Leonie und Wendel - Friederike von Buchner - E-Book

Leonie und Wendel E-Book

Friederike von Buchner

0,0

Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Es war gegen Mittag. Ein strahlendblauer Himmel wölbte sich über München. Wendel parkte sein Cabrio in der Einfahrt. Er stieg aus und eilte die Treppe zum Hochparterre hinauf, übermütig nahm er zwei Stufen auf einmal. »Hallo und ein fröhliches Grüß Gott!«, rief er dann Doktor Ferdinand Seidels Vorzimmerdame zu. »Ist er drin?« »Ja, gehen Sie ruhig hinein. Der Chef hat Sie anfahren gesehen. Ich bringe gleich den Kaffee«, antwortete Frau Maier. Wendel klopfte kurz und riss dann die Tür auf. »Grüß Gott, Wendel!« »Grüß dich, Ferdinand!«, sagte Wendel Löffler zu seinem Patenonkel. »Setz dich! Dein Vater hat bereits angerufen und mir die gute Nachricht übermittelt, doch ich will von dir jede Einzelheit wissen. Wie war es mit Tilly?« Frau Maier brachte eine Kanne Kaffee und Tassen. «

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 127

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Toni der Hüttenwirt – 322 –

Leonie und Wendel

Die Herzen fliegen sich zu

Friederike von Buchner

Es war gegen Mittag. Ein strahlendblauer Himmel wölbte sich über München. Wendel parkte sein Cabrio in der Einfahrt. Er stieg aus und eilte die Treppe zum Hochparterre hinauf, übermütig nahm er zwei Stufen auf einmal. »Hallo und ein fröhliches Grüß Gott!«, rief er dann Doktor Ferdinand Seidels Vorzimmerdame zu. »Ist er drin?«

»Ja, gehen Sie ruhig hinein. Der Chef hat Sie anfahren gesehen. Ich bringe gleich den Kaffee«, antwortete Frau Maier.

Wendel klopfte kurz und riss dann die Tür auf.

»Grüß Gott, Wendel!«

»Grüß dich, Ferdinand!«, sagte Wendel Löffler zu seinem Patenonkel.

»Setz dich! Dein Vater hat bereits angerufen und mir die gute Nachricht übermittelt, doch ich will von dir jede Einzelheit wissen. Wie war es mit Tilly?«

Frau Maier brachte eine Kanne Kaffee und Tassen.

«Ich bin für niemand zu sprechen«, sagte Doktor Seidel.

Frau Meier nickte und verließ den Raum.

Ferdinand schenkte Wendel und sich Kaffee ein. Sie gaben Zucker und Sahne dazu und rührten um. Dabei lächelten sie sich zu.

Wendel trank einen Schluck. »Das tut gut! Der Kaffee ist stark. Das ist gut, nach einer solchen Nacht. Ich gestehe, dass ich heute noch keinen Kaffee hatte. Ich habe mir nur ein Hörnchen genommen und bin sofort ins Auto gestiegen. Ich wollte gleich zu dir. Es war spät heute Nacht. Sie kommt heute Nachmittag ins Werk.«

»Ich habe schon gehört, dass es spät geworden sei.«

»Das war es, Ferdinand«, grinste Wendel, »sehr spät. Wir haben einfach die Zeit vergessen. Es war einfach toll, es war sogar gigantisch, wie wir uns verstanden haben, Tilly und ich.«

»Beruflich oder bist du ihr auch privat nähergekommen?«, fragte Ferdinand.

»Mei, immer schön langsam mit den Pferden«, lachte Wendel. »Ich hätte sie gerne in den Arm genommen und gedrückt und geküsst. Das gebe ich gerne zu. Mein Herz raste. Aber ich hielt mich zurück. Ich denke, eine noch so kleine Annäherung hätte alles verdorben. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen. Besonders, weil ich weiß, wie unberechenbar sie sein kann. Ich wollte nicht, dass sie davonrennt, wie neulich hier aus deiner Kanzlei.« Wendel trank noch einen Schluck Kaffee. »Ich habe streng darauf geachtet, dass alles im rein beruflichen Rahmen blieb. Und ich sage dir, leicht war das nicht.« Wendel seufzte. »Tilly ist ein Schatz. Sie ist natürlich. Sie ist kein Püppchen, verstehst du?«

Ferdinand nickte. Er unterbrach Wendel nicht.

