Todesfeier - Victoria Gothink - E-Book

Todesfeier E-Book

Victoria Gothink

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Beschreibung

Wenn wir denken, dass die Zukunft grausam aussieht, dann haben wir recht. Denn Casting-Shows gibt es auch im nächsten Jahrtausend. Wir schreiben das Jahr 3010- und die Welt ist brutaler denn je. Eines Tages entstaubt ein Produzent ein altes Fernsehformat, das schon seit Jahrhunderten nicht mehr lief: Die Casting-Show! Auf den ersten Blick ist sie nicht anders, als die alten Casting-Shows. Doch da die Menschen brutaler geworden sind, ist auch diese Show brutaler, als gewohnt. Die Kandidaten, die nicht wissen, worauf sie sich einlassen und auch das Motto "Nimm das Leben nicht so ernst, du kommst eh nicht lebendig heraus" nicht ernst genug nehmen, sehen diese Show als große Chance Karriere machen zu können. Doch in der Show "Todesfeier" scheiden die Kandidaten nicht einfach nur aus- sie werden umgebracht. Und das alles Live vor den Augen eines Millionen Publikums! In einer Welt, in der alles grau in grau ist, herrscht nur noch eine Farbe vor: Rot. Blutrot!

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Seitenzahl: 181

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Todesfeier

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Kapitel 1: Zehn Leben

Kapitel 2: Eine mörderisch gute Idee

Kapitel 3: Mordsstart

Kapitel 4: Presseschlacht

Kapitel 5: Die erste Show

Kapitel 6: Halbtotes Halbfinale

Kapitel 7: Die finale Schlacht

Epilog

Impressum

Prolog

Ein verstaubtes Herz(lich Willkommen) im Jahr 3010! Das neue Jahrtausend ist düster und brutal. Die Farben sind einem Misch-Masch aus schwarzweiß gewichen. Die Sonne konnte man seit Jahrhunderten nicht mehr am Himmel erblicken. Sie versteckt sich hinter dicken Gewitterwolken. Ein leichter Nebelschwaden liegt auf den Häusern und dem Gemüt der Menschen.

Die Welt hat sich komplett gewandelt. Zum einen hat sich die Zahl der Menschen auf Erden halbiert. Zum anderen sind Mörder mittlerweile zu Nationalhelden aufgestiegen, die eigene Shows im D.I. bekommen. D.I. steht fürDamno Internet. Es ist Latein und bedeutet soviel wie „(zu Tode) verurteilen“. Im D.I. geht es größtenteils um Blut, Tod und Verderben.

Vor fast drei Jahrhunderten ist das Beamen legalisiert worden. Somit sind Staus eine Sache, die bereits als antik gilt. Diese Art der Fortbewegung wurde lange Zeit nicht zugelassen, obwohl man schon seit vielen Jahrhunderten zuvor in der Lage dazu war.

Es wurde allerdings sehr viel Schindluder mit dem Beamen betrieben. Man hat es beispielsweise dazu ausgenutzt, um andere Menschen zu quälen, sie an Orte zu beamen, an denen sie schlimme Dinge erlebt haben. Solches ist mittlerweile auch Alltag geworden. Und es ist auch nichts Schlimmes mehr. Ganz im Gegenteil: Den Menschen macht diese Art von Freizeitbeschäftigung Spaß.

Besonders in den letzten dreihundert Jahren haben sich die Wertvorstellungen vonbeängstigendinbestialisch grausamverändert. Folgendes Beispiel zeigt dies sehr gut:

Das schönste Geschenk, das man einer Dame machen kann, ist ihr eine rote Kette zu schenken. Sie verstehen, was ich meine, oder? (Wenn nicht: Ihr die Kehle aufschlitzen.)

Doch es gibt noch ein paar Menschen, die noch Moral und Anstand haben. Vielleicht treffen wir einige von ihnen auf der Reise in die Zukunft...

