Tödliche Gier - Holger Thomas Lang - E-Book

Tödliche Gier E-Book

Holger Thomas Lang

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Beschreibung

Ein ungeklärter Mord wandert zu den Akten. Die Leiche einer Frau wird in einem blauen BMW 2002 aufgefunden: um ihren Hals einen Gürtel. Unwissend um die grausame Vergangenheit des Wagens, erfüllt sich Albert Krümmer den Traum seines 18 Jahre jungen Lebens und kauft den BMW. Doch schon bald beginnt er im Wageninneren eine unheimliche Stimme zu hören … unerklärliche Ereignisse häufen sich um den BMW. Doch die Polizei nimmt Albert, seine Freundin, Alexandra Meisner, und seinen besten Freund, Ernst Baumeister, nicht für voll, bis perfide Anschläge das Leben der Drei bedrohen. Ein Wahnsinniger ist hinter ihnen her, und jeder, der es wagt, sich zwischen ihn und seine Gier zu stellen, ist dem Tod geweiht.

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Holger Thomas Lang

Tödliche Gier

- Du Gehörst Mir

Imprint

Tödliche Gier - Du Gehörst Mir

Holger Thomes Lang

published by: epubli GmbH, Berlin,

www.epubli.de

Copyright: © 2014 Holger Thomas Lang

ISBN 978-3-8442-8018-0

Prolog, 27.05.1970

Als Inspektor der hiesigen Polizei war ich natürlich an denAnblick von Toten gewöhnt. Falls wir von der Tatsache ausgehen,dassman sich jemals wirklich daran gewöhnen kann.

„Wie sieht’s aus, Doc?“,fragte ich den Polizeiarzt,DoktorJan Koehler. Erstrich sich eine seiner grauen Haarsträhnen ausder Stirn.

„Mit einem Gürtel erwürgt, würde ich sagen. Und dann einfach hier in der Garageabgestellt.“

Diewollendas ja nichtmalansatzweise alsSelbstmorddurchgehen lassen, dachteich mürrisch. Das konnte ja heiter werden.

„Tja,HerrOberinspektor Kühn. Das wird ein harter Brocken für Dich,mein Junge“, sagte der Arztmit einernonchalantenVertraulichkeit, die meinen bereits angespannten Geduldsfaden einer ziemlichen Zerreißprobe unterzog.„Den Bericht kriegst Du später. Ichweiß noch nicht genau, wann ich ...“

„Schon gut, Jan“, unterbrach ich ihnkurz angebunden. Wir waren vor die Garagegetreten.„Jetztsind erst mal die Herrschaften von derSpurensicherung dran.“

Entnervt zündete ich mir eine Zigarette anund zog den tröstlich beißendenRauch ein.Es war einfach nicht mein Tag.

„Naja, so wie ich die feinfühligen Herren kenne, werden die denWagen auseinandernehmenbis auf die letzte Mutter. Und dabei ein so schöner BMW.Könnenwir uns nicht leisten, was?“

„Ach was, Jan.‘nbisschenwas auf die hohe Kante, aber ...lassen wir das. Sonst hast Du nichts feststellen können?“

„Wart erst mal auf den Bericht, Du Sklaventreiber.“

Mit diesen Worten wandte er sich ab. Ich betrat wieder dieGarage. Inzwischen war die Tote, deren Identität unbekannt war- wie manmirmitteilte -aus dem Wagen geholt worden.

„Habt ihrsie gründlich durchsucht?“,fragte ich.

„Ja, sicher. Keine Papiere. Weder Ausweis, Pass...“

„Gut,OK.“

Vor der Garagekündigten scharf quietschende BremsendenWagen meines

Vorgesetztenan,Kommissar Neureiter.Der korrekt in einen schwarzen Anzug gekleidete Mann, der demgrünen Mercedes entstieg, sah trotz der frühen Morgenstundeunverschämt munter aus.

„Morgen, Randy“, sagte er.„Was ist hier passiert?“

„Eine Tote in diesem Wagen dort. Keine Papiere, also Identitätunbekannt. Die Hausbesitzerin bemerkte, dassdas Garagentoroffenstand. Nachdem sie Licht gemacht hatte,entdeckte sie denWagen dort. ...“

„OK,OK. Wo steckt die Frau jetzt?“, winkte der Kommissar ab. Die Details schienen ihn nicht zu interessieren, er war mitseinenGedankenbereitseinen Schritt weiter.

„Sie wird gerade vernommen. In der Küche. Sollen wir reingehen?“

„Du und ich, wirbeide, ja“, nickte er.

„Also eins können Sie mir glauben, Herr Kommissar. Sowas habeich noch nie erlebt, und ich wohne schon lange hier. Mein Mann,der vor vier Jahren verstorben ist, hat das Haus gebaut. Nochnie, ... das ist ja ungeheuerlich, stimmt doch, oder? ... Undnoch dazu gehört mir der Wagen nicht mal. Und auch keinem derMieter im ersten oder zweiten Stock. Ich kann mir das Ganzenicht erklären. So eine Unverschämtheit, einfach seinen Wagen inmeiner Garage ...“

„Frau Korn. ... Schildern Sie uns bittenoch mal, was Siebeobachtet haben“, unterbrach sie mein Vorgesetzter.

Die alte Dame schüttelteverwundertden Kopf.

„Nein, sowas. Das hab ich doch schon Ihren Kollegen erklärt.“

„Naja, nun, dann erzählen Sie’s mir ebennoch mal“, befand der Kommissarmit künstlicher Freundlichkeit.

