Toni der Hüttenwirt 268 – Heimatroman - Friederike von Buchner - E-Book

Toni der Hüttenwirt 268 – Heimatroman E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Erfolgreiche Romantitel wie "Wenn das Herz befiehlt", "Tausche Brautkleid gegen Liebe" oder besonders auch "Irrgarten der Gefühle" sprechen für sich – denn sie sprechen eine ganz eigene, eine unverwechselbare Sprache. Alois war immer noch sehr besorgt. So schnell wollte und konnte er noch nicht zurück auf die Hütte, er setzte sich auf eine Bank, er musste sich erst einmal ein wenig besinnen. Tonis Verhalten hatte sich in letzter Zeit sehr verändert. So sprunghaft und gereizt kannte man ihn gar nicht! Vor allem war er ungewöhnlich schweigsam und grüblerisch. Das hatte Alois dazu bewegt, von der Berghütte hinunter nach Waldkogel zu gehen, um mit Doktor Martin Engler zu sprechen, der nicht nur Arzt, sondern auch Tonis bester Freund war. Während des Gesprächs waren alle unerklärlichen Ereignisse zur Sprache gekommen, die keiner von ihnen einordnen konnte, weil sie so gar nicht zu Toni passten. Dass alles mit Wendy zu tun hatte, darüber gab es keinen Zweifel. Anscheinend war Wendys Anwesenheit auf der Oberländer Alm der Auslöser für Tonis seltsamen Wandel. Er verhielt sich ihr gegenüber nicht nur feindselig, er stritt sich sogar mit jedem, der Wendy sympathisch fand. Tonis war durchdrungen von dem Wunsch, dass Wendy so schnell wie möglich wieder abreise. Keiner verstand seine Ablehnung, die er mit seinem Bauchgefühl rechtfertigte. Von Wendy drohe Gefahr. Vielleicht sei sie kriminell und wolle Hilda und Wenzel Oberländer ausnehmen, bei denen sie als Hilfe auf der Alm arbeitete. Er sei sich absolut sicher, dass ihr nicht zu trauen sei und sie ein fieses doppeltes Spiel verfolge. Dabei hatte sich Wendy auf der Oberländer Alm sehr gut eingefügt. Nicht nur, dass sie Hilda und Wenzel tatkräftig unterstützte. Seit Wendy bei ihnen war, war das alte Ehepaar aufgeblüht. Sie schwärmten für Wendy und hatten sie sofort in ihr Herz geschlossen. Hilda und Wenzel hatten Toni gedroht, dass er die Oberländer Alm nicht mehr betreten dürfe, wenn er weiter gegen Wendy hetze.

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Toni der Hüttenwirt – 268 –

Ein ruheloses Herz

Wo ist die Reise für ihn zu Ende?

Friederike von Buchner

Alois war immer noch sehr besorgt. So schnell wollte und konnte er noch nicht zurück auf die Hütte, er setzte sich auf eine Bank, er musste sich erst einmal ein wenig besinnen.

Tonis Verhalten hatte sich in letzter Zeit sehr verändert. So sprunghaft und gereizt kannte man ihn gar nicht! Vor allem war er ungewöhnlich schweigsam und grüblerisch. Das hatte Alois dazu bewegt, von der Berghütte hinunter nach Waldkogel zu gehen, um mit Doktor Martin Engler zu sprechen, der nicht nur Arzt, sondern auch Tonis bester Freund war.

Während des Gesprächs waren alle unerklärlichen Ereignisse zur Sprache gekommen, die keiner von ihnen einordnen konnte, weil sie so gar nicht zu Toni passten. Dass alles mit Wendy zu tun hatte, darüber gab es keinen Zweifel.

Anscheinend war Wendys Anwesenheit auf der Oberländer Alm der Auslöser für Tonis seltsamen Wandel. Er verhielt sich ihr gegenüber nicht nur feindselig, er stritt sich sogar mit jedem, der Wendy sympathisch fand. Tonis war durchdrungen von dem Wunsch, dass Wendy so schnell wie möglich wieder abreise. Keiner verstand seine Ablehnung, die er mit seinem Bauchgefühl rechtfertigte. Von Wendy drohe Gefahr. Vielleicht sei sie kriminell und wolle Hilda und Wenzel Oberländer ausnehmen, bei denen sie als Hilfe auf der Alm arbeitete. Er sei sich absolut sicher, dass ihr nicht zu trauen sei und sie ein fieses doppeltes Spiel verfolge.