Kapitel 1: Zehn Leben

Modest Vita

Mein Name ist Modest Vita, bin 21 Jahre alt und Musiker. Und damit meine ich wirklich einen richtigen Musiker. Also einer, der nicht nur singt, sondern auch mindestens ein Instrument beherrscht. In meinem Fall sind es Gitarre und Schlagzeug.

Ich kann es nicht ausstehen, wenn Menschen sich Musiker nennen und noch nicht einmal ein Instrument spielen können. Aber das ist denen ihre Sache.

Mein Traum ist es eine großartige Karriere als Musiker zu erreichen.

Aber erstmal zu meinem komischen Namen. Er bedeutet soviel wie „bescheidenes Leben“ Und das kann man in meinem Fall wirklich sagen. Wenn man mit sechs weiteren Geschwistern aufwächst, kann man keinen Luxus erwarten. Aber man kann bescheiden ja auch anders definieren. Nämlich so, dass man nicht viel schönes erlebt hat in seinem Leben. Ich bin zwar noch nicht alt, manch einer würde mich als „blutjung“ bezeichnen, aber trotzdem kann man eine Menge erlebt haben. Auch in jungen Jahren. Leider.

Nun, ich wurde als zweites von insgesamt sieben Kindern in ärmlichen Verhältnissen geboren. Das ist nicht das Schlimmste, falls Sie sich wundern oder selbst in einer großen Familie aufgewachsen sind oder in einer großen Familie aufwachsen. In einer großen Familie aufzuwachsen ist ganz bestimmt nicht der Ausdruck eines „bescheidenen Lebens“. Alles was danach kam, gehört ganz bestimmt in die besagte Kategorie.

Ich war noch keine zwei Jahre auf diesem Planeten, da wurde eine eigenartige Mischung aus zwei Krankheiten an mir diagnostiziert. Diese beiden „Krankheiten“ sind in Anführungsstrichen Krankheiten, weil eine von den beiden keine richtige Krankheit ist, sondern eher ein Symptom: das Adam-Stokes-Syndrom und Blutsturz.

Aufgrund dessen lebe ich in ständiger Angst zu sterben. Besonders abends gehe ich mit der blanken Panik ins Bett, ich könnte am nächsten Morgen nicht aufwachen, aufgrund eines Blutsturzes in der Lunge, an dem ich dann in der Nacht erstickt bin oder ähnlichem.

Als ich vier Jahre alt war, starb mein Vater. Meine Mutter hat uns immer im Glauben gelassen, er sei bei einem Verkehrsunfall gestorben. Doch als ich achtzehn wurde, hat sie mir endlich die Wahrheit gesagt: Er hat sich umgebracht, weil er nicht mit dem Gedanken leben konnte, dass eins seiner Kinder vor ihm sterben könnte. Dieses Geburtstagsgeschenk war doppelt toll: Zum einen an seinem Ehrentag zu hören, dass sich der eigene Vater umgebracht hat und zum anderen, dass man auch noch der Grund für diese Tat war. Ich muss nicht extra erwähnen, wie ich mich jetzt, noch Jahre später, fühle nur wenn ich daran denke.

Danach war mein Leben auch keine Erfrischung an einem heißen Sommertag. Es war eher der Beginn allen Übels, wie man so schön sagt.

Meine Mutter fiel in ein tiefes Loch. Dieses tiefe Loch hieß mal Zeno, Mac, Achaz, Doron oder Jago. Sie sollten alle die Väter meiner jüngeren Geschwister werden. Und noch eine Gemeinsamkeit haben sie: Sie haben mich und meine Geschwister erstmal ignoriert und sind dann abgehauen. Länger als ein halbes Jahr nach den jeweiligen Geburten meiner Geschwister haben sie es nicht ausgehalten. Obwohl meine Mutter sie jeden Tag verflucht ( und dies auch schon gemacht hatte, als sie noch mit ihnen zusammen war ), hat sie komischerweise ihre Kinder nach ihnen benannt. Passend zum Vater ein Kind mit dessen Namen.

