Ein Herzensdieb - Friederike von Buchner - E-Book

Ein Herzensdieb E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Die beliebte Schriftstellerin Friederike von Buchner hat mit dieser Idee ein Meisterwerk geschaffen: Die Sehnsucht des modernen Großstadtbewohners nach der anderen, der ursprünglichen Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und bodenständiger Natur bildet Kern und Botschaft dieser unvergleichlichen Romanserie. Liebe und Gefühle, nach Heimat und bodenständiger Natur bildet Kern und Botschaft dieser unvergleichlichen Romanserie. Toni parkte seinen Geländewagen auf dem Hof seiner Eltern. Er war in Kirchwalden zum Einkaufen gewesen. Jetzt war es früher Nachmittag. Mit Schwung nahm er zwei Treppenstufen auf einmal und eilte durch die offene Eingangstür, die in die Wirtstube führte. »Grüß Gott!« rief er seinen Eltern zu. »Grüß Gott, Bub! Bist spät! Wir dachten, daß du zum Mittagessen da bist. Hast Hunger?« »Naa, Mutter! Ich habe mich mit dem Leo getroffen. Wir hatten eine kleine Brotzeit. Ich soll euch herzlich von ihm grüßen.« »Wie geht's ihm denn? Wir haben ihn lange nimmer zu Gesicht bekommen.« »Mei, seit er Leiter der Bergwacht in Kirchwalden ist, da hat er viel zu tun. Aber er kommt regelmäßig rauf auf die Berghütte geflogen. Mei, sind wir froh, den Leo als Freund zu haben und die ganze Mannschaft der Bergwacht dazu! Jeder, der mit dem Hubschrauber einen Übungsflug macht, bringt Bierfässer mit rauf und nimmt die leeren mit.

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Toni der Hüttenwirt Classic – 49 –

Ein Herzensdieb

… gehört an die Kette gelegt!

Friederike von Buchner

Toni parkte seinen Geländewagen auf dem Hof seiner Eltern. Er war in Kirchwalden zum Einkaufen gewesen. Jetzt war es früher Nachmittag. Mit Schwung nahm er zwei Treppenstufen auf einmal und eilte durch die offene Eingangstür, die in die Wirtstube führte.

»Grüß Gott!« rief er seinen Eltern zu.

»Grüß Gott, Bub! Bist spät! Wir dachten, daß du zum Mittagessen da bist. Hast Hunger?«

»Naa, Mutter! Ich habe mich mit dem Leo getroffen. Wir hatten eine kleine Brotzeit. Ich soll euch herzlich von ihm grüßen.«

»Wie geht’s ihm denn? Wir haben ihn lange nimmer zu Gesicht bekommen.«

»Mei, seit er Leiter der Bergwacht in Kirchwalden ist, da hat er viel zu tun. Aber er kommt regelmäßig rauf auf die Berghütte geflogen. Mei, sind wir froh, den Leo als Freund zu haben und die ganze Mannschaft der Bergwacht dazu! Jeder, der mit dem Hubschrauber einen Übungsflug macht, bringt Bierfässer mit rauf und nimmt die leeren mit. Des ist eine großartige Hilfe.«

Toni trat zu Franziska und Bastian an den Tisch. Sie saßen über ihren Hausaufgaben. Toni warf einen Blick darauf.

»Wir sind bald fertig, Toni!« bemerkte Franzi und malte eifrig weiter.

»Soll des der Bello sein?«

»Ja, Toni! Ich mußte einen Aufsatz schreiben und ein Bild malen. Es sollte etwas mit Tieren sein. Aber Kühe, Schweine und Ziegen oder Hühner, haben wir auf der Berghütte nicht. Da habe ich etwas über den Bello geschrieben und über meinen kleinen Kater.«

Franziska schob Toni das Heft hin. Er las.

»Des hast schön geschrieben, Franzi! Des gibt bestimmt eine gute Note!«

Franzi errötete.

»Die Meta Großmutter hat mir ein bisserl geholfen, aber net viel!«

»Mutter, du sollst der Franzi net so viel helfen«, tadelte Toni seine Mutter.

»Laß es gut sein, Toni. Den Aufsatz hat die Franzi ganz alleine geschrieben. Ich habe ihr vorher nur ein bisserl Anregung gegeben.«

»Des stimmt, Toni! Die Meta Großmutter hat mir erzählt, wie die Anna den Bello trainiert hat, daß er die Packtaschen trägt und des Wägelchen zieht.«

»Na, dann ist es gut! Jetzt male schön weiter. Ich werde etwas essen. Dann machen wir uns auf den Heimweg.«

Toni ging mit seiner Mutter in die Küche hinter dem Schankraum. Er setzte sich an den Küchentisch. Meta Baumberger bestand darauf, daß Toni noch etwas aß. Bis das Essen aufgewärmt war, trank Toni einen Kaffee.

