The Darkness of Your Memories - Kim S. Caplan - E-Book
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Kim S. Caplan

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Beschreibung

Wenn Liebe dein dunkles Herz befreit … Darren Fuller, New Yorker Staranwalt, musste in menschliche Abgründe blicken, die ihn nicht mehr loslassen. Er entscheidet sich für eine Auszeit auf der Ranch seines Vaters in der Einöde von Texas. Erschrocken stellt er fest, dass sein Vater an beginnender Demenz leidet und die Ranch in einem verwahrlosten Zustand ist. Es gibt für ihn nur eine Chance, damit zu leben – er errichtet eine unüberwindbare Mauer um seine Seele. Ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt taucht dort eine Fremde auf. Vivien, die im größten Schlamassel ihres Lebens steckt. Sie ist auf der Flucht vor ihrem mächtigen Ex-Mann, der Rache geschworen hat. Darren gewährt ihr Unterschlupf. Langsam lernt sie den geheimnisvollen Mann immer besser kennen – vielleicht sogar lieben? Oder gehen ihre Probleme jetzt erst richtig los?

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The Darkness of Your Memories

 

Roman

 

Kim S. Caplan

 

Inhaltsverzeichnis

 

Buchbeschreibung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Impressum

 

Buchbeschreibung

 

In was für ein Schlamassel bin ich da nur geraten. Meine Ehe mit einem mächtigen Filmproduzenten war eine Katastrophe. Nach der schmutzigen Scheidung bleibt mir nur die Flucht aus Los Angeles.

Typisch für mich, findet der Roadtrip in der Einöde von Texas durch eine Autopanne ein jähes Ende. Da stehe ich nun – der glühenden Mittagssonne ausgeliefert. Ein Wagen nähert sich auf dem staubigen Weg. Ein Mann steigt aus. Braun gebrannt, Dreitagebart, muskulös.

Hat man mich nicht gewarnt, in das Auto eines Fremden zu steigen? Egal, ich brauche seine Hilfe. Darren Fuller bringt mich auf seine heruntergekommene Ranch, wo er mit seinem Vater lebt. So ein Mist, nun hänge ich ausgerechnet hier im Nirgendwo fest.

Doch die Tage werden gar nicht so öde, wie ich gedacht habe. Darren übt eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Allerdings ist es nicht leicht, an ihn heranzukommen. Scheinbar hat er eine unüberwindbare Mauer um sich errichtet. Fasziniert von diesem geheimnisvollen Mann, versuche ich, diese Mauer Stein für Stein einzureißen, um zu erfahren, wer er wirklich ist. Langsam lerne ich Darren immer besser kennen – vielleicht sogar lieben?

Oder gehen meine Probleme jetzt erst richtig los?

 

Abgeschlossener Liebesroman mit Happy End. Enthält heiße Szenen.

 

Widmung

 

Für euch,

deren Erinnerungen immer blasser wurden. Die alles vergessen haben. Meine Kindheit, mein Leben, unsere gemeinsame Zeit.

Doch eines ist mir geblieben – die Liebe im Herzen, die niemals vergeht …

 

Kapitel 1

 

~ Vivien ~

 

»O Gott!«, rufe ich beim Blick in den Spiegel und betrachte kopfschüttelnd die Schatten unter meinen tiefblauen Augen. Ich bin doch erst dreiunddreißig. Haben mich die letzten Jahre so sehr gezeichnet? Was soll’s! Damit ist jetzt Schluss! Ich schminke mich in aller Ruhe, decke die Augenringe dabei ab und stecke mein langes, rotblondes Haar zu einem Dutt zusammen. Dann ziehe ich eine Bluse sowie ein helles, für meine Begriffe recht biederes Kostüm an, weil ich noch einen Termin beim Anwalt habe.

Endlich ist der große Tag gekommen. Meine Scheidung von einem der einflussreichsten Männer Hollywoods wird rechtsgültig. Barney Buckratt – mächtigster Filmproduzent der Staaten, zudem noch ein genialer Regisseur. Aber leider ist Barney auch ein unersättlicher Weiberheld. Fünf Jahre waren wir verheiratet. Eine viel zu lange Lebenszeit, die ich diesem Mann geopfert habe.

Ich bin kein dahergelaufenes Flittchen, das eine Schauspielkarriere anstrebte und sich an ihn rangeschmissen hat. Schon lange vor der Begegnung hatte ich mir einen Namen als Finanzberaterin der Reichen und Schönen gemacht. Erfolg im Job, Pech in der Liebe. So lief es, bis mir eines Tages der große Mr. Buckratt auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung über den Weg lief. Ein beeindruckender Mann, der von einer Aura aus Macht und Erfolg umgeben wurde. Seine Ausstrahlung zog mich in den Bann. Er wurde Kunde – Liebhaber –, dann Ehemann. Heute ist er mein Feind!

