Tierisch gut(e) Kindergeschichten - Martina Meier - E-Book

Tierisch gut(e) Kindergeschichten E-Book

Martina Meier

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Beschreibung

„Echt tierisch“ sind die Geschichten, die Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 15 Jahren im Jahr 2007 im Rahmen eines internationalen Schreibwettbewerbs zusammengetragen haben - und „Tierisch gut(e) Kindergeschichten“ sind inzwischen daraus geworden. Aus rund 500 Einsendungen zum Schreibwettbewerb, die aus 23 Ländern der Erde beim Verlag eintrafen, wurden die in diesem Buch veröffentlichten Erzählungen, Märchen und Gedichte ausgewählt. Das Vorwort zu dieser hinreißenden Veröffentlichung verfasste die bekannte Kinderbuchautorin Annette Langen, die dem Hasen Felix, der so gerne um die Welt reist, einst das Leben schenkte. Natürlich hat Annette Langen für ihre „kleinen Schriftstellerkollegen“ auch gleich ein paar gute Insider-Tipps parat.

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Tierisch gut(e) Kindergeschichten

Mit einem Vorwort von Annette Langen

Martina Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.de

© 2023 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Bearbeitung: CAT creativ - www.cat-creativ.at

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2007.

Titelbild: Walburga Wedig

Ein ganz besonderer Dank gilt Cordula Kanehl, die mit jeder Menge Elan alle per „Schneckenpost“ eingegangenen Texte für dieses Projekt erfasst hat.

ISBN: 978-3-940367-01-3 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-685-0 - E-Book

*

Inhalt

Hallo, ihr Buch- und Tierfreunde!

Die Spinne

Kleiner Adler und Blackshadow

Der kleine Drache

Schwarz

Der Hahn

Rüdiger

Ode an...

Vereint in London

Die Maus und die Laus

Die Schleichprüfung

Frei wie ein Adler

Reise mit dem Baum

Kleines Bärenkind

Der ständige Namenswechsel

Notfall

Ein Freund in der Not

Tierisch stark

Das Kätzchen

Wettkampf der Tiere

Das Einhorn

Hundefraß von Bello

Der kleine einsame Weihnachtsmann

Sonnenuntergang

Cuca, der Kakerlak

Die Giraffe

Yagmur und Rüzgar

Der Elefant

Die Geschichte von Florian Florfliege

Tiergedicht

Neun Leben hat die Katz

Die Überraschung

Freiheit oder Schweinebraten

Weltmeisterchen

Ramses II

Einfach tierisch

Hasen-Gedicht

Tierischer Trostspender

Eine Fabel

Das Tigerei

Die käsegelbe Maus

Die Neuen

Bim - schwarzes Ohr

Trauriges Eichhörnchen

Die letzte Nacht

Aus dem Leben meiner Haustiere

Die Kirchenmäuse

Lilli und der weiße Schimmel

Timon zieht um

Tragik

Der Tiger Tigerlilli

Mein Leben im Rudel

Hochmut tut selten gut

Die schwarze Brieftaube

Geschichte vom Leben

Rosa

Insektenthriller

Luminas Dank

Der Fledermausschreck

Starke Tiere

Melody, die Elfe

Schlüssel zur Freiheit

Zwei große Augen

Braunes Langohr

Der Katzenbaum

Das Mäuschen Mimimi

Wieso es keine Drachen mehr auf Erden gibt

Warum?

Ein Winter voller Punkte

Das Lied der Schlange

Das Eichhörnchen

Der schlafende Elefant

Die Wanderratte

Mein Freund Burli

Retter auf hoher See

Tagebuch einer ganz normalen Katze

Unterm Mond

Septemberflug

Manchmal

Burek und Wasilii

Tierseelen

Das Krokodil

Die geheimnisvolle Entführung

Der schlaue Hase

Schmetterlingsmädchen

Kleiner grüner Drache

*

Hallo, ihr Buch- und Tierfreunde!

Wisst ihr, dass ich eigentlich auch schreiben könnte: „Hallo, ihr Kollegen?“ Denn ich finde, ihr alle habt für dieses Buch so wunderschöne Tiergeschichten ausgedacht und aufgeschrieben. Wer weiß, vielleicht werdet ihr später ja auch einmal SchriftstellerInnen?

Denn genau so hat das damals bei mir auch angefangen. (Nur gab es noch keine Schreibwettbewerbe für Schulkinder.) Trotzdem habe ich aufgeschrieben, was ich in unseren Ferien auf dem Land so alles erlebt habe. Da habe ich mit meinem Bruder Frösche gefangen, auf einem kleinen Bauernhof im Stall und bei der Ernte mitgeholfen, melken gelernt und hatte eine Lieblingskuh, Rosa, auf der ich heimlich geritten bin. Tja, irgendwie sind mir seitdem die Tiere von selbst über den Weg gelaufen… und viele von ihnen tauchen in meinen Büchern auf.

Stellt euch vor, als ich in der dritten Klasse war, habe ich auf dem Schulweg eine kleine Maus aus einem Papierkorb gerettet und wollte sie so gerne behalten. Nur – es war schon viel zu spät, um sie nach Hause zu bringen. Also habe ich die Maus in meine Regenmanteltasche gesetzt und bin zur Schule gerannt. Als ich meiner Lehrerin sagte, dass da eine Maus in meiner Manteltasche sitzt und unbedingt einen Mausekäfig bräuchte, wollte sie mir das gar nicht glauben. Sie brachte mich ins Lehrerzimmer, auch der Direktor dachte, ich würde lügen! Also holte ich die kleine Maus aus der Manteltasche heraus…

Nie wieder sah ich zwölf Lehrerinnen kreischend auf Stühle springen und nie wieder sah ich einen Direktor mit einen so hochrotem Kopf.

Merkt ihr etwas? Die besten Geschichten schreibt oft das Leben. Dies sind meine Tipps für junge SchriftstellerInnen wie euch:

1) Immer Ohren und Augen aufhalten und „sammeln“. Meine Geschichten setzen sich oft wie ein Mosaik aus vielen einzelnen Momenten oder Erlebnissen zusammen.

2) Bevor ich etwas schreibe, stelle ich mir die Situation und die Figuren, die darin vorkommen, und die Stimmung ganz genau vor. Erst wenn ich es fast richtig vor mir sehe, schreibe ich es auf. (Aber natürlich ändere ich meine Texte trotzdem noch hin und her, bis ich denke: genau so soll es sein.)

