The Hardest Fall - Ella Maise - E-Book
SONDERANGEBOT

The Hardest Fall E-Book

Ella Maise

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wenn man normalerweise das erste Mal jemanden trifft, schaut man ihm in die Augen. Und nicht in Regionen deutlich weiter südlich. Vielleicht schafft man es auch ein bis zwei zusammenhängende Sätze auszusprechen. Normalerweise. Aber nicht ich. Als ich Dylan Reed das erste Mal getroffen habe, habe ich mich hemmungslos blamiert. Als ich ihn das zweite Mal getroffen habe leider auch. Schlimmer konnte es nicht werden. Dachte ich. Denn auf einmal ist der Wide Receiver mit einer guten Aussicht auf die NFL mein neuer Mitbewohner und auf dem besten Weg mein bester Freund zu werden. Er sagt, er mag meine Eigenarten, meine Vorliebe für Pizza und Filmabende. Wir sind Freunde und ich kann ihm nicht mal sagen, dass mein Herz jedes mal zu einem Sprint ansetzt, wenn ich ihn sehe. Mein Name ist Zoe und ich bin auf dem besten Weg mich zu verlieben. Wir uns ineinander zu verlieben. Viel zu schnell und viel zu heftig. 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 666

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



The Hardest Fall

Die Autorin

Ella Maise ist Washington Post sowie internationale Bestsellerautorin von vier Büchern, darunter The Hardest Fall. Sie liebt es über witzige und starke Figuren mit dem gewissen Etwas zu schreiben genauso wie sie es liebt über solche zu lesen. Wenn sie es schafft mit ihren Worten einen Menschen zum Lachen zu bringen, hat sie ihren Job gut gemacht.

Das Buch

Wenn man normalerweise das erste Mal jemanden trifft, schaut man ihm in die Augen. Und nicht in Regionen deutlich weiter südlich. Vielleicht schafft man es auch ein bis zwei zusammenhängende Sätze auszusprechen. Normalerweise. Aber nicht ich. Als ich Dylan Reed das erste Mal getroffen habe, habe ich mich hemmungslos blamiert. Als ich in das zweite Mal getroffen habe leider auch. Schlimmer konnte es nicht werden. Dachte ich. Denn auf einmal ist der Wide Receiver mit einer guten Aussicht auf die NFL mein neuer Mitbewohner und auf dem besten Weg mein bester Freund zu werden. Er sagt, er mag meine Eigenarten, meine Vorliebe für Pizza und Filmabende. Wir sind Freunde und ich kann ihm nicht mal sagen, dass mein Herz jedes mal zu einem Sprint ansetzt, wenn ich ihn sehe. Mein Name ist Zoe und ich bin auf dem besten Weg mich zu verlieben. Wir uns ineinander zu verlieben. Viel zu schnell und viel zu heftig.

Ella Maise

The Hardest Fall

Aus dem Amerikanischen von Nina Bader

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe bei ForeverForever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinDezember 2018 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018Copyright © 2018. The Hardest Fall by Ella MaiseTitel der amerikanischen Originalausgabe: The Hardest Fall Umschlaggestaltung: zero-media.net, München, nach einer Vorlage von Ella MaiseTitelabbildung: © Perrywinkle PhotographyAutorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95818-349-0

Auf einigen Lesegeräten erzeugt das Öffnen dieses E-Books in der aktuellen Formatversion EPUB3 einen Warnhinweis, der auf ein nicht unterstütztes Dateiformat hinweist und vor Darstellungs- und Systemfehlern warnt. Das Öffnen dieses E-Books stellt demgegenüber auf sämtlichen Lesegeräten keine Gefahr dar und ist unbedenklich. Bitte ignorieren Sie etwaige Warnhinweise und wenden sich bei Fragen vertrauensvoll an unseren Verlag! Wir wünschen viel Lesevergnügen.

Hinweis zu UrheberrechtenSämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebtes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Fünfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Siebzehntes Kapitel

Achtzehntes Kapitel

Neunzehntes Kapitel

Zwanzigstes Kapitel

Einundzwanzigstes Kapitel

Zweiundzwanzigstes Kapitel

Dreiundzwanzigstes Kapitel

Vierundzwanzigstes Kapitel

Fünfundzwanzigstes Kapitel

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Siebenundzwanzigstes Kapitel

Achtundzwanzigstes Kapitel

Neunundzwanzigstes Kapitel

Dreißigstes Kapitel

Epilog

Danksagung

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Erstes Kapitel

Anmerkung

Anmerkung der AutorinDort, wo es der Geschichte am besten dienlich war,wurde dichterische Freiheit in Anspruch genommen.

Widmung

Dieses Buch ist für all diejenigen von uns, die ein bisschen schüchtern und dazu noch ein bisschen verrückt sind (im bestmöglichen Sinne). Ich hoffe, es gibt einen Dylan in eurem Leben.

Erstes Kapitel

Dylan

Als Zoe Clarke mich zum ersten Mal sah, umschloss meine Hand gerade mein bestes Stück.

Bedauerlicherweise holte ich mir keinen runter. Wäre das der Fall gewesen, hätte sie es vielleicht sexy gefunden – wobei die Betonung auf vielleicht liegt, da so was nicht jede Frau antörnt, ganz zu schweigen davon, dass es megapeinlich gewesen wäre, auf einer Party auf dem Klo beim Onanieren erwischt zu werden.

Ich wünschte, ich könnte euch etwas erzählen, was ihr gern hören würdet, irgendetwas Aufregendes, zum Beispiel, dass es sich um Liebe auf den ersten Blick statt einer unerwarteten und grenzwertigen Schwanzbegutachtung bei irgendeiner Collegeparty gehandelt hatte. Oder um eine romantische Begegnung – so, als wären wir zusammengestoßen, als wir auf dem Weg zum Unterricht über den Campus rannten, ihr die Bücher aus der Hand gefallen wäre und ich auf ein Knie gesunken wäre, um sie ihr aufzuheben. Und als dann unsere Köpfe gegeneinanderprallten, sahen wir uns in die Augen, und der Rest war Geschichte.

Ich glaube, ihr versteht, was ich meine … etwas in der Art einer schmalzigen Filmszene, aber … nein, so war es ganz und gar nicht. Ich weiß, dass das kitschig klingt, denn es würde jedes Mal, wenn wir den Leuten von unserem unvergesslichen ersten Zusammentreffen erzählen, die Herzen zum Schmelzen bringen, aber noch einmal – so war es nicht. Im Gegenteil, wie ich anfangs schon sagte, als mein Blick zum ersten Mal auf Zoe Clarke und ihrer auf meinem Schwanz landete, stand ich in einer Toilette, war gerade beim Pinkeln und unterhielt mich dabei mit meinem Freund.

»Und warum wolltest du mir partout beim Pinkeln zugucken?«, fragte ich JP in dem erfolglosen Versuch, zu begreifen, warum ich einen Zuschauer hatte.

Sein Mundwinkel hob sich träge, und sein Blick wanderte nach unten, als ich meinen Reißverschluss aufzog. »Von den Dingern sehe ich genug in der Umkleidekabine, Mann – vermissen tue ich sie nicht. Ich habe dir gerade von Isaac erzählt, und du warst derjenige, der nicht einhalten konnte, bis ich fertig bin.« Ich sah ihn von der Seite an, was er ignorierte, und er fuhr fort: »Mann, du hättest dabei sein sollen. So wie der Trainer ihn fertiggemacht hat, nachdem ihr Jungs weg wart – ich bin nicht sicher, ob er zum nächsten Training wiederkommt. Verdammt, ich bin nicht sicher, ob ich wiederkommen will, und ich hab keine Scheiße gebaut.« Er verstummte einen Moment. »Willst du einen Fünfziger darauf wetten? Glaubst du, er lässt sich blicken?«

Ich schielte zu JP, der sich mit geschlossenen Augen und zur Decke gerichtetem Gesicht gegen die Wand lehnte und vollkommen harmlos und entspannt wirkte. Nur dass JP normalerweise nie harmlos war – nicht auf dem Spielfeld und ganz bestimmt nicht auf einer Party.

So hart, wie der Trainer uns in der letzten Zeit auf dem Feld rangenommen hatte, wollte sich wohl keiner von den Jungs dort blicken lassen, zumindest nicht die, die bei klarem Verstand waren. Aber wenn man vom Spiel besessen genug war, nahm man alles so, wie es kam, um dahin zu gelangen, wo man eines Tages sein wollte. Anders ausgedrückt: Geh aufs Ganze, oder geh nach Hause. Lass immer das Tier in dir raus.

»Keine Wetten. Wenn er es wirklich will, wird er da sein.«

Gerade als die Worte heraus waren, hörten wir, wie jemand die Tür aufriss und wieder zuschlug. Einen Augenblick lang übertönten die dröhnende Musik und das Stimmengewirr von der Party unten alles andere. Klar, dass jemand plötzlich hereinplatzte, war kein Grund, einen Schreck zu bekommen, da es idiotisch wäre, auf einer Collegeparty irgendeine Art von Privatsphäre zu erwarten. Aber als ich über meine Schulter blickte, um festzustellen, wer da nicht die Geduld aufbrachte, ein paar Minuten zu warten, sah ich, dass sich ein Mädchen an der Tür festklammerte, und musste zwei Mal hinschauen.