»Toni, die Doktorin ist da!« rief sein Vater herein.

Meta Baumberger steckte kurz den Kopf zur Küchentür heraus.

»Komm rein, Beate!«

Die junge Tierärztin kam in die Küche.

»Grüß dich, Beate! Schön dich zu sehen! Das erinnert mich, daß ich mit dem Bello mal wieder zur Untersuchung sollte.«

Die junge Tierärztin, die Toni einst nach Waldkogel geholt hatte, schmunzelte.

»Deswegen bin ich nicht da, auch wenn mein Besuch schon etwas mit dem Bello zu tun hat. Ich habe draußen dein Auto stehen gesehen. Da dachte ich, ich schaue mal rein. Da spare ich mir den Weg hinauf zur Berghütte.«

»Das erinnert mich daran, daß du ein paar Tage ausspannen wolltest bei uns. Des tust auch immer wieder aufschieben.«

Doktor Beate Brand lachte.

»Da kann ich nichts dafür, Toni. Mein Rucksack war schon öfter gepackt. Aber da scheint der Wurm drin zu sein. Immer wenn ich mir einmal etwas Ruhe gönnen will, dann kommt ein Notfall.«

Meta bot Beate einen Stuhl an. Sie schenkte ihr einen Kaffee ein und lud die junge Tierärztin zum Essen ein. Beate nahm dankbar an. Sie war seit nachts auf den Beinen und hatte den ganzen Tag noch keinen Bissen gegessen.

»Was ist mit dem Bello?« fragte Toni.

»Ich habe drüben in Marktwasen eine nette Familie. Sie sind kürzlich aus Kirchwalden hergezogen. Sie sind sehr tierlieb. Die vier Kinder haben Kaninchen, Hamster, Vögel, Fische und Schildkröten.«

»Des ist ja schon ein kleiner Zoo!« Toni lachte.

»Wenn du die vier Ponys dazu nimmst und die vielen Katzen, dann macht das wirklich schon den Eindruck eines kleinen Zoos. Jedenfalls, den Tieren geht es sehr gut. Allen bis auf den Hund, der auch dazu gehört. Genauer gesagt, ist es eine junge Neufundländerhündin. Das ist jetzt schon das zweite Mal, daß ich bei ihr eine Scheinschwangerschaft feststellen mußte. Ich will sie nicht immer spritzen! Das ist für die Hündin nicht gut. So dachte ich mir, wenn sie mal wieder den Ansatz der Läufigkeit zeigt, dann könnte man sie mit Bello zusammenbringen. Darüber will ich mit dir reden. Weißt, irgendwann wird sie operiert werden. Aber vorher wäre es gut, wenn sie einmal Welpen hätte. Was meinst dazu, Toni?«

Die kleine Franziska hatte das Gespräch belauscht. Sie stürzte in die Küche.

»Toni, des ist gut! Dann bekommen wir Welpen. Ich will eine Hündin«, strahlte Franziska.

Die Erwachsenen mußten lachen. Toni legte den Arm um Franzi.

»Aber, Franzi, wir haben doch schon den Bello! Meinst net, daß des genug ist?«

»Naa, Toni! Des ist net genug! Eine kleine Hündin, des tät mir gefallen!«

Toni streichelte Franziskas Haar.

»Noch ist es ja net soweit. Ich werde das alles mit Anna bereden. Jetzt male dein Bild fertig. Kannst ja noch einen kleinen Welpen drauf malen.«

Davon war Franzi begeistert. Sie ging zum Tisch zurück, nahm sich ihr Aufsatzheft noch einmal hervor und schrieb noch etwas dazu.

»Beate, also wenn ich der Familie und dir damit helfen kann, machbar ist das schon. Allerdings ist der Bello noch nie woanders gewesen. Er war immer nur bei uns auf der Berghütte oder hier bei meinen Eltern. Wie hast du dir das gedacht?«

Darüber hatte sich Beate auch schon Gedanken gemacht. Die nächste Läufigzeit würde im Herbst anstehen, sagte sie. Sie schlug vor, daß die Familie mit der Hündin einige Tage auf die Berghütte käme. Toni gefiel das.

»Dann können die Kinder auch zusammen spielen. Im Herbst ist es erfahrungsgemäß immer etwas ruhiger auf der Berghütte«, sagte Toni.