»Sie ist die Traumfrau, wenn man auf Natürlichkeit steht«, schwärmte Wendel. Er lachte. »Also, wenn ich Tilly mit all den Madln vergleiche, die meine Nähe gesucht haben, dann kann ich nur sagen, keine kann ihr das Wasser reichen. Ich dachte, so ein Madl gibt es nicht. Von so einem Wesen habe ich immer geträumt. Verstehst du?«

»Deshalb hattest du dich auch nie verliebt.«

»Ferdinand, genauso ist es. Dabei haben mich die Madln aus unserem Bekanntenkreis regelrecht belagert. Mir graute vor jedem Sommerfest und jeder Einladung. Wusste ich doch, dass sie mich anfliegen wie Bienen, die Nektar suchen.«

Ferdinand Seidel lachte laut. »Es lässt sich nicht leugnen, dass du ein fetter Honigtopf bist. Du bist vermögend, kommst aus einen guten Elternhaus, hast eine erstklassige Ausbildung und bist – vom Aussehen her – ein fescher, sportlicher Bursche. Ich kann es den Madln nicht verdenken.«

»Damit sagst du mir nichts Neues, Ferdinand. Das Thema hatten wir schon öfter. Ich hätte Buch führen sollen, wer mir alles schöne Augen gemacht hat. Damit könnte ich ganze Bibliotheken füllen.«

»Und Tilly Scherer hat dir keine schönen Augen gemacht?«

»Nein, Ferdinand, sie hat mich kaum angesehen, während der ganzen Zeit, als wir zusammen waren.«

»Das hört sich seltsam an. Vielleicht braucht sie eine Brille?«

»Mach keine Witze, Ferdinand! Sie ist zurückhaltend. Du weißt sicher, was meine Mutter und Zenzi alles unternommen haben, um das Treffen bei uns zustande zu bringen. Die beiden hatten ja vorgegeben, schon lange miteinander befreundet zu sein. Natürlich duzen sich die Damen jetzt. Da Tilly mit Zenzi befreundet ist, habe ich ihr bereits in Waldkogel das Du angeboten. Sie lehnte ab, aber nicht nur mich, auch meinen Vater will sie nicht mit Du ansprechen. Sie besteht auf Distanz und trennt streng Berufliches und Privates.«

»Kannst du ihr das verdenken, nach all den Enttäuschungen, die sie erlebt hat? Das waren Tiefschläge, das sage ich dir, Wendel.«

Wendel nickte. »Natürlich kann ich ihr das nicht verdenken. Ich bin schon zufrieden, dass ich mit ihr beruflich ins Gespräch kam. Sie wollte detailliert wissen, was die Löffler Werke, beziehungsweise, ich, als Leiter des Projekts, von ihr erwarteten. Dann ging sie gleich daran, Skizzen zu machen, dabei kamen ihr spontan Ideen und sie machte konkrete Vorschläge. Mir fiel etwas dazu sein und sie griff es auf. Wir spielten uns nur so die Bälle zu. Du kannst du dir vorstellen, dass ich unserer ersten Begegnung mit Bangen entgegengesehen hatte. Aber was dann geschah, war unbeschreiblich. Es war nicht so, als arbeiteten wir zum ersten Mal zusammen. Es war, als wären wir ein­ seit langem eingespieltes Team. Und noch etwas, das war das Unglaublichste von allem: wir lachten und scherzten. Es war eine heitere und völlig unverkrampfte Atmosphäre.«

»Und so ging es weiter bis zum frühen Morgen?«, fragte Ferdinand.

»So war es. Am Schluss war der Fußboden übersät mit zerknülltem Papier und an den Wänden hingen die fertigen Skizzen für die Werbekampagne. Du musst sie dir ansehen. Tilly Scherer ist sehr talentiert. Gekonnt hat sie dargestellt, welche Qualitäten unsere neuen Produkte gegenüber der Konkurrenz auszeichnen. Das ist ihr gelungen, ohne dass es plakativ und reißerisch wirkt, sondern leicht und unaufdringlich. Jeder Andere hätte an die unterschwellige Angst der Menschen appelliert. Schließlich hat jeder Mensch Angst vor einem Brand.«

»Das stimmt! Wer Angst hat, versucht sich zu schützen. Angst ist immer ein Verkaufsargument«, bemerkte Ferdinand Seidel.

