The Chase – Gegensätze ziehen sich an - Elle Kennedy - E-Book
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The Chase – Gegensätze ziehen sich an E-Book

Elle Kennedy

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Beschreibung

Endlich! Die »Briar University«-Reihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Elle Kennedy ist da! Eishockeyspieler, Leidenschaft und Herzklopfen – die Sports-Romance »The Chase – Gegensätze ziehen sich an« sorgt für Knistern in der Luft! Es heißt: Gegensätze ziehen sich an. Und da muss etwas dran sein, denn es gibt keine andere logische Erklärung dafür, dass ich mich so zu Colin Fitzgerald hingezogen fühle. Ich mag normalerweise keine tätowierten, videospielenden, Eishockey fanatischen Nerd-Typen, die denken, dass ich einfach nur hibbelig bin. Und oberflächlich. Sein falsches Bild von mir spricht also auch noch gegen ihn. Und es hilft nicht, dass er ein Kumpel meines Bruders ist. Und dass sein bester Freund in mich verknallt ist. Und dass ich gerade bei den drei Jungs eingezogen bin. Oh, hatte ich nicht erwähnt, dass wir zusammen wohnen? Nein? Ist eigentlich auch egal, denn Colin hat deutlich gemacht, dass er sich nicht für mich interessiert, auch wenn die Funken, die zwischen uns fliegen, unser Haus in Brand stecken könnten. Aber ich bin kein Mädchen, das einem Kerl hinterherläuft, und ich werde jetzt sicherlich auch nicht damit anfangen. Ich habe ohnehin alle Hände voll damit zu tun, mit dem College, einem ätzenden Professor und einer ungewissen Zukunft klarzukommen. Also, falls mein sexy grüblerischer Mitbewohner doch noch aufwacht und erkennt, was ihm fehlt: Er weiß, wo er mich findet. Die »Briar University«-Reihe  ist ein Spin-Off der beliebten »Off-Campus«-Reihe. Auf »The Chase – Gegensätze ziehen sich an« folgt mit »The Risk – Wer wagt, gewinnt« Band zwei! Die Autorin Elle Kennedy wuchs in einem Vorort von Toronto auf und studierte Englische Literatur an der New York University. Ihre »Off Campus«-Reihe war wochenlang auf den internationalen Bestsellerlisten und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Elle Kennedy ist außerdem eine Hälfte des SPIEGEL-Bestseller-Autorenduos Erin Watt, das mit der »Paper«-Reihe große Erfolge feiert.

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Aus dem Amerikanischen von Christina Kagerer

 

© Elle Kennedy 2018Titel der amerikanischen Originalausgabe:»The Chase«, Elle Kennedy Inc., 2018© der deutschsprachigen Ausgabe:Piper Verlag GmbH, München 2019Redaktion: Anita HirtreiterCovergestaltung: zero-media.net, MünchenCoverabbildung: Westend61 / Getty Images

 

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Inhalt

Cover & Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Danksagung

Kapitel 1

Summer

»Soll das ein Witz sein?« Ich starre die fünf Mädchen an, die über mich richten. Sie haben verschiedene Haar-, Haut- und Augenfarben, aber trotzdem kann ich sie nicht auseinanderhalten, weil sie alle den gleichen Gesichtsausdruck aufgesetzt haben. Sie tun so, als würden sie bedauern, mir die schlechte Nachricht überbringen zu müssen, doch in ihren Blicken kann ich definitiv Schadenfreude erkennen.

Ha. Sie weiden sich an der Situation.

»Es tut mir leid, Summer, aber das ist kein Witz.« Kaya lächelt mich mitleidig an. »Als Komitee der Kappa Beta Nu nehmen wir unseren Ruf sehr ernst. Wir haben heute Morgen eine Botschaft von den Nationals erhalten, in der …«

»Ach wirklich? Eine Botschaft? Haben sie ein Telegramm geschickt?«

»Nein, eine E-Mail«, sagt Kaya und hat meinen Sarkasmus anscheinend nicht verstanden. Sie wirft ihr schimmerndes Haar über eine Schulter. »Sie haben das Komitee daran erinnert, dass sich jedes Mitglied dieser Studentenverbindung an die vorgegebenen Standards anpassen muss, sonst verlieren wir unseren guten Ruf bei den Nationals.«

»Und auf den müssen wir doch achten«, mischt sich Bianca ein und sieht mich flehend an. Von den fünf Miststücken vor mir scheint sie noch die Vernünftigste zu sein.

»Vor allem nach dem, was mit Daphne Kettleman passiert ist«, fügt ein Mädchen, an dessen Namen ich mich nicht erinnern kann, hinzu.

Jetzt werde ich neugierig. »Was war denn mit Daphne Kettleman?«

»Alkoholvergiftung.« Das vierte Mädchen – ich glaube, ihr Name ist Hailey – senkt ihre Stimme zu einem Flüstern und blickt sich hastig im Raum um, als könnten irgendwo im Wohnzimmer des Kappa-Hauses Wanzen versteckt sein.

»Ihr musste der Magen ausgepumpt werden«, sagt das Mädchen ohne Namen hämisch. Da stellt sich mir die Frage, ob sie sich tatsächlich darüber freut, dass Daphne fast gestorben wäre.

Nun mischt sich Kaya mit herrischer Stimme ein. »Genug von Daphne. Du hättest sie nicht erwähnen sollen, Coral.«

Coral! Stimmt. Das ist ihr Name. Und er klingt immer noch genauso blöd wie vor einer Viertelstunde, als sie sich mir vorgestellt hat.

»Wir sprechen Daphnes Namen in diesem Haus nicht laut aus«, erklärt mir Kaya.

Mein Gott – einmal den Magen ausgepumpt, und die arme Daphne wird zu Lord Voldemort? Die Kappa-Beta-Nu-Verbindung der Briar University ist anscheinend sehr viel strenger als die der Brown.

Sie schmeißen mich also raus, bevor ich überhaupt aufgenommen worden bin.

»Es ist nichts Persönliches«, fährt Kaya fort und schenkt mir noch ein falsches Lächeln. »Unser Ruf ist uns sehr wichtig, und obwohl du eine Erbin bist …«

»Eine Präsidenten-Erbin!«, stelle ich klar. Ha! Da hast du’s, Kaya! Meine Mom und meine Oma standen während ihres Studiums auch schon einem Kapitel vor. Heyward-Frauen und eine Kappa-Verbindung gehören zusammen wie Heyward-Männer und ein Waschbrettbauch.

»Eine Erbin«, wiederholt sie. »Aber wir legen nicht mehr so viel Wert auf diese Ahnen-Verbundenheit wie früher.«

Ahnen-Verbundenheit? Wer sagt denn so was? Ist die mit der Zeitmaschine aus der Vergangenheit gekommen?

»Nun ja, wir haben unsere Regeln und Grundsätze. Und du hast die Verbindung an der Brown nicht gerade im Guten verlassen.«

»Ich wurde nicht aus der Kappa-Verbindung geworfen«, erwidere ich. »Ich bin vom College geflogen.«

Kaya starrt mich ungläubig an. »Bist du darauf etwa stolz? Von einem der besten Colleges des Landes geflogen zu sein?«

Ich antworte ihr zähneknirschend. »Nein, darauf bin ich nicht stolz. Ich will damit bloß sagen, dass ich theoretisch immer noch ein Mitglied der Verbindung bin.«

»Das mag ja sein, aber das bedeutet noch lange nicht, dass du in diesem Haus wohnen darfst.« Kaya verschränkt die Arme vor ihrem weißen Angorapulli.

»Ich verstehe.« Ich ahme ihre Pose nach, nur dass ich auch noch meine Beine verschränke.

Kayas Blick landet auf meinen schwarzen Prada-Stiefeln – ein Geschenk von meiner Großmutter zur Aufnahme an der Briar University. Ich musste kichern, als ich das Päckchen gestern Abend geöffnet habe. Ich bin mir nicht sicher, ob Oma Celeste weiß, dass ich bloß auf die Briar gegangen bin, weil mein altes College mich rausgeschmissen hat. Aber wahrscheinlich weiß sie es sogar, und es ist ihr einfach egal. Meine Oma würde immer eine Ausrede dafür finden, Prada-Schuhe zu verschenken. Sie ist meine Seelenverwandte.

»Und ihr habt nicht in Erwägung gezogen«, fahre ich schnippisch fort, »mir das zu sagen, bevor ich meine Sachen gepackt habe und den ganzen Weg von Manhattan hierhergefahren und durch diese Tür gekommen bin?«

Bianca ist die Einzige, die sich ihrer Schuld bewusst zu sein scheint. »Es tut uns wirklich leid, Summer. Aber wie Kaya schon sagte, die Nationals haben sich erst heute Morgen bei uns gemeldet. Dann mussten wir abstimmen, und schließlich …« Sie zuckt mit den Schultern. »Sorry.«

»Ihr habt also abgestimmt und beschlossen, dass ich nicht hier wohnen darf.«

»Ja«, sagt Kaya.

Ich schaue die anderen an. »Hailey?«

»Halley«, korrigiert sie mich eisig.

Wie auch immer. Als ob ich mir all ihre Namen auf Anhieb merken könnte. Wir haben uns gerade erst kennengelernt. »Halley.« Ich wende mich dem nächsten Mädchen zu. »Coral.« Dann dem nächsten. Mist. Ich weiß wirklich nicht mehr, wie sie heißt. »Laura?«

»Tawny«, zischt sie mich an.

Na gut, einen Versuch war’s wert. »Tawny«, wiederhole ich entschuldigend. »Ihr seid euch also sicher?«

Drei Mädchen nicken mir zu.

