Tilly und Wendel sehen sich zum ersten Mal ... - Friederike von Buchner - E-Book

Tilly und Wendel sehen sich zum ersten Mal ... E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Wendy wusch das Milchgeschirr am Brunnen vor der Almhütte. Bella, ihre Neufundländerhündin, schoss aus der Almhütte, als ein Auto zu hören war. »Bella, hierher! Bella, bei Fuß!«, schrie Wendy. Es war Bella anzusehen, dass ihr die Aufforderung nicht gefiel. Sie blieb zwar stehen, fing aber an zu bellen. »Rein ins Körbchen!«, rief Wendy. Bella hörte nicht. Wendy Hansen wischte sich die Hände an ihrer Halb-Schürze ab, die sie über den Jeans trug. Sie nahm Bella am Halsband und brachte sie in die Almhütte. »Hier bleibst du jetzt! Du musst endlich lernen, dass du nicht jedem Auto entgegenstürmen kannst, das den Milchpfad heraufkommt. Platz! Rein ins Körbchen!« Bella dachte nicht daran, ihren großen Hundekorb aufzusuchen. Sie sprang auf das Sofa und legte sich hin, dabei schaute sie Wendy an. »Okay, meinetwegen, aber bleibe hier drinnen«, sagte Wendy streng.

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Toni der Hüttenwirt – 323 –

Tilly und Wendel sehen sich zum ersten Mal ...

Wird es so sein, wie er es sich erträumt hat?

Friederike von Buchner

Wendy wusch das Milchgeschirr am Brunnen vor der Almhütte.

Bella, ihre Neufundländerhündin, schoss aus der Almhütte, als ein Auto zu hören war.

»Bella, hierher! Bella, bei Fuß!«, schrie Wendy.

Es war Bella anzusehen, dass ihr die Aufforderung nicht gefiel. Sie blieb zwar stehen, fing aber an zu bellen.

»Rein ins Körbchen!«, rief Wendy.

Bella hörte nicht.

Wendy Hansen wischte sich die Hände an ihrer Halb-Schürze ab, die sie über den Jeans trug. Sie nahm Bella am Halsband und brachte sie in die Almhütte. »Hier bleibst du jetzt! Du musst endlich lernen, dass du nicht jedem Auto entgegenstürmen kannst, das den Milchpfad heraufkommt. Platz! Rein ins Körbchen!«

Bella dachte nicht daran, ihren großen Hundekorb aufzusuchen. Sie sprang auf das Sofa und legte sich hin, dabei schaute sie Wendy an.

»Okay, meinetwegen, aber bleibe hier drinnen«, sagte Wendy streng.

Sie ging hinaus, um zu sehen, wer gekommen war. Der Geländewagen kam ihr bekannt vor. Doch wem er gehörte, fiel ihr nicht ein.

Dann stieg der Fahrer aus. Es war Tassilo von Teuffen-Thurmann.

»Grüß Gott, Wendy!«

»He, grüß Gott, Tassilo, welch eine Überraschung! Ich rätselte, wer da kommt. Bella hat wohl gewusst, dass du es bist.«

»Wo ist sie?«

»Drinnen auf dem Sofa. Dahin habe ich sie verbannt. Sie will jedem Auto entgegenlaufen, das den Milchpfad heraufkommt. Das muss ich ihr abgewöhnen.«

»Viel Erfolg mit deinen Erziehungsmaßnahmen!«, schmunzelte Tassilo.

»Willst du mich besuchen oder willst du rauf auf die Berghütte?«, fragte Wendy.

»Letzteres, Wendy, aber ich bleibe gern ein wenig hier. Ich sehe dich selten im Sommer. Wie geht es dir?«

»Gut«, antwortete Wendy. »Ich bin mit der Morgenarbeit fertig und wollte mir Kaffee machen. Trinkst du mit?«

»Danke, das mache ich gern.«

Als sie die Berghütte betraten, saß Bella aufrecht auf dem Sofa.

Wendy lachte. »Okay, du kannst Tassilo begrüßen. Du hast eher gewusst, dass er es ist, als ich.«

Die Hündin sprang vom Sofa und lief auf Tassilo zu. Sie streckte sich und legte ihm die Pfoten auf die Schultern.