„Wie Sie meinen. Also: ... Ich bin, wie übrigens jeden Tag, um04.00 Uhraufgestanden. Dafür brauche ich keinen Wecker.Meineinnere Uhr, Sie verstehen? Ich kann nicht gut schlafen, deshalbbin ich schon so früh auf den Beinen. Mein Arzt hat mir zwarSchlaftabletten verschrieben, aber ...“

„Frau Korn“, unterbrach sie der Kommissar fast ungeduldig.„Wannhaben Sie das Haus verlassen?“

„Wie bitte? Sie haben doch gesagt, ich soll Ihnennoch malerzählen, was passiert ist.“

Himmel, dachte ich. Das kann ja heiter werden.

Neureiter verzog keine Miene.Ich musste seine Geduld bewundern.

„Beantworten Sie meine Frage, Frau Korn“, ermahnte er die alte Dame freundlich.

„Also, ... ich bin so gegen halb fünf raus, um die Zeitung zuholen. Und dabei ist mir dann aufgefallen, ... nein, ich darfgar nicht daran denken. Wenn das mein Mann noch erlebt hätte.Nicht mal in seinem Haus ist man sicher vorso was. Das darf dochwohl nicht wahr sein. ...“

„Was ist Ihnen aufgefallen?“,fragte Neureitermit einem geduldigen Nicken.

„Das offene Garagentor. Ich hab sofort Licht gemacht, umnachzusehen, ob alle Wagen auf ihrem Stellplatz stehen. Es istzwar eigentlich noch nie vorgekommen, dasseiner der Mieter quasivergessen hat, das Tor zu schließen, aber ...“, sie unterbrach sich für einen Moment,„man weiß ja nie,stimmt doch, oder? Tja, und dann hab ich diesen Wagen da dringesehen. Geärgert hab ich mich zuerst. Ich hab zwar dieGaragenstellplätze vermietet, aber Besucher meiner Mieter sollengefälligst ihre Wagen draußen abstellen!Ich bin also rein, ummir den Wagen anzusehen.“

„Weshalb das, Frau Korn?“, wollte er weiter wissen.

„Naja, um die Mieter heute Abend, wenn sie von der Arbeitkommen, danach zu fragen“, antwortete sie ungeduldig.Ihre faltigen Hände machten fahrige Bewegungen.„Denenwerde ich was erzählen, dachte ich noch. Und dann hab ich die... Frau entdeckt. Sie saß auf dem Fahrersitz und hatte diesenGürtelum den Hals.“

„Und dann? Was haben Sie dann gemacht?“

„Ich habe Sie sofort verständigt, ... äh ... die Polizei ...“

Einige Sekunden herrschte Schweigen.

„Nun, Frau Korn, Sie haben eben erwähnt, dassSie die anderenWohnungen vermietet haben. Ist doch richtig so, ja?“, half Neureiter ihr weiter. Ich zog es vor zu schweigen.

„Richtig. Aber von denen hat keiner einen solchen Wagen. Ichkenn’die Wagen doch alle.“Sie schüttelte verbissen den Kopf.„An der Farbe wenigstens. Tja, wiegesagt, denen gehört der Wagen nicht.“

„Und wäre es nicht doch möglich, dasseiner Ihrer Mieter Besucherhalten hat ...?“, stellte Neureiter eine Vermutung in den Raum.

„Ich hab’Ihnen doch grade erklärt, dassich meinen Mieternstrengstens untersagt habe,dassihre Besucher meine Garage alsStellplatz für ihre Autos verwenden. Da hat man ja dannüberhaupt keinen Überblick mehr!“

„Sie haben nichtsUngewöhnliches gehört oder bemerkt?“,wechselteBernd Neureiterabruptdas Thema.

„Wie kommen Sie darauf?“

„Weil Sie doch an Schlafstörungen leiden, Frau Korn. Haben Sieselbst ausgesagt“, erinnerte er sie.

„Also das ist doch die Höhe! Stehe ich jetzt unter Anklage, nurweil ich Schlafstörungen habe?!“, empörtesichdie alte Dame.„Das kann ja wohl nicht wahr sein!Da wird auf eigenem Grund und Boden ein Mord verübt ...“

„Woher wollen Sie eigentlich wissen,dasses ein Mord war?“,fragte ich ungerührt.„Es wäre ja auch möglich,dasssich dieFrau selbst erdrosselt hat.“

Eine Vermutung, die zwargrundsätzlichnicht auszuschließen, aberim Moment ohne Grundlage war.Ja,die Leichehatteeinen Gürtel um den Hals getragen,aber warum sollte jemand in einer fremden Garage Selbstmord begehen? So einfach war es nicht.Doch der Einwand verfehlte sowieso seine Wirkung. Frau Korns Augen flackerten erst unsicher und dann trotzig.

„Also, ... brauche ich jetzt einen Rechtsbeistand?“Das war dasEinzige, was siezuinteressieren schien– ihre eigene Haut zu schützen.

So kommen wir hier nicht weiter, dachte ich. Aus demGesichtsausdruck meines Chefs entnahm ich,dasser ganz ähnlicheGedanken wälzte.