»Bleib cool. Ganz cool. Da ist nichts dabei. Alles easy. Ich werde nie wieder versuchen, neue Freunde zu finden. Du kannst das. Mach einfach die Augen auf, und dreh dich um, verdammt.«

Die Brünette kehrte uns noch immer den Rücken zu und lehnte den Kopf gegen die Tür, während sie vor sich hinmurmelte.

JP und ich sahen uns wie erstarrt an, dann zuckte er mit den Achseln, und ich beobachtete, wie seine Lippen sich zu einem langsamen, anzüglichen Lächeln verzogen. Er sah aus, als hätte er gerade ein funkelnagelneues Spielzeug bekommen. Immer noch mit diesem ganz besonderen Lächeln im Gesicht hob er das Kinn in meine Richtung, stieß sich von der Wand ab und steuerte auf das bedauernswerte Mädchen zu.

»Du kannst alles tun, wonach dir der Sinn steht, Baby«, sagte er, womit er es schaffte, sie endgültig zu verschrecken.

Als JP sie ansprach, hörte sie mit dem Gemurmel auf, fuhr zu uns herum und lieferte uns eine verdammt gute Imitation eines im Scheinwerferlicht gefangenen Rehs.

»Ich …«

»Du …«, konterte JP, als sonst nichts mehr aus ihrem Mund kam.

Als ich mich anschickte, meinen Schwanz wieder in meiner Hose zu verstauen, schoss ihr Blick ein paar Mal zwischen JP und mir hin und her, als würde sie sich plötzlich auf dem Mond wiederfinden, ohne sich erinnern zu können, wie sie da hinaufgekommen war. Dann wanderten ihre Augen zu meiner Hand hinunter – die immer noch meinen Schwanz festhielt. Ihr Blick flog direkt wieder zu meinem Gesicht hoch und schweifte dann erneut zu meiner Hand.

Ich sah ihr an, dass sie gegen ein Grinsen ankämpfte, weil ihre Lippen zuckten. »Scheiße! Oh …das ist ein … Penis … dein Penis. Scheiße.« Ihre Stimme war selbst über die jetzt gedämpfte Musik kaum zu vernehmen, als sie ihr kleines Starrspielchen ein paar Mal wiederholte und die Farbe dabei aus ihrem ohnehin schon blassen Gesicht wich.

»Hast du was dagegen?« Mich amüsierte es, wie ihre Augen immer größer wurden.

»Ich wollte nicht …«, begann sie und schloss dann den Mund, als sich unsere Blicke kreuzten. »Dein Penis … ich wollte nicht … dein Penis? Ich habe gerade deinen Penis gesehen? Ich sehe ihn immer noch. Ich schaue ihn direkt an, und er ist genau …«

Ich fing JPs belustigten Blick auf und schaute dann wieder zu dem Mädchen hinüber. »Erzähl mir nicht, dass du so etwas zum ersten Mal siehst.« Ich drehte mich um, sodass ich den Reißverschluss wieder hochziehen und der Unbekannten einen totalen Zusammenbruch ersparen konnte.

Hinter mir ertönten ein lautes Stöhnen und dann ein dumpfes Geräusch, das ganz so klang, als würde jemand mehrmals die Stirn gegen eine Tür schlagen. Es entlockte mir ein Lächeln.

»Ich habe dich hier noch nie gesehen. Erstsemester, nehme ich an? Du bist wirklich faszinierend, kleiner Freshman. Bin ich jetzt an der Reihe?«, fragte JP in die Stille hinein. »Wenn dich der Schwengel von meinem Freund schon so zum Stottern bringt, dann bin ich auf deine Reaktion gespannt, wenn du meinen zu Gesicht bekommst. Nur zur Info: Meiner ist ein entschieden schönerer Anblick – und außerdem auch noch größer – und wenn du ihn mal probieren willst …«

Das Stöhnen wurde lauter, glich jetzt mehr einem Knurren. »Wag es nicht, diesen Satz zu beenden!«

Ich lachte.

An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass JP nicht gerade der charmanteste Typ auf Gottes Erdboden war, aber anscheinend war das Collegestudentinnen völlig egal. Er gehörte zu den Männern, auf die die Frauen flogen, egal was er sagte oder tat. Verglichen mit ihm war ich das genaue Gegenteil – ich tat mein Bestes, um mich von Frauen nicht ablenken zu lassen. Er konnte den größten Scheiß von sich geben, und sie hingen trotzdem an seinen Lippen. Er konnte zu ihnen sagen: Spring, und sie fragten: In welches Bett? Dass er ein grandioser Runningback war, minderte seine Chancen auf regelmäßige Nummern auch nicht gerade.

Versteht mich nicht falsch, ich konnte mich über einen Mangel an Frauen, die nach meiner Aufmerksamkeit lechzten, auch nicht beklagen, aber ich hatte schon früh – so um meine Kindergartenzeit herum – herausgefunden, dass ich eher der Typ für nur eine Frau war. Interessanterweise schien auch das auf Frauen unwiderstehlich zu wirken. Glaubt mir, ich bin alles andere als eitel oder eingebildet, aber es scheint im Leben nun mal einfach so zu laufen, wenn man Footballspieler mit der Aussicht auf eine Profikarriere ist. Mit meinem Aussehen hat das wenig zu tun; wenn ich ehrlich bin, ist Chris, unser Stammquarterback, der hübsche Junge in unserem Team, nicht ich.

Footballspieler – wir sind ein gefundenes Fressen für Collegemädchen.

Ich drehte den Wasserhahn auf, um mir die Hände zu waschen, und spähte zu der Frau, weil ich ihre Reaktion mitbekommen wollte. Sie drehte uns immer noch den Rücken zu, schlug aber wenigstens nicht mehr mit dem Kopf gegen die Tür. Wenn JP jetzt Ernst machen und seinen Schwanz zu Vergleichszwecken rausholen wollte, dann war ich weg. Frauen mittels einer Schwanzparade mit meinen Teamkameraden zu beeindrucken, da hörte bei mir die Freundschaft auf.

JP grinste mich kurz an, zwinkerte, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und beugte sich zu ihrem Ohr. »Buuhh!«

Sie zuckte zusammen, drehte sich um, sah ihn an und trat einen Schritt zurück, als ihr bewusst wurde, dass er entschieden näher bei ihr stand als noch vor ein paar Sekunden.

»Danke für das Angebot, aber ich möchte überhaupt keine Schwänze sehen«, stellte sie klar und begann dann vor ihm zurückzuweichen, als mein Freund sich an seine neue Beute heranpirschte.

»Ah, aber meiner würde dir bestimmt gefallen.«

Da ich nichts fand, womit ich mir die Hände abtrocknen konnte, wischte ich sie an meinen Jeans ab, während ich ihr merkwürdiges Wechselspiel verfolgte – bis ihr Rücken gegen meine Brust prallte und sie einen Quieklaut ausstieß.

»Das ist mein Stichwort.« Ich blickte nach unten und sah, dass sie den Kopf in den Nacken gelegt hatte und mich forschend musterte. Selbst aus dieser Nähe war es schwierig, die Farbe ihrer Augen zu bestimmen. Vielleicht Grün mit haselnussbraunen Flecken um die Pupillenränder herum.

Als ich merkte, dass ich ihr in die Augen starrte, und dabei sah, dass sie fast schon in Panik geraten war, runzelte ich die Stirn, trat zurück und blickte JP vielsagend an. »Lass es gut sein, Mann. Komm, verschwinden wir hier.« Doch ehe ich mich abwenden konnte, vertrat sie mir den Weg, packte meinen Arm und hielt ihn fest.

»Nein – du kannst jetzt nicht gehen«, platzte sie sowohl zu JPs als auch meiner Überraschung heraus. »Ich bin ja deinetwegen hier.«

Ich zog die Brauen hoch und warf JP einen verwirrten Blick zu. Er zuckte nur mit den Schultern. Auf seinem Gesicht lag immer noch dieses Ich bin so fasziniert von dir-Lächeln, während er ungeniert ihr Hinterteil betrachtete.