»Genau! Es ist mein Interesse, die Verbraucher zu schützen. Je länger es dauert, bis ein Material Feuer fängt, desto besser. Darum ging es mir. Ich habe es Tilly Scherer erklärt. Sie hat mich als erstes gefragt, was mich bewegt hatte, diese Farbe zu erfinden und wodurch sie sich gegenüber anderen Produkten unterscheidet.« Wendel lachte laut, bevor er weiter sprach. »Ferdinand, du kennst mich. Ich bin dann ganz schnell ziemlich leidenschaftlich geworden und habe mich mitreißen lassen. Ihr schien es zu gefallen. Noch während ich ihr alles genauestens erklärte, ergriff sie Skizzenblock und Stift. Mir kam es vor, als male sie auf das Papier die Gedanken, die Überlegungen und die Gefühle, die mich bewogen hatten, so viel Arbeit in die Entwicklung zu stecken.«

»Du hast es doch auch gemacht, um euch Marktanteile für die Zukunft zu sichern. So ganz selbstlos war deine Motivation nicht, Wendel.«

Wendel lächelte. »Ferdinand, es geht bei allem immer auch um Profit. Das leugne ich nicht. Darin bin ich genauso Kaufmann, wie ich Chemiker bin. Ich war aufrichtig und habe es ihr nicht verheimlicht.«

»Wie hat sie es aufgenommen?« Das interessierte Ferdinand Seidel sehr. Der erfahrene Star-Anwalt hatte durch das erste Gespräch mit ihr den Eindruck gewonnen, dass ihr Geld nicht viel bedeutete. Diese Erkenntnis war durch ihre Ablehnung des Angebotes bestätigt worden.

»Sie hat sich nicht darüber ausgelassen, meinte nur, ich sichere damit Arbeitsplätze.« Wendel trank einen Schluck Kaffee. »Mir wurde klar, dass ich keinen Menschen kenne, der mich so gut versteht, wie Tilly Scherer.«

»Gut, gut, Wendel, ich habe verstanden. Kommen wir zum Wesentlichen. Wie weit seid ihr jetzt mit dem Arbeitsverhältnis? Was ist der Stand der Dinge? Dein Vater sagte mir am Telefon, ihr hättet kaum darüber gesprochen.«

Wendel nickte. »Es ist alles so ganz anders gelaufen. Wir waren plötzlich mittendrin in der Arbeit. Dabei trat das Gespräch über eine Festeinstellung total in den Hintergrund. Ich dachte nicht mehr daran und sie auch nicht. Wir schwebten auf einer kreativen Wolke.«

Doktor Ferdinand Seidel lachte. »Du hast es mir lebendig geschildert. Dein Vater sagte, dass sie dir heute ihre Entscheidung mitteilen wolle.«

»Ja, das hat sie versprochen. Ich hoffe natürlich, sie stimmt der Festeinstellung zu. Natürlich habe ich ihr angeboten, die Entwürfe, die sie heute Nacht erstellt hat, zu vergüten, falls sie sich anders entscheidet. Dazu möchte ich zwei Bemerkungen machen: Ich werde sie ihr sehr großzügig honorieren, falls sie nicht fest bei uns arbeiten möchte. Zweitens hoffe ich, dass sie zusagt. Wenn ich nur wüsste, was ich tun könnte, um sie in ihrem Entschluss zu stärken?«

»Nun, ich will ehrlich sein, Wendel, auch wenn mein Image als großer Menschenkenner angekratzt wurde. Tilly Scherer ist eine ganz besondere Spezies Mensch. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, ein Exemplar wie sie kennenzulernen. Ich gehe noch einen Schritt weiter: Hättest du mich noch vor einigen Wochen gefragt, ob ich mir einen Menschen wie sie vorstellen könne, hätte ich dich ausgelacht. Meine Überzeugung war, jeder Mensch ist käuflich, wenn der Preis stimmt. Und ich hatte immer Recht behalten. Bis mir Tilly Scherer eine Lektion erteilte!«