»Cool. Danke, dass ihr meine Zeit verschwendet habt.« Ich stehe auf, werfe mein Haar über die Schultern und lege mir meinen roten Kaschmirschal um den Hals. Vielleicht ein bisschen zu dramatisch, denn es scheint Kaya auf die Nerven zu gehen.

»Hör auf damit, daraus so ein Drama zu machen!«, sagt sie schnippisch. »Und tu nicht so, als wären wir schuld daran, dass du dein ehemaliges Haus abgefackelt hast. Du wirst uns wohl nachsehen, dass wir nicht mit einer Brandstifterin zusammenleben wollen.«

Ich muss mich zusammenreißen, nicht die Kontrolle zu verlieren. »Ich habe überhaupt nichts abgefackelt.«

»Da haben uns die Verbindungsschwestern von der Brown aber etwas anderes erzählt.« Ihre Lippen werden zu schmalen Schlitzen. »Wie auch immer. Wir haben in zehn Minuten noch einen Termin. Du solltest jetzt also besser gehen.«

»Noch einen Termin? Ihr seid aber heute wirklich gefragt!«

»Wir organisieren heute Abend ein Charity-Event für Silvester, um Geld zu sammeln«, sagt Kaya steif.

O mein Gott. »Für welche Charity denn?«

»Ach«, Bianca sieht mich verschämt an, »wir sammeln Geld, um das Untergeschoss in unserem Haus zu renovieren.«

Das kann ja wohl nicht wahr sein. Sie sind die Charity? »Dann strengt euch besser an.« Mit einem spöttischen Lächeln winke ich ihnen beiläufig zu und verlasse den Raum.

Im Gang spüre ich, wie mir die ersten Tränen in die Augen treten.

Scheiß doch auf diese Tussis. Ich brauche sie oder ihre dumme Verbindung nicht.

»Summer, warte.«

Bianca holt mich bei der Eingangstür ein. Schnell setze ich ein falsches Lächeln auf und blinzle die Tränen weg. Ich will nicht, dass sie mich weinen sieht. Und ich bin so froh, dass ich meine Koffer im Auto gelassen habe und nur mit meiner überdimensionalen Handtasche hier reingekommen bin. Wie peinlich wäre es gewesen, wenn ich mein Gepäck nun wieder ins Auto tragen müsste? Ich hätte öfter gehen müssen, denn ich reise nicht mit leichtem Gepäck.

»Hör zu«, sagt Bianca so leise, dass ich sie kaum verstehe. »Du solltest froh sein.«

Ich runzle die Stirn. »Obdachlos zu sein? Klar, ich bin wirklich erleichtert.«

Sie zwingt sich zu einem Lächeln. »Dein Nachname ist Heyward-Di Laurentis. Du bist nicht obdachlos und wirst es auch niemals sein.«

Ich grinse sie beschämt an. Da hat sie recht.

»Aber im Ernst«, flüstert sie. »Du würdest hier nicht wohnen wollen.« Sie richtet den Blick aus ihren mandelförmigen Augen zurück in den Gang. »Kaya ist ein richtiger Feldwebel. Es ist ihr erstes Jahr als Kappa-Präsidentin, und irgendwie ist sie auf einem totalen Egotrip.«

»Das habe ich bemerkt«, sage ich trocken.

»Du hättest sehen sollen, was sie mit Daphne gemacht hat. Sie tut so, als wäre es die Sache mit der Alkoholvergiftung, aber in Wahrheit war sie bloß eifersüchtig, weil Daphne mit ihrem Exfreund Chris geschlafen hat. Also hat sie Daph das Leben zur Hölle gemacht. Als Daphne an einem Wochenende nicht da war, hat Kaya ›aus Versehen‹« – Bianca malt mit ihren Fingern Anführungszeichen in die Luft – »all ihre Klamotten den Erstsemestern gegeben, weil sie für die Kleidersammlung gespendet haben. Daphne hat die Verbindung letztendlich verlassen und ist ausgezogen.«

Ich denke langsam, dass diese Alkoholvergiftung das Beste war, was dieser Daphne Kettleman passieren konnte, wenn sie damit aus diesem Drecksloch verschwinden konnte.

»Wie dem auch sei, mir ist es egal, ob ich hier wohnen kann oder nicht. Wie du schon sagtest, ich kriege das hin.« Ich setze die Nichts kann mir etwas anhaben-Stimme auf, die ich über die Jahre hinweg perfektioniert habe.

Sie ist mein Schutzschild. Ich tue so, als sei mein Leben ein wunderschönes viktorianisches Haus, und hoffe, dass niemand nahe genug kommt, um die Risse in der Fassade zu sehen.

Aber wie überzeugend ich auch vor Bianca erscheinen mag, als ich fünf Minuten später in mein Auto steige, kann ich die Angst, die mich überkommt, nicht unterdrücken. Sie lässt meinen Atem und meinen Puls schneller gehen, und ich kann nicht mehr klar denken.

Was soll ich tun?

Wo soll ich hingehen?

Ich hole tief Luft. Alles ist gut. Ich hole wieder Luft. Ja, ich werde das hinkriegen – so wie immer, nicht wahr? Ich baue ständig Mist, habe allerdings noch jedes Mal einen Weg gefunden, um mich aus einer misslichen Lage zu befreien. Ich muss mich nur zusammenreißen und nachdenken …

Zum Glück reißt mich der Klingelton meines Handys – Cheap Thrills von Sia – aus meinen Gedanken.

Ich gehe sofort ans Telefon. »Hey«, begrüße ich meinen Bruder Dean und bin dankbar für die Ablenkung.

»Hey, Popel. Ich wollte nur sichergehen, dass du es ohne Zwischenfall auf den Campus geschafft hast.«

»Warum sollte ich es denn nicht geschafft haben?«

»Wer weiß? Du hättest ja auch mit einem trampenden Möchtegern-Rapper, den du auf dem Highway aufgesammelt hast, nach Miami abhauen können. Ohne zu ahnen, dass er ein Serienkiller ist. Ach warte, das hatten wir ja schon einmal!«

»Mein Gott. Erstens war Jasper ein aufstrebender Country-Sänger und kein Rapper. Zweitens war ich mit zwei anderen Mädchen unterwegs, und wir sind nach Daytona Beach und nicht nach Miami gefahren. Und drittens hat er nicht einmal versucht, mich anzufassen, geschweige denn, mich umzubringen.« Ich seufze. »Aber Lacey hat mit ihm rumgemacht und davon Herpes bekommen.«

Am anderen Ende der Leitung herrscht Stille.

»Dicky?« So nenne ich Dean, seit wir Kinder waren. Er hasst diesen Spitznamen. »Bist du noch da?«

»Ich versuche zu begreifen, wie du auf den Gedanken kommst, dass sich deine Version der Geschichte besser anhört als meine.« Plötzlich flucht er vor sich hin. »O verdammt. Habe ich nicht auf der Party zu deinem achtzehnten Geburtstag mit Lacey rumgemacht?« Er hält inne. »Die Sache mit dem Herpes muss vor der Party gewesen sein. Verdammt, Summer! Ich meine, natürlich habe ich ein Kondom benutzt, aber du hättest mich trotzdem vorwarnen können!«

»Nein, du hast nicht mit Lacey rumgemacht. Du meinst Laney mit ›N‹. Ich habe ihr danach die Freundschaft gekündigt.«

»Wieso?«

»Weil sie mit meinem Bruder rumgemacht hat, obwohl sie sich auf meiner Party mit mir hätte abgeben sollen. Das war nicht sehr nett von ihr.«

»Stimmt. Ziemlich selbstsüchtig.«

»Genau.«

Plötzlich höre ich ziemlich laute Geräusche im Hintergrund – es klingt nach Wind, Automotoren und dann einem Hupen. »Sorry«, sagt Dean, »ich komme gerade aus dem Apartment. Mein Taxi ist da.«

»Wo fährst du denn hin?«

»Ich hole unsere Sachen aus der Reinigung. Der Waschsalon, zu dem Allie und ich gehen, ist in Tribeca. Aber der ist echt gut, also ist es die Anfahrt wert. Kann ich nur empfehlen.«

Dean und seine Freundin Allie wohnen im West Village in Manhattan. Allie hat mir gestanden, dass die Gegend viel nobler ist, als sie es eigentlich gewohnt ist. Für meinen Bruder ist es jedoch eher eine Verschlechterung. Das Penthouse unserer Familie liegt in der Upper East Side und besteht aus den drei oberen Stockwerken unseres Hotels – dem Heyward Plaza. Deans neues Apartment befindet sich hingegen in der Nähe der Privatschule, in der er unterrichtet, und da Allie eine Hauptrolle in einer HBO-Serie bekommen hat, die in ganz Manhattan gedreht wird, ist die Lage für beide perfekt.

Es muss schön für sie sein, ein eigenes Zuhause mitten im Geschehen zu haben.

»Egal. Geht es dir gut, und bist du ins Kappa-Haus eingezogen?«

»Nicht ganz«, gebe ich zu.

»Mein Gott, Summer. Was hast du getan?«

Warum denkt eigentlich jeder in meiner Familie immer gleich, dass ich diejenige bin, die etwas falsch gemacht hat, verdammt?

