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Wenn geliebte Tiere sterben Niemand denkt gern daran, dass die Lebensspanne des geliebten Hunds oder der eigenwilligen Katze kürzer ist als die eines Menschen. Und doch beschäftigt dieses Thema alle Tierhalterinnen und Tierhalter. Was ist, wenn das geliebte Tier nicht mehr kann? Soll es eingeschläfert werden und zu welchem Zeitpunkt? Wer entscheidet das? Wer soll dabei sein? Dieses Buch gibt Orientierungs- und Entscheidungshilfen an die Hand, wenn sich das Leben des Haustiers dem Ende zuneigt. Was ist medizinisch möglich? Was ethisch vertretbar? Ein Tier sterben zu lassen, ist schwer. Die Tierärztin Vera Müller-Skuplik nimmt das ernst – aber erzählt auch von den innigen und manchmal kuriosen Momenten im Miteinander von Mensch und Tier.
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Seitenzahl: 246
Veröffentlichungsjahr: 2025
Wenn geliebte Tiere sterben
Niemand denkt gern daran, dass die Lebensspanne des geliebten Hunds oder der eigenwilligen Katze kürzer ist als die eines Menschen. Und doch beschäftigt dieses Thema viele Tierhalterinnen und Tierhalter. Was ist, wenn der langjährige Wegbegleiter nicht mehr kann? Soll das Tier dann eingeschläfert werden, und wenn ja, wann? Wer entscheidet das? Wer soll dabei sein? Und was geschieht danach? Dieses Buch gibt Orientierungs- und Entscheidungshilfen, wenn sich das Leben des Haustiers dem Ende zuneigt. Was ist medizinisch möglich? Was ethisch vertretbar?
Ein Tier sterben zu lassen, ist schwer. Die erfahrene Tierärztin Vera Müller-Skuplik nimmt das sehr ernst. Sie weiß um die Innigkeit des Miteinanders von Mensch und Tier, und sie erzählt von berührenden, aber auch heiteren und mitunter kuriosen Momenten am Ende dieser besonderen Beziehung.
Vera Müller-Skuplik
Vorwort
»Wir müssen reden.« – Über ein schwieriges Thema
Formulierungen und Bezeichnungen
Eu thánatos – der »schöne Tod«
Andere Sprache, andere Worte
»Sie ist doch noch gar nicht so alt!« – Der letzte Lebensabschnitt
Ein Hundejahr – sieben Menschenjahre?
Nur alt oder auch krank?
Nicht alt, aber … – Krankheit als letzter Lebensabschnitt
»Hat er wohl Schmerzen?« – Über die Lebensqualität
Ohne Schmerzen und körperliche Leiden
Wie erkenne ich Schmerz?
Fressen und Trinken
Wohlbehagen und Lebensfreude
»Er frisst doch noch …«
Als Haustier geeignet sein – Lebensqualität für Tier und Mensch
»Darf ich das überhaupt entscheiden?« – Verantwortung und Schuldgefühle
Recht und Gesetz
Wer darf ein Tier einschläfern?
Töten ohne vernünftigen Grund
»Convenience euthanasia« – Einschläfern gesunder Tiere
Was ist ein vernünftiger Grund, ein Tier einzuschläfern?
»Das kommt drauf an …«
Leben lassen um jeden Preis – ist das nicht Tierquälerei?
Die Frage nach Verantwortung und Schuld
»Ich bin doch nicht Gott …«
»Und was kostet das alles?« – Über Geld sprechen
Geld oder Leben? – Zwischen (kostspieliger) Therapie und Euthanasie
Wenn Tierhalter eine Therapie nicht bezahlen wollen
Was sind zumutbare Kosten?
Wenn nur eine kostspielige Therapie helfen kann
Wenn Tierbesitzer eine Therapie nicht bezahlen können
Die Tierärztliche Gebühren- ordnung (GOT)
Allgemeine Regeln
Nacht- und Notdienst
Hausbesuche
Was kostet eine Euthanasie?
»Ist es nicht zu früh?« – Den richtigen Zeitpunkt erkennen
Schnelle Entscheidung – Ja oder Nein?
Einschläfern während einer OP
Einschläfern »mit Termin«
Gibt es Aussicht auf Besserung oder Heilung? Diagnose und Prognose
Wenn er doch morgens im Körbchen läge … – Gedanken zulassen
Wenn – dann: Konkret werden
Das Umfeld befragen
Überwiegen die schlechten Tage? – Beobachten und einordnen
»Die Augen bleiben offen.« – Wie eine Tiereuthanasie abläuft
Warum haben so viele Tierhalter Angst vor den Reaktionen des TIERS beim Einschläfern?
Vorbereitungen für eine geplante Tiereuthanasie
Medizinisches Vorgehen beim Einschläfern
Wahl der Medikamente
Tiereuthanasie mit Pentobarbital
Abschied vom schlafenden Tier
Mögliche Reaktionen des TIERS beim Sterben
Vorgehen bei einer Euthanasie ohne Venenkatheter
Unerwünschte Reaktionen bei der Euthanasie
»Kommen Sie zu uns, wenn es so weit ist?« – Hausbesuch oder doch in der Praxis
Wer macht Hausbesuche?