»Da geht es dir nicht anders, als mir, Ferdinand«, sagte Wendel. «Meine Freunde schenkten mir zum Geburtstag als besonderen Gag, einen noch ungeöffneten Koffer aus dem Fundbüro. Und was war drin? Ein Brautkleid! Ein verlorenes Brautkleid, nach dem die Besitzerin keine Nachforschungen angestellt hatte. Das war ja schon verrückt genug. Aber dass es mir keine Ruhe ließ, bis ich mich auf den Weg machte, nach diesem Madl zu suchen, das wäre ein Fall für einen Seelenklempner gewesen. Ich war wie besessen von dieser Idee und fegte alle sachlichen Erwägungen hinweg. Ich musste das Madl suchen. Ich konnte nicht anders. Wenn ich es nicht getan hätte, würde es mich mein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen. Das ist alles so erstaunlich für mich, dass ich dir das wieder und wieder erzähle, obwohl du alles weißt und miterlebt hast.«

Ferdinand Seidel nickte und schmunzelte.

»Übrigens, ich danke dir für deine Hilfe, Ferdinand«, sagte Wendel. «Hast du nicht im ersten Augenblick gedacht, dass ich jetzt völlig durchgeknallt bin?«

Doktor Ferdinand Seidel holte eine Flasche besten französischen Cognac und zwei Gläser. Er schenkte für jeden einen Schluck ein und reichte Wendel ein Glas.

»Nun, Wendel, ich will nicht leugnen, dass ich verwundert gewesen bin. Aber ich war gleichzeitig sehr erstaunt und neugierig. Die Frage lautete doch, warum hat niemand nach dem Koffer mit dem Brautkleid gesucht? Ich bin Rechtsanwalt und deswegen interessiert mich immer der Grund, warum Menschen handeln, wie sie handeln. Was für ein Motiv haben sie? Was hat sie dazu gebracht? Außerdem bist du mein Patenkind. Und als Patenonkel fühle mich für dich mitverantwortlich, auch wenn du längst erwachsen bist. Außerdem habe ich doch gesehen, wie wichtig es für dich war. Deshalb hatte ich dir Otto empfohlen. Ich wusste, dass er der Richtige für diese Aufgabe ist. Und er hat es bewiesen, er hat die rätselhafte Braut gefunden.«

Sie prosteten sich zu und tranken.

»Ich habe ja persönlich mit Tilly Scherer gesprochen«, sagte Ferdinand. «Sie ist wirklich ein ganz besonderes Madl. Allein, sie kennenlernen zu dürfen, ist eine Bereicherung. Das Leben war nicht sanft zu ihr. Und ihre Zwillingsschwester Tanja hat stets Öl ins Feuer gegossen, wie wir von Zenzi wissen.« Der Anwalt nahm noch einen Schluck Cognac. »Wie es aussieht, hat es das Schicksal gut mit dir und ihr gemeint, Wendel. Was deine Zukunft betrifft, hast du Ideale, auf die du nicht verzichten möchtest. Das betrifft vor allem die Frau, mit der du eine Familie gründen möchtest. Mir war immer klar, dass es dir schwerfallen würde, oder es sogar unmöglich wäre, diese Frau in deinem Freundes- und Bekanntenkreis zu finden. Außerdem sind die Zeiten für junge, vermögende Burschen nicht leicht. Sie waren nie leicht, aber heute sind sie mit Sicherheit noch viel schwieriger. Du konntest dir nie sicher sein, ob ein Madl dich liebt oder dein Geld. Was das betrifft, kann ich dich beruhigen, Tilly ist nicht mit Geld zu verführen. Sie ist nicht käuflich. Sie musste bitter erfahren, dass man Glück nicht mit Geld kaufen kann. Für sie zählen andere Werte. Ich sehe es so: Sie wurde sehr enttäuscht, mehrmals. Wahrscheinlich hätte sie ihr Schneckenhaus nie verlassen. Sie wäre alleine geblieben und ihrer kleinen Tochter Leonie eine gute Mutter gewesen und hätte alles getan, damit sie glücklich wird. Aber eines Tages hätte Leonie sie verlassen, wie das nun mal so ist, wenn man erwachsen wird und sein eigenes Leben lebt. Dann wäre es für Tilly vielleicht zu spät gewesen, ein neues Leben zu beginnen. Nehmen wir an, es gibt etwas, das euer beider Leben zusammenführen will, eine himmlische Macht, die Liebe. Wie auch immer. Ihr habt euch kennengelernt! Und beruflich scheint alles auf einem sehr guten Weg zu sein.«

