Tiffany Exklusiv Band 49 - Jo Leigh - E-Book
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Tiffany Exklusiv Band 49 E-Book

JO LEIGH

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Beschreibung

HEIßE WEIHNACHT! von DALY, BARBARA
Heiß sind die Winternächte, die Hope mit Sam Sharkey im Bett verbringt! Nie zuvor hat sie derart leidenschaftlichen Sex gehabt. Schnell wird aus der prickelnden Affäre mehr für Hope - doch auf ein Happy End unterm Mistelzweig scheint sie vergeblich zu hoffen …

ZARTE SPITZE - HEIßE HAUT von LEIGH, JO
Heftiges Verlangen erfasst Charles Warren, als seine Sekretärin Jane in sexy Dessous vor ihm steht. Nur zu gern lässt er sich von ihr verführen. Ein Spiel mit dem Feuer, denn nach einem Unfall leidet Jane an Amnesie und ist überzeugt, Charles’ zukünftige Ehefrau zu sein!

HEIßE NÄCHTE AUF LONG ISLAND von D'ALESSANDRO, JACQUIE
Beruf und Privatleben trennt die New Yorker Werbefachfrau Jilly konsequent! Bis sie wegen eines Buchungsfehlers mit ihrem Kollegen Matt in einer Suite landet und die sinnlichste Nacht ihres Lebens genießt. Für Jilly ist es mehr als ein One-Night-Stand! Aber was ist mit Matt?

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Seitenzahl: 596

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Barbara Daly, Jo Leigh, Jacquie D´Alessandro

TIFFANY EXKLUSIV BAND 49

IMPRESSUM

TIFFANY EXKLUSIV erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage in der Reihe TIFFANY EXKLUSIVBand 49 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg

© 2001 by Barbara Daly Originaltitel: „A Long Hot Christmas“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dorothee Halves Deutsche Erstausgabe 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1023

© 2000 by Jolie Kramer Originaltitel: „Ms. Taken“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Sarah Falk Deutsche Erstausgabe 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 971

© 2003 by Jacquie D’Alessandro Originaltitel: „A Sure Thing?“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: TEMPTATION Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Margret Krätzig Deutsche Erstausgabe 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe TIFFANY, Band 1181

Abbildungen: Tom Merton / Getty Images, Icealien / Thinkstock, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733752552

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY

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Heiße Weihnacht!

1. KAPITEL

Wieder einmal verbündeten Hope Sumners Schwestern sich gegen sie.

„Ich habe von einer Katze geredet“, stellte sie klar. „Ich brauche keinen Mann.“

„Nur einen zum Ausgehen“, sagte Faith.

„Einen Begleiter, nicht mehr“, ergänzte Charity.

„Weil die Weihnachtszeit mit all den Partys naht“, fügte Faith hinzu.

Hope bereute, dass sie ihren Schwestern beigebracht hatte, wie man Konferenzgespräche schaltet. Vor ihren Dreier-Telefonaten zwischen Los Angeles, Chicago und New York hatten Charity und Faith sie nur getrennt attackieren können, und im Zweikampf war sie unbesiegbar. Gegen alle beide jedoch musste sie um ihr Leben kämpfen. Oder, in diesem Fall, um ihren Lebensstil.

Und was war falsch an ihrem Lebensstil? Nichts. Sie lebte sehr gern in New York. Sie war beruflich erfolgreich, sie konnte sich elegante Kleidung leisten, wenn sie Zeit zum Shoppen fand, und luxuriöse Reisen, falls sie je die Zeit hätte, Urlaub zu nehmen, und eine Wohnung mit einem fantastischen Blick – wo sie selten war und auch jetzt nicht.

„Lana sagt, dass er sehr nett ist“, bemerkte Faith.

„Lana? Der Punk-Rock-Filmstar? Lana steht auf Typen mit Lederjacken und Motorrädern. Das hast du mir selbst erzählt.“

„Und so hat sie ihn kennengelernt“, erklärte Faith. „Lanas derzeitiger Lover ist ein Software-Genie. ‚The Shark‘ hat ihn in dem Prozess gegen dieses riesige Software-Unternehmen verteidigt.“

„‚The Shark‘? Der Hai?“

„Sein richtiger Name ist Sam Sharkey. Aber alle nennen ihn ‚Shark‘.“

„Aha. Hat er den Prozess gewonnen?“

„Natürlich“, sagte Faith. „Und während die drei auf das Urteil warteten, haben sie sich über dies und das unterhalten, und Shark hat gesagt, dass er das Image ‚heiratsfähiger Junggeselle‘ leid sei, weil er nicht zu heiraten beabsichtigt. Jedenfalls nicht, ehe er nicht Sozius in seiner Anwaltsfirma sei. Und …“

„… und Lana meinte, dass die Schwester ihrer Freundin Faith das gleiche Problem hätte“, schaltete Charity sich ein, „und dass Hope in New York lebt.“

„Sam Sharkey lebt nämlich auch in New York“, meinte Faith.

Hope verdrehte die Augen. Ihre eigenen Schwestern gingen mit ihr bei Anwälten hausieren, die lederbekleidete Typen vertraten, die des Software-Plagiats beschuldigt wurden. Die Idee mit der Katze erschien ihr von Minute zu Minute besser.

„Ich finde es wirklich lieb von euch, dass ihr euch solche Mühe um mich macht. Aber einen Mann zum Ausgehen brauche ich wirklich nicht, um aus diesem kleinen Tief herauszukommen.“ Ihr Blick wanderte zum Bildschirm ihres Computers. Sie platzierte schnell eine schwarze Sieben auf die rote Acht und lächelte, als unter der Sieben das Karo-As zum Vorschein kam. Eine interessante Konstellation. Das As würde sie nachher wegnehmen. Es war nach neun, außer ihr war kein Mensch mehr in der Firma. Selbst ihr heimlicher Rivale, den sie insgeheim Sankt Paulus nannte, war zu seiner reizenden Frau und zu seinen Kindern heimgekehrt.

Sie hatte keinen Grund, nicht nach Hause zu gehen, und dennoch saß sie hier und spielte Patience. „Wie gesagt, ich werde mir eine Katze anschaffen. Außerdem habe ich vor, die Wohnung etwas gemütlicher zu machen. Sheila will mir diese Innenarchitektin vorbeischicken, von der alle Welt schwärmt. Sie heißt Yu Wing.“

„Du willst dir eine Innenarchitektin nehmen, die Sheila empfohlen hat?“, quiekte Charity.

Seit ihrer frühen Kindheit verwaist, standen Hope und ihre Schwestern sich sehr nahe. Selbst jetzt, da Tausende von Meilen sie trennten, kamen sie so oft wie möglich zusammen, tauschten sich aus, erzählten sich von ihren Freunden. Manchmal war das gut und manchmal nicht.

„Warum denn nicht?“, verteidigte sich Hope. „Yu Wing arbeitet nach der Feng Shui-Lehre. Sheila schwört, dass sie …“

„Sheila ist gaga“, erklärte Faith.

„Und Lana nicht?“

„Ich fand Lana merklich gereift, als ich sie das letzte Mal getroffen habe“, erwiderte Charity.

„Die Liebe hat sie verändert“, sagte Faith. Sie war immer eine Träumerin gewesen. Sie war jetzt dreißig, und Hope hoffte, dass sie endlich einen Mann fand, der mit beiden Beinen fest auf der Erde stand.

„So wie sie viele Menschen verändert“, bekräftigte Charity. Die jüngste von ihnen und die Familienschönheit besaß ein Gehirn wie ein Computer-Chip. Charity war sechsundzwanzig und hatte bis jetzt noch keinen Mann gefunden, der imstande war, zu erkennen, dass sie mehr zu bieten hatten als ein hübsches Gesicht.

„Nur weil die Liebe manche Menschen glücklich macht, bedeutet das noch lange nicht, dass ich …“

„Wer hat etwas von Liebe gesagt?“, fragte Charity. „Wir reden nur von einem Arrangement.“

„Um durch die Weihnachtszeit zu kommen“, ergänzte Faith. „Wir wissen, wie sehr du es hasst, allein auf all diese Partys gehen. Und laut Lana hasst Shark es auch.“

„Ihr könntet zum gegenseitigen Schutz zusammen ausgehen“, fügte Charity hinzu.

„Falls du ihn magst, natürlich“, sagte Faith.

„Wenn es nur um eine Zweckgemeinschaft geht, spielt es doch keine Rolle, ob ich ihn mag, oder?“, warf Hope unklugerweise ein.

„Du willst dich also mit ihm treffen?“

Hope stöhnte innerlich. Ein winziges Fünkchen Interesse von ihr, und Faith setzte gleich nach.

„Ihm gefällt die Idee“, bemerkte Charity.

„Habt ihr’s etwa schon eingefädelt?“ Also das ging entschieden zu weit!

„Natürlich nicht. Wir haben ihm nur deine Nummer gegeben.“

„Nummern“, berichtigte Charity. „Deine Privatnummer, die vom Büro und die deines Handys.“

„Ihr habt ihm doch wohl nicht gesagt, ich sei interessiert?“ Hope stand auf, griff nach ihrer Jacke und Tasche.

„Na ja … gewissermaßen“, gestand Faith.

„Ich werde euch beide aus meinem Testament streichen!“, schrie Hope.

„Du hast ein Testament gemacht?“, hörte sie Faith rufen, bevor sie den Hörer aufknallte.

Am nächsten Abend war Hope schon um sieben zu Hause. Der Mittwoch war der einzige Tag in der Woche, an dem sie im Büro früher Schluss machte. Denn sie widmete jeden Mittwoch und jeden Sonntag der Schönheitspflege, eine Routine, die sie strikt einhielt. Gepflegtheit gehörte für Hope zu dem Image, das sie zu verkörpern hatte – das Image der tüchtigen Karrierefrau.

