Wenn es Nacht wird in Waldkogel - Friederike von Buchner - E-Book

Wenn es Nacht wird in Waldkogel E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Nach seinem übermäßigen Obstlerkonsum auf der Berghütte gönnte Karl sich Ruhe und ging einige Tage wandern. Er brach morgens früh auf und kam erst bei Einbruch der Dunkelheit zurück. Dann aß er auf der Terrasse eine Mahlzeit, bevor er sich zurückzog. Toni hatte den Eindruck, dass Karl einem weiteren Gespräch aus dem Weg ging. Deshalb sprach er ihn nicht an. Toni hatte ihm während der gemeinsamen Wanderung zum Paradiesgarten eindringlich ins Gewissen geredet. Jetzt ist Karl an der Reihe, dachte Toni. Er wusste, dass zu viel Druck und der Versuch, jemanden zu überreden, meistens genau das Gegenteil bewirkte. So übte er sich in Geduld. Toni und Anna waren allein in der Küche der Berghütte. »Karl ist sehr still«, sagte Anna. »Ja, das ist er. Ich möchte wissen, was in seinem Kopf vor sich geht«, antwortete Toni. »Aber ich spreche ihn nicht an. Ich kann warten. Auf seinen Wanderungen wird er viel nachdenken.« »Das wird er. Ich bin gespannt, wie lange er noch bei uns auf der Berghütte bleibt.«

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Toni der Hüttenwirt – 331 –

Wenn es Nacht wird in Waldkogel

Ein romantisches Pärchen ist unterwegs

Friederike von Buchner

Nach seinem übermäßigen Obstlerkonsum auf der Berghütte gönnte Karl sich Ruhe und ging einige Tage wandern. Er brach morgens früh auf und kam erst bei Einbruch der Dunkelheit zurück. Dann aß er auf der Terrasse eine Mahlzeit, bevor er sich zurückzog.

Toni hatte den Eindruck, dass Karl einem weiteren Gespräch aus dem Weg ging. Deshalb sprach er ihn nicht an. Toni hatte ihm während der gemeinsamen Wanderung zum Paradiesgarten eindringlich ins Gewissen geredet.

Jetzt ist Karl an der Reihe, dachte Toni. Er wusste, dass zu viel Druck und der Versuch, jemanden zu überreden, meistens genau das Gegenteil bewirkte. So übte er sich in Geduld.

Toni und Anna waren allein in der Küche der Berghütte.

»Karl ist sehr still«, sagte Anna.

»Ja, das ist er. Ich möchte wissen, was in seinem Kopf vor sich geht«, antwortete Toni. »Aber ich spreche ihn nicht an. Ich kann warten. Auf seinen Wanderungen wird er viel nachdenken.«

»Das wird er. Ich bin gespannt, wie lange er noch bei uns auf der Berghütte bleibt.«

»Anna, da können wir nur spekulieren«, antwortete Toni. »Ich nehme an, er will auch Bernd und Isabella aus dem Weg gehen. Aber, wie gesagt, das sind alles nur Vermutungen.«

»Trotzdem kommt er mir etwas entspannter vor«, bemerkte Anna. »Nun gut, ich habe mich immer nur kurz mit ihn unterhalten. Dabei fiel mir auf, dass er viel lockerer wirkte. Jedenfalls war das mein Eindruck. Wahrscheinlich hat dein Gespräch mit ihm doch etwas genutzt.«

»Das ist auch meine Hoffnung. Ich habe ihm ins Gewissen geredet. Doch ich denke, die Ruhe und die Ausstrahlung der ewigen Berge haben etwas Frieden in sein Herz gesenkt.«

»Das auf jeden Fall. Die Natur kann Wunder bewirken, das wissen wir beide.«

»Ja, das wissen wir beide und viele echter Bergliebhaber wissen es. Wie du weißt, war ich mit Karl zum Paradiesgarten gewandert.«

»Ein magischer Ort«, sagte Anna.

Toni lächelte.