»Ich habe gar nichts getan«, antworte ich schroff. Aber dann knicke ich ein. »Sie sind der Meinung, dass jemand wie ich schlecht für den guten Ruf der Verbindung ist. Eine von ihnen hat sogar gesagt, ich sei eine Brandstifterin.«

»Tja«, sagt Dean ziemlich taktlos, »bist du ja auch irgendwie.«

»Fick dich, Dicky. Das war ein Unfall. Brandstifter legen absichtlich Feuer.«

»Dann bist du eben eine Unfall-Brandstifterin. Das wäre ein toller Titel für ein Buch – Die Unfall-Brandstifterin.«

»Fantastisch. Das solltest du schreiben.« Es ist mir egal, wie schnippisch ich klinge. Ich bin gerade wirklich nicht zum Scherzen aufgelegt. »Wie dem auch sei, sie haben mich rausgeschmissen, und jetzt weiß ich nicht, wo ich dieses Semester wohnen soll, verdammt.« Plötzlich habe ich einen Kloß im Hals, den ich nur schwer runterschlucken kann.

»Geht es dir gut?«, fragt Dean sofort.

»Ich weiß nicht.« Ich muss schlucken. »Ich … das ist lächerlich. Ich weiß nicht, warum ich so niedergeschlagen bin. Diese Mädchen dort sind furchtbar. Und es hätte mir keinen Spaß gemacht, mit ihnen zusammenzuwohnen. Ich meine, es ist Silvester, und sie sind alle noch auf dem Campus! Sie sammeln Geld für ihr Untergeschoss, anstatt zu feiern! Das ist nicht meine Liga.«

Ich kann die Tränen, die ich versucht habe zu unterdrücken, nicht mehr länger zurückhalten. Zwei dicke Tropfen kullern mir über die Wangen, doch zum Glück kann Dean das nicht sehen. Es ist schon schlimm genug, dass er mich weinen hören kann.

»Es tut mir leid, Popel.«

»Ist schon gut.« Wütend wische ich mir über die Wangen. »Es ist egal. Ich werde nicht weinen, weil mir ein paar fiese Mädchen gesagt haben, dass ich nicht in ein überfülltes Haus ziehen darf. Das lässt mich kalt. Würde Selena Gomez so etwas an sich heranlassen? Ich denke nicht.«

Dean scheint kurz verwirrt zu sein. »Selena Gomez?«

»Ja.« Ich recke mein Kinn nach oben. »Sie ist ein Symbol für Klasse und Reinheit, und ich versuche, ihr nachzueifern. Was den Charakter angeht. Was den Stil betrifft, ist Coco Chanel mein großes Vorbild, allerdings werde ich nie an sie herankommen. Natürlich nicht, das kann niemand.«

»Das stimmt.« Er macht eine kurze Pause. »Über welche Selena Gomez reden wir denn? Über die von Justin Bieber oder über die von The Weeknd? Oder über die von Justin Bieber Teil zwei?«

Ich blicke wütend auf mein Handy. »Meinst du das jetzt ernst?«

»Was?«

»Eine Frau kann doch nicht über ihre Freunde definiert werden. Das wird sie über ihre Erfolge. Und ihre Schuhe.«

Mein Blick wandert zu meinen neuen Stiefeln, die ich von Oma Celeste bekommen habe. Zumindest hatte ich einen Riesenerfolg, was die Schuhe betrifft.

Was den Rest angeht – na ja.

»Ich denke, ich könnte Daddy bitten, bei den Leuten von der Zimmervermittlung nachzufragen, ob in einem der Wohnheime noch etwas frei ist.« Wieder bin ich total niedergeschlagen. »Aber das will ich eigentlich nicht tun. Er musste schon seine Beziehungen spielen lassen, um mich auf die Briar zu bringen.«

Wenn es nicht unbedingt sein muss, möchte ich auch gar nicht in einem Wohnheim leben. Sich ein Badezimmer mit einem Dutzend anderer Mädchen zu teilen ist mein absoluter Albtraum. Das hatte ich im Kappa-Haus an der Brown, doch das Einzelzimmer hat die Badsituation erträglicher gemacht. Mitten im Schuljahr wird allerdings kein Einzelzimmer mehr frei sein.

Ich seufze leise auf. »Was soll ich tun?«

Ich habe zwei ältere Brüder, die niemals eine Gelegenheit auslassen, mich zu ärgern oder mich in Verlegenheit zu bringen. Aber manchmal zeigen sie in einem seltenen Anfall von Schwäche auch Mitgefühl für mich. »Ruf Dad noch nicht an«, sagt Dean forsch. »Lass mich erst sehen, was ich für dich tun kann.«

Ich runzle die Stirn. »Ich bin mir nicht sicher, ob du etwas für mich tun kannst.«

»Warte einfach noch, bis du ihn anrufst. Ich habe da eine Idee.« Im Hintergrund höre ich das Quietschen von Bremsen. »Einen Moment. Danke, Mann. Gut gefahren.« Ich höre, wie eine Autotür zuschlägt. »Summer, du fährst heute Abend doch sowieso zurück in die Stadt, oder?«

»Das hatte ich eigentlich nicht vor«, gebe ich zu. »Aber ich nehme an, jetzt habe ich keine andere Wahl. Ich werde mir ein Hotelzimmer in Boston nehmen, bis ich weiß, wo ich wohnen werde.«

»Nicht Boston. Ich meinte New York. Das Semester fängt doch erst in ein paar Wochen an. Ich dachte, du würdest bis dahin im Penthouse wohnen.«

»Nein, eigentlich wollte ich auspacken und mich einrichten und so.«

»Na ja, das wird heute wohl nicht mehr passieren. Und es ist Silvester, also kannst du genauso gut heimfahren und mit Allie und mir feiern. Ein paar von meinen alten Teamkollegen kommen auch her.«

»Wer denn so?«, frage ich neugierig.

»Garrett hat in der Stadt ein Spiel, also wird er sowieso hier sein. Auch die aktuellen Briar-Spieler werden kommen. Ein paar von ihnen kennst du vielleicht – Mike Hollis, Hunter Davenport. Hunter war übrigens auf der Roselawn Prep. Ich glaube, ein oder zwei Jahre unter dir. Pierre und Corsen, die du allerdings nie kennengelernt hast, glaube ich. Fitzy …«

Mein Herz macht einen Sprung.

»Ich erinnere mich an Fitzy«, sage ich so beiläufig, wie es geht – was nicht gerade einfach ist. Sogar ich kann die Aufregung in meiner Stimme hören.

Aber wer könnte es mir verübeln? Fitzy heißt eigentlich Colin Fitzgerald, und zufällig ist er ein absoluter Traummann. Er ist groß, hat Tattoos und spielt Eishockey, und wenn ich ehrlich bin, schwärme ich vielleicht ein ganz klein bisschen für ihn.

Okay, gut.

Bin ich total verschossen in ihn.

Er ist so … umwerfend. Aber er ist auch unerreichbar. Deans Eishockeyfreunde umgarnen mich eigentlich alle, wenn wir uns treffen. Nicht so Fitz. Ich habe ihn letztes Jahr kennengelernt, als ich Dean an der Briar besucht habe, und der Kerl hat mich kaum eines Blickes gewürdigt. Als ich ihn auf der Geburtstagsfeier von Deans Freund Logan wiedergesehen habe, hat er ungefähr zehn Worte zu mir gesagt. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Hallo, wie geht es dir? und tschüss dazugehörten.

Es ist zum Verzweifeln. Nicht, dass ich erwarte, jeder Mann müsste von mir hin und weg sein – aber ich weiß, dass er mich gut findet. Ich habe gesehen, wie seine braunen Augen gefunkelt haben, wenn er mich angeschaut hat. Er hat mich praktisch mit seinem Blick verschlungen.

Außer ich sehe nur das, was ich sehen will.

Mein Dad hat immer gesagt: Wahrnehmung und Realität liegen weit auseinander. Die Wahrheit befindet sich irgendwo in der Mitte. Dieses Diktum hat er einmal in seinem Schlussplädoyer bei einem Mordfall erwähnt, und seitdem führt er es in jeder annähernd passenden Situation an.

Wenn die Wahrheit irgendwo zwischen Colin Fitzgeralds Unnahbarkeit mir gegenüber (er hasst mich) und dem Funkeln, das ich in seinen Augen sehe (er steht total auf mich), liegt, dann … dann sieht er mich vielleicht einfach nur als gute Freundin?

Ich schürze die Lippen.

Nein. Auf keinen Fall. Ich werde mich nicht als »gute Freundin« abstempeln lassen, bevor ich überhaupt den ersten Schritt gemacht habe.

»Das wird ein Riesenspaß«, sagt Dean. »Und außerdem haben wir schon ewig nicht mehr zusammen Silvester gefeiert. Also beweg deinen Arsch nach New York und schreib mir, wenn du da bist. Ich bin jetzt im Waschsalon und muss auflegen. Ich hab dich lieb, Schwesterherz.«

Er legt auf, und ich muss so breit grinsen, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass ich vor fünf Minuten noch den Tränen nahe war. Dean mag zwar meistens eine richtige Nervensäge sein, aber er ist ein toller großer Bruder. Er ist für mich da, wenn ich ihn brauche. Das ist alles, was zählt.

Und nun habe ich auch eine Party, auf die ich gehen kann – Gott sei Dank! Nach einem beschissenen Tag gibt es nichts Besseres als kräftig abfeiern. Das habe ich auch wirklich dringend nötig.

Ich schaue auf die Uhr. Es ist eins.

Schnell überschlage ich die Zeit. Der Briar-Campus liegt etwa eine Stunde von Boston entfernt. Von dort sind es noch dreieinhalb bis vier Stunden nach Manhattan. Das bedeutet, ich komme erst am Abend in der Stadt an, was mir nicht viel Zeit lässt, mich fertig zu machen. Wenn ich heute Abend meinem Traummann begegne, dann werde ich mich von Kopf bis Fuß in Schale werfen.

