Wo ist Sebastian Bamberger? - Friederike von Buchner - E-Book

Wo ist Sebastian Bamberger? E-Book

Friederike von Buchner

0,0

Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Es war nach Mitternacht. Martin und Katja schliefen bereits. Leise summte Martins Notfallhandy, das auf dem Nachttisch lag. Sofort war er hellwach. Er griff danach und ging aus dem Schlafzimmer. Leise schloss er die Tür, denn er wollte Katja nicht wecken. »Engler!«, meldete er sich. »Wendy! Entschuldige, dass ich dich geweckt habe, Martin.« Durch Martins Körper ging ein Adrenalinstoß. Er war jetzt hellwach. »Geht es Sebastian schlecht?«, fragte er sofort. »Das weiß ich nicht. Ich kann ihn nicht finden«, seufzte Wendy. An ihrer Stimme erkannte Martin, wie besorgt sie war. »Du kannst ihn nicht finden? Was willst du damit sagen?«

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 130

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Toni der Hüttenwirt – 321 –

Wo ist Sebastian Bamberger?

Tonia Sohn ahnt nicht, in welcher Gefahr er schwebt!

Friederike von Buchner

Es war nach Mitternacht. Martin und Katja schliefen bereits. Leise summte Martins Notfallhandy, das auf dem Nachttisch lag. Sofort war er hellwach. Er griff danach und ging aus dem Schlafzimmer. Leise schloss er die Tür, denn er wollte Katja nicht wecken.

»Engler!«, meldete er sich.

»Wendy! Entschuldige, dass ich dich geweckt habe, Martin.«

Durch Martins Körper ging ein Adrenalinstoß. Er war jetzt hellwach.

»Geht es Sebastian schlecht?«, fragte er sofort.

»Das weiß ich nicht. Ich kann ihn nicht finden«, seufzte Wendy.

An ihrer Stimme erkannte Martin, wie besorgt sie war. »Du kannst ihn nicht finden? Was willst du damit sagen?«

»Wir hatten den Abend bei Ole und Erika verbracht«, berichtete Wendy. »Sebastian fuhr zurück ins Hotel. Ich übernachte bei Ole und Erika, wie du weißt. Sebastian hatte mir fest versprochen, mich noch einmal anzurufen, bevor er sich schlafen legt. Ich wartete und wartete. Um die Zeit zu überbrücken, habe noch etwas im Bett gelesen.«

Wendys ausführliche Schilderung zehrte an Martins Nerven. Aber er unterbrach sie nicht.

»Irgendwann wurde es mir zu lange und ich rief ihn an. Aber sein Handy war wohl ausgeschaltet. Deshalb rief ich direkt im Hotel an und bat den Concierge, der Nachtdienst hatte, darum, mich mit ihm zu verbinden. In Sebastians Büro in der Verwaltung nahm niemand ab. Ich machte Druck und bat das Gespräch in Sebastians Personalzimmer zu legen. Dort nahm auch niemand ab. Jetzt bin ich beunruhigt. Eigentlich konnte ich mich immer auf Sebastian verlassen. Wenn er sagt, ich rufe dich an, dann ruft er an. Das ist wie das Amen in der Kirche. Du kannst dir denken, dass ich jetzt in Sorge bin. Vielleicht geht es ihm nicht gut und er ist zurück nach Waldkogel gefahren? Und er hat mich nicht angerufen, weil er mich nicht beunruhigen wollte. Ist er bei dir, Martin?«

»Nein, Sebastian ist nicht hier. Ich habe ihm heute auf den Anrufbeantworter gesprochen, aber er hat sich noch nicht gemeldet.« Martin überlegte, ob er von dem Verdacht erzählen sollte, auf den ihn Max Moser, der alte Hausmeister des Hotels, in dem Sebastian arbeitete, gebracht hatte. Doch dann entschied er, es sei besser, Wendy nicht noch mehr zu beunruhigen.