»Dort fühlt man sich dem Himmel viel näher. Es ist nicht erklärbar, man kann es nur fühlen. Aber damit sage ich dir nichts Neues. Hoffen wir weiter, dass Karl zur Vernunft kommen. Man kann nur Anregungen geben und ihm Wegweiser sein, wie er aus der Sackgasse herausfinden könnte. Sich umdrehen und zurückgehen, dazu muss er sich selbst entschließen«, fasste Toni seine Gedanken zusammen. »Ich werde noch abwarten. Wenn er noch länger bei uns ist, werde ich ihn vielleicht noch mal auf unser Gespräch ansprechen. Aber das werde ich ganz sanft machen. Es muss wie beiläufig klingen. ›Hast du mal über unser Gespräch nachgedacht‹, könnte ich fragen. So in der Art.«

»Du musst nichts überstürzen, Toni.«

»Das denke ich auch. Wenn man gesät hat, muss man bis zur Ernte warten können.«

»So ist es«, sagte Anna.

Sie lächelten sich an und machten mit der Küchenarbeit weiter.

Drei Tage später kam Karl früh am Morgen in die Küche. Toni stand immer früher auf als Anna. Er saß allein am Küchentisch und trank seinen ersten Becher Kaffee.

»Guten Morgen Karl, heute bist du noch früher aufgestanden«, sagte Toni.

Karl nickte zuerst. Er rieb sich das Kinn.

»Ja, ich muss etwas regeln.«

»Aber nicht mit leerem Magen«, unterbrach ihn Toni. »Setz dich, ich mache dir Frühstück. Magst du Eier mit Speck?«

Karl verneinte. Er bat um ein Käsebrot und einen großen Becher Kaffee.

Nachdem er gegessen hatte, fragt er Toni nach der Telefonnummer der Tankstelle und Autowerkstatt.

»Ist etwas mit deinem Auto?«, fragte Toni.

»Ich habe es auf der Hauptstraße stehenlassen. Ich hatte vergessen, zu tanken. Der Reservekanister war auch leer. Ich will die Werkstatt anrufen und sie bitten, mir einen Kanister Kraftstoff zu bringen, damit ich hinfahren kann.«

»Das kann passieren«, sagte Toni. »Aber das können wir anders regeln. Brauchst du Benzin oder Diesel?«

»Benzin«, antwortete Karl.

»Mein Geländewagen fährt mit Diesel. Und wir haben einen Generator im Schuppen, der leider auch nur mit Diesel läuft. Anna schaltet ihn an, wenn sie die Waschmaschine benutzt und für andere Dinge, Handy aufladen, Computer aufladen. Aber Wendy auf der Ziegenalm hat immer einen Vorrat an Benzin und Diesel im Schuppen.«

Er schaute auf die Uhr.

»Wendy wird schon wach sein. Sie wird sich gleich auf den Weg zur Kuhalm machen, um die Kühe zu melken. Sie wird dir einen Kanister mitbringen.«

»Das ist großartig«, freute sich Karl.

Toni griff zum Handy und rief Wendy an. Die Sache war schnell geklärt.

»So, das ist erledigt. Wenn du fertig bist, machen wir uns auf den Weg. Bis Wendy alle Kühe gemolken hat, und ich die Milch heraufholen kann, ist noch Zeit. Ich fahre dich mit dem Kanister schnell hinunter nach Waldkogel«, sagte Toni.

Karl bedankte sich.

Anna kam in die Küche. Toni erklärte ihr kurz, dass er bereits jetzt hinunter auf die Kuhalm wolle.

Schnell legte er Benno die Packtaschen an und schirrte den Neufundländerrüden vor das Aluminiumwägelchen.

Karl trank den Rest seines Kaffees aus und sie machten sich auf den Weg.

Wendy war schon auf der Wiese. Sie saß auf einem Dreibeinhocker und melkte. Sie wollte die Arbeit nicht unterbrechen und rief den beiden nur einen guten Morgen zu.

Der Kanister mit Benzin stand neben dem Tisch vor der Almhütte. Toni schirrte Benno ab und entfernte die Packtaschen.