Vorbereitungen für einen Hausbesuch
Die Terminvereinbarung
Nötige Hilfestellung
Ausreichend Licht
Geeignete Örtlichkeit
Hausbesuch: Pro und Contra
Was spricht für einen Hausbesuch?
Was spricht gegen einen Hausbesuch?
Einschläfern in der Praxis
Nicht zu Hause, nicht in der Praxis
»Kann ich dabeibleiben?« – Wie Abschied nehmen?
Gefühle unmittelbar vor, während oder nach dem Einschläfern
Bei der Euthanasie dabeibleiben – ja oder nein?
Wenn jemand nicht dabeibleiben möchte
Wenn jemand nicht dabei sein kann
Wenn das Tier in der Klinik ist
Abschied vom toten Tier
Nehmen Tiere auch Abschied vom Artgenossen?
Hunde
Katzen
Abschied vom tierischen Artgenossen
»Schläft Findus jetzt?« – Wenn Kinder dabei sein möchten
Kinder und Tiere – eine besondere Verbindung
Was Kinder vom Tod verstehen
Mit Kindern über das Einschläfern sprechen
Kleinkinder und Kindergartenkinder
Kinder im Grundschulalter
Jugendliche
Kinder zum Einschläfern mitnehmen
Kinder trauern um ein Tier
»Dürfen wir ihn im Garten beerdigen?« – Formen der Tierbestattung
Gesetzliche Grundlagen für die Tierbestattung
Wenn das tote Tier in der Praxis verbleibt
Tierbestatter und Bestattungsvorsorge
Verschiedene Bestattungsarten
Begräbnis im (eigenen) Garten
Bestattung auf einem Tierfriedhof
Einäscherung in einem Tierkrematorium
Sammelkremierung oder anonyme Einäscherung
Gemeinschaftskremierung
Einzelkremierung oder individuelle Einäscherung
Sonderform der Einzeleinäscherung: Direktkremierung oder Premiumkremierung
Wohin mit der Tierasche?
Mensch-Tier-Bestattungen
Alternative Bestattungsformen
Tierkörperspende
Tierpräparation
»Sie fehlt mir jeden Tag.« – Die Zeit danach
Was ist nach der Euthanasie zu bedenken?
»Ich werde ihn nie vergessen.« – Erinnerungen, Orte, Rituale
Trauer um ein Tier – (noch) nicht gesellschaftsfähig?
Tierliebe im Wandel
Austausch mit Gleichgesinnten
Mit Zweifeln und Schuldgefühlen umgehen
Professionelle Hilfe
Wenn Tiere trauern
Kleine Heimtiere – ein Sonderfall
»Nie wieder – oder gerade jetzt?« – Ein neues Tier
Zu alt für ein neues Tier?
Zu guter Letzt
Checkliste Lebensqualität
Auswertung der zusammengezählten Punkte
Hilfreiche Adressen und Bücher – Hilfe bei psychischen Problemen
Weitere Internetadressen
Buchempfehlungen für Erwachsene und Kinder
Quellen und Literatur
Wenn ich mit anderen Menschen ins Gespräch komme und erwähne, dass ich Tierärztin bin, dann bekomme ich häufig zweierlei zu hören. Die erste Reaktion ist: »Was für ein schöner Beruf!« Und als Nächstes: »Also, das könnte ich ja nicht, da musst du ja auch Tiere einschläfern. Ist das nicht furchtbar traurig?« – Furchtbar traurig? So habe ich es tatsächlich nie empfunden. Es ist eine besondere Herausforderung, wenn ich als Tierärztin dem Leben eines meiner Patienten ein Ende setzen muss. Es gibt Zeiten, da geschieht das täglich, dann wieder einige Wochen gar nicht. Diese Aufgabe bringt viele Kolleginnen und Kollegen an die Grenzen ihrer psychischen Belastbarkeit, besonders diejenigen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen. Nach mehr als zwanzig Jahren Berufserfahrung kann ich aber für mich persönlich sagen: Keine andere tierärztliche Tätigkeit, weder ein Kaiserschnitt noch die Rettung einer schwer verletzten Katze oder ein gesunder, süßer Welpe beim ersten Besuch in der Praxis hat mir so intensive, persönliche und ja, auch schöne Momente mit Menschen und ihren Tieren beschert.
Eine Kundin sagte mir letztens, als ich zum Hausbesuch kam, um ihren alten Dackel einzuschläfern: »Frau Doktor, Sie haben ja versprochen, dass es ein schöner Tod wird, nicht wahr?!« Da musste ich schon schlucken. Ein schöner Tod? Gibt es das überhaupt? Es ist genau das, was sich wohl alle Tierbesitzer am Ende für ihre Haustiere wünschen. Und ja: Tierärztinnen bescheren dem Tier im Idealfall durch das Einschläfern einen »guten« Tod. Ein ruhiges, schmerzloses und angstfreies Sterben, ein Einschlafen, wenn die Kräfte nicht mehr reichen. Das Wort »Euthanasie«, das nach wie vor in der Tiermedizin zum Töten von Tieren durch eine Injektion verwendet wird, spiegelt das wider. Das Buch greift diesen Fachbegriff und auch seine Problematik später noch einmal auf.