»Martin«, sagte Wendy, »ich fahre jetzt ins Hotel und suche ihn. Vielleicht weiß Peter, wo Sebastian steckt? Peter Maier ist der Chefkoch und ist mit eng Sebastian befreundet.«

»Das wird die Erklärung sein. Wahrscheinlich sitzen die beiden bei einem Bier und sind ins Plaudern gekommen. Wendy, lege dich wieder hin und schlafe! Ich werde versuchen, Sebastian zu erreichen. Danke, dass du mich angerufen hast!«

»Ich mache mir große Sorgen.«

Doktor Martin Engler war sehr beunruhigt, ließ sich aber nichts anmerken. Er sagte: »Du hast Katja am Abend erzählt, dass sich Sebastian gut fühlt und dass ihr einen schönen Abend bei Erika und Ole verbringt?«

»Ja, es war ein schöner Abend. Sebastian fühlte sich wieder pudelwohl. Er war fröhlich und wirkte weder geschwächt noch krank. Warum meldet er sich nicht?«

»Vielleicht hat er vergessen, dich anzurufen und liegt in seinem Bett und schläft fest. Denk daran, dass er eine schwere Zeit hinter sich hat! Schlafen ist die beste Medizin. Oder er sitzt mit Peter zusammen und sie bechern ein Bier oder zwei.«

»Das kann mich jetzt auch nicht beruhigen. Ich fahre ins Hotel und sehe in seinem Zimmer nach.«

»Das lässt du fein bleiben, Wendy! Außerdem, du kennst doch Sebastian. Er wird ärgerlich, wenn du ihn bemutterst.«

»Das stimmt.«

»Siehst du! Also, du schläfst jetzt, Wendy. Ich versuche, Sebastian zu erreichen.«

»Meinst du wirklich? Ich will mir irgendwann keine Vorwürfe machen müssen. Ich hätte Sebastians Angebot annehmen und das Zimmer im Hotel nehmen sollen, das er mir angeboten hatte. Aber da ich schon mal in München war, wollte ich bei Ole und Erika bleiben.«

»Wendy, das war eine gute Entscheidung. Jetzt legen wir auf. Gute Nacht! Sollte etwas sein, dann rufe ich dich an. Versprochen!«

»Danke, Martin! Gute Nacht!«

Sie legten auf.

Martin schlich zurück ins Schlafzimmer und holte seine Kleider. Er zog sich im Flur an. Anschließend eilte er in die Küche und warf die Kaffeemaschine an. Er gab viel Kaffeepulver in den Filter für einen starken Kaffee.

Martin überlegte, was er unternehmen konnte. Er kam zu dem Schluss, dass es Unsinn wäre, Sebastian im Hotel zu suchen. Es genügte, wenn der Empfang in Abständen Sebastians Zimmer anrief. Dann kam ihm eine Idee.

Er ging hinauf in die zweite Etage und klopfte leise an die Tür des Gästezimmers, in dem Max Moser schlief.

Der alte Hausmeister des Hotels, war am Abend zuvor nach Waldkogel gekommen, um persönlich die Bedenken zu übermitteln, die sein Chef und Freund Leopold Gerber und er teilten. Nachdem am Abend ein Wettersturz über Waldkogel hereingebrochen war, hatte Martin ihm angeboten, bei ihnen zu übernachten.

Es dauerte nicht lange, dann öffnete Max Moser die Tür. »Herr Doktor, ist etwas passiert? Ist etwas mit Sebastian?«, fragte der alte Moser sofort. In seiner Stimme lag größte Besorgnis.

»Sebastians Schwester, Wendy, hat eben angerufen. Sie kann Sebastian nicht erreichen, weder auf dem Handy, noch über die Hotelzentrale. Ich möchte Sie bitten, ihn über ihr Handy anzurufen. Vielleicht nimmt er das Gespräch an.«

Max Moser nickte kurz. Er versuchte sofort, Sebastian anzurufen. Nach längerem Hinläuten sagte Max Moser: »Nichts! Ich versuche es mal im Personalraum. Oft sitzen die Angestellten dort noch in lockerer Runde zusammen.« Aber auch hier bekam er keine Antwort. Er ging zum Fenster und schaute hinaus. »Der Sturm ist vorüber. Es wird das Beste sein, ich fahre sofort nach München.«

»Darum wollte ich Sie bitten, Herr Moser, falls auch Sie ihn nicht an den Hörer bekommen. Ich kann hier nicht fort.«

Max Moser nickte. »Das ist doch klar, dass Sie hier in der Praxis bleiben müssen, Herr Doktor Engler. Schon allein deswegen, falls Sebastian herkommen sollte. Wenn er im Hotel ist, werde ich ihn finden«, sagte Moser.