Beate versprach, bald selbst einmal auf die Berghütte zu kommen, dann könne man weitere Einzelheiten bereden. Es gebe zwei Möglichkeiten: Toni und Anna bekommen Geld dafür, daß Bello die Hündin deckte. Die andere Variante war, daß ein Welpe aus dem Wurf dem Eigentümer des Deckrüden überlassen wird. Toni kannte diese Regelung. Er wollte kein Geld damit verdienen. Ein Welpe zu nehmen war auch schwierig. Toni wollte dies zuerst mit Anna bereden. Beate zeigte dafür Verständnis.

Sie aßen. Dann mußte Beate aufbrechen. Die Nachmittagssprechstunde in der Tierarztpraxis begann bald. Toni und die Bichler Kinder brachen auch auf.

Nachdem Toni und die Kinder fort waren, unterhielten sich Meta und Xaver Baumberger über die kleine Franziska. Bei dem Unglück am Berghang, bei dem ihre Eltern verunglückt waren, war auch der Hund der Bichler verschüttet worden. Franzi und ihr Bruder hatten ihn als Welpe bekommen. Sicherlich mochten die beiden Bello, aber besonders Franzi, die sehr tierlieb war, sprach oft von ihrem Hund.

»Die Franzi hat jetzt doch den kleinen Kater, den Max. Der ist sogar von der Katze vom Bichler Hof«, sagte Xaver.

»Sicher, Xaver! Aber das ist nicht dasselbe. Toni und Anna sollten sich wirklich überlegen, ob sie nicht doch einen Welpen nehmen. Anna kennt sich mit Neufundländer gut aus. Sie könnte den Hund oder die Hündin auch abrichten. Dann hätten sie noch mehr Möglichkeiten. Aber das müssen der Toni und die Anna alleine entscheiden.«

Xaver stimmte seiner Frau zu. Sie waren gespannt, wie sie sich entscheiden würden.

*

Diana Hirschl, die junge Kriminalbeamtin, räumte ihren Schreibtisch auf.

Sie seufzte glücklich.

»Endlich Urlaub!«

Da läutete schon wieder das Telefon.

»Nimmst du nicht ab?« fragte ihre Kollegin.

»Komm, laß uns schnell verschwinden! Ich habe mein Telefon auf den Chef umgestellt.«

Die beiden jungen Frauen griffen nach ihren Taschen und eilten davon.

»Wie Täter auf der Flucht«, lachte Diana, als sie beide im Auto saßen.

Sie waren Freundinnen. Sie waren zusammen zur Schule gegangen und hatten sich später beide für eine Laufbahn bei der Polizei entschieden. Sie wohnten in der gleichen Straße in Kirchwalden, nur einige Häuser auseinander.

»Soll ich dich daheim absetzen?« fragte Diana.

»Nein, ich bin mit meinem Liebsten verabredet. Wir wollen zusammen kochen und uns dann einen wunderschönen kuscheligen Abend machen bei Kerzenschein.«

»Das klingt gut! Du weißt wenigstens etwas mit deinen Abenden anzufangen! Beneidenswert! Hast eben mehr Glück als ich!«

Diana seufzte.

»Die Liebe hat mich wohl vergessen. Wenn das so weitergeht, dann bleibt mir nur eine steile Karriere.«

»Daran bist du auch etwas selbst schuld, Diana! Du hast manchmal eine Art, die jungen Männer abzuschrecken! Hör endlich auf, sie gleich einem Verhör zu unterziehen! Es ist kein Verbrechen, wenn ein Bursche dich schön, nett oder einfach attraktiv findet. Das ist kein Straftatbestand.«

Sie standen an einer roten Ampel. Diana schaute ihre beste Freundin mit großen Augen an.

»Bin ich so schlimm?«

»Noch schlimmer! In der Clique wird schon darüber gewitzelt, ob du bald dazu übergehst, von jedem jungen Burschen gleich die Fingerabdrücke zu nehmen. Wir fragen uns alle, was bei dir zuerst kommt, Herz oder Verstand? Nicht alle sind Heiratsschwindler oder was du dir sonst noch so vorstellst.«

Die Ampel sprang auf Grün.

»Das fällt mir gar nicht auf!« verteidigte sich Diana.

Ihre Freundin redete mit Diana ein ganz offenes Wort. Sie ermahnte die Freundin, die Welt nicht immer nur durch die berufliche Brille zu sehen.