Der letzte und weltbeste Schriftsteller-Tipp kommt übrigens nicht von mir, sondern von Johann Wolfgang von Goethe. Sein Geheimrezept lautet: „Schreibe nur, wie du reden würdest, dann wird es gut!“

PS: Diese drei Tipps funktionieren nicht nur bei Büchern, probier es vielleicht mal beim nächsten Aufsatz in der Schule aus!

Vor allem wünsche ich euch weiterhin viel Spaß beim Schreiben und Lesen. Meine Tochter Isabel, die bald elf Jahre alt wird, sagt dazu: „Lesen, das ist wie Kino im Kopf.“ Und das Beste ist: ihr führt dabei die Regie! In diesem Sinne, lasst von euch lesen,

herzlichst

Annette Langen

*

Die Spinne

Da sitzt sie, acht lange, behaarte Beine, ein dicker, kleiner Körper, ebenfalls behaart, und dann diese dunklen Augen, leer und morddurstig. Schwarz ist sie, die Spinne, schwarz wie die Nacht. Und groß. Riesig. Mindestens zehn Zentimeter. Direkt vor mir sitzt sie, die Spinne. Auf meinem Schreibtisch. Ich wollte gerade Hausaufgaben machen, da krabbelte sie auf meinen Tisch, die Spinne.

Meine Hände krallen sich um die Lehnen meines Stuhls. Jeden Teil meines Körpers spüre ich nun überdeutlich. Ich bringe keinen Laut heraus. Wahrscheinlich sind es die Augen der Spinne, welche mich nun anstarren, die mir den Rest geben. Meine Augenlider fangen an, krampfhaft zu zucken, meine Arme zittern unkontrolliert, meine Beine erstarren. Vor meinen Augen wird es immer wieder schwarz.

Es gibt nur noch mich und die Spinne. Unseren Kampf. Meinen Kampf gegen sie. Obwohl es wahrscheinlich eher ein Kampf gegen mich selbst ist. Gegen meine Angst.

Auf einmal streift etwas mein Bewusstwein. Etwas außer der Spinne… Eine Stimme? Bilder fluten meinen Kopf. Helle Bilder. Von meiner Familie, meinen Freunden, meinen Verwandten. Ich sehe Annika, meine beste Freundin, wie wir zusammen beim Dorffest Bratwürste essen. Meine Cousine Lara, meinen Onkel Hans und seine Frau Klara auf dem letzten Familientreffen. Meine Mutter, die mich eben wohl gerufen hat. Meine Brüder Niklas und Jens, meine Schwester Tara, wie sie vor dem Haus toben, Fußball und Fangen spielen. Ein glückliches Gefühl durchströmt meinen Körper. Es gibt mir Kraft, lässt mich erstarken.

Ich gewinne wieder Oberhand über meine Glieder. Über meine Gedanken. Mich selbst. Jetzt bin ich es, die in unserer Schlacht gewinnen wird. Ich starre das Ungetüm an, und die Spinne weicht immer weiter nach hinten, dann dreht sie sich um und krabbelt weg.

„Kommst du jetzt zum Essen, oder soll ich mir die Beine in den Bauch stehen und darauf warten, dass Madame sich endlich entschließt, doch zu kommen“, höre ich die genervte Stimme meiner Mutter. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen und ich renne die Treppe hinunter, um etwas zu essen, denn auf einmal habe ich einen Heißhunger.

Wohin die Spinne damals krabbelte, weiß ich bis heute nicht. Die Hauptsache aber ist, dass mir seit jenem Tag keine Spinne mehr bei den Hausaufgaben über den Weg gelaufen ist.

Julia Madeleine Heinze13 Jahre alt, aus Dassendorf in Deutschland

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Kleiner Adler und Blackshadow

Damals vor vielen Jahren, bevor Christoph Columbus Amerika entdeckte, geschah diese merkwürdige Geschichte:

Es war einmal eine kleine Indianerin, sie hieß kleiner Adler und war zehn Jahre alt. Sie hatte immer noch keinen eigenen Mustang und sie wollte einen fangen, ganz alleine! Zwar hatte ihr Bruder gesagt, er würde ihr eine Mustangstute mitbringen, aber sie wollte nun mal den großen schwarzen Hengst, der ihr schon so oft begegnet war!!! Die nächste Nacht, als ihr Bruder mit ein paar anderen Männern losgezogen war, ging auch kleiner Adler in ihr Tipi, um zu schlafen. Aber sie schlief nicht sehr gut, sie träumte, dass der große schwarze Hengst auf sie im Knochental warten würde. Sie hatte auch schon einen Namen für ihn gefunden, er sollte Blackshadow heißen!

So stand kleiner Adler früh auf, nahm sich ein Stück Brot und machte sich auf den Weg ins Knochental. Es war ein langer Weg dorthin. Sie ging aus dem Lager, raus in die Steppe. Dort ging sie sehr lange. Nach einigen Stunden wurde sie immer müder und müder, nun stolperte sie oft über die kleinsten Steine. Doch als sie eine große Schlucht sah, wurde sie wieder hellwach.

Das Knochental war übersät mit Knochen und toten Bäumen. Und es war kein Traum! Dort stand der große schwarze Hengst, er stieg und war stolz und prächtig, so wie kleiner Adler ihn immer gesehen hatte. Dort stand er und wartete im Knochental auf den kleinen Adler!!

Kleiner Adler ging auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter. Der Hengst wendete kleiner Adler die Seite zu, so dass sie aufsitzen konnte, machte sich im Jagdgalopp aus der Schlucht, über die Steppe auf den Weg zum Lager.

Dort staunten die Frauen nicht schlecht, als kleiner Adler mit einem wilden Hengst ankam. Über den Tag hinweg dachten nicht nur die Frauen über das Geschehen nach, nein, auch die älteren Mädchen von 13 bis 16 Jahren überlegten, ob sie nicht selber losziehen sollten, um sich einen Mustang zu fangen.

Einen Tag später kam der Bruder wieder zurück und drückte dem kleinen Adler einen Strick in die Hand. Sagte, dass diese Stute nun ihr gehöre. Die Stute war wunderschön, sie hatte weiß-braune Flecken und einen weißen Stern auf der Stirn, aber kleiner Adler gab ihm den Strick wieder zurück und pfiff so wie sonst nur die Männer pfeifen konnten! Da kam der große schwarze Hengst angesaust und hielt neben dem kleinen Adler an. Kleiner Adler sagte daraufhin: „Nur weil man eine Frau oder ein Mädchen ist, heißt das nicht, dass man nicht selbst einen Mustang fangen kann!!!“

Mit diesen Worten saß sie auf Blackshadow auf und ritt davon.

Und wenn unsere beiden Freunde nicht gestorben sind, dann laufen sie noch heute über die Steppe.