»Ich habe starken Kaffee gemacht.«

»Danke, das ist gut. Ich bin gleich soweit.«

Während sie Kaffee tranken, versuchte Max Moser immer wieder Sebastian zu erreichen. Es war vergeblich.

Martin brachte ihn hinaus zum Auto. Er sah ihm nach, wie der davonfuhr.

Martin ging zurück in die Wohnküche und schenkte sich einen zweiten großen Becher Kaffee ein.

Er hörte Schritte auf dem Hof. Sofort sprang er auf und lief zur Haustür. »Ach du bist es, Walli«, sagte Martin.

»Klingt nicht, als ob du dich freuen würdest, mich zu sehen.«

»Red’ keinen Schmarrn, Walli, komm rein!«

»Ich habe gehört, wie Herr Moser abgefahren ist. Ich dachte, er wollte die Nacht hier verbringen?«

»Das wollte er auch. Aber ich habe ihn geweckt. Wendy hat angerufen. Sie macht sich große Sorgen um Sebastian. Er hat sich nicht, wie versprochen, bei ihr gemeldet. Deshalb rief Wendy im Hotel an. Dort scheint er auch nicht zu sein oder er will das Gespräch nicht annehmen. Aber ich denke, das ist unmöglich. So gewissenhaft, wie Sebastian ist, würde er ein Gespräch vom Empfang auf jeden Fall entgegennehmen.«

»So sehe ich das auch, Martin. Du fürchtest also, es könnte ihm schlechtgehen.«

»Ja!«

»Wie schlecht?«, fragte Walli.

»So schlecht, Walli, dass er nicht mehr fähig ist, ein Telefongespräch anzunehmen! Ist das deutlich genug?«

Die alte Waltraud Schwanninger sah Martin an. Sie kannte ihn gut und vermutete, dass er etwas vor ihr zu verbergen versuchte. »Und warum sollte er das nicht mehr können? Martin, rede offen mit mir! Du weißt, dass ich den Mund halten kann.«

Sie setzten sich an den Tisch.

»Also gut, Walli! Max Moser hat mich auf eine Spur gebracht. Sebastians Symptome passen zu der Krankheit, die er genannt hatte. Ich habe so etwas nicht für möglich gehalten. Besonders, da Sebastian nicht im Ausland war, also sich nicht dort aufgehalten hat, wo diese Krankheit weit verbreitet ist. Max Moser berichtete, dass es vor Jahren einen ähnlichen Fall in München gab. Eine Angestellte eines anderen Hotels war daran erkrankt. Auch sie war davor nicht im Ausland in Urlaub gewesen, jedenfalls nicht in einer Gegend, in der diese Krankheit fast an der Tagesordnung ist.«

Walli seufzte, denn Martin forderte große Geduld von ihr. »Rede nicht weiter drum herum, Martin! Von welcher Krankheit sprichst du?«

Doktor Martin Engler seufzte. »Walli, es könnte sein … Um es wirklich zu wissen, müssen weitere Untersuchungen gemacht werden. Vor allem muss der Erreger in Blutkulturen nachgewiesen werden … Sebastian hat sich höchstwahrscheinlich … Wie gesagt, endgültig erwiesen ist es nicht … aber ich tippe zu fast einhundert Prozent darauf … und die Kollegen, die ich gestern am späten Abend angerufen hatte, sind ebenfalls der Meinung … Noch ist nur eine Vermutung … aber es kann im Grunde nichts Anderes sein .. Es passt alles zusammen, der ganze Verlauf der Krankheit, das hohe Fieber und die scheinbare plötzliche Genesung«, stotterte Martin. Er holte tief Luft und schaute Walli in die Augen. »Walli, ich vermute, Sebastian hat Malaria.«

Es war einen Augenblick ganz still in der großen Wohnküche.

»Herrimhimmelsteheunsbei, Mariaundjosefhilf!«, stieß die alte Walli hervor.

Martin nickte.