Dieser Kerl hat ja keine Ahnung, was ihn erwartet.

Kapitel 2

Fitz

»Willst du tanzen?«

Ich will Nein sagen.

Aber gleichzeitig auch Ja.

Ich nenne es das Summer-Dilemma – die frustrierenden gegensätzlichen Reaktionen, die diese grünäugige, blonde Göttin in mir hervorruft.

Auf jeden Fall und nein, verdammt.

Zieh sie aus. Lauf, so weit du kannst.

»Danke, aber ich will nicht tanzen.« Das ist nicht gelogen. Ich hasse Tanzen.

Außerdem: Wenn es um Summer Di Laurentis geht, siegt immer mein Fluchtinstinkt.

»Du bist langweilig, Fitzy.« Sie gibt ein prustendes Geräusch von sich, was meinen Blick auf ihre Lippen lenkt. Ihre sinnlichen, rosa schimmernden Lippen und auf das kleine Muttermal über ihrem linken Mundwinkel.

Sie hat extrem sexy Lippen.

Mein Gott, alles an Summer ist extrem sexy. Sie ist bei Weitem das am besten aussehende Mädchen in der Bar, und jeder Kerl in unserer Nähe starrt mich entweder neidisch oder bitterböse an, weil ich bei ihr stehe.

Nicht, dass ich mit ihr hier bin. Wir sind nicht zusammen. Ich stehe bloß neben ihr. Aber Summer versucht gerade, den Abstand zwischen uns zu verringern, indem sie sich näher zu mir beugt.

Zu ihrer Verteidigung muss ich sagen, dass sie förmlich schreien muss, um die laute Musik zu übertönen, die durch den Raum hallt. Ich hasse Elektro Dance. Und ich hasse auch diese Bars mit einer Tanzfläche und ohrenbetäubender Musik. Warum nennt man so etwas nicht gleich Nachtclub? Der Inhaber von Gunner’s Pub hätte den Ort Gunner’sClub nennen sollen. Dann hätte ich sofort umdrehen und mir die Ohrenschmerzen sparen können.

Nicht zum ersten Mal an diesem Abend verfluche ich meine Freunde dafür, mich an Silvester nach Brooklyn gezerrt zu haben. Ich wäre lieber daheimgeblieben, hätte ein paar Bierchen getrunken und ferngesehen. So mag ich das normalerweise.

»Sie haben mich ja gewarnt, dass du ein Griesgram bist, aber bis jetzt habe ich das nicht geglaubt.«

»Wer sind denn sie?«, frage ich skeptisch. »Und überhaupt, ich bin kein Griesgram.«

»Hm … da hast du recht. Dieses Wort ist veraltet. Wie wäre es mit Miesepeter?«

»Nicht gut.«

»Spaßbremse? Ist das besser?« Sie sieht mich unschuldig an. »Im Ernst, Fitz. Was hast du gegen Spaß?«

Gegen meinen Willen muss ich grinsen. »Ich habe nichts gegen Spaß.«

»Also gut. Was hast du gegen mich?«, fragt sie herausfordernd. »Denn jedes Mal, wenn ich versuche, mit dir ins Gespräch zu kommen, machst du dich aus dem Staub.«

Jetzt vergeht mir das Grinsen. Eigentlich sollte es mich nicht überraschen, dass sie mich so offen darauf anspricht. Wir sind uns genau zweimal begegnet, aber ich weiß bereits, dass sie eher der offene, dramatische Typ ist.

Ich hasse große Szenen.

»Ich habe auch nichts gegen dich.« Schulterzuckend wende ich mich von der Bar ab und will genau das tun, was sie mir gerade vorgeworfen hat – mich aus dem Staub machen.

Ihre Augen funkeln frustriert auf. Sie sind groß und grün – genau wie die ihres älteren Bruders Dean. Und Dean ist der Grund, warum ich mich zwinge hierzubleiben. Er ist ein guter Freund von mir. Ich kann seine Schwester nicht scheiße behandeln – sowohl aus Respekt vor ihm als auch aus reinem Selbstschutz. Ich war schon auf dem Eis, als Dean seine Handschuhe ausgezogen hat. Er hat eine fiese Rechte.

»Das meine ich ernst«, sage ich knapp. »Ich habe nichts gegen dich. Zwischen uns ist alles gut.«

»Was? Den letzten Teil habe ich nicht verstanden«, sagt sie über die Musik hinweg.

Ich lege meinen Mund an ihr Ohr und bin überrascht, dass ich mich kaum bücken muss. Sie ist größer als die meisten Mädchen – eins achtzig ungefähr. Ich bin einen Meter neunundachtzig und es gewohnt, mich zu Mädchen herunterzubeugen. Das ist irgendwie erfrischend.

»Ich sagte, dass zwischen uns alles gut ist«, wiederhole ich, aber ich habe die Distanz zwischen meinen Lippen und Summers Ohr unterschätzt. Wir berühren uns, und ich spüre, wie sie zittert.

Auch mich überkommt ein wohliger Schauer, weil mein Mund viel zu nah an ihrem ist. Sie riecht himmlisch – eine betörende Mischung aus Jasmin, Vanille und … Sandelholz vielleicht? Nach ihrem Duft könnte ein Mann süchtig werden. Ganz zu schweigen von ihrem Kleid. Weiß, trägerlos, kurz. So kurz, dass es kaum ihre Oberschenkel bedeckt.

Lieber Gott, steh mir bei.

Ich stelle mich schnell wieder aufrecht hin, ehe ich etwas Dummes tue – wie sie küssen, zum Beispiel. Stattdessen nehme ich einen großen Schluck von meinem Bier. Aber es gerät in die falsche Röhre, und ich muss husten, als sei ich ein Tuberkulosepatient im 18. Jahrhundert.

Na prima.

»Bist du okay?«

Als der Husten nachlässt, sind ihre grünen Augen auf mich gerichtet. Ihre Mundwinkel sind zu einem schelmischen Grinsen verzogen. Sie weiß genau, was mich aus der Fassung gebracht hat.

»Alles gut«, krächze ich. In diesem Moment taumeln drei sehr betrunkene Typen auf die Bar zu und direkt in Summer hinein.

Sie stolpert, und schon halte ich eine wundervolle grinsende Frau in meinen Armen.

Sie lacht und nimmt meine Hand. »Lass uns besser aus der Menge rausgehen, bevor wir uns noch verletzen.«

Aus irgendeinem Grund lasse ich mich von ihr wegführen.

Wir kommen an einem Stehtisch in der Nähe des Geländers zu stehen, das den Hauptraum von der kleinen Tanzfläche trennt. Ich werfe einen kurzen Blick durch den Raum und sehe, dass die meisten meiner Freunde total betrunken sind.

Mike Hollis, mein Mitbewohner, reibt sich gerade an einer niedlichen Brünetten, die das nicht im Geringsten zu stören scheint. Er ist derjenige, der darauf bestanden hat, dass wir nach Brooklyn fahren und nicht in Boston feiern. Er wollte Silvester mit seinem älteren Bruder Brody feiern, der in der Sekunde verschwunden ist, in der wir hier angekommen sind. Ich nehme an, das Mädchen ist Hollis’ Trostpreis dafür, dass ihn sein Bruder versetzt hat.

Unser anderer Mitbewohner, Hunter, tanzt mit drei Mädchen gleichzeitig. Jawohl, mit drei. Sie schlecken ihm alle förmlich das Gesicht ab, und ich bin mir sicher, dass eine von ihnen ihre Hand in seiner Hose hat. Hunter scheint das natürlich zu gefallen.

Was für einen Unterschied doch ein Jahr ausmachen kann. Letztes Jahr war er noch immun gegen all die weibliche Aufmerksamkeit. Er sagte, das sei ihm zu billig. Jetzt scheint es so, als wäre es für ihn absolut in Ordnung, dass man als Eishockeyspieler für die Briar University von Groupies nur so umzingelt ist. Und es gibt wirklich viele Groupies.

Aber es ist doch so – Sportler sind die begehrtesten Studenten auf den Colleges. Wenn man Football spielt, stehen die Mädels Schlange, um dem Quarterback einen zu blasen. Basketballer? Doppelt und dreimal so viele Groupies, wenn es um die Endspiele im März geht. Und was speziell die Briar betrifft? Mit einer Eishockeymannschaft, die schon viermal die Frozen Four gewonnen hat und von der mehr Spiele im Fernsehen übertragen werden als von jeder anderen College-Mannschaft im Land? Dort sind alle Eishockeyspieler einfach nur Götter.

Außer mir natürlich. Ich spiele zwar Eishockey und bin auch gut darin, aber »Gott«, »Sportskanone« und »Superstar« sind Begriffe, mit denen ich mich nie identifizieren konnte. Tief in meinem Innern bin ich ein richtiger Nerd. Ein Nerd, der sich als Gott verkleidet.

»Hunter ist auf der Jagd.« Summer beobachtet Hunter mit seinem Gefolge.

Der DJ hat die Musik von Elektro-Schrott zu den Top 40 gewechselt – Gott sei Dank. Und zum Glück hat er die Lautstärke ebenfalls etwas runtergedreht, wahrscheinlich, weil der Countdown näher rückt. Noch eine halbe Stunde, dann kann ich die Flucht ergreifen.

»Das ist er«, stimme ich ihr zu.

