The Sound of her Breathing - Eleanor Ashcroft - E-Book

The Sound of her Breathing E-Book

Eleanor Ashcroft

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Beschreibung

Der Regen verschmierte die Straßenlaternen zu goldenen und roten Schlieren, Emilys Blick huschte in den Rückspiegel. Die Straße hinter ihr war leer, aber sie fühlte es – dieses Gefühl, beobachtet zu werden. Es drückte auf ihre Brust, schnürte ihre Lungen zusammen, bis jeder Atemzug brannte. Sie spürte es schon seit Wochen, dieses Kribbeln im Nacken, das Gefühl, ständig sei jemand da doch außer Sichtweite. Sie hatte sich eingeredet, es sei Stress, Paranoia von zu vielen langen Nächten im Krankenhaus, zu vielen Patienten, die zu einem einzigen endlosen Hilfeschrei verschmolzen. Aber das war keine Paranoia. Das war real.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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The Sound of her Breathing by Eleanor Ashcroft

The Sound of her Breathing

Der Regen prasselte wie tausend kleine Fäuste auf das Autodach. Emily Grayson saß regungslos auf dem Fahrersitz. Ihre Hände zitterten am Lenkrad, ihr Atem beschlug die Windschutzscheibe in flachen, unregelmäßigen Stößen. Sie wagte nicht, ihn wegzuwischen. Das Kondenswasser war ihr Schutzschild und verwischte die Welt draußen – die Welt, die sich gerade unter ihren Füßen verschoben hatte wie eine aufbrechende Verwerfungslinie.

Ihr Handy auf dem Beifahrersitz summte erneut, und auf dem Display leuchtete ein Name auf, den sie nicht ansehen konnte: Mark. Sie hatte es stumm gestellt, doch die Vibration drang wie ein Puls durch das Leder. Sechsmal hatte er in der letzten Stunde angerufen. Sechsmal, seit sie ES gefunden hatte. Dieser Zettel, der eigentlich nicht existieren sollte.

Es steckte im Futter seiner Sporttasche – ein gefaltetes Stück Papier, die Kanten vom Anfassen aufgeweicht, die Tinte verschmiert, aber leserlich. Eine Liste. Namen. Daten. Und ganz unten, in seiner knubbeligen Handschrift: Emily – 16. März. Heute. Ihr Name, ihr Datum, doppelt unterstrichen, als wäre es eine Deadline, die er nicht verpassen durfte.

Der Regen formte die Straßenlaternen zu goldenen und roten Schlieren, Emilys Blick huschte in den Rückspiegel. Die Straße hinter ihr war leer, aber sie spürte es – dieses Gefühl, beobachtet zu werden. Es drückte auf ihre Brust, schnürte ihre Lungen zusammen, bis jeder Atemzug brannte. Sie spürte es schon seit Wochen, dieses Kribbeln im Nacken, das Gefühl, ständig sei jemand da aber außer Sichtweite. Sie hatte sich eingeredet, es sei Stress, Paranoia von zu vielen langen Nächten im Krankenhaus, zu vielen Patienten, die zu einem einzigen endlosen Hilfeschrei verschmolzen. Aber das war keine Paranoia. Das war real.

Ihre Finger umklammerten das Lenkrad, bis sie schmerzten. Sie sollte fahren. Sie sollte umziehen. Aber wohin ? Zuhause war sie nicht sicher – nicht mit Mark, nicht mit dieser Liste, die ihr im Kopf herumging. Die Polizei ? Die würde Fragen stellen, die sie nicht beantworten konnte, nicht ohne verrückt zu klingen. Und wenn sie sich irrte – wenn es sich um ein schreckliches Missverständnis handelte – würde sie alles ruinieren. Ihre Ehe. Ihre Karriere. Sich selbst.

Im Seitenspiegel flackerte ein Schatten.

Emilys Kopf schnellte nach links, ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Nichts. Nur der Regen, die Dunkelheit, der leere Gehweg, der im Licht der Straßenlaternen glitzerte. Sie atmete aus, ein zittriges Lachen entrang sich ihr. „Reiß dich zusammen“, flüsterte sie mit dünner, brüchiger Stimme. Doch dann hörte sie es – ein leises Klopfen an der Beifahrerscheibe.

Ihr stockte der Atem. Langsam und qualvoll drehte sie den Kopf. Das Glas war vom Regen benetzt, aber da war er: ein Handabdruck. Klein, absichtlich in den Beschlag an der Außenseite des Fensters gedrückt. Vor einer Sekunde war er noch nicht da gewesen.