Sie hätte mühelos den Besuch der Innenarchitektin in ihren Mittwochabend einbauen können, aber Sheila hatte bereits für Donnerstag einen Termin mit Yu Wing abgemacht. Da Hope für gewöhnlich bis gegen acht arbeitete, hatte sie ihr Arbeitsprogramm umstellen müssen, was ein furchtbares Chaos auf ihrem Palm Pilot erzeugte. Sheilas Eigenmächtigkeit ärgerte sie maßlos. Na ja, morgen würde sie dann also die Frau sehen, auf die alle Welt schwor …

Sie zog ihr dunkelblaues Kostüm und ihre dunkelblaue seidene Unterwäsche aus und schlüpfte in ihren flauschigen weißen Frotteemantel. Es war ein kuscheliges Gefühl, und genau so wünschte sie sich die Atmosphäre ihres Heims. In weißen Frotteehausschuhen schlurfte sie in die Küche, sondierte ihre Sammlung von Tiefkühlmahlzeiten, wählte Hähnchenfilet mit Nudeln und grünen Bohnen und schob den Alu-Behälter in die Mikrowelle.

Am selben Abend widerfuhr Samuel Sharkey ein Wunder. Der Klient, mit dem er für einen Drink verabredet war, lag mit einer Grippe im Bett, und in Sams Terminkalender klaffte urplötzlich ein Loch. Er hatte eineinhalb Stunden bis zu dem Dinner mit einer Klienten-Gruppe – Zeit genug, um noch eine Kleinigkeit zu erledigen.

Es war ein Vergnügen gewesen, Dan Murphy gegen das große Software-Unternehmen zu verteidigen, das behauptete, Dan hätte eines ihrer Programme gestohlen und auf den Markt gebracht. Und Dans Freundin, diese niedliche, lustige Schauspielerin, hatte ihm auch gefallen. Sie hatte ihm freimütig erzählt, wie glücklich Dan und sie miteinander seien, und irgendwie brachte ihn das dazu, zu erwähnen, dass sein eigenes Liebesleben ein Vakuum war. Worauf Dan die witzige Bemerkung machte, dass der Hai einen anderen Hai brauche, um durch die Gewässer zu schwimmen.

Als sie zwei Tage später zu dritt bei einem Dinner Dans Sieg feierten, gab Lana ihm ihre Karte, auf die mehrere Telefonnummern gekritzelt waren. Diese Frau, so schwor sie ihm, sei sein perfektes Pendant. Obwohl Sam dies keine Sekunde lang glaubte, konnte er sie zumindest auschecken.

Sobald Hope ihr Fertigdinner verzehrt hatte, begann sie mit ihrem Verschönerungsprogramm. Gerade als sie die grüne Paste auf ihrem Gesicht aufgetragen getragen hatte, die laut Etikett Wunder bewirkte, läutete das Telefon.

„Hallo?“

„Hope Sumner?“

„Wer ist da bitte?“

„Sam Sharkey. Lana West hat mir Ihre Nummer gegeben. Sie hat sie von Faith.“

„Oh ja“, sagte Hope.

„Ich habe ganz unvorhergesehen eine Stunde frei und wollte fragen, ob ich vielleicht vorbeikommen könnte, um Sie kennenzulernen. Ich weiß, es ist eine ziemlich verrückte Idee, aber ich habe Dan versprochen, Sie anzurufen.“

„Dan?“

„Mein Klient, Dan Murphy. Das Software-Genie.“

„Oh. Ach so.“ Lanas neue Flamme. „Wissen Sie, ich finde diese Idee auch verrückt“, erwiderte Hope. Sie hatte Schwierigkeiten, zu sprechen, da die Maske hart wurde. „Vielleicht könnten Sie diesem Wunderknaben sagen, dass wir miteinander gesprochen und uns dagegen entschieden haben.“

„Offen gestanden“, entgegnete Sam, „ich hab über die Sache nachgedacht.“

„Ich auch. Aber heute Abend können wir uns nicht sehen. Ich trage gerade eine Maske.“

Um ein Haar hätte er „hey, irre“ geantwortet, aber dann wurde ihm klar, dass sie nicht von irgendeiner gruseligen Halloween-Maske redete, sondern von diesem Zeug, das die Frauen sich aufs Gesicht schmieren. „Machen Sie sich wegen Ihres Aussehens keine Gedanken.“ Es würde ihn wahnsinnig machen, wenn er die freie Stunde nicht sinnvoll nutzen könnte. „Sie hat mir gesagt, dass Sie präsentabel sind.“

„Meine Schwester hat mich als ‚präsentabel‘ beschrieben?“, fragte Hope eisig.

Sam verfluchte sich. Er war Anwalt. Er wusste doch, wie man seine Worte wählte. „Nein, ich habe nicht mit Ihrer Schwester gesprochen. Ich habe Dans Freundin gefragt.“ Er zog eine Grimasse, als er sich reden hörte. Komm schon, Hope, sag Ja. Wir vergeuden Zeit! dachte er.

„Wir vergeuden Zeit“, sagte Hope.

Sam ließ sein nagelneues Handy fallen. Als er es von dem kalten Pflaster aufhob, hörte er Hopes „Hallo? Hallo?“.

„Entschuldigung“, murmelte er.

„Ich sagte gerade, dass wir es ebenso gut gleich erledigen können – so oder so.“

„Ganz meine Meinung. Ich bin in …“, er blickte zu der Hausnummer über dem Eingang des großen modernen Apartmenthauses auf der Westside, „… in zwei Minuten da.“

Hope öffnete die Tür und lugte hinaus. Als Nächstes hätte sie am liebsten die Tür zugeknallt und sich dagegen gelehnt, bis ihre Knie zu zittern aufhörten.

Sie war auf einen attraktiven Mann gefasst gewesen – gute Kleidung und Gepflegtheit waren in der Welt des Rechts genauso wichtig wie in anderen Branchen. Worauf sie nicht vorbereitet war, waren ein Meter fünfundachtzig geballte Männlichkeit in einem schwarzen Mantel. Breite Schultern, lange Beine, dichtes, dunkles, kurzes Haar und jene wundervolle Bräunung, die sie nie bekommen würde – selbst wenn sie die Gesundheit ihrer Haut ignorierte und einen Versuch auf der Sonnenbank wagte. Zwei blaue Augen musterten sie mit kaum verhüllter Neugier.

Verflixt, wenn bloß ihr Gesicht nicht grün wäre!

Andererseits war sie froh, dass sie sich hinter der Maske verstecken konnte. Seine Maskulinität war einfach überwältigend. Natürlich würde sie keinen Deal mit ihm abschließen. Ein Mann wie er könnte sie vom Eigentlichen ablenken.

„Sam?“, sagte sie betont munter. „Alias ‚The Shark‘?“

„Der bin ich.“

Mit dem festen Gefühl, dass sie das Falsche tat, bat sie ihn herein. „Entschuldigen Sie die Schlammpackung. Ich …“

„Kein Problem“, sagte Sam, während er aus seinem Mantel schlüpfte und einen dunklen Nadelstreifenanzug enthüllte. „Ich habe Schwestern. Ich hab sie oft genug mit grünen Gesichtern und Gurkenscheiben auf den Augen gesehen.“

Er lächelte. Sein Lächeln ähnelte nicht im Mindesten dem berechnenden Grinsen eines Haifischs. Es war warm und fesselnd und sandte machtvolle Vibrationen aus. Hopes Knie wurden wieder weich, aber sie wahrte ihre Haltung und nahm ihm den Mantel ab. „Nehmen Sie bitte Platz. Möchten Sie ein Glas Wein? Ich kann leider nicht mittrinken, wegen der Ma…“

„Nein, danke. Ich muss noch …“

„… arbeiten“, sagten sie gemeinsam, und Hope konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn auch anzulächeln. Das unangenehme Zerren an ihrer Gesichtshaut ernüchterte sie augenblicklich. Es vertrieb aber nicht ihre plötzliche Erkenntnis, dass sie unter ihrem Bademantel nackt war. „Ja, die Arbeit, die ist unser Problem.“ Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. „Jedenfalls finden meine Schwestern das.“

„Sie mögen Ihre Arbeit?“ Sam blickte sich im Zimmer um. „Herrlicher Blick“, murmelte er und bewegte sich auf einen ihrer massigen Velourssessel zu. Dann schien er dies Ziel aufzugeben, nahm ihr taubengraues Sofa ins Visier und ließ sich schließlich darauf nieder, wobei er vorsichtig den messerscharfen Ecken ihres Couchtisches auswich, einer kühlen Konstruktion aus Marmor und dickem Glas.

„Ich liebe sie“, sagte Hope und bemerkte, dass er auf dem teuren italienischen Designerstück nicht behaglicher wirkte, als sie sich dort fühlte. Dabei hatte sie einen hohen Aufpreis bezahlt, um die Polster mit Daunen füllen zu lassen. Wie sollte man es noch behaglicher machen?

Sie würde diese Feng Shui-Expertin fragen, was das Problem sein könnte. Zum ersten Mal dachte sie, dass sie wirklich eine Innenarchitektin brauchte. Und wenn sie nicht aufpasste, würde sie als Nächstes denken, dass sie einen Mann brauchte …

Sie setzte sich in den Sessel, der im rechten Winkel zu Sam Sharkey stand. So würde sie einen Blick auf sein Profil haben, auf seine aristokratische Nase und auf seine dichten, langen Wimpern.

„Ich weiß nicht einmal, ob ich meine Arbeit liebe“, erwiderte er. „Ich habe keine Zeit, um darüber nachzudenken. Alles, was ich weiß, ist, dass ich in meinem Beruf Erfolg haben will.“

„So geht es mir auch“, sagte Hope.

„Erzählen Sie mir von Ihrem Job“, sagte er und richtete die ganze Kraft seines fesselnden dunkelblauen Blicks auf sie.

