, fragte Lend, die Wangen von der Kälte gerötet und mit vor Freude leuchtenden Wasser-Augen unter den dunklen seines Covers.

»Ich hab bei der Abstimmung für das Farbthema beim Winterball verloren, nach der Werbung fängt das Staffelfinale von Easton Heights an und Arianna will mich im Schlaf umbringen.«

»Solange es nicht wehtut.«

»Genau das hab ich auch gesagt!«

Lend hob mich hoch, wirbelte mich einmal herum und ließ sich auf die Couch fallen, sodass ich auf seinem Schoß landete. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten seine Weihnachtsferien gar nicht früh genug anfangen können. Nach den verrückten Entwicklungen des letzten Monats – eingeschlossen (aber längst nicht beschränkt auf) die Neuigkeit, dass mein Vater eine Fee war, und die Tatsache, dass ich vom rachsüchtigen Jack allein auf den Feenpfaden zurückgelassen worden war und schließlich doch den Weg zurück zu Lend gefunden hatte – brauchten wir jetzt wirklich mal etwas Zeit, um gemeinsam zu entspannen. Ich hatte beschlossen, dass dies das Einzige war, was in meinem Leben jetzt eine Rolle spielte. Keine Sorgen mehr darüber, wie viel Zeit mir wohl noch blieb, keine quälenden Fragen danach, was ich war oder nicht war. Ich war hier, jetzt. Und glücklich.

»Sonst noch was?«, erkundigte er sich, während er mir sanft durch die Haare fuhr.

»Ach ja, Nona trifft sich hinter dem Diner mit ’nem Drachen.«

Lend sah mich stirnrunzelnd an, die warmen Finger immer noch in meinem Nacken. »Und das erwähnst du nach dem Farbthema für einen Schulball und deiner Teeniesoap?«

»Man muss eben Prioritäten setzen.«

Während noch immer die Werbung lief, piepste mein Kommunikator der IBKP, wofür ich einen eisigen Blick von Arianna kassierte. »Wenn das Ding während einer Dialogszene losgeht, hau ich es kurz und klein.«

»’tschuldige! Ich hab Raquel schon x-mal gesagt, dass sie mich auf meinem richtigen Handy anrufen soll. Das ist schön und rosa und hat einen coolen Klingelton, statt bloß so nervig zu piepsen. Außerdem kann ich im Moment ja eh nicht viel für die IBKP tun.«

»Tja, ohne Feentransport sind die da wohl ziemlich aufgeschmissen.« Lend gab sich Mühe, nicht allzu zufrieden darüber zu klingen, aber ich wusste genau, wie sehr er sich insgeheim die Hände rieb.

Ich wusste nicht so recht, wie ich darüber denken sollte. Es war nett gewesen, wieder mit Raquel zusammenzuarbeiten, außerdem half ich der IBKP hin und wieder ganz gern, solange ich über meine Arbeitsweise selbst bestimmen konnte. Aber einer Fee würde ich keinen Zentimeter mehr über den Weg trauen. Ein kleiner Teil von mir fragte sich neugierig, ob ich die Feenpfade jetzt wohl ganz allein bewältigen konnte. Aber dieser Teil war wirklich sehr klein und alle anderen Teile von mir hielten ihn für völlig durchgeknallt und hätten ihn am liebsten mal ordentlich vermöbelt. Niemals würde ich wieder einen Fuß in diese undurchdringliche, leere Dunkelheit setzen.

Mein Kommunikator piepste erneut und Arianna warf dem Gerät einen so mordlüsternen Blick zu, dass ich ihn schnell vom Couchtisch schnappte und damit in mein Zimmer rannte, bevor sie ihn in den vorzeitigen Ruhestand versetzen konnte.

»Mensch, Raquel! Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass du mich auf dem Handy anrufen sollst?«, meldete ich mich.

»Evelyn«, antwortete eine dunkle Stimme, die definitiv nicht Raquel gehörte.