Das Sterben des tierischen Weggefährten tierärztlich zu begleiten, ist eine Aufgabe, die Empathie, hohe Professionalität und letztendlich auch Seelsorge im wahrsten Sinne des Wortes erfordert. Der erste Satz der Bundestierärzteordnung lautet: »Der Tierarzt ist berufen, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen […].« Und da, wo Leid und Krankheit nicht mehr zu lindern oder zu heilen sind, ist es Aufgabe der Tiermediziner, Leiden zu beenden, das Tier zu erlösen und dem Menschen bei diesem letzten Gang beizustehen. Dazu verpflichtet auch der 2015 von der deutschen Tierärzteschaft verabschiedete Ethik-Kodex.
Über das tierärztlich assistierte Sterben von Haustieren zu schreiben ist trotzdem eine heikle Angelegenheit. Gewisse Aspekte der Tiereuthanasie lassen sich objektiv schildern. So ist zum Beispiel der rein technische Ablauf des Einschläferns in so gut wie jeder Tierarztpraxis gleich. Die Vorgänge im Körper eines Tiers, das ein starkes und letztendlich tödliches Schlafmittel gespritzt bekommt, laufen nach den Gesetzen der Physiologie und Pharmakologie ab. Auch für die Regelungen zur Tierkörperbeseitigung kann man Gesetzestexte und kommunale Verordnungen zitieren, und die Kostengestaltung in der Tierarztpraxis unterliegt der Gebührenordnung für Tierärzte, einem Bundesgesetz. Doch neben diesen nüchternen Fakten geht es beim Einschläfern von Tieren immer auch um Emotionen, um subjektives Empfinden, Schuldgefühle und Trauer. Schließlich werden diese Hunde, Katzen oder Kaninchen und anderen Heimtiere von ihren Besitzern oft als Familienmitglieder, Freunde, wenn nicht sogar Partner- oder Kinderersatz angesehen. Jedes Beenden eines Tierlebens durch den Tierarzt, die Tierärztin bedeutet also auch, dass die Beziehung, die gemeinsame Zeit mit einem geliebten Tier beendet wird.
In dem Kapitel »Wie eine Tiereuthanasie abläuft« wird der Vorgang des Einschläferns beschrieben und sachlich erklärt, was sich im Tierkörper abspielt. Und es gibt Schilderungen von Tierschicksalen und den Emotionen ihrer Besitzer. Dies kann für Leserinnen und Leser, die sich aktuell mit der schweren Entscheidung für oder gegen eine Tiereuthanasie beschäftigen oder deren Tier vor Kurzem eingeschläfert wurde, psychisch belastend sein. Sie sollten das Kapitel nicht allein lesen, wenn Sie wissen, dass Sie sehr emotional reagieren oder psychische Probleme haben. Am Ende des Buches findet sich ein Verzeichnis von Adressen, an die sich wenden kann, wer Hilfe bei der Bewältigung der eigenen Trauer benötigt oder weitere Fragen zum Thema hat.
Durch meine Tätigkeit als Tierärztin in verschiedenen Kleintierpraxen und in der eigenen Tierarztpraxis habe ich ungezählte Tiereuthanasien durchführen müssen und dabei viel erlebt. Auch haben mir Kolleginnen und Kollegen von ihren Erlebnissen im Zusammenhang mit dem Einschläfern von Patienten berichtet. In diesem Buch erzähle ich davon. Dabei geht es nicht darum, voyeuristisch zu sein oder in das Privatleben, in die Gefühle von Menschen vorzudringen. Alle Geschichten sind so verfremdet worden, dass das ärztliche Schweigegebot gewahrt bleibt, das auch uns Tiermedizinern auferlegt ist. Es soll in diesen Schilderungen deutlich werden, dass es im Umgang von Menschen mit ihren geliebten Tieren ganz viele Blickwinkel gibt, gerade und besonders am Ende des Tierlebens.
Ich bin überzeugt, dass das Erzählte allen, die dieses Buch lesen, weiterhelfen kann. Vielleicht finden Sie sich selbst in der einen oder anderen Situation wieder. Oder Sie erkennen darin Angehörige oder Freunde mit Tieren, die Sie nun besser verstehen. Dieses Buch soll dazu anregen, über das unausweichliche Sterben von Haustieren nachzudenken und darüber ins Gespräch zu kommen. Gleichzeitig ist es ein Ratgeber, der die vie-len Fragen beantwortet, die sich jede Tierbesitzerin und jeder Tierfreund stellt, wenn sie oder er an die letzten Stunden des eigenen Haustiers denkt. Natürlich hoffen alle Tierhalter, dass noch viele gemeinsame Jahre mit dem geliebten Haustier vor ihnen liegen. Und sie wünschen sich, dass sie nie vor der Entscheidung stehen müssen, ihrem Tier aktiv beim Sterben helfen zu lassen. Es soll sanft und ruhig in seinem Körbchen oder auf seinem Lieblingsplatz einschlafen, wenn die Zeit dafür da ist. Leider passiert das aber viel seltener als erhofft. Wenn jemand also doch in die Situation kommt, seinen Liebling einschläfern lassen zu müssen, dann kann dieses Buch eine gute Vorbereitung darauf sein.