»Aber daran kann er doch sterben! Malaria ist eine gefährliche Krankheit. Noch immer – oder?«

Martin nickte. Er räusperte sich. »Walli, es stimmt. Malaria ist eine sehr gefährliche und sehr schwere Krankheit. Sie muss nicht, aber sie kann zum Tode führen. Es kommt dabei auf den Erregertyp an. Es gibt verschiedene Plasmodien-Stämme. Ich flehe zum Herrgott, dass er Sebastian beschützt«, sagte Martin.

Walli erkannte, wie nahe es ihm ging. Er war erschüttert sah elend aus. »Du machst dir Vorwürfe, richtig, Martin?«

»Ja, ich hätte es früher in Erwähnung ziehen müssen. Wenn Sebastian nicht mehr davonkommt, hänge ich meinen Beruf an den Nagel.«

»Martin, jetzt redest deppert daher. Du bist ein guter Arzt. Kein Arzt ist allwissend. Allwissend ist nur der Herrgott. Hast du nicht alles getan?«

»Ja, aber wenn ich es vermutet hätte, hätte ich vielleicht mehr tun können.«

»Hätte, hätte, hätte, wenn, wenn, wenn … wenn das Wörtchen ›wenn‹ nicht wäre, dann wäre vieles ganz anders. Außerdem hast du die Fachkollegen hinzugezogen. Ist einer von ihnen auf die Idee gekommen? Sei ehrlich, Martin! Kam Doktor Bergmann, Frau Doktor Christmann oder Herrn Doktor Häberle der Verdacht, es könnte Malaria sein?«

»Nein, aber das ist keine Entschuldigung, Walli.«

»Martin, das lasse ich nicht gelten. Und du solltest ganz schnell aufhören, dich in Selbstzerfleischung zu ergehen. Außerdem ist wegen der Diagnose das letzte Wort noch nicht gefallen. Wenn dem so ist, kannst dich immer noch aufregen.«

»Im Prinzip hast du Recht, Walli. Eine einzige Entschuldigung kann ich vorbringen. Sebastian hat nie in gefährdeten Regionen der Welt Urlaub gemacht oder Vertretung in einem Hotel übernommen. Deshalb war ich ja auch nicht darauf gekommen. Im anderen Fall hätte ich bestimmt eine Tropenkrankheit in Betracht gezogen.«

Waltraud trank einen Schluck Kaffee und wiegte nachdenklich den Kopf. »Wenn Sebastian sich nicht in gefährdeten Gebieten aufgehalten hat, wie soll er sich dann eine Tropenkrankheit geholt haben?«, fragte sie. »Gib die Hoffnung nicht auf, Martin! Er kann sich gar nicht angesteckt haben. Malaria wird durch den Stich einer bestimmten Stechmücke übertragen, die es nur in den Tropen gibt.«

Doktor Martin Engler schüttelte den Kopf »Hotelgäste könnten sie eingeschleppt haben. Keiner weiß, welche Viren, Bakterien und auch Mücken als blinde Passagiere in Koffern und Taschen mitreisen. So ist das, Walli!«

Walli sah ihn erstaunt an. »Du meinst, diese exotischen Mücken könnten in einem Koffer überlebt haben? Und jetzt fliegen sie bei uns in den Bergen herum?«

»Hier bei uns in Waldkogel ist die Gefahr gering, denke ich. Da tendiert sie gegen Null. Aber in München, besonders in einem Hotel, oder am Flughafen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, rein statistisch gesehen, verstehst du?«

Walli seufzte. »Nun mal langsam, Martin! Damit ich das auch alles genau verstehe. Du nimmst an, so ein Biest hat Sebastian in München gestochen?«

Martin nickte. Er schenkte sich Kaffee nach. »Max Moser hat mich auf die Idee gebracht. Er hat mit seinem Freund telefoniert, dem Hotelbesitzer. Sie erinnerten sich daran, dass es vor Jahren in einem anderen Hotel einen solchen Fall gab. Das hat nichts mit Sauberkeit zu tun. Es sind einfach blinde Passagiere. Ein Stich einer infizierten Anopheles-Mücke genügt. In ihrem Speichel befinden sich die Erreger, die dann in das Blut kommen. Einem Mückenstich ist nicht anzusehen, ob es eine ungefährliche Stechmücke war, wie wir sie kennen oder eben eine, die zu den tropischen Blutsaugern gehört, die gefährliche Krankheiten übertragen können. Du erinnerst dich sicher an die Schwellungen, die Sebastian an Händen, Armen, Beinen und Füße hatte. Sie gehören zu den typischen Symptomen der Tropenkrankheit Malaria. Dazu das hohe Fieber und, und, und … Dass sich Sebastian plötzlich putzmunter fühlte, passt ebenfalls dazu. Man spricht von Malaria-Schüben. Sie kommen immer wieder. Dazwischen fühlen sich die Infizierten völlig gesund.«

