Tante Addis schreitet ein! - Friederike von Buchner - E-Book

Tante Addis schreitet ein! E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. Auf sehr spezielle, romantische Weise findet Toni, der Hüttenwirt seine große Liebe in einer bezaubernden Frau, die aus einer völlig anderen Umgebung stammt als der markante Mann der Berge. Sie lernt durch ihn Schönheit und Idylle seiner Heimat kennen und lieben. Gemeinsam eröffnen die beiden allen Besuchern die Werte und Besonderheiten ihres Lebens auf der Alm. Romantik, Beschaulichkeit, dramatische Spannung und feinsinnige Gespräche: Das ist die Welt von Toni, dem Hüttenwirt, der sich niemand entziehen kann. Es war noch genügend Zeit bis zum Mittagessen. Wendy holte auf der ›Kuhalm‹ die Buchhaltungs-Akten und zog sich auf der ›Ziegenalm‹ ins Büro zurück. Adele Krämer nahm Adam und Käthe Hirscher zur Seite und erzählte ihnen von Henks sonderbarem Verhalten, wie es ihr Wendy geschildert hatte. »Alois hat also nicht übertrieben«, schloss Adele mit einem Seufzer. Adam und Käthe Hirscher schüttelten die Köpfe. »Was sagt ihr dazu?«, fragte Adele. Adam nahm den Hut ab und fuhr sich mit der Hand durch sein schütteres Haar. »Addi, etwas an der Sache kommt mir merkwürdig vor oder ich habe alle Menschenkenntnis verloren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Henk das mit Vorsatz gemacht hat.« »Aber etwas muss dran sein. Wendy würde sich so etwas nicht aus dem Fingern saugen«, bemerkte Käthe. Adele gab zu, dass sie auch nicht wusste, wie sie die Sache beurteilen solle. »Nun ja, wir müssen alle abwarten«, sagte sie. »Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, Wendy mit einem schönen Mittagessen zu verwöhnen. Ich fahre schnell runter und kaufe ein.

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Toni der Hüttenwirt Extra – 19 –

Tante Addis schreitet ein!

Gelingt es ihr, Henk auf den richtigen Weg zu bringen?

Friederike von Buchner

Es war noch genügend Zeit bis zum Mittagessen. Wendy holte auf der ›Kuhalm‹ die Buchhaltungs-Akten und zog sich auf der ›Ziegenalm‹ ins Büro zurück.

Adele Krämer nahm Adam und Käthe Hirscher zur Seite und erzählte ihnen von Henks sonderbarem Verhalten, wie es ihr Wendy geschildert hatte.

»Alois hat also nicht übertrieben«, schloss Adele mit einem Seufzer.

Adam und Käthe Hirscher schüttelten die Köpfe.

»Was sagt ihr dazu?«, fragte Adele.

Adam nahm den Hut ab und fuhr sich mit der Hand durch sein schütteres Haar. »Addi, etwas an der Sache kommt mir merkwürdig vor oder ich habe alle Menschenkenntnis verloren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Henk das mit Vorsatz gemacht hat.«

»Aber etwas muss dran sein. Wendy würde sich so etwas nicht aus dem Fingern saugen«, bemerkte Käthe.

Adele gab zu, dass sie auch nicht wusste, wie sie die Sache beurteilen solle. »Nun ja, wir müssen alle abwarten«, sagte sie. »Die Wahrheit kommt immer ans Licht. Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, Wendy mit einem schönen Mittagessen zu verwöhnen. Ich fahre schnell runter und kaufe ein. Ich dachte, ich mache Leberknödel mit Specksoße, dazu Kraut und Kartoffelbrei.«

»Gute Idee«, stimmte ihr Käthe zu.

»Ich bin noch am Überlegen, was ich als Krautbeilage wähle, Sauerkraut oder Blaukraut. Was würdest du nehmen?«

»Addi, ich würde Sauerkraut nehmen«, antwortete Käthe. »Fahre bei Wendys Großmutter vorbei! Meta Baumberger legt jedes Jahr Sauerkraut ein. Sie gibt dir bestimmt eine Portion.«

»Das mache ich«, sagte Adele.

»Aber hüte dich, Meta und Xaver etwas von Wendys Kummer zu erzählen. Das wäre nicht gut«, warnte Käthe. Sie überzeugte Adele, dass es nicht in Wendys Sinn wäre, dass ihre Großeltern etwas von ihrem Kummer erfuhren.

»Du hast recht, Käthe. Außerdem möchte ich zuerst mit Henk sprechen«, sagte Adele nachdenklich. Ja, das Verhalten ihres Großneffen gab ihr Rätsel auf. Sie rief nach Bella. Damit die Hündin etwas Abwechslung bekäme, wollte sie sie mit ins Tal nehmen.

Bella freute sich. Nachdem Adele eine Decke auf den Beifahrersitz ihres schönen Oldtimers gelegt hatte, sprang Bella hinein.

Unterwegs auf dem Milchpfad kam ihr der Geländewagen der Tierärzte entgegen. Dr. Carl Brand saß am Steuer.

Er hielt an und stieg aus.

Adele bremste neben ihm. »Grüß Gott, Carl!«, rief sie durch das offene Wagenfenster.

»Grüß Gott, Addi, schön dich zu sehen! Geht’s dir gut?«

»Ich war in München, bin aber froh, wieder hier zu sein.«

»Wie war es in München«, fragte Carl.

»Schön war es. Aber es hat sich herausgestellt, dass es besser gewesen wäre, wenn ich hiergeblieben wäre. Aber hinterher ist man immer schlauer.«

»Ich verstehe nicht, was du damit sagen willst«, sagte Carl, »aber du wirst es schon wissen.«

»Genauso ist, Carl. Ach, da fällt mir ein, hast du in den letzten Tagen zufällig mit Henk gesprochen?«, fragte Adele nebenbei, als hätte sie keinen Hintergedanken.

Doktor Carl Brand schmunzelte. »Ja, das habe ich.«

»So, dann weißt du vielleicht, wo er ist. Er ist nämlich irgendwohin und hat alle Papiere und sein Handy auf der ›Ziegenalm‹ vergessen.«

»Ja, ich weiß, Addi. Ich bin auf den Weg, sie zu holen.«

»Du? Warum kann Henk das nicht selbst?«, zischte Adele Krämer. Sie stieg aus ihrem schönen roten Oldtimer.

Carl grinste. »