Die Wirkung war so gewaltig, dass Hope einen Moment lang Mühe hatte, sich an den Namen Firma zu erinnern, für die sie arbeitete. „Ich bin bei Palmer. Im Marketing.“

„Palmer. Kommt mir bekannt vor. Eigentlich müsste ich wissen, was Palmer macht, aber …“

Sie war gerade in eine Vision von Sam gedriftet, der ihren Bademantel auseinander schob, um über ihre Brüste zu streichen, als alles zurückkehrte – ihr Job, ihre wahre Liebe, das Objekt ihres tiefsten Begehrens.

„Rohre“, sagte sie.

Sam fand, sie sprach das Wort auf eine Art und Weise aus, wie andere Frauen „Rubine“ oder „Rolls-Royce“ gesagt hätten. Es fehlte nur, dass sie sich die Lippen leckte.

„Rohre?“

„Ja. Rohre. Aus Kupfer, Plastik, Eisen, Stahl. Das Leben fließt durch Rohre. Rohre halten die Welt zusammen, und Palmer-Rohre tun es am besten.“

Die Frau war verblüffend. „Ist das von Ihnen? Dieser Slogan ‚Rohre halten die Welt zusammen‘?“

„Natürlich nicht. Er kommt von einer Werbeagentur.“ Hope machte eine Pause. „Die Agentur habe ich ausgesucht.“

Ihr erwartungsvoller Ausdruck erinnerte ihn plötzlich an die Söhne seiner ältesten Schwester, wenn sie für einen gelungenen Kopfsprung oder einen Wurf beim Baseball gelobt werden wollten. Und er tat sein Bestes, um bei jedem ihren kleinen Siege ihr Selbstgefühl zu stärken.

Seine Behauptung, er hätte seine Schwestern mit Gesichtsmasken und Gurkenscheiben auf den Augen erlebt, war eine Lüge gewesen. Er hatte sie mit Lockenwicklern gesehen, ohne Make-up und in den alten abgetragenen Hemden ihres Vaters. Seine Schwestern hatten weder die Zeit noch das Geld, um sich wie diese gut verdienende Karrierefrau zu pflegen. Für sie bedeutete es schon einen großen Sieg, wenn sie ihre Kinder in ordentliche Klamotten stecken konnten. Und es war seine Aufgabe, das zu ändern – ihre Von-der-Hand-in-den-Mund-Existenzen zu verbessern und den Jungen eine gute Ausbildung zu ermöglichen.

Er riss sich von seinen Gedanken los und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Hope Sumner, die noch immer auf seine Antwort zu warten schien. „Es ist ein zündender Slogan.“

„Danke. Und Sie? Ich meine Ihre Arbeit. Ich weiß, Sie sind Anwalt, aber …“

„Ich bin bei Brinkley Meyers beschäftigt.“

„Brinkley Meyers? Ihre Kanzlei vertritt Palmer in dem Magnolia-Heights-Fall.“

Sam schnippte mit den Fingern. „Deshalb kam der Name mir bekannt vor.“

„Haben Sie mit dem Fall zu tun?“

„Dazu wird es hoffentlich nicht kommen. Ich bin für Prozesse zuständig. Meine Abteilung wird erst dann tätig, wenn die Kontrahenten vor Gericht gehen.“

„Sie werden sich vorher einigen“, erklärte sie zuversichtlich. „Also, Sie sagten, dass Sie Anwalt bei Brinkley Meyers sind …“

Sam spürte, das hieß so viel wie „kommen wir zur Sache“. Er beugte sich nah zu ihrem grünen Gesicht, um sicherzugehen, dass sie den Ernst seiner Lage verstand. „Ich bin in der Kanzlei angestellt. Und Single. Und entschlossen, in der Firma Sozius zu werden. Möglichst bald.“ Ihre Augen – sehr hübsche grüne Augen, wie er feststellte – musterten ihn eindringlich. „Ein Mann wie ich ist auf jeder Party die begehrte Beute“, fuhr er fort. „Man wird eingeladen, weil die Gastgeber eine Tochter, eine Freundin oder irgendeine Verwandte haben, die sie unter die Haube bringen möchten. Und man kann die Einladung nicht ausschlagen, weil man es sich nicht mit Leuten verderben will, die einem die Zukunft vermasseln könnten.“

„Wie gut ich das kenne“, seufzte Hope und neigte ihr grünes Gesicht. Ihre dichten dunklen Wimpern streiften die krustige Maske. „Sie haben eben gewissermaßen mein eigenes gesellschaftliches Leben beschrieben. Ich bin entschlossen, stellvertretende Leiterin der Marketingabteilung zu werden, wenn August Everley im Januar in den Ruhestand geht. Das bedeutet, dass alles, was ich tue, einen direkten Einfluss auf meine Zukunft hat.“

Sam schwieg, suhlte sich einen Moment lang in Selbstmitleid und spürte, dass Hope zusammen mit ihm litt. „Wenn man kein Interesse zeigt, macht sie das wütend“, fuhr er fort, „und wenn man Interesse zeigt und dann nichts folgen lässt, macht sie das noch wütender.“

„Genau.“ Hope wischte einen grünen Krümel von ihrer Nase. „Man kann den Leuten nicht verständlich machen, dass man noch nicht bereit ist, eine feste Bindung einzugehen. Aber sie würden uns in Ruhe lassen …“

„… wenn wir beide auf solchen Partys als Paar auftreten.“

Hope nickte. „Ich begleite Sie auf Ihre Partys und Sie begleiten mich auf meine.“

„Richtig. Es wäre so etwas wie ein geschäftliches Arrangement.“

„Ja.“ Plötzlich blitzten ihre grünen Augen. „Aber lassen Sie uns eines klarstellen: Falls wir tatsächlich zusammen losziehen, kommen Sie ja nicht auf die Idee, mich als die kleine dekorative Ranke an Ihrem Arm zu betrachten.“

Er merkte, wie seine Mundwinkel zuckten, und presste die Lippen aufeinander. „Dasselbe gilt für Sie.“

Wäre Sam nach seinem Gefühl gegangen, was er nicht tat, hätte er gedacht, dass Hope Sumner die passende Frau für ihn wäre. Sie hatte Mumm, und das gefiel ihm. Und ohne das grüne Gesicht würde sie attraktiv genug sein. Sie gehörte zu den Frauen, die wussten, wie man kleine Makel durch einen teuren Haarschnitt und ein geschicktes Make-up verbarg. Redegewandt war sie auch – sie würde auf Phil, den Sozius in seiner Abteilung, und auf Angus McDougal, den Seniorchef der Sozietät, Eindruck machen. Und sie würde ihre Kinder – ein Mädchen, einen Jungen – mit Klugheit und Energie erziehen.

Aber er stürmte viel zu weit voraus. Was er jetzt brauchte, war eine Alibifrau. An eine Ehefrau konnte er später denken, wenn er Sozius wäre und ein paar Jahre lang seine Prozente des Firmenprofits eingestrichen hätte. Heiraten und eine Familie gründen würde er erst, wenn er beruflich und finanziell abgesichert war.

Die grünen Augen – wirklich spektakuläre grüne Augen – blickten ihn aus einem farblich passenden Gesicht an, und unter dem weißen Handtuch schien eine Menge braunes Haar versteckt zu sein. Braunes Haar, grüne Augen, damit konnte man nichts falsch machen. Sie war etwas größer als der Durchschnitt, vielleicht eins fünfundsiebzig, aber bei seiner Größe war das in Ordnung. Was sich unter dem weißen Bademantel verbarg, konnte er nicht sagen, außer dass der Gürtel eine schmale Taille andeutete und darüber und darunter vielversprechende Kurven.

Ja, sie war geeignet als Vorzeigefrau. Sam wünschte, er könnte ihr das sagen und dann wieder gehen. Aber dummerweise musste er sie noch überzeugen, dass auch er geeignet war. Außerdem wollte er ihr noch eine Frage stellen.

Sie blickte auf ihre Uhr, was er als gutes Zeichen deutete. „Gut, Sam, so weit wären wir uns also einig. Ich schlage vor, wir denken noch ein wenig über dies Arrangement nach, bevor wir uns wieder miteinander in Verbindung setzen.“

Da er die Musterung offenbar bestanden hatte, entspannte er sich, soweit er das in diesem Zimmer konnte. An dem Sofa lag es nicht, das Sofa war bequem. Die Wohnung war behaglich. Er verglich sie mit seiner eigenen spartanischen Behausung – sonderbar, dass er sich dort wohler fühlte. Sie würde sich dort ganz bestimmt nicht wohlfühlen, aber er würde sie sowieso nie mit zu sich nach Hause nehmen. Nicht einmal, wenn …

„Noch eines“, sagte er. „Wie denken Sie über Sex?“

Sie erstarrte. Das Wort hing in der Luft wie ein penetrantes Zimmerspray. Sam beobachtete gebannt, wie sich ein Riss in der grünen Maske bildete, der sich von Hopes Nasenrücken zu ihren Schläfen zog. Offenbar hatte sie versucht, die Augenbrauen hochzuziehen.

„Ich meine nicht jetzt“, erklärte er, „oder demnächst. Erst wenn wir einander vertrauen. Sex ist eines der wichtigen Dinge, für die ich keine Zeit habe.“ Ihr starrer Blick begann ihn nervös zu machen. „Ich meine Zeit, um eine Beziehung zu entwickeln, bis zu dem Punkt, der …“ Derart konfus wurde er nicht einmal, wenn ein Richter ihn im Gerichtssaal eisig anstarrte. „Ich dachte, Sie hätten vielleicht dasselbe Problem, und wir könnten es in unser Arrangement einschlie…“ Er brach ab. „Oder kann es sein, dass Sie …“

„… dass ich keinen Sex mag?“ Der Riss in der Maske vertiefte sich. „Und keinen Sex will? Irrtum, Sam. Ich bin eine vollkommen normale Frau. Aber Männer haben so eine Art, damit umzugehen … Ich meine, ich weiß, dass sie … Sicher, es ist nicht dasselbe wie bei … Sorry. Ihre Frage kam etwas überraschend.“

„Setzen Sie es auf Ihre Liste der Punkte, über die Sie nachdenken wollen, bevor wir weiterreden.“

„Sagen wir, Anfang nächster Woche?“

Als Sam kurz darauf in den Fahrstuhl stieg, sann er über Hopes letzte Frage nach. Ob er allergisch gegen Katzen sei, hatte sie sich erkundigt, während sie ihre Visitenkarten austauschten. Er war es nicht, aber er hätte gern gewusst, wieso ihr das so wichtig war. Sein Interesse an dieser Frage erlosch, als er wenig später in der Bar des Restaurants, wo er mit seinen Klienten verabredet war, seinen Laptop einschaltete. Dies war das Einzige, wobei er sich wirklich wohlfühlte: Arbeit.