»Ich meine, ich bin nicht deinetwegen hier«, erklärte die Frau, was meine Augen wieder auf sie lenkte. »Aber ich bin deinetwegen hier hereingekommen.« Sie blinzelte leicht, dabei zog sich ihre Nase kraus. »Weißt du, was ich meine? Wahrscheinlich nicht. Ich bin dir hier hereingefolgt, weil ich dich dringend etwas fragen muss.« Ihre Stimme wurde schrill vor Nervosität, aber sie redete trotzdem weiter. »Als ich gesagt habe, ich wäre dir hier reingefolgt, habe ich damit nicht gemeint, dass ich dich stalke oder so was, weil das wirklich krass wäre. Ich kenne dich ja nicht mal, richtig?« Sie lachte unsicher auf, tätschelte ungeschickt meinen Arm und schien dann zu registrieren, dass sie mich tatsächlich berührte. Sofort riss sie die Hand weg und schob sie hinter sich, während sie gleichzeitig zurückwich »Nicht, dass ich dich stalken würde, wenn ich dich kennen würde, aber darum geht es jetzt gar nicht. Ich muss nur … ich muss dich echt dringend etwas fragen, bevor ich mich da draußen zum Narren mache, und ich dachte, das tue ich am besten, wenn du alleine bist … und ich dachte, du wärst allein hier drin, und …«

Ich verstand kein Wort von dem, was sie sagte, aber ehe ich antworten konnte, mischte sich JP ein. »Du schickst mich also weg, hm? Und ich dachte, zwischen uns wäre es etwas ganz Besonderes.«

Sie sah ihn über ihre Schulter hinweg an. »Sorry. Ich habe dich nicht mit hier reingehen sehen, und mir war außerdem nicht klar, dass das das Klo ist. Hätte ich dich gesehen, hätte ich draußen gewartet. Ich hatte keine Ahnung, dass Typen auch gerne gemeinsam zum Klo gehen. Es ist niedlich, dass ihr das tut.« Ihre Augen hefteten sich eine Sekunde lang auf mich, bevor sie rasch zur Seite blickte und sich wieder an JP wandte. »Es dauert nur eine Minute, ehrlich, und dann kannst du wiederkommen und ihn ganz für dich allein haben.«

Er musterte sie mit hochgezogenen Brauen, verhielt sich aber ansonsten ruhig.

Sie schaute zu mir, und was immer sie in meinem Gesicht las, ließ sie wieder zusammenzucken. »Sorry, das klang übel, nicht? Nicht dass es schlimm oder so was ist, schwul zu sein, aber ich hätte das nicht einfach voraussetzen sollen. Mein Freund ist schwul, und ich weiß, wie nervig das ist, wenn die Leute die dämlichsten Sachen sagen, und wie sehr er das …«

JP lachte und schüttelte den Kopf. »Du solltest aufhören, solange du noch vorne liegst, Frau. Mein Angebot steht noch, falls du dich auf die Suche nach mir machen willst, wenn du mit meinem Kumpel hier fertig bist.«

Danach öffnete er die Tür und ließ mich mit ihr alleine. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ließ mich gegen das Waschbecken sinken.

Sie drehte sich wieder zu mir, stieß vernehmlich den Atem aus und lächelte nervös. »Das war schlimm, oder?«

»Alles oder nur der letzte Teil?« Ich konnte nicht anders, ich lächelte unwillkürlich zurück. Ich hatte schon erlebt, dass Frauen die verrücktesten Sachen machten, um in mein Bett zu kommen, aber ich glaubte nicht, dass so etwas gerade hier ablief.

Sie verzog das Gesicht, schüttelte den Kopf und blickte zu Boden. »Ich habe einfach angenommen, das wäre dein Zimmer und du wärst allein, und als ich hereinkam, hattest du deinen … ähmm … und dann war er mit dir hier drin …« Sie sah mich an und dann schnell wieder weg. »Und dein … Ding war draußen, und von da an ging alles den Bach runter.«

Yeah, sie war nicht der Typ, der Jagd auf Footballspieler machte.

Ein weiteres nervöses Lachen, und sie wich vor mir Richtung Tür zurück.

»Deswegen tut es mir leid. Und … danke?«

Mein Lächeln wurde breiter. »Wofür?«

Sie rieb die Hände an ihren Jeans, schüttelte den Kopf und wirkte einfach nur kläglich und verzagt, als sie überall hinschaute, nur nicht zu mir.

»Zu diesem Zeitpunkt? Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich das wirklich nicht. Danke, dass du mit mir redest? Mich nicht rausschmeißt? Mich deinen Penis sehen lässt?« Ihre Augen schlossen sich wie von selbst, sie schüttelte noch einmal den Kopf, trat ein paar weitere Schritte zurück, hob die Hände, drehte die Handflächen nach außen und hielt inne, als sie rücklings gegen die Tür stieß. »So habe ich das nicht gemeint – ich habe nicht versucht, deinen Penis oder irgendwas in der Art zu sehen. Ich sagte ja, ich wusste nicht mal, dass das hier das Klo ist. Ich meine, ich nehme an, das war nicht dein bester Moment, also warum sollte ich …«, ihre Hand deutete auf meine Leistengegend, »… deinen … das sehen wollen, aber es sah aus, als wäre deiner von Natur aus ein Hingucker, ohne dass du … Hand anlegen musst, deshalb … Glückwunsch? Sicher legst du keinen Wert darauf, dass dir eine Fremde zu so was gratuliert, aber du bist Footballspieler, also stehst du vielleicht auf Komplimente?«

Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen zwischen uns, und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Jetzt, wo mein Schwanz wieder in meiner Hose steckte und JP nicht mehr da war und sie anbaggern konnte, betrachtete ich sie eingehender: glattes braunes Haar, das ihr Gesicht umrahmte und ihr bis über die Schultern reichte, blasse Haut, große Rehaugen, die irgendwo zwischen Haselnussbraun und Grün schimmerten – ich konnte mich immer noch nicht festlegen –, eine etwas üppigere Unterlippe, leicht gerötete Wangen, die ich auf Verlegenheit zurückführte. Und dann gab es noch anderes, wie zum Beispiel ihre C-Cup-Oberweite, die sich alle Mühe gab, ihr enges T-Shirt zu sprengen – schließlich hatte ich ja Augen im Kopf –, ihre Sanduhrfigur und verdammt tolle Beine – nicht zu dünn, nicht zu dick, genau richtig für meinen Geschmack.

Ich achtete darauf, nur in ihre Augen und nirgendwo sonst hinzublicken, als ich mit der Hand über mein kurzes Haar strich. Angesichts der Richtung, in die sich meine Gedanken bewegten, hielt ich es nicht für klug, noch mehr Zeit mit ihr in einem Badezimmer zu verbringen. »Du erinnerst mich an meine Schwester«, sagte ich aus heiterem Himmel und schockierte uns damit beide. »Du bist ein bisschen schüchtern, oder?« Sie erinnerte mich wirklich an Amelia. Wenn sie nervös war, redete sie ebenfalls ohne Punkt und Komma und auch viel dummes Zeug. Obwohl sie wusste, dass sie herumfaselte, konnte sie nicht damit aufhören. Schüchternheit war die einzige nachvollziehbare Antwort darauf.

Sie lachte und schien dabei gegen die Tür zu sacken. »Dass du mich auf dieselbe Ebene wie deine Schwester stellst ist kein gutes Zeichen für mich, vor allem, wenn du erst weißt, was ich dich zu fragen versucht habe – nicht dass du mich als jemanden betrachten solltest, den du gerne … ach, vergiss das einfach. Wie kommst du darauf, dass ich schüchtern sein könnte? Warte, warte.« Sie hob eine Hand. »Das nehme ich auch zurück. Antworte gar nicht darauf.«

Wieder machte sich betretenes Schweigen breit, während ich sie und sie meine Brust anstarrte, bis jemand an der Tür rüttelte und sie das Gleichgewicht verlor.

Ein Kopf schob sich durch die einen Spalt offene Tür. »Ah, entschuldige, Mann. Wusste nicht, dass hier besetzt ist.« Er stieß die Tür etwas weiter auf, um in den Raum spähen zu können. »Wir kommen rein, wenn ihr zwei fertig seid.« Nachdem er den Daumen in meine Richtung gehoben hatte, zog er sich langsam zurück.

Sowie die Tür wieder zu war, stieß meine Brünette – nein, streicht das – die Brünette tief den Atem aus und heftete den Blick auf mich. Sie wirkte ruhiger, aber in Anbetracht der Art, wie sie an ihrem T-Shirt – auf dem in großen, fetten Buchstaben Smile for me stand – herumzupfte, hätte ich kein Geld darauf gewettet. Vor Neugier brennend wartete ich darauf, dass sie weitersprach.