»Ich – wer ist denn da?«

»Anne-Laurie LeFevre, Vorstand der IBKP. Du bist nicht länger Raquel unterstellt, sondern arbeitest jetzt für mich.«

»Ich … was?«

»Von jetzt an bin ich bei der IBKP die entscheidende Instanz für dich. Wir müssen uns über deinen Terminplan unterhalten und das bisher bestehende Arrangement etwas anpassen. Zudem wären da noch verschiedene Regelverstöße, die wir besprechen sollten.«

»Halt mal, eins nach dem anderen. Erstens bin ich nicht bei der IBKP. Sie können also kaum über mich entscheiden, noch sind Sie irgendeine wichtige Instanz für mich. Zweitens arbeite ich – wenn überhaupt – mit Raquel zusammen. Und zwar nur mit Raquel. Weiß sie, dass Sie mich anrufen? Ich will mit ihr reden.«

»Raquel ist im Augenblick nicht zu sprechen; sie hat einen neuen Posten zugewiesen bekommen.«

»Tja, ich hab auch einen neuen Posten, und zwar in meinem richtigen Leben. Also danke, nein – und rufen Sie mich nie wieder an.« Ich legte auf und starrte finster auf meinen Kommunikator. Der sofort wieder zu piepsen anfing, aber das ignorierte ich und wählte Raquels Nummer. Niemand nahm ab; vielleicht hatte sie zu viel zu tun auf ihrem neuen Posten, was immer das auch sein mochte. Hoffentlich erwischte ich sie bald, um sie zu fragen, was verpiept noch mal eigentlich bei der IBKP los war. Als ich wieder dort einstieg, waren wir uns alle einig gewesen, dass ich nur eine freie Mitarbeiterin war und jederzeit aufhören konnte, wenn ich wollte. Anscheinend war diese Info an dem einen oder anderen vorbeigegangen. Aber Raquel würde sich schon darum kümmern.

»Evie! Die Werbung ist vorbei!«, schrie Arianna. Stirnrunzelnd verstaute ich den Kommunikator in der guten alten Sockenschublade.

Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, war Lend aufgestanden und warf sich gerade seine Reisetasche über die Schulter. »Wo willst du denn jetzt hin?« Ich riss ihm seinen Mantel aus der Hand und gab ihn nicht wieder her. Er war schließlich gerade erst gekommen, da würde ich ihn bestimmt nicht schon wieder gehen lassen.

»Zufällig hab ich ein paar wichtige Sachen zu erledigen.«

»Was könnte wichtiger sein als Easton Heights?«

»Weihnachtsgeschenke für dich zu kaufen zum Beispiel?«

Ich warf ihm den Mantel zu und hielt ihm die Tür auf. »Lass dir Zeit.«

»Ein schönes Gefühl zu wissen, dass man vermisst wird.«

»Viel Spaß!« Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und verpasste ihm einen kräftigen Schmatzer, dann schob ich ihn in den Flur und setzte mich wieder auf die Couch, ein seliges Lächeln im Gesicht. »Hach, er ist einfach der beste Freund auf der Welt.«

»Klappe. Sofort.« Arianna rührte sich nicht, den Blick starr auf den Fernsehbildschirm gerichtet. Plötzlich klopfte es laut an der Tür. »Und sag Lend, er soll gefälligst einfach reinkommen!«

»Hast du was vergessen?«, fragte ich, während ich aufmachte, und war völlig überrascht, als ich einer kurzgewachsenen dunkelhäutigen Frau im Hosenanzug gegenüberstand. Und es war nicht Lend, der sich als solche »verkleidet« hatte, sondern definitiv eine ganz normale Frau, ohne Cover. »Äh, hallo.« Dann erst bemerkte ich den Mann hinter ihr. Den Mann, der unter seinem Cover eine Fee war.

»Evelyn«, sagte die Frau mit einer Stimme, die ich sofort von unserem Telefonat wiedererkannte. Ach, verpiept noch mal, nein. Nicht hier, nicht jetzt, nicht in Anwesenheit meiner besten Vampirfreundin, die ein Stück weiter auf der Couch saß. Das hier war wirklich der letzte Ort, an dem ich irgendjemanden von der IBKP sehen wollte, mit Ausnahme von Raquel vielleicht.