2. KAPITEL

„Mrs. Yu Wing ist hier“, meldete der Portier durchs Telefon.

„Schicken Sie sie hoch“, sagte Hope und checkte nochmals ihre Wohnung. Durch die Panoramafenster des Wohn- und Schlafzimmers hatte sie einen herrlichen Blick auf den Central Park und die Wolkenkratzer der East Side. Die Möbel und die wenigen Dekorationsstücke stammten aus den exklusivsten Geschäften Manhattans. Sie fragte sich, was eine Innenarchitektin wohl zu ändern finden könnte, selbst eine so berühmte wie Yu Wing.

Die Türglocke läutete, Hope ging öffnen – und holte erschrocken Luft.

Die kleine dünne Frau, die im Korridor stand, hatte die voluminöseste Frisur, die Hope je gesehen hatte. Ihr Mantel schien aus dem den Haaren mehrerer afghanischer Hirtenhunde gemacht zu sein, und von ihrer Hand baumelte ein gewaltiger Stetson.

Es war klar, warum sie ihren Hut in der Hand hielt. Sie hätte ihn niemals auf ihre platinblonde Mähne bekommen. Die eisblauen Augen, die Hope aus einem scharf geschnittenen und wettergegerbten Gesicht zu Hope anblitzten, verrieten indessen eine wache Intelligenz.

Ein weißes Westernhemd, verblichene Jeans und hochhackige Stiefel vervollständigten das groteske Bild. Es musste eine Halluzination sein.

„Mrs. Yu Wing?“, fragte Hope zögernd. Sie ließ die Klinke nicht los, sodass sie die Tür jeden Moment zuschlagen konnte.

Die Frau marschierte an ihr vorbei ins Wohnzimmer. „Eigentlich heiße ich Ewing, Darling“, sagte sie mit schwerem Südstaaten-Akzent. „Wie diese verkorksten Typen aus der Fernsehserie. Maybelle Ewing. Aber bei ’ner Feng Shui-Expertin erwarten die Leute ’ne Art asiatischen Namen.“

Hope klammerte sich an die einzigen Worte der Frau, die sie klar verstanden hatte. „Feng Shui?“, fragte sie mit dünner Stimme. „Sie sind also wirklich die Innenarchitektin?“

„Klar bin ich das. Ich bin Innenarchitektin und Feng Shui-Beraterin. Oh, du liebe Güte!“, schrie Maybelle plötzlich.

Natürlich. Mrs. Ewing hatte den grandiosen Blick entdeckt – der Grund, weshalb die kleine Wohnung so sündhaft teuer war. Deshalb standen fast alle Sitzmöbel und auch das Bett so, dass man hinausblicken konnte. Im Grunde ist es egal, wie man eine Wohnung einrichtet, wenn man einen solchen Blick hat, dachte Hope.

Sie zuckte zusammen, als sie plötzlich Maybelles Hand auf ihrer Stirn fühlte. „In so ’ner Wohnung können Sie krank werden“, flüsterte Maybelle mit rauer Stimme. Sie runzelte die Stirn. „Aber fiebrig fühlen Sie sich nicht an. Haben Sie vielleicht psychische Probleme?“

„Nein! Hören Sie, Mrs. Yu Wing …“

„Sagen Sie Maybelle zu mir.“

„Maybelle, ich möchte diese Wohnung nur etwas gemütlicher machen, das ist alles. Sie soll ein wenig bewohnter wirken.“

„Das wird sie, Schätzchen, wenn Sie anfangen, drin zu wohnen.“ Maybelles Stimme wurde weicher. „Ich wette, Sie hassen es, nach Hause zu kommen, stimmt’s?“

Hope starrte sie an.

„Also, darüber machen Sie sich mal keine Gedanken mehr. Maybelle kriegt das schon hin.“

Wie wohl? fragte sich Hope. „Bevor wir irgendetwas vereinbaren, brauche ich natürlich einen Kostenvoranschlag von Ihnen.“

„So weit sind wir noch nicht, Schätzchen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich ein paar Fotos mache?“

„Ich glaube, das ist nicht nötig“, antwortete Hope. Der geschnitzte afrikanische Kopf auf dem Ständer in der Ecke hatte ein Monatsgehalt gekostet. Und die riesige Schale, ein erlesenes Stück Glasbläserkunst, war fast genauso teuer gewesen. Beides gute Investitionen, aber so wie sie diese durchgeknallte Person einschätzte, hatte sie keine Ahnung vom Wert der Kunstwerke und würde wer weiß was damit anstellen. „Nehmen Sie doch bitte Platz, Maybelle.“ Höfliches Benehmen war eine gute Methode zur Bekämpfung aufsteigender Hysterie. „Möchten Sie etwas trinken?“

„Da sag ich nicht Nein. Ein Kaffee würde mir jetzt so richtig schmecken.“

„Koffeinfrei?“

„Nicht, wenn Sie das echte Zeug dahaben.“

Hope ging in die Küche, um ein Kännchen hawaiianischen Kona aufzubrühen. Für den Fall, dass auch die Dämpfe einen wach hielten, achtete sie darauf, sie nicht einzuatmen. Als sie mit dem Gebräu für tödliche Schlaflosigkeit und einem Glas Mineralwasser ins Wohnzimmer zurückging, sah sie ihre Innenarchitektin im Kreis herumgehen. Sie folgte ihr. Irgendwie interessant, wie sie ein paar Mal das Zimmer umkreisten, bevor sie sich setzten. Sam Sharkey hatte das auch getan. Und die anderen Gäste, die sie hier gehabt hatte, hatten es ebenfalls getan. Als ob sie einen besonders bequemen Platz suchten, um den Blick zu genießen.

Im Moment verspürte Hope das überraschende Bedürfnis, es Sam bequem zu machen. Aber nicht, damit er sich an der Aussicht erfreuen konnte. Ein seltsames Gefühl erwachte in ihr.

Sie setzte sich in einen der grauen Velourssessel. „Wo genau haben Sie Ihre Ausbildung erhalten, Maybelle?“, fragte sie in geschäftsmäßigem Ton.

„In einem Fernkurs.“ Maybelle setzte ihre Tasse auf einen Beistelltisch. „Könnten Sie mal mit anfassen, Schätzchen?“ Anscheinend hatte sie vor, den anderen Sessel quer durchs Zimmer zu schieben, der Tür zugewandt, mit der Rückseite zum Stadtpanorama.

Hope schloss kurz die Augen, sprang dann auf und half Maybelle, um den Parkettboden zu schonen. Sich per Fernkurs zur Feng Shui-Expertin zu machen … Ihre Schwestern hatten recht. Sheila war verrückt, und falls Hope sie je wieder sah, würde sie sie erwürgen. „Wie hat sich Ihr Interesse am Einrichten ergeben?“, fragte sie.

„Also, das war so“, begann die Frau und ließ sich auf dem Sessel nieder. „Zuerst saß ich da unten auf der Familienranch von meinem Mann fest, nachdem ich ihn begraben hatte.“

„Ihr Mann ist tot? Das tut mir leid.“

„Das muss es nicht, Schätzchen. Es war ein Kampf, bei dem nur einer siegen konnte – entweder mein Mann oder der Bulle. Und der Bulle hatte mehr Charakter als mein Mann.“ Maybelles Blick wurde nachdenklich.

Hope schielte zu dem Telefon auf dem Tischchen neben ihr. Wie schnell könnte sie den Notruf wählen? Sie griff bereits nach dem Hörer, als das Telefon läutete, und nahm hastig ab. Vielleicht war es die Polizei, um sie warnen, dass eine entlaufene Geisteskranke bei ihr war. „Hallo?“

„Hope? Hier Sam.“

„Sam?“ Ein Anruf von Sam stand nicht auf dem Tagesplan. Außerdem hatte sie vorgehabt, ihn anzurufen, weil sie dann auf den Klang seiner Stimme vorbereitet gewesen wäre. Der plötzliche Hitzestrom in ihrem Innern irritierte sie. „Wir wollten nächste Woche telefonieren. Ich habe es in meinen Palm Pilot eingegeben und den Vermerk mit meinem Desktop-Kalender synchronisiert. Meine Innenarchitektin ist gerade bei mir, ich habe jetzt wirklich keine …“

„Nur eine Minute. Es ist dringend.“

Er klang nicht gerade so, als würde er lebensgefährlich verletzt auf einer einsamen Straße liegen. Hope runzelte die Stirn. „Was ist dringend?“ Sie hatte während ihrer Lunchpause – einen Joghurt und einen Apfel am Schreibtisch – überlegt, ob sie Sex mit ihm haben sollte. Sozusagen als rein therapeutische Maßnahme, war aber noch nicht zu einem Entschluss gekommen.

Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Maybelle den Kopf schüttelte.

