Toni der Hüttenwirt 188 – Heimatroman - Friederike von Buchner - E-Book

Toni der Hüttenwirt 188 – Heimatroman E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt.Toni, der Hüttenwirt liebt es ursprünglich. In Anna hat er seine große Liebe gefunden. Für ihn verzichtete Anna auf eine Karriere als Bänkerin im weit entfernten Hamburg. Jetzt managt sie an seiner Seite die Berghütte. Ihre Serie hat Geschichte geschrieben. Die Idee dahinter hat exemplarischen Charakter. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Erfolgreiche Romantitel wie "Wenn das Herz befiehlt", "Tausche Brautkleid gegen Liebe" oder besonders auch "Irrgarten der Gefühle" sprechen für sich – denn sie sprechen eine ganz eigene, eine unverwechselbare Sprache.

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Toni der Hüttenwirt – 188–

Bist du nie verliebt gewesen?

Auf einer Bergtour hat alles angefangen

Friederike von Buchner

Bürgermeister Fritz Fellbacher ging im großen Festsaal des Waldschlösschens nervös auf und ab. Graf Tassilo von Teufen-Thurmann schüttelte den Kopf und schmunzelte.

»Fritz, des ist ja nimmer mit anzusehen. So nervös kenne ich dich nicht. Du kommst mir vor wie ein junger Ehemann, der vor dem Kreißsaal auf und ab rennt, während er auf sein erstes Kindl wartet. Reiß dich zusammen, Fritz!«

Fritz Fellbacher seufzte.

»Mei, Tassilo, ich weiß selbst, dass ich neben mir stehe. Aber dein Vergleich mit einem werdenden Vater, der ist net so verkehrt. Ich bin mächtig aufgeregt. Du magst auf dem gesellschaftlichen Parkett besser bewandert sein als ich. Die Leut’, die …« Fellbacher zog eine Taschenuhr aus seiner Weste, »… die, in genau einer Stunde und sieben Minuten, hier versammelt sein werden, die sind prominent. Ich kenne die meisten nur aus weiter Ferne, persönlich habe ich noch nie mit ihnen zu tun gehabt.«

Tassilo schenkte Fellbacher einen Obstler ein.

»Trink, des beruhigt deine Nerven! Wir haben doch alles besprochen. Einen ganzen Nachmittag waren wir beim Bischof und haben Zandlers Vorschlag durchgesprochen.«

»Ich weiß, ich kenne den Ablauf der Veranstaltung in- und auswendig. Zuerst redest du, als Gastgeber, dann spricht der Bischof, dessen Experten die Dokumente geprüft haben. Dann bin ich an der Reihe.«

Fellbacher wischte sich die Schweißperlen von der Stirn.

»Tassilo, ich bin so nervös, wegen der Heimlichtuerei. Es wissen noch nicht einmal so viele Leute davon, wie ich Finger an meinen beiden Händen habe. Am meisten macht mir Sorgen, dass ich den Gemeinderat nicht habe informieren können.«

»Du weißt, dass der Huber-Franz sofort zu seinem Bazi, dem Ruppert Schwarzer, gelaufen wäre, um ihn zu informieren. Das war einfach zu riskant. Wer weiß, was dem Schwarzer alles eingefallen wäre, um uns die Suppe zu versalzen.«

Graf Tassilo blinzelte Fellbacher zu.

»Also, nun sei mal ganz unbesorgt. So ahnungslos, wie du denkst, ist dein Gemeinderat nicht, bis auf den Huber. Du weißt, dass mein Wort immer noch Gewicht hat. Ich habe mir jeden einzeln vorgenommen.«

»Was du nicht sagst?«, stieß Fellbacher überrascht hervor.

»Alle haben es verstanden. Du kannst also unbesorgt sein.«

»Mei, mir fällt ein Stein vom Herzen, Tassilo.«

Ein Mann in der schwarzen Uniform der Sicherheitsfirma kam auf sie zu.