Dabei hatte sich Wendy auf der Oberländer Alm sehr gut eingefügt. Nicht nur, dass sie Hilda und Wenzel tatkräftig unterstützte. Seit Wendy bei ihnen war, war das alte Ehepaar aufgeblüht. Sie schwärmten für Wendy und hatten sie sofort in ihr Herz geschlossen. Hilda und Wenzel hatten Toni gedroht, dass er die Oberländer Alm nicht mehr betreten dürfe, wenn er weiter gegen Wendy hetze.

Wendy selbst ging Toni gegenüber auf Abstand. Während sie alle mit Vornamen ansprach, wie es in Waldkogel üblich war, weil jeder sich zu der großen Familie der Waldkogeler zählte, sprach sie nur von ›Herrn Baumberger‹.

Auf der Berghütte war die Stimmung auf den Nullpunkt gesunken. Anna war verzweifelt und sehr ärgerlich auf Toni, der auf ihre Nachfragen aufbrausend reagierte. Das war so weit gegangen, dass er Anna vorwarf, sie würde nicht zu ihm halten. Irgendwann war der Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr bereit war, seine Launen still zu erdulden. Als liebende Ehefrau sah sie natürlich, dass er litt. Das schmerzte sie. Deshalb suchte sie einen Weg, um ihm zu helfen oder ihn wenigstens besser zu verstehen.

Sie rief Piet in Norwegen an. Er war einer von Tonis alten Freunden. Bei ihm erkundigte sie sich, ob zu Tonis norwegischem Freundeskreis eine Familie Hansen gehörte oder gar eine junge Frau mit dem Namen Wendy Hansen. Toni hatte sich öfter in Norwegen aufgehalten, bevor er Hüttenwirt wurde. Da Wendy aus Norwegen stammte, lag ein Zusammenhang nahe. Aber Piet konnte Anna nicht weiterhelfen, er kannte keine Hansens, er versprach aber sich umzuhören.

Dann kam ein Anruf von Oskar, Annas Onkel aus Hamburg. Oskar sorgte sich um Elisabeth Zirner, Annas Großmutter, die Anna nach dem Unfalltod ihrer Eltern großgezogen hatte. Aber Onkel Oskar war ein Hypochonder, deshalb machte sich Anna nicht wirklich Sorgen, nutzte aber die Chance, für eine gewisse Zeit von der Berghütte wegzukommen. Alois bestärkte sie darin, diese Chance zu nutzen, in die alte Heimat zu fahren. So würde sie ein wenig Abstand gewinnen, und Toni würde sehen, was er mit seinem Verhalten angerichtet hatte... So hatte Anna in Windeseile gepackt und war spontan nach Hamburg gereist.

Alois hatte mit Toni ein ernstes Wort gesprochen und ihm geraten, Wendy überhaupt mal kennenzulernen. Tonis und Annas Adoptivtochter Franziska hatte sich mit Wendy angefreundet. Sie würde sicher gern Wendy auf die Berghütte einladen. Dann könnten sich Toni und Wendy ungezwungen miteinander unterhalten. Das lehnte Toni ab. Er litt unter Annas Abwesenheit. Ihm war bewusst, dass er sie selbst verschuldet hatte. Deshalb wunderte es ihn nicht, dass sich Anna nicht bei ihm meldete.

Der Einzige, dem eine mögliche Erklärung für Tonis Verhalten einfiel, war Alois. Doch bevor er Toni darauf ansprechen wollte, beriet er sich mit Doktor Martin Engler. Alois hatte sich daran erinnert, dass Toni einmal sehr niedergeschlagen aus Norwegen zurückgekommen war. Der Gedanke lag nahe, dass Toni damals unglücklich verliebt gewesen sein musste. Wenn es so war, dann – darin waren sich Martin und Alois einig – hatte Toni alle Erinnerungen an seine erste große Liebe verdrängt. Die andere Möglichkeit war, dass sich Toni sehr wohl erinnerte und deshalb Wendy so heftig ablehnte und alles tat, um sie zur Abreise zu bewegen.

Diese Schlussfolgerungen waren höchst delikat und sollten zunächst nicht an die Öffentlichkeit kommen. Trotzdem beschlossen sie, der Sache auf den Grund zu gehen.

Doktor Martin Engler erklärte sich bereit, ein vertrauliches Männergespräch mit Toni zu führen.

Der alte Alois wollte versuchen, näher mit Wendy bekannt zu werden und so vielleicht der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Das Gespräch mit Martin hatte Alois sehr aufgewühlt. Er wollte nicht auf die Berghütte zurück, bevor er innerlich wieder Ruhe gefunden hatte. Toni gegenüber durfte er sich nicht verplaudern. Wenn dieses Thema zur Sprache kam, musste er seine Worte sehr vorsichtig wählen.