„Der Sozius in meiner Abteilung gibt morgen Abend ein Dinner“, sprudelte Sam los. „Einer der geladenen Gäste ist letzte Nacht völlig unerwartet nach einem Herzinfarkt verstorben. Seine Frau ist natürlich nicht in Party-Stimmung, und nun stehen die Gastgeber vor dem Problem eines für sechzehn Personen geplanten Dinners – pro Gedeck zweihundertfünfzig Dollar.“ Er machte eine Pause. „Hören Sie mir zu?“

„Absolut. Der Catering-Service wird trotz allem für sechzehn kassieren, und Sie als Junior-Mitglied in der Kanzlei müssen die Lücke füllen.“

„Ich sehe, Sie kennen das System.“

„Nur zu gut“, sagte Hope und bemerkte, dass Maybelle nicht mehr in ihrem Sessel saß. Sie wanderte mit dem schnurlosen Telefon umher, bis sie die Frau in ihrem Schlafzimmer entdeckte, das sie uneingeladen inspizierte.

„Werden Sie mir helfen?“

„Wie? Ach so.“ Hope konzentrierte sich wieder auf Sam. „Ist diese Party wichtig für Sie?“

„Sehr wichtig. Die Frau meines Bosses ist hinter mir her.“

„Sie meinen die Gastgeberin?“ Hope folgte Maybelle, die inzwischen in der Küche war und die Wände abklopfte. Anscheinend suchte sie nach verborgenen Stahlträgern, die die Raumatmosphäre störten.

„Bis jetzt hat sie mir ihr Interesse mit eindeutigen Blicken signalisiert. Oder sie streicht sich mit der Zunge über die Lippen. Stellen Sie sich vor, was passieren könnte, wenn ich mich mit ihr einlassen würde. Oder wenn ich ablehne.“

„Sie wären erledigt“, sagte Hope. „So oder so.“ Maybelle warf ihr einen Blick zu, bevor sie mit einer Zange bewaffnet ins Badezimmer marschierte.

„Also, werden Sie kommen und mein Bodyguard sein?“

Hope hatte in ihren Fortbildungsseminaren unter anderem gelernt, dass man spontane Entscheidungen vermeiden sollte. Aber sie hatte diese verrückte Person im Haus, und wenn sie sie nicht sofort stoppte, würde sie die Wasserleitungen im Bad demontieren.

„Hope?“

„Okay, einverstanden. Nennen wir es eine Versuchsrunde.“

„Danke! Ich hole Sie morgen um fünf ab.“

„Um fünf?“ Hope vergaß Maybelle. Nach fünf konnte sie am besten arbeiten.

„Es ist eine lange Fahrt nach Connecticut. Und die Party startet um sieben. Ich darf mich nicht verspäten.“

Hope überlegte kurz. „Also gut. Holen Sie mich nach der Arbeit ab. Ich warte unten am Eingang.“ Hope drückte die Aus-Taste. Irgendwie war es erleichternd, zu wissen, dass sie morgen spät nach Hause kommen würde. Was war bloß mit dieser Wohnung los?

Und was sollte Maybelles fortwährendes Zungenschnalzen und Kopfschütteln?

„Entschuldigen Sie die Unterbrechung“, sagte sie, erleichtert, als Maybelle ihr folgte und sich wieder auf dem Sessel niederließ. „Also, wir waren bei dem Bullen stehen geblieben.“

Maybelle nahm den Faden mühelos wieder auf. „Wie gesagt, der Bulle hatte mehr Charakter als mein Hadley.“ Eine Sekunde Pause. „In dem Winter nach Hadleys Tod hab ich mich schrecklich gelangweilt – mit niemandem zum Streiten und nur drei Fernsehkanälen. Aber dann hab ich eines Morgens diese Sendung über Quadrate und Winkel und Parallelogramme und all dies Zeug gesehen – man nennt es Geometrie.“

Hopes Augen weiteten sich.

„Es war einer dieser College-Kurse, die sie im Fernsehen bringen. Und dann, als sie Reklame für ihre Fernkurse gemacht haben, hab ich mir bei der University of Texas diesen Katalog bestellt. Erstaunlich, was man alles lernen kann, ohne die Ranch zu verletzen!“

Hope nickte benommen. „Sie haben also einen Geometrie-Kurs gemacht.“

„Differentialrechnung. Geometrie hatte ich schon ganz gut intus, und in dem Katalog stand, man sollte danach Differenzial- und Integralrechnung nehmen.“

„Aha.“

„Dann ein Kurs in Literatur.“

„Zeitgenössische amerikanische Literatur?“

„Mittelalter. Kennen Sie diese sexy Canterbury-Geschichten? Oh Boy, ich hab mir meinen Hadley für ’n langes Wochenende zurückgewünscht. Dann hab ich mir gesagt, dass meine Hände mehr Beschäftigung brauchten als mein Kopf. Weil ja die Männer die Arbeit draußen gemacht haben und ihre Frauen die Hausarbeit. Also hab ich einen Haarstyling-Kurs gemacht.“

„Im Fernstudium?“ Hope schwirrte der Kopf.

„Ja. Na ja, das war ziemlich öde, mit niemandem als den Schafen zum Üben. Aber mein Haar krieg ich wirklich gut hin. Hat mir so manchen Dollar gespart.“

„Das glaube ich“, murmelte Hope. „Wie lange haben Sie denn für all diese Fernkurse gebraucht?“

„Fast sechs Monate! Diese Kurse waren verflixt schwer.“ Maybelles Blick schoss über ihre Schulter. „Darling“, sagte sie plötzlich, „haben Sie vielleicht einen Spiegel, den ich an der Wand da drüben aufhängen könnte?“

„Einen Spiegel? Nein, die Spiegel sind alle fest angebracht.“

„Macht nichts. Ich bring morgen einen mit.“ Maybelle holte kurz Luft. „Als Nächstes hab ich mich im Töpfern versucht. Hab wie verrückt produziert, bis die Frauen sich beklagt haben, dass sie all das Zeug abstauben müssten. Dann Landschaftsgestaltung, aber da unten in West-Texas hab ich nicht viel mehr als Kakteen zum Wachsen gekriegt. Diese Wohnung könnte übrigens ein bisschen Grünzeug gebrauchen.“

Hope fragte sich, ob Maybelle sie zu hypnotisieren versuchte. Dies war die ungeheuerlichste, verrückteste – nein, die interessanteste Unterhaltung, die sie je gehabt hatte. Und sie brauchte nicht einmal ein Wort zu sagen, sie brauchte nur Maybelles aufreizender Stimme zu lauschen und konnte zugleich an Sam Sharkey denken. Morgen würde sie mit Sam ausgehen. Na ja, nicht wirklich mit ihm ausgehen, sondern ihn nur begleiten, ihn vor der Frau seines Chefs beschützen. Trotzdem …

„… Feng Shui“, hörte sie Maybelle sagen und schaltete um.

„Und ich dachte: Was zum Teufel ist das? Und wissen Sie, was ich herausgefunden habe?“ Die Frage war rein rhetorisch, denn Maybelle plapperte ohne Pause weiter. „Hätte ich all dies Zeug vorher gewusst, wären Hadley und ich besser miteinander klargekommen.“

„Wie?“ Es war keine Frage, sondern nur ein höflicher Einschub. Wie konnte jemand mit dieser überdrehten Nudel klarkommen? Vermutlich hatte der arme Hadley sich aus schierer Verzweiflung auf einen Kampf mit dem Bullen eingelassen.

„Genau das werd ich Ihnen zeigen, Schätzchen.“ Maybelle fuhr vom Sessel hoch, hängte sich ihre braune Ledertasche, die Hope an einen Futtersack erinnerte, über die Schulter, und ließ den Stetson um ihren Zeigefinger kreisen. „Kann ich für ein, zwei Wochen in der Wohnung experimentieren?“

Auf gar keinen Fall! Hope stand ebenfalls auf. „Zuerst einmal brauche ich wirklich einen …“

„… Kostenvoranschlag.“ Maybelle seufzte. „Wenn ihr Yuppies bloß mal für eine Sekunde nicht ans Geld denken würdet!“ Eilig trippelte sie zur Tür, gefolgt von Hope.

„Und an Zeugnisse und Qualifikationen“, fügte Hope energisch hinzu. „War der Fernkurs Ihre ganze Ausbildung?“

Maybelle wirbelte herum. „Herrje, nein! Ich war zwei Jahre in China und Japan und hab alles gelernt, was sie mir beizubringen hatten. Dann bin ich nach New York hoch und hab an der Parsons School für Design mein Diplom gemacht.“

„Okay, hier ist der Wohnungsschlüssel.“ Die Stimme, die die Worte murmelte, kam Hope seltsam bekannt vor. Dann begriff sie, dass es ihre eigene Stimme war.

Sie nahm sich vor, am nächsten Morgen als Erstes die Hausratversicherung anzurufen, den aktuellen Wert des afrikanischen Schnitzerei und der Glasschale bestimmen zu lassen, um dann die Versicherungssumme entsprechend zu erhöhen. Und wenn dieser ganze Spuk vorbei war, würde sie eine seriöse Inneneinrichtungsfirma beauftragen, den von Maybelle angerichteten Schaden zu reparieren.

Sheila würde sie nie wieder sehen.

Und morgen würde sie mit Sam Sharkey ausgehen.

Bei dem Gedanken schoss ein Hitzestrom durch das Zentrum ihres Körpers.

Sam hatte das Bild einer braunhaarigen Frau mit grünen Augen und einem farblich passenden Gesicht im Kopf, als er aus der gemieteten Limousine stieg und die aus dem Bürogebäude strömenden Menschen musterte. Er entdeckte niemanden, der seinem Bild ähnelte.

Eine Frau in der Menge winkte und kam eilig auf die Limousine zu. Sie lächelte. „Bin ich zu spät?“

Er erkannte sie an ihrer Stimme. „Pünktlich auf die Minute, Hope.“ Er hoffte, dass sie seine Verblüffung nicht bemerkte.