»So, jetzt kannst du Wendy Gesellschaft leisten, bis ich wieder zurück bin«, sagte Toni.

Karl ergriff den Benzinkanister und sie gingen zu Tonis Auto. Wendy sah ihnen nach. Benno hatte sich neben Wendy ins Gras gelegt.

Auf der Hauptstraße füllte Karl das Benzin in den Tank seines Autos. Er verstaute den leeren Kanister im Kofferraum, verabschiedete sich von Toni und fuhr davon.

Toni sah ihm nach und lächelte.

Mal sehen, was er danach macht, dachte er. Er hatte die Hoffnung, dass Karl nicht mehr auf die Berghütte zurückkehren und sich dort verstecken werde.

Toni telefonierte mit Zensi und hielt sie auf dem Laufenden.

Karl fuhr zur Tankstelle. Sie lag zwischen Kirchwalden und Waldkogel. Er tankte voll und füllte die beiden Ersatzkanister. Er brachte Wendy den Kanister zurück, hielt sich aber nicht auf.

Danach wusste Karl nicht recht, was er machen sollte. Er entschloss sich, nach Kirchwalden zu fahren und dort bummeln zu gehen.

Auf der Hauptstraße in Waldkogel traf er auf Zensi. Sie fuhr in ihrem Auto langsam die Straße entlang. Notgedrungen musste Karl hinter ihr langsam machen, weil er wegen des Gegenverkehrs nicht überholen konnte.

Zensi hatte ihn im Rückspiegel gesehen und hielt. Sie stieg aus und kam zu seinem Auto.

»Grüß Gott!«, sagte sie.

Er grüßte.

»Du siehst recht gut aus. Die frische Luft in den Bergen und die Ruhe scheinen dir gutgetan zu haben«, sagte Zensi.

Karl lächelte verlegen.

»Wie lange willst noch auf der Berghütte bleiben?«, fragte Zensi.

»Ich habe mich noch nicht entschieden«, antwortete Karl.

»Das solltest du aber«, murmelte Zensi.

Da kam ihr einen Einfall.

»Egal, es ist dein Leben«, heuchelte Zensi. »Gut, dass ich dich treffe. Du musst nämlich wissen, dass ich schon seit Tagen auf dich warte. Du bist als Fachmann gefragt. Am Treppengeländer in der Villa Lohe haben sich wohl einige Verbindungen gelockert. Ich finde es ist nicht mehr stabil. Das Treppengeländer ist aus Metall. Ich dachte mir, du könntest es dir mal ansehen. Bernd wollte ich damit nicht belästigen. Außerdem ist er nicht da.«

Karl sah sie erstaunt an.

»So, wo ist er?«, fragte Karl.

»Bernd und Isabella machen Urlaub. Zuerst wollten sie nur ein langes Wochenende in München verbringen, doch dann haben sie sich entschlossen, länger zu bleiben. Sie sind in Sebastians Hotel.«

»Geht es Isabella gut?«

»Ja, es geht ihr sehr gut.«

Sie schaute Karl fragend an und sagte:

»Ich bin auf dem Weg zur Villa Lohe. Ich weiß nicht, was du vorhast. Kannst du mitkommen? Du könntest dir das Treppengeländer mal ansehen. Ich bin ein bisserl beunruhigt.«

»Das mache ich«, antwortete Karl knapp.

Er ließ den Motor an.

Zensi nickte zufrieden. Sie ging zurück zu ihrem Auto, stieg ein und fuhr voraus.

Zensi und Karl parkten unter den Bäumen im Park der Villa Lohe.

Die Teilnehmerinnen des laufenden Hauswirtschaftskurses arbeiteten im Blumengarten. Das gehörte zum Ausbildungsprogramm.

Zensi bat Karl, sich im Treppenhaus das Geländer anzusehen. Sie werde nachkommen. Er nickte und ging.