Menschen, die Tiere lieben, gibt es in allen Generationen, Nationalitäten und Geschlechtern. Wie also spreche ich diese an, sodass alle sich gemeint fühlen – und der Text trotzdem gut und flüssig lesbar ist? Ich habe mich entschieden, mal von Tierhalterinnen, dann wieder von Tierbesitzern zu sprechen. Von Tierfreunden und von Tierliebhaberinnen. Und damit sind immer alle gemeint, denn Tierliebe ist universal. Da die Tierärzteschaft mehrheitlich weiblich ist, spreche ich bei dieser Berufsgruppe immer von Tierärztinnen. Natürlich schließe ich damit die männlichen Kollegen mit ein.
»Du schreibst ein Buch über das Sterben von Tieren? Das ist aber ein sehr spezielles Thema. Und wer soll das lesen?«
»Alle, die ein Haustier haben!«
Ein Buch über das Sterben von Haustieren. Über das Thema, das allen Tierliebhaberinnen, allen Haltern von Haustieren irgendwann begegnet und an das doch die wenigsten von ihnen denken möchten. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Hunds, einer Katze, erst recht eines kleinen Heimtiers wie Kaninchen oder Meerschweinchen, ist sehr viel kürzer als die eines Menschen. Tierbesitzerinnen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tod des geliebten Tiers miterleben, häufig sogar mit herbeiführen müssen. Für viele Menschen ist das Sterben ihres Hunds, ihrer Katze oder eines anderen Heimtiers die erste unmittelbare Erfahrung von Sterben und Tod. Gerade bei Tieren, die als Begleiter, also im häuslichen Umfeld gehalten werden, ist die Begegnung mit dem Tod sehr direkt. Oft sind die Besitzer während des Sterbevorgangs dabei, freiwillig oder unfreiwillig.
Sterben und Tod sind in unserer sogenannten westlichen Kultur Tabuthemen. Das Sterben haben wir outgesourct. Es findet häufig in Krankenhäusern, Hospizen und auf Palliativstationen statt. Bestattungsunternehmen kümmern sich um alles, was mit dem Tod eines Menschen zu tun hat, besonders was den Leichnam, die »sterblichen Überreste« angeht. Der natürliche Umgang mit dem Tod ist uns dadurch weitestgehend abhandengekommen. Zwar öffnet sich die Gesellschaft in den letzten Jahren hin zu einer Beschäftigung mit dem Tod und dem Sterben. Es gibt immer mehr Bücher und Seminare über Sterbebegleitung, Palliativbehandlung, Patientenverfügung und Vorsorge. Es wird über selbstbestimmtes Sterben und Sterbehilfe diskutiert. Aber im Alltag sprechen wir in der Regel nicht über das Sterben, auch nicht über das Sterben unserer Tiere. Trauert jemand über sein kürzlich verstorbenes Haustier, reagieren Mitmenschen häufig verständnislos, abweisend und sind hilflos.
»Angst vor einem Namen macht nur noch größere Angst vor der Sache selbst«, sagt Hermine Granger in Harry Potter und der Stein der Weisen. Es hilft einem Menschen nicht, wenn Tierärztinnen sich nicht trauen, das bevorstehende Ende, den Tod des Haustiers anzusprechen. Auch und gerade dann nicht, wenn es ein vom Menschen herbeigeführter, gewollter Tod ist. Im Gegenteil. Wer weiß, was seinem Tier bevorsteht, fühlt sich nicht hilflos. Und dieses Wissen beginnt damit, dass man darüber spricht.