Ich straffte die Schultern und bedachte Anne-Dingens Dingenskirchen mit einem eisigen Blick. »Entschuldigung, aber hatte ich Sie hierher eingeladen? Denn so wie ich das sehe, arbeite ich nicht mehr für Sie. Ach, wissen Sie was? Momentchen mal.«

Ich stapfte zurück in mein Zimmer und holte meinen Kommunikator. »Hier«, verkündete ich und drückte ihn ihr in die Hand. »Den werde ich nicht mehr brauchen. Als ich gesagt habe, ich arbeite nur mit Raquel, meinte ich überraschenderweise genau das: Ich arbeite nur mit Raquel. Das dürfen Sie von mir aus gern so weitergeben. Und wenn Sie jemals wieder mit einer Fee hier auftauchen, dürfen Sie alle beide Bekanntschaft mit meinem Taser schließen.«

Ich knallte ihr die Tür vor der Nase zu und schlug mir dann panisch die Hände vor den Mund. Die IBKP. Hier. An einem Ort, der mehr oder weniger das Epizentrum freier Paranormaler in den ganzen USA war. Trotz aller Reformen in der Organisation musste ich um jeden Preis vermeiden, dass sie dieser Stadt auch nur das geringste bisschen Aufmerksamkeit zukommen ließ. Oder meinem Diner, in dem es von Paranormalen nur so wimmelte. Woher wussten die überhaupt, wo ich war? Raquel hätte es ihnen nicht verraten. Oder? Nein. Niemals. Ich musste sofort David anrufen. Ich musste mit Raquel reden und rausfinden, was hier los war. Und ich musste dafür sorgen, dass Arianna niemals eine Fußfessel verpasst bekam.

»Was wollte die denn?« So lässig Arianna sich auch gab, ihre Stimme verriet einen Hauch von Angst.

»Keine Ahnung«, flüsterte ich und mein Herz raste noch immer, während ich auf die geschlossene Tür starrte und sie per Telepathie dazu zu bewegen versuchte, auch ja so zu bleiben.

»Na, worüber schmollst du schon wieder?« Vivian und ich saßen auf unserem gewohnten Hügel, aber um uns schien es noch dunkler zu sein als sonst und ich konnte regelrecht dabei zusehen, wie die Sterne einer nach dem anderen verschwanden.

»Hmm? Ach so, nein. Ich mache mir bloß Sorgen, das Übliche halt. Bei den Paranormalen läuft nach wie vor irgend so ein geheimnisvoller Kram ab. Und dann nervt auch noch die IBKP rum. Hast du gewusst, dass es tatsächlich Drachen gibt?«

Sie schnaubte. »Du solltest es wirklich auch mal mit einem Koma probieren. Macht das Leben gleich viel unkomplizierter. Eigentlich bist du das einzig Komplizierte in meinem Leben.«

»So verlockend das mit dem Koma klingt, dann würde ich doch den ganzen kuscheligen Teil des Lebens verpassen. Der ist nämlich ziemlich toll.«

»Na schön«, seufzte sie. »Es ist einfach so einsam hier, wenn du nicht da bist.«

Ich lehnte den Kopf an ihre Schulter. »Ich weiß. Was ist eigentlich mit den Sternen los?«

»Keinen blassen Schimmer. Kommt es dir hier auch wärmer vor als sonst?«

Der letzte Stern verschwand.

Und der Traum von Vivian versank in der Dunkelheit.

Am nächsten Morgen schlich ich mich, noch immer ein wenig enttäuscht über die verpasste Gelegenheit, meiner im Koma liegenden Schwester eine Zusammenfassung der letzten Easton Heights-Folgen zu liefern, an Lend vorbei nach draußen. Er lag schlafend auf unserer geblümten Couch, nachdem er irgendwann in den frühen Morgenstunden erschöpft zusammengesackt sein musste. Als er erfahren hatte, was passiert war, hatte er darauf bestanden, über Nacht hierzubleiben und Wache zu halten, falls noch einmal jemand von der IBKP auftauchte. Tasey, mein rosafarbener und mit Strasssteinen besetzter Taser, wirkte in seiner Hand, mit der er die Gute immer noch fest umklammert hielt, schon ein bisschen albern. Wir würden ihm endlich mal einen passenderen besorgen müssen, vielleicht in Metallicblau.