Inzwischen bereue ich es jeden Tag, seine Frau geworden zu sein. Hollywood-Größe Barney Buckratt hat nicht nur mich getäuscht. Er täuscht sie alle und ist ein verfluchter Arsch. Das ist das verdammt traurige Resümee, welches ich nach all den Jahren ziehen kann.

Von ihm kamen noch nicht einmal irgendwelche Entschuldigungsfloskeln, wie zum Beispiel: Darling, es tut mir so leid. Das war doch alles ganz anders. Es ist alles nur ein Missverständnis. Es war eine einmalige Sache. Nur ein kleiner Ausrutscher.

Nein, Barney war da anders. Er sagte es mir mitten ins Gesicht. »Ich bin, wie ich bin! Und ich genieße es! Wenn es dir nicht passt, kannst du ja gehen …«

Irgendwann konnte ich die Demütigungen nicht mehr ertragen, bin vor ihm geflüchtet, suchte mir ein Apartment und reichte die Scheidung ein. Die Trennung ging wie ein Lauffeuer durch sämtliche Medien und wurde als Skandal ausgeschlachtet. Das Ganze war kaum zu ertragen. Ich fiel in ein tiefes Loch. Man kann es vermutlich nur verstehen, wenn man es am eigenen Leib erfährt. Zuvor hatte ich mich immer gefragt, warum die Prominenten so einen Wirbel um ihre Scheidungen machen. Nun war ich selbst in diesem Strudel gefangen und wurde hilflos von ihm mitgerissen.

Ich war ja so dumm, habe mir für Barney den Hintern aufgerissen. Als seine Finanzberaterin war ich es, die sein Vermögen mit meinen Tipps weiter und weiter anwachsen ließ. Auf meinen Rat hin gründete er eine Produktionsfirma. Wir spekulierten mit hohem Gewinn an der Börse. Barney schaufelte nur so die Millionen. Letztes Jahr stieß er die Produktionsfirma wieder ab. Er sagte, ab sofort wolle er es etwas ruhiger angehen lassen. Das Leben genießen. Seine Weibergeschichten genießen. Ich sollte weiterhin seine Vorzeigepuppe bleiben. Seine Marionette. Barney hat es geschafft, mich zu verändern. Inzwischen bin ich nicht besser als die gelangweilten Ladys in ihren schicken Designerkleidchen, die die Kreditkarten ihrer reichen Gatten auf dem Rodeo Drive zum Glühen bringen.

Doch aus diesem goldenen Käfig bin ich ausgebrochen. Der Albtraum der letzten Jahre ist vorbei. Für mich beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Doch was wird mir die Zukunft bringen? Ein besseres Leben? Glück? Liebe? Ich weiß es nicht …

 

Einige Stunden später …

Was gibt es Besseres, als seine Scheidung mit der besten Freundin im Lieblingsrestaurant am Sunset Boulevard zu feiern? Mit Kelly bin ich schon seit dem Studium befreundet. Sie ist wie eine Schwester für mich. Dabei sind wir so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Trotzdem, oder gerade deshalb, hält unsere Freundschaft schon so viele Jahre.

Ich habe mich nach dem Termin beim Anwalt noch schnell zu Hause umgezogen und trage ein Kleid meines Lieblingsdesigners, welches ich extra für diesen Zweck gekauft habe. Das Dekolleté ist ziemlich gewagt, aber ich will allen zeigen, dass ich mich nicht verstecken muss. Ich will endlich aus Barneys Schatten heraustreten.

»Du hast es dir wirklich gut überlegt, ausgerechnet heute hier hinzugehen, oder?«, fragt Kelly und schaut sich unruhig um. »Wir könnten Barney treffen …« Sie setzt ihre Sonnenbrille ab und pustet sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Und dann noch in diesem Kleid …«, setzt sie vorwurfsvoll nach.

»Mir egal …«, erwidere ich trotzig. »Was ist mit dem Kleid? Das ist von Guy Robertson.«

»Der Ausschnitt ist ziemlich gewagt … Wenn ich nicht deine Freundin wäre, würde ich sagen: obszön …«

»Die Leute wollen doch immer Titten. Heute kriegen sie Titten …«

»Wenn du das sagst …« Kelly wirkt sichtlich skeptisch, aber da muss sie durch.

»Ja, das sage ich!« Ich lasse mir von ihr nicht hereinreden. Sämtliche Bevormundungsversuche sind ab diesem Tag ad acta gelegt. »Nun komm schon, lass uns feiern gehen und eine Flasche Champagner köpfen!«

Wir betreten die Terrasse, die mit strahlend weißen Markisen und überdimensionalen Blumenkübeln puren Luxus verströmt. Matteo, der grauhaarige Restaurantleiter im edlen Smoking, stürmt auf uns zu. »Mrs. Buckratt, wie schön, Sie und Ihre Begleitung zu sehen«, begrüßt er uns mit formvollendeten Handküssen. »Ich habe Sie vermisst, Mrs. Buckratt. Wie geht es Ihnen?«

»Hallo, Matteo. Danke, mir geht es sehr gut. Meine Freundin Kelly und ich möchten heute feiern.«

»Das passt ja hervorragend. Ist es nicht ein wunderschöner Tag?« Er deutet auf den strahlend blauen Himmel.