»Und jetzt denkst du, Sebastian hat erneut einen Malaria-Schub und liegt irgendwo halbbewusstlos herum?«

»Halbbewusstlos? Dann könnte er sich Hilfe holen«, sagte Martin. »Malaria ist eine sehr gefährliche Krankheit. Sie ist in Mittel- und Nordeuropa nicht auf dem Radar von uns Medizinern, weil sie zum Glück sehr selten vorkommt. Vielleicht sollten wir alle schnell umdenken. Die Globalisierung, überhaupt der ganze Import und die Fernreisen, sie bergen Gefahren. Es unterzieht sich fast jeder, der Urlaub in den Tropen machen will, einer Malariaprophylaxe, Das heißt, er nimmt Tabletten zur Vorbeugung. Das ist ein guter Schutz. Aber es wiegt einem auch in falsche Sicherheit, weil Erreger sich verändern können, leider. Sebastian muss sich hier angesteckt haben, im Hotel, an seinem Arbeitsplatz. Eine andere Erklärung habe ich nicht, Walli.«

»Und was kannst du jetzt machen?«

»Walli, ich habe gleich gestern Abend Medikamente bestellt. Sie werden am Morgen gebracht, per Sonderkurier. Aber wenn Sebastian nicht hier ist, kann ich sie ihm nicht geben. Ich hoffe, dass diese Medikamente sofort anschlagen und ihm helfen. Das wäre erst mal eine Bestätigung, dass meine Vermutung, was die Diagnose angeht, richtig ist. Wenn er nur hier wäre! Wo steckt er nur?«

»Du wirst Sebastian schon finden, oder Wendy, oder Max Moser«, versuchte Walli ihn zu trösten. »Hauptsache ist doch, dass du jetzt die Richtung kennst.«

»Ja«, seufzte Martin.

Walli sah, dass er bis ins Mark erschüttert war. Für einen Augenblick schien es ihr, als kämpfe er mit der Fassung.

»Ich würde mir nie verzeihen, wenn Sebastian etwas zustoßen würde«, flüsterte Martin.

Walli stand auf und setzte sich dicht neben ihn. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. »Noch ist nicht aller Tage Abend, Martin. Im Augenblick verhältst du dich unvernünftig. Das muss ich dir sagen, auch wenn ich großes Verständnis dafür habe. Du stehst unter Schock.«

»Ja, ich bin geschockt, Walli. Malaria ist gefährlich.«

»Mei, das habe ich schon verstanden. Aber daran sollst du jetzt nicht denken. Jeder Patient verlässt sich auf seinen Arzt. Und der Glaube, dass ihm geholfen wird und er geheilt wird, spielt eine große Rolle. Das sagst du selbst immer wieder.«

Martin nickte. »Das stimmt, Walli. Aber ich hatte noch nie gegen Malaria zu kämpfen. Und ich muss mir eingestehen, ich könnte versagt haben, wenn es Malaria ist.«

»Stopp, Martin! Jetzt spreche ich ein Machtwort. Bei allem Verständnis für dich, sage ich Halt. Noch hast du nicht die Bestätigung eines Labors, dass es wirklich diese heimtückische Krankheit ist, die bei uns selten zum Ausbruch kommt. Bitte gehe einen Schritt nach dem anderen! Sebastian wird gefunden werden. Wahrscheinlich wollte er nur seine Ruhe haben, was ich verstehen kann. Dann nimmst du ihm Blut ab. Das Blut wird auf diesen Krankheitserreger untersucht. Sollte es sich bewahrheiten, kannst du dich immer noch aufregen.«

Martin schwieg.

Walli sagte: »Außerdem werden morgen diese Medikamente gebracht. Kannst du sie ihm vorsorglich geben?«

Martin nickte.