Ich hatte von Anfang an nicht geglaubt, dass wir einen mitternächtlichen Angriff der IBKP zu befürchten hatten; klar war es merkwürdig, dass sie überhaupt hier aufgetaucht waren, aber sich nachts an einen ranzuschleichen, sah ihnen eigentlich nicht ähnlich. Eher saugten sie einem mit ihrem Bürokratie-Wahnsinn gaaaanz langsam die Seele aus. Selbst wenn sie den ganzen Laden jetzt noch mal umstrukturierten (was kein Wunder wäre, nachdem sie während Reths Freiheits-Schrägstrich-Rache-Feldzug die meisten ranghöheren Mitglieder eingebüßt hatten), würde es noch eine ganze Weile dauern, bis sich die Reformen schließlich durchgesetzt hätten. Ich war lange genug dabei gewesen, um zu wissen, wie so was bei internationalen Regierungsorganisationen abläuft. Es spielt keine Rolle, ob sie nun versuchen, den Transport von Socken zu reglementieren oder von Mythenwesen wie Kobolden. Papierkram, Papierkram und noch mal Papierkram. Formulare, Dokumente, Unterschriften, Anwälte – glaubt mir, das kann einem mehr Angst einjagen als ein Vampir mit gebleckten Zähnen.

Was nicht heißen soll, dass ich nicht trotzdem ein kleines bisschen nervös war, aber Raquel würde mir sicher sagen können, was los war. Und alles in Ordnung bringen.

David hatte mir eine SMS von ihr weitergeleitet, in der stand, sie könne mich in einer halben Stunde in unserem Café treffen. Genaueres wusste er nicht, also beschloss ich, dass sie nur das Jitterbug Café meinen konnte, in dem wir uns nach meiner Begegnung mit den Trollen getroffen hatten. Wie David überhaupt an sie rangekommen war, wusste ich nicht. Seit wann waren die beiden denn SMS-Kumpel?

Allerdings würde ich bis zu dem Café mindestens eine Dreiviertelstunde brauchen und das auch nur, wenn ich den nächsten Bus bekam. Natürlich hätte ich Lend wecken können, der mich bestimmt gefahren hätte, aber er hatte letzte Nacht so wenig Schlaf bekommen und außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich heute, zusätzlich zu allem anderen, nicht auch noch seine Kommentare über Raquel ertragen konnte. Die beiden kamen einfach nicht miteinander klar.

Ich widerstand dem Drang, sitzen zu bleiben und Lend beim Schlafen zuzusehen. Wenn er träumte, bewegten sich nicht wie bei anderen Leuten seine Augen hinter den Lidern, stattdessen wechselte sein Cover das Aussehen wie in einem Stop-Motion-Film. Das war faszinierend und ziemlich unterhaltsam – wenn auch manchmal ein bisschen gruselig, denn zwischendurch tauchte immer mal wieder ich selbst auf.

Als ich ins Diner stürmte, rannte ich beinahe Grnlllll über den Haufen. »Was machst du denn noch hier?«, fragte ich, bevor ich Nona geschäftig zwischen den roten Tischen herumeilen sah, an denen mehrere Paranormale saßen, darunter auch die beiden Selkies Kari und Donna. »Ihr solltet doch alle schon längst die Stadt verlassen haben!«

Nachdem ich David am Abend zuvor von meiner IBKP-Begegnung in Nicht-Raquel-Gestalt erzählt hatte, hatte er sofort beschlossen, sämtliche Paranormale von hier wegzuschaffen. Ich unterstützte ihn in dieser Entscheidung, obwohl es sehr viel schwieriger als erwartet gewesen war, Arianna dazu zu bewegen, ihre Sachen zu packen und sich in Sicherheit zu bringen. Irgendwann hatte sie wenigstens eingewilligt, sich in Davids abgeschiedenem Haus zu verstecken, um sofort zur Stelle sein zu können, falls wir Hilfe brauchten. Aber diese Paranormalen hatten keinen Grund zu bleiben.