„Wir verdächtigen Sie nicht, Frau Korn. ...“, versuchte ich sie zu beschwichtigen.„Geben Sie uns dieNamen Ihrer Mieter. Wir werden sie heute Abend persönlich zudieser Sache befragen. Das wär’s eigentlich.“

Die Befragung der Mieter wurde noch am selben Abendvorgenommen, führte jedoch zu keinen weiteren Erkenntnissen.DieIdentität der Toten bliebfürs Ersteungeklärt.Keineder aktuellenVermisstenmeldungenpasstenauf die Frau.Sie war weder unter Fingerabdrücken noch in den Registern derZahnabdrücke zu finden.Es hieß die Frau war nie auffällig geworden und hatteoffensichtlichden Zahnarzt gemieden wie der Teufel das Weihwasser– von klein an.

Doch zwei Tage später erschien mein Vorgesetzter mit einem Fotoin meinem Büro. Er knallte es mir auf den Schreibtisch.

„Anna Krüger, 29 Jahre, keine lebenden Verwandten, ledig ...“

„Und der Wagen?“

„Ist auf ihren Namen zugelassen. Ich hab’so das Gefühl, derFall landet bei den unaufgeklärten Fällen.“

Bernd Neureiter sollteRechtbehalten. Der Fall wandertetatsächlich nach einigen Wochen ins Archiv. Kein Glanzstück anWertarbeit.

1. Kapitel

Albert Krümmer warmit sich und der Weltzufrieden. Mit seinen 18 Jahrenhatte erschon ein solches Prachtexemplar. Ein erstklassiger Wagen!Sorichtig schön blauund das war etwasBesonderes. Normalerweise gab esdieses Modell nur in Orange und Weiß.Wieviel Geld und Aufwand in diesetiefglänzende Lackierung gewandert sein mussten, konnte er nur erahnen. Doch wer immer diese Mühen auf sich genommen hatte, er hatte seinenDank.Er konnte seine Augen kaum von den schnittigen Linien der Karosseriedes BMW 2002abwenden und da war er nicht allein.

„Hey, Krümmer! Ist das Dein Wagen?“

„Ja, stell Dir das mal vor, Ernst. Meiner. Hab ihn‘nemGebrauchtwagenhändler abgekauft. War auch ganz günstig. DreiJahre alt, das Ding, aber fährt wie ein Einser!“, schwärmte er.

„Soso. Naja, dann kannst Du mich ja nach Hause fahren“, grinste Ernst.

Albert Krümmer klemmte sich hinter das Lenkrad des blauen BMW.Sein Freund,Ernst Baumeister,setzte sich auf den Beifahrersitz.Die Wagentüren schlugenmit einem satten Lautzu.

„Gib ordentlich Gummi, ja?“

Das ließ sich der stolze Fahrer nicht zweimal sagen. Mitkreischenden Reifen fuhr er vom Schulparkplatz.

„Was hat das Ding eigentlich gekostet? Mensch, mit dem wirst Dunochein richtiger Aufreißerwerden, Albert.Was glaubst Du, wie die Mädels

drauf reagierenwerden? Die werden Dir die Bude einrennen.“

„Worauf Du Dich verlassen kannst“, feixte Krümmer. Seinen Besitzerstolz konnte er nichtverbergen. Eine rote Ampel zwang ihn,zu bremsen. Er kuppelte aus.„Willst Du gleich nach Hause oder fahren wir noch ein Stück ausder Stadt raus? Ich will den Wagen mal so richtig auf Tourenbringen.“Es juckte ihn in den Fingern. Allein die Vorfreude reichte, um seinen Puls steigen zu lassen.

„Ich mussauf jeden Fall vorher nach Hause. Mussimmerhin prüfen,ob die letzte Rate für die Lebensversicherung abgebucht wordenist“, scherzte Ernst.

„Scherzkeks.“

Die Beiden fuhren noch ein Stück aus der Stadt hinaus.

„Liegt glänzend in der Kurve, was?“Albert bekam nicht genug von dem Wagen, doch Ernst schien seinen Enthusiasmus nicht mehr zu teilen.

„Ja, der fährt wirklich gut“, antwortete er halbherzig. Er schien verunsichert.

Wo war Baumeisters gute Laune geblieben?War er etwa eifersüchtig? Nein, nicht Ernst.

„Hey, Ernst. Was ist los?“, fragte Albert besorgt. Er konnte immer nur für ein paar Sekunden zu seinem Freund rüber sehen, sonst hätte er die Straße aus den Augen verloren.

„N-nichts“, wich Ernst aus. Für ‚Nichts’kam ihm das Wortallerdingszu schwer über die Lippen.

„Aber?“, wollte Albert wissen.

„Ich weiß nicht. Ich hab’irgendwie ein komisches Gefühl.Ich glaub mir geht’s nicht gut. Ich hör ständig so ein Rauschen …“Nacheiner Weile Schweigen sagte ergepresst.„Fahr mich nachHause!Ich glaube, ich hab genug für einen Tag.“

Albert Krümmer setzte seinen Freund gegen 17.15 Uhr zu Hause ab.Da er nichts Besseres zu tun hatte,fuhr erzu sich nach Hause und verbrachte ein wenig Zeit in seinem Zimmer.Aber um ehrlich zu sein, fiel es ihm schwer seine Gedanken von dem BMW zu lösen, der glänzend und einladend vor dem Haus stand. Sein BMW.

Er schaltete das Radioneben seinem Bettein.

„...unterzeichneten die USA und Nordvietnam ein Waffenstillstandsabkommen...“Nachrichten! Politik! Krümmer stellte auf einenRocksender umund drehtedie Lautstärkeauf.SeinTelefonklingelte.Hastigstellte er die Musik leiseund griffnachdemApparat.