»Das stimmt. Ein wunderschöner Tag. Aber wir sind in L.A., da ist nahezu jeder Tag ein Fest.«

»So ist es.« Matteo nickt zustimmend.

»Allerdings feiern wir heute nicht irgendetwas. Wir feiern meine Scheidung von Mr. Buckratt.«

Der Restaurantleiter runzelt verwirrt und besorgt die Stirn. Er hat bestimmt noch nicht gehört, dass man eine Scheidung feiern kann.

»Deshalb bin ich ab sofort auch wieder Ms. Fraymond«, erkläre ich ihm.

Das hat gesessen!

»Verzeihen Sie mir, Mrs. Buck… äh, Ms. Fraymond. Das ist mir jetzt sehr unangenehm …«

»Kein Problem, Matteo. Das ist das Beste, was mir passieren konnte! Führen Sie uns bitte an meinen gewohnten Tisch.«

»Das ist Mr. Buckratts Tisch«, antwortet der Restaurantleiter und hebt angespannt eine Augenbraue. »Das wird doch wohl keinen Ärger geben?« Der gute Matteo ist etwas blass um die Nase herum geworden.

»Aber nein! Wenn Barney – ich meine natürlich Mr. Buckratt – mir schon einen ganzen Batzen seines Vermögens überlassen musste …« Ich grinse süffisant und muss an meinen Anwalt denken, der einen hervorragenden Job gemacht hat. Besser hätte es nicht für mich laufen können.

»Bitte?« Matteo schaut mich irritiert an.

»Dann werden mein Ex und ich uns in Zukunft auch den Tisch teilen müssen…«, führe ich den Satz selbstbewusst fort und zwinkere ihm zu.

Nachdem wir Platz genommen haben, setze ich meine Sonnenbrille auf und schaue mich um. Die Ladys des Jetsets haben sich versammelt, um genüsslich zu dinieren und das eine und andere Glas Schampus zu genießen. Ihr nerviges Tuscheln und die verstohlenen Blicke dieser Luxusweibchen entgehen Kelly und mir nicht. Jetzt haben sie wieder reichlich Gesprächsstoff.

»Womit dürfen wir Sie heute verwöhnen?«, fragt Matteo freundlich.

»Mit einer Flasche Champagner«, antworte ich. »Bringen Sie uns den besten! Sie wissen schon – die Lieblingsmarke von Mr. Buckratt.«

»Gern, Mrs. Buck… äh, Ms. Fraymond.« Matteo schüttelt verlegen den Kopf. »Daran muss ich mich erst gewöhnen … Verzeihen Sie bitte!«

»Ist nicht schlimm, Matteo. Mir geht es genauso, auch für mich ist es noch ungewohnt, wieder Ms. Fraymond zu sein.«

»Einen Moment, ich werde Ihnen den Champagner gleich servieren lassen.« Nachdem Matteo den Tisch verlassen hat, begrüßt er eifrig die nächsten Gäste.

»Und? Erzähl schon … Wie fühlt man sich, so frisch geschieden?«, fragt Kelly und starrt mich aufgeregt an.

»Frei! Einfach nur frei …« Ich atme tief durch. »Ständig frage ich mich, warum ich so blöd war und diesen Mann geheiratet habe. Allein sein Name hätte mich bereits abschrecken sollen. Barney – so kann man seinen Wachhund nennen.«

Kelly kichert. »Ich habe dich immer gewarnt. Er hatte einen verdammt schlechten Ruf … Aber du wolltest ja nicht auf mich hören.«

»Du hast vollkommen recht. Aber wie heißt es so schön – wo die Liebe hinfällt. Ziemlich naiv von mir …«

»Ziemlich …«

Ein Kellner kommt an unseren Tisch, serviert uns die Flasche Champagner in einem riesigen Eiskübel und schenkt uns ein.

»Auf deine Zukunft! Möge sie so rosig sein wie mein neuer Lippenstift!« Meine Freundin prostet mir fröhlich zu und stößt anschließend mit mir an. Ich bleibe ihr eine Antwort schuldig. Was soll ich auch sagen? Was für eine Zukunft? Es gibt so viele offene Fragen. »Was ist mit dir?«, unterbricht Kelly meine Gedanken.

»Barneys Millionen sind auf meinem Konto. Aber das Glück kann ich mir nicht kaufen.«

»Ich wüsste schon, was ich mit der ganzen Kohle mache. Eine hübsche Villa, ein heißer Sportwagen. Rund um die Uhr shoppen gehen. Ach, Liebes, es gibt so vieles, was einen glücklich macht …«

»Das hatte ich doch alles. Da muss es noch etwas anderes geben …«

»Viv, deine Probleme hätte ich gerne …« Kelly seufzt laut. »Was ist mit deinem neuen Apartment? Fühlst du dich schon heimisch?«, will sie wissen und quält mich unerbittlich weiter mit ihrer Fragerei.