Erstens war ihr Gesicht nicht grün. Natürlich hatte er das nicht wirklich erwartet. Aber auf alles andere war er nicht gefasst gewesen – auf cremige Haut und volle, glänzende Lippen zum Beispiel, oder auf die noch dichteren, noch dunkleren Wimpern, die ihre grünen Augen umrahmten, und ihr Haar … Wieso hatte er gedacht, es sei braun? Es war bei seinem Antrittsbesuch wohl nass gewesen. Ihr Haar hatte die Farbe von Kupferrohren. Vielleicht hatte sie es gefärbt, damit es zu den Produkten passte, die sie verkaufte.

Unter einem weichen Cape trug sie einen Smoking wie er – jedenfalls dachte Sam das zuerst. Doch das Einzige, was sich glich, waren die Satinrevers. Ihr „Smoking“ war kürzer als seiner und darunter trug sie ein tief ausgeschnittenes Top aus schwarzer Spitze. Außerdem betonte ihr Jackett die beachtlichen Rundungen ihrer Brüste und ihre schmale Taille in einer Art und Weise, dass er fast den eigentlichen Grund ihres Treffens vergaß.

Der Chauffeur hielt ihnen die Wagentür auf. Sam rutschte als Erster auf die Rückbank und half Hope, ihr Cape abzustreifen – Kaschmir, vermutete er – und schon bald präsentierte sie ihm ein Paar langer Beine in schwarzen Seidenstrümpfen. Tief in ihm regte sich etwas, das er eigentlich noch vier oder fünf Jahre lang unter dem Deckel halte wollte – bis er die Füße auf festem Boden hätte.

Das Nächste, was Hope ihm präsentierte, war ein Laptop. „Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus“, sagte sie, während sie den Computer vorsichtig auf ihre hübschen Knie stellte. „Ich war gerade bei einer wichtigen Sache, als ich merkte, dass es Zeit war, die Jacketts zu wechseln.“

Sam räusperte sich. „Nur zu. Ich habe mir auch Arbeit mitgenommen“, sagte er und betrachtete ihr Profil. Dann wanderte sein Blick zu dem großen Smaragdohrring, der an einem niedlichen Ohrläppchen steckte. Ihre schlanken Hände mit den langen, pfirsichfarben lackierten Fingernägeln, die auf der Tastatur klapperten, waren ebenfalls ein hübscher Anblick.

Nach seinem Aktenkoffer greifend, fragte Sam sich, ob dies eine geniale oder eine wirklich schlechte Idee gewesen war.

Hope hielt ihren Laptop fest, als sie in dem chaotischen Feierabendverkehr abrupt hielten. Der Chauffeur fuhr langsam wieder an, und sie tippte weiter. Im Wagen herrschte absolute Stille – abgesehen von ihrem Tastengeklapper und wenn Sam in der Akte blätterte, die er studierte.

Hope wusste, dass es eine Prozessakte war, weil sie viel zu oft in seine Richtung geblickt hatte. Er sah umwerfend aus. Schwarzer Smoking, blendend weißes Hemd mit Onyx-Manschettenknöpfen, schwarzes Haar, dichte lange Wimpern … sie hätte gern selbst einen Ordner gehabt, um sich Luft zuzufächeln.

Ihren Laptop hatte sie nur deshalb sofort angestellt, um ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes als auf Sam zu fixieren. Aber sie bekam nicht viel getan. Sie konzentrierte sich nämlich vor allem darauf, mit den Fingerkuppen zu tippen statt mit den Nägeln. Farbloser Lack wäre entschieden vernünftiger gewesen, und für gewöhnlich benutzte sie ihn. Aber an diesem Abend hatte sie besonders hübsch aussehen wollte. Natürlich nur, um der Frau von Sams Chefs den richtigen Eindruck zu vermitteln.

„Sagen Sie, Sam, wie soll ich mich Ihrer Meinung nach heute Abend verhalten?“

Er räusperte sich. „Wie eine Freundin, schätze ich.“

Sie hatte schon seit ihrem letzten Jahr auf dem College keinen Freund mehr gehabt. Wirklich kläglich. „Ich soll Sie anlächeln und …“

„Wir sollten zärtliche Worte benutzen“, meinte Sam. „Wie zum Beispiel ‚Sam, Darling, würdest du mir eines von diesen köstlichen Kaviarhäppchen bringen?‘ Etwas in der Art.“

„Ich kann also ‚etwas in der Art‘ in meine eigenen Worte kleiden?“

„Was immer Ihnen ein gutes Gefühl gibt.“

Ein gutes Gefühl? Sie fühlte sich jetzt schon befangen und hatte mit der Schauspielerei noch nicht einmal angefangen. „Ich finde, wir sollten nicht so tun, als wären wir schon lange zusammen“, sagte sie, um sich wieder in den Griff zu bekommen. „Ich erscheine zum ersten Mal mit Ihnen zusammen, und diese Leute kennen Sie. Hätten Sie tatsächlich schon seit Längerem eine Freundin, dann hätten Sie sie bestimmt schon einmal erwähnt.“

„Sie haben recht. Wie wär’s, wenn wir ‚Liebe auf den ersten Blick‘ spielen?“

„Ich weiß nicht recht … Wie wär’s mit ‚viertes oder fünftes Date, und wir fühlen uns immer mehr zueinander hingezogen.‘“

Sam nickte. „Das ist es. Wir mimen die übertrieben umeinander Besorgten. ‚Ist dir kalt? Ich hol dir dein Cape. Ist dir heiß? Lass uns auf den Balkon gehen. Bist du durstig? Ich bring dir was zu trinken.‘“

„Sehr gut“, sagte Hope. „Und dann tauschen wir diese beglückten Blicke, wenn wir etwas Neues aneinander entdecken. Wie zum Beispiel: ‚Du segelst? Liebe Güte, ich segle für mein Leben gern.‘“

„Das wäre Ihr Part“, stellte Sam klar. „‚Liebe Güte‘ und ‚für mein Leben gern‘ – so spreche ich nicht.“

„Ich auch nicht. Wir dürfen nicht zu sehr übertreiben, sonst wirkt es gekünstelt. Übrigens – tun Sie etwas, worüber ich Bescheid wissen sollte?“

„Ich arbeite.“

„Ja, das weiß ich, aber gibt es nicht etwas …“

„Das ist alles. Sagen Sie einfach: ‚Er arbeitet.‘ Dann weiß jeder, mit dem Sie reden, dass wir uns sehr gut kennen.“

In seiner Stimme war ein bitterer Unterton, oder hatte sie es sich nur eingebildet? Wahrscheinlich, denn nun drehte er sich grinsend zu ihr.

„Dann ist da das Ist-sie-nicht-hinreißend?-Gesicht. Bei mir würde das ein gefühlvolles Lächeln sein.“ Er demonstrierte es.

„Wundervoll! Sie sehen wie ein liebeskranker Gänserich aus“, zog Hope ihn auf. „Bei mir würde es die Nummer ‚geteilte Lippen, geweitete Augen‘ sein.“ Sie demonstrierte es.

Wieder räusperte Sam sich, und sie hoffte, dass er keine Erkältung bekam. „Super! Ich glaube, wir haben’s.“

„Ja, ich glaube auch.“

„Oh, mir fällt noch was ein. Wir sollten uns duzen.“

„Einverstanden.“

„Gut. Das wär’s dann wohl.“

„Ich denke, ja.“

Hope wandte sich wieder ihrem Laptop zu und er seiner Akte.

„Ich hab Lampenfieber“, flüsterte Hope, als sie die prachtvolle Villa betraten.

„Das musst du nicht“, flüsterte Sam zurück. „Du wirst das … Oh, guten Abend, Charlene.“ Er verbeugte sich leicht. „Phil, hallo. Dies ist Hope Sumner.“

Sie reichte den Gastgebern die Hand. „Es tut mir leid, dass traurige Umstände uns hergebracht haben“, sagte sie, „aber vielen Dank für Ihre freundliche Einladung. Sam hat mir viel von Ihnen erzählt.“

Sam blickte sie anerkennend an. Sie hatte genau die richtigen Worte gefunden.

„Wir haben zu danken, dass Sie bei einer so kurzfristigen Benachrichtigung zugesagt haben“, erwiderte Charlene. Ihre großen blauen Augen schossen Speere in Hopes Richtung ab, dann Amor-Pfeile zu Sam. Er tat so, als würde er es nicht bemerken, aber es war unmöglich, nicht zu bemerken, dass Charlenes Kleid tief dekolletiert war und sehr eng saß. Ihre Brüste waren ebenso perfekt mit ihren üppigen prallen Rundungen wie die Hüften und Schenkel mit ihrer Straffheit.

Silikon oben und unten herum Fettabsaugung? Er würde Hope fragen, was sie meinte.

„Bitte kommen Sie herein“, säuselte Charlene. „Sie kennen ja fast alle, Sam.“

„Ja, ja“, murmelte Phil, „trauriger Tag für uns alle, aber ich weiß, dass Thaddäus gewünscht hätte … Harry!“, rief er und streckte die Hand aus. „Gut, Sie zu sehen. Was macht das Golfspiel?“

Sam fasste Hope am Ellenbogen und führte sie in den grandiosen Empfangsraum, einen marmorgefliesten Saal mit einer sieben Meter hohen Decke und riesigen Panorama-Fenstern.

Cap Waldstrum kam ihnen entgegen, ein Kollege, der Sam möglicherweise die Teilhaberschaft streitig machen könnte.

„Hallo, Cap“, begrüßte Sam ihn. „Dies ist Hope Sumner.“ Er machte eine Pause. „Sie erinnern sich doch sicher an Hope.“

„Nein“, erwiderte Cap, „und ich schwöre Ihnen, ich würde mich erinnern.“ Sein Blick glitt von Hopes Gesicht zu ihrem Dekolleté, was Sams Blick in dieselbe Richtung lenkte – zum Ansatz ihrer cremigen Brüste.

Sam hätte Cap am liebsten einen Kinnhaken verpasst. Nicht nur wegen seines begehrlichen Blicks, sondern weil er offenbar zum Kreis der ursprünglich eingeladenen Gäste gehörte, während er selbst auf dieser Party nur als Lückenbüßer einsprang. Das bedeutete nichts Gutes.

