Tom Prox 44 - Alex Robby - E-Book

Tom Prox 44 E-Book

Alex Robby

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Beschreibung

"STATION A". Die großen Buchstaben über der Veranda des schuppenähnlichen, einstöckigen Gebäudes sind verwaschen und sehen genau so trostlos aus wie die Umgebung. Neben dem Schuppen befindet sich die auf einer Seite offene Stallung. Eine Anzahl halbwilder Broncos tobt schnaubend und wiehernd darin herum.
Man hat das Gerumpel der vorfahrenden Postkutsche gehört, und der "Stationsleiter" tritt erwartungsvoll durch die Tür. Im nächsten Moment weiten sich seine Augen vor Entsetzen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

DER GANG IM FELS

Vorschau

Aus dem Wilden Westen

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Heinrich Berends

Illustrationen Innenteil: shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9737-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

DER GANG IM FELS

Von Alex Robby

»STATION A«. Die großen Buchstaben über der Veranda des schuppenähnlichen, einstöckigen Gebäudes sind verwaschen und sehen genauso trostlos aus wie die Umgebung. Neben dem Schuppen befindet sich die auf einer Seite offene Stallung. Eine Anzahl halbwilder Broncos tobt schnaubend und wiehernd darin herum.

Dann hört man das Gerumpel der vorfahrenden Postkutsche. Erwartungsvoll tritt Jimmy Crooft, der »Stationsleiter«, vor die Tür. Im nächsten Moment weiten sich seine Augen vor Erstaunen …

1.

»Hoho, Billy, altes Haus, bringst weiß Gott einen Fahrgast mit? – Und was für einen! Wirklich ’ne Lady, ’ne waschechte Lady in unserer gottverdammten Gegend! Dass meine Augen so was noch mal zu sehen bekommen!« Er sah verwundert auf das Mädchen, das leichtfüßig aus der Kutsche sprang.

»Machen Sie Ihren verehrten Mund ruhig wieder zu, es könnte ziehen, Mister«, meinte sie lachend und schüttelte ihm die schwielige Hand. »Sehr anziehend ist Ihre Station nicht gerade!«

»Habe aber einen verdammt guten Whisky im Haus«, verteidigte der Mann sich und seine Behausung und hielt ihr einladend die Tür auf.

»Danke. Ich will mich erst einmal auf der Veranda von der Reise erholen«, entschuldigte sie sich mit einem kritischen Blick auf die zwei wackligen Schaukelstühle, die dort standen. Dann ließ sie sich vorsichtig nieder und betrachtete verwundert den vor ihr stehenden Beamten.

Der haarlose Kopf auf dem mehr in die Breite als in die Länge gehenden Körper sah wie eine polierte Billardkugel aus. Die muschellosen Ohrlöcher gaben diesem etwas Groteskes. Die Augen blickten gutmütig; sie hatten den schwammigen Ausdruck des Gewohnheitstrinkers.

»Abgeschnitten! Ratzekahl abgeschnitten. Kein Geburtsfehler, falls Sie das denken, Miss«, erklärte er bereitwillig, als er den ratlosen Blick des Mädchens auf seinen Schädel gerichtet sah. »Liegt schon einige Jahrzehnte zurück, als es geschah. Waren damals unruhige Zeiten hier. Hatte eine kleine Auseinandersetzung mit einigen Boys, die Pferde stahlen. Waren besoffen, die Jungs, als ich ihnen in die Finger geriet. Hielten es für einen herrlichen Spaß, mir die Löffel abzuschneiden. Hatten später aber nicht viel Freude daran. Ranchboys fingen sie bald darauf und hängten sie auf. Ja, das waren noch Zeiten …«

»Scheinen zurückzukehren, diese Zeiten«, versetzte das Mädchen.

Er sah sie verwundert an und wollte gerade eine Frage stellen, als Billy Cummers auf die Veranda kam.

»Wurden überfallen, Jimmy«, berichtete er und ließ den Postsack auf die Bretter fallen. »Wir fahren erst morgen weiter. Es wird bald dunkel, und die Gegend ist unsicher. Wo ist eigentlich der alte Schuft ›Springender Hirsch‹? Muss man denn auf deiner Station alles allein machen?«

»Besoffen! Die edle Rothaut ist blau wie ein Veilchen im März«, antwortete Jimmy. »Wer hatte es denn auf deinen alten Karren abgesehen?«, fragte er dann neugierig. »Es waren wohl die Contra-Brüder. Sie suchten nach Briefen über das Projekt, wie?«