»Unser Beruf ist nun einmal nicht so wie…«

»Stop!« unterbrach die Freundin sofort. »Niemand verlangt von dir, daß du alle deine Gefühle unterordnest. Im Beruf ist das angebracht. Aber doch nicht im Privatleben! Hast du keine Sehnsucht, einmal nur du selbst zu sein, nicht nur die Kripobeamtin? Willst du nicht einmal nur Frau sein? Das wird mit dir immer schlimmer, Diana!«

Diana hielt auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt. Sie gab ihrer Freundin zu verstehen, daß sie einfach vielleicht nur urlaubsreif sei. Deshalb habe sie in diesem Jahr ihren Urlaub auch an einem Stück genommen. Aus diesem Grund habe sie seit Wochen jedem auf dem Amt erzählt, sie mache einen Abenteuertrip in die Wildnis. Es sei ein Camp, an dem sie auch über Handy nicht erreichbar sei.

»Was machst du wirklich im Urlaub, Diana? Ich habe dieses Spiel durchschaut.«

»Du bist auch eine gute Kriminalistin. Dir kann man nichts vormachen, wie?«

»Andere vielleicht! Da ist niemand davor gefeit. Du nicht, Diana. Dazu kenne ich dich zu lange und zu gut. Also, wo geht es hin?«

Diana zögerte. Erst als ihr die Freundin versprach, niemanden davon zu erzählen, verriet sie ihr Urlaubsziel.

»Ich fahre in die Heimat!«

Die Freundin verstand Diana nicht. So erklärte diese:

»Du weißt doch, daß ich ursprünglich aus den Bergen komme. Meine Eltern lebten in Waldkogel. Als ich zehn Jahre alt war, starben die Großeltern. Vater wollte nie Bauer sein. Deshalb erlernte er einen anderen Beruf. Meine Großeltern bestärkten ihn darin. Landwirtschaft, besonders als Vollerwerbslandwirt, das ist ein hartes Brot. Vater erbte den Hof. Er verkaufte ihn. Wir zogen hierher. Alles paßte damals gut zusammen. Der Verkauf des Hofs und die gute Stelle, die mein Vater hier bekam. Die Eltern bauten. Doch das weißt du alles. Wir kennen uns seit dieser Zeit. Jetzt will ich meinen Urlaub in der alten Heimat verbringen. Ich fahre in die Berge, nach Waldkogel. Ich habe eine Kammer auf der Berghütte bestellt. Ich freue mich drauf. Vielleicht treffe ich Jugendfreunde und Jugendfreundinnen von damals. Ich bin gespannt, wer sich noch an mich erinnert.«

Diana bekam einen leuchtenden Glanz in ihre Augen, wie Kinder ihn haben, die vor der Bescherung an Weihnachten vor der verschlossenen Wohnzimmertür warteten. Diana gestand, daß sie über all die Jahre etwas Heimweh hatte.

»Die Berge, die sind schon ganz besonders. Ich vermisse die Ruhe. Dort fühlte ich mich geborgen. Ich sehne mich nach dem Geruch, dem Duft der frisch gemähten Wiesen. Ich will auf dem Hochsitz sitzen und die Rehe mit ihren Kitzen beobachten. Dabei atme ich den Geruch von Tannen ein. Ich will klares, kaltes Wasser trinken aus dem Gebirgsbach. Ich freue mich darauf, im Mondschein im Bergsee zu schwimmen.«

Diana seufzte.

»Dort – damals – war die Welt noch in Ordnung. Alles erschien mir so friedlich und ordentlich, auf wunderbare Art und Weise geregelt. Auf der Straße warfen sich die Leute ein herzliches ›Grüß Gott‹ zu. Die Nachbarn kannten sich. Sonntags sah man sich in der Messe. Die Männer gingen danach zum Stammtisch. Die Frauen kochten daheim das Sonntagsessen. Mittags traf man sich bei Kaffee und Kuchen.«

Die Freundin staunte:

»Das sind ja ganz romantische Seiten an dir! Diana, so kenne ich dich gar nicht!«

Diana lachte.

»Ach, ich habe auch erst kürzlich entdeckt, was mir fehlt in dieser hektischen, stressigen und unruhigen Zeit. Ich will dahin, an den Ort meiner Kindheit, um meine Seele neu aufzutanken. Da ist alles leer. Ich habe keine Reserven mehr. Ich funktioniere nur noch. Deshalb bin ich vielleicht so sonderbar, auch wenn mich privat jemand anspricht.«

»Mmm! Gut möglich! Wann fährst du?«

»Wahrscheinlich noch heute nacht! Meinen Rucksack habe ich schon gepackt. Ich werde ein Nickerchen machen, damit ich am Steuer nicht einschlafe. Ich will nix wie weg! Ich will alleine sein! Ich will nichts hören von Straftaten und Straftätern aller Art.«

»Verstehe! Ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß du dich gut erholst und alles findest, was du dir wünschst. Dein Waldkogel muß ja wirklich paradiesisch sein, Diana.«

»Das ist es! Jedenfalls habe ich mein Waldkogel so in Erinnerung. Gut, inzwischen sind über zwanzig Jahre vergangen. Aber ich hoffe doch, davon vieles wiederzufinden. Außerdem, wie heißt es so schön? Die Berge sind ewig!«

Die Freundinnen verabschiedeten sich herzlich.