Sein Versuch, Cap in Bezug auf Hope zu bluffen, war anscheinend danebengegangen. Also musste er ihn etwas deutlicher warnen, Hope in Ruhe zu lassen. „Ich hol dir einen Drink, Darling“, sagte er weich.

„Ich hätte gern ein Glas Mineralwasser, Engel“, antwortete sie und schenkte ihm das gefühlvolle Lächeln, das eigentlich er verwenden wollte. „Besser, ich lasse es langsam angehen“, erklärte sie Cap, als Sam zur Bar ging.

An der Bar herrschte Hochbetrieb, und als Sam endlich seine Drinks hatte und zu Hope zurückging, hörte er sie sagen: „Rohre. Wir stellen Rohre her.“

„Doch wohl nicht Palmer“, sagte Cap überrascht. „Welch ein Zufall! Unsere Firma …“

„Sie weiß es“, unterbrach Sam ihn. „Die Welt ist klein, wie?“

„Kann man wohl sagen. Wie haben Sie beide sich kennengelernt?“ Caps Interesse nahm sichtlich zu.

„Das war auch so ein Zufall“, begann Hope. „Ich habe Sam …“

„… durch gemeinsame Freunde kennengelernt“, beendete Sam den Satz und warf Hope eine Zweitauflage des liebevollen Lächelns zu.

„Tja, es war nett, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ Damit zog Cap ab.

„Zwei hätten wir abgeschmettert“, murmelte Hope, „wer kommt als Nächstes?“

„Kein neuer Spieler“, murmelte Sam. „Charlene rückt für eine zweite Runde an.“

„Sam“, gurrte die Gastgeberin, „Sie sind heute Abend mein Tischherr. Ihre Freundin …“

„Hope“, präzisierte Sam. „Hope Sumner.“

„Miss Sumner wird Ihnen gegenüber zwischen Cap und Ed Benbow sitzen.“

„Dann ist es also Zeit, zu Tisch zu gehen?“, fragte Sam hoffnungsvoll.

Sie lächelte ihn schelmisch an. „Bald, Sie ungeduldiger Junge. Oh, Ed, da sind Sie ja. Kommen Sie, ich möchte Ihnen Ihre Tischdame vorstellen. Dies ist Miss …“

„Sumner“, sagte Sam.

Ed begrüßte Hope. „Eine traurige Angelegenheit“, bemerkte er mit wohldosierter Betroffenheit.

Hope wandte sich von Ed zu Sam. „Darling, ich habe ihn nie kennengelernt, euren Kollegen …“

„Thaddäus.“

„Ein prächtiger Mann“, tönte Ed. „Das Salz der Erde.“

Sam legte Hope den Arm um die Schulter und flüsterte ihr zu: „Das wir in die Wunden unserer Gegner gestreut haben.“

Natürlich war es wichtig, dass sie sich wie ein Liebespaar gebärdeten. Aber als Hope sich an ihn schmiegte und er ihr Erschauern spürte, fragte er sich, ob es eine gute Idee gewesen war, den Arm um sie zu legen und ihr ins Ohr zu flüstern – ein sehr hübsches kleines Ohr. Denn ihr Erschauern hatte wieder das in ihm schlafende Monster geweckt, das den Namen Begierde trug.

„Wie lange kennen Sie Sam schon?“, fragte Ed sie.

„Erst seit ein paar Wochen.“ Hope lächelte süß. „Aber lange genug, um zu wissen, dass er nichts anderes tut als arbeiten.“

„Ja, so ist er nun mal“, stimmte Ed zu.

Sam begann die Hand über Hopes Schulter zu bewegen – nur um ihre Reaktion zu testen – als zu seinem Ärger an seinem anderen Arm gezupft wurde. „Sam, ich möchte Ihnen meine neuen Orchideen zeigen“, gurrte Charlene. „Wir sollten Ed und …“

„Hope“, sagte er mit einem verzweifelten Blick in ihre Richtung, als er fortgezogen wurde.

„… und Hope Gelegenheit geben, miteinander bekannt zu werden.“

„Ich würde schrecklich gern Ihre Orchideen sehen“, erklärte Hope. „Sie auch, Ed? Interessieren Sie sich für Orchideen?“

„Meine Frau ist ganz bestimmt interessiert. Tanya?“

Eine eindrucksvolle Blondine, die Eds Tochter hätte sein können, kam von einer Gästegruppe zu ihnen herüber. „Was, Schatz? Hi“, begrüßte sie Hope und streckte ihr die Hand hin. „Ich bin Tanya Benbow. Hey, Shark! Was gibt’s?“

„Wir wollen uns Charlenes Orchideen ansehen“, sagte Ed, „das möchtest du dir doch bestimmt nicht entgehen lassen.“

Die fröhliche Gruppe setzte sich in Bewegung, angeführt von Charlene. Eben noch hatte sie in ihrem engen Seidenkleid verführerisch die Hüften gewiegt. Jetzt machte sie den Eindruck einer Frau auf einem Zwangsmarsch.

Sam fing Hopes Blick auf und zwinkerte ihr zu.

3. KAPITEL

In ihr Cape gehüllt, stand Hope vor dem Eingang ihres Apartmenthauses. „Es hat erstaunlich gut geklappt, nicht?“

„Tu nicht so überrascht.“ Sam grinste in der Erinnerung. „Als Charlenes Zehen an meinem Bein hochkletterten und du sie mit dem Fuß attackiert hast – das war deine beste Aktion von allen.“

„Es war ein ganzes Stück von meinem Platz weg. Ich glaube, ich habe Ed mit meinem Knie berührt und ihn etwas aus der Fassung gebracht, aber das war es wert.“

„Und dieser Blick, den du Charlene zugeworfen hast! Die optische Entsprechung zu ‚Such dir ein anderes Bein zum Klettern, du Flittchen!‘“

Hope erinnerte sich nur allzu gut an den Moment. An das aufregende Gefühl, als sie unter dem Tisch mit den Zehen Sams muskulöse Wade streichelte. „Ja, das war es wert“, murmelte sie. „Aber sie zieht prächtige Orchideen, das muss man ihr lassen.“

Sein leises Lachen sandte ein Kribbeln über ihre Haut. „Also vielen Dank für einen wirklich interessanten Abend.“ Er nahm ihre Hand, hielt sie leicht. „Ich hoffe, wir werden noch mehr davon haben.“

Hope zögerte. „Lass uns eins nach dem anderen angehen, okay? Dieser Abend war erfolgreich. Jetzt probieren wir’s in meinem Milieu.“

„Klar. Wann?“

„Nächsten Donnerstag. Mein Boss und seine Frau geben ihre große Weihnachtsparty.“

„Wirst du eine Maske tragen?“ Es zuckte um seine Mundwinkel.

Wenn er bloß damit aufhören würde! Prompt spürte sie wieder dies entnervende Prickeln in ihrem Innern. „Wieso eine Maske? Halloween war im Okto… Ach so, das meinst du.“ Der Druck seiner Hand sandte eine Hitzewelle durch ihren Körper. „Nein“, sagte sie abrupt. „Die Gesichtspackung ist mittwochs und sonntags dran.“

„Aber …“

„Fang nicht an, mit mir über meine Routine zu diskutieren.“ Irgendwie musste sie ihre Hand zurückbekommen, ohne eine Szene zu machen. Aber seine Hand fühlte sich so gut und so warm an. „Also dann gute Nacht, Sam. Wir sehen uns Donnerstag.“ Sie zog ihre Hand fort.

„Ich hole dich hier ab.“ Sam zögerte. „Du hast das heute Abend toll gemacht. Ich frag mich, ob es so etwas wie ein Handbuch für Alibipartner gibt, und ob du es studiert hast.“ Er musterte ihr Gesicht. „Nein, wahrscheinlich nicht. Du beherrschst das instinktiv.“

Winkend stieg er wieder in die Limousine. Bevor er hinter der getönten Scheibe verschwand, schenkte er ihr noch ein verführerisches Lächeln.

Hope drehte sich zum Eingang. Ihre Schuhe brachten sie um. Komisch, solange Sam bei ihr war, hatte sie es nicht bemerkt.

Sie humpelte auf ihren hohen Absätzen durch die Lobby zum Fahrstuhl.

Es hatte Spaß gemacht, für einen Abend Sams Freundin zu spielen. Er war ein Prachtexemplar von einem Mann, mit Charme und Intelligenz und einem Ziel im Leben. Charlene war nicht die einzige Frau gewesen, die sie mit neidvollen Blicken gestreift hatte.

Sie würde dem Arrangement zustimmen, vorausgesetzt, es gelang ihr, ihre Gefühle auszuschalten und ihre Reaktionen auf ihn mit der gebotenen Nüchternheit zu betrachten. Welche Frau würde nicht auf Sam reagieren? Er war ein sehr attraktiver Mann.

Aber als er den Arm um sie gelegt und ihr ins Ohr geflüstert hatte … Sogar jetzt noch fühlte sie das schmerzhafte Sehnen, das sich in ihrem Körper ausgebreitet hatte. Es war so intensiv gewesen, dass sie sich verlangend an ihn schmiegte. In dem Moment war ihre Nüchternheit einer tiefen Beunruhigung gewichen – besonders was das Thema Sex betraf. Sam hatte es nicht noch einmal angeschnitten. Vielleicht hatte er es aus seinem Kopf verbannt. Sie wünschte, ihr würde das auch gelingen.

Sobald Hope ihre Wohnungstür öffnete und das nächtliche Bild der New Yorker Skyline sie begrüßte, fiel ihre Nervosität von ihr ab und wich einem Gefühl von Ruhe und Gelassenheit. Sie machte nicht sofort das Licht an. Sie wollte die Stille des Moments genießen, sich Zeit geben, über den Abend nachzudenken.