Zensi hielt einen Schwatz mit den Teilnehmerinnen, die Blumen schnitten. Sie waren dafür gedacht, zu stilvollen Sträußen geordnet zu werden. Das Zusammenstellen von Blumenschmuck gehörte zu den Aufgaben einer Hauswirtschaftlerin.

Anschließend fuhr Zensi mit dem Aufzug hinauf in die letzte Etage der Villa. Dort hatte sie ihre Zweitwohnung. Sie war mit Erinnerungen an ihre Eltern möbliert.

Karl stand am Ende der Treppe und machte sich Notizen in ein kleines Notizbuch. Er trug immer ein Notizbuch mit sich herum.

»Und kannst schon sagen, warum das Geländer an einigen Stellen so wackelt?«, fragte Zensi.

»Es sind nur ein paar Schrauben locker, die die einzelnen Teile zusammenhalten. Sie müssen angezogen werden. Wenn ich Werkzeug hätte, würde ich es gleich erledigen«, antwortet Karl.

»Werkzeug? Da muss ich Jana fragen. Sie hat sicher Werkzeug beziehungsweise ihr Mann. Er ist hier Hausmeister neben seiner eigenen kleinen Firma. Puh, ich bin froh, dass nicht das ganze Treppengeländer ersetzt werden muss«, sagte Zensi.

Das war natürlich übertrieben.

»Aber Jana kann ich jetzt deswegen nicht stören. Sie gibt Unterricht. Wenn es nicht lebensgefährlich ist, dass das Geländer wackelt, hat es vielleicht auch Zeit bis morgen. Hast du morgen Zeit? Ich besorge das Werkzeug.«

»Das lässt sich einrichten«, antwortete Karl.

Zensi bat ihn in die Wohnung.

Sie ging voraus in die Küche.

»Setz dich!«, sagte sie. »Hier halte ich mich am liebsten auf. Durch die Fenster scheint auf drei Seiten immer die Sone herein.«

Karl setzte sich.

Zensi machte Kaffee und deckte den Tisch. Sie holte Buttercremeschnittchen aus dem Kühlschrank.

»Sie sind von gestern. Aber sie schmecken noch. Die Hauswirtschaftschülerinnen haben sie gemacht. Einmal in der Woche steht Kuchen- und Tortenherstellung auf dem Stundenplan. Dann muss oder darf ich als Testerin herhalten.«

Zensi setzte sich. Sie schenkte Karl Kaffee ein und legte ihm ein Törtchen auf den Teller. Es bestand aus einem dünnen Boden. Danach kam eine Schicht aus Buttercreme und Früchten. Obendrauf lag als Abschluss Marzipan mit Schokoladenverzierung, die an eine Spitzendecke erinnerte.

Karl fing sofort an zu essen. Es schmeckte ihm.

»Sehr lecker«, murmelte er.

Zensi sah Karl nicht an, als sie sagte:

»Alle im Schloss haben deinen Streit mit Bernd mitbekommen.«

»Ja, wir waren sehr heftig aneinandergeraten«, murmelte Karl .

»Oh ja«, sagte Zensi. »Du bist weggegangen. Aber gut, ich kann verstehen, dass du abgehauen bist. Du hattest keine Argumente mehr.«

Karl schwieg verlegen.

»Und alle wissen, dass du dir fast eine ganze Flasche Obstler hinter die Binde gegossen hast. Aus Frust, wie?«, fuhr Zensi fort.

Karl schwieg noch immer.

Er nippte an seinem Kaffee.

»Ja, es war Dummheit«, gestand er nach einer Weile. »Ich habe zwei Tage gebraucht, bis sich mein Brummschädel erholt hatte.«

»Auch das ist bekannt«, fasste es Zensi zusammen. »Doch jetzt mal eine Frage, Karl. Was meinst du mit Dummheit? Denkst du dabei nur daran, dass du geflüchtet bist? Oder an dein ganzes Verhalten in den letzten Wochen?«

Karl errötete und wurde verlegen. Er rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her.