Aus der Praxis
Der letzte Termin heute ist Lulu. Die zehnjährige Perserkatze war Thema unserer letzten praxisinternen Besprechung, wir haben diesen Fall ausführlich diskutiert. Lulu hat eine fortschreitende Herzerkrankung, die bei ihrer Rasse häufiger auftritt. Die Katze leidet außerdem seit mehr als einem Jahr an einer chronischen Darmentzündung, die nur durch eine hohe Kortisongabe einigermaßen in den Griff zu kriegen ist. Lulu frisst kaum noch, sie ist stark abgemagert und erbricht fast täglich. Zudem hat sie immer wieder Atemnot. Die Erkrankungen schreiten fort, eine symptomatische Therapie schlägt nicht mehr an. Wir sind uns einig: Für Lulu wäre es besser, man schläferte sie ein. Ich erkläre mich bereit, mit den Besitzern über unsere Empfehlung zu sprechen. Eine heikle Aufgabe. Schon bei den vorigen Besuchen hatten Lulus Besitzer, ein Paar Mitte dreißig, auf jegliches vorsichtige Ansprechen der schlechten Prognose mit Ausweichen reagiert. »Aber es geht ihr doch zwischendurch noch gut. Gestern hat sie gefressen.« – »Wie viel?« – »So genau weiß ich das nicht, aber sie hat die Soße aufgeschleckt. Die mag sie gerne!« Die Soße vom Feuchtfutter enthält nur sehr wenige Nährstoffe. Und man kann nicht von Nahrungsaufnahme sprechen, wenn die Katze nur noch ein bisschen Flüssigkeit mit Geschmack aufleckt. Bisher hat aber noch keine von uns Tierärztinnen gegenüber Lulus Besitzern das Wort »einschläfern« ausgesprochen. Ich fasse mir ein Herz: »Lassen Sie bitte Lulu erst mal noch in der Box. Wir müssen reden …«
Verständlicherweise denkt niemand gern an den unvermeidbaren Tod des oft sehr geliebten Haustiers. Worüber man nicht redet, das gibt es auch nicht – das scheint manchmal die Devise von Tierbesitzern wie auch von Tierärztinnen zu sein. Und so kommt es häufig zu einer Sprachlosigkeit, wenn es um das bevorstehende Sterben von Haustieren geht. Im Rahmen ihrer 2002 veröffentlichten Dissertation hat die Tierärztin Martina Voss Kolleginnen und Kollegen zum Thema Tiereuthanasie befragt. Sie sollten ihre soziale Kompetenz beim Einschläfern von Hunden einschätzen. Schon in der Einleitung merkt Voss an, dass etliche Tierärzte und Tierärztinnen mit ihren Antworten anfangs sehr zurückhaltend waren. Viele wollten sich zu dieser Frage gar nicht äußern. Doch schließlich haben die Rückmeldungen der Veterinärmedizinerinnen gezeigt, dass die Tiereuthanasie und der Umgang damit in ihrem Berufsleben eine ganz zentrale Rolle spielen. In der aktuell gültigen Approbationsordnung für Tierärztinnen und Tierärzte von 2006, Grundlage für die tierärztlichen Prüfungen und somit die Lehrinhalte an tierärztlichen Bildungsstätten, kommen psychologische und ethische Aspekte, ja die kommunikative Kompetenz von Tierärzten im Umgang mit Tierhaltern nicht vor. Das Einschläfern von Tieren wird nur einmal erwähnt. Es heißt in § 53, »Querschnittsunterricht«: »Den Studierenden sollen auch Kenntnisse über die Möglichkeiten zur schmerzlosen Tötung von Tieren vermittelt werden.« Hier geht es allein um die technischen Fähigkeiten. Dies reicht aber bei Weitem nicht aus, um in der Kleintierpraxis verantwortungsvoll mit dem Thema Sterben, Tiereuthanasie und der Kommunikation darüber umgehen zu können. Das haben auch die Verantwortlichen in Lehre und Weiterbildung erkannt. So bieten verschiedene tierärztliche Fakultäten mittlerweile zumindest Wahlpflichtkurse oder Grundlagenseminare zur Kommunikation im tierärztlichen Praxisalltag an – ein Anfang, aber sicher noch nicht genug. Es wäre jedoch ungerecht zu behaupten, dass angehende junge Tierärztinnen und Tierärzte nicht mit der belastenden Situation einer Tiereuthanasie umgehen können. Im Praxisalltag ist zu erleben, dass gerade junge Kolleginnen und Kollegen das Thema Einschläfern sehr ernst nehmen. Sie nehmen sich Zeit und Ruhe, mit den Tierhaltern zu sprechen. Und umgekehrt haben längst nicht alle »alten Hasen« in den tierärztlichen Praxen das nötige Feingefühl und die kommunikative Kompetenz, um angemessen mit Tierbesitzern über den bevorstehenden, geplanten Tod ihrer tierischen Gefährten zu sprechen.
Egal, ob als Berufsneuling oder Tierärztin mit langjähriger Praxiserfahrung: Es ist immer eine besondere Herausforderung, mit Kundinnen über den Tod ihres Haustiers zu sprechen. Am einfachsten ist das, wenn dieses Ereignis aller Wahrscheinlichkeit nach noch in weiter Zukunft liegt. Das heißt nicht, dass beim ersten Termin mit einem neuen Hund oder einer kleinen Katze sofort von Sterben und Euthanasie geredet werden sollte. Aber in der Praxis hat es sich oft als hilfreich und gut herausgestellt, mit Besitzern rüstiger Tiersenioren bei Routinebesuchen wie dem Impfen oder einem Gesundheitscheck über das Sterben des Tiers zu sprechen. So wie auch Hausärzte es mit ihren Patienten bezüglich einer Patientenverfügung tun. In der Familie kann dann ohne Zeitdruck und Gewissensnöte über Vorstellungen und Wünsche bezüglich eines würdigen Abschieds vom geliebten Tier geredet werden.