»Draußen vor der Absperrung stehen schon einige hundert Leute. Sie werden unruhig.«

»Dann lasst sie in den Park! Aber hier herein kommen nur die geladenen Gäste. Die Presse darf zwanzig Minuten vorher herein«, sagte Tassilo.

»Die Presse beschwert sich ebenfalls. Die Zeit sei zu kurz, um die Kameras aufzubauen.«

Graf Tassilo lachte.

»Neugierig sind sie, sonst nix. Sie wollen nur rumschnüffeln. Das würde sie interessieren, was der Bürgermeister und ich plaudern. Ich bin selbst in der Medienbranche, deshalb weiß ich, dass mit der heutigen Technik keine lange Vorbereitung notwendig ist. Die sollen sich gedulden, basta.«

Der Einsatzleiter ging davon.

Als telefonisch die Ankunft der hohen Gäste gemeldet wurde, durfte die Presse Aufstellung nehmen. Die Limousinen rollten in den Park, mit dem Kardinal, dem Bischof, dem Ministerpräsidenten, dem Landrat und den zahlreichen Ehrengästen. Graf Tassilo und Fritz Fellbacher begrüßten sie. Gemeinsam gingen sie in den Festsaal und nahmen Platz.

Es gab ein festliches Rahmenprogramm. Der Graf war Musikproduzent und hatte eine Musikschule für Kinder. Der Kinderchor eröffnete die Veranstaltung. Während die Kinder sangen, wurde der schwere rote Vorhang zurückgezogen. Auf der Bühne stand ein Glaskasten aus Panzerglas. Eine Kamera warf das Bild der Dokumente auf eine große Leinwand.

Nachdem der Beifall für den Kinderchor verklungen war, trat Graf Tassilo von Teufen-Thurmann ans Mikrofon. Er begrüßte die Gäste, dann lächelte er und sagte:

»Wir sind alle heute hier, um einen besonderen Geburtstag zu feiern. Wie es sich herausgestellt hat, ist unser schönes Waldkogel viel älter, als alle angenommen hatten. Nachdem die Dokumente gefunden und von Experten auf ihre Echtheit geprüft wurden, kann sich Waldkogel als die älteste Gemeinde im weiten Umkreis bezeichnen. Das muss gefeiert werden! Als Nachkomme der Grafen von Teufen-Thurmann, die sich über viele Jahrhunderte um das Wohl der Waldkogeler gesorgt haben, lade ich alle zu diesem besonderen Geburtstagsfest ein. Ein paar Reden müssen Sie sich zuvor noch anhören. Danach gibt es Freibier für alle, draußen im Park.«

Zuerst ging ein Raunen durch den Saal, dann gab es Beifall. Tassilo genoss den Blick in die überraschten Gesichter.

Danach sprach der Bischof. Er berichtete, was die Experten bei der Prüfung der Dokumente herausgefunden hatten und dass das auch für die Kirche ein sehr bedeutender Fund sei. Man habe gewusst, dass es Passierscheine für Pilger an vielen Stellen in den Alpen gegeben habe. Doch bisher sei nicht bekannt gewesen, dass auch Waldkogel eine Art Zollstation gewesen sei. Dabei habe sich herausgestellt, dass es damals schon eine Kirche gegeben habe, genau an der Stelle, an der heute die schöne Barockkirche steht. Vermutet hätte man es schon lange, aber der Beweis habe gefehlt, weil Feuer und Kriege im Laufe der Jahrhunderte vieles vernichtet haben.