Nun mussten wir mit sieben Kindern von einem geringen Gehalt meiner Mutter leben. Sie war mal Kellnerin, mal jobbte sie in einem Fast-Food- Restaurant, mal ging sie als Babysitterin zu anderen Leuten, um denen ihre Bälger zu hüten. Als hätte sie selbst keine. Na ja, hatte sie auch nicht wirklich. Ich, als Ältester, passte auf meine Geschwister auf. Wenn sie dann nach der Arbeit nach Hause kam, war es fast so, als hätte sie keine Kinder. Sie ignorierte uns, weil sie ihre Ruhe haben wollte. So ging das die nächsten fünf Jahre.

Ich war mittlerweile dreizehn Jahre alt und ein typischer Teenie. So wie Heranwachsende zu der Zeit waren: Ich schaute im D.I. nach Horrorfilmen Ausschau, war ein großer Fan von dem Massenmörder S.T.Range, stand auf die Horrorrock- Band „Kithara“ und traf mich oft mit meinen Freunden. In der Schule gehörte ich zu den Schlechtesten. Kurz gesagt: Ich benahm mich normal für mein Alter, konnte mich nicht zu sehr mit Verantwortung brüsten und musste die Konsequenzen tragen- ich musste die Klasse wiederholen. Diese Erfahrung hat mich total verändert. Ich war vorher brutal und fand das normal. Esistauch normal. Doch ich änderte mich. Diesen ganzen Wahnsinn konnte ich nicht mehr ertragen. Ich wollte mit Gewalt nichts mehr zu tun haben, wurde sensibel und rücksichtsvoll. Dafür kassierte ich von meinen Mitschülern prompt die Quittung: Ich wurde ausgegrenzt und fertig gemacht. Ich wusste selbst nicht, warum und wie ich diese Veränderung durchmachte, doch sie hinterließ ihre Spuren. Ich wurde so sensibel und verletzbar, dass ich depressiv wurde und in Therapie gehen musste. Jetzt bin ich halbwegs wieder in Ordnung, doch ich werde wohl mein ganzes Leben mit Depressionen zu kämpfen haben. Der Auslöser meiner Depressionen war der frühe Tod meines Vaters (für den ich ja verantwortlich war) und die„unglückliche familiäre Situation“, wie sie mein Therapeut gerne nennt.Und meine lieben Mitschüler, so würde ich mal so ins schwarz- weiß- karierte tippen...

Und wäre das nicht schon genug gewesen in meinem jungen Leben, starb meine Mutter letztes Jahr. Man vermutet am „Broken- Heart- Syndrom“. Sie hat es nach all den Jahren nicht verkraftet, dass ihr Mann so früh von uns gegangen ist. Und ich habe es nicht verkraftet, dass sie von uns gingen...

Ich wollte eigentlich nicht mein ganzes Leben erzählen. Habe dies auch nicht getan. Aber ich bin manchmal echt 'ne kleine Labertasche. Man sollte von mir nur einen kleinen Einblick bekommen. Den Rest erfahrt Ihr noch, wenn ich endlich Musiker bin. Falls das irgendwann in meinen bescheidenen Leben passieren sollte.

Smilla Orff

Hallo! Ich bins die Smilla. Ein bekloppter Junge aus der Nachbarschaft hat mir mal gesagt, dass Smilla „Lächeln“ bedeutet. Nun, ich muss sagen, dass das stimmt. Ich lächel gerne. Am liebsten schau ich mir Horrorfilme an und die sind ja nun wirklich lustig. Wenn einem der Kopf abgehackt wird und vielleicht dann noch ein Monster aus dem Magen springt, dann ist das wie in reinem Blut zu baden. Es ist einfach blutartig äh... großartig natürlich.