Machen Sie sich frühzeitig Gedanken darüber, welches Ende Sie sich für Ihr Tier wünschen. Natürlich können Sie nicht voraussehen, wann und unter welchen Umständen Ihr Haustier sterben wird. Aber trauen Sie sich, mit Ihrer Tierärztin und allen Beteiligten im Haushalt darüber zu sprechen. Und dann kann dieses Thema getrost erst mal wieder aus Ihrem Kopf verschwinden – im besten Fall für viele Jahre.
Als Tierärztin muss man immer ausloten, inwiefern Besitzer klare Worte bevorzugen. Stößt man sie vor den Kopf, wenn man die Möglichkeit der Euthanasie anspricht? Andersherum ist es aber auch oft hilfreich, Klartext zu reden. Ich finde es erschreckend, wenn eine Tierärztin so etwas sagt wie »Wir müssen über das böse Wort mit ›E‹ nachdenken!« Warum nicht klar und deutlich ansprechen, welche Optionen das Tier noch hat – oder eben nicht mehr? Manche Tierhalter sind froh, wenn von tierärztlicher Seite nicht um den heißen Brei herumgeredet wird. Sie selbst trauen sich oft nicht, das Wort »einschläfern« in den Mund zu nehmen. Sie möchten nicht missverstanden werden. »Nicht, dass Sie denken, ich möchte meinen Hund loswerden …!« Ist ein Einschläfern medizinisch sinnvoll, denkt das sicher niemand in der Praxis. Und wenn aus fachlicher Sicht kein Grund besteht, ein Tier sterben zu lassen, dann können Tierärztinnen auch Unsicherheit nehmen und Perspektiven für das Tier und seinen Menschen benennen.
Welche Worte wählen wir, wenn es um das tierärztlich assistierte Sterben geht? Wer ein Haustier einschläfert, der führt seinen Tod herbei. Diese Definition klingt sehr nüchtern und sachlich, macht aber klar, worum es geht. Aber im Deutschen, und nicht nur dort, umschreiben wir diese Tatsache, wir reden sie schön. Das spiegelt wider, wie die Mehrheit der Tierbesitzer und auch der Tierärztinnen empfindet. Keine Tierärztin käme auf die Idee, einer Tierhalterin wörtlich vorzuschlagen, ihren Hund oder ihre Katze durch eine Spritze zu töten. Auch in der im November 2022 novellierten Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT), der gesetzlichen Grundlage für die Abrechnung tierärztlicher Leistungen, steht als Leistung nicht mehr das »Töten durch Injektion«. Dieser Posten lautet jetzt »Euthanasie durch Injektion«.
Der Begriff »Euthanasie« wird in Deutschland zu Recht kritisch betrachtet und außerhalb der Tiermedizin nicht im Zusammenhang mit Sterbehilfe genannt. Die systematische Ermordung Zigtausender schwerstkranker, körperlich oder geistig behinderter Menschen, darunter auch Kinder und alte Menschen, während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland von 1933 bis 1945 wurde euphemistisch »Euthanasie« genannt und der verbrecherische Kontext damit verschleiert.
Das Wort Euthanasie setzt sich aus den altgriechischen Wörtern »eu« für »gut, schön, richtig« und thánatos, »Tod, Sterben« zusammen. Besinnt man sich also auf den ursprünglichen Sinn des Wortes, dann beschreibt es einen aus Sicht des Sterbenden und der ihn Begleitenden »guten Tod«, »schönen Tod« oder ein »gutes Sterben«. Vor dem Missbrauch des Begriffs Euthanasie durch die Nationalsozialisten wurde damit die Unterstützung von Sterbenden in der letzten Lebensphase zur Vermeidung eines qualvollen Sterbens beschrieben.
In der Tiermedizin findet der Begriff Euthanasie bis heute Verwendung, wenn es um das Einschläfern von Tieren geht. Auch das Wort Einschläfern ist ein Euphemismus, eine Umschreibung, ein Nicht-nennen-Wollen der Tatsache, dass absichtlich der Tod des Tiers herbeigeführt wird. Aber wie auch der Begriff der Euthanasie als das »sanfte Sterben« beschreibt das Wort Einschläfern treffend den Verlauf des assistierten Sterbens. Das Tier schläft ein, herbeigeführt durch ein Hypnotikum, ein Schlafmittel. Und dieser Bewusstseinsverlust geht über in den Tod, ohne dass das Tier etwas davon mitbekommt. Im Gegensatz zum Schlachten oder der sogenannten Keulung von Tieren geht es bei der Euthanasie nie um das Töten eines Tiers aus Gründen der Lebensmittelgewinnung, Wirtschaftlichkeit oder Seuchenbekämpfung. Grund für die Euthanasie sollte immer und zuerst die Annahme sein, im Sinne des Tiers zu handeln.
Auch außerhalb des deutschen Sprachraums wird das Einschläfern eines Tiers durch Worte umschrieben, die aus anderen Bereichen entlehnt sind. Neben dem Begriff der Euthanasie, der in vielen Sprachen gebräuchlich ist, gibt es sprachliche Eigenheiten, die durchaus für Verwirrung sorgen können.