Anschließend trat Bürgermeister Fellbacher ans Pult und begrüßte die Gäste. Dann sagte er:

»Ich habe mir nie träumen lassen, dass es meine Aufgabe als Bürgermeister sein könnte, die Geschichte von Waldkogel neu zu schreiben. Unsere geliebte Heimat ist viel älter, als alle Siedlungen im weiten Umkreis. Damit will ich diese nicht abwerten. Vielleicht sind sie auch so alt. Aber wir hier in Waldkogel können es beweisen. Wie heißt es im Volksmund? ›Nur was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen.‹ Dazu möchte ich noch etwas anmerken. Die Originale werden dem Eigentümer zur Verwahrung zurückgegeben. Wer es ist, weiß ich nicht. Jedenfalls ist es jemand, dem Ansehen und Ruhm wenig bedeuten. Aber ihm liegt viel an Waldkogel. Das freut mich und alle Waldkogeler. Wir sind dem unbekannten Gönner sehr zu Dank verpflichtet. Die notariell beglaubigten Kopien der bewussten Dokumente werden mit der Übersetzung des Textes im Rathaus aufgehängt. Auf dem einen Blatt sind Friedhof, Kirche und Häuser skizziert. Das heißt, sie standen schon, als dieser Passierschein ausgestellt wurde. Also ist Waldkogel noch älter. Es ist für Waldkogel ein besonderer Glücksfall, dass wir davon Kenntnis erhalten haben. Der Eigentümer möchte anonym bleiben. Er will die Dokumente behalten, da sie für ihn einen persönlichen Wert darstellen, und es ihm auch nicht, so habe ich mir sagen lassen, auf Materielles ankommt. So bleibt mir nur zu sagen: Danke und ein herzliches Vergelt’s Gott!«

Beifall brauste auf.

Bürgermeister Fellbacher verließ die Bühne. Anschließend sprach der Landrat der Gemeinde Waldkogel seine Glückwünsche aus und versprach, dass Waldkogel als älteste Gemeinde demnächst offiziell anerkannt werden würde.

Der Kinderchor sang noch ein Lied aus den Bergen. Dann war der offizielle Teil der Veranstaltung beendet. Die Gäste strömten hinaus in den Park. Die Presseleute scharten sich um den Glaskasten und knipsten. Nach einer halben Stunde wurde der Saal verschlossen und bewacht bis nach dem Fest.

In der Nacht verschwanden die Dokumente in der Aktentasche von Pfarrer Zandler.

*

»Guten Morgen, Annika!«, begrüße Moni die Freundin. »Hast du gut geschlafen?«

»Guten Morgen! Ja, ich habe gut geschlafen, nachdem ich dann endlich doch eingeschlafen bin.«

»Willst du Tee oder Kaffee?«, fragte Moni. »Ich habe für uns draußen auf der Terrasse gedeckt. Mein Mann ist aus dem Haus, und meine Mutter hat die Kinder abgeholt. Heute ist Oma-Tag. Wir haben unsere Ruhe.«

Sie gingen zusammen auf die Terrasse und setzten sich.

»Kaffee oder Tee?«, fragte Moni.

»Kaffee, heiß und schwarz wie die Nacht«, lachte Annika. »Ich hoffe, dass er meine Lebensgeister aufweckt.«

»Warum konntest du nicht einschlafen? Hatte dir das Klassentreffen nicht gefallen? Ich fand es nett.«

»Es war schon okay. Ich musste darüber nachdenken, was aus allen geworden war. Ich war ja noch nie dabei. Also war alles neu für mich. Schon lustig, wie Vorsätze sich oft ins Gegenteil verkehren! Ich erinnere mich an die Abiturfeier. Jeder hatte konkrete Pläne. Wir waren alle voller Tatendrang und wollten auf unsere Ziele losgehen. Jetzt bin ich doch sehr überrascht, dass die meisten etwas ganz anderes gemacht haben.«

»Du denkst bestimmt an unsere Klassen-Emanze Biggi. Sie wollte eine große Nummer in der Frauenbewegung werden und nebenbei noch die Gesellschaft umkrempeln.«

Annika und Moni lachten laut, »Genau! Heute ist unsere Biggi Hausfrau und Mutter und lebt ein idyllisches Leben, mit Haus und Garten und Kindern und Hund. Sie spricht nur von Familie und Haushalt. Es war anstrengend mit ihr. Sie saß eine Weile neben mir. Jetzt weiß ich alles, über jeden Zahn ihrer Kinder, was sie im Garten macht und dass sie im Mütterkreis tätig ist.«

Moni lachte.