Tassilo kraulte ihr das dicke, dunkle Fell.

Wendy füllte zwei Kaffeebecher und stellte Zucker und Milch auf den Tisch. Und sie holte die Keksdose, die voller Plätzchen war. Sie hatte sie nach einem norwegischen Rezept gebacken.

Tassilo ließ sie sich schmecken.

»Machst du einen Tag frei?«, fragte Wendy.

Tassilo schmunzelte. »Ja, ich habe mir freigenommen. Ich muss rauf auf die Berghütte und jemanden abholen.«

Wendy sah Tassilo fragend an. »Das klingt ein bisserl umständlich. Warum musst du ihn holen? Will er nicht kommen? Hast du einen Musiker, der bei dir unter Vertrag steht, auf der Berghütte versteckt?«

»Nein! Ich hole Wendel ab, um ihn auf die Begegnung mit dem Madl vorzubereiten, in das er heimlich verliebt ist. Sie ist zu Gast bei uns.«

»Aha, du hast die Rolle eines Hochzeiters übernommen. Willst du Toni Konkurrenz machen? Er ist doch der hochtalentierte Vermittler für einsame Herzen, in Waldkogel«, sagte Wendy.

Tassilo hob abwehrend die Hände. »Bewahre! Ich hoffe, ich werde so schnell nicht wieder in so etwas verwickelt. Das ist mir viel zu kompliziert. Ich rühre die Herzen lieber durch Musik.«

»Dann macht sich das Madl nichts aus romantischen Melodien?«

»Wendy, es ist noch schlimmer. Sie stopft sich die Ohren mit Watte zu, um ja nichts zu hören.«

»Drehe die Bässe lauter, Tassilo! Wumm – wumm – wumm, das muss sie spüren«, sagte Wendy lachend.

»Gute Idee, normalerweise hilft das, aber das Madl hat einen ›Hörschaden‹ aus mehrmals enttäuschter Liebe.«

»Aha, sie hatte Liebeskummer. So etwas soll vorkommen. Aber das geht vorbei. Sie wird darüber hinwegkommen.«

Tassilo schüttelte den Kopf. »Das ist nicht so einfach, Wendy. Bei Tilly ist das viel komplizierter. Sie hat keine Ahnung, dass sich Wendel in sie verliebt hat.«

Nach und nach erzählte Tassilo die ganze Geschichte, von dem Koffer vom Fundbüro, dem Geburtstagsgeschenk der Freunde für Wendel.

Er schilderte ausführlich, wie das Brautkleid in dem Koffer Wendels Neugierde und Phantasie angeregt hatte. Wie er auf die Suche gegangen ist, nach der Frau, die nicht nach einem verlorenen Hochzeitskleid gesucht hat.

Er berichtete, wie sich Wendel verliebte und sich entschied, dass die Unbekannte die Richtige für ihn sei. Er ließ auch das Arbeitsangebot nicht aus. »Was sagst du dazu?«, fragte Tassilo dann.

»Das ist die verrückteste Liebesgeschichte, die ich je gehört habe, auch wenn sie, bis jetzt, sehr einseitig ist. Jetzt willst du ihn holen und die beiden werden zum ersten Mal miteinander sprechen?«

»Ja, das will ich tun.«

»Himmel, da möchte ich Mäuschen sein!«, sagte Wendy.

»Du kannst ja zum Schloss fahren und Zenzi einen Besuch abstatten. Dann bist du dort, wenn ich mit Wendel eintreffe.«

»Danke, aber das lass ich lieber bleiben. Du kannst es mir irgendwann erzählen«, wehrte Wendy ab. Sie trank einen Schluck Kaffee. »Aber da ich dich gerade hier habe, möchte ich mit dir über die Hirscher Alm sprechen. Hast du da schon etwas unternommen? Henks Großtante ist richtig vernarrt in die leer stehende Almhütte.«

»Das weiß ich, Wendy. Ich bin schon froh, dass Ella Waldner sie inzwischen nutzen kann. Sie darf dort ihre Kräuter aufhängen.«

»Adam und Käthe Hirscher sind wieder öfter oben. Sie sind dann meistens hier bei mir. Eine Alm ohne Vieh ist eben keine Alm, sagen sie.«