Aus der Praxis
Es war in den Anfängen meiner Selbstständigkeit als Kleintierärztin. Im Einzugsgebiet der Praxis lag eine große Kaserne der britischen Streitkräfte. Die Briten sind ein sehr tierliebes Volk, und so gehörten viele Armeeangehörige mit ihren Hunden und Katzen zu meinen Kunden. Manchen Nachmittag hielt ich die Sprechstunde fast durchweg auf Englisch ab. Meine Englischkenntnisse stießen manchmal an Grenzen, wenn es um bestimmte medizinische Sachverhalte ging. Oder wenn mir Redewendungen nicht geläufig waren. Sarah war mit ihrem jungen Labrador Taylor zu einer Nachuntersuchung gekommen. Es ging um eine Ohrenentzündung. Taylor war sehr aufgeregt und auch etwas ängstlich. So wollte ich die Zeit, die er auf dem Behandlungstisch stehen musste, möglichst kurz halten. Nachdem ich die Ohren untersucht hatte, sagte ich zur Besitzerin: »Taylor is so excited – I think it is better to put him down!« Sarah schaute mich völlig entgeistert an. Als ich ihr bedeutete, dass es mir darum ging, ihren Hund vom Tisch herunterzuheben, lachte sie erleichtert auf. »To put down« ist im Englischen der gebräuchliche Ausdruck für das Einschläfern von Tieren.
Im Englischen gibt es zudem den Begriff »to put to sleep«, also »einschlafen lassen«, wenn es um die Sterbehilfe bei Tieren geht. Die französische Sprache verwendet »euthanasier«, ebenso wie wir. Des Weiteren kann man ein Tier aber auch »endormir« – da haben wir wieder das Einschläfern. »Faire piquer un animal«, also ein Tier »pieksen« oder »stechen«, greift den Vorgang der Injektion auf. Im Spanischen kennt man das Verb »sacrificar«, also das »Opfern« eines Tiers, aber auch hier gibt es die »eutanasia«, wie in fast allen europäischen Sprachen. Im Italienischen heißt es »addormentare«, und und und.
Zurück zu unseren Umschreibungen. Beim tierärztlich assistierten Sterben wird neben dem Einschläfern häufig davon gesprochen, ein Tier zu »erlösen«. Egal, wie wir es nennen: Es geht bei der Euthanasie immer um die schmerzfreie Tötung eines Individuums mit dem Ziel, Schmerzen und Leiden zu verhindern oder zu beenden.
Noch ein Wort zu Formulierungen wie »das Tier geht über die Regenbogenbrücke«, es »kommt in den Himmel« oder »in die ewigen Jagdgründe«. Es ist verständlich, dass Menschen sich ausmalen, wie Tiere in ein anderes Leben jenseits des irdischen hinübergehen. Besonders das Motiv von der »Regenbogenbrücke«, über die Tiere in ein glückliches »ewiges Leben« gehen, in dem sie wieder gesund und jung sind und mit allem versorgt, was sie brauchen, tröstet viele Tierbesitzerinnen über ihre Trauer hinweg. Als Medizinerin bevorzuge ich jedoch eine weniger blumige Sprache und möchte auch keinem Menschen vorschreiben, wie und ob er sich ein Jenseits für sein Tier vorzustellen hat. So werde ich in den folgenden Kapiteln vom Einschläfern, von der Euthanasie oder vom tierärztlich assistierten Sterben sprechen.
Aus der Praxis
Paula ist eine kleine Mischlingshündin. Ihre Besitzer haben sie von einer Tierschutzorganisation übernommen. Ursprünglich sollten sie nur Pflegestelle sein, bis sich ein neues Zuhause für Paula fände. Aber Familie Maier gewöhnte sich so an die Hündin, dass sie sie nicht mehr abgeben wollte. Paula hat ein so lockiges und weiches Fell, dass sie immer noch wie ein Welpe aussieht. Viele Leute sprechen die Maiers bei Spaziergängen auf den Hund an: »Ach, wie süß. Die ist noch jung, oder?« Paula ist aber schon über zwölf Jahre alt. Bei den Maiers ist sie seit mittlerweile fünf Jahren.