»Ich bin beeindruckt.«

»Ach ja?«

»Ja. Die Jungs aus Greenwich sind normalerweise ziemlich prüde.«

Ich frage mich, woher sie weiß, dass Hunter aus Connecticut kommt. Ich denke nicht, dass die beiden heute Abend schon mehr als ein paar Worte gewechselt haben. Vielleicht hat Dean es ihr erzählt? Oder vielleicht …

Oder vielleicht ist es auch total egal, woher sie das weiß. Denn wenn es nicht egal wäre, dann würde das bedeuten, dass dieses seltsame Gefühl in meiner Brust Eifersucht ist. Und das geht gar nicht.

Summer lässt ihren Blick weiter durch die Menge schweifen und wird ganz blass. »O mein Gott. Ekelhaft.« Sie legt ihre Hände um den Mund und ruft: »Behalt deine Zunge in deinem Mund, Dicky!«

Ich muss lachen. Dean kann sie unmöglich gehört haben, aber wahrscheinlich besitzt er so eine Art Geschwisterradar, denn sofort nimmt er seinen Mund von dem seiner Freundin. Er dreht den Kopf in unsere Richtung, und als er Summer sieht, zeigt er ihr den Stinkefinger.

Sie schickt ihm im Gegenzug einen Kussmund.

»Ich bin so froh, dass ich ein Einzelkind bin«, sage ich.

Sie grinst mich an. »Da verpasst du aber was. Meine Brüder zu nerven ist eine meiner Lieblingsbeschäftigungen.«

»Das habe ich gemerkt.« Sie nennt Dean »Dicky« – ein Spitzname, den eine nettere Person schon vor Jahren nicht mehr gesagt hätte.

Allerdings nennt Dean Summer auch »Popel«. Vielleicht hat sie das Recht, ihn zu nerven.

»Dicky verdient es, dass ich ihm heute Nacht auf die Nerven gehe. Ich kann nicht glauben, dass wir in Brooklyn feiern«, murmelt sie. »Als er gesagt hat, wir feiern in der Stadt ins neue Jahr hinein, habe ich gedacht, er meint Manhattan – aber dann haben Allie und er mich stattdessen ins schreckliche Brooklyn gebracht. Ich komme mir etwas verarscht vor.«

Ich muss grinsen. »Was hast du gegen Brooklyn? Allies Vater wohnt hier in der Gegend, oder?«

Summer nickt. »Sie verbringen den Tag morgen mit ihm. Und um auf deine Frage zu antworten – wie kann man bitte nichts gegen Brooklyn haben? Es war einmal cool, bevor es von Hipstern überrannt worden ist.«

»Es gibt immer noch Hipster? Ich dachte, diesen Blödsinn hätte wir hinter uns.«

»O nein. Und lass dir von niemandem was anderes erzählen.« Sie schüttelt sich übertrieben. »Diese ganze Gegend ist immer noch voll von denen.«

Sie sagt »denen«, als wären sie die Überträger einer fürchterlichen, unheilbaren Krankheit. Aber sie könnte recht haben. Wenn ich mich hier so umschaue, sehe ich viele enge Jeans an Männerbeinen, altmodische Accessoires gepaart mit technischem Schnickschnack und jede Menge Bärte.

Ich streiche mir durch den eigenen Bart und frage mich, ob er mich auch zum Hipster macht. Ich habe ihn den ganzen Winter wachsen lassen – vor allem, weil er ein guter Schutz gegen die Kälte ist, die wir hier gerade erleben. Letzte Woche war es so eisig, dass ich mir fast die Eier abgefroren hätte.

»Sie sind so …« Sie sucht nach dem richtigen Wort. »Idiotisch.«

Ich muss lachen. »Nicht alle von ihnen.«

»Aber die meisten«, sagt sie. »Siehst du dieses Mädchen da hinten? Mit den Zöpfen und dem Pony? Der Cardigan, den sie da trägt, ist von Prada und hat tausend Dollar gekostet – und sie kombiniert ihn mit einem spottbilligen Tanktop, das sie wahrscheinlich von der Heilsarmee bekommen hat. Und diese seltsamen Sandalen, die in Chinatown verkauft werden. Sie ist eine Heuchlerin.«

Ich runzle die Stirn. »Woher weißt du, dass der Cardigan tausend Dollar gekostet hat?«

»Weil ich den gleichen in Grau habe. Außerdem kenne ich mich mit Prada aus.«

Das bezweifle ich nicht. Sie wurde wahrscheinlich in dem Moment, in dem sie aus dem Bauch ihrer Mutter gekommen ist, in einen Designer-Strampler gesteckt. Summer und Dean kommen aus einer stinkreichen Familie. Ihre Eltern sind erfolgreiche Anwälte, die schon vermögend waren, bevor sie geheiratet haben. Jetzt sind sie ein superreiches Ehepaar, das wahrscheinlich eine kleine Immobilie kaufen könnte, ohne dass es auf dem Bankkonto überhaupt auffällt. Ich war ein paarmal in ihrem Penthouse in Manhattan, und das war echt surreal. Sie haben auch noch eine Villa in Greenwich, ein Strandhaus und ein paar weitere Immobilien auf der ganzen Welt verstreut.

Ich kann mir kaum die Miete für mein Reihenhaus leisten, in dem ich mit zwei anderen Kerlen wohne. Aber wir sind immer noch auf der Suche nach einem vierten Mitbewohner. Dann könnte sich mein Anteil der Miete noch verringern.

Um ehrlich zu sein, finde ich die Tatsache, dass Summer in einem Penthouse wohnt und Klamotten besitzt, die mehrere Tausend Dollar kosten, etwas befremdlich.

»Wie dem auch sei, Hipster sind uncool, Fitzy. Nein danke. Ich bevorzuge – oooh! Ich liebe diesen Song! Ich hatte einen Backstage-Pass für ihr Konzert im The Garden letzten Juni, und es war fantastisch.«

Mir scheint, Summer übertreibt ganz gerne mal ein bisschen.

Ich unterdrücke ein Grinsen, als sie ihre Hasstiraden gegen die Hipster sofort vergessen zu haben scheint und beginnt, den Kopf zu dem Lied von Beyoncé zu bewegen. Ihr Pferdeschwanz wippt energisch hin und her.

»Bist du sicher, dass du nicht tanzen willst?«, fleht sie mich an.

»Absolut sicher.«

»Du bist furchtbar. Ich bin gleich wieder da.«

Ich blinzle kurz, und schon steht sie nicht mehr neben mir. Ich blinzle noch mal und sehe sie auf der Tanzfläche. Sie wirft die Arme in die Luft, ihr Pferdeschwanz wippt auf und ab, und ihre Hüften bewegen sich zum Rhythmus des Songs.

Ich bin nicht der Einzige, der sie beobachtet. Mehrere lüsterne Blicke sind auf das hübsche Mädchen in dem weißen Kleid gerichtet. Entweder Summer bemerkt es nicht, oder es ist ihr egal. Sie tanzt ganz allein, und an Selbstvertrauen scheint es ihr nicht zu mangeln. Sie fühlt sich anscheinend vollkommen wohl in ihrer Haut.

»Mein Gott«, sagt Hunter Davenport, der zu mir an den Tisch gekommen ist. Wie die meisten Männer um uns herum starrt auch er in Summers Richtung. Er ist eindeutig scharf auf sie. »Sie hat offenbar ihre alten Cheerleader-Moves nicht vergessen.« Hunter wirft noch einen lüsternen Blick in Summers Richtung. Als er bemerkt, dass ich ihn verständnislos ansehe, fügt er hinzu: »Sie war Cheerleader auf der Highschool. Und Mitglied im Tanzteam.«

Wann haben Summer und er sich lange genug unterhalten, um all diese Informationen auszutauschen?

Das unangenehme Gefühl in meiner Brust kehrt zurück und breitet sich in meinem Bauch aus.

Doch es ist keine Eifersucht.

»Cheerleader und Tänzerin, wie?«, frage ich betont beiläufig. »Hat sie dir das erzählt?«

»Wir waren auf derselben Privatschule«, antwortet er.

»Ach was?«

»Ja, ich war ein Jahr unter ihr, aber glaub mir, jeder straighte Typ dort kannte Summer Di Laurentis’ Cheerleader-Moves.«

Das glaube ich ihm aufs Wort.

Er klopft mir auf die Schulter. »Ich gehe kurz auf die Toilette und hol mir dann noch etwas zu trinken. Willst du auch was?«

»Nein, danke.«

Ich weiß nicht genau, warum, doch ich bin erleichtert, dass Hunter nicht mehr da ist, als Summer mit geröteten Wangen von der Tanzfläche zurückkehrt.

Trotz der kalten Temperaturen draußen hat sie sich dazu entschieden, keine Strümpfe oder Leggins anzuziehen, was mir einen guten Blick auf ihre Wahnsinnsbeine erlaubt. Sie sind lang und sicher weich – einfach ein Traum – und würden bestimmt herrlich um meine Hüfte passen. Das weiße Kleid bietet einen schönen Kontrast zu ihrer gebräunten Haut und verleiht ihr ein Schimmern, das fast hypnotisierend ist.

»Du gehst also …« Ich räuspere mich. »Du gehst also nächstes Semester an die Briar, nicht wahr?«, sage ich und versuche, mich von ihrem verdammt scharfen Körper abzulenken.

Sie nickt euphorisch. »Ja.«

»Wirst du Providence vermissen?« Ich weiß, dass sie die Hälfte ihrer Studienzeit auf der Brown verbracht hat. Ich an ihrer Stelle fände es schrecklich, auf ein anderes College zu wechseln.