»Glaube, dass uns die Contra-Brüder diesmal herausgehauen haben. Kamen gerade im richtigen Moment. Die Totschläger-Bande war hinter uns her und …«

Jimmy pfiff durch die Zähne. »Es wird wirklich recht interessant bei uns hier in letzter Zeit, sagte ich schon. Erinnert mich an die guten alten Zeiten, wo man des Morgens tot aufwachen konnte und hinterher nicht einmal wusste, von wem man umgebracht war. – Ich meinte bisher, die Contra-Brüder machten mit den Totschlägern gemeinsame Sache. Scheint jedoch nicht so zu sein. Doch ich vergaß unseren Passagier. Was darf es zum Abendessen sein, Miss? Cornedbeef oder Büchsenfleisch? Dazu Dosenbrot oder Hartbrot? Auch Aprikosenjam habe ich da.«

»Danke, Mister! Habe selber noch Proviant, aber wenig Appetit«, erklärte sie. Sie hatte dem Gespräch der Männer wortlos zugehört. »Wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich über die geheimnisvollen Vorgänge aufklären würden. Klingt ja direkt grausig. Wer sind denn die Contra-Brüder, von denen Sie sprachen? Und was hat es mit der Totschläger-Bande auf sich?«

»Es geht um das Bahnprojekt von Trecktown nach Newworld. Sind zwei Gesellschaften, die Holzcompany und die Minengesellschaft, daran interessiert. Und es gibt welche hier bei uns, die ebenfalls dafür sind, Geschäftsleute, Storeinhaber, Fellaufkäufer und Viehhändler. Haben sich zusammengeschlossen und nennen sich die Pro-Brüder, weil sie dafür sind. Auch ein paar Rancher sind dabei. Die meisten Rancher – die größten – sind allerdings dagegen. Sie sagen, sie brauchen keine Bahn, haben ihre Pferde und die Postverbindung. Haben sich ebenfalls zusammengetan und nennen sich die Contra-Brüder, weil sie dagegen sind. Weiß aber niemand, wer zu diesen gehört. Halten es geheim und tun auch gut daran, weil sie maskiert reiten und sich die von den Pro-Brüdern greifen, auch die Bahningenieure, Prospektoren, Geologen oder wie sie sonst heißen mögen. Und die Pro-Brüder machen es nicht anders, wenn sie welche von den Gegnern erwischen.«

»Es sind vor Kurzem zwei Ingenieure verschwunden«, warf Billy wichtig ein.

»Glaube nicht, dass die Contra-Bruder damit etwas zu tun haben«, widersprach Jimmy. »Vermute, dass die Ingenieure von der Totschläger-Bande geschnappt wurden. Die haben ebenfalls was gegen die Bahn, fürchten wohl um ihr Versteck, wenn es in der Gegend lebhafter wird. Man spricht aber besser nicht darüber.«

»Wer ist die Totschläger-Bande?« Die Augen des Mädchens waren erwartungsvoll auf Jimmy gerichtet.

»Sie haben irgendwo in den Bergen ihren Schlupfwinkel«, antwortete Billy an Stelle des Stationsleiters. »Niemand weiß, wo. Im Übrigen hat Jimmy recht. Man spricht lieber nicht darüber, bedeutet Selbstmord. Tut nicht immer gut, zu viel wissen zu wollen, Miss. Haller, den alten Haller meine ich, der den Store in Newworld hatte, wollte ebenfalls zu viel über die Bande wissen. Ritt mit ein paar anderen in die Berge, um sich zu erkundigen. Seitdem leitet der junge Haller den Store. Der alte liegt mit vier anderen Neugierigen unter Steinen am Hohlweg, durch den wir kamen.«

»Und der Sheriff?«, fragte das Mädchen gespannt.

»Sheriff? Brauchen seit zwei Jahren alle zwei Monate ’nen neuen. Die Luft ist verdammt bleihaltig. – Und die Polizei? Haben einen tüchtigen Jungen, den Harald, in Newworld sitzen. Gibt sich alle Mühe, aber was will er machen? Findet Tote, aber keinen, der’s getan hat.«

»Ja, und das Tollste ist, dass man der Bande auch sonst nichts nachsagen kann«, mischte sich Billy ins Gespräch. »Keine Viehdiebstähle, keine Überfälle auf Viehaufkäufer oder Händler, Miss! Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass alle Ranches zahlen müssen, in Vieh und in guten Dollars, und dass sie es tun. Will eben keiner den roten Hahn auf seinem Gebäude haben und seine Tiere an vergiftetem Wasser eingehen sehen, wie es auf der Drei-Hahnen-Ranch geschah. Das ist es, Miss.«

Bald darauf begaben sie sich ins Haus.