Dieser bekloppte Junge aus der Nachbarschaft, den ich grade schon erwähnt habe, heißt Modest und ist mittlerweile auch schon ein Mann. Er spinnt vor sich hin. Er will Musiker werden. Das ist ja wohl der größte Mist, der auf diesem Mist, der so genannten Erde, entstanden ist.

Dassiches schaffen werde, liegt ja auf der Hand. Aber der... darf ich mal Blut spucken? Der sieht noch nicht mal wie ein Musiker aus. Er sieht eher aus, wie jemand aus nem Gruselfilm, die ich gerne schaue. Dabei ist er aber eher der Typ, der sich in einen Werwolf verwandeln kann. Er sieht also wie ein Werwolf aus. Vielleicht nicht ganz so, aber irgendwie schon. Der Typ hat gar keinen Haarschnitt. Einfach wachsen lassen, irgendwie wird das schon, oder wie? Und dann erst die Klamotten. Die hat er ganz bestimmt aus der letzten Altkleidersammlung gefischt. Ja okay, die Familie ist sehr arm und so, aber ich weiß nicht... muss man armen Menschen immer ihr Leid ansehen? Das ist doch grausam. Ich persönlich kann so etwas nicht sehen.

Außerdem ist er schon durch seinen Namen geschädigt auf Lebenszeit. Ich mein, sein Name bedeutetbescheiden.Hallo? Wer will denn so heißen? Na, eigentlich ist es ja egal, was irgendein Name bedeutet. Er hat mich darauf gebracht. Er ist halt so ein Freak.

Zum Glück bin ich da anders.

Ich bin ein 17 jähriges Mädchen, das auf blutrünstige Horrorfilme steht und natürlich ein großer Star wird. Ich seh' schon so aus: Mein schwarzes Haar fällt mir fotogen über die Schultern und meine schwarzen Kleider mit kleinen roten Punkten, die aussehen wie Blutspritzer sind einfach nur todschick. Ich könnte die Schöne in einem Horrorfilm sein, die von einem gruselig schönen Untoten gekidnappt wird.

Aber ich will nicht schauspielern. Ich werde eine schaurig schöne, unheimlich talentierte Sängerin.

Hey, wer lacht denn da so dreckig?

Anastasius Delibes

Vor ca. 500 Jahren hatte ein Arzt seine Arbeit und die seiner Kollegen erleichtert. Er hatte die „Obduktion ohne Berührung“ erfunden. Eigentlich hatte er noch viel mehr erfunden, was mit dieser Erfindung möglich wurde. Dieser besagte Arzt hatte nämlich einen Chip in das Gehirn eines Patienten eingepflanzt. Auf dessen Chip wurden alle Tätigkeiten gespeichert, die er machte. Außerdem wurden auch Krankheiten gespeichert. Dadurch konnte der Arzt sehen, was der Patient bis dato für Wehwehchen hatte. Von da an wurde jedem Menschen, der geboren wurde ein solcher Chip in das Gehirn eingepflanzt. Am Ende eines jeden Lebens wurde der Chip einfach aus dem Gehirn entnommen und schon hatte man alle Informationen, die man brauchte- auch die Todesursache.

Ich wusste nichts von diesem Chip in meinem Gehirn. Doch vor fast drei Jahren bin ich gestorben. Es hört sich verdammt komisch an. Ist es wahrscheinlich auch. Nach einer Prügelei in der Schule wurde ich ins Krankenhaus eingeliefert. Aufgrund der inneren Verletzungen bin ich dann auch gestorben. Man nahm mir den Chip aus dem Gehirn und setzte ihn dann allerdings wieder ein. Das hatte bis dato noch niemand gemacht. Ich war also der Erste! Als man mir den Chip entnommen hatte, war ich bereits tot. Als man mir den Chip wieder einsetzte, war die Todesursache anscheinend gelöscht worden. Somit galt ich als lebendig. Ich öffnete meine Augen und hatte ein neues Leben geschenkt bekommen. Ich habe keine Ahnung, wem ich dieses zweite Leben verdanke, aber ich bin sehr froh, dass ich es bekommen habe.