»Nona, ihr müsst alle weg! Die IBKP weiß, dass ich hier bin, und das bedeutet, sie wissen auch, dass ihr hier seid!«

Nona lächelte mich an und machte eine Geste mit der Hand, die diese wie einen Ast aussehen ließ, an dem der Wind rüttelte. »Die IBKP stellt keine Bedrohung für uns dar.«

Verzweifelt fuhr ich mir mit den Fingern durch den Pferdeschwanz. Ich musste mich tierisch beeilen, wenn ich es noch rechtzeitig zu Raquel schaffen wollte, aber genauso dringend musste ich diese Paranormalen davon überzeugen zu verschwinden. Ich hatte keine Ahnung, was die IBKP mit einer Huldra, einem Gnom, zwei Selkies und, tja, was auch immer diese drei traurigschönen, aber auch ziemlich unheimlich aussehenden Frauen mit den langen schwarzen Haaren waren, die in der Ecke saßen – oder schwebten? –, anstellen würde.

»Nein, im Ernst, die könnten euch ziemliche Probleme machen. Geht doch einfach woandershin, bis wir raushaben, was bei der IBKP eigentlich los ist. Vermutlich ist alles halb so wild. Hoffentlich. Aber bis wir Näheres wissen, wäre es mir lieber, wenn ihr in Sicherheit wärt.«

»Mein liebes Kind«, sagte Nona und nahm sanft lächelnd mein Gesicht in beide Hände. Sie beugte sich vor und drückte mir mit ihren moosgrünen Lippen einen Kuss auf die Stirn. »Bald.«

Sie ließ mich los und ich setzte ihr plötzliches Kuschelbedürfnis stirnrunzelnd auf die stetig länger werdende Liste mysteriöser Nona-Aktionen. Dann zog ich mein Handy aus der Tasche und sah auf die Uhr. »Mist! Jetzt hab ich den Bus verpasst!«

Kari sah mich aus ihren unglaublich großen, runden braunen Augen an. »Sollen wir dich fahren? Wir können dich fahren! Wohin du willst! Ganz schnell!«

»Habt ihr etwa ein Auto?«

Donna und sie bellten ihr Seehundlachen. Hin- und hergerissen blickte ich zurück zu Nona, die in aller Seelenruhe die lange, von Barhockern gesäumte Theke abwischte. »Wir unterhalten uns weiter, wenn ich wieder da bin.«

Ich folgte den Selkies nach draußen zu einem alten VW Käfer, der an der Straße parkte. Es war ein Cabrio in glitzerndem Dunkelblau, mit weißen Ledersitzen. »Das ist doch jetzt nicht wahr, oder?«, stotterte ich. Wie konnten zwei Wesen, die den Großteil der letzten paar Jahrhunderte als Seehunde verbracht hatten, ein derart cooles Auto besitzen? Und wie jämmerlich sah ich, die immer noch keins hatte, dagegen aus?

Ich rutschte auf die Rückbank und Kari nahm hinter dem Steuer Platz.

»Wo habt ihr denn den Führerschein gemacht?«, erkundigte ich mich neugierig. Ich würde im Frühling mit den Fahrstunden anfangen, aber vielleicht kannten die beiden ja einen besonders einfachen Kurs?

»Was ist ein Führerschein?«, fragte Kari zurück und ließ den Wagen hinaus auf die Straße schießen.

Ach du piep.

Die Augen fest zugekniffen, die Finger um meinen Anschnallgurt gekrampft, harrte ich des Unvermeidlichen, als plötzlich aus meiner Handtasche der gedämpfte Refrain meines neuesten Lieblingssongs erklang. Widerwillig löste ich eine Hand von meinem Gurt und kramte mein Handy hervor. Kari ging mit unverminderter Geschwindigkeit in eine Kurve, sodass die Fliehkraft mich gegen das Fenster schleuderte.