Kurz nachdem sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, löste sich ein Schatten von den Pfosten des Vorbaus und verschwand lautlos in der Dämmerung.

Nach der Abendmahlzeit, die schweigsam verlief, stand Billy auf.

»Will nochmals nach den Pferden sehen.«

»Guck doch mal in den Anbau, ob der rote Halunke seinen Rausch ausgeschlafen hat. Soll sich heute Nacht auf die Veranda legen. Der Bursche hat scharfe Ohren, wenn er nicht voll ist.«

»Okay«, knurrte Billy.

»Wenn ich Ihnen Ihr Lager zeigen darf, Miss«, wandte sich der Stationsleiter an das Mädchen. »Ich hoffe, Sie werden ruhig schlafen können.«

»Rechnen Sie mit einem Überfall auf Ihre Station?«, fragte sie, etwas verwundert über seine Worte.

»Aber nein, Miss. Wer sollte die Station überfallen? Hier ist nichts zu holen. Es ist nur – ich meine, es geht bei uns oft recht lebhaft zu. Sie verstehen, so kleine Tiere – keine Wanzen, bei Gott nicht, Ungeziefer dulde ich nicht – aber die vermaledeiten Flöhe … Sie können sich denken, die Pferde und das alte Gebäude hat Risse, Ecken und Löcher genug …«

»Ach du lieber Gott!«, entfuhr es ihr. »Das kann ja heiter werden. Auf mich haben es die Biester ohnehin schon abgesehen.«

In der kleinen dumpfigen Kammer, die neben dem Wohnraum lag, richtete Jimmy ein Feldbett zurecht, über das er mehrere schwere Pferdedecken breitete.

Das Mädchen betrachtete etwas misstrauisch die nicht gerade einladend duftenden Decken und streckte sich seufzend auf dem improvisierten Lager aus, nachdem sich der Mann mit einem grinsenden »Angenehme Ruhe, Miss!« zurückgezogen hatte. Sie entkleidete sich nicht, sondern öffnete lediglich die obersten Knöpfe ihrer Bluse.

Billy hatte inzwischen nach den Pferden gesehen, war auch zu dem kleinen Anbau geschlendert, zum Lager des indianischen Stationshelfers. Da er dieses jedoch leer fand, schlenderte er zum Haus zurück.

»Der Bursche ist nicht zu finden«, berichtete er ärgerlich, als er in der Tür auf den Stationsleiter stieß. »Weiß Gott, Jimmy, ich beneide dich nicht um deinen Posten hier. Dann schon lieber auf dem Bock, und wenn’s auch manchmal etwas aufregend ist, aber man kommt doch wenigstens in der Welt herum.«

»Ja, immer von Newworld nach Trecktown und zurück«, spottete Jimmy. »Möchte aber doch wissen, wo sich der rote Halunke herumtreibt. Werde ihn bald hinausschmeißen müssen.«

Hal und seine beiden Kumpane hatten ihre Pferde an die Stange des Vorbaus gebunden und hockten auf der Treppe, die zur Storetür emporführte.

»Der Zug ist soeben eingelaufen«, stellte der Pockennarbige fest.

Da zu dieser frühen Stunde in den wenigen Straßen des Ortes kein Verkehr war, fiel der schlaksige Cowboy, der gemütlich durch den Straßenstaub schlenderte, den drei Männern sofort auf.

»Ulkiger Bursche«, meinte Joe. Er war der jüngste der drei, und sein offenes, rundes Kindergesicht stach deutlich von den verschlagenen Visagen der anderen ab.

»Scheint ein Cowboy zu sein.«

»Du merkst auch alles!«, feixte Hal und drehte sich eine neue Zigarette.

Der Cowboy blieb mitten auf der Straße stehen und sah nachdenklich auf die verschnörkelten Goldbuchstaben, aus denen man nur mühsam »Bileman’s Store« herauslesen konnte. Dann setzte er sich wieder in Bewegung und ging auf die drei zu.

»Drei Dollar für ein Pferd«, sagte er lächelnd, worauf die Männer verwundert aufsprangen. »Wollen wir nun reiten oder nicht?«, fuhr er fort, als sie sich nicht regten, sondern ihn nur wortlos anstarrten.

»Teufel! Dich sollen wir abholen? Mensch, wie kommst du in so eine Kluft? – Haha, siehst ja aus, wie ein Cowboy aus einem Witzblatt.«

»Wüsste nicht, was an mir komisch sein soll«, versetzte der Lange und sah mit treuherzigem Blick an sich herunter.