»Das hat dein Weltbild so erschüttert?«

»Ich will mal sagen, ich war sehr erstaunt. Ich konnte nur noch zuhören. Nicht, dass ich etwas gegen Hausfrauen habe, aber das war doch genau die Frauenrolle, die Biggi immer so vehement bekämpft hatte.«

»Menschen ändern sich. Sie hat sich gleich am Anfang des Studiums in Thorsten verliebt. Bald wurde sie schwanger. Sie heirateten natürlich. Das Studium hat sie trotzdem abgeschlossen. Statt Karriere zu machen, hat sie noch zwei Kinder bekommen. Jeder soll auf seine Art und Weise glücklich werden.«

»Sicher, ich will auch keine Kritik üben, Moni. Ich bin nur verwundert.«

»Biggi hat schon immer alles auf die Spitze getrieben. Sie war eine glühende Verfechterin der Emanzipation. Heute lebt sie die Rolle, die sie gewählt hat, mit genauso viel Hingabe und Einsatz. Ganz verstehen kann ich diesen radikalen Wandel auch nicht, Annika. Ich bin froh, dass ich beides habe, einen Beruf und eine Familie. Mit ein wenig Organisation klappt alles ganz gut. Okay, als freie Journalistin bin ich privilegiert.«

Annika lächelte Moni an.

»Ich gönne es dir!«

»Danke, aber manchmal beneide ich dich schon.«

»Mich? Warum?«

»Du kannst dich einfach an jeden Ort der Welt versetzen lassen. Wo bist du in den letzten Jahren nicht überall gewesen? Südamerika, Australien, Japan und jetzt Island. Ich finde es einfach toll, durch die Welt zu ziehen und immer Arbeit zu haben. Das ist eine ideale Mischung. Ich habe immer gestaunt, wie du das machst. Hast du dich um die Auslandsstellen geprügelt?«, lachte Moni. »Ich kann mir vorstellen, dass viele im Konzern gern ins Ausland wollen.«

»Mit der Versetzung, das geht immer ganz flott bei mir. Das gebe ich zu. In einer großen Luftfahrtgesellschaft gibt es immer wieder irgendwo freie Stellen. Dann bewerbe ich mich und bekomme sie jedes Mal. Ich habe eben einen Bonus«, schmunzelte Annika.

»Welchen Bonus?«

Annika lachte.

»Ich bin ledig. Ich habe keinen Anhang. Ich muss nicht darauf achten, ob es geeignete Schulen oder Kindergärten gibt, oder einen geeigneten Job für den Ehepartner. Ich will dir etwas verraten, Moni. Wenn jemand verheiratet ist und eine tolle Stelle im Ausland ergattern will, dann trifft nicht er oder sie die Entscheidung, sich um die Stelle zu bewerben. Die Entscheidung fällt daheim, am Küchentisch. Der Ehepartner müsste seine Arbeit aufgeben, die Kinder die Schule, die Freunde, das Pferd, den Fußballverein und so weiter. Dann jammern auch noch Oma und Opa, dass es so weit weg sei und man sich vielleicht noch nicht einmal an Weihnachten sehen könne. Kurzum: Ich habe oft erlebt, wie ein verheirateter Kollege oder eine Kollegin den Wunsch nach Versetzung ganz schnell aufgab. Bei mir ist das anders. Gibt es einen Engpass in Japan? Kein Problem! Springer gesucht, nach plötzlichem Personalausfall in Südamerika? Ich nehme den nächsten Flieger! Ich mache gute Arbeit und bin dann meistens ein Jahr dort. Spontane Zusagen und Einsätze sind nicht möglich, wenn man einen Mann hat oder gar eine Familie.«

»Das stimmt. Es mag auf der einen Seite ganz schön sein, aber so ganz ohne einen Mann durchs Leben zu gehen, ist in meinen Augen auch nicht so berauschend.«

»Ganz ohne Mann war ich nie, Moni. Aber es war nie einer dabei, der mich hätte festhalten können.«

»So kann man es auch sagen, wenn man den Richtigen noch nicht gefunden hat.«

Annika lachte.