»Langsamer!«, kreischte ich und hielt mir dann das Handy ans Ohr. »Was ist? Ich meine, hallo?«

»Wo bist du?«, hörte ich Lend mit deutlicher Panik in der Stimme fragen. Ach je, ich hätte ihm einen Zettel hinlegen sollen.

»Ich bin unterwegs zum Jitterbug Café, da treffe ich mich mit Raquel. Kari, Baum!« Wir schlingerten wild hin und her und kurz verloren die Reifen auf der rechten Seite sogar ganz den Kontakt zur Straße, bis der Wagen schließlich wieder auf den Boden krachte. »Bäume weichen Autos nicht aus! Autosweichen Bäumen aus!«

Donnas bellendes Gelächter erfüllte den beengten Innenraum des Autos, als sie vor Entzücken in die Hände klatschte.

»Was ist denn los? Bist du in Sicherheit?«, versuchte Lend schreiend den Lärm auf meiner Seite zu übertönen.

»Im Moment eher nicht, nein. Rote Ampel! Rote Ampel!« Wir schlitterten trotzdem über die Kreuzung, wobei unsere Stoßstange so knapp dem Zusammenprall mit einem Geländewagen entging, dass ich die Zähne des Fahrers zählen konnte. »Fahr rechts ran! Ich steige aus!«

»Aber wir sind doch noch gar nicht da«, protestierte Kari und drehte sich zu mir um, um mich mit ihren runden, wässrigen Augen fragend anzusehen.

»Guck auf die Straße! Die Straße! Stopp, stopp, stopp, stopp, stopp, stopp, STOPP!«

Kari blinzelte, drehte sich wieder um und trat mit voller Kraft auf die Bremse. Ich flog nach vorne, bis der Gurt blockierte und sich so hart in mein Schlüsselbein grub, dass das mit Sicherheit einen blauen Fleck geben würde. Ein Quietschen hallte durch den Käfer und der beißende Geruch verschmurgelten Gummis stieg mir in die Nase, als wir mitten auf der Straße komplett zum Stillstand kamen.

»Ich ruf dich nachher zurück«, sagte ich mit zitternder Stimme ins Telefon und legte auf.

Donna sprang aus dem Auto, klappte ihren Sitz vor und lächelte mich strahlend an, als ich aus dem Wagen purzelte, auf Händen und Knien zum Gehweg kroch und schließlich dankbar meine Stirn auf den eiskalten Zement bettete.

Okay, vielleicht gab es tatsächlich noch schlimmere Transportmethoden als Händchenhalten mit einer Fee.

Donna tätschelte mir, alles andere als sanft, den Rücken. »Das war lustig!«, freute sie sich. »Wo soll’s als Nächstes hingehen?«

»Mit euch zweien nirgendwo mehr hin, nie wieder!«

Ich drehte mich um und setzte mich auf den Bordstein. Kari hatte das Auto einfach mitten auf der Straße stehen lassen und sich zu uns gesellt. Verwundert hob sie die Augenbrauen. »Alles in Ordnung, Evie?«

»Nein! Du hast mich beinahe umgebracht!«

Sie schüttelte vehement den Kopf. »Nein! Wir sind hier, um dich zu beschützen. Du sollst immer in Sicherheit sein. Wir sind für dich verantwortlich.« Sie lächelte stolz.

»Ihr seid doch nicht –« Ich hielt inne und zwang mich zu einem versöhnlichen Lächeln. Die Selkies waren zu keiner Heuchelei, keiner Lüge fähig. Nona wich allen meinen Fragen aus, aber vielleicht wussten die beiden gar nicht, dass sie das auch tun sollten. »Ach so, ja, natürlich! Wer war das noch mal gleich, der euch gesagt hat, dass ihr auf mich aufpassen sollt?«

»Nona!«

Donna nickte zustimmend. »Und der Glitzermann.«

»Glitzermann?«, wiederholte ich. »Meint ihr Lend?«

»Nein, der Glitzermann – mit Haaren und Augen so hell wie die Sonne.«

Ich bemühte mich, mein Lächeln aufrechtzuerhalten. »Reth? Die Fee?«

»Fee, ja! Obwohl er so nicht heißt; er will es uns nie sagen. Er glitzert so schön. Ich mag es, wenn er mit mir redet.« Donna hob die Hand und strich sich mit einem verträumten Lächeln durch ihr üppiges, walnussbraunes Haar.