Leonie Wessel13 Jahre alt, aus Bredstedt in Deutschland

*

Der kleine Drache

Es war einmal ein kleiner grüner Drache. Der lebte ganz allein mit Mama und Papa auf einer kleinen Insel. Eines Tages sagte der kleine Drache zu Mama und Papa Drache: „Ich will mal die Welt besehen.“ Mama und Papa hatten nichts dagegen.

Also packte Mama dem kleinen Drachen in den Rucksack einen Apfel, Butterbrote und Apfelsaft ein. Am nächsten Tag verabschiedete sich der kleine, grüne Drache von seiner Mama und seinem Papa. Dann flog er los. Er flog sehr lange, bis er unter sich ein Drachenland sah. Er flog hinab.

Auf der Dracheninsel war eine Höhle, eine sehr dunkle Höhle. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Ein hechelndes Geräusch, als ob jemand außer Puste wäre. Er guckte in die Höhle hinein und sah etwas Rotes funkeln. Seine Beine zitterten, aber die Neugier war größer.

Der kleine, grüne Drache ging hinein und sah einen kleinen weinenden roten Drachen. Der kleine, grüne Drache fragte den roten Drachen: „Was ist denn mit dir los, du bist ja ganz außer Puste?“ Der kleine, rote Drache sagte: „Der König hat gesagt, wer mich fängt, kriegt die Prinzessin zur Frau.“

Da hatte der kleine, grüne Drache eine Idee: „Wir machen einen ganz großen Tomatenhaufen. Du lockst die Ritter an und springst hinter den Tomatenhaufen, die Ritter stechen ihr Schwert in den Tomatenhaufen und denken, das wäre dein Blut und sie reiten dann in die Burg zurück und holen die Prinzessin.“ „Ja“, sagte der kleine, rote Drache. Wie geplant, so gemacht.

Der rote Drache lockte die Ritter an, der rote Drache sprang hinter den Tomatenhaufen und der Ritter steckte sein Schwert in den Tomatenhaufen. Natürlich dachte der Ritter, es wäre Blut vom kleinen, roten Drachen. Also ritt er zur Burg zurück und zeigte es das „blutige“ Schwert dem König. Der König war einverstanden und gab dem Ritter Rico die Prinzessin Vanessa zur Frau.

Und was ist mit dem kleinen, roten Drachen und dem grünen Drachen geschehen, werdet ihr jetzt wohl fragen! Wenn kein Ritter Rico sie getötet hat, dann leben sie noch heute.

Fabian Schmitz-Peiffer8 Jahre alt, aus Dresden in Deutschland.

*

Schwarz

Ich saß am Tisch, hatte meinen Kopf auf meine Hand gestützt und überlegte, zweifelte, trauerte. Drei Kinder hatte ich, eine wundervolle Frau und einen Hund, alle fünf musste ich bald verlassen. So schrecklich ist der Krieg! Er stiehlt dem Weib den Mann, der Mutter das Kind, dem Kind den Vater...

Und mir würde er bald das Leben stehlen, wahrscheinlich.

Ich spürte wie mein Hund seinen großen Kopf auf mein Knie legte, er spürte meine Trauer, das fühlte ich. Er spürte sie und er teilte sie. Ich sah in seine herrlich dunkelbraunen Augen, sie blickten sehnsüchtig drein.

Boshaftes Monster, so hatte man ihn einst geschimpft, jetzt war er hier bei mir und meiner Familie mit einem richtigen Namen: Schwarz. Dabei hatte sein Fell nicht einmal diese Farbe, die hatte nur die Spitze seines Schwanzes. Dieser große Hund hatte mir schon viel geholfen, auf der Jagd, beim Vertreiben von Einbrechern vor einem Jahr und beim Überwinden von Trauer. Er gab mir Hoffnung in jedweder Situation. Ich kraulte ihn hinter den Ohren, was er zu genießen schien.

Der beste Freund des Menschen, immer wieder bestätigte Schwarz, dass er und all die anderen Hunde diesen Titel verdient hatten. Und ganz egal, wie viele Jahrtausende diese Welt noch erleben würde, sie werden ihn immer tragen.

Ich drehte meinen Stuhl, so dass ich mit den Beinen nun nicht mehr unter dem Tisch saß, und prompt stellte Schwarz seine Füße auf meine Knie und hechelte mich an. Ich wusste, dass es ein Lächeln war. Seine Art zu lächeln.

„Du weißt, dass ich bald schon gehen muss, oder?“ Schwarz wedelte mit seinem Schwanz, hechelte und drückte mir seine Schnauze ins Gesicht. „Hör auf“, sagte ich und musste doch irgendwie lachen. „Nun gut, es soll dir vergönnt sein, wenn ich Pech habe, sehe ich dich heute das letzte Mal, für immer.“

Ich erinnerte mich plötzlich daran, wie ich zu dem Hund gekommen war. Es war an einem Markttag gewesen, in der Stadt hatte ich die Besorgungen für die nächste Zeit gemacht. Bei den stinkenden Fischständen hatte ich dann das damalige „bösartige Monster“ zum ersten Mal gesehen. „Verpiss dich, du mieser Köter“, hatte ein Verkäufer geschrien. Seine Rufe waren im Stimmgewirr untergegangen, nur mich schienen sie erreicht zu haben. Damals war ich näher an den Stand heran getreten. „Hau ab! Oder ich gebe dir eines mit der Peitsche.“

Kurz darauf hatte es einmal geklatscht und der Hund hatte aufgejault. „Halt! Was tust du da“, hatte ich den Verkäufer angeschrien. „Dieses Mistvieh verschwindet nicht.“

Ich hatte dieses Mistvieh angesehen und bemerkt, warum er nicht gegangen war. „Er ist ganz ausgehungert! Kein Wunder, dass er nicht geht. Gib mir den Hund.“ „Du willst das bösartige Monster haben? Du kriegst es, wenn du mir einen Fisch abkaufst, läuft mies das Geschäft heute.“

Mit leuchtenden Augen hatte mich der Mann angesehen. Sie waren grau gewesen und von seinem schmutzigen Haar, das die gleiche Farbe wie der dreckige Boden hatte, verdeckt worden. Widerwillig tat ich ihm den Gefallen und gab dem Hund kurz darauf den Fisch.

Eigentlich hatte ich damals nicht beabsichtigt, ihn mit nach Hause zu nehmen, doch das bösartige Monster war mir treu gefolgt und hatte von meiner jüngsten Tochter kurz darauf den Namen „Schwarz“ erhalten.

Anfangs hatte meine Frau viel über den Hund geschimpft, später war sie dankbar gewesen, dass ich ihn mitgenommen hatte.