Wendel erzählte von Tonis Vorstellung, dass es irgendwo das Buch der Liebe gebe, in dem die Namen aller Paare nebeneinander notiert seien, so wie sie zusammengehörten. »Toni sagte mir, dass er es oft erlebt hat, dass Paare große Umwege im Leben machen mussten, bis sie sich endlich fanden. Vielleicht ist es bei Tilly und mir auch so? Was meinst du?«

»Das ist schon denkbar. Es kommt jetzt auf die nächsten Schritte an. Wendel, ich sage dir etwas: Es ist nicht wichtig, dass Tilly Scherer den Anstellungsvertrag unterschreibt.«

Wendels Gesichtsfarbe wechselte. »Wie bitte?«, stieß er hervor. Entsetzen lag in seiner Stimme.

»Entschuldige, Wendel, ich hätte mich anders ausdrücken sollen«, sagte Ferdinand sofort, als er erkannte, was er angerichtet hatte.

»Okay, Entschuldigung angenommen. Also, zurück auf Anfang, wie meinst du das?«

»Ich gebe dir einen Rat: Sollte sie immer noch zögern, dann dränge sie nicht. Zeige Verständnis! Mache ihr ein anderes Angebot!«

»Welches?«

»Oh, da habe ich verschiedene Ideen.«

»Ich höre. Du machst es spannend, Ferdinand.«

Ferdinand Seidel lachte laut. »Wendel, das ist so meine Art. Im Gerichtssaal mache ich es stets spannend, wenn ich ein Plädoyer halte. Das sichert mir die Aufmerksamkeit. Also, höre zu!«

Wendel nickte ernsthaft.

»Die erste Möglichkeit ist, dass du dich damit einverstanden erklärst, dass sie freiberuflich für dich arbeitet. Die zweite Möglichkeit ist, dass du ihr einen befristeten Arbeitsvertrag anbietest, sagen wir, für sechs Monate. Du begründet es damit, dass sie in dieser Zeit ausprobieren kann, ob ihr eine Festanstellung zusagt, da sie bisher nur freiberuflich gearbeitet hat. Und drittens, du bietest ihr an, in Teilzeit fest zu arbeiten, drei Tage in der Woche, beziehungsweise, zwanzig bis fünfundzwanzig Stunden, bei freier Zeiteinteilung. Das kannst du damit untermauern, dass Leonie bald in die Schule kommt und diese Regelung vielleicht günstiger ist für sie.«

Wendel Löffler schwieg eine ganze Weile.

»Sag endlich etwas, Wendel!«

»Mm, alle deine Vorschläge sind gut. Wobei ich sie natürlich gerne ganz bei mir hätte. Sicher werde ich ihr alle Vorschläge vortragen, falls ich muss. Wobei ich die Vorteile des zweiten und des dritten Vorschlags betonen werde. Wenn Tilly Scherer zögert, denke ich, dass ihr der letzte Vorschlag am besten gefallen könnte. Sie könnte vormittags arbeiten, wenn Leonie in der Schule ist. Leonies Einschulung ist, so viel ich weiß, noch nicht endgültig geregelt. Der letzte Stand ist, dass Zenzi und Tassilo ihr geraten haben, die kleine Leonie bei den Nonnen in der Nähe von Waldkogel unterzubringen. Das ist eine ausgezeichnete Schule, mit angeschlossenem Internat und Tagesinternat. Die Schule liegt in einem großen Park, auf dem Gebiet des Klosters. Es gibt sehr gute Freizeitmöglichkeiten und die Atmosphäre ist familiär.«

»Das hört sich gut an. Aber so wie du es sagst, klingt es, als wäre Leonies Mutter wenig begeistert.«