»Damit haben sie recht. Haben sie Adele und Henk schon kennengelernt?«

Wendy schüttelte den Kopf. »Nein, der geplante Almhüttenabend fiel aus. Er sollte letzte Woche stattfinden. Ich hatte versprochen, norwegisch zu kochen, war aber verhindert. Der Abend wurde verschoben. Wir werden ihn nachholen. Jetzt geht es darum, einen neuen Termin zu finden.«

»Dann muss du musst du etwas ganz Wichtiges zu tun gehabt haben. Steckt dahinter ein Bursche?«, fragte Tassilo und lächelte sie verschmitzt an.

Wendy überlegte, ob sie über Sebastians Krankheit sprechen sollte. Sie entschied sich, zu schweigen. Es war vorbei. Sebastian wollte kein Mitleid haben, weder in der akuten Phase und erst recht nicht im Nachhinein. »Nein, da muss ich dich leider enttäuschen, Tassilo. Ich habe keinen Burschen.«

»Warum? Okay, es ist schwierig, im Sommer einen kennenzulernen, wenn du nur auf der Alm bist. Auf der anderen Seite kommen doch genug fesche Burschen vorbei. Sieht dich keiner?«

Wendy lachte. »Tassilo, wenn ich wollte, könnte ich an jedem Finger zehn haben.«

»Ah, dann bist du wählerisch?«

»Ja, das bin ich. Ist das schlimm? Schließlich will ich mein ganzes Leben mit ihm zusammenbleiben. Da mache ich keine Kompromisse.«

»Richtig so! Besser, du wartest ein bisserl, bis der Richtige vorbeikommt, als dass du in Torschlusspanik den falschen Mann nimmst.«

»Genauso ist es«, stimmte Wendy ihm zu. »Doch der Druck auf mich wächst. Jeder fragt mich danach. Es ist so lästig. Besonders, da Franziska in festen Händen ist. Sie und Lukas sind ein Paar, auch wenn sie sich mit dem Trauschein noch Zeit lassen.« Wendy seufzte. »Die Anmacherei auf der Alm ist ganz schön nervig.«

»Wendy, das musst du verstehen. Du bist sehr hübsch. Du bist ein fesches Madl. Und du kommst aus guter Familie.

»Doppelt guter Familie, schließlich gehöre ich zu den Baumbergers und den Hansens.«

Und in Gedanken fügte Wendy hinzu, dass sie ein sehr reiches Madl war, durch das Erbe ihrer Mutter Jette.

Jette hatte von ihren Eltern und Großeltern ein riesengroßes Vermögen gerbt, es vermehrt, und an Wendy weitergegeben.

Nur Ole wusste davon, der es für sie verwaltete und weiter vermehrte. So würde es auch bleiben, bis sie die wahre Liebe gefunden hatte. Sie hatte sich vorgenommen, erst nach der Hochzeit, vielleicht sogar erst nach der Geburt ihrer ersten Tochter, das Geheimnis zu lüften.

Es war eine ihrer liebsten Vorstellungen, wenn sie eines Tages ihrem Madl sagen würde: Deine Großmutter hatte es gerbt, danach war ich die Erbin und nach mir wirst du es bekommen.

Der Gedanke, es nur weiblichen Nachkommen weiterzugeben, gefiel ihr. Sie lächelte vor sich hin.

»Was ist?«, fragte Tassilo.

»Ich habe nur etwas geträumt. Eines Tages werde ich einen Burschen finden.«

Tassilo schaute ihr in die Augen. »Ist es vielleicht Henk Thaler, dieser Tierarzt, dessen Großtante, die Hirscher Alm erwerben will?«, fragte er.

Wendy spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. »Wie kommst du darauf?«, fragte sie verlegen und wich Tassilos fragendem Blick aus. Sie steckte sich schnell ein Plätzchen in den Mund.

»Henk ist ein fescher Bursche. Ich erinnere mich, dass Adele über dich gesprochen hatte. Du hast ihr gut gefallen.«

Wendy errötete noch mehr.