Aber Summer schüttelt den Kopf. »Eigentlich nicht. Ich war kein großer Fan dieser Stadt oder der Uni. Ich bin nur dorthin gegangen, weil meine Eltern wollten, dass ich ein College der Ivy League besuche, und ich es nicht nach Harvard oder Yale geschafft habe – wo die beiden waren.« Sie zuckt mit den Schultern. »Wolltest du auf die Briar?«

»Auf jeden Fall. Ich habe großartige Sachen über die Kunstakademie gehört. Und auch das Eishockeyteam ist phänomenal. Ich kann also Eishockey spielen und das studieren, was mich interessiert, also …« Ich zucke ebenfalls mit den Schultern.

»Das ist so wichtig. Das zu tun, was man gerne tut. Viele Menschen haben diese Möglichkeit gar nicht.«

Ich werde neugierig. »Was tust du denn gerne?«

Ihr Grinsen wirkt selbstkritisch. »Ich lasse es dich wissen, wenn ich es herausgefunden habe.«

»Komm schon, es muss doch etwas geben, für das dein Herz schlägt.«

»Mein Herz hat bereits für viele Dinge geschlagen – Innenarchitektur, Psychologie, Ballett, Schwimmen. Das Problem ist, es hält bei mir nicht lange an. Ich verliere schnell das Interesse. Wahrscheinlich habe ich noch nicht das Richtige gefunden, das mich wirklich fesselt.«

Ihre Offenheit überrascht mich ein bisschen. Sie kommt mir heute Abend viel bodenständiger vor als bei unseren ersten zwei Begegnungen.

»Ich habe Durst«, verkündet sie.

Ich widerstehe dem Drang, mit den Augen zu rollen, denn ich bin mir sicher, das ist der Code für Lade mich auf einen Drink ein. Aber ich liege falsch. Mit einem frechen Grinsen nimmt sie mir das Bier aus der Hand.

Unsere Finger berühren sich kurz, und ich tue so, als würde ich das Kribbeln, das mir den Arm hochläuft, nicht bemerken. Ich schaue ihr dabei zu, wie sie ihre Finger um die Bierflasche legt und einen großen Schluck nimmt.

Sie hat kleine Hände mit zierlichen Fingern. Es wäre eine Herausforderung, sie zu malen – die faszinierende Kombination aus Zerbrechlichkeit und Sicherheit einzufangen. Ihre Fingernägel sind kurz und rund und haben diese weiß lackierten Spitzen – French Nails, oder wie man das nennt. Für eine Frau wie Summer scheint mir das irgendwie zu einfach zu sein. Ich hätte lange, künstliche Nägel erwartet, die grell lackiert sind.

»Du tust es schon wieder.« Sie klingt vorwurfsvoll. Ein bisschen aggressiv.

»Was tue ich?«

»Du miesepeterst mich.«

»Dieses Wort gibt es nicht.«

»Sagt wer?« Sie nimmt noch einen Schluck von meinem Bier.

Mein Blick landet unweigerlich auf ihren Lippen.

Verdammt, ich muss damit aufhören. Sie ist überhaupt nicht mein Typ. Das erste Mal, als ich sie getroffen habe, erschien sie mir wie der Inbegriff einer Verbindungsstudentin. Die Designerklamotten, das wellige blonde Haar, ein Gesicht, das den Verkehr zum Stillstand bringen könnte.

Und ich kann auch unmöglich ihr Typ sein. Ich habe keine Ahnung, warum sie an Silvester mit einem schlampigen, tätowierten Trottel wie mir spricht.

»Sorry, ich bin nicht sehr gesprächig. Nimm’s nicht persönlich, okay?« Ich stehle mir mein Bier zurück.

»Okay, werde ich nicht. Aber wenn dir nicht nach Reden zumute ist, musst du mich eben auf eine andere Art und Weise unterhalten.« Sie legt ihre Hände auf die Hüften. »Ich schlage vor, wir machen miteinander rum.«

Kapitel 3

Fitz

Ich verschlucke mich erneut.

O mein Gott. Hat sie das gerade wirklich gesagt?

Ich schaue sie an und sehe, dass sie mit hochgezogenen Brauen auf eine Antwort wartet. Ja, sie hat es gesagt.

»Ähm … du willst …« Ich huste noch einmal.

»Entspann dich!« Summer lacht. »Das war nur ein Scherz.«

Ich kneife die Augen zusammen. »Ein Scherz«, wiederhole ich. »Du hast also nicht das geringste Interesse daran, mit mir rumzumachen?« O Mann, warum stelle ich sie auf die Probe? Mein Penis zuckt in meiner Hose, was mir eine Warnung sein sollte, dass ich den Gedanken, Summer zu küssen, nicht weiterführen sollte.

»Ich meine, die Welt würde bestimmt nicht untergehen, wenn wir es täten«, sagt sie und zwinkert mir zu. »Und es ist immer schön, jemanden zu haben, den man um Mitternacht küsst. Aber hauptsächlich habe ich einen Scherz gemacht. Ich wollte bloß, dass du rot wirst.«

»Ich werde nicht rot«, entgegne ich. Ich bin ein Kerl, und Kerle gehen nicht rum und geben zu, dass sie rot werden.

Summer johlt auf. »Doch, wirst du! Eben in diesem Moment.«

»Ach, und das kannst du durch meinen Bart hindurch sehen, ja?« Ich reibe mir übers Gesicht.

»Klar.« Sie streckt die Hand aus und streichelt mir über die bärtige Wange. »Genau hier.«

Ich muss schlucken. Mein Penis regt sich erneut.

Ich hasse es, dass ich mich so zu ihr hingezogen fühle.

»Fitzy«, flüstert sie mir ins Ohr, und mein Herz schlägt schneller, »ich denke, wir sollten …«

»Frohes neues Jahr!«

Hollis hat mich gerade noch einmal gerettet.

Mein Kumpel kommt zu uns und gibt Summer einen feuchten Schmatzer auf die Wange. Sie haben sich heute Abend erst kennengelernt, aber Summer scheint es nichts auszumachen.

»Du bist übrigens zwanzig Minuten zu früh dran«, informiert sie ihn.

»Und du hast nichts zu trinken in der Hand!« Er wirft ihr einen missbilligenden Blick zu. »Warum hat sie nichts zu trinken in der Hand? Jemand muss dieser hübschen Dame einen Drink spendieren!«

»Ich trinke nicht besonders viel«, entgegnet Summer.

»So ein Blödsinn«, mischt sich Dean ein. Er ist mit seiner Freundin Allie Hayes zu uns rübergekommen. »Du warst sturzbesoffen, als du das Verbindungshaus abgefackelt hast.«

»Du hast ein Verbindungshaus abgefackelt?«, fragt eine bekannte Stimme.

Dean dreht sich um. »G!«, ruft er. »Gerade noch rechtzeitig!«

»Ja, wir hätten es fast nicht geschafft«, sagt Garrett Graham und kommt an unseren Tisch. »Auf der Brücke sind zehn Autos ineinandergekracht. Es hat fast eine Stunde gedauert, bis wir weiterfahren konnten.«

»Han-Han!«, sagt Allie fröhlich und umarmt innig Hannah Wells. Hannah ist mit Garrett zusammen und zufällig auch Allies beste Freundin. »Ich bin so froh, dass du hier bist.«

»Ich auch. Einen schönen Silvesterabend!«

»Garrett-Vorabend«, korrigiert ihr Freund sie.

»Mann«, erwidert Hannah, »gib es auf! Ich werde diesen Abend nicht so nennen.«

Summer lacht auf. »Garrett-Vorabend?«

Dean verdreht die Augen, als er unseren alten Mannschaftskapitän ansieht. »Wichtigtuer.« Er wendet sich Summer zu. »Er hat am 1. Januar Geburtstag.«

»Garrett-Vorabend«, sagt Garrett noch einmal nachdrücklich, bevor er sich umdreht, um Hollis, mich und die anderen aus dem Team zu begrüßen, die extra nach Brooklyn gekommen sind. Er umarmt Summer und gibt ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Schön, dich wiederzusehen, Summertime. Du hast ein Verbindungshaus abgefackelt?«

»O mein Gott. Nein, ich habe gar nichts abgefackelt!« Sie wirft ihrem Bruder einen bitterbösen Blick zu.

»Hey, alle starren dich an«, sagt Hollis plötzlich und grinst Garrett an.

Hollis hat recht – einige haben ihre Köpfe in unsere Richtung gedreht. Die meisten Menschen im Raum sind zu betrunken, um ihrer Umgebung viel Aufmerksamkeit zu schenken, aber ein paar von ihnen haben Garrett erkannt. Wir befinden uns gerade in einer der spannendsten Seasons in der Geschichte der Bruins, und es wundert mich nicht, dass Garrett auch außerhalb von Boston so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht.

»Wahrscheinlich werden sie mich bald lynchen«, sagt er mürrisch. »Wir haben gestern 4 : 5 gegen die Islanders verloren.«

»Ja, aber du hattest einen Hattrick«, entgegnet Hannah. »Jeder, der einen Spieler mit einem Hattrick lyncht, ist ein dummer Idiot.«

»Gibt es auch Idioten, die nicht dumm sind?«, fragt Dean grinsend.

»Ach, halt die Klappe, Di Laurentis. Du weißt genau, was ich meine.«

Als sich noch mehr Leute zu Garrett umdrehen und mit dem Finger auf ihn zeigen, zieht Allie ihn auf: »Wie fühlt es sich an, berühmt zu sein?«

»Das könnte ich genauso gut dich fragen«, erwidert G.

»Ha, ich bin alles andere als berühmt«, sagt die Person, die eine Hauptrolle in einer HBO-Serie ergattert hat.