»Ich hab’s gewusst! Nona arbeitet mit Reth zusammen!« Bebend vor Wut stand ich auf. Trotz Davids Beteuerungen, wir könnten diesem verlogenen Baumgeist trauen, ahnte ich schon seit Monaten, dass sie irgendwas im Schilde führte. Und jetzt stellte sie in Reths Auftrag die Selkies dazu ab, mir nachzuspionieren?

»Bist du böse?«, fragte Kari und Sorge stieg in ihren Augen auf wie Tränen. »Haben wir was falsch gemacht?«

Ich atmete tief durch, sodass die beißend kalte Luft meine Lungen füllte und mir in der Kehle brannte. Es war nicht ihre Schuld. Die Selkies waren so unschuldig und gutmütig wie Seehunde, die in den Wellen herumtollten, ihre Unsterblichkeit nichts als ein ewiges Spiel. Sie taten nur, was man ihnen gesagt hatte – und was sie für das Richtige hielten. »Nein, ihr habt nichts falsch gemacht. Danke.«

»Okay! Dann können wir ja weiter Auto fahren!«

»NEIN! Ähm, ich meine, ich würde den restlichen Weg zum Café lieber laufen, wir sind ja schon fast da. Aber ihr zwei könnt ruhig weiterfahren. Lend kommt mich nachher abholen und bei ihm bin ich immer in Sicherheit.«

Donna zog skeptisch die Stirn kraus. »Meinst du wirklich? Wir können auch bleiben. Ich könnte dir die Haare flechten!«

»Und ich hab Nagellack im Auto!«, quietschte Kari, die vor lauter Vorfreude auf und ab hüpfte.

»Nein, ihr solltet besser Nona Bescheid geben, dass es mir gut geht. Sie macht sich bestimmt schon Sorgen.«

»Sollen wir dich nicht lieber von irgendwoher beobachten, wo du uns nicht sehen kannst? So wie wir das immer machen, wenn du in der Schule bist?«

Mein Gesicht gefror zu einem maskenhaften Lächeln, aber die Adern in meinem Hals fühlten sich an, als würden sie jeden Moment platzen, so heftig pochte es darin vor Wut. Ich hatte mich bestimmt nicht aus dem Würgegriff der IBKP befreit, um mich nun von einem Baumgeist und meinem durchgeknallten Feen-Ex bespitzeln zu lassen. »Das müsst ihr nicht. Ich hab heute mit Nona gesprochen und sie meinte, es ist in Ordnung, wenn ihr beiden mich hier allein lasst.«

Karis Augen verengten sich von beinahe kreisrund zu mandelförmig. »Das hat sie wirklich gesagt?«

»Oh ja.«

Sie hielt meinen Blick noch einen Moment fest, dann zuckte sie mit den Schultern und das Lächeln sprang zurück auf ihre Lippen. »Na, dann ist ja gut! Bis später!«

Donna winkte fröhlich, als sie wieder in den Wagen stiegen und schließlich mit quietschenden Reifen verschwanden. Ich sah ihnen nach, bis sie um die Ecke waren, dann rannte ich so schnell ich konnte zum Café. Als ich dort ankam, musste ich mich erst mal an die dunkle Backsteinfassade lehnen; mein keuchender Atem formte kleine Wölkchen.

Wie lange beschatteten die beiden mich schon? Welche anderen Paranormalen waren in die Geschichte verwickelt? Nona und Grnlllll auf jeden Fall, aber die hatte ich ja von Anfang an in Verdacht gehabt. Und diese drei komischen Frauen heute Morgen – die hatte ich auch mit Nona flüstern sehen. Und der Drache? Hatte sie etwa den Drachen auf mich angesetzt? Panisch sah ich zum Himmel auf, aber dort waren keine bleichen Monster zu sehen, die sich durch die dünne Wolkendecke schlängelten.