»Ach, Zensi, Thildas Verhalten hat mich schwer getroffen.«

»Das ist mit bekannt. Addi und ich waren dabei, als du den ersten Blick auf die Briefe geworfen hast. Ich dachte, du bekommst gleich einen Herzinfarkt.«

»Es traf mich ins Mark«, sagte Karl.

»Das verstehe ich«, bemerkte Zensi. »Doch Thilda hat sich geändert. Sie ist nicht mehr dieselbe, die sie damals war. Und dass sie sich um die Firma kümmert, könntest du als Fürsorge verstehen oder als der Versuch der Wiedergutmachung. Jedenfalls ist Bernd erleichtert, dass es so ist. Allerdings ist es etwas umständlich, dass Thilda keinen Zugriff auf das Geschäftskonto hat.«

»Bernd hat ein neues Konto eröffnet«, sagte Karl. »Dem Buben ist die Firma scheinbar doch wichtig.«

»Warum sollte sie ihm nicht wichtig sein?«

»Weil er auf dem Reiterhof eine Anstellung hat und daneben die eigene kleine Firma zur Instandsetzung alter Kutschen.«

»Das stimmt alles, Karl. Aber Bernd hat ein Herz. Er weiß, wie sehr du an der Firma hängst. Bernd hat es miterlebt, seit er ein kleiner Bub war. Es tat ihm weh, als er von Frank erfuhr, was los ist. Das kannst du ihm nicht verdenken.«

Karl rieb sich das Kinn.

Zensi fiel auf, dass Karl während dieser Unterhaltung sehr ruhig blieb. Bisher war er immer sehr zornig geworden, wenn sie ihn auf Thilda und die Probleme angesprochen hatte. Zensi überlegte, ob er einsichtig geworden war? Oder war er auch einfach nur erschöpft? Sehr wahrscheinlich hatten ihn die letzten Wochen sehr viel Kraft gekostet. Trotzdem hatte er nicht eingelenkt.

»Karl, ich möchte dich etwas sehr Persönliches fragen. Ich hoffe nicht, dass du jetzt gleich aufspringst und rausrennst. Ich gebe zu, dass es eine sehr gewagte Frage ist. Und ich gebe zu, dass sie mich beschäftigt.«

Karl Winkler runzelte die Stirn.

»Frag schon!«, brummt er.

»Das mache ich. Ich sage dir aber, dass du nicht verpflichtet bist, sie zu beantworten. Sag mir einfach, wenn es mich nichts angeht.«

Karl nickte.

»Also, was ich gern wissen will. Liebst du Thilda?«

Karl schluckte.

Er stand langsam auf und ging zum offenen Fenster. Er sah hinaus. Dabei vergrub er die Hände tief in die Hosentaschen.

Zensi ließ ihm Zeit. Sie schenkte sich Kaffee nach, gab Zucker und Sahne dazu und rührte um.

Nach einer ganzen Weile drehte sich Karl um. Er ging zu seinem Stuhl zurück und setzte sich.

»Ich vermisse Thilda«, sagte er.

Er seufzte.

»Du hast gesagt, Thilda hätte sich verändert?«

»So ist es, Karl. Ich hatte Thilda aufs Schloss eingeladen. Wir haben uns gut unterhalten. Sie ist kein übles Weib mehr, wie du vielleicht trotz allem annimmst. Wenn du mir nicht glaubst, dann frage Isabella. Die beiden verstehen sich gut.«

»Und wie ist Thilda jetzt?«, fragte Karl.

»Sanftmütig, bescheiden, hilfsbereit, vielleicht sogar etwas scheu. Ihr tut alles, was sie getan hat, unendlich leid. Sie ist dabei, mit dem Therapeuten Doktor Jäger alles aufzuarbeiten. Sie schämt sich sehr. Als sie bei mir war, hat sie viele Tränen vergossen.«

»Dass Thilda weint, kann ich mir nicht vorstellen. Jedenfalls war sie in den letzten Jahren sehr hart geworden, besonders seit Bernd gegangen war.«

»Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte Zensi. »Im Grunde seid ihr beiden euch ein bisserl ähnlich.«

»Wie meinst du das?«, fragte Karl.