»Das Apartment ist der pure Luxus. Aber …«, zögere ich.

»Was, aber?«

»Ich fühle mich dort noch wie ein Fremdkörper. Irgendetwas fehlt mir …«

»Ich weiß, was dir fehlt. Du brauchst mal wieder einen richtigen Kerl.«

»O Gott, Kelly! Lass mich bloß damit in Ruhe …«

»Nein! Ich meine es ernst. Wir sollten mal wieder durch die Nightclubs ziehen. Such dir einen, der dich richtig durchvögelt. Dann geht’s dir besser …«

Vor Schreck verschlucke ich mich am Champagner und muss hüsteln. »Bist du verrückt? Durchvögeln?« Das Tuscheln der High Society Ladys wird lauter. Offensichtlich hat das Wort den Nerv so mancher Millionärsgattin getroffen, die nur aus Geldgier mit ihrem Mann zusammen ist, der sie nicht befriedigen kann.

»Irgendetwas muss passieren. Du bist ja voll depressiv …«, antwortet sie wie üblich ohne jegliches Feingefühl. So ist Kelly. Sie sagt, was sie denkt.

»Du bist gut … Ist doch kein Wunder nach allem, was ich mit Barney durchgemacht habe.« Ich weiß nicht, ob ich Kelly von meinen Träumen erzählen soll. Sie wird mich vielleicht nicht verstehen. »Weißt du, in letzter Zeit denke ich immer wieder über einen Tapetenwechsel nach …«

»Einen Tapetenwechsel? Das neue Apartment ist doch tipptopp in Schuss … Obwohl – einen schnuckligen Handwerker zu vernaschen, wäre ein guter Anfang …«

»Oh, Kelly … Ich meine einen anderen Tapetenwechsel. Mal woanders hin. Ein Abenteuer erleben …«

»Ein Abenteuer? Was meinst du?«

»Manchmal möchte ich mich einfach in den Wagen setzen und losdüsen. Irgendwohin. Ohne festes Ziel. Ein Abenteuer eben …«

»Ah, so ein richtiger Roadtrip …«, geht ihr endlich ein Licht auf.

»Ja, genau! Das meine ich. Ein Roadtrip.«

»Klingt spannend. Wie kommt Barney eigentlich mit der Trennung und Scheidung klar?«

»Das gibt’s doch nicht! Wie kommst du jetzt ausgerechnet auf Barney? Du machst dir Sorgen um ihn?« Entrüstet schüttle ich den Kopf. »Er hat nichts anderes zu tun, als mir zu drohen.«

»Sorry, ihr wart fünf Jahre verheiratet. Da kann man doch wohl mal fragen …« Kelly hebt beschwichtigend die Arme. »Er droht dir? Womit?«

»Er sagt, er wird dafür sorgen, dass ich in L.A. keinen Fuß mehr auf die Erde bekomme …«

»Na ja, er ist sauer. Du hast ihn in seiner Eitelkeit verletzt. Der beruhigt sich schon wieder.«

»Er ist sauer? Seine Eitelkeit ist verletzt?« Ich lache finster. »Du bist dir schon im Klaren, über wen wir hier reden? Du unterschätzt seinen Einfluss, seine Macht.« Kaum habe ich diesen Satz ausgesprochen, sehe ich das Unheil in Form einer rosafarbenen Stretchlimousine, die direkt vorm Restaurant hält, auf uns zukommen.

»Nein! Das gibt’s doch nicht!«, rufe ich aus.

»Was ist los?«, fragt Kelly und schaut mich verdutzt an.

»Da vorn … Da kommt Barney!«

»Wo?«

Ich stupse sie an und zeige in Richtung des Eingangs.

Kelly dreht sich um. »Scheiße! Ist das wirklich seine Limo?«

»O ja, das ist Barneys neues Schlachtschiff. Unübersehbar …«

Der Chauffeur und sein Bodyguard verlassen den Wagen. Der Fahrer öffnet eine der hinteren Türen. Barney steigt majestätisch aus und lässt sich von seiner weiblichen Begleitung den Maßanzug richten. Er hat uns schon längst bemerkt. Das sehe ich an seinem eisigen Blick.

»Was macht er? Sag schon …«, will Kelly wissen.