Sie griff nach dem Verriegelungsknopf, ihre Finger glitten über die Bedienelemente, als die Mechanismen des Autos einrasteten. Das Geräusch war zu laut, zu endgültig und hallte in der darauffolgenden Stille wider. Sie starrte auf den Handabdruck, ihr Puls dröhnte in ihren Ohren. Er war immer noch da, regungslos, der Regen glitt daran entlang, als wäre er ins Glas geritzt.

„Wer ist da?“, krächzte sie, kaum hörbar über den Sturm hinweg. Keine Antwort. Nur das Trommeln des Regens und das leise, rhythmische Geräusch ihres eigenen Atems – oder war es von jemand anderem ? Es war zu gleichmäßig, zu nah, als käme es aus dem Auto.

Ihr Blick huschte erneut durch den Rückspiegel zum Rücksitz. Leere Luft. Nur ihr Mantel lag zerknüllt auf dem Leder, die Schatten sammelten sich in den Ecken. Sie zwang sich, über die Schulter zu blicken, ihr Nacken war steif vor Angst. Nichts. Sie war allein. Sie musste allein sein.

Das Telefon brummte erneut, diesmal griff sie danach und versuchte, es ganz stummzuschalten. Doch Marks Name war nicht auf dem Display zu sehen. Es war eine SMS von einer unbekannten Nummer: „Schau hinter dich.“

Ihr wurde flau im Magen. Sie wollte nicht. Jeder Nerv in ihrem Körper schrie danach. Aber sie konnte nicht anders. Langsam drehte sie sich um, ihr Blick streifte erneut den Rücksitz – und da war es. Ein metallisches Schimmern, halb verborgen unter ihrem Mantel. Ein Messer. Lang, dünn, die Klinge fing das schwache Licht der Straßenlaternen ein.

Sie hatte es nicht dorthin gelegt. Sie besaß kein solches Messer.

Das Auto kam ihr plötzlich viel kleiner vor, die Luft war dicker und drückte von allen Seiten auf sie ein. Ihre Hand lag über dem Türgriff, hin- und hergerissen zwischen der Flucht in den Sturm und dem Eingeschlossenbleiben mit was auch immer – wem auch immer – hier. Bevor sie sich entscheiden konnte, leuchtete das Telefon wieder auf. Eine weitere SMS: "Du hättest im Kofferraum nachsehen sollen."

Ein dumpfer Schlag kam vom Heck des Wagens.

Er hallte durch das Auto, um im Takt von Emilys Herzschlag zu pulsieren. Sie erstarrte, ihre Hand noch immer auf dem Türgriff, das kalte Metall schnitt ihr in die Fingerspitzen. Der Regen prasselte stärker, ein unerbittliches Tosen, das alles übertönte, außer dem Lärm in ihrem Kopf – dem Lärm, der ihr sagte, dass sie sich das nicht einbildete.

Ihr Blick huschte erneut zum Rückspiegel, doch der Winkel war falsch; sie konnte den Kofferraum nicht sehen. Sie wollte ihn gar nicht sehen. Das Messer schimmerte in ihrem Blickfeld, seine Präsenz war ein stummer Schrei, den sie nicht ignorieren konnte. Jemand hatte es dort hingelegt. Jemand war in ihrem Auto gewesen. Und jetzt war etwas – jemand – im Kofferraum.

Ein weiterer Schlag, diesmal heftiger, wie eine Faust auf Metall. Emily zuckte zusammen, ein Wimmern entrang sich ihren Lippen, bevor sie es unterdrücken konnte. Ihre Gedanken rasten, sie suchte nach rationalen Erklärungen. Es könnte ein lose herumrollendes Montiereisen sein. Eine Einkaufstüte, die sie vergessen hatte. Alles andere als das, was ihr Bauchgefühl ihr sagte: dass sie nicht allein war.

Das Telefon summte in ihrem Schoß, sie hätte es beinahe fallen lassen. Auf dem Display leuchtete eine weitere Nachricht von der unbekannten Nummer: „Öffne es!“ Zwei Worte, streng und befehlend, als hätte man sie ihr direkt ins Ohr geflüstert. Sie starrte wie hypnotisiert aufs Handy, ihre Sicht verschwamm, ihr Verstand geriet ins Wanken. Das war nicht Mark. Das konnte nicht sein. Er war zu Hause, lief wahrscheinlich in der Küche auf und ab und fragte sich, warum sie seine Anrufe nicht beantwortet hatte. Oder etwa doch?