„Ja?“Er klemmtesichden Hörer zwischen Schulter und Ohr.

„Ich bin’s, Al.“

Eine Stimme, die ihn sofort unter Strom setzte.

„Alex!“Albert Krümmers Herz begann zu rasen. Alexandra Meisnerwar ein Mädchen, das erfastvergötterte. Bisher hatte sie ihnnoch nie angesprochen.

„Woher hast Du denn meine Nummer?“, fragte er dümmlich. Er verwünschte sich sofort für die Frage, denn im Grunde spielte es keine Rolle, aber jetzt war sie draußen.

„Von Ron. Wieso, stört Dich das?“,schosssieregelrechtarrogantzurück. Sie

gehörte zu den Mädchen, die es sich leisten konnten, arrogantaufzutreten.

„N-nein,sorry. Ich war nur etwas ... überrascht“, räusperte Albert sich.

„Ich wollte Dich eigentlich fragen, was Du heute Abend vorhast.“

„Bisher steht noch nichts auf meinem Terminkalender“, antworteteKrümmer schon etwas selbstsicherer, auch wenn er kaum fassen konnte, was hier passierte.

„Dann könnten wir doch eigentlich ... ich meine ...“Sie schien nach Worten zu ringen.

„Wir könnten ins Kino gehen, oder so“, schlug Albert eifrig vor.

„Liebend gern“,gingdas Mädchensofort,und hörbar erleichtert,auf den Vorschlag ein.

War alsodoch nichts mit unserer dauernden Arroganz, wie? Krümmermussteschmunzeln.

„Ich hol’Dich gegen acht ab, ja?“, schlug er vor und sie stimmte zu.

„Also, dann. Bis acht.“

„Ich freu’mich schon drauf“, antwortete sie.

Da war ein unausgesprochenes Versprecheninihrer Stimme, das Albert Krümmer nicht sorecht zu deutenwusste. Erhoffte,dasses was mitVerlangenoder gar mehrzu tun hatte. Vielleichtspielte ihm da aber auch sein eigenes Wunschdenken einen üblen Streich.Trotzdem war er glücklich. Sie hatte seine Blicke also nichtübersehen, die er ihr auf dem Schulhof zugeworfen hatte!Erst jetzt fiel ihm auf,dasser seinen Telefonhörerimmer noch in derHand hielt.Überschwänglichlegte er auf.Viel besser konnte es kaum noch werden. Alles schien bergauf zu gehen, seit er den Wagen gekauft hatte. Da er immer noch viel Zeit hatte und er kaum stillhalten konnte, schwang er sichnoch malhinter das Lenkrad des BMW. Er fuhr ziellos durch die Stadt. Von diesem Wagen konnte er einfach nicht genug bekommen.

„Al-bert?“

Er schrak zusammen. Was war das?

„Al-bert Krümmer?“

Woher kam diese Stimme, die ihn da beim Namen rief?

EinerschrockenerBlick in den Rückspiegel verriet ihm,dassdie Rücksitze leerwaren.Was zum Teufel war das?

„Sieh Dich vor, Krümmer. Du wirst beobachtet.“

Albert wurde blass. Die Stimme war dunkel, tief und bedrohlich. Sie klang menschlich, aber auf eine verzerrte und unnatürliche Weise, die ihm die Nackenhaare aufstellte.

„Wer ... wer spricht da?“

Ein blubberndes Lachen ertönte.Es war kalt und herzlos … undschien von allen Seiten zu kommen.Woran erinnerte ihn diesesLachen?Es schüttelte Albert.

„Versuch das lieber nicht rauszukriegen, Krümmer. Sonst wirst Dusterben. S-t-er-b-e-n, Krümmer. So bleibst Du, vielleicht, amLeben… kein schlechter Deal, wenn Du mich fragst.“

„Vi-vielleicht?“, stotterte Albert. Er musste sich das Ganze einbilden. Ja, bestimmt. Das konnte einfach nicht sein! Albert spürte, wie seine Unterlippe zitterte.

„Ja.“Wieder dieseswahnsinnigeLachen.„Also, hör gut zu,Krümmer. Es wäre besser für Dich, Du würdest den Wagenverkaufen.“

„Meinen Wagen?“

Warum antwortete er überhaupt? Vielleicht verschwand die Stimme, wenner still blieb.

„In diesem Wagen ist vor drei Jahren ein Mord geschehen. EineFrau wurde damals ermordet. Erwürgt. In diesem prachtvollenWagen, Krümmer.“Die Stimme legte eine bedeutungsschwangere Pause ein.„Was sagst Du nun?Gefällt Dir der Wagen immer noch?“

Albertstand unter Schock. Woher kam diese tiefe Stimme, dieeinem Horrorfilm entsprungen hätte seinkönnen?Egal wie sehr seine Augen hin und her huschten, er konnte keine Quelle ausmachen.

„Ich bin nicht abergläubisch“, sagte er tonlos.

„Wirklich nicht?“, fragte die Stimme höhnisch.„Vielleicht solltest Du lieber damit anfangen.“

Plötzlich ertönte dergequälteSchrei einer Frau. Er endete mit einemRöcheln. Krümmerhätte beinahe das Lenkrad verrissen. Erbremsteso scharf ab, dass derVWhinter ihmseinen Kofferraumbeinahe zu einem kompakten Paket geschrumpft hätte.Mitwildem Hupen -und ziemlich sicher auch unter heftigen Schimpftiraden- zog der Wagen zu ihm gleichauf.Albert lenkte den BMW an dieSeiteund umklammerte zitternd das kühle Leder des Lenkrads.