„Tja, Schwarz. Ich hoffe sehr, du wirst auf meine Familie acht geben“, sagte ich nun zu ihm.Zustimmend bellte er und drückte mir seine Schnauze gegen die Brust. Kurz darauf klopfte es kräftig an die Tür. „Sie kommen“, flüsterte ich, stand auf und öffnete die Tür.

„Du wirst zum Heeresdienst gerufen, komm mit uns“, diese groben Worte schleuderte mir ein Hüne in Lederrüstung entgegen. Ich griff meinen Kapuzenmantel und blickte mich um.

„Mach`s gut, Schwarz.“ Der große Hunde wedelte mit dem Schwanz, dann bellte er zum Abschied und ich bildete mir ein, dass er damit ‚Bis bald’ sagen wollte. „Bis bald“, flüsterte ich und ging aus der Tür.

Laura Windsberger14 Jahre alt, aus Stemmen in Deutschland

*

Der Hahn

Es war einmal ein Hahn,

der suchte eine Frau,

da nahm er sich `nen Pfau,

der Pfau war ihm zu bunt,

da nahm er sich `nen Hund,

der Hund, der hat `ne Wanze,

da nahm er sich Konstanze,

Konstanzes Augen waren blau,

da nahm er sich `ne dicke Sau,

die dicke Sau, die fraß zu viel,

da nahm er sich `n Krokodil,

das Krokodil war gar nicht zahm,

da nahm er sich `nen weißen Schwan,

der Schwan war ihm zu fein,

da nahm er sich `n Schwein,

das Schwein war ihm zu brav,

da nahm er sich `en Schaf,

das Schaf war voller Tücke,

da nahm er sich `ne Mücke,

die Mücke war zu fluchs,

da nahm er sich `nen Luchs,

der Luchs, der war ganz blind,

da nahm er sich `nen Rind,

beim Rind, da ward´ ihm schlecht,

da nahm er sich `nen Specht,

der Specht, der musste immer klopfen,

da nahm er sich `nen Wiedehopfen,

der Wiedehopf spielt lieber Golf,

da nahm er sich `nen großen Wolf,

der Wolf, der lebte in `nem Rudel,

da nahm er sich `nen Pudel,

der Pudel zog nach Mexiko,

da nahm er sich `nen Floh,

der Floh fiel von der Stiege,

da nahm er sich `ne Fliege,

die Fliege hat ein großes Auge,

da nahm er sich `ne schöne Taube,

die Taube fraß die Küchenschaben,

da nahm er sich `nen Raben,

der Rabe trug nur rote Schuh,

da nahm er sich `nen Känguru,

das Känguru war ihm zu weise,

da nahm er sich `ne Meise,

die Meise flog nach Wesel,

da nahm er sich `nen Esel,

der Esel wollt´ nichts tun,

da nahm er sich `nen Huhn.

Anne Bittner und Nicolas Scholz13 Jahre alt, aus Bielefeld in Deutschland

*

Rüdiger

In einem Land, das sich Deutschland nennt, gibt es einen kleinen Wald, in dem ein Bär lebt. Dieser Bär heißt Rüdiger. Aber nicht nur Bären bewohnen den Wald. Nein, auch Reh Knubbel und Wolf Senior sind noch da. Doch auch den Fuchs Rossi und den Hasen Grausel wollen wir nicht ausschließen.

Unsere Geschichte begann wieder einmal damit, dass Rüdiger nicht aufstehen wollte, doch Grausel machte seinen Widerstand gleich zunichte. Er machte tiefe brummende Laute und schrie: „Rüdiger steeehhh auf!“ Rüdiger wurde sofort von dem Krach wach und guckte auf den Wecker. Rüdiger rief entsetzt: „Was schon 5 vor 12, da habe ich ja mal wieder den ganzen Morgen verschlafen.“ Sofort rannte er, soweit sein massiger Körper das zuließ, aus der Höhle.

Draußen wurde er von dem kichernden Knubbel mit den Worten: „Na, aufgewacht?“, begrüßt. Knubbel trippelte schnüffelnd zu Rüdiger und wurde ganz blass: „Puh, Rüdiger, du stinkst, warst du gestern noch fischen?“ „Ja, ein Bär muss doch etwas im Magen haben.“ „Ja, Hasen auch, aber Mohrrüben stinken nicht so“, sagte Grausel. „Los geh zum Fluss und wasch dich!“

Murrend trottete Rüdiger los und kam auf seinem Weg an einem Bienenstock vorbei. Da für Bären Honig einfach unwiderstehlich ist, steckte Rüdiger seine Pranke direkt in die Öffnung. Ein heftiger Schmerz fuhr durch seine Tatze und Rüdiger wollte die Tatze zurückziehen, doch es ging nicht. Rüdiger saß in der Falle.

Hinter einem Baum tauchte jetzt Wolf Senior auf, da wusste Rüdiger, wer die Falle in den Bienenstock gestellt hatte. Rüdiger rief wütend: „Warum musst du immer Fallen bauen, kannst du nicht wie jeder gute Jäger jagen?“

„Mit meinen 17 Jahren kann ein Wolf nicht mehr gut rennen, also muss ich mir etwas ausdenken, um ein so gutes Fressen wie dich zu bekommen.“ Als Wolf Senior gerade an Rüdiger knabbern wollte, tauchte sein Freund Knubbel auf und scharrte mit den Hufen.

„Verschwinde und lass meinen Freund in Ruhe“, rief Knubbel. Angsterfüllt suchte Wolf Senior das Weite, da er erst letzte Woche von den harten Hufen des Rehs getroffen worden war. Rüdiger bedankte sich überschwänglich bei seinem Freund und befreite seine Tatze aus dem Bienenstock. Knubbel wollte aber keinen Dank, schließlich helfen sich Freunde, sondern er schickte Rüdiger zum Fluss, damit der sich dort waschen konnte, um den Gestank los zu werden.

30 Minuten später trottete Rüdiger immer noch ungewaschen durch den Wald, als der Fuchs Rossi plötzlich vor ihm stand. Rossi fragte: „Willst du wirklich im kalten Fluss baden? Ich kenne da eine schöne warme Quelle ganz in der Nähe, in der könntest du viel angenehmer baden.“ Das klang so toll, dass Rüdiger arglos dem Fuchs folgte. An der Quelle angekommen, sagte der Fuchs: „Leg deine Sachen ruhig hier ins Gras, ich pass schon auf.“

Rüdiger stieg in das angenehm warme Wasser und döste so vor sich hin. Eine knappe Stunde später stieg Rüdiger aus dem Wasser und sah mit Entsetzen, dass der Fuchs mit seinen Sachen verschwunden war. Rüdiger schrie: „Du Dieb, du hast mich ausgeraubt. Ich will meine Uhr, mein Geld und meinen Hut zurück.“ Grummelnd und zornig ging Rüdiger zurück zur Höhle.