»Und einen Colt hat er sich auch umgehängt. Da denkt man, man holt einen Gangster von der Burg ab, und dann ist’s nur ein verkappter Kuhtreiber. Dass dir bloß das Schießeisen nicht aus Versehen losgeht!«

»Um Gottes willen, es wird doch nicht«, meinte der andere und fasste ängstlich den Sechsschüssigen am Kolben, ohne ihn aus dem Holster zu ziehen. Doch im gleichen Augenblick peitschten die Schüsse heraus und schlugen vor den Stiefelspitzen der Banditen ein.

»Oh, Verzeihung, muss wohl versehentlich an den Abzug geraten sein.«

»Willst du wirklich behaupten, die Schüsse seien aus Versehen losgegangen?« Hal betrachtete nachdenklich die Löcher im Boden. »Wir haben dich unterschätzt. Nichts für ungut.« Er sah den »Cowboy« respektvoll an. »Können gute Schützen brauchen.«

»Wozu?«

»Wirst es bald erfahren. Denke, wir reiten. Der Chef wird es kaum erwarten können, einen solchen Revolverschützen begrüßen zu dürfen.«

»Er hat allen Grund, sich zu freuen.«

»Reiten kannst du auch«, stellte Hal fest, als sie eine Zeit lang schweigend Seite an Seite geritten waren.

»Warum nicht?«

»Weil die meisten, die aus den Städten zu uns in ›Pension‹ kommen, zum ersten Mal in ihrem Leben ein Pferd sehen. Bist wohl früher schon viel auf dem Land gewesen?«

»Möglich. Genau kann ich mich nicht mehr daran erinnern.«

»Du bist der ausgekochteste Bursche, der mir je vor Augen kam. Wie viele hast du denn schon umgelegt, wenn man so schießen kann wie du?«

»Wieso? Warum sollte ich denn jemanden umgelegt haben?«

»Mensch, tu doch bloß nicht so dämlich! Wer kommt denn sonst zu uns in die Berge? – Außerdem weiß ich, dass der Chef niemanden aufnimmt, der nicht fürs Brennen reif ist. Aber wenn du’s nicht ausspucken willst? Meinetwegen, kannst du es auch für dich behalten, Mann.«

»Warum sollte ich? Bin nicht stolz darauf, bereue es aber auch nicht. Das zweite Dutzend wird wohl bald voll sein.«

»Zwei Dutzend?« Hal hielt unwillkürlich sein Pferd zurück und sah den anderen betroffen an. »Du willst doch nicht behaupten, dass du … Haha«, platzte er plötzlich heraus. »Bist ja ein toller Spaßvogel!«

»Was ist schon dabei? Die Menschen sind ja so schlecht, Anwesende natürlich ausgenommen. Und wenn man nun einmal bei der Ghost Squad ist. Mein Freund Tom Prox sagt immer …«

»Was bist du? Wo bist du gewesen? Haha!« Hal holte tief Luft. »Nun hört euch das bloß mal an!« Er wandte sich zu den anderen beiden um, die hinter ihnen ritten. »Wisst ihr, wo er gewesen sein will? Ausgerechnet bei der Polizei. Was sagt ihr dazu?«

»Nicht gewesen! Nicht gewesen!«, berichtigte der Lange. »Damit keine Irrtümer entstehen: Ich bin Sergeant Snuffy Patterson von der Special Police.« Er stellte sich aus dem Sattel mit einer kleinen Verbeugung so feierlich vor, als befände er sich in einem Ballsaal.

Die Wirkung seiner Worte war gewaltig. Die drei Banditen fielen fast von den Pferden, so erschütterte sie das Lachen, das sie überkam.

»Der beste Witz, den ich je gehört habe«, prustete der Pockennarbige endlich hervor. »Gangsterkiller aus Burg in Cowboykluft gibt sich als Sergeant der Ghost Squad aus. Wäre eine prima Schlagzeile für eine Zeitung.«

»Und gelangt durch Trick in Gaunernest, könnte die Fortsetzung lauten«, grinste Patterson. »Aber wenn ihr es mir nicht glauben wollt, dann lasst es eben bleiben! Beschwert euch aber hinterher nicht, wenn euch eure Ungläubigkeit allerlei Schwierigkeiten bereitet.«

Sie hatten nach einigen Stunden die Hochebene überquert und den Hohlweg durch die Berge erreicht. Am Waldrand schwang sich Hal vom Pferd.