Eigentlich kommt Frau Maier mit Paula heute zum Impfen in die Praxis. Aber schon, als sie den Behandlungsraum betritt, meint sie: »Ich glaube nicht, dass wir Paula impfen können. Sie ist in letzter Zeit nicht mehr die Alte. Wirkt oft lustlos, will keine großen Runden mehr laufen wie früher. Bei Wärme liegt sie nur im Hausflur herum. Sie hechelt mehr als sonst, frisst nicht mehr so viel, und das Bällchenspielen überlässt sie dem Nachbarshund. Ich mache mir Sorgen, dass Paula ernstlich krank ist. Ich sage es gleich: Sie soll nicht leiden! Wenn es ihr schlecht geht, werden wir nicht endlose Behandlungen machen. Dann lassen wir sie lieber gehen!« Ich beruhige Frau Maier, die den Tränen nahe ist. »So schnell wird hier kein Tier eingeschläfert. Wir machen jetzt erst mal ein paar Untersuchungen und dann sehen wir weiter.« Es stellt sich heraus, dass Paula zwar ein leichtes Herzgeräusch hat, dies aber noch nicht behandlungsbedürftig ist. Die Röntgenbilder zeigen leichte Arthrosen an den Knien und im Bereich der Wirbelsäule. Ansonsten ist sie aber gesund – für ihr Alter. Und das ist der entscheidende Zusatz: »Frau Maier, Ihre Paula wird alt. Es ist normal, dass sie nicht mehr so leichtfüßig über Gräben springt. Ihr Herz werden wir gut beobachten. Wenn es Probleme macht, können wir es mit Medikamenten unterstützen. Für ihre Gelenke bekommt Paula ab sofort ein Zusatzfuttermittel und an schlechten Tagen ein Schmerzmittel, damit sie weiter gut laufen kann. Ansonsten brauchen Sie sich aber vorerst keine Sorgen zu machen.« Für Paulas Familie ist der Zeitpunkt, ihren Hund einzuschläfern, noch nicht gekommen. Aber der Hund ist in eine Lebensphase eingetreten, die wir als den letzten Lebensabschnitt bezeichnen.
Verglichen mit Menschen ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei Haustieren gering. Von Schildkröten einmal abgesehen, die durchaus hundert werden können, leben Haustiere nur wenige Jahre. Farbratten zum Beispiel kommen auf drei Jahre, Katzen auf gut fünfzehn. Allerdings werden auch unsere Haustiere immer älter. Dies liegt an der guten Versorgung, die Hunde, Katzen, Kaninchen und die anderen tierischen Mitbewohner mittlerweile in Deutschland erhalten. Mangel- oder Fehlernährung kommt so gut wie nicht mehr vor. Hochwertige Futtermittel, die in ihrer Qualität Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr in nichts nachstehen, sind für viele Tierbesitzerinnen selbstverständlich geworden. Viele legen großen Wert auf eine artgerechte und abwechslungsreiche Ernährung ihrer Tiere. Aber auch die Tiermedizin hat sich in den vergangenen dreißig Jahren grundlegend geändert: von einer allgemeinmedizinischen Grundversorgung hin zu tierart- und fachspezifischen Tierarztpraxen und Kliniken mit entsprechender Ausstattung. Ultraschall, Inhouse-Labor und digitales Röntgen gehören heute, anders als in den 1990er-Jahren, zur Grundausstattung jeder Kleintierpraxis. Dentalröntgen, Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) und Echokardiografie (Herzultraschall) sind mittlerweile Standard in der Tiermedizin. Tumore wurden früher so gut wie möglich durch Operationen entfernt, in der Hoffnung, dadurch ihre Ausbreitung zu verhindern und das Tier im besten Fall sogar zu heilen. Heute werden Chemotherapie-Protokolle angewandt, dazu kommen Bestrahlungen und aufwendige Operationen zur Therapie hoch aggressiver Krebserkrankungen von Hunden oder Katzen.
Doch trotz bester Pflege und des enormen medizinischen Fortschritts: Das Leben des geliebten Tiers bleibt endlich. In der Regel überleben Tierbesitzerinnen ihre Hunde und Katzen um ein Vielfaches. Oder sie blicken zurück auf mehrere Generationen Kaninchen, Hamster, Meerschweinchen, die sie im Garten beerdigt haben. Viele Tierhalter erschrecken regelrecht, wenn sie feststellen, wie rasch ihr Hund, ihre Katze alt geworden ist. »Das ging so plötzlich!«, sagen sie. Sie berichten davon, dass ihre Hündin gar nicht mehr so gerne über Baumstämme springt wie früher. Dass der Kater viel schläft. Dass das Kaninchen nicht wie früher blitzschnell durchs Zimmer saust. Ja, das Tier ist alt geworden. Und man selbst hat während der letzten sieben oder acht Jahre gar nicht wahrgenommen, dass Hundeschnauzen grau und Katzenflanken hager geworden sind.
»Multipliziere das Lebensalter deines Hunds mit sieben, und du erfährst sein Alter in Menschenjahren.« Diese Faustformel hält sich hartnäckig. Viele Hundebesitzerinnen, aber auch Tierärztinnen haben sie intus. Ist eine dreijährige Hündin also körperlich so alt wie ein einundzwanzigjähriger Mensch? Eine Studie der Medizinischen Fakultät der University of California in San Diego (USA) aus dem Jahr 2019 widerlegt diesen Mythos. Bestimmte Veränderungen, sogenannte Methylierungen, treten in der DNA alternder Zellen auf. Diese Prozesse wurden bei Labrador-Retrievern untersucht und denen beim Menschen gegenübergestellt. Das Ergebnis: Hunde altern besonders in den ersten Lebensjahren viel