Plötzlich sah Rüdiger einen Fuchs auf dem Weg. Er schrie dem Fuchs hinterher: „Bleib sofort stehen.“ Der Fuchs dachte nicht daran und so folgte Rüdiger ihm über Stock und Stein, stolperte über Wurzeln und tatsächlich unten am Bach erwischte er den Fuchs.

Der Fuchs hatte Angst und flehte Rüdiger an, ihm nichts zu tun. Da erkannte Rüdiger, dass der Fuchs nicht Rossi war, sondern ein fremder Fuchs. Rüdiger erklärte dem fremden Fuchs alles, und der erzählte von einem Fuchs mit Hut und Weste, den er vor nur zwei Minuten gesehen hatte.

Rüdiger wollte jetzt natürlich genau wissen, wo das gewesen war, und der fremde Fuchs sagte nur: „Laufe einfach nur deiner Nase nach.“ Bevor Rüdiger das richtig verstanden hatte, war der Fuchs auch schon verschwunden.

Also reckte Rüdiger seine Knubbelnase in die Luft und marschierte wieder los. Nach kurzer Zeit glaubte Rüdiger tatsächlich etwas zu riechen. Ob das nur daran lag, dass er einen Bärenhunger hatte? Doch da, nicht weit entfernt vor einem Fuchsbau entfernt, lag ein schönes Stück Fleisch. Rüdiger lief schneller und griff nach dem Fleisch.

Plötzlich schloss sich ein Seil um Rüdigers Bein und wollte ihn in die Luft reißen, doch sein Bärengewicht hielt ihn zurück. Schon wieder eine Falle, dachte Rüdiger, als Rossi aus seinem Bau kam, um nach seiner Falle zu gucken.

„Ha, du hinterhältiger Fiesling“, schrie Rüdiger und befreite sich mit seinen scharfen Krallen. Rossi wollte weglaufen, doch plumps, fiel er in ein Loch vor der Falle. Rossi weinte und winselte und Rüdiger hatte Mitleid.

Rüdiger machte mit Rossi einen Deal. Rossi musste alle geklauten Sachen zurückgeben und durfte keine Fallen mehr bauen, dann würde Rüdiger ihn aus dem Loch helfen.

Gesagt, getan. Rüdiger ging endlich zu seiner Höhle, wo seine Freunde schon auf ihn warteten. Erschöpft setzte er sich dazu und fing an, über seinen Tag nachzudenken.

Als sie so eine lange Zeit still dagesessen hatten, sagte Rüdiger plötzlich: „Hätte ich mich doch nur nicht gewaschen, dann wäre der Tag ruhig und schön gewesen. Ich denke für Bären ist Waschen nicht gut.“

Und so wusch sich Rüdiger die nächsten Wochen gar nicht mehr und verbrachte schöne Tage mit seinen Freunden im Wald.

Alain Lübben9 Jahre alt, aus Bremen in Deutschland

*

Ode an...

Da draußen sitzt du und starrst mich aus deinen bernsteinfarbenen runden Augen an. Deine vielen, dünnen, kurzen orange-roten Haare wehen im Wind. Stolz sitzt du da. Etwas klein bist du, wirst es immer bleiben, hat der Arzt gesagt.

Wie klug du guckst. Noch hast du mich nicht entdeckt. Während du in die Sonne blinzelst, die sich in deinem roten Haar verfängt, trete ich vor die Tür. Du siehst mich an und deine Miene hellt sich auf, sie wird sanft. Deine Mundwinkel ziehen sich nach oben, als ob du lachen würdest.

Schnell stehst du auf und läufst majestätisch, wie es sich für dich gebührt, rasch auf mich zu und ich dir entgegen. Ich setzte mich auf die Stufen und nehme dich in den Arm.

Mit einem Miau fängst du an zu schnurren.

Ja, du bist doch meine Lieblings ... Katze!

Marie Chevillié15 Jahre alt, aus Biberach/Riss in Deutschland

*

Vereint in London

Diese Geschichte erzählte mir ein Freund, der nicht namentlich genannt werden möchte. Also: In der Stadt London lebte ein Hund, eine Promenadenmischung. Der Hund war ein Streuner, mancher würde sagen: obdachlos! In dieser Geschichte will ich ihn Fiffi nennen. Eines Tages, der Hund streunte gerade herum, gellte ein Ruf durch die Straße: „Kessy! Kessy, Süße, komm her, bei Fuß!“

Kessy? Wer verdammt war das? Fiffi reckte den Hals - und sah eine wunderschöne Hundedame! Eine Promenadenmischung, so wie er. Fiffi trabte den Weg entlang und suchte nach einer Glasscherbe. Als er eine fand, verdrehte er seinen Kopf so, dass er sich in der Scherbe sehen konnte. Er leckte seine Pfote und versuchte, indem er sich damit über den Kopf strich, das räudige Aussehen etwas zu übertünchen.

Er stolzierte zu Kessy, der schönen Hundedame. Die beachtete ihn gar nicht, sondern ließ nur gelangweilt ein paar gelbe Tropfen ins Gebüsch fallen. Kaum war Kessy von dannen stolziert, hielt Fiffi seine Nase auch schon in die Stelle, auf die die süße Kessy gepinkelt hatte.

Welch süße Düfte drangen an Fiffis Nase! Er wackelte eilig hinter Kessy samt Frauchen her, um herauszufinden, wo „seine“ wandelnde Blume denn zu Hause war. Als er schließlich vor dem Bäumchenweg 11 stand, erinnerte Fiffi sich daran, dass er ebenfalls ein Bäumchen zum Pinkeln benötigte. Also wieselte er wieder zu der Stelle, an der Kessy ihre Duftmarke hinterlassen hatte. Auf ebendieses Grasbüschel pinkelte auch er.

Danach schnüffelte er noch mal. Zwei süße Düfte vereinen sich, dachte er. Am nächsten Tag traf er Kessy wieder. In einem unbeobachteten Moment traute er sich sogar, Kessy zu sagen, dass er sie liebte. Und siehe da, sie mochte ihn auch! Von da an trafen sie sich jeden Tag und lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende. Und wer weiß, ob es da vielleicht noch Welpen gibt...?

Jette Frantz10 Jahre alt, aus Weyhe in Deutschland

*

Die Maus und die Laus

Die Maus und die Laus, die wohnen in einem Haus.

Da sagt die Maus: „ Lass mich hinaus!“

„Nein“, erwidert die Laus. „Du bleibst im Haus!