Er stieß die Fahrertür auf.

„Sagen Sie mal, sind Sie wahnsinnig? ... Steigt da voll in dieEisen!Hast sie wohl nicht mehr alle, Jungchen!Lern gefälligst zu fahren!“, wetterte derFahrer ihn durch die geöffnete Fahrertür an.Er war halb ausgestiegen.Erst jetztschiender Fahrer des anderen Wagens daskreidebleiche Gesicht von Albert Krümmerzu bemerken.

„Mensch, Junge. Alles in Ordnung?“

„Es ... es geht schon. Mir ist nur plötzlich ... schlecht ...“

Mit wackligen KnienlehnteAlbertsich an den Kotflügel seines Wagens.Am liebsten wäreerin sich zusammengesackt.

„Brauchst Du einen Arzt?“, fragte ihn der Fahrer besorgt.

„Nein… nein,ich denke nicht“, wehrte Albert ab. Was sollte er auch sagen? Hey, wahlweise ich drehe gerade durch oder jemand spielt mir einen ganz urkomischen Scherz,haha.

„Ich würde Dir dringend empfehlen, nach Hause zu fahren. Dusiehst wirklich nicht gut aus.“Der Mann warf ihm einen mitleidigen Blick zu.Mit diesen Wortenstieg der Mann zurück in den VW und zog die Fahrertür zu.

Auch Albert stieg wieder in seinen Wagen.Er startete den Motormitunruhigen Fingern. Er hatte Mühe, sich auf den Verkehr zukonzentrieren. Woher war diese Stimme gekommen? Hatte er siesich nur eingebildet?

„Da siehst Du mal, wie leicht ein Unfall passieren kann, Albert… das wäre doch traurig, wenn Dein Gesicht als breiige Masse an Deiner Windschutzscheibe endet.“Es klang nicht so, als wäre die Stimme auch nur imGeringstentraurigüber diesenGedanken. Sie wurde sogar noch dunkler.

„Es ist wirklich besser, Du verkaufst den Wagen.“

Ich halte das nicht mehr aus.Die Angst in ihm wurde so groß, dass erbeschloss, den Wagen tatsächlich zu verkaufen.Das war es nicht wert…

Sein Blick ging auf seine Uhr:Es war gerade18.30 Uhr. Wenn erGlück hatte, war Armin Kreuzer noch in seinemLaden. Er fuhr sofort hin.

„Das ist die richtige Richtung, Krümmer.Wer hätte es gedacht … bist wohl klüger als Du aussiehst.“

Mit laufendem Motor blieb Albert auf dem Parkplatz des Gebrauchtwagenhändlers stehen. Seine Gedanken rasten. Esmussteeine rationale Erklärungfür die Stimme geben.

Das war doch albern!Er würde der Sache auf den Grund gehen undden Wagen - bevor erirgendwas machte- zusammen mitseinem Freund Baumeister gründlich untersuchen. Vielleichthatte sich irgendjemand einen Scherz mit ihm erlaubt.Es gab genug Idioten da draußen, die sowas witzig fanden. Seine Hände hörten auf zu zittern.Entschlossen lenkte er den Wagenwiedervom Parkplatz derGebrauchtwagenhandlung.

„Dumm von Dir, Krümmer.“Blanker Hass sprang Albertentgegen.„Das wird schwere Folgen haben.Du wirst Dirnochwünschen, Du hättest Deine Chance ergriffen… Du wirst leiden, bis zur letzten Sekunde. Dafür werde ich Sorgen.“Es war ein Versprechen.

Die Stimme verstummte. Ein eisiger Schauer lief AlbertsRücken hinab.

Er fuhr auf direktem Weg nach Hauseund parkte vor dem Haus. Als er ausstieg, konnte er demAnblick des BMW, der in der Abendsonne leuchtete, nicht mehr ganz so viel Freude abgewinnen, wie noch wenige Stunden zuvor.

Seine Eltern waren zu Hause.

„Du siehst mir nicht gut aus, Al. Was ist los?“,fragte seineMutter besorgt.

„Alles in Ordnung. Mir war vorhin nicht gut“, flüchtete er sich in eine Ausrede. Er wollte mit seinen Eltern nicht über diese Sache reden. Am Ende lachten sie ihn noch aus.

„Und? Hast Du DirDeinen fahrbaren Untersatz gekauft?“,fragtesein Vater aus der Küche.

„Ja, hab ich. Aber er ist noch nicht voll funktionstüchtig. DieBremsen müssen erst noch repariert werden. Deshalb ... wollteich euch eigentlich bitten, ob ich heute Abend den Ford habenkann. Ich will mit Alex ins Kino.“Es war die erstbeste Ausrede, die ihm einfiel, um nicht den BMW benutzen zu müssen.

„Alex?“

„Ja, ... äh ... Alexandra ...“Wenn er nur halb so rot wurde, wie er klang, musste er gerade leuchtenwie eine Lampe.Sein Vater lachte.