»Weißt du, das hier ist eh schon das reinste Chaos. Wenn ich dich jetzt also darum bitte, wird das – nein, kann das die ganze Sache auch nicht mehr schlimmer machen.«

Da mein Interesse inzwischen geweckt war, bedeutete ich ihr mit einer Geste, weiterzureden. »Ich bin ganz Ohr.«

Während ich mir alle Mühe gab, mein Lächeln zu verbergen, holte sie erneut tief Luft. »Ich muss dich küssen«, stieß sie rasch hervor, schloss die Augen und stöhnte. »Das war nicht die beste Art, dir das beizubringen. Lass es mich noch mal versuchen.«

Ich hob die Brauen. »Du musst mich küssen.«

»Müssen, gezwungen sein – ich meine, das kommt doch alles auf dasselbe heraus, stimmt´s?« Ein rasches Nicken. »Ich meine, ich will dich nicht küssen, nicht wirklich. Ich habe dich nicht ausgesucht.«

»Du hast mich nicht ausgesucht.«

»Nein, habe ich nicht. Es ist nicht so, als würdest du nicht gut aussehen – das tust du nämlich, so auf eine raue Weise, was für mich aber in Ordnung wäre. Ich würde dich küssen, wenn ich das müsste, aber du wärst nicht meine erste Wahl.«

»Du bewirkst wahre Wunder für mein Ego. Mach weiter.«

»Okay, ich denke, das war wirklich nicht der beste Weg, diese Sache anzugehen. Lass mich noch mal von vorne anfangen und sehen, ob das klappt. Meine Mitbewohnerin Lindsay hat mich sozusagen gewaltsam heute Abend hierhergeschleppt, zu der Party, meine ich. Sie findet, ich lebe die ›Collegeerfahrung‹ nicht voll genug aus. Wir kamen also, haben uns mit ihren Freundinnen getroffen – es ist mein erstes Studienjahr, und ich lerne neue Leute kennen, deswegen ist das gut, oder?« Ohne meine Antwort abzuwarten holte sie tief Atem und plapperte weiter. »Nein, nicht gut. Ihre Freundinnen haben gemerkt, dass ich alles andere als abenteuerlustig bin, weil ich nicht dazu neige, in einer großen Gruppe viel zu reden, und mich lieber zurückhalte. Ich mache mir gerne erst ein Bild, beobachte alles, verstehst du? Ich mag es nicht, wenn zu viele Augen an mir kleben. Wie dem auch sei, das interessiert dich nicht, also blablabla, noch mehr Gequassel und noch mehr Schämen meinerseits.«

Sie schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Ich blieb einfach stehen, betrachtete sie, hörte ihr zu und wartete darauf, dass sie mit ihrer Geschichte zum Ende kam. Ich hätte mich selbst dann nicht rühren können, wenn ich gewollt hätte; sie war … es war alles zu … fesselnd, das war das Wort, nach dem ich suchte. Sie war total von der Rolle, und trotzdem fesselte sie mich aus irgendeinem Grund, sie glich einem frischen Luftzug.

»Dann haben sie gewettet – mich sozusagen herausgefordert. behauptet, ich wäre nicht imstande, irgendeinen x-beliebigen Typen zu küssen. Ich sagte, klar kann ich das, damit sie aufhören, über mich zu reden, denn was sollen sie sonst schon tun? Von mir erwarten, dass ich das durchziehe? Sind wir vielleicht im Kindergarten? Pfftt. Und okay, schön, ich war ein bisschen gekränkt, aber sie hatten irgendwie recht. Ich bin weder abenteuerlustig noch spontan. Wildfremde Typen zu küssen ist auch nicht so mein Ding. Habe ich noch nie gemacht, aber ich dachte, so schwer kann das ja nicht sein. Jedenfalls haben sie gesagt, ich hätte nicht den Mumm, den Typen zu küssen, den sie aussuchen, weil das scheinbar im College auch üblich ist – herausfordern, wetten, willkürlich irgendwelche Leute küssen …«

»Wow«, entfuhr es mir, bevor sie weiterreden konnte, und sie hob den Blick zu mir. Es war mein lahmer Versuch, dafür zu sorgen, dass sie Luft holte, bevor sie ohnmächtig wurde. »Was das College betrifft, scheint es etliche Dinge zu geben, von denen ich auch noch nichts wusste, und ich bin noch nicht mal mehr ein Freshman. Ich habe auch noch nie eine wildfremde Frau geküsst – wusste gar nicht, dass das ein Muss ist.« Zwar hatte ich genau das sehr wohl schon getan, aber das brauchte sie nicht zu wissen. Manchmal wurde ich einfach so von irgendwelchen Frauen geküsst, vor allem nach einem guten Spiel, wenn bei allen der Adrenalinpegel hochgeschnellt war, aber ich selbst hatte nie den Drang verspürt, umgekehrt dasselbe zu tun. Vielleicht hatte ich die richtige wildfremde Frau aber nur noch nicht gesehen, denn in diesem Moment konnte ich den Reiz der Sache durchaus nachvollziehen.

»Siehst du!«, triumphierte sie, und ihr Körper entspannte sich sichtlich. »Genau das habe ich auch gesagt. Wie dem auch sei, jetzt kommen wir zum peinlichen Teil, deswegen werde ich einfach weitererzählen. Meine Mitbewohnerin Lindsay hat sich dann diesen armen Kerl gekrallt, der mit seinen Kumpeln vorbeikam, und mir gesagt, ich sollte ihn küssen, also habe ich das gemacht. So ein flüchtiger Kuss – das ist doch gar nichts, oder? Ich habe den Typen noch nicht mal angefasst, sondern mich nur gereckt und meine Lippen auf seine gedrückt. Es war ziemlich enttäuschend, und da ich ein paar Bier getrunken hatte …« Sie hob drei Finger, vermutlich, um die Anzahl der konsumierten Biere anzuzeigen, dann strich sie ihr Haar hinter das rechte Ohr. Ich betrachtete ihre Lippen – all dieses Gerede vom Küssen, und sie hatte diese schönen, glänzenden, rosafarbenen Lippen … »Ich habe gar nichts empfunden«, fuhr sie fort. »Keine Schmetterlinge im Bauch. Kein gar nichts. Der Typ schien sich aber gar nicht über mich zu ärgern, weil er versucht hat, mich noch mal und länger zu küssen.«

Ich wette, dass er das getan hat, dachte ich. Ich wette, der glückliche Bastard hat sich keine Spur geärgert.

Sie fing an, noch schneller zu sprechen, sodass es nahezu unmöglich war, ihren Gedankengängen zu folgen.

»Aber dann hat Lindsays Freundin Molly willkürlich auf dich gezeigt. Du hast auf der anderen Seite des Raums mit ein paar Typen gesprochen, und sie hat mich herausgefordert, dich zu küssen. Keine Ahnung, was an dir so besonders ist.« Ich öffnete den Mund, aber sie hob eine Hand und sprach ohne eine Pause weiter. »Also musste ich mitmachen, weil ich mit Herausforderungen und Wetten nicht gut umgehen kann. Das weckt meinen Kampfgeist. Da ich das letzte Mal mit einem flüchtigen Kuss davongekommen bin, stachelten sie mich dazu an, jetzt bei dir aufs Ganze zu gehen. Ich weiß immer noch nicht, was an dir so toll ist, aber ich schätze, du hast etwas an dir, was sie dazu gereizt hat, so eisern darauf zu bestehen. Vielleicht bist du ihr Typ, ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich habe sie gebeten, mir ein paar Minuten zu geben, und bin dir gefolgt, damit ich dich um Erlaubnis fragen konnte, bevor ich mich vor aller Augen auf dich stürze oder zumindest versuche, mich vor aller Augen auf dich zu stürzen, um dir quasi das Gesicht abzuschlecken. Und jetzt, nach dem, was ich gesehen habe … nur um ganz sicher zu gehen … du bist nicht schwul, oder? Wenn sie nämlich deswegen so darauf bestanden haben … das wäre einfach fies.«

Als sie mich unverwandt und erwartungsvoll ansah, straffte ich mich und rieb mir den Nacken.

»Das klingt jetzt wahrscheinlich wie eine Lüge für dich …« Wie sollte ich ihr das sagen? »So gerne ich dir mit deiner Wette aushelfen würde, aber ich habe eine Freundin.« Wir hatten erst ein Date gehabt, aber trotzdem. »Sie ist ein bisschen spät dran, aber inzwischen müsste sie hier sein, und ich glaube, ich sollte …«

»Ah. Oh. Oh, natürlich. Okay.«

Ich beobachtete, wie ihre Augen durch den gesamten Raum schossen, mich nur ein oder zwei Mal streiften und auch dann nur eine Sekunde auf mir haften blieben. Dann tastete sie blind nach der Türklinke, öffnete die Tür und trat hinaus.

»Es tut mir ehrlich leid, weißt du«, begann sie. Ihre Stimme wurde in dem Bemühen, den Lärm draußen zu übertönen, etwas lauter. Ihr Blick wanderte zu meiner Hose und dann zu meinen Augen hoch. »Wegen dem … und allem anderen. Dieser ganze Abend war verrück t … verrückt und idiotisch. Ich werde jetzt einfach gehen, und …« Wieder trat sie einen Schritt zurück. »Yeah. Sorry«, wiederholte sie. Während sie weiter zurückwich, konzentrierte sie sich auf meine Schulter statt auf meine Augen.

In diesem Moment bemerkte ich, dass ihre Augen feucht glänzten. Eine Schwester zu haben, lehrt einen ein oder zwei Dinge über solche Sachen, daher wusste ich, dass sie kurz davor stand, in Tränen auszubrechen.

»Warte! Hey, warte!«, rief ich und eilte ihr nach, ehe sie verschwinden konnte.

Sie blickte sich über ihre Schulter hinweg zu mir um, ohne stehen zu bleiben.

»Wie heißt du?«, brüllte ich noch lauter.