Deshalb blieb Alois in Waldkogel, in seinem Haus im Dorf. Er setzte sich im Hof in die Sonne und dachte nach. Abends briet er sich Kartoffeln. Dazu trank er ein Bier. Bis Mitternacht saß er draußen und dachte nach.

Am nächsten Morgen ging Alois auf den Friedhof. Dort setzte er sich auf die Bank in unmittelbarer Nähe des Familiengrabs der Familie Holzer, in dem er vor vielen Jahren seine geliebte Frau Hedwig zur ewigen Ruhe gebettet hatte. Charlottes große Engelsfigur leuchtete in der Sonne.

Alois lächelte vor sich hin.

»Lotte–Kind warum ist der Rucksack des Engels offen?«, hatte er damals seine Enkelin gefragt.

Charlotte war es, die die Familie Holzer wieder zusammengeführt hatte, nachdem sie erfahren hatte, dass sie einen Großvater Holzer hatte.

»Opa Alois, ich habe den Engel mit Absicht so entworfen. Das hat schon seinen Sinn. Der Legende nach steigen jede Nacht die Engel über eine unsichtbare Leiter vom Gipfel des Engelssteigs hinauf in den Himmel. Sie können nicht mehr fliegen, weil die Rucksäcke voller Sorgen, Gebete und Wünsche der Menschen prall gefüllt sind. Als ich den Engel für Oma Hedwigs Grab entwarf, dachte ich mir, dass es gut sei, den Rucksack offen darzustellen. Dann weiß jeder, dass er alle Sorgen und Nöte hineintun kann. Opa Alois, ich habe mir vorgestellt, wie oft du in den vergangenen Jahre hier am Grab gewesen bist, um dich still mit deiner geliebten Hedwig zu unterhalten. Da dachte ich, du könntest deine Sorgen und Gebete in den Rucksack tun.«

Der alte Alois hatte damals seine Enkelin Charlotte die Wange getätschelt und feuchte Augen gehabt.

»Ach, Hedwig, ich wollte, du wärst bei mir. Im Augenblick ist es sehr schwer für mich. Da du vom Himmel herabschaust, weißt du bereits alles. Sollte es wirklich so sein, wie Martin und ich annehmen, dann wird das nicht einfach werden. Ich sorge mich um die Ehe von Anna und Toni. Meine Gedanken sind auch bei Franziska und Sebastian. Wie werden es die Kinder aufnehmen? Und wird die Berghütte weiterhin ein so wunderbarer Ort sein, voller harmonischer Menschen?«

Alois seufzte tief.

»Aber es geschieht ja seit Adam und Eva, dass gefensterlt wird und das Folgen haben kann. Hedwig, du bist dabei gewesen, du hast es erlebt, wie Toni damals als junger Bursche unter Liebeskummer litt. Und jetzt kann es sein, und ich gestehe dir, ich persönlich bin mir fast ganz sicher, dass die Folge davon hier in Waldkogel zu Besuch ist. Ich meine natürlich das fesche, junge, tüchtige Madl, die Wendy. Ich sorge mich um Toni, Anna und die ganze Familie. Es ist schon irgendwie so, wie Toni es empfindet. Darin hat ihn sein Bauchgefühl nicht getäuscht. Es liegt eine Bedrohung über der Berghütte. Trotzdem wäre es nicht richtig, die Wahrheit zu verdrängen und zu vertuschen. Meinst du nicht auch?«

Alois holte sein Taschentuch heraus und wischte sich die Augen und schnäuzte die Nase.

Dann sah er im Augenwinkel, dass Pfarrer Zandler etwas abseits stand und ihn beobachtete. Alois lächelte in seine Richtung.

»Grüß Gott!«, rief der Geistliche und kam auf den alten Alois zu.

»Grüß Gott!«, sagte Alois.

Sie gaben sich die Hand. Zandler setzte sich neben Alois auf die Bank.

»Hast du ein bisserl mit deiner Hedwig geplaudert?«, fragte der Geistliche.

»Ja, das habe ich. Sie fehlt mir. Es gibt eben Dinge, die kann man nur mit dem Menschen bereden, den man liebt.«

»Hast du Kummer?«

Alois wiegte den Kopf.

»Ich bin auf eine alte Sache gestoßen, die mich sehr beschäftigt. Nun könnte die alte Geschichte ans Tageslicht kommen. Mit großen Auswirkungen auf unser aller Leben.«

Pfarrer Zandler betrachtete den alten Alois.