„Tja,wenn eine Hand die andere wäscht,istesdoch was sehr Schönes. Was, Al? Unddeshalb kannst Du mir am Samstag ja zum Ausgleich im Gartenhelfen. Ist das ein Angebot?“

„Der Schinder soll Dich ...“, begann Albert, doch dieWahrheit war… er brauchte den Ford.Er gab nach.„OK, gut, Papa.Mach’ich.“

„Gut, ist doch ein idealer Deal.“Sein Vater zog ihn ohne Zweifel auf, aber Albert entschied,nicht darauf einzugehen.

„Danke“, sagte er nur.

Erging ins Badezimmerund wusch sich das Gesicht mit einerHandvoll kalten Wassers. Den BMW wollte er auf keinenFall fahren, jedenfalls nicht heute Abend.

Sie beugte sich zu ihm hinüber, um ihn zu küssen.

„War doch ein genialer Film, hm?“

Er erwiderte ihrenKuss.

„Ja, ... ich hab’aber nichtallzu vieldavon mitgekriegt“, gestand er mit einem Lachen. Dank ihr.Albert startete den Motor desFords. Am Steuer des Wagens seinerEltern fühlte er sich wohl.

„Wann legst Du Dir einen eigenen Wagen zu?“,fragte Alex, die denKopf an seine Schulter gekuschelt hatte.Ihr Haar floss über seine Schulter.

„Ich hab’schon einen. Aber da müssen die Bremsennoch malüberprüft werden.“Er entschied dieselbe Geschichte zu verwenden, die er auch seinen Eltern erzählt hatte.„Die funktionieren nicht richtig. Ich fahre ihnMorgen nach der Berufsschule gleich zu Kreuzer. Der soll ihnsichnoch malgenau ansehen.“

„Darf ich mir den Wagen mal ansehen?“,fragte Alex neugierig.

„Wann?“Albert warf ihr einen kurzen Blick zu. Um ehrlich zu sein, hätte er ihr jeden Wunsch erfüllt. Der Geruch ihres Parfums stieg in seine Nase und es fiel ihm schwer,sich zu konzentrieren.

„Heute. Mich würde,soals Deine Freundin, schon interessieren, wasfür‘nen Wagen mein Freund fährt.“

Röte stieg Krümmer ins Gesicht.Freundin, seine Freundin. Sein Herz schlug hart.

„Also gut, wenn Du drauf bestehst ...“, versuchte er cool zu klingen.Sie fuhren zu Albert nach Hause.Er ging ins Haus, um die Schlüssel zu holen, während Alex den BMW umrundete.Plötzlich hallte ein Schrei durch die Nacht.

„Aaaaaaal!“

Mit wachsbleichem Gesicht stürzte Alex ins Haus.

„Was ist denn los?“

Er fing sie in seinen Armen auf.Zuerst brachte sie kein Wort heraus.„Al! .. Da war jemand hinter dem Lenkrad. Ein ... Toter. Ein ...“, schluchzte sie.

„Beruhige Dich.“Sofort kamen ihm die Erlebnisse des Nachmittags in den Sinn.

„Komm mit. Wir sehen gemeinsam nach.“

Die beiden verließen das Haus.

Albertschlossden Wagen auf. Er öffnete dieFahrertürmit einemmulmigen Gefühl,Licht fiel auf die Sitze.Der Wagen war leer.

„Bist Du sicher,dassDu Dich nicht getäuscht hast?“, fragte Albert vorsichtig. Vielleicht ein Schatten oder ein Lichtspiel …docher wagte es nicht auszusprechen, als er ihr Gesicht sah.

„Absolut.“Alex wurde wütend.„Denkst Du, ich erzähl’hierirgendwelche Geschichten?!“

„Nein, natürlich nicht“Versuchte er sie zu beruhigen.„Also gut. Vielleicht hast Du einfachnoch unter dem Eindruck des Films gestanden.“Es schien eine gute Erklärung für den Moment.

Ihr Zorn verrauchte.

„Da hab’ich mich doch voll auf Dich konzentriert“, erinnerte sie ihn.Ihre Armelegten sich um seinen Nacken.„Darf ich heute Nacht bei Dirbleiben? Du hast wahrscheinlich recht. Ich hab die letzten Tagenicht allzugut geschlafen“, flüsterte sie in sein Ohr. Der Vorfall mit dem Wagen warplötzlichvergessen.

Sie gingen ins Haus zurück.

Keiner der Beiden hatte bemerkt,dasseine dunkle Gestaltsie aus demSchatten eines nahegelegenen Gebüschs beobachtete.

2. Kapitel

„Die Nacht war wundervoll, hm?“

Alex streckte den rechten Arm aus. Albert Krümmer döste noch vorsich hin.

„Ja, aber vielmehr als die letzten Tage hast Du auch nichtgeschlafen“, murmelte er.

„Na und?“Ihre Zunge liebkoste sein linkes Ohr.„Aber Du auchnicht.“

Wo sie recht hatte … er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Außerdem vollbrachte ihre Zunge Wunder darin, seine Gedanken in ganz andere Bahnen zu lenken.

„Ich hab heute keine Lust, zur Berufsschule zu fahren“, seufzte er.

„Na, dann machen wir eben blau.“Sie rückte etwas näher an ihn heran.

„Geht nicht. Ichmussunbedingt die Prüfung schaffen. Sonst kannich meine Mechanikerstelle vergessen.“

„Warum reparierst Du die Bremsen denn nicht selbst?“

Natürlich musste sie das fragen … sie dachte ja, es gingnurum die Bremsen.Wenn Du wüsstest, dachte Albert.