Sie schenkte mir ein schwaches Lächeln, das irgendwo zwischen traurig und entsetzt schwankte, und ich sah die erste Träne rollen. Dann war sie fort, von der Menge verschluckt, bevor ich sie erreichen konnte.

Warum ich ihren Namen wissen wollte, warum ich den ganzen Abend immer wieder nach ihr Ausschau hielt … damals wusste ich es nicht.

Zweites Kapitel

Zoe

Ein Jahr später

Als Dylan Reed mich das zweite Mal traf, versuchte ich mich in Luft aufzulösen. Wenn wir keinen Blickkontakt herstellten, wenn ich ihn nicht sehen konnte, konnte er mich auch nicht sehen, richtig?

Tja … anscheinend funktioniert das so nicht.

Als ich mich vor einem Jahr komplett zur Lachnummer gemacht hatte, hatte ich den Namen des Typen überhaupt nicht gewusst, und das hatte es mir leichter gemacht, die ganze Sache einfach zu vergessen. Wenn es sich nur um einen namenlosen Typen gehandelt hätte, den ich zufällig auf einer Collegeparty getroffen hatte – zugegebenermaßen ein ausgesprochen sexy Exemplar –, wäre alles gut gewesen, aber nein, so war es nicht. Natürlich nicht – für mich waren die Dinge nie so einfach. Der Typ, den diese fiesen Weiber im ersten Jahr als Kussobjekt für mich ausgesucht hatten, war einer der Stars des Footballteams, der Wide Receiver, einer der wenigen Spieler, bei denen damit rechnete, dass sie es in die NFL schafften, und das machte ihn auf dem Campus zu einer ziemlichen Berühmtheit. Sicher, der Campus ist groß, aber nicht groß genug für mich, um ihm für immer und ewig aus dem Weg gehen zu können.

Nach einem langen, mit Kursen ausgefüllten Tag war ich auf dem Weg zur Wohnung, als ich ihn sah – vielmehr sie sah. Er hatte drei Freunde bei sich, und ich wusste, dass es sich bei zumindest einem von ihnen um einen Mannschaftskameraden von ihm handelte: den Quarterback, Christopher Wilson. Wer die anderen beiden waren … keine Ahnung. Christopher Wilson war allerdings der große Star auf dem Campus, wie es bei den meisten Quarterbacks der Fall zu sein scheint. Das und vielleicht ein bisschen mehr wusste ich bereits über ihn. Nicht so viel, wie ich gerne gewusst hätte, aber ein paar Einzelheiten waren mir bekannt. Trotzdem nahm ich Chris in diesem Moment gar nicht bewusst wahr. Meine Aufmerksamkeit galt alleine demjenigen, der neben ihm ging.

Dylan Reed, die gesamten ein Meter neunzig von ihm.

Er mochte etwa zwölf, dreizehn Meter von mir entfernt sein, lachte über etwas, was seine Freunde sagten, und kam direkt auf mich zu.

Ich blieb stehen, erstarrte förmlich, um ihn zu beobachten. Jemand rempelte mich an und entschuldigte sich, ohne dass ich auch nur zu einer Antwort fähig war. Ich stand wie gelähmt mitten auf dem Campus, mein Magen sackte eine Etage tiefer, und ich spürte, wie das Blut aus meinem Gesicht wich.

Nein.

Ich wollte nicht, dass er mich gerade jetzt sah. Ich war ungeschminkt, und ich hatte nur drei Stunden geschlafen. Meine Haare waren zu einem extrem unordentlichen Zopf geflochten, der eigentlich gar nicht mehr als Zopf durchging, weil er eher so aussah, als hätte ich den Kampf gegen eine wütende Krähe verloren, und meine Klamotten … ich konnte mich nicht einmal mehr erinnern, was ich eigentlich angezogen hatte, und brachte nicht den Mut auf, an mir herunterzuschauen und es festzustellen. Höchstwahrscheinlich ohnehin nichts Spektakuläres. Zur Hölle, ich wollte schlicht und ergreifend nicht, dass er mich wiedersah, Punkt.

Neun Meter.

Während ich ihn anstarrte, verlor ich wertvolle Sekunden, die ich zur Flucht hätte nutzen können – ich wusste das, weil mir das schon früher erfolgreich gelungen war. An diesem Tag jedoch war ich zu benommen, um etwas anderes zu tun als zuzusehen, wie er näher kam. Vielleicht lag es am Schlafmangel, dass ich mich nicht von der Stelle rühren konnte, oder an seiner Gangart oder der Art, wie sich seine Schultern bewegten, und …

Hör auf damit!

Er hatte mich immer noch nicht bemerkt, hielt den Kopf gesenkt und hörte seinen Freunden zu.

Sieben Meter.

Ich dachte, wenn ich einfach blieb, wo ich war, die Augen schloss und rasche Bewegungen vermied, würde er an mir vorbeigehen, und alles wäre in ein paar Sekunden überstanden – noch eine meiner genialen Ideen.

Oder noch besser – vielleicht würde er mich gar nicht wiedererkennen. Offen gestanden bestand diese Möglichkeit durchaus. Wer wusste schließlich, wie viele Frauen sich ihm täglich an den Hals warfen? Höchstwahrscheinlich hatte er die unbeholfene Brünette vom Klo auf der Party – also mich – schon am nächsten Tag vergessen.

Sechs Meter.

Er trug ein langärmeliges graues Henley-Shirt, das seine fantastischen Arme betonte, und wenn ich fantastisch sage, meine ich das auch – das war eine Einzelheit, an die ich mich von diesem Abend her genau erinnerte, was vielleicht etwas damit zu tun haben könnte, dass ich eine Schwäche für kräftige, muskulöse Männerarme habe, aber das gehört nicht hierher. Besagte Arme verliefen zu noch bemerkenswerteren Schultern. Er hatte braune, sehr kurz geschnittene Haare, was nicht jedem stand, aber Dylan Reed konnte es sich mehr als leisten. Seine Gesichtszüge waren markant und maskulin. Seine Augen konnte ich nicht sehen, aber ich wusste, dass sie blau leuchteten – dunkelblau wie das Meer, um genau zu sein. Vor einem Jahr hatte ich einige lange Sekunden hineingeblickt. Sein Kiefer war scharf geschnitten, seine Wangenknochen ausgeprägt und seine Lippen so voll, dass sich jede Frau unwillkürlich fragte, wie sie sich wohl auf ihren anfühlen mochten.

Viereinhalb Meter.

Seine Nase musste irgendwann einmal gebrochen worden sein, weil ich mich daran erinnerte, damals gedacht zu haben, dass ihn das aus der Masse heraushob. Von Weitem konnte man es nicht sehen, aber ich sagte ja schon, dass ich dicht bei ihm gestanden und eine oder zwei Sekunden nach oben in seine Augen geblickt hatte, bevor ich mich ausschließlich auf seine Augen konzentrierte. Diese leicht schiefe Nase verlieh seiner ohnehin schon fast perfekten Erscheinung Charakter.

Ich vermutete, dass man sich als Footballspieler ziemlich leicht eine gebrochene Nase zuziehen konnte, vielleicht sogar mehr als ein Mal. Er war nicht der Typ hübscher Junge; das Wort hätte ich bestimmt nicht gebraucht. Man könnte ihn noch nicht einmal als gut aussehend im herkömmlichen Sinn bezeichnen, aber er strahlte eine starke Anziehungskraft aus. Er besaß Charisma und Selbstvertrauen, war groß, kräftig und wirkte vielleicht ein bisschen raubeinig, aber vor allem wirkte er solide. Ja, so konnte man Dylan Reed beschreiben, und damit meine ich nicht nur sein Äußeres, obwohl das Wort auch in diesem Punkt zutraf. Er war jemand, den man nicht leicht vergaß.

Er hob den Kopf und stellte Blickkontakt mit mir her. Das breite Lächeln, das er zur Schau trug, erstarb langsam auf seinem Gesicht.

Ich war tot.

Da ich an diesem Tag vor genialen Ideen fast platzte, rang ich leise nach Luft, fuhr herum und verfiel in eine Art Walking, während ich mich stumm verwünschte – nicht mein Glanzmoment, wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Meine Augen klebten am Boden, und mein Magen zog sich erneut zusammen.

Schalte einen Gang runter, du Dramaqueen.

»Hey! Du! Warte mal kurz! Hey!«

Nein. Nichts da. Kommt nicht infrage.

Nur für den Fall, dass er mir das zurief – und ich war ziemlich sicher, dass er es war –, kniff ich die Augen so fest zusammen, wie ich konnte – als könnte ich mich so unsichtbar machen –, und beschleunigte meine Schritte, weshalb ich schnurstracks in … Leute hineinrannte. Leute, wie in der Mehrzahl. Natürlich passierte mir so etwas. Was sollte man bei meinem Glück auch anderes erwarten?

Ich landete nicht auf dem Hintern, das war der einzige Pluspunkt. Als die Gruppe, in die ich … ähmm … hineingelaufen war, mich mit aus den Höhlen quellenden Augen anstarrte, schluckte ich meine hastige Entschuldigung hinunter.