Draußen der Sturm dich erfasst,

so dass du keine Freunde mehr hast.“

Da denkt die Maus,

ich mach mir nichts daraus.

Sie verlässt das Haus

samt der lieben Laus.

Gleich ergreift sie der Wind

und bringt sie zum Himmel geschwind.

Ko Kanatori 10 Jahre alt, aus Tokyo in Japan

*

Die Schleichprüfung

Die Geschichte, die ich jetzt erzähle, handelt von einer Maus namens Klette. Eigentlich war fressen, schlafen, herumhuschen und vor dem Kater weglaufen das Einzige, was sie tat. Aber einmal passierte etwas ganz anderes. Etwas Gefährliches. Klette lebte mit einer ganzen Schar Mäuse auf einem Dachboden. Klettes Familie wohnte in einem alten Schuh. Es gab noch eine ganze Reihe verschiedener Mäusewohnungen, wie zum Beispiel einen alten Strohhut oder eine ausrangierte Kaffeekanne.

Klette war noch eine sehr junge Maus, und musste wie alle anderen jungen Mäuse zur Schule gehen. Doch stelle sich bitte niemand vor, die Mäuse würden rechnen und schreiben lernen (was allerdings auch sehr verwunderlich wäre), nein, nein. Sie lernen schleichen, huschen, schnell essen, verschiedene Gerüche zu unterscheiden und vor allem eines: Sich vor dem Kater in Acht zu nehmen!

Denn Jacques, so hieß der Kater, war zwar sehr gemütlich und faulenzte am liebsten, doch wenn er eine Maus sah, dann war er nicht mehr zu halten. Dann schlug er zu wie der Feind. Und er hatte schon einige Mäuse elendig in seinem Maul zu Grunde gehen lassen.

Klette fand ihr Dasein als Maus herrlich, nur einer ärgerte sie immer wieder: Giovanni. Er war ungefähr so alt wie sie und ein fürchterlicher Angeber. Klettes Eltern hatten ihn von der Straße geholt, nachdem seine Eltern gestorben waren. Dauernd gab er damit an, was für ein toller Hecht sein Vater zu Lebzeiten gewesen war.

Aber war der überhaupt so toll? Der war doch so dumm gewesen, sich von einer Katze fressen zu lassen! Klettes Eltern dagegen lebten noch. Aber die ganze Angeberei hätte ihr nichts ausgemacht, wenn Giovanni nicht so viele andere Mäuse geglaubt hätten. Er hatte eine ganze Schar Bewunderer hinter sich. Und Klette fand es sehr schwachsinnig, ihm zu glauben.

Klette lag noch in tiefem Schlaf, als ihre Mutter sie rief. „Klette, Klette! Aufstehen!“ Sie wurde am Ohr gezupft. „Ich bin schon seit einer halben Stunde wach“, hörte sie Giovannis Stimme. Sie sprang wütend auf. „Hör auf immer so anzugeben! Du hast gestern auch nicht bis in den Tag hinein gearbeitet!“ „Hört auf! Ihr müsst in die Schule! Die Nacht hat längst begonnen! Die Dämmerung ist schon vorbei!“ Klette erschrak. Schnell schluckte sie ihr Frühstück, ein Stück Käse, herunter. Dann machte sie sich mit Giovanni auf den Weg zur Schule. Sie waren jetzt in dem Alter, in dem man seine Prüfung zur volljährigen Maus machte.

Die Prüfung dauerte etwa ein Mäusejahr, in jedem Fach wurde man eine Mäusewoche (etwa drei Nächte) lang geprüft. Diese Woche stand das Schleichen auf dem Plan. Geprüft wurde während der ganzen Schulzeit, sogar auf dem Schulweg. Man musste versuchen, unbemerkt in die Schule zu gelangen, wenn man es schaffte, bekam man ein Plus.

Klette ließ Giovanni vorauslaufen und schlug dann einen anderen Weg ein. Sie wusste, dass es besser war, allein zu schleichen, denn wenn man zu zweit schlich, und einer wurde bemerkt, dann war auch der zweite verraten. Sie schlich weiter und erblickte die ersten „Wächter“, zwei Prüfer, die in einigem Abstand zur Schule standen und jeden, der sich erwischen ließ, in der Schule meldete. Dieser bekam ein Minus und einen „Du-musst-noch-üben-Blick“ von der Lehrerin. Das galt es zu vermeiden. Schnell huschte Klette an den Wächtern vorbei. Auch Giovanni hatte es geschafft.

Doch das war noch lange kein Grund zum Feiern, denn heute stand die schwerste Prüfung bevor. Sie mussten sich an dem Kater vorbei schleichen, in die Küche gelangen und eine Nuss stehlen. Dann mussten sie ungefressen und quicklebendig mit der Nuss wieder auf dem Dachboden erscheinen. Erst dann hatten sie die Schleichprüfung abgelegt und waren fast volljährig.

Die jungen Mäuseprüflinge machten sich auf zur Dachbodentreppe. Ihnen wurde eingeschärft, die Prüfung zu vergessen, wenn Katzenalarm war. Das eigene Leben war wichtiger als die Prüfung. Dann schwärmten sie aus. Es galt zuerst das Wohnzimmer zu durchqueren. Das war nicht so einfach, denn hier lag Jacques und genoss das Leben. Wenn eine Maus in seinem Blickfeld erschien, drohte ihr der Tod.

Klette schaffte es, an ihm vorbei zu schleichen, und kam in die Küche. Sie schlich zu dem kleinen Topf mit Nüssen auf dem Schrank. Als alle in der Küche angelangt waren, öffneten sie den Topf. Sie wollten gerade mit den Nüssen verschwinden, da tat Jacques einen lauten Schnarcher.

Erschrocken kauerten sich die Mäuse auf dem Boden zusammen. Vorsichtig lugten sie aus der Küchentür. Als sie sahen, dass Jacques tief und fest schlief, flüchteten sie. Klette raste unter dem Sofa durch und sah erleichtert die Dachbodentreppe vor sich. Sie hastete nach oben. Sie hatte die Prüfung bestanden.

Nun lugte sie lugte über den Rand der Treppe, um zu sehen, wie sich die anderen machten. Einige waren schon wieder zurück, doch manche waren noch unten. Giovanni hatte die Treppe schon fast erreicht, doch was Klette sah, gefiel ihr nicht. Hinter Giovanni rannte Larry genau auf dem gleichen Weg. Er berührte fast schon Giovannis Schwanz. Larry hörte nie zu, wenn die Lehrerin was sagte.