»Er geht auf den Eingang zu.«

»O Gott! Nein! Hat er uns gesehen?«

»Mit Sicherheit!«

In diesem Moment kommt Matteo an den Tisch. »Möchten die Damen vielleicht speisen? Ich kann Ihnen den Heilbutt wärmstens empfehlen …«

»Danke, Matteo. Ich glaube, das hat sich gerade erledigt …«, erwidere ich und deute zum Eingang. Barney betritt das Lokal so zielsicher, als würde es ihm gehören. Im Schlepptau hat er seine neue Flamme, ein etwas verpeilt wirkendes Blondchen Mitte zwanzig. Mindestens ein Dutzend Paparazzi bringen sich vor dem Restaurant in Stellung.

»O nein! Ich wusste es … Das wird Ärger geben!«, ruft Matteo und läuft dann überschwänglich winkend auf Barney zu, um ihn zu begrüßen.

»Mist! Er hat recht. Das wird richtig Ärger geben …«, flüstere ich meiner Freundin zu.

Kelly zupft hektisch an ihrer Mähne herum und kramt anschließend wie eine Verrückte in ihrer Handtasche.

»Was zum Teufel machst du da?«, frage ich.

»Ich suche den verdammten Lippenstift.«

»Wozu brauchst du jetzt einen Lippenstift?«, will ich irritiert wissen.

»Liebes, du triffst gleich auf deinen wütenden Ex. Darauf warten die Paparazzi nur. Wir werden es mit Sicherheit auf die Titelseiten der Nachtausgabe schaffen. Da will ich wenigstens gut aussehen …«

»Du bist unglaublich«, sage ich fassungslos. »Na, wenn du keine anderen Probleme hast …«

Der sichtlich überforderte Matteo begleitet Barney und seine neue Flamme zu uns an den Tisch. Dem armen Kerl stehen die Schweißperlen auf der Stirn.

»Willst du mich verarschen?«, ergreift mein Ex das Wort. »Was soll das? Das ist mein Tisch!«

»Was für eine herzliche Begrüßung«, erwidere ich unbeeindruckt.

»Matteo! Was soll das? Wie konnten Sie das erlauben? Lassen Sie diese Person sofort von meinem Tisch entfernen!« Barneys Stimme wird energischer.

»Mr. Buckratt! Ich bitte Sie … Was sollte ich denn tun?«, fragt Matteo ängstlich.

Ich lächle meinen Ex wie eingefroren an. Ich werde nicht von diesem Platz weichen. Da hat der feine Herr sich geschnitten.

Polternd nimmt Barney mit der jungen Blondine am Tisch Platz. Das ist ein gefundenes Fressen für die versammelte Presse. Vor der Terrasse drängeln sich die Paparazzi, kämpfen um den besten Blickwinkel. Ein Blitzlichtgewitter prasselt auf uns nieder.

»Du hast uns die Lady noch gar nicht vorgestellt, Barney«, provoziere ich ihn weiter. »Wie heißt sie? Cindy? Mindy? Oder sagst du einfach nur Darling, weil du dir ihren Namen ohnehin nicht merken kannst?«

Barney rückt mit seinem Stuhl nah an mich heran. »Hör mir gut zu, meine Liebe. Überleg dir bestens, was du von meinem Geld ausgibst. In L.A. wirst du keinen Dollar mehr verdienen. Du wirst nirgendwo mehr einen Auftrag bekommen. Ich werde dich fertigmachen«, flüstert er mir ins Ohr. »Und jetzt verschwinde«, zischelt er danach wie eine Schlange.

»Was hat er zu Ihnen gesagt, Vivien? Verraten Sie es uns!«, ruft einer der Paparazzi.

»Du drohst mir schon wieder …«, sage ich leise zu Barney.

»Diese Frau hat meine Begleitung eine Hure genannt!«, ruft er plötzlich zu den immer mehr werdenden Pressevertretern. »Sie da …« Er zeigt auf einen Paparazzo. »Kommen Sie her … machen Sie Fotos von ihr. Sie hat uns zutiefst beleidigt.«

»Was soll das?«, frage ich ihn entsetzt. »Bist du jetzt vollkommen verrückt geworden?« Ich hätte ihm so ziemlich alles zugetraut, aber dieses Szenario toppt meine kühnsten Vorstellungen.

»Komm, lass uns gehen«, fordert Kelly mich auf, die ganz blass geworden ist. Ihr Wunsch nach einem Foto in der Zeitung scheint wie weggeblasen zu sein. »Das bringt doch nichts. Komm schon, Viv! Bitte …«, fleht sie regelrecht.

»Hör auf deine Freundin. Es ist besser für dich …« Barneys Augen verengen sich zu kleinen Schlitzen.

Ich atme tief durch, um zu antworten. »Du …«

Bevor ich einen vollständigen Satz aussprechen kann, greift sich Barney an die Brust und beginnt, laut zu schreien. »Mein Herz! Mein Herz!«

Matteo ist sofort zur Stelle. »Beruhigen Sie sich, Mr. Buckratt. Brauchen Sie einen Arzt?«, erkundigt er sich, selbst kalkweiß wie eine Wand geworden.

Ich verdrehe die Augen. Merkt denn keiner, dass er uns nur etwas vorspielt?