Allies Serie basiert auf einem Roman, den ich sehr gerne gelesen habe. Aber auch wenn ich mich freue, dass sie als Schauspielerin arbeitet, denke ich insgeheim, dass das Buch besser ist.

Das Buch ist immer besser.

»Sei nicht so bescheiden!« Summer legt einen Arm um Allie, die fast einen ganzen Kopf kleiner ist als sie. »Leute, ich habe gesehen, dass sie heute Abend schon vier Autogramme gegeben hat. Sie ist ein Star.«

»Die erste Staffel wurde erst zur Hälfte ausgestrahlt«, wendet Allie ein. »Vielleicht geht es gar nicht weiter.«

»Natürlich wird es weitergehen«, sagt Dean, als stünde etwas anderes gar nicht zur Debatte.

Summer lässt Allie los, stellt sich neben mich und legt mir ihre Hand auf den Arm. Es ist überhaupt keine besitzergreifende Geste, doch sowohl Garrett als auch Hunter haben sie bemerkt. Dean zum Glück nicht. Allie zieht ihn mit sich, weil sie vor dem Countdown noch mit ihm tanzen will.

Neben mir scannt Hollis den Raum mit erstaunlicher Genauigkeit für einen Kerl, der so betrunken ist. »Ich muss mich noch entscheiden, wessen Zunge ich um Mitternacht in meinem Mund haben will«, verkündet er.

»Sehr stilvoll«, sagt Summer.

Er grinst sie schelmisch an. »Wenn du alles richtig machst, könnte es deine Zunge sein.«

Als Antwort wirft sie den Kopf in den Nacken und lacht laut auf.

Zum Glück ist Hollis nicht gekränkt. Er zuckt bloß mit den Schultern und geht davon. Auch die anderen verteilen sich. Pierre, unser Frankokanadier, und Matt Anderson, ein jüngerer Abwehrspieler, gehen an die Bar. Nur Garrett und Hannah bleiben hier. Und Hunter, der ein Bier in der einen und sein Handy in der anderen Hand hat. Er macht ein Video von der Menge für seine Snapchat-Story.

»Was ist mit dir?«, fragt Summer Hunter. »Ich habe dich heute Abend mit mehreren Mädchen tanzen sehen. Welches davon wirst du küssen?«

»Keins.« Er nimmt sein Handy runter und sagt mit ernstem Blick: »Ich küsse an Silvester keine Mädchen. Die sehen darin mehr, als eigentlich ist.«

Summer verdreht so sehr die Augen, dass ich überrascht bin, dass sie ihr dabei nicht ausfallen. »Ja genau, weil alle Mädchen nach einem Kuss ihre Hochzeit planen.« Lachend wendet sie sich Hannah zu. »Kommst du mit auf die Toilette? Ich will vor Mitternacht mein Make-up auffrischen. Mein Lipgloss muss perfekt sein, wenn ich meinen zukünftigen Ehemann küsse.« Sie wirft noch mal einen Blick zu Hunter.

Er zwinkert ihr unbeeindruckt zu. »Beeil dich lieber, Blondie. Nur noch sechzehn Minuten.« Er nickt in Richtung der großen Digitaluhr, die über dem DJ-Pult hängt.

»Ich bin gleich wieder da.« Hannah gibt Garrett einen Kuss und folgt Summer.

»Ich brauche noch ein Bier«, sage ich zu Garrett und deute auf seine leeren Hände. »Und du auch.«

Er nickt, und wir lassen Hunter am Tisch zurück, um zur Bar zu gehen. Wir gehen zum hinteren Ende in der Nähe der Toiletten, wo es ruhiger ist.

Ich bestelle zwei Bier und bezahle. Als ich mich wieder umdrehe, sehe ich, wie Garrett mich mustert.

»Was?«, frage ich trotzig.

»Was läuft zwischen dir und Summer?«

»Nichts.« Verdammt, war das zu schnell?

»Lügner. Du hast viel zu schnell geantwortet.«

Fuck.

Er fährt mit gedämpfter Stimme fort. »Als sie dich gerade angefasst hat … das scheint dir nichts ausgemacht zu haben.«

Er hat recht. Es hat mich nicht gestört. Das letzte Mal, als ich Summer gesehen habe, war ich sehr darauf bedacht, Distanz zwischen uns zu wahren. Heute Abend habe ich zugelassen, dass sie mich am Arm berührt, und mir mit ihr ein Bier geteilt. Wenn ich gerne tanzen würde, hätte ich mich von ihr wahrscheinlich auch auf die Tanzfläche ziehen lassen.

»Sie … na ja, sie steht auf mich«, sage ich langsam.

Garrett prustet los. »Was du nicht sagst! Die Kleine will mit dir ins Bett, Mann.«

»Ich weiß.« Schuldgefühle steigen in mir auf. Ich hoffe, ich habe ihr heute Abend keine falschen Hoffnungen gemacht. »Keine Sorge«, versichere ich ihm. »So weit wird es nicht kommen.«

Er sieht mich verwirrt an. »Warum sollte ich mir Sorgen machen?« Er runzelt die Stirn. »Moment mal, ich glaube, du verstehst mich falsch. Ich will dich nicht vor ihr warnen. Ich denke, das wäre eine gute Sache.«

Ich verziehe die Mundwinkel. »Meinst du?«

»Natürlich. Ich meine, erstens hast du noch nie eine aufgerissen.«

Ich unterdrücke ein Lachen. Das könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Ich habe genug Action. Ich rede nur nie darüber.

»Zweitens ist Summer süß. Sie ist lustig. Man kann gut mit ihr reden.« Er zuckt mit den Schultern. »Sie könnte genau das sein, was du brauchst. Du müsstest das natürlich vorher mit Dean klären. Er hält sie zwar für eine verzogene Göre, aber er passt auch gut auf sie auf.«

Es vorher mit Dean klären? Ich soll Dean um Erlaubnis bitten, mit seiner kleinen Schwester schlafen zu dürfen? Garrett ist doch total verrückt, wenn er denkt …

Ich schüttle den Kopf.

»Du redest hier von mehr als nur vom Rummachen, oder?«, sage ich.

»Natürlich. Sie ist Deans Schwester. Er würde dich umbringen, wenn du nicht vorher mit ihm redest.«

»Ich gehe doch nicht mit ihr aus, G.«

»Warum denn nicht?« Er greift nach unseren zwei Bierflaschen und gibt mir eine.

Ich öffne sie und nehme einen großen Schluck, bevor ich antworte. »Weil sie nicht mein Typ ist. Wir haben nichts gemeinsam.«

»Sie mag Eishockey«, sagt er. »Das ist doch schon mal was.«

»Und wahrscheinlich gibt es auch nicht recht viel mehr«, sage ich trocken. »Ich designe und rezensiere Videospiele. Ich interessiere mich für Kunst. Ich bin von Kopf bis Fuß tätowiert und sehe mir Crime-Serien auf Netflix an. Und sie … ich weiß es nicht mal.« Ich überlege. »Laut Dean ist sie besessen von Schuhen. Und er sagt, sie hat ein großes Shopping-Problem.«

»Okay. Sie interessiert sich also für Mode. Manche Menschen nennen das Kunst.«

Ich muss kichern. »Du saugst dir was aus den Fingern.«

»Und du hast Vorurteile. Sie scheint ein nettes Mädchen zu sein, Fitz.«

»Sie ist von der Brown geflohen, weil sie zu krass gefeiert hat, Mann. Sie ist ein Partygirl. Außerdem ist sie in einer Verbindung.«

Ich komme jetzt richtig in Fahrt, weil mein Penis immer noch ein bisschen hart ist und ich verzweifelt nach Gründen suche, nicht mit Summer ins Bett zu gehen.

»Sie ist … wie ein Schmetterling.«

»Wie ein Schmetterling?«

»Ja genau.« Ich zucke mit den Schultern. »Du weißt schon, oberflächlich. Sie nimmt nichts ernst.«

Garrett hält einen Moment lang inne und betrachtet mein Gesicht.

Er starrt mich so lange an, dass ich beginne, mit meinem Ärmel zu spielen, und mir vorkomme wie eine seltene Spezies unter dem Mikroskop. Ich hasse es, wenn mich jemand so eingehend betrachtet. Bereits als Kind war ich lieber im Hintergrund und habe mich unsichtbar machen wollen.

Ich will ihm schon sagen, dass er damit aufhören soll, als er in schallendes Gelächter ausbricht. »Oh, ich verstehe. Es war reinste Zeitverschwendung von mir, dich überzeugen zu wollen, dass sie etwas für dich ist. Du stehst bereits auf sie.« Er sieht mich triumphierend an. »Du stehst auf Deans Schwester.«

»Neeeiiin«, sage ich halbherzig.

»Wirklich nicht? Denn für mich hört es sich so an, als würdest du dich selbst überzeugen wollen, dass sie nichts für dich ist.« Er grinst. »Funktioniert es?«

Ich seufze geschlagen auf. »Ein bisschen? Ich meine, ich habe es geschafft, sie den ganzen Abend nicht anzufassen.«

Das bringt mir noch einen Lacher von Garrett ein. »Hör mal, Colin – darf ich dich Colin nennen?« Er starrt mich fassungslos an. »Mir ist gerade aufgefallen, dass ich dich noch nie Colin genannt habe, verdammt.«

Garrett verfällt in eine Art Schockstarre, und ich seufze genervt auf.