»Willst du mit mir darüber reden?«

»Naa, das will ich nicht - oder noch nicht. Ich denke zwar, dass ich fast zu einhundert Prozent recht habe. Trotzdem wäre ich glücklich, wenn ich mit geirrt hätte.«

»Dann musst du herausfinden, ob deine Annahmen zutreffen oder nicht. Weißt du, oft lösen sich Sorgen auf, wenn man dahinter schaut. Aus Erfahrung kann ich dir sagen, dass es oft überraschende Wendungen gibt. Es ist nicht immer alles so, wie es auf den ersten Blick erscheint. Wir Menschen sind unvollkommen und neigen dazu, Dinge einseitig zu sehen. Wir steigern uns oft in etwas hinein. Das tut niemand mit Absicht. Wir beurteilen die Ereignisse aus unserem kleinen Horizont heraus. Unser Verständnis ist immer eingeschränkt. Und der Umgang mit der Wahrheit ist nicht einfach. Sie kann verletzend sein. Man fragt sich, ist es das wert? Aber am Ende stellt sich heraus, dass das Aufdecken der Wahrheit eine Befreiung ist. Wird die Wahrheit unterdrückt, führt eine Lüge zur nächsten. Also, wenn du nicht ganz sicher bist, dann musst du die Wahrheit herausfinden.«

»Ja, das habe ich mir vorgenommen. Das muss ich und das werde ich. Daran führt kein Weg vorbei.«

Alois zog seine Taschenuhr aus der Weste.

»Oh, wie schnell die Zeit vergeht. Ich sollte mich auf den Weg machen. Es ist doch eine schöne Strecke zu Fuß hinauf auf die Berghütte.«

»Holt dich Toni nicht ab? Xaver würde dich sicher auch auf die Oberländer Alm fahren. Warum musst du laufen?«, fragte Zandler verwundert.

»Toni hat sehr viel zu tun. Er ist im Augenblick allein auf der Berghütte, falls Franziska nicht vom alten Bichler Hof herübergekommen ist, um ihm zu helfen. Anna ist nach Hamburg gefahren. Sie wollte nach ihrer Großmutter sehen.«

»Ist etwas mit ihr?«

»Naa, es geht ihr gut. Und bis die Anna wieder da ist, kann Toni mich nicht fahren. Und Tonis Eltern wollte ich nicht bemühen. Ich gehe halt langsam. Des geht schon.«

»Ich fahre dich zur Oberländer Alm. Dabei kann ich Hilda und Wenzel besuchen«, sagte Zandler. »Das hätte ich längst mal wieder tun sollen.«

Alois nahm das Angebot gern an.

Auf halber Strecke den Milchpfad hinauf kam ihnen ein offenes Cabriolet entgegen. Am Steuer saß Liesl, die Tochter von Hilda Oberländers Freundin Maria Rieger. Hilda und Wenzel saßen bei ihr im Auto.

Da Pfarrer Zandlers altes Auto weithin bekannt war, hielt Liesl an.

»Wo geht es hin?«, fragte Zandler durch das offene Autofenster.

»Hilda und Wenzel kommen mit zu mir.«

»Wissen Sie, Herr Pfarrer«, erklärte Hilda, »einmal im Jahr trifft sich unser Jahrgang bei der Maria. Wir konnten nie dabei sein, weil wir auf der Alm sein mussten. Jetzt haben wir die Wendy, deshalb können wir schon mal einen Tag Urlaub machen. Die Wendy ist ein Prachtmadl! Wollten Sie uns besuchen?«

»Da ich den Alois chauffiere, dachte ich daran, euch meinen längst überfälligen Besuch abzustatten. Aber dann komme ich die Tage vorbei. Ich wünsche euch ein schönes Jahrgangstreffen«, sagte Zandler.

Die Autos fuhren weiter.

Auf dem Parkplatz der Oberländer Alm ließ Pfarrer Zandler Alois aus dem Auto. Dann wendete er und fuhr zurück.

Alois ging auf die Almhütte zu. Wendy saß am Tisch vor der Hütte und schrieb.

»Grüß Gott! Ich bin der Alois! Mir hat früher mal die Berghütte gehört. Und du musst die Wendy sein, aus Norwegen. Willkommen in Waldkogel!«

»Danke!«, sagte Wendy und lächelte ihn an. »Hilda und Wenzel haben mir viel über die Berghütte erzählt.«

»Du musst uns mal besuchen, Wendy. Es ist eine richtig schöne, alte Berghütte, nicht so ein modernes Ding. Die Hüttengäste schätzen die Atmosphäre.«

»Danke für die Einladung!«, antwortete Wendy und schüttelte den Kopf. »Aber ich denke, das ist keine gute Idee.«

Wendy sah sehr verlegen aus. Ihre Wangen röteten sich leicht.