„Geht nicht. Krieg’ich vielleicht noch unter Garantiefalldurch.“

Eine lahme Ausrede, aber was Besseres fiel ihm nicht ein.Ihre straffe Brust drückte sich verlockend gegen seinen Ellenbogenund seine Gedanken schweiften unweigerlich zurück zur letzten Nacht.

„Naja, vielleicht hast Du recht. Ich ruf’nachher mal beiBaumeister an. Haben wir halt die Grippe.“

Ernst Baumeister erschien gegen 10.00 Uhr auf der Bildfläche.

„Der Al und die Al“, witzelte er.Für diesen dummen Spruch spießte Alex ihn regelrecht mit ihren Blicken auf.

„Schaust Dumal, ob wir nochwarmenKaffee haben?“, fragte Albertsie.

Sie küsste ihn und verschwand im Haus.

„Also, Al. Was ist hier los? Ich sehe an Deinem Gesicht,dasseshier nicht um eine Überprüfung der Bremsen geht.“

Albert Krümmer erzählte seinem Freund, wasgestern vorgefallenwar. Auch die Beobachtung, die Alex gemacht hatte, ließ er nichtaus.Er wusste, wie es klingen musste, aber er musste das geklärt haben.

„Gut, dann nehmen wir den Wagen mal auseinander.“Ernst rollte seine Ärmel nach oben.„Weißt Du, Al,jeden Anderen würde ich für verrückt erklären. Aber, wir kennenuns einfach zu lange, was?“, lachte er.

„Ja, wahrscheinlich“, stimmte Albert zu. Er fühlte sich erleichtert.Sie machten sich an die Arbeit.

„Woher, sagst Du, kam die Stimme?“

„Vonüberall. Als käme sievon allen Seiten.“

„Hmmmm.Sehen wir uns zuerst mal den Kofferraum an.Wenn dann machen wir das richtig.“

Die Beiden gingen zur Rückseite des Wagens. Albert Krümmeröffnete den Deckel des Kofferraums.Er erwartete nicht,viel zu sehen. Auf jeden Fall nicht das, was sie zu sehen bekamen. Doch zuerst war da der Gestank, unbeschreiblicher Gestank.

Fassungslos starrten die Beiden auf den Inhalt des Kofferraums.In einem aufgeschlitztenSack starrte ihnen das verunstaltete Gesicht einer Frau entgegen.Der Kofferraum wirkte fiel zu klein für ihre Gestalt. Verkrümmt und verdreht schien ihre blasse Hand mit den blauen und eingerissenen Fingern um Hilfe zu bitten.

Sie mochte noch keine dreißig gewesen sein.Der Verwesungsprozesshatte schon eingesetzt. Maden krabbelten über die Leiche derFrau, fielen aus ihrem Mundund von ihrer geschwollenen,blauen Zungeundausihren Augenhöhlen.Dicke, fette Maden, sattund fettgefressen,die sich unter der Haut durcharbeiteten und sich in endlosen Massen in den Wundentummelten… Albert taumelte zurück. Ernst hatte die Hand über seinen Mund geschlagen.

„Wir müssen das der Polizei melden“, presste er zwischen seinen Fingern hervor.

Die beiden Jungen und das Mädchen, die mir gegen 11.00 Uhr inmeinem Büro gegenübersaßen, sahen verstört aus. Ich warinnerhalb der letzten drei Jahre zum Leiter der Mordkommissionbefördert worden.

„Kühn, ... Randolph Kühn“, stellte ich mich vor und reichteallen die Hand.Mit einer knappen, aber einladenden, Gestewiesichden Dreien Platz zu nehmen.

Mir wurde berichtet, was passiert war. Zumindest versuchten sie es. Ich hatte einiges zu tun, die wirren Geschichten zu ordnen. Es spielte keine Rolle,ob ich Ihnen glaubte oder nicht. Es war meine Aufgabe der Sache nachzugehen. Ich schickteeinen Streifenwagen zu der Stelle, wo der BMW abgestellt wordenwar.

„Und der Wagen ist die ganze Nacht nicht bewegt worden?“,fragteich, während wir uns in meinem Dienstwagenauf der Fahrtzum Haus der Krümmersunterhielten.

„Ich habe bei Al, ... bei Herrn Krümmer übernachtet“, gestanddas Mädchen.

Soso, dachte ich.

„Aha, also ein Alibi, wie? Hat jemand Nachschlüssel?“

„Nicht,dassichwüsste“, antwortete Krümmer.„Aber ich glaube,ich hab’vergessen, den Kofferraum abzuschließen,gesternAbend.“

„Das war natürlich eine Glanzleistung von Ihnen“, sagte ichschärfer als beabsichtigt.Es war nicht so, als würde ich von einemgrünenJungen wie ihm Umsicht erwarten.

„Ich hab’mit der Sache nichts zu tun“, schrie Krümmer fast.Ich konnte mirregelrechtvorstellen, wie er im Stimmbruch geklungen haben musste.

„Schon gut! Beruhigen Sie sich, Herr Krümmer. Aber dieGeschichte, die sie mir da vorhin erzählt haben, mit der Stimme,...“, setzte ich kopfschüttelnd an.

„Sie halten mich für verrückt, ja?“

Oder wahlweise für jemanden, der zu tief ins Glas geschaut hatte, dachte ich, aber ließ mirnichtsanmerken.