»Was hast du da angerichtet?«, flüsterte einer von ihnen, bevor er auf den Boden blickte.

Da ich dachte, sie würden mit ihrem ganzen Das ist das Ende der Welt-Getue etwas übertreiben, folgte ich seinem Blick und stellte fest, dass nicht nur meine Bücher überall verstreut waren, sondern auch ein Architekturmodell mitten in dem Durcheinander meiner Sachen auf der Seite lag. Und zwar kein einfaches Teil aus Pappe – oh nein. Es sah aus wie aus Holz angefertigt, und es war groß … groß genug, dass es niemand alleine tragen konnte … daher die Gruppe von vier Leuten.

Ich vergaß völlig, warum ich überhaupt in diesem Schlamassel steckte, fiel auf die Knie und griff nach der zu Boden gefallenen Konstruktion.

»Es tut mir so leid. Ehrlich. Kann ich irgendwie …«

»Fass das nicht an!«, fauchte der Typ, der eben gesprochen hatte, einen Moment, bevor er meine Hand wegschlug – tatsächlich wegschlug. Überrascht presste ich sie gegen meine Brust. Er hatte mir nicht wehgetan oder so, aber ich konnte mich noch nicht einmal an das letzte Mal erinnern, wo meine Mom mir einen Klaps auf die Hand gegeben hatte, weil ich Essen vom Tisch stibitzen wollte.

Als die anderen Typen sich bückten, um ihrem Freund zu helfen – und dabei vor sich hinschimpften, wie ich hinzufügen könnte – blickte ich mich schnell um, nur um feststellen zu müssen, dass wir Publikum hatten. Wie schön. Einfach perfekt, ich hatte immer gefunden, dass ein knallrotes Gesicht für meinen Teint Wunder wirkt. Der einzige Lichtblick war, dass ich Dylan Reed nirgendwo entdecken konnte, und ich spürte, wie mich unwillkürlich kalte Erleichterung durchströmte.

»Verdammt nochmal! Du hast die Tür kaputtgemacht!«

»Es tut mir leid«, wiederholte ich, diesmal etwas leiser, aber die Jungs funkelten mich weiter finster an. Soweit ich es beurteilen konnte, war kein großer Schaden entstanden – abgesehen von besagter Tür, versteht sich. Als sie sich entschlossen, mir keine Beachtung mehr zu schenken, versuchte ich mich auf meine eigenen am Boden verstreuten Notizen und Bücher zu konzentrieren. Zum Glück hatte ich meine Kamera an diesem Tag im Labor gelassen, denn ich war sicher, dass sie sonst keinesfalls ebenso glimpflich davongekommen wäre wie das Gebäudemodell.

»Ich hoffe wirklich, dass …« Ich bemerkte, dass die Typen sich aufrichteten und das Modell zu viert mit äußerster Vorsicht anhoben. Den Satz konnte ich nicht mehr beenden, denn ich fing einen letzten mörderischen Blick auf, bevor sie einen Bogen um mich machten und davoneilten.

Noch immer auf den Knien liegend seufzte ich. Was für ein tolles Ende eines ohnehin schon lausigen Tages.

»Hier, vergiss das hier nicht«, sagte jemand rechts von mir. Ich erstarrte erneut, und mein Herz begann zu rasen.

Meine Augen folgten erst langsam einer großen Hand, die eines meiner Kunstgeschichtebücher verkehrt herum hielt, und dann den langen Arm hoch zu den einmaligen Schultern und begegneten endlich Dylan Reeds belustigtem Blick.

Das Stimmengewirr der vorbeikommenden Studenten drang nur noch gedämpft zu mir durch. Ich schloss ergeben die Augen und ließ den Kopf hängen. So viel zu meinem Fluchtversuch.

»Hi«, sagte er, so einfach, locker und unbefangen.

Während mein Herz einen merkwürdigen abgehackten Tanz in meiner Brust vollführte, versuchte ich vom Boden aufzustehen, nur um sofort das Gleichgewicht zu verlieren. Dylan fasste mich am Ellbogen und richtete mich auf, bevor ich stolpern und stürzen konnte.

»Danke«, murmelte ich und wandte den Blick von seinem Gesicht ab, als er meinen Arm freigab und einen sehr willkommenen Schritt nach hinten tat. Dann räusperte ich mich, als würde das alles ändern. »Hi.«

Himmel, ich schämte mich in Grund und Boden. Ich hatte ihn nicht nur wie ein Schulmädchen gefragt, ob ich ihn küssen könnte, während draußen seine Freundin wartete, nur weil ich keiner Herausforderung widerstehen konnte, nein, ich hatte auch noch seinen Penis gesehen … obwohl es nicht so schlimm war, einen Penis zu sehen. Eigentlich eher das Gegenteil. Einen guten Penis betrachtete ich gerne, welcher Frau ging das wohl anders? Aber als Krönung von allem hatte er jetzt auch noch mitbekommen, wie ich eine Architekturabschlussarbeit zu Kleinholz verarbeitete.

Wie oft würde ich mich vor diesem Typen noch lächerlich machen?

»Hi«, wiederholte er, dabei hielt er mir das Buch erneut hin. Ich murmelte einen Dank, griff danach und hob endlich den Kopf, um ein ansteckendes Lächeln um seine Lippen spielen zu sehen. Es veränderte sein gesamtes Gesicht. Die markanten, scharf geschnittenen Linien wurden weicher, und wenn er vorher schon überwältigend ausgesehen hatte, wenn er so lächelte … es bewirkte, dass ich gerne der Grund dafür gewesen wäre, was ihn nur noch unwiderstehlicher machte. Meine eigenen Lippen zuckten zur Antwort, und ich spürte, wie meine Wangen unter seinem durchdringenden Blick heiß wurden.

»Äh, hey.«

»Du hast mir deinen Namen nicht gesagt.« Sein Lächeln blieb unverändert breit.

Ich zwang mich, den Blick von seinen neugierigen Augen loszureißen. »Oh?« Ich wandte mich langsam ab und beschloss, dass es das Beste wäre, so zu tun, als wüsste ich nicht, wovon er redete, und setzte mich einfach wieder in Bewegung.

»Du erinnerst dich doch an mich, nicht wahr?«

Ich fand, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, um mit diesem Powerwalk zu beginnen, ein paar Kalorien zu verbrennen und von anderen Leuten wegzukommen. Doch meine Flucht würde sich nicht ganz leicht gestalten – er folgte mir rückwärts laufend, hielt mit mir Schritt und beobachtete mich.

»Letztes Jahr. Am Ende des ersten Semesters, irgendeine Party, weiß nicht mehr, welche.« Ich warf ihm einen kurzen, panikerfüllten Blick zu und schaute genauso schnell wieder weg, als ich bemerkte, dass er mich eindringlich musterte. »Du weißt schon, ich war auf dem Klo, und dann kamst du rein und hast mich gefragt, ob …«

»Ahh, jetzt fällt es mir wieder ein.« Du kleine Lügnerin. »Yeah. Ja, natürlich. Hi.« Meine Stimme glich einem Krächzen. Ich lachte etwas verlegen. »In dem Jahr gab es so viele Partys, da konnte ich mich erst nicht erinnern.« Im Geiste verdrehte ich über mich die Augen. Ich war vielleicht auf drei Partys gewesen – und das war ein großes Vielleicht. »Wie geht´s dir denn so?«

»Mir geht es gut – bestens, um genau zu sein, weil ich dich endlich wiedergesehen habe.«

Machte er sich über mich lustig?

Ich steigerte mein Tempo. Er hielt locker mit mir mit.

»Ich bin Dylan«, sagte er, als er begriff, dass ich mich nicht weiter äußern würde. »An dem Abend habe ich versucht, dich wiederzufinden, aber du warst verschwunden. Erst warst du da, und dann auf einmal nicht mehr.«

Ich maß ihn mit einem weiteren Blick. Ich hätte mein Tempo ja noch mal beschleunigt, aber ich fürchtete, es könnte noch peinlicher und schlicht und einfach nur schräg wirken, wenn ich jetzt zu joggen anfing, und außerdem konnte er mich einholen, ohne auch nur einen Schweißtropfen zu vergießen.

Mir entrang sich ein Geräusch irgendwo zwischen einem Lachen und einem Würgelaut. »Das ist typisch für mich«, erwiderte ich gespielt fröhlich. »Ich bin da, und gleich darauf wieder nicht. Ich existiere, aber eigentlich nicht wirklich.«

Peinlich. Peinlich. Peinlich.

»Und ich kenne deinen Namen – jeder kennt deinen Namen.« Ich brach ab, damit ich kurz Atem holen konnte. »Es war mir ein bisschen unangenehm, wie du dir vielleicht vorstellen kannst – sehr unangenehm, ehrlich gesagt.« Wenn ich ihn in den nächsten paar Minuten nicht vollkotzte, dann wusste ich, dass ich in Sicherheit sein würde.

»Wenn es mir nicht unangenehm ist, dass du meinen …«

Ich sah ihn voll nackter Panik an.