»Nein danke«, haucht Barney theatralisch.

»Sind Sie sicher, Mr. Buckratt?«, hakt Matteo nach.

»Ja«, zeigt dieser sich tapfer wie ein Westernheld mit siebenundzwanzig Schusswunden.

»Wie Sie meinen, Sir.« Matteo lässt ihn nicht aus den Augen.

»Schatz, wo sind meine Pillen?«, fragt Barney seine überforderte Begleitung.

»Warte …« Sie kramt hektisch in ihrer Handtasche. Mit zitternden Händen holt sie dann seine Pillen heraus und gibt ihm zwei in die Hand, die er bereits erwartungsvoll aufhält.

»Danke …«, flüstert er und nimmt sie in den Mund.

»Hier, Liebling …« Seine Freundin gibt ihm ein Wasser.

»Du bist so gut zu mir, mein Engel«, sagt er und trinkt einen Schluck.

Mein Engel? Habe ich da gerade richtig gehört? Na, dann passen die beiden ja perfekt zusammen. Man sagt doch, Gegensätze ziehen sich an. Und er ist der Teufel in Person.

Die Paparazzi sind in ihrem Element und schießen Foto um Foto.

Das war wahrlich eine oscarreife Vorstellung. Mein Ex sollte sich aufs Schauspielern verlagern, anstatt nur Filme zu produzieren.

»Bitte gehen Sie. Sofort! Und kommen Sie nicht wieder …«, fordert Matteo mich auf, das Restaurant zu verlassen.

Verbittert schaue ich ihn an. Doch ich möchte mich auf keine Diskussion einlassen, um den Hyänen der Presse nichts weiter zum Fraß vorzuwerfen. Und so bewahre ich Contenance. Was für ein wundervolles französisches Wort für Selbstbeherrschung. Irgendwie schaffe ich es, meinen Ex-Mann und seine Begleiterin freundlich anzulächeln, um keine Schwäche zu zeigen.

»Lass uns gehen, Kelly«, komme ich der Aufforderung meiner Freundin nach, der die Erleichterung deutlich anzusehen ist.

In dem Moment, als sie und ich aufstehen wollen, hält Barney mich am Arm fest.

»Au, du tust mir weh«, protestiere ich.

»Das ist erst der Anfang!«, zischt er und zwinkert mir frech zu. »Übrigens, wenn du mich fragst, schickes Kleid. Ein bisschen zu nuttig für dich … Ist aber vielleicht eine Geschäftsidee. Probier’s doch mal in dem Gewerbe … Da wirst du sicherlich Erfolg haben.«

Ich bin wie erstarrt, als hätten seine Worte die Macht, mich einzufrieren. Doch er zeigt nur sein wahres Gesicht. Schade, dass die Menschen da draußen niemals diese Fratze sehen werden. Er ist ein Meister der Manipulation.

Das Blitzlichtgewitter blendet mich, als ich mit Kelly das Restaurant verlasse. Sie versteckt sich scheu hinter meinem Rücken. Die Option, auf den Titelseiten zu landen, ist kein Wunschtraum mehr von ihr.

Was habe ich mir nur dabei gedacht, hier einzukehren? Hätte ich nicht ahnen können, dass Barney auch hier auftaucht? War es vielleicht eine unbewusste Provokation von mir? Ich weiß es nicht. Meine ganze Gefühlswelt ist vollkommen durcheinander.

 

Zwei Wochen später …

Das Aufeinandertreffen mit Barney zog, wie vermutet, einen heftigen Skandal nach sich. Die Fotos, die am nächsten Tag in der Zeitung erschienen, zeigten ihn mit verzerrtem Gesicht, seine Hand auf den Brustkorb gepresst. Dazu die passende Schlagzeile:

Filmproduzent Barney Buckratt kurz vor dem Herzinfarkt?

Im Artikel darunter: Wohin hat seine Ex-Frau ihn getrieben?

Dazu natürlich das unvorteilhafteste Foto von mir, das sie finden konnten. Mein Kleid sah furchtbar nuttig aus. Da musste ich Barney zähneknirschend recht geben.

Ich ärgerte mich maßlos über die falsche Darstellung. Man machte mich fertig und aus ihm einen armen Lazarus. Es machte mich nervlich kaputt und ich zog mich zurück, ging kaum noch aus dem Haus.

Ganz anders mein Verflossener. Barney genoss die Aufmerksamkeit der Medien und war gern gesehener Gast in sämtlichen Late-Night-Shows. Dort spielte er das Unschuldslamm. Er, das arme Opfer und seine böse Ex, die ihm sein neues Glück nicht gönnt. Unglaublich! Vor meiner Apartmentanlage machten sich die Paparazzi mit ihren Vans breit und warteten beharrlich auf den idealen Schnappschuss von mir. Selbst auf dem Weg zur Mülltonne konnte ich nicht im Jogginganzug auftauchen, ohne dass sie gemeine Dinge schrieben wie: Hat die Ex-Frau von Mr. Buckratt ihre Millionen-Abfindung bereits verprasst? Sie sieht aus, als hätte sie ihre Klamotten aus dem Altkleider-Container gezogen. Und auch ein Termin beim Friseur war offensichtlich nicht mehr drin. Ihr Pferdeschwanz sieht aus wie der eines Ackergauls.