Und was war mit … Arianna? Ich biss mir auf die Unterlippe. Immerhin lebten wir zusammen. Wer hätte mich besser im Auge behalten können als meine Mitbewohnerin? Ich lehnte den Kopf zurück an die rauen, unebenen Backsteine. Wenn ich doch nur Lish wiederhaben könnte. An ihr hatte ich nie, niemals zweifeln oder ihre Motive infrage stellen müssen. Ich wusste einfach, sie war meine Freundin, egal, was kam. Wir zwei gegen den Rest der Welt, so war es immer gewesen. Manchmal, seit ich nicht mehr mit ihr reden konnte, wusste ich einfach nicht, wo ich noch hingehörte.

Arianna war nicht so eine Freundin, wie Lish es gewesen war. Sie war mürrisch und schroff und manchmal kam es mir so vor, als hasste sie mich mehr, als dass sie mich mochte. Allerdings war Arianna auch nicht dieselbe Art von Paranormaler wie Nona und ihre Kumpanen. Die waren einfach so geboren worden. Arianna dagegen war die Unsterblichkeit gegen ihren Willen aufgezwungen worden.

Außerdem würde sicher niemand, der versuchte, mich auszuspionieren und sich bei mir einzuschmeicheln, andauernd seine klitschnassen Handtücher auf dem Teppich liegen lassen.

Nein, ich vertraute Arianna. Arianna, Lend, David und Raquel. Mit einem tiefen Seufzer zog ich mein Handy hervor, um auf die Uhr zu sehen. Ich war sogar ein paar Minuten zu früh. Außerdem hatte ich drei Anrufe von Lend verpasst und eine SMS von Carlee bekommen, meiner einzigen normalen Freundin. Was hätte ich nicht dafür gegeben, heute mit ihr zur Pediküre gehen zu können und dabei die Vorzüge des Jungen-Basketballteams gegenüber der Fußballmannschaft zu erörtern. Obwohl ich persönlich natürlich eher auf den gestaltwandelnden Künstlertypen abfuhr, musste ich gestehen, dass ich eine kleine Schwäche für Fußballerwaden hatte.

 Aber es sollte wohl nicht sein. Und meine Finger waren ohnehin zu kalt zum Zurückschreiben. Also ließ ich die SMS SMS sein und drückte auf Wählen. Lend nahm beim ersten Klingeln ab.

»Du musst mich bitte abholen kommen, nachdem ich mit Raquel geredet habe«, sagte ich. »Und dann muss ich aus der Wohnung über dem Diner ausziehen.«

»Okay und okay. Ich wollte dich sowieso überreden, heute mit zu meinem Dad zu kommen. Und irgendwann, schätze ich mal, erklärst du mir bestimmt auch, was los ist, oder?«

»Soweit ich da selbst durchblicke.« Meine Stimme klang genauso düster, wie ich mich fühlte. Denn wie gewohnt durchblickte ich die Sache weit weniger, als mir lieb war. Aber wenigstens Raquel würde mir bestimmt ein paar Antworten geben können.

Eine halbe Stunde später wippten meine Knie unkontrolliert auf und ab. Teilweise vor Nervosität – wo blieb sie denn nur?–, aber hauptsächlich, weil ich mittlerweile bei Vanilla Coke Nummer vier angelangt war. Koffein und ich waren schon immer eine schlechte Kombination gewesen, aber heute verstärkte sich die Wirkung noch durch die unruhige Energie, die mich seit letztem Halloween durchströmte, als ich diesem Über-Vamp, der mich angreifen wollte, einen Teil seiner Seele ausgesaugt hatte.

Alle dreißig Sekunden warf ich einen Blick auf mein Handy, aber ich hatte keine Anrufe verpasst und auch keine neue SMS von David bekommen. Hatte ich mich etwa doch mit dem Café vertan? In diesem hier hatten wir uns letzten Oktober getroffen. Aber vielleicht hatte Raquel ja ein anderes im Sinn gehabt. Sie sollte gefälligst endlich hier auftauchen und mir sagen, dass alles in Ordnung war.

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