»Dir muss nichts von diesem Abend unangenehm sein«, fuhr er hastig fort und grinste dann. »Mir ist es nicht unangenehm falls du dich das fragst.«

Sein Penis … ich hatte das Privileg gehabt, seinen Penis zu sehen, den Penis, dessen Bild immer noch vor mir entstand, wenn ich die Augen schloss – nicht dass ich herumsaß und vor meinem geistigen Auge Bilder von Penissen heraufbeschwor oder etwas in der Art … Wenn ich einen sehen wollte, konnte ich problemlos meinen Freund bitten, ihn für mich herauszuholen, was ich allerdings bislang noch nie getan hatte.

Sein Ton bewirkte, dass ich ihn ansah. Musste er das jetzt zur Sprache bringen? Warum redete er überhaupt mit mir? Damit ich mich noch beschissener fühlte? Und wo zum Teufel waren seine Freunde? Chris?

Ich schenkte ihm das, was hoffentlich eher einem Lächeln als einer Grimasse ähnelte, und hielt den Mund.

»Du verrätst mir doch deinen Namen, nicht, Flash?« Ich beobachtete, wie er sich umschaute und dann den Blick wieder auf mich heftete. »Ich meine, es ist voll hier, und du hast schon bewiesen, dass du schnell bist, das muss ich dir lassen, aber ich bin auch nicht der Langsamste, und diesmal weiß ich, wonach ich Ausschau halten muss, also werde ich dich erwischen. Kein Problem.«

Hi, Dylan, du lernst gerade die fleischgewordene Erniedrigung kennen.

»Flash?«, erkundigte ich mich verwirrt.

Er lächelte.

»Einen Moment bist du da, im nächsten nicht mehr?«

Er wiederholte meine Worte.

Ich räusperte mich und ignorierte den Salto, den mein Herz schlug. Ich hatte einen Spitznamen. Er hatte mir einen Spitznamen verpasst.

»Ich heiße Zoe.«

Da war dieses Lächeln wieder.

Er ließ meinen Namen auf der Zunge zergehen. Ich sah ihm fasziniert dabei zu. »Zoe. Hmm. Okay, Zoe.«

Ein Grinsen.

Super.

»Ich bin ein bisschen spät dran zu … irgendetwas, daher …«

Von ein paar Notlügen war noch niemand gestorben.

»Immer noch ein bisschen schüchtern, oder?«, meinte er ruhig. Sein Lächeln war jetzt nicht mehr so strahlend. Eher intimer.

Ich schob mein Vogelnest von einem Zopf von meiner linken Schulter zur rechten, weil ich einen Vorhang zwischen uns nicht für das Schlechteste hielt.

»Ich fürchte, das ist ein Dauerzustand.«

Er lachte, als wüsste er, dass ich versuchte, mich hinter meinen Haaren zu verstecken. »Dann geht diese Runde an dich. Ich muss sowieso zum Training zurück – darf nicht zu spät kommen, sonst macht der Coach mich zur Sau.«

Unsere Blicke trafen sich, und prompt vergaß ich, warum um alles in der Welt ich eigentlich abzuhauen versucht hatte. War ich tatsächlich ein bisschen enttäuscht, weil er ging? Wie blöd von mir.

Schau weg, Zoe. Sieh nicht in diese Augen.

Er hob eine Hand, um sich den Nacken zu reiben, und brach den Blickkontakt ab. »Yeah. Okay. War nett, dich wiedergetroffen zu haben, Zoe. Vielleicht schaffen wir es ja irgendwann noch mal?«

Ich lächelte ihn etwas kläglich an, sagte aber nichts. Ich log nicht gerne jemanden an – noch nicht einmal einen Fremden –, wenn es nicht sein musste.

Die ganze Sache, unser gesamtes Gespräch, war von Anfang bis Ende eine Qual für mich. Ich bin sicher, ihr hättet euch genauso gefühlt, wenn ihr es mit angesehen hättet.

Dann hörte Dylan auf, neben mir herzugehen, und ich lief weiter. Wir waren am Ende der Straße angelangt, hier trennten sich unsere Wege. Ich schloss die Augen und nahm einen tiefen, dringend benötigten Atemzug, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich kam gerade an der kleinen Cafeteria vorbei, daher roch es nach fader Cafeteriapizza und Koffein. Mein Herz machte immer noch Stolperschritte. Wie war das doch gleich mit Scham? Warum musste ich bloß so … schrecklich schüchtern sein?

»Zoe?«

Ich stöhnte laut, woraufhin die Gruppe von Studenten, die neben mir ging, mir sonderbare Blicke zuwarf. Doch dann blieb ich stehen und drehte mich um, weil ich doch einen Tick neugierig war, was er sagen würde.

Er stand ungefähr drei Meter von mir entfernt auf der belebten Straße. Das typische Collegeleben – jeder versuchte, schnell irgendwo hinzukommen. Wie kam es, dass er niemanden anrempelte und alle ihm Platz machten? Als er sich meiner Aufmerksamkeit sicher war, wurde sein Grinsen zusehends breiter.

»Was ist mit diesem Kuss?«

Stirnrunzelnd fragte ich zurück: »Was soll damit sein?«

»Wie wäre es, wenn wir den jetzt nachholen?«

Meine Augen quollen ein wenig hervor, und mein Mund klappte auf, oder vielleicht würgte ich auch, genau weiß ich es nicht mehr. Aber besonders attraktiv sah ich nicht aus, das kann ich euch versichern.

Ich registrierte Augen, die auf mir ruhten, hörte leises Getuschel, und mein Gesicht begann wieder rot anzulaufen. Ich drückte meine Bücher fester an mich, als könnten sie mich schützen oder davon abhalten, wie magisch angezogen auf ihn zuzugehen, und schrie ihm beinahe zu: »Sorry, ich … ich … habe einen Freund.«

»Du findest auch, dass das eine gute Idee wäre?« Er trat einen Schritt auf mich zu.

Unverschämter Kerl.

»Ich sage, ich habe einen Freund!« Das stimmte auch, ich hatte wirklich einen Freund. Sein Name war Zack. Zoe und Zack – er hielt das für Schicksal. Ich nicht unbedingt. Er war nicht die Liebe meines Lebens, nicht annähernd, aber ja, wir hatten ein paar Dates gehabt, und ich war ziemlich sicher, dass es ihm nicht gefallen würde, wenn er erfuhr, dass ich mitten auf dem Campus einen wildfremden Typen geküsst hatte.

Jemand brüllte: »Schön für dich!« Gekicher erklang, und ich errötete noch stärker.

Gott? Hallo? Tu bitte etwas. Zerschmetter mich.

»Ah … kapiert.« Jetzt sprach Dylan nicht mehr so laut. Er schob die Hände in die Hosentaschen, und ich musste mich zwingen, nicht nach dem zu schielen, von dem ich bereits wusste, dass es sich um eine beachtliche Ausbeulung handelte. »Unser Timing ist nicht gerade das beste, wie, Flash?«

Was konnte ich dazu sagen? Ich nickte und rang mir ein schwaches Lächeln ab. War das Enttäuschung, was ich da in seinen Augen las? Und begannen in meinem Magen ein paar Schmetterlinge zu tanzen?

Er fing an, leichtfüßig zurückzuweichen, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Wir sehen uns, Zoe. Aller guten Dinge sind drei, also kriegen wir es vielleicht das nächste Mal hin.«

Darauf würde ich mich nicht verlassen, dachte ich, sagte es aber nicht laut. Ich hob nur eine Hand und winkte flüchtig.

Er lächelte – dieses strahlende, unbekümmerte, absolut hinreißende Lächeln –, salutierte kurz und wandte sich dann ab, um davonzujoggen. Yup, es war klug von mir gewesen, nicht zu joggen – er hätte mich ohne jede Mühe eingeholt.

Als wir uns das letzte Mal getrennt hatten, waren mir Tränen der Demütigung und Scham die Wangen hinuntergelaufen. Diesmal … diesmal gab es für mich ein strahlendes Gesicht.

Drittes Kapitel

Dylan

Ein Jahr später

Es war Freitag zehn Uhr abends, und ich war hundemüde, wie fast jeden Tag. Aber ich liebte das, ich lebte dafür.

Ich war wie jeden Morgen um sechs Uhr aufgewacht, damit ich mein erstes Konditionstraining absolvieren und vor der Teambesprechung noch schnell frühstücken konnte. Nach der Besprechung rannte ich los, um es zu meinem ersten Kurs zu schaffen. Um halb eins blieb mir meistens eine Stunde, um etwas zum Mittag zu essen und mal kein Sportler, sondern ein ganz normaler Collegestudent zu sein. Je nach Tag hatte ich nach dem Mittag entweder noch Unterricht oder ging zwecks meines zweiten Konditionstrainings in den Kraftraum. Danach kamen drei Stunden Footballtraining, an das manchmal noch eine Extrastunde angehängt wurde. Nach einer halbstündigen Pause mit einem Smoothie und einem Sandwich saß ich heute in der Bibliothek, um eine Arbeit fertig zu schreiben, die am nächsten Tag abgegeben werden musste. Auf dem Weg dorthin, als die Hektik des Tages allmählich abebbte, hatte ich meiner Freundin Victoria eine Textnachricht geschickt, um zu sehen, wie der Plan für den Abend aussah. Bevor ich mich versah waren drei Stunden verstrichen, und ich hatte immer noch keine Antwort von ihr.