Er hatte nicht einmal mitgekriegt, dass man nur allein schleichen sollte. Außerdem hielt er sich für ein Talent in mutigen Aktionen, er sagte halblaut: „Hey, Kater! Versuch uns doch zu fangen!“ Zum Glück merkte Jacques nichts. Aber Giovanni drehte sich um und versetzte Larry einen Hieb mit der Pfote. „Sei still!“ Das war eindeutig ein Fehler. Larry war größer als die anderen, und dafür bekannt, dass er gerne Prügeleien anfing. Das endete meistens mit einem Sieg für ihn.

Und so war es auch diesmal. „Du willst dich also mit mir anlegen?“ Giovanni ging einfach weiter. Larry überholte ihn und baute sich vor ihm auf.

Plötzlich wachte der Kater auf. Fauchend erhob er sich. Die beiden Mäuse rannten los. Giovanni langte als erster bei der Dachbodentreppe an, doch Larry schubste ihn einfach beiseite.

Giovanni rappelte sich wieder auf und wollte zur Treppe, doch Jacques versperrte ihm den Weg. Verzweifelt wich er nun zur Seite aus.

Da kam Klette. An einem Bindfaden ließ sie sich herunterfallen. Sie fiel direkt auf den Kater und krallte sich in seinem Fell fest. Der Kater drehte sich um und versuchte mit der Pfote den Fremdkörper aus seinem Fell zu entfernen.

Das nützte Giovanni aus und raste die Treppe hinauf. Klette hing im Fell des Katers und wich seinen Tatzenhieben aus. Der Kater schüttelte sich und sprang hin und her. Einmal sprang er in Richtung Treppe. Klette ließ los. Sie wurde ein Stück geschleudert und entkam. Oben wurde sie von der ganzen Schar empfangen.

Eben noch hatten sie alle den Atem angehalten, jetzt brach großer Jubel los. „Du hast Giovanni gerettet“, hörte Klette die Stimme ihrer Mutter. Dann feierten sie eine Fete.

Nur einer saß abseits. Larry. Er hatte für den Rest seines Lebens genug von mutigen Aktionen. Und auch Giovanni gab nie mehr vor Klette an. Nur manchmal - ein ganz kleines bisschen.

Lea Hohmann 12 Jahre alt, aus Waldbronn in Deutschland

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Frei wie ein Adler

Die ersten Sonnenstrahlen fielen zwischen die blühenden Blätter des alten Mammutbaums. Die Vögel zwitscherten schon, doch ein Weißkopfseeadler-Weibchen hatte an diesem Morgen mehr zu tun, als über einem der zahlreichen Seen Nordamerikas zu kreisen und nach Fischen Ausschau zu halten, denn es brütete.

Die Nester ihrer Spezies gehörten zu den größten überhaupt, doch sie füllte es nur mit zwei Eiern. Diese Eier waren ihr ganzer Stolz, sie liebte ihre ungeborenen Küken jetzt schon.

An diesem warmen Frühlingsmorgen sollte es nun endlich soweit sein, die Adler würden schlüpfen, dessen war sich Ruby, die baldige Mutter, ganz sicher.

Und tatsächlich, ihre weibliche Intuition hatte sie nicht getäuscht. Schon einige Stunden nach Sonnenaufgang begann die Schale der Eier langsam zu zerbröckeln. Nervös hatte sich Ruby an den Rand des großen Nestes gesetzt und fuhr ihre Krallen ein und aus.

Nach einem minutenlangen Prozess ragte endlich der erste Schnabel aus der zerbrochenen Schale heraus. Kurz darauf durchbrach auch das andere Küken das Ei und streckte seinen Kopf gen Freiheit. Als die beiden Kleinen sich endlich ganz befreit hatten, bemerkte Ruby, dass das eine Küken weder den dunkelgrauen Schnabel, noch die braune Iris besaß, die für Jungvögel dieser Art üblich waren, sondern einen hellgelben Schnabel und eine grüne Iris. Glücklicherweise entsprach das andere Küken ihren Vorstellungen.

Nach 33 Tagen war es endlich soweit: Die Küken waren flügge geworden. Ruby war etwas aufgeregt, sie wusste nicht, wie das außergewöhnliche Jungtier fliegen oder ob es überhaupt fliegen würde. Sie hatte ihren Nachwuchs auf die Namen Jane und Luke getauft, da es verschiedengeschlechtliche Zwillinge waren. Ruby hatte ihnen die Theorie der Flugkunst schon beigebracht, doch machte sie sich - wie jede Mutter - Sorgen, ob ihre Kinder es auch in der Praxis schaffen würden, insbesondere ihr Sorgenkind Jane.

Nun war der große Moment gekommen. Die beiden Jungtiere standen am Rand des Nestes und waren flugbereit. Ihre Mutter stand hinter ihnen. Zuerst versuchte Luke sein Glück. Er breitete seine flauschigen Flügel aus und sprang in den Abgrund. So selbstverständlich wie Atmen spreizte er seine Flügel und schlug mit ihnen rauf und runter. Nachdem er eine großzügige Runde über den See gedreht hatte, kehrte er zum Nest zurück und ließ sich nieder.

Jane war dran. Als sie ihre Flügel ausbreitete und zum Sprung ansetzte, wurde Ruby ganz bang ums Herz. Sie betete innerlich, doch versuchte sie, sich nichts anmerken zu lassen. Jane hüpfte - und stürzte. Sie schaffte es zwar, ihre Flügel zu schwingen, doch sie war nicht stark genug. Langsam sackte sie immer weiter in Richtung Wasser.

Luke hüpfte aufgeregt im Nest herum und fiepte seine Mutter an. Sie aber wusste, dass es nichts bringen würde, das Küken zu retten, da es als Adler (oder was das Küken auch immer war) nicht den geringsten Hauch einer Chance hatte zu überleben.

Ruby nahm ihren Sohn in den Schnabel und drehte ihn zu sich um, sodass er nicht den Tod seiner Schwester miterleben musste. Auch sie schloss die Augen - und falls es jemand nicht für möglich gehalten hatte, dass Vögel weinen können, irrte sich dieser. Denn nun weinte Ruby um ihr Kind.

Ein lautes Platschen wurde hörbar. Ruby zuckte spürbar zusammen. Sie bedeutete ihrem Sohn zu bleiben, wo er war, sie selber machte sich auf den Weg zur Kante des Nestes und blickte nach unten.

Doch was sah sie da?! Statt eines ertrunkenen Adlerkükens schwamm auf der Oberfläche ein Schwanenküken! Nun konnte sich Ruby die andersfarbene Färbung erklären: Jane war ein Schwan, kein Adler, ein Schwan, der wunderschön schwimmen konnte.