»Aha, dann denkst du öfters an Henk?«

»Denken darf man doch oder etwa nicht?«

»Sicher darfst du an ihn denken, wenn er dir gefällt.«

»Verrate mich nicht, Tassilo, bitte!«, flehte Wendy. »Ich weiß auch nicht, was mich geritten hat, mich dir anzuvertrauen. Aber es tut gut, endlich mit jemandem über Henk zu sprechen.«

»Dein Geheimnis ist sicher bei mir, so sicher wie die Kronjuwelen der Queen im Tower von London.«

»Danke!«

Sie schwiegen und nippten an ihrem Kaffee.

»Siehst du ihn oft?«, fragte Tassilo nach einer Weile.

»Wenn ich mal nach München will, übernehmen Henk und seine Großtante Addi die Arbeit auf der Alm, falls Hilda und Wenzel keine Zeit haben. Sie machen das gern. Sie sind den ganzen Sommer über auf der Berghütte. Manchmal kommen sie auch zu Besuch herunter. Henk mag Ziegen.«

»Aber, wenn Adele die Hirscher Alm erwerben oder pachten könnte, dann wäre er ständig in deiner Nähe, nebenan sozusagen. Das würde dir gefallen, denke ich.«

»Genau! Das wäre nicht schlecht«, lächelte Wendy verträumt. »Vielleicht würde sich dann was tun. Verstehst du, Tassilo?«

Tassilo runzelte die Stirn. »Wie? Heißt das, er hat keine Augen für dich?«

»So sieht es aus«, seufzte Wendy aus tiefstem Herzen.

Für Tassilo hörte sich das an wie ein Hilfeschrei. »Der muss deppert sein!«, brach es aus ihm hervor.

Wendy zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich ist diese Sandy daran schuld. Mit ihr war er verlobt. Es ging auch gut, bis sie Karriere als Malerin in Amerika machte. Sie hatte sich dort sehr verändert und ihre Lebenspläne passten nicht mehr zusammen. Es kam zu einem Streit, mit dem Ergebnis, dass sich Henk von ihr trennte. Er war sehr enttäuscht, wie sehr sich Sandy verändert hatte. Ehe, Familie, ein gemeinsames Heim waren ihr nicht mehr wichtig. Ihr ganzes Weltbild hatte sich verschoben. Adele hat mir das erzählt.«

Tassilo nickte. Er trank einen Schluck Kaffee. »Wendy, als Musikproduzent und Konzertveranstalter habe ich viele Künstler unter Vertrag. Ich war oft Zeuge einer solchen Entwicklung. Es ist schwierig, zwei Herren zu dienen. Doch wenn man einen Menschen wirklich liebt, sollte es möglich sein, einen gangbaren Weg zu finden. Ich meine damit, die Balance zu finden, zwischen der Karriere auf der einen Seite und einer glücklichen und harmonischen Familie auf der anderen Seite.«

»Dann müssen aber Abstriche gemacht werden. Sandy wollte das nicht. Sie hatte einen Karriere-Plan, auf dem sie bestand. Henk ist ein Familienmensch. Er wollte ein Nest für die Kinder. In diesem Punkt ist er sehr traditionell. Sandy fand das altmodisch. Ich bin mir sicher, Henk wäre ihr ein Stück entgegengekommen, wenn sie es auch getan hätte. Was sie aber unterließ. Mir fällt im Moment nur ein, was man im Englischen von einer solchen Einstellung sagt: ›to have one’s cake and eat it, too‹. Wie sagt man im Deutschen, Tassilo?«

»Man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Es gibt Menschen, die lieben die eigene Karriere mehr, als sie einen Menschen lieben könnten.«

»Das ist traurig, Tassilo.«

»Jeder Mensch setzt Prioritäten, Wendy. Das muss man einfach akzeptieren, ohne zu verurteilen.«

Wendy dachte nach. »Jette ist bei Ole geblieben, als sie sie sich nach ihrer Amnesie wieder an Toni erinnern konnte. Meine Mutter hat sich bewusst für Ole entschieden.«

»Du würdest dich gerne für Henk entscheiden, richtig?«

Wendy lächelte verlegen.

»Verstehst du dich gut mit ihm?«, fragte Tassilo.