»Ja, so kann man es auch sagen.«

»Du bist nie verliebt gewesen? Bist du wirklich keinem begegnet, der dein Herz höher schlagen ließ?«

»Himmel, Moni, du hast Fragen! Sicher hat es da und dort schon einmal geprickelt. Aber so richtig verliebt sein, das ist etwas ganz anderes.«

»Verstehe! Du bist also noch nie richtig verliebt gewesen?«

Annika dachte einen Augenblick nach. Plötzlich errötete sie tief.

Moni, die eine ausgesprochene Frohnatur war, lachte laut.

»Was denkst du? An wen denkst du? Wie kann man als erwachsene Frau nur so rot werden? Du musst doch an jemand Bestimmtes denken, wenn dein Blut so in Wallung gerät. Du hast bestimmt einen Puls, der durch die Decke geht.«

Annika trank einen Schluck Kaffee. Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Ach, lass, Moni! Das ist eine alte Geschichte.«

»Du bist also doch liebesfähig. Das beruhigt mich.«

»Mach dich nicht darüber lustig!«

»Okay, reden wir über das Wetter. Schöner Sonnenschein heute, findest du nicht? Und erst dieser warme Wind!«

Sie lachten beide.

»Ach, Moni, es tut mir gut, hier zu sein. Danke noch einmal, dass du mich so unter Druck gesetzt hattest, sonst wäre ich nicht zum Klassentreffen gekommen. Es ist schön bei dir, fast so wie in alten Zeiten, als wir uns alles anvertraut und uns gegenseitig getröstet haben.«

Moni sprang auf.

»Jetzt fällt es mir wieder ein. Du bist einmal richtig verliebt gewesen! Ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Das war im Spätsommer, bevor wir Abi machten. Wie hieß er doch?«

»Jan«, sagte Annika leise. »Sein Name war Jan.«

»Genau! Dann träumst du immer noch von ihm? Deshalb bist du rot geworden. Gib es zu! Wie romantisch! Wie ist das süß! Du denkst an deine Jugendliebe und wirst rot. Annika, die tüchtige Weltenbummlerin, die unabhängige Powerfrau, ist eine heimliche Romantikerin und ihre Jugendliebe, ihre erste Liebe, erfüllt immer noch ihr Herz. Wer hätte das gedacht? Annika, du überraschst mich. Ach, eigentlich ist es doch nicht so überraschend.«

Annika schenkte sich Kaffee nach. Ihr Becher wurde nur noch halb voll. Moni eilte in die Küche und holte Nachschub. Sie schenkte ein.

»So, nun sage mir, warum du noch immer an Jan denkst und warum du bei der Erinnerung an ihn rot wirst.«

Annika war ziemlich verlegen. Sie nippte am Kaffee.

»Moni, Jan war meine erste Liebe. Wahrscheinlich misst man alle Männer an der ersten Liebe, was meinst du?«

Moni zuckte mit den Schultern.

»Keine Ahnung, Annika. Du fragst die Falsche. Von solchen Sachen habe ich keine Ahnung. Ich habe meine erste große Liebe geheiratet und war vorher nie verliebt gewesen. Du bist in Jan verliebt gewesen. Damals hattest du so sehr unter Liebeskummer gelitten, dass ich dachte, du fällst durch das Abitur. Du bist völlig neben der Spur gewesen.«

Die Freundinnen schauten sich an. Sie lachten, bis ihnen die Tränen kamen. Sie erinnerten sich daran, dass Annika in einer Klassenarbeit in Geschichte, statt »Julius Caesar«, »Jan Caesar« geschrieben hatte. Zum Glück hatte der Geschichtslehrer Humor.

Annika erinnerte sich gut an Jan. Jeder Augenblick war fest in ihr Herz gebrannt. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.

Wie ein Film lief der Sommer von damals in ihrem Innern ab.