Es ist auf jeden Fall so, dass ich das berühmte gleißend helle Licht vor Augen hatte. Es fühlte sich sehr gut an. So warm und schön. Dieses Gefühl hatte ich auf der Erde noch nie. Danach fiel ich, wie mir vorkam ungefähr zehn Dutzend Ewigkeiten, in einem dunklen Raum in die Tiefe. Ich kam voller Wucht auf dem kalten, harten Boden auf. Ich schaute hoch und blickte geradewegs in große rote Augen. Ich erschrak. Wäre ich nicht schon tot gewesen, wäre ich in dem Moment an einem Herzinfarkt gestorben. Diese Augen waren so riesig, dass ich dachte, von ihnen erdrückt zu werden. Ich habe mich in dem Moment gefühlt wie jemand in einem fremden Land, der plötzlich jemanden aus der Heimat trifft, um dann festzustellen, dass er seinen Erzfeind wieder getroffen hat. Am liebsten hätte ich zugeschlagen, sodass dieses Etwas, das nur aus Augen zu bestehen schien, weit von mir wegschleudern konnte, damit ich erstmal nachdenken konnte, was ich als nächstes tun sollte. Doch ich war wie entseelt. So als hätte ich meine Seele verloren und müsste mich nun nur noch auf meinen Verstand verlassen. Doch auf den konnte ich mich auch nicht mehr verlassen. Ich hatte in dem Moment gar nichts mehr. Noch nicht einmal meine Seele.

Doch die bekam ich schnell wieder- so schien mir. In dem Moment setzte mir jemand den Chip wieder in mein Gehirn und ich musste auch nicht mehr nachdenken, was ich als nächstes tun sollte. Ich wurde gerettet.

Es hört sich nun so an, als sei der Chip meine Seele. Das stimmt auf gar keinen Fall. Wie soll das auch gehen? In dem Moment stand ich unter Schock und in dem Moment setzte mir jemand den Chip wieder ein. So ganz versteh ich das selbst nicht. Ich kann nicht verstehen, dass die Wiedergeburt nur deshalb von Statten gehen konnte, weil jemand die Todesursache gelöscht hatte. Ich besteh doch nicht nur aus dem Chip! So dachte ich. Hab mich wohl getäuscht. Die inneren Verletzungen wurden dann später noch repariert und fertig war der lebende Tote. Die Mediziner konnten es selbst nicht ganz fassen. Sie sprachen von einem „Wunder“. Wenn man keine Ahnung hat, nennt man es einfach Wunder und fertig ist die Schlagzeile. In den darauf folgenden Wochen waren die Zeitungen im D.I. voll mit dem „Wunder“. Dabei glaubte in diesem Jahrtausend niemand mehr an Wunder. So kann sich das ändern.

Aus einem fünfundzwanzig jährigen, jungen toten Mann wurde über Nacht ein Wunder. Bin ich der Einzige, der das als komisch empfindet? Ich hoffe nicht. Besonders nach der Geschichte die ich soeben erzählt habe. Aber manchen Reportern kann man wohl alles erzählen. Manche von denen scheinen auch nicht ganz helle zu sein.

Ich habe z.B. ein Interview für die große anerkannte Wochenzeitung „Fovea“ gemacht. Dies ist der Artikel:

Zum besseren Verständnis:

R= Reporter

A= Anastasius

Er ist der Erste, der wieder von den Toten aufgestanden ist. Man sollte meinen, dass er auch ein ganz besonderer Mann ist, doch rein Äußerlich ist nichts Originelles festzustellen. Anastasius Delibes, so der eigenartige Name des jungen Mannes und wahrscheinlich das erste Indiz darauf, dass er etwas Besonderes sein MUSS. Sein Name ist nämlich griechischer Herkunft und bedeutet „der Auferstandene“. Na, wenn das nicht ein passender Name für dieses Wunder ist, dessen ich gegenüber sitzen durfte.