„Durchaus nicht. Aber wir müssen eine vernünftige Erklärungdafür finden, Herr Krümmer. Das müssen Sie doch einsehen. Siesagen, die Stimmewar im Wageninneren? Alsohaben Sie den Kofferraum durchsucht?“

„Dazu sind wir gar nicht erstrichtiggekommen“, mischte sich nun ErnstBaumeister ein. Er schien derRuhigste derDrei zu sein.

Alexandra Meisnerhingegen warwenig hilfreich, ob nun Schock oder Trotz der Auslöser war, sieschwieg beharrlich.

„Wir sind gleich da. Und ich zweifle auch nicht an IhremVerstand, Albert.“Unwillkürlich nannte ich den Jungen beimVornamen.Es half vielleicht,die Spannung abzubauen.„Die Tatsachen stimmen, falls es sich um den Wagenhandelt, den Sie mir beschrieben haben. Wir haben ihn damalsverkaufen lassen, aber das lag nicht mehr in meinerZuständigkeit. Ich war damals jedenfalls mit dem Fall betraut.Es ist tatsächlich ein Mord darin verübt worden.“

Auch Ernst Baumeister sah jetzt etwas erschrocken aus.Ich hielt vor dem Haus und stellte den Motor ab. Die Kollegenwaren bereits eingetroffen. Sie standen um den Wagen herum.Ich stieg aus, und meine Fahrgäste folgten.

„Herr Kommissar?“

Einer der Streifenbeamten kam auf mich zu.

„Mein Name ist Zimmermann“, stellte er sich respektvoll vor.„Hören Sie. Wir haben imKofferraum ... nichts entdecken können.“

„Wie bitte?“, fragte ich.

„Da ist absolut nichts“, wiederholte der Beamte.

Einigermaßen verärgert starrte ich dieDrei an. Hatten sie sicheinen Scherz mitmirerlaubtund eine falsche Anzeige gemacht?!

„Also!“sagte ich scharf,„was geht hier vor?!“Ich wollte eine Antwort.Meine Zeit war nicht so großzügig gestreut, dass ich sie gerne verschwendete.

„Wir haben die ... äh ... Tote gesehen“, verteidigte sich ErnstBaumeister.„Albert und ich!“

„Also gut“, sagte ich.„Albert Krümmer hat Ihnen von der Stimme,die er angeblich gehört haben will, erzählt. Dann hat Ihnen auchnoch Frau Meisner hier ... berichtet,dasssie einen Toten amSteuer sitzen sah,gestern Abend. ... Begreiflich,dassSie sich,infolge des Schocks, durchaus eingebildet haben könnten, eineLeiche zu sehen, Herr Baumeister. Und Sie“, ich deutete aufKrümmer,„sagen Sie die Wahrheit. Wie haben Sie von dem Mordin dem WagenKenntnis erhalten? Durch die Zeitungen von vor drei Jahren? Dannhaben Sie einen Freund beauftragt, Frau Meisner zu erschrecken,indem er sich als Toter hinter das Steuer des Wagens setzt.Ich will Sie, Krümmer, Morgen in meinem Büro sehen! Und wenn Siebis 11.00 Uhr nicht erschienen sind, lasse ich sie abholen“, stellte ich klarund mitdiesen Worten stapfte ich zu meinem Wagen zurück.

War ich zu hart gegen den Jungen vorgegangen? Aber ich konnteunter den gegebenen Umständen,und ohne konkreten Verdacht,keineweitereUntersuchung des Wagensanordnen– oder mir eine derartige Zeitverschwendung leisten. Nein, Krümmermusstesich einer Untersuchungunterziehenund sich für diesen Fehlalarm verantworten. Da würde er nicht drum rumkommen. Aber trotzdemging mir die Sache den ganzen Tag nicht aus dem Kopf.

DieDrei standen um den BMW herum. Sie sahen zu, wie dieStreifenwagenverschwanden.

„Die erklären uns für verrückt“, sagte Baumeister tonlos.

„Hauptsächlich haben sie es auf mich abgesehen.“Albert Krümmer senkte bei diesen Worten den Kopf.

„Ich schlage vor, wir machen eine kleine Spritztour. Vielleichtfällt uns was Besonderes auf“, schlug Ernst vor. Die Euphorie über diese Idee hielt sichallerdingsin Grenzen.

DieDrei stiegen widerwillig in den BMW.

„Wenn ihr mich fragt, passiert überhaupt nichts“, erklärteKrümmer im Brustton der Überzeugung.Vielleicht wollte er sich selbst beruhigen.

„Meinst Du?“,fragte Baumeisterzweifelnd, der das Steuer übernommen hatte.

Er war ein guter und sicherer Fahrer, obwohl er erst seitwenigen Wochen den Führerscheinbesaß. Er und Albert hatten diePrüfung zusammen bestanden. Alexandra Meisner, die ein Jahrjünger war, hatte selbstverständlich noch keine Fahrerlaubnis.

„Ich bin ziemlich sicher. Wer auch immer dafür verantwortlichist, hat es auf mich abgesehen“, murmelte ich bitter.

„Ich könnte Dir den Gefallen tun und Dir zustimmen … würdest Du Dich dann besser fühlen?“Ein tiefes Lachen füllte den Raum.„Tut mirleid,DuirrstDich, Krümmer.“Ein tiefer, beunruhigenderKehllaut. Ernst fuhr krampfhaft geradeaus, Albert fühlte ein Zittern in seinen Händen, währendsichAlexandra blassin die Rückbank drückte.

„Ich möchte Deine Freunde auch an unserem kleinen Spielchen