»Wollen ein wenig rasten und die Pferde grasen lassen. Der anstrengende Teil kommt erst.«

Sie holten ihren Proviant aus den Satteltaschen und ließen auch die Whiskyflasche kreisen.

»Wer ist denn nun eigentlich der Chef der Gaunerbande? Wie heißt er, und wie sieht er aus?«, fragte Patterson, eifrig kauend.

»Stellst ja reichlich ausgefallene Fragen. Werde lieber etwas vorsichtiger sein. Wirst ihn noch kennenlernen. Aber wie er aussieht, wirst du genau so wenig erfahren wie wir.«

»Vielleicht erzählt der Chef dem Herrn Sergeanten mehr als uns!«, höhnte der Pockennarbige.

»Nehme es auch an«, nickte Patterson und widmete sich weiter dem Essen.

Unter Peitschengeknall fuhr die Postkutsche an den ersten Holzhäusern des Ortes vorbei in die einzige Straße Newworlds ein. Auch das Mädchen, das neben ihm auf dem Kutschbock saß, schüttelte verwundert den Kopf.

»Habe ja nicht allzu viel erwartet«, meinte es. »Aber sagten Sie nicht, Newworld hätte fünfhundert Einwohner? Greise, Kinder und Verbrecher mitgezählt? Ich sah bisher außer einigen verlausten Kötern kein lebendes Wesen!«

»Versteh das auch nicht. Können doch nicht alle gestorben sein?« Er hielt die Pferde mit einem energischen Zügelzug an. »Sind angelangt, Miss.« Er deutete auf das niedrige Holzhaus, das lang gestreckt und mit einer umlaufenden Veranda versehen, vor ihnen lag. »Das ist ›Garger’s Post‹, das einzige und damit beste Hotel dieser ehrwürdigen Ansammlung alter Holzbuden. – Möchte nur wissen, wo die verdammten Burschen heute geblieben sind. He, Mieke, alter Knabe, es ist direkt befreiend, endlich so was wie einen Menschen zu sehen«, rief er einem uralten Mann zu, der gemächlich um die Hausecke geschlurft kam. »Was ist denn heute bei euch los?«

»Meeting, Billy! Sind alle draußen auf dem Platz. Es geht um die Bahn. Haben sogar die Kinder mitgenommen. Bin der Einzige, der hiergeblieben ist, außer der Oma von Warners, die aber auch schon über neunzig ist und im Bett liegt, weil sie’s Reißen hat. Hat an der Bahn genau so wenig Interesse wie ich, die alte Uschel. – Wo hast du denn die da aufgegabelt?«

»Ist in Ordnung, das Girl«, grinste Billy und schirrte mit Hilfe des Alten die Pferde aus. »Sie will zu den Humberts. Weißt schon, die auf der Cat-Ranch am Silver-Creek sitzen.«

»Kommt aber in einem recht unpassenden Moment zu Besuch, das Girl. Sie kommt bestimmt nicht weit über Newworld hinaus, dann haben sie die Pro-Brüder geschnappt. Die Humberts gehören nämlich zur anderen Clique.«

»Und wo wird das Meeting abgehalten, von dem Sie sprachen?«, warf das Mädchen ein. Es war unbemerkt von den beiden näher getreten und hatte die letzten Worte mit angehört.

»Vor dem Ort, hier die Straße entlang«, erklärte Mieke. »Würde Ihnen aber nicht raten, sich dort sehen zu lassen. Sind heftig in Fahrt heute; hat gestern mal wieder einen Zusammenstoß gegeben. Wäre besser, es würde nicht bekannt, dass Sie zur Cat-Ranch wollen, Miss. Die auf der Ranch halten nichts von der Bahn. Die Newworlder aber wollen sie – Prosperity und so, Sie verstehen. Es wäre daher jetzt der rechte Augenblick zum Weiterreiten, das heißt, wenn Sie überhaupt reiten können.« Er sah sie zweifelnd an. »Könnte Ihnen ein ruhiges Tier leihen. Die von der Cat-Ranch wissen schon, wie sie es wieder in Gargers Fenz bekommen.«

»Und wie weit ist es bis zur Ranch?«, fragte sie nachdenklich.

»Vier gute Stunden, wenn Sie sich ranhalten. – Bloß, ich weiß nicht …« Er zögerte.

»Wegen der Kleidung?« Sie lachte, da sie seinen fragenden Blick auf sich ruhen fühlte. »Ich habe alles Nötige mit. Vielleicht gibt es hier ein Zimmer, wo ich mich umziehen kann? Billy wird mir meinen Koffer bringen.«