Lange hielt ich den Druck nicht aus. Ich wollte nur noch von den Titelseiten verschwinden – die letzten fünf Jahre ungeschehen machen. Dann habe ich es tatsächlich getan. Ich flüchtete. Schnell waren ein paar Kleider gepackt. Erst wollte Kelly mich auf diesen Roadtrip begleiten, hat dann aber in letzter Sekunde gekniffen. Also bin ich allein durchgestartet, denn man sollte solche Dinge nicht aufschieben. Eventuell hätte mich der Mut verlassen. Nein, das konnte ich auf keinen Fall riskieren!

Mit meinem Wagen, einem wundervollen restaurierten Mustang, fuhr ich erst mal auf den Highway und dann immer geradeaus. Kein festes Ziel vor Auge. Wenn es sein müsste, einmal quer durch die Staaten.

Ich durchquerte Arizona, danach New Mexico. Schon nach dem ersten Tag bereute ich mein Vorhaben und wäre am liebsten umgekehrt. Doch ich blieb standhaft. Was hatte ich auch schon für eine Wahl? In L.A. warteten Barney und die Presse auf mich. Es wäre ein Schritt zurück in die Hölle gewesen. Und wer ist schon so dumm, das freiwillig zu tun?

Doch was erwartet mich auf dieser Tour? Wohin wird es mich treiben? Natürlich gibt es keine Antwort auf diese Frage. Ich muss erst lernen, loszulassen. Das ist gar nicht so einfach, denn mein Leben war bisher sehr strukturiert. Als Finanzberaterin bin ich ein Zahlenmensch, der genaue Pläne macht. All das muss ich ablegen, um mich frei zu fühlen. Wann wird dieses Gefühl sich einstellen? Oder laufe ich nur vor etwas davon, vor dem es in Wirklichkeit kein Entrinnen gibt?

 

Kapitel 2

 

~ Darren ~

 

Mein Leben hat sich drastisch geändert. Es hat sich von heute auf morgen um hundertachtzig Grad gedreht. Die Ranch meines Vaters war nicht immer mein Zuhause. Viele Jahre lebte ich in einer anderen Welt. Einer Welt voller Dunkelheit und Grauen, in denen Macht und Geld eine übergeordnete Rolle spielten.

Mein Aufenthalt hier sollte nur eine Zwischenstation sein. Ein kurzer Abschnitt in meinem verkorksten Leben. Doch ich bin immer noch hier. Warum? Ich habe keine andere Wahl.

Bei manchen Menschen schlägt das Schicksal hart zu. So auch bei mir und meinem Dad. Meine Mutter starb kurz nach meiner Geburt. Mein Vater verlor so seine große Liebe, die Frau, die er schon seit der Highschool gekannt hatte. Er musste sich allein um mich kümmern, was weiß Gott eine große Aufgabe war, denn ich war kein einfaches Kind. Als Säugling habe ich viel geschrien, so erzählte er mir später. Vielleicht lag es daran, dass mir unbewusst die Mutter fehlte, ich weiß es nicht. Er gab sein Bestes, um diese schwierige Aufgabe zu meistern. Ich wuchs heran, wurde ein wilder Junge, der nur Flausen im Kopf hatte. Mit viel Geduld sah er über so manche Frechheiten und Streiche hinweg und schaffte es immer irgendwie, mich auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Aber ich war nicht das Einzige, worum er sich kümmern musste. Er hatte seinen Job als Automechaniker aufgegeben und widmete sich seiner eigentlichen Leidenschaft, baute eine beachtliche Pferdezucht auf, die schnell bis weit hinaus über die Grenzen von Texas bekannt war. Er hatte sich dabei auf Quarter Horse spezialisiert, die sportlich beim Cutting, einer populären Disziplin im Westernreiten, die aus der alten Arbeitsweise der Cowboys entstanden ist, eingesetzt wurden. Innerhalb kürzester Zeit muss dabei ein Rind aus der Herde heraussortiert werden. Das Pferd erledigt diese Arbeit weitgehend selbstständig, denn die Tiere besitzen einen speziellen »Cow Sense«, einen Instinkt dafür, was sie tun sollen. In guten Zuchten wird dieser sozusagen vererbt.