Wie immer warf sie ihren Aktenkoffer aufs Sofa, bückte sich dann, um die hochhackigen Pumps von ihren schmerzenden Füßen zu ziehen, und hörte das „Peng“ eines auf einen Holzboden knallenden Fünftausend-Dollar-Laptops.

Mit zitternden Fingern knipste Hope das Licht an … und schrie. Ein Einbrecher war in ihrer Wohnung, ein ganz in Schwarz gekleideter Kerl!

Einen Moment später ließ sie sich aufatmend gegen die Tür sinken. Was sie sah, war sie selbst, reflektiert in einem Spiegel, der neben dem Fenster hing und am Morgen noch nicht dagewesen war. Das Sofa hingegen war fort – nein, es stand nur an einem anderen Platz.

Hope stöhnte. Sie hätte sich denken können, dass Maybelle umgehend zur Tat schreiten würde. Jedenfalls war der Computer vermutlich hin. Sie kickte ihre Schuhe von den Füßen, hob den Aktenkoffer auf, rannte damit zum Sofa und nahm das verletzte Team-Mitglied heraus. Sie setzte es auf den Couchtisch, schickte ein Stoßgebet gen Himmel und drückte die Einschalttaste.

Der Computer gab all seine üblichen Piepser und Leuchtzeichen von sich. Ein Klick, und da war ihre Marketing-Präsentation, heil und unversehrt. Hope atmete tief durch und dankte ihrem Glücksstern, dass sie sich zum Kauf der Zweihundert-Dollar-Laptop-Tasche mit der stoßdämpfenden Innenpolsterung durchgerungen hatte.

Erleichtert sackte Hope sich gegen die Sofalehne. Ungefähr zwei Minuten entspannte sie sich. Dann blickte sie sich im Zimmer um.

Was sollte denn das? Das Sofa stand schräg und zeigte zum Korridor. Dumme Idee. Die Leute kamen wegen des Blicks in ihre Wohnung und nicht, um die Eingangstür zu bewundern. Die beiden Velourssessel flankierten das Sofa und zeigten ebenfalls zur Tür. Die zwei antiken Sessel hingegen, die der Händler „Fauteuils“ genannt und als hervorragende Investition gepriesen hatte, mit dem Hinweis, dass sie eigentlich nicht zum Sitzen bestimmt waren, die standen zum Fenster hin. Toll, Maybelle, wirklich toll!

In rebellischer Stimmung kämpfte Hope sich vom Sofa hoch, an dem sie förmlich zu kleben schien, durchquerte das Zimmer und setzte sich zuerst auf den einen, dann auf den anderen Fauteuil. Ja, von diesen Plätzen aus hatte man den Blick auf die City. Aber Hope sah auch sich selbst, denn beide Sessel zeigten zu zwei Spiegeln, die das riesige Panoramafenster flankierten. Die Spiegel reflektierten nicht nur sie, sondern auch die Wohnungstür. Und die Küchentür. Und die Schlafzimmertür.

Was sollte dieser Tür-Fetischismus?

Kerzengerade saß sie da, weil sie dies für die einzige Weise hielt, auf einem Fauteuil zu sitzen. Dann aber merkte sie, wie sie sich entspannte und sich auf eine der holzgeschnitzten Armlehnen lehnte und den Kopf an das verblichene original Petit-Point-Polster legte.

Ein Fauteuil war nicht zum Sitzen gedacht? Was hatte der Antiquitätenhändler gemeint?

Genug hiervon. Sie war erschöpft.

Sie brachte den Aktenkoffer und den Laptop in ihre Arbeitsecke – einen kleinen, vom Wohnzimmer abgehenden Alkoven. An ihrem hochmodernen Anrufbeantworter blinkte das Knöpfen. Hope drückte den Wiedergabeknopf.

„Hey, Schätzchen. Hier Maybelle.“ Hope zog eine Grimasse und stellte die Lautstärke niedriger.

„Ich hab heute einen guten Anfang gemacht“, fuhr die schrille Stimme fort. „Bin leider nicht weitergekommen, weil ich zu zwei anderen Kunden musste. Was sagen Sie zu den Spiegeln? Hab sie in einem Laden der Heilsarmee gekriegt, Sie sind also bis jetzt bei fünfzig Dollar. Denken Sie nicht dran, wir regeln das später. Ruhen Sie sich erst mal aus, Schätzchen. Wenn ich mit den anderen Kunden fertig bin, nehme ich mir Ihr Schlafzimmer vor – Sie werden sehen, wie gut Sie bald schlafen können. Gute Nacht.“

Die Nachricht war laut Hopes nie lügendem Apparat um elf Uhr gekommen. Maybelle klang, als hätte sie eine ganze Kanne Espresso zu sich genommen.

Hope ging ins Schlafzimmer, zog ihr Party-Kostüm aus und hängte es auf. Nach einer kurzen warmen Dusche zog sie ein weiches Flanell-Nachthemd an und putzte sich die Zähne. Sie schlug die Bettdecke zurück, hockte sich dann aufs Kopfende, den Blick zum Fenster gerichtet. Schon jetzt – es war noch nicht einmal Dezember – leuchtete das Empire State Building in rot-grünem Lichterschmuck. Im Begriff, sich hinzulegen, zögerte Hope. Es wäre herrlich, beim Aufwachen frisch gebrühten Kaffee zu haben. Sie brauchte nur kurz alles vorzubereiten und den Timer zu stellen. Ja, sie würde morgen früh auf dem Sofa sitzen und Kaffee trinken, während sie die Zeitung las.

Mit dem Blick zur Wohnungstür …

Auf dem Weg zur Küche probierte sie es aus. Sonderbar.

Auf dem Rückweg zum Schlafzimmer blieb sie zögernd beim Sofa stehen und schüttelte die Daunenkissen auf. Vielleicht sollte sie einen Moment hier sitzen und in den Zeitschriften blättern, die heute gekommen waren. Vielleicht würde das ihre Überdrehtheit lindern und sie in Schlafstimmung bringen. Die weiche Mohairdecke über den Füßen und unter dem Kopf ein richtiges Kissen aus dem Bett, ja, das wäre nett …

Es schien nicht mehr als eine Sekunde vergangen zu sein, als sie aufwachte und den Duft von frisch gebrühtem Kaffee wahrnahm. Ihr Körper summte von schläfriger Wärme und etwas anderem. Ihr wurde bewusst, dass sie von Sam geträumt hatte.

Am Montag erledigte Hope in wenigen Stunden so viel Arbeit, dass sie sich um zwei eine Teepause in der Cafeteria gönnte. Mit frischem Elan ging sie in ihr Büro zurück und setzte sich wieder an ihren Laptop. Sie tippte einen Absatz, wollte etwas einfügen, und plötzlich verweigerte ihr Computer den Dienst. Sie klickte eifrig und schob die Maus hin und her, aber nichts tat sich, außer dass das Gerät hektisch piepte. Und dann sagte er gar nichts mehr, und der Bildschirm wurde schwarz. Sie fügte sich ins Unvermeidliche und griff zum Telefonhörer.

„Technischer Dienst.“

„Ich möchte einen Todesfall melden“, sagte Hope betont munter.

„Tisch-PC oder Laptop?“

„Laptop.“

„Bringen Sie ihn runter.“

„Das kann ich nicht. Ich brauche ihn! Ohne meinen Laptop bin ich aufgeschmissen.“

„Dann hätten Sie nicht darauf rumhämmern dürfen.“ Seufzer. „Bringen Sie ihn uns. Wir speichern Ihre Dateien auf eine Diskette und geben Ihnen ein Ersatzgerät.“

„Sollen Sie nicht eigentlich mit Ihrem Werkzeug im Haus herumwandern und …“

„Wie schnell brauchen Sie das Ding?“

„Sofort!“

„Dann kommen Sie besser runter.“

Sie hätte ein solches Benehmen bei niemand anderem in der Firma toleriert. Aber der technische Dienst – eine unregierbare Sammlung grünhaariger, lotterig gekleideter Typen, von denen einige noch nie etwas von Deodorants gehört hatten – war eine Klasse für sich. Diese Jungs waren Genies. Alle in der Firma hingen total von ihnen ab und behandelten sie wie rebellische Haustiere, die man trotz völliger Unerziehbarkeit nie weggeben würde.

Hope seufzte und machte sich auf den Weg.

„Dies ist das Ersatzgerät?“ Ungläubig starrte Hope auf den ramponierten Kasten, den Slidell Hchiridski ihr gerade über den Tresen zugeschoben hatte. Die Tasche, die er danebenlegte, sah aus, als hätte eine haarende Katze sich darauf gewälzt.

„Ja“, sagte Slidell. „Funktioniert prima. Laptop-Quäler können nicht wählerisch sein. Ihr Gerät sieht aus, als hätten Sie es an die Wand geworfen.“ Er warf ihr einen anklagenden Blick zu.

„Es war ein tragischer Unfall, der aufgrund unvorhersehbarer Umstände …“ Ach, sei still! sagte sie sich. Dies war nicht die himmlische Pforte, und Slidell war nicht Petrus. Er hatte sein Haar zu lila Dornen gegelt. Den Platz am Bedienungstresen hatte die Personalabteilung ihm wegen seiner „kommunikativen Fähigkeiten“ zugewiesen. Hope erschauerte bei der Vorstellung, was hinter der Tür lauerte, in der Computer-Werkstatt, wo die eigentliche Arbeit getan wurde.

„Dieser ist doppelt so schwer wie meiner“, protestierte sie. „Er ist mindestens eine Generation älter.“

„Mr. Quayle hat nicht gemeckert, als er ihn benutzt hat.“

„Mr. Quayle hat mit diesem Gerät gearbeitet?“

„Ja. Bis er seinen neuen hatte.“

„Und das Monstrum war in dieser Tasche?“

„Nein. Die Tasche war von der Katze besetzt. Sie hat da drin ihre Jungen gekriegt.“