Ihre Finger zuckten zum Kofferraumöffner am Schlüsselanhänger, hielten dann aber inne. Was, wenn sie ihn öffnete? Was, wenn etwas – jemand – herauskam? Unaufgefordert blitzte das Bild vor ihr auf: eine Gestalt, die sich aus der Dunkelheit erhob, feucht und still, die Augen funkelten wie Metall im Feuerschein. Sie schüttelte den Kopf, versuchte, den Gedanken zu verdrängen, doch er klebte an ihr wie feuchte Kleidung.

Ein dritter Knall, lauter, eindringlicher. Der Wagen schaukelte leicht, in Emily stieg die Angst auf. Was auch immer dort hinten war, wartete nicht mehr. Sie musste etwas tun – rennen, fahren, kämpfen – doch ihr Körper regte sich nicht. Es war, als hätte die Furcht sie an den Sitz gefesselt, ihre Muskeln in einem Schraubstock der Unentschlossenheit. Dieses lähmende Gefühl breitete sich immer weiter aus.

Dann hörte sie es: ein schwaches, gedämpftes Geräusch im Regen. Eine Stimme. Leise, undeutlich, unmöglich zu verstehen, aber unverkennbar menschlich. Sie kam aus dem Kofferraum.

„Oh Gott“, flüsterte sie mit brechender Stimme. Sie schlug die Hand vor den Mund und unterdrückte ein Schluchzen, das ihr entgegenzubrechen drohte. Das durfte nicht passieren. Nein ! Das durfte einfach nicht passieren. Sie war Krankenschwester, um Himmels willen – sie rettete Menschen, sie tat nicht … was auch immer das war. Aber die Liste in Marks Handschrift brannte sich in ihr Gedächtnis ein: Emily – 16. März. Heute war nicht mehr nur ein Datum. Es war eine Drohung.

Das Telefon leuchtete wieder auf: Du verschwendest Zeit. Die Worte fühlten sich an wie eine Ohrfeige, der sie aus ihrer Starre riss. Sie griff nach dem Schlüsselanhänger, ihr Daumen schwebte über dem Kofferraumöffner. Sie konnte ihn öffnen, nachsehen, was da war und sich ihm direkt stellen. Oder sie konnte den Wagen starten und losfahren – irgendwohin, weg von diesem Albtraum. Aber wohin? Zur Polizei? Zu einem Freund? Jede Option fühlte sich wie eine Falle an.

Die Stimme war wieder da, diesmal deutlicher und ein einziges Wort durchbrach den Sturm: „Emily.“

Ihr Blut gefror. Es kannte ihren Namen. Was auch immer im Kofferraum war, kannte ihren Namen. Sie ließ den Schlüsselanhänger fallen, ihre Hände zitterten so sehr, dass sie das Lenkrad kaum anfassen konnte. Das Messer schien auf dem Rücksitz zu pulsieren und forderte sie heraus, es aufzuheben und sich zu bewaffnen. Aber wogegen?

Die Innenbeleuchtung des Wagens flackerte für eine Sekunde und warf zackige Schatten auf das Armaturenbrett. Emilys Kopf wirbelte herum, suchte nach der Ursache, doch alles war still – zu still. Der Regen, der Handabdruck, das Messer, die Stimme – alles kam näher und erstickte sie. Sie musste los. Sofort.

Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss, der Motor sprang mit einem widerwilligen Knurren an. Die Scheinwerfer flammten auf, schnitten durch das nasse Wetter und erhellten die Straße vor ihr. Leer. Keine Autos, keine Menschen, nur der endlose Regen. Sie legte den Gang ein, trat aufs Gaspedal, die Reifen quietschten auf dem nassen Asphalt, als sie davonfuhr.

Der Knall kam erneut, heftiger, wütender und ließ das Auto erzittern, als sie auf die Straße abbog. Sie drehte sich nicht um. Sie konnte es nicht. Ihr Blick blieb auf die Windschutzscheibe gerichtet, die Scheibenwischer rasten wild hin und her aber kamen kaum hinterher. Das Telefon summte erneut, aber sie ignorierte es, konzentrierte sich auf ihren Atem und die Straße vor ihr.

Sie sah die Gestalt erst aus der Gasse treten, als es zu spät war.