Ich liebte es, den Pferden beim Grasen auf den weitläufigen Koppeln zuzusehen, die sich bis an den Horizont zu erstrecken schienen. Wir hatten zahlreiche Angestellte, die sich um die Tiere kümmerten. Doch mein Dad legte das Zepter als Chef der Ranch nie aus der Hand. Er hatte stets ein scharfes Auge auf alles, was geschah, und wurde von jedem mit Respekt behandelt. So auch von mir. Abschließend muss ich zugeben, er hat bei meiner Erziehung einen guten Job gemacht. Er machte aus mir den Mann, der ich heute bin.

Doch irgendwann wollte ich jene aufregende Welt entdecken, die sich hinter dem Horizont am Ende der Koppeln befand. Ich würde nicht mein ganzes Leben auf der Ranch verbringen, das stand für mich fest.

In der Schule war ich zum Erstaunen meines Vaters, der nur mit Mühe den Abschluss geschafft hatte, ein Überflieger. Die Highschool schloss ich mit Auszeichnung ab und bekam ein Stipendium für die Uni. Dad war mächtig stolz auf mich und ließ es mich nicht spüren, wie weh es ihm tat, dass ich nun fortgehen würde. Er hörte sich meine hochtrabenden Pläne an und gab mir zu keiner Zeit das Gefühl, ich könne es nicht schaffen. Für ihn war ich immer der Größte und der Beste, egal, was ich tat. So gab er mir das Selbstbewusstsein, meinen eigenen Weg zu gehen.

Meine Wahl fiel auf die renommierte Uni Yale, wo ich Rechtswissenschaften studierte. Ein erfolgreicher Abschluss dort war ein Garant für eine große Karriere. Mit Enthusiasmus stürzte ich mich ins Studium. Begierig saugte ich in den Vorlesungen alles auf, was die Professoren mich lehrten. Im Bewusstsein, dass die eigentliche Herausforderung begann, wenn ich erst einmal Anwalt war, zog ich Semester für Semester durch, bis ich stolz die Abschlussurkunde in den Händen hielt. Ich erinnere mich noch genau an den Tag. Mein Dad war extra angereist und wischte sich verstohlen die Tränen der Rührung weg.

Voller Enthusiasmus ging ich nach New York, der Stadt, von der es hieß, dass jeder hier eine Chance hätte. Vom Big Apple aus nahm ich mir vor, die Welt zu erobern. Und ich hatte Glück, bekam direkt einen Job. Der Boss einer großen Kanzlei nahm mich unter seine Fittiche. Wir waren auf Wirtschaftsdelikte spezialisiert, es ging also um Betrug, Bestechung, Korruption und schwarze Kassen. Und das in ganz großem Stil. Leute zu verteidigen, die sehr bekannt und mächtig waren, ist wohl die größte Herausforderung, die es für Anwälte gibt. Ein Lob von der Presse erhält man dafür nicht, höchstens die Anerkennung von Kollegen – wenn man gewinnt.

Die Jahre vergingen, es wurde für mich Zeit, eine eigene Kanzlei zu gründen. Doch es änderte sich damit kaum etwas für mich, nur dass ich noch mehr Geld verdiente.

Privat versuchte ich, der Dunkelheit zu entfliehen, die meine Arbeit mit sich brachte. Ich ließ es auf Partys krachen und hatte unzählige Affären. Es war jedoch ein Trugschluss, dass dies mich aus jenem schwarzen Loch holen konnte. Im Gegenteil – alles wurde nur noch schlimmer. Ich fühlte mich ausgebrannt und leer. Aus diesem Grund beschloss ich, mir vor etwa einem Jahr eine kleine Auszeit zu nehmen und auf die Ranch meines Vaters zurückzukehren. Ich hatte die Besuche bei ihm vernachlässigt, stets nur mit ihm telefoniert. Was ich sah, entsetzte mich. In der langen Zeit, in der ich weg war, hatte Dad die Ranch ziemlich verfallen lassen. Er gestand mir, dass mit meinem Weggehen sein Antrieb starb. Der Sinn für alles ging verloren. Diese Ranch sollte sein Vermächtnis an mich sein. Doch ich hatte mich anders entschieden, war meinen eigenen Weg gegangen. Der, im Nachhinein betrachtet, vielleicht der falsche gewesen war.

Als Dad registrierte, dass ich sein Lebenswerk nicht weiterführen würde, verkaufte er die Pferde. Er blieb jedoch auf der Ranch, die nun mal sein Zuhause war. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Interesse auf andere Pferdestärken zu verlagern. Und so schraubte er wie in jungen Jahren wieder an Autos herum. Alle Nachbarn brachten ihm ihre Fahrzeuge zur Reparatur, denn hier auf dem Land hat Solidarität noch eine Bedeutung.

Was mich jedoch noch viel mehr entsetzte als der Zustand der Ranch, war seine Gesundheit. Und damit meine ich nicht die typischen, altersbedingten körperlichen Gebrechen. Nein, ich merkte, dass seine Erinnerung ihm immer öfter Streiche spielte. Zuerst lachten wir gemeinsam darüber, machten Scherze über seine Schusseligkeit.

---ENDE DER LESEPROBE---