»Mache dir keine Sorgen! Niemand wird dich aus dem Urlaub rufen. Du hast schon so oft Vertretung gemacht, jetzt sind einmal andere dran. Da kannst du dich ganz auf mich verlassen. Vergiß, während der Zeit, daß es eine Kripo gibt. Sei nur einfach Diana Hirschl.«

»Das werde ich versuchen!«

Diana stieg ins Auto und fuhr davon. Die Freundin eilte in den Supermarkt und kaufte ein. Dabei konnte sie die Gedanken an Diana nicht ganz abschalten. Sie wünschte sich so sehr, daß Diana glücklich werden würde und ihr die Liebe begegnete. Vielleicht stehen die Chance in den Bergen besser, überlegte die Freundin. Wenn heimatliche Gefühle Dia-nas Herz erwärmten, dann gab es vielleicht eine Chance, daß auch die Liebe endlich in Dianas Herz Einzug hielt.

*

Diana war kurz nach Mitternacht losgefahren. Sie war gut durchgekommen.

Die Sonne warf ihre ersten Strahlen über die Berge im Osten, als sie langsam durch Waldkogel fuhr. Am Marktplatz hielt sie an. Voller Hingabe streiften ihre Blicke über Rathaus, Kirche, den Marktplatz, als wollte sie vertraute Örtlichkeiten aus der Kindheit liebkosen. Diana fühlte, wie ein warmes Gefühl in ihrem Herzen einzog.

Ja, hier war ich einmal sehr glücklich. Den ganzen Urlaub über will ich glücklich sein, dachte sie.

Hier will ich nur Diana Hirschl sein, ein Madl, das einst Waldkogel verlassen mußte. Hier habe ich meine Wurzeln.

Diana bog in den Milchpfad ein. Über den Wiesen lag ein zarter Dunstschleier. Die junge Frau erinnerte sich, wie sie als Kind in den frühen Morgenstunden barfuß durch die Wiesen gelaufen war.

Sie hielt an und stieg aus. Diana ging in die Hocke. Sie fuhr mit ihren Händen über das feuchte Gras. Dann rieb sie sich den Tau auf die Wangen. In Gedanken hörte sie ihre Großmutter sagen, daß man davon eine schöne zarte Haut bekomme.

Diana stieg wieder ins Auto und fuhr langsam den Hang hinauf, vorbei an den zahlreichen Almen. Schon von weitem sah sie, daß auf der Wiese hinter der Oberländer Alm mehrere Autos parkten. Sie versuchte ihren Wagen so abzustellen, daß er die nächsten vier Wochen niemanden beim Ein- oder Ausparken behindern würde.

Sie überlegte, ob das genügte. Nachdenklich schulterte sie ihren Rucksack. Dann ging sie um die Almhütte herum. Im Morgenlicht saßen eine Frau und ein Mann auf der Bank am Tisch vor der Hütte.

»Grüß Gott!« sagte Diana.

Wie steif das klingt? Wie ungewohnt mir das über die Lippen kommt, dachte sie.

»Grüß Gott, Madl!« rief ihr der alte Mann entgegen. »So früh unterwegs, Madl?«

»Grüß Gott!« wiederholte Diana. »Ich habe mein Auto hinter der Hütte geparkt. Toni Baumberger sagte mir, da könnte ich es stehen lassen, so lange ich auf der Berghütte sei. Ich hoffe, es stört niemanden. Ich will nämlich vier Wochen oben bleiben. Also, ich habe das kleine dunkelblaue Auto. Wenn es stört, dann bitte ich Sie, mir Nachricht zu geben.«

»Des geht schon in Ordnung, Madl! Da mußt du dir keinen Kummer machen! Aber wenn es dich beruhigt, dann schreib mir deinen Namen auf und deine Handynummer. Mei, ein Handy haben wir net. Aber fast jeder Wanderer oder Bergsteiger, der heutzutage vorbeikommt, hat so ein Ding.«

»Danke, das ist eine gute Idee!«

Diana holte aus ihrer Umhängetasche einen Zettel und notierte ihren Namen.