»So, wie kommst darauf?«, fragte Alois, als wäre er überrascht.

Wendy wich seinem Blick aus.

»Ach, einfach so«, antwortete sie.

»Nun, du kannst es dir ja noch einmal überlegen«, ermunterte sie Alois. »Du besuchst mich. Sonst braucht dich niemand zu stören.«

Verlegen strich sich Wendy eine Haarsträhne hinter das Ohr.

»Ich sehe, du schreibt einen Brief«, sagte Alois. »Da will ich nicht länger stören.«

»Du störst nicht, Alois. Ich wollte ohnehin gerade eine Pause machen. Darf ich dich auf eine Tasse Kaffee einladen und ein Stück Kuchen? Ich habe ihn selbst gebacken.«

»Die Einladung nehme ich gerne an. Danke!«, antwortete Alois.

Wendy packte ihre Schreibsachen zusammen und lud Alois mit einer freundlichen Handbewegung ein, sich zu setzen. Sie ging in die Hütte. Es dauerte nicht lange, dann kam sie mit einem Tablett heraus.

Sie deckte den Tisch, schenkte Alois Kaffee ein und verteilte den Kuchen.

»Mei, der ist ein Gedicht! Du kannst eine Konditorei aufmachen. Wo hast du das gelernt? Hat dir das deine Mutter beigebracht? Das ist doch bestimmt ein Familienrezept.«

Wendy bedankte sich für das Kompliment.

»Stimmt, es ist ein Familienrezept, von meiner Großmutter.«

Sie aßen. Alois hatte gehofft, Wendy etwas über ihre Mutter zu entlocken. Das war fehlgeschlagen.

»Wie gefällt es dir hier?«, fragte Alois.

»Waldkogel ist wunderschön. Ich habe es mit Hilda und Wenzel gut getroffen. Meine Deutschkenntnisse habe ich auch schon verbessert. Ich kann Hilda und Wenzel jetzt sogar verstehen, wenn sie Dialekt sprechen, aber nicht immer.«

»Du magst Dialekt?«

»Ich liebe diese kräftige Sprache.«

»Das freut mich. Ich habe ein altes Wörterbuch. Das kann ich dir gerne ausleihen.«

»Das wäre wunderbar«, strahlte Wendy.

Sie schwiegen wieder eine Weile. Dann bat Alois Wendy etwas über Norwegen zu erzählen.

Sie ging gern darauf ein. Sie berichtete, dass sie in einer sehr ländlichen Gegend aufgewachsen sei. Sie schwärmte von den Wäldern, den Seen und der Küste.

»Ich bin viel geritten und war viel mit dem Kajak auf dem Wasser.«

»Reiten kannst du auch bei uns«, sagte Alois. »Wir haben hier einen Reiterhof, den ich dir empfehlen kann. Wenn du willst, höre ich mich um, wer dir ein Kajak ausleihen kann. Damit kannst du auf dem Bergsee deine Runden drehen.«

Wendy nickte. »Du bist sehr hilfsbereit, Alois.«

»So ist das hier in Waldkogel. Und dass es hier besonders schön ist, muss sich bis nach Norwegen herumgesprochen haben. Sonst hättest du dir sicherlich nicht unser Waldkogel ausgesucht.«

Wendy trank schnell einen Schluck Kaffee.

»Ja, so ist es, auch wenn ich damit auf Unverständnis stoße.«

»Ah, du meinst, die Leute reden«, bemerkte Alois und dachte dabei an Toni.

»Ja, ich bin überrascht, dass man sich hier darüber wundert.«

»Da darfst du dir nichts draus machen, Wendy. Lass es dir nicht zu Herzen gehen«, sagte Alois freundlich. Er rieb sich das Kinn. »Wendy, ich will offen und ehrlich sein. Ich weiß, dass es nur einen gibt, den es stört: Toni.«

Wendy errötete tief.

»Ich kann daran nichts ändern. Zuerst war ich so sehr über seine Ablehnung erschrocken, dass ich gleich abreisen wollte. Aber Martin, Katja und Walli haben mich überredet, zu bleiben. Außerdem konnte ich das Wenzel und Hilda nicht antun. Mit ihnen hatte ich sofort einen sehr herzlichen Kontakt.«