»Der Mensch, der sich mit Henk nicht gut versteht, den gibt es nicht. Mit Henk kann man sich gut unterhalten. Er hat Humor und ist sehr bodenständig, obwohl er Addis Alleinerbe ist. Er liebt, wie sie, das einfache Leben. Wenn er hier ist, lachen wir viel und machen Späße.«

»Gehe auf ihn zu, Wendy!«

Wendy schüttelte den Kopf. »Das habe ich erst einmal aufgegeben. Er ist für Liebessignale unempfänglich. Er sieht sie nicht, ja, er bemerkt sie nicht einmal. Er ist absolut unempfindlich, was das Flirten angeht.«

»Das ist ja erschreckend, Wendy. Vielleicht musst du noch etwas Geduld haben oder sehr viel deutlicher werden.«

»Das werde ich wohl müssen, Tassilo. Seine Großtante hat wohl bemerkt, dass ich Henk gern sehe, obwohl sie mich nicht darauf angesprochen hat. Addi würde das auch nie tun. Deshalb hoffe ich, dass wir bald Nachbarn werden.«

»Das verstehe ich doch! Ich werde meine Fühler ausstrecken. Das verspreche ich dir. Die alten Leute hängen an ihren Almen. Erinnere dich, wie es mit Hilda und Wenzel Oberländer war. Sie ließen sich viel Zeit mit der Entscheidung, die Alm aufzugeben.«

»Stimmt!«, antwortete Wendy.

Plötzlich fiel Tassilo eine Möglichkeit ein, wie er die Sache vielleicht in Gang bringen könnte. Aber die Idee war noch nicht ganz ausgereift. Er nahm sich vor, daran zu arbeiten und die Angelegenheit mit Ottilie, seiner Frau, und natürlich mit Zenzi zu bereden. Aber es kam jetzt auf ein paar Tage nicht an. Der Sommer war noch lang. Henk und Adele weilten auf der Berghütte. Tassilo hoffte, dass Henk sich weiterhin zurückhielt, was die Madln anging. Jetzt galt es, Wendel und Tilly zusammenzubringen. In dem Fall war es genau umgekehrt, da war der Bursche verliebt und das Madl für die Liebe unempfänglich. Tassilo trank den Kaffee aus. »Vielen Dank für den Kaffee und die leckeren norwegischen Plätzchen.«

»Gern geschehen!«

»Wäre es sehr unverschämt, wenn ich dich bitten würde, Zenzi das Rezept zu geben?«

»Das mache ich gern. Ich besuche euch in den nächsten Tagen. Ich bringe eine Keksdose voller Plätzchen mit und gebe Zenzi das Rezept.«

»Danke, das ist lieb von dir.«

Wendy senkte den Blick. »Tassilo, alles, was wir geredet haben, bleibt doch unter uns? Bitte. kein Wort zu Toni oder Anna oder sogar zu Henk!« »Ich verspreche es dir. Kein Wort zu Toni, kein Wort zu Anna und kein Wort zu Henk!«

Wendy brachte Tassilo hinaus und winkte ihm nach, als er sich oben auf dem Pfad vor der Biegung noch einmal umdrehte.

*

Als Tassilo auf der Berghütte ankam, saßen Toni und Wendel auf der Terrasse und tranken Bier.

»Grüß Gott, darf ich mich zu euch setzen?«, fragte Tassilo.

»Mei, Tassilo, ein herzliches Grüß Gott! Welch seltener Besuch? Das muss gefeiert werden. Ich spendiere einen Obstler von Alois bestem Selbstgebrannten«, sagte Toni.

»Danke, das ist gut gemeint, Toni«, wehrte Tassilo ab. »Aber ich nehme lieber ein kleines Bier. Alois’ selbstgebrannter Obstler ist mir im Augenblick zu hochprozentig.«

»Nanu, seit wann verträgst du nichts mehr«, staunte Toni.

»Ich will mir einen klaren Kopf bewahren. Damit ich mit ruhigem Gewissen sagen kann, ich war nicht betrunken, als ich Wendel einen Rat gegeben habe.«

»Aha, dann geht es um diese verdrehte Liebesgeschichte«, sagte Toni. »Ich hole dir ein kleines Bier.«

Tassilo setzte sich Wendel gegenüber an den Tisch.

Toni kam und brachte das Bier. Dann ließ er die beiden allein.