Ich teilte mir ein wenige Minuten vom Campus entfernt gelegenes Haus mit vier meiner Teamkameraden: Kyle, Maxwell, Benji und Rip. Wenn sie nicht beschlossen hätten, anlässlich Maxwells Geburtstag eine Last-Minute-Party zu schmeißen, hätte ich die Nacht in Ruhe mit Vicky in meinem Zimmer verbringen, vielleicht Netflix schauen und ein bisschen Spaß im Bett haben können. Nach einem langen Tag voller Vorbereitungen auf die Saison brachte ich für gewöhnlich für nichts anderes mehr Energie auf. Aber da ich wusste, dass das nicht möglich war, entschied ich, erst mal bei Vickys Wohnheimzimmer vorbeizuschauen, um zu sehen, ob wir die Party ganz schwänzen und dort chillen konnten, obwohl mir klar war, dass sie dann stinksauer auf mich sein würde.

Im Gegensatz zu mir verfügte sie immer über ein Übermaß an Energie und Zeit für Partys, aber ich wusste auch, wie ich sie zum Zuhausebleiben überreden konnte. So sehr sie Trinken und Tanzen auch liebte, das, was ich mit ihrem Körper anstellen konnte, liebte sie noch mehr.

Wir waren seit fünf Monaten zusammen. Zwei davon hatten wir getrennt voneinander verbracht, uns während der Sommerferien nonstop Nachrichten geschickt und über FaceTime Kontakt gehalten, und alles schien gut zu laufen. Es störte sie nicht, dass ich den größten Teil meiner Zeit draußen auf dem Spielfeld oder im Kraftraum verbringen musste, weil ihre eigene Zeit mit Kursen, Vorlesungen, Treffen ihrer Studentinnenverbindung und einem Praktikum ausgefüllt war. Sie war hilfsbereit, fürsorglich und, um bei der Wahrheit zu bleiben, total ungeplant in mein Leben getreten.

Mein ursprünglicher Plan hatte immer vorgesehen, dass ich mich während meines letzten Jahres auf keine Dates einließ.

Konzentrier dich auf das Spiel.

Vervollkommne deine Fähigkeiten.

Sei der Beste auf dem Feld.

Nimm dir Zeit zum Lernen.

Das waren nur ein paar Dinge auf meiner Prioritätenliste, und eine Freundin gehörte nicht dazu. Ich hatte schon genug Stress – mehr als genug, eher schon zu viel. Bei all dem, was anstand – und es stand viel an –, blieb mir einfach nicht die Zeit für eine Beziehung. Aber trotz meines übervollen Terminkalenders war es Vicky gelungen, sich in mein Leben einzuschleichen, und zu meiner kompletten Überraschung gefiel es mir, sie darin zu haben. Sie nach einem langen, anstrengenden Tag zu treffen war nicht das Schlechteste, und soweit ich wusste, war sie sogar noch lieber mit mir zusammen.

Bislang hatte sie sich nie beschwert, wenn ich zu einem unserer Dates zu spät dran war, weil das Training länger gedauert hatte, oder wenn ich mich auf den Hintern setzen und büffeln musste. Sie vermittelte mir Ruhe (nicht immer) und Ausgeglichenheit (auch nicht immer), und ich versuchte ihr das zu geben, was am Ende des Tages noch von mir übrig war. Gerechterweise muss man sagen, dass das vielleicht nicht nach viel klingt, aber sie behauptete immer, es wäre mehr als genug für sie; sagte, ich würde sie glücklich machen und sie könnte sich nicht vorstellen, mit einem anderen zusammen zu sein. Ich glaubte ihr – warum auch nicht? Sie hatte eindeutig nichts dagegen, einen Freund zu haben, dem allgemein zugetraut wurde, in die Top 20 gedrafted zu werden, und es wäre gelogen gewesen, wenn ich gesagt hätte, ich würde es nicht genießen, wenn sie, wann immer die Medien über mich berichteten, vor Aufregung und Freude strahlte. Ich hatte nicht unbedingt vor, sie zu fragen, ob sie mitkommen wollte, wenn ich Ende des Jahres tatsächlich gedraftet wurde, aber sie hatte ein paar Mal unmissverständlich angedeutet, dass sie durchaus nicht abgeneigt war, nach ihrer Abschlussprüfung überall mit hinzureisen. Daher überlegte ich, dass es, wenn alles so weiterlief wie bisher, vielleicht nicht die schlechteste Idee wäre, sie darum zu bitten.

Nachdem ich mit Vickys Mitbewohnerin gesprochen und erfahren hatte, dass sie tatsächlich zu der Party gegangen war – in der Hoffnung, mich dort zu finden, wie ich annahm – verließ ich schließlich den Campus und wappnete mich innerlich für das Chaos, das mich zu Hause erwarten würde.

Erstaunlicherweise herrschte im Haus kein solches Gedränge, wie ich befürchtet hatte. Statt die gesamte Studentenschaft einzuladen hatten sie lediglich das ganze Team in unser zweistöckiges Haus gestopft – das Team, die Freundinnen der Spieler, und um einen Ausgleich zu schaffen, auch noch ein paar der Cheerleader. Was hieß, dass man sich immer noch wie in einem Irrenhaus vorkam, nur in einem kleineren Ausmaß. Ich hätte gewettet, dass sie das Ganze nur deshalb in einem relativ überschaubaren Rahmen hielten, weil sie Schiss hatten, der Coach könnte davon erfahren.

Ich stieß auf JP, der in der Küche gerade versuchte, bei einem Mädchen zu landen. »Hast du Vicky gesehen?«, fragte ich, als ich nah genug bei ihm stand.

»Noch nicht, aber ich bin sicher, dass sie hier irgendwo steckt. Wo warst du denn, Mann? Du hast das Madden-Turnier verpasst.« Bevor ich entkommen konnte, schlug er mir mit der Hand auf den Rücken. »Das hier ist übrigens Leila, bevor du wieder verschwindest. Sie ist die Frau meiner Träume. Frau meiner Träume, das ist mein bester Kumpel.«

Ich schüttelte den Kopf und sah zu, wie das Mädchen in ihren roten Becher kicherte. »Hallo, Dylan.«

JP zog sie wieder gegen seine Brust, legte den Arm um ihr Schlüsselbein, beugte sich zu ihr und strich mit der Nase über ihren Hals. »Lass mich mal probieren. Dann kannst du mir verraten, was du alles mit mir anstellen willst.« Er reichte mir geistesabwesend ihren Plastikbecher und setzte dann seinen begeisterten Angriff auf ihre Lippen fort.

Ich ließ die beiden allein, checkte das Wohnzimmer, bahnte mir einen Weg zwischen den Pärchen hindurch, die im Flur miteinander rummachten, ging dann in den Keller, wo es ein bisschen heftiger zur Sache ging, und von dort aus in den Garten. Da ich Vicky nirgendwo entdecken konnte, schickte ich ihr eine weitere Nachricht, während ich zu Chris und ein paar anderen hinüberschlenderte, bevor ich ins Haus zurückging.

»Chris? Hast du Vicky irgendwo gesehen? Sie ist anscheinend hier, aber ich kann sie nicht finden.«

»Ich bin selbst erst vor ein paar Minuten gekommen. Hast du drinnen schon nachgesehen?«

Ich seufzte. »Ja. Sie ist nicht da. Hab dich heute gar nicht beim Training gesehen – ist alles in Ordnung?«, fragte ich, als die anderen Jungs anfingen, sich über das bevorstehende Spiel zu streiten.

»Ja, ich war im Kraftraum, bin gegangen, ehe ihr anderen fertig wart.« Er bemerkte meinen Gesichtsausdruck und fuhr fort: »Frag nicht. Ich erzähle es dir später.«

Chris war einer meiner engsten Freunde. »Coach?« Ich witterte eine neuerliche Auseinandersetzung. Chris war der Sohn von Mark Wilson, einem der größten Quarterbacks aller Zeiten und unser Coach. Sie stritten sich – immer. Man könnte denken, dass für ihn als Sohn des Cheftrainers alles leichter wäre, aber weit gefehlt. Chris rackerte sich genauso ab wie der Rest von uns, wenn nicht noch mehr. Wir verbrachten lange zusätzliche Stunden damit, gemeinsam zu trainieren und unser Spiel zu perfektionieren.

Er stieß lange und vernehmlich den Atem aus. »Yeah. Wir reden später darüber, okay? Es war ein langer Tag, also werde ich es für heute gut sein lassen und nach Hause gehen. Ich will nicht, dass er mir die Hölle heißmacht. Wir sehen uns morgen.«

Ehe ich weiterfragen konnte, verabschiedete er sich von unserer kleinen Gruppe und ging.