Seine dunklen Locken fielen im tief ins Gesicht und von Blickkontakt hielt er wohl auch nicht viel. Mein erster Gedanke war: Oh Mann, hat der schon Starallüren! Aber ich musste mich eines bessern belehren lassen. Wie das folgende Interview zeigt:

R: Wie ist es ein Wunder zu sein?

A: (Ich dachte mir, was soll denn diese dumme Frage und wie lang war der schon im Geschäft? So fängt man doch kein Interview an. Das wusste sogar ich. Er hat mich noch nicht einmal begrüßt. So ein Gesäßloch!)

Nun, ich empfinde mich selbst nicht als Wunder, deshalb verwirrt mich dieses ganze Getue eher, als das es mich freut oder dergleichen. Ich glaube eher, dass die Ärzte gefuscht haben. Das ist alles. Das ganze Getue um meine Person ist lächerlich.

R: Ein ganz bescheidender junger Mann sitzt da vor mir. Woher nehmen Sie diese Bescheidenheit? Sie könnten doch erhobenen Hauptes durch die Straßen gehen.

A: Wie ich bereits sagte, haben die Ärzte meines Erachtens gefuscht und ich bin demnach auch kein Wunder. So einfach ist das.

R: Ich glaube Ihnen Ihre Bescheidenheit nicht so ganz. Erlauben Sie mir und unseren Lesern mehr über Sie zu erfahren, damit wir uns ein Bild von Ihnen machen können?

A: (Wen interessiert das? Aber... nungut )Nun, da gibt es eigentlich nichts besonderes zu berichten. Ich wuchs behütet bei meinen Eltern auf – ohne Geschwister oder Haustieren. Mir haben sie auch nicht gefehlt, falls das Ihre nächste Frage sein sollte.

Zu meinen Hobbys zählen das Musizieren und das Schauen von Horrorfilmen.

R: Ah... interessant. Welche Filme sind Ihnen da am liebsten?

A: Ich bevorzuge intelligente Filme, die eine gute Story beinhalten. Sinnloses Abgemetzel mag ich nicht besonders, obwohl das ja viele mögen. Alte Horrorfilme, besonders aus dem Jahr 2713, mag ich ganz besonders gerne. Die sind sehr gut gemacht. Obwohl die auch schon sehr bluthaltig waren.

R: Sie sagten eben, dass Sie auch musizieren. Wollen Sie etwa ein richtiger Horrorrocker wie die von der Band „Kithara“ werden?

A: Ich würde es schon gerne als Musiker schaffen. Aber „Kithara“ mag ich nicht so besonders. Die sind mir eine Spur zu gewalttätig. Ich mag die Band „Mortuum furtum“ („Leichendiebstahl“). Obwohl es der Name nicht verrät macht, sie gute, intelligente und sanfte Musik, die man heutzutage viel zu selten hört. Leider!

R: Da wünsch' ich Ihnen viel Glück beim Erfüllen ihres Traums. Danke für das aufschlussreiche Gespräch.

A: Vielen Dank! (In dem Moment dachte ich mir: Warum hast du dir dieses Interview angetan? Ich hab es gemacht und muss damit leben, dass Reporter oder dergleichen immer das Gleiche fragen und dann nichts verstehen. Denn ich habe noch andere Interviews durchgeführt. Eigentlich wollte ich nur klarstellen, dass ich kein Wunder bin, und wollte die behandelnden Ärzte vor die Dämonen werfen. Doch das hat ja nicht geklappt. Manche Menschen kann man nicht demütigen. So scheint es mir jedenfalls.)

Gand Fancy

In meinem Herzen

trage ich die Liebe

zur schwarzen Nacht,

zum roten Blut,

dem knarrenden Sarg

und dem Mondgeheul der Wölfe.

Ich bin ein blasses Kind der Nacht.