»Sorry«, sagt er. »Das hat mich nur gerade umgehauen. Wie dem auch sei, Fitzy, Hannah und ich haben auch nicht den Anschein gemacht, dass wir zusammenpassen, oder? Aber das tun wir, nicht wahr?«

Da hat er recht. Als ich die beiden zum ersten Mal zusammen gesehen habe, konnte ich mir keinen Reim darauf machen. Hannah hatte Musik als Hauptfach. Garrett war ein besserwisserischer Sportstudent. Sie sind in vielen Dingen so gegensätzlich und funktionieren als Paar trotzdem wunderbar.

Aber Summer und ich … wir haben rein gar nichts gemeinsam. Von dem, was ich gesehen habe und was mir Dean erzählt hat, ist sie eine richtige Drama-Queen. Sie will immer im Mittelpunkt stehen. Ich flüchte davor. Es ist schon schlimm genug, dass unsere Spiele jeden Freitag auf dem Lokalsender übertragen werden. Die wichtigeren Spiele sogar auf ESPN. Bei dem Gedanken daran, dass Wildfremde mich auf irgendeinem riesigen Bildschirm eislaufen, schießen und kämpfen sehen, wird mir ganz übel.

»Ich will ja nur sagen, lass es auf dich zukommen. Kämpfe nicht dagegen an.« Er klopft mir auf die Schulter. »Lass es einfach geschehen.«

Lass es einfach geschehen.

Es könnte wirklich geschehen. Ich müsste bloß in Summers Richtung lächeln, und sie würde sich mir sofort an den Hals werfen. Sie hat mir deutlich gezeigt, dass sie interessiert ist. Aber …

Ich denke, sie spielt einfach in einer anderen Liga.

Ich spiele Eishockey. Ich bin einigermaßen intelligent. Ich sehe gut aus, wenn man nach meinem Erfolg bei den Mädchen geht.

Doch insgeheim bin ich trotzdem noch der schrullige Junge, der sich in seinem Zimmer versteckt, Videospiele spielt und so tut, als würden seine Eltern sich nicht bis aufs Blut bekämpfen.

In der Highschool hatte ich mal eine kurze Phase, in der ich versucht habe, meinen Horizont zu erweitern. Ich bin mit ein paar nihilistischen Leuten rumgehangen, die gegen alles rebelliert haben. Das fand allerdings ein abruptes Ende, als sie mit ein paar Kindern aus der Nachbarschule eine Schlägerei angefangen haben und die halbe Truppe verhaftet wurde. Danach bin ich ziemlich schnell wieder zum Einzelgänger geworden – nicht nur, um meinen Platz in der Mannschaft nicht zu verlieren, sondern auch, um meinen Eltern keine neue Munition für ihre Kämpfe zu liefern. Ich habe ihnen zwei Stunden dabei zugehört, wie sie sich angeschrien und sich gegenseitig die Schuld daran gegeben haben, dass ich so einen schlechten Umgang hatte. Es war einfacher, allein zu sein.

Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich noch nie Mädchen wie Summer um mich hatte. Und ich habe nach den Spielen auch nie mit meiner Mannschaft gefeiert, also haben nicht mal die Puck-Bunnys ihre Energie an mich verschwendet.

Auf dem College habe ich mir schon mehr Mühe gegeben, soziale Kontakte zu pflegen, aber tief in meinem Innersten bin ich nach wie vor der Kerl, der am liebsten unsichtbar wäre.

Summer hingegen ist der auffälligste Mensch, der mir je begegnet ist.

Doch Garrett hat recht. Ich habe Vorurteile. Sie mag vielleicht manchmal ein bisschen verzogen und oberflächlich rüberkommen, aber sie hat eine Chance verdient. Jeder hat das.

Hannah steht schon wieder am Tisch, als Garrett und ich zurückkommen. »Gleich ist es so weit!«, sagt sie und deutet auf die große Uhr. Es ist zwei Minuten vor Mitternacht.

Ich runzle die Stirn, weil Summer nicht bei ihr ist. Verdammt, wo ist sie?

Ich habe beschlossen, Garretts Rat anzunehmen und nicht dagegen anzukämpfen. Ich werde nachgeben und sie küssen, wenn die Uhr zwölf schlägt. Und dann werden wir sehen, wie es weitergeht.

»Noch eine Minute, Leute!«, hallt die Stimme des DJs durch den Raum.

Ich schaue mich um. Summer ist nirgends zu sehen.

Ich will Hannah gerade fragen, wo sie ist, aber Hannah hat ihre Arme bereits um Garretts Hals geschlungen, und sie haben bloß noch Augen füreinander.

»Dreißig Sekunden!«, ruft der DJ.

Alle um mich herum gesellen sich zu ihren Partnern oder Freunden. Allie und Dean knutschen bereits wild. Hollis ist wieder bei der Brünetten, mit der er vorhin getanzt hat.

Immer noch keine Summer in Sicht.

»ZEHN!«, rufen alle.

Die roten Zahlen auf der Uhr zählen mit den Rufen der Leute nach unten.

»NEUN!«

Mit jeder Sekunde, die vergeht, wird die Enttäuschung in mir größer.

»ACHT! SIEBEN!«

Dann sehe ich sie. Zumindest denke ich, dass sie es ist. Lichtblitze zucken jetzt durch den Raum und beleuchten die vielen Menschen in der Bar. Mit jedem Lichtstrahl wird meine Sicht auf das Mädchen an der Wand besser.

»SECHS! FÜNF!«

Weißes Kleid, rote Ballerinas, Pferdeschwanz.

»VIER! DREI!«

Es ist Summer – ohne Zweifel.

»ZWEI!«

Doch sie ist nicht allein.

»EINS!«

Ich wende meinen Blick in dem Moment ab, in dem Hunters gieriger Mund Summers wunderschöne Lippen verschlingt.

»FROHES NEUES JAHR!«

Kapitel 4

Fitz

Am nächsten Morgen wache ich ohne Kater auf. Das passiert, wenn man nur drei Bier trinkt und vor ein Uhr wieder im Hotelzimmer ist.

An Silvester.

Bin ich nicht ein braver Junge?

Auf meinem Handy sehe ich ein Dutzend Nachrichten und entgangene Anrufe. Ich fahre mir mit der Hand durch mein zerzaustes Haar, drehe mich auf den Rücken und scrolle durch die Textnachrichten.

Meine Eltern haben mir beide um Punkt Mitternacht geschrieben. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie sie um 23:59 Uhr in ihren getrennten Häusern saßen und die Finger über ihren Handys hatten, damit sie jeweils der Erste sein konnten, der mir eine Nachricht schickt. Immer müssen sie miteinander konkurrieren, furchtbar.

Mom:Frohes neues Jahr, Liebling! Ich liebe dich über alles! Das wird das beste Jahr deines Lebens! DEIN Jahr! Woohoo!

O mein Gott, Mütter dürfen nicht so etwas wie »Woohoo!« schreiben. Die Nachricht meines Vaters ist nicht viel besser.

Dad: Happy New Year! Wir schaffen das.

Wir schaffen das? Was? Eltern, die versuchen, cool zu klingen, sind das Peinlichste überhaupt.

Die Nachrichten meiner Freunde sind da schon amüsanter.

Hollis: Wo bist du, verdammt? Die Patty hat erst angefangen

Hollis: *patty

Hollis: *Part

Hollis: Party!!!!!! Scheiß-Autokorrektur

Garrett: Happy New Year! Wo bist du, Colin? (hört sich immer noch seltsam an, dich so zu nennen)

Meine alten Teamkameraden Logan und Tucker haben ihre Neujahrswünsche ebenfalls in den Gruppenchat geschrieben. Tuck und Sabrina haben noch ein Foto von ihrem Baby angehängt, woraufhin all unsere Freunde Emojis mit Herzaugen geschickt haben.

Pierre hat irgendetwas auf Französisch geschrieben.

Meine Teamkameraden haben unseren Chat außerdem mit Videos von den verschiedenen Partys, auf denen sie gewesen sind, zugemüllt, auf denen man unmöglich etwas erkennen oder hören kann.

Aber der Name einer unserer Teamkameraden fehlt im gesamten Chat und auf meinem Handy allgemein. Kein Wort von Hunter.

Ich nehme an, er war letzte Nacht zu beschäftigt.

Beschäftigt, beschäftigt, beschäftigt.

Ich ignoriere das Stechen in meiner Brust und zwinge mich dazu, alle Gedanken an Hunter und seine aufregende Nacht beiseitezuschieben, und scrolle weiter durch mein Telefon.

Ein Mädchen, das ich auf der Highschool kannte, hat allgemeine Neujahrswünsche verschickt. Aus irgendeinem Grund hat sie mich nach wie vor in ihrer Kontaktliste, und zu jedem Feiertag bekomme ich eine Nachricht von ihr.

Hollis hat noch ein paar Nachrichten mehr geschrieben, die mich zum Lachen bringen.

Hollis: Yo. Die Bar schließt jetzt. Wo bist du? Bekommst du grad einen Blowjob, oder was?

Hollis: Nach Patty in Dannys Haus. Neuer Kumpel. Du wirst ihn lieben.

Hollis: Okay dann.

Hollis: Nehme an, du bist tot.

Hollis: Hoffe, du bist nicht tot!!! Ich häng doch an dir. Neues Jahr, neues Glück. Versprochen.

O Mann, jemand sollte diesem Kerl sein Handy wegnehmen, wenn er betrunken ist. Immer noch lachend klicke ich auf die nächste Nachricht auf meinem Handy. Sie ist von Dean.

In dem Moment, in dem ich sie lese, vergeht mir das Lachen.

Dean: Happy New Year! Wollte eigentlich noch mit dir reden, bevor du abhaust. Du musst mir einen Gefallen tun.

Dean:Sucht ihr immer noch nach einem vierten Mitbewohner?