Sabrina Rebecca Bienger13 Jahre alt, aus Hamburg in Deutschland

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Reise mit dem Baum

Es war ein wundervoller Frühlingstag. Auf der Wiese auf einem Baum, dessen Blüten so schön rosa in der Sonne leuchteten, saß ein Vogel. Er fragte den Baum: „Wie ist dein Name?“ Mit rauer Stimme antwortete der Kirschbaum: „Mein Name? Mein Name ist Herr Schrik und ich stehe hier schon seit vielen Jahren.“

„Herr Schrik“, wiederholte der junge Vogel. „Na dann hören Sie mal, Herr Schrik, ich suche einen Freund, der mich begleiten kann, auf meiner weiten Reise, doch ich ... habe noch niemanden gefunden. So möchte ich Sie fragen, Herr Schrik, ob Sie mich begleiten wollen auf meiner Reise?“

„Begleiten? Ich? Aber ich bin doch schon alt, bald wird es mit mir vorbei sein“, antwortete der Baum leise, als hätte er in den Tiefen seines Herzens nach dieser Antwort gesucht und sie gefunden. „Ich kenne Sie noch nicht mal!“

„Na dann sollen Sie mich kennen lernen“, sagte der kleine Vogel, nahm den Baum an seine Seite und flog mit ihm davon. „Wie ist Ihr Name“, fragte nun der Baum. „Mein Name“, wiederholte der kleine Vogel, als er stark mit den Flügeln flatterte. „Der ist nicht wichtig, ich bin der kleine Vogel, den sie kennen lernen sollen.“

Viele Stunden flogen sie schweigend über Dächer und Täler und als es langsam dunkel wurde, setzte der Vogel zum Landen an. Es war Sommer, sie waren nun in einem dichten Wald zwischen großen und erhabenen Bäumen, die alle schon in tiefen Schlaf gefallen waren. Der kleine Vogel landete neben einem plätschernden Bächlein, von dem er wusste, dass es zu einem Fluss wurde, der dann nach langen Wegen ins große Meer floss.

„An diesem Bächlein sollten wir uns ein Beispiel nehmen, denn jeder fängt klein an und kommt dann aber irgendwann an sein Ziel“, zwitscherte das Vögelchen. „Das ist Recht, so wahr ich Herr Schrik heiße, jeder fängt klein an. Selbst ich habe klein angefangen. Nehmen wir die Perle als Beispiel: Sie war mal ein Sandkorn, so wird aus etwas Kleinem etwas Wunderschönes.“ Und mit diesen Worten vielen sie beide in tiefen Schlaf.

Bald schon erwachte der Vogel und sah den wachen Baum neben sich, wie er dem Vogel ein kleines Lächeln schenkte. So nahm er den Baum an seine Seite und sie flogen davon, lange Zeit und bald war es Herbst und sie kamen an einen kleinen verwüsteten Ort, wo keine Menschenseele mehr ihr Leben führte. Der Baum hatte fast keine Blätter mehr und er musste dem herangewachsenen Vogel oft erklären, dass es der Lauf der Natur war, dass er seine Blätter verlor: „Wie meine Blätter fallen, so ist es einmal mit mir vorbei. Nicht lange hin, da wird es mir wie dieser Stadt ergehen und niemand wird mehr da sein. Woanders werde ich sein, nicht aus diesem Holz werde ich dann gewachsen sein, sondern aus einem anderen werde ich bestehen, vielleicht bin ich dann ein Apfelbaum oder auch nicht. Was mich oder dich erwarten wird, das weiß ich nicht.“ Und langsam hoben sie wieder ab, wobei der Vogel leise weinte. Bald schon kamen sie an derselben Wiese an, von der sie los geflogen waren. Der Vogel setzte den Baum sachte ab. Es war bereits Winter und der Baum war kahl und mit Schnee bedeckt. Doch nun hauchte er leise: „Wie ist dein Name?“ Und der Vogel antwortete in Tränen: „Mein Name ist Aron, der Erleuchtete.“ Da wusste Aron, dass sein Freund fort war.

Maike Pfrang11 Jahre alt, aus Hongkong in China

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Kleines Bärenkind

Es war einmal ein kleines Bärenkind. Eines Tages sagte es: „Du Mama, ich will einen Flug nach Indien machen, kommst du mit?“ „Nein, ich habe noch vieles zu tun“, antwortete die Mutter. „Dann mache ich den Flug alleine und du kommst nicht mit, tschühüss, ich gehe jetzt, bis bald.“ Das kleine Bärenkind ging zum Flughafen. Die Mutter zu Hause schrubbte und putzte und dachte nicht mehr an das Bärenkind. Sie war so beschäftigt.

Das Bärenkind stieg in das Flugzeug. Die Menschen sagten: „Bärenkinder dürfen nicht Flüge machen!“ Das Bärenkind war beleidigt. Aber es wusste, dass es noch sechs Stunden hier im Flugzeug bleiben musste. „Ach, ich weiß, manchmal hat man auch ein gutes Leben.“ Endlich war der Flug zu Ende. Das Bärenkind stieg aus und sah sich um: „Was es hier für schöne Sachen gibt. Ob es hier auch Bären gibt? Ich weiß es nicht. Aber vielleicht ist es so, na ja. Irgendwie will ich wieder nach Hause.“

Da flog das Bärenkind nach Hause. Die Mutter und das Bärenkind lebten glücklich zusammen. Und das Bärenkind sprach: „Ich fliege nie wieder nach Indien.“

Almut Haller 6 Jahre alt, aus Berlin in Deutschland

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Der ständige Namenswechsel

Als ich als Fohlen auf die Welt kam, wurde ich gleich getauft. Der Pfarrer kippte mir Wasser auf den Kopf und sagte: „Ich taufe dich auf den Namen Itekka.“

Als ich zwölf war, sollte ich verkauft werden. Ich kam zu einer Familie. Familie Javuhojo. Ein Kind davon, Klaas Javuhojo, war frech zu mir. Am ersten Tag überlegten sich die Kinder Namen. Klaas wollte mich Ulrike nennen, da sagte Ilka: „Nenn die Stute doch Sonja!“

Eigentlich wollte ich weiterhin Itekka heißen, aber ich wurde Sonja genannt. Klaas machte viel Quatsch mit mir: Er schüttete Cola über mich, steckte mir seinen Schnuller ins Maul, bewarf mich mit Zeitungspapier und lief mir hinterher, als Ilka auf mir an der Longe lief.

Als ich 19 war, wollten sie aus mir ein Reitpferd machen. Aber ich wollte Turnierpferd werden.

---ENDE DER LESEPROBE---