Ich bin ein Untoter

unter Lebenden.

Das ist nur eines meiner vielen Gedichte, die ich in den letzten Jahren verfasst habe. Ich schreibe viele Gedichte, aber auch Songs. Der Weg von einem Gedicht zu einem Song ist nicht weit, finde ich. Ich wäre gerne Songwriter. Am liebsten für meine Lieblingsband. Doch das ist wohl sehr unwahrscheinlich. Dies wird für immer und ewig ein Traum bleiben. Doch von der Illusion lass ich mich gerne treiben. Sie ist das Werkzeug meiner Kunst.

Der ein oder andere würde mich als den typischen, ja fast schon den klischeehaftensensiblen Künstlernennen. Das liegt größtenteils an meiner Begeisterung für die Band „POEm“. Mit ihrem Song „Vivus humare“ bin ich ein Riesenfan von ihnen geworden. Der Sänger ist sehr blass und dünn, sodass er aussieht wie ein Vampir oder eine andere untote Fantasiegestalt. Manch einer behauptet sogar, dass ich diesem Sänger ähnlich sehe. Diese Band spielt fast nur langsame, traurige Musik, die sehr unter die Haut geht. Manch ein Song hat mich schon dazu veranlasst in Tränen auszubrechen. Da ist es gar kein Wunder, dass ich als der „sensible Künstler“ gelte. Aber hey, wenn ich diese Songs höre, fühlt es sich an, als bestünde ein unsichtbares Band zwischen ihm und mir. Ich weiß in dem Moment, welche Gefühle der Sänger mit den Songs transportieren möchte. Ich weiß, was er durchgemacht hat, als er diesen Song schrieb und was er wieder durchmacht, wenn er diesen Song singt. Jedenfalls kann ich mir das denken. Ich weiß natürlich nur, was ich dabei empfinde. Es scheint aber der gleiche Gedanke und das gleiche Gefühl zu sein. Wir sind uns nicht nur rein Äußerlich ziemlich ähnlich.

Kasimir Mindehith

Wie stellen Sie sich einen Mörder vor? In welches Gesicht würden Sie gerne schauen wollen? Welches Gesicht erscheint in Ihren schön- schaurigen Albträumen? Haben Sie es vor Augen? Vielleicht ein Gesicht, das Sie mit seinem grauenhaften Grinsen und blutunterlaufenden Augen anstarrt?

Vergessen Sie dieses Gesicht!

Wenn Sie mich kennen würden, dann würde Ihnen dieses Gesicht in den Träumen erscheinen. Meine gelben Augen und mein mit Narben übersätes Gesicht würden Sie nie wieder aus ihren Gehirnwindungen bekommen. Wenn ich in Ihrer Nähe wäre, würden Sie schreiend davonlaufen und zu dieser Stelle nie wieder zurückkehren.

Denn, obwohl diese Gesellschaft Mörder zu Nationalhelden werden lässt, hat sie immer noch eine Riesenangst vor ihnen.

Ich habe die Erde um acht Menschen erleichtert. Das hat niemanden gestört. Warum auch? Waren diese Menschen interessant oder intelligent? Vielleicht. Ich weiß es nicht. Für gewöhnlich halten Mörder keine Bewerbungsgespräche, bevor sie jemanden umbringen. Was wäre also gewesen, wenn sie die oben genannten Eigenschaften besäßen hätten? Hätte ich sie dann nicht töten sollen? Dadurch hätte ich nur weniger Spaß gehabt. Das hätte unser Weltenlenker doch auch nicht gewollt, oder? Bestimmt nicht. Ich weiß, ich argumentiere wie ein Mörder, der keine Seele in sich trägt. Aber das ist schon lange kein nennenswerter Preis in unserer Welt mehr, für den wir noch etwas bekommen würden. Mit einer guten Seele können Sie den Allmächtigen beeindrucken, doch auf dieser Erde ist das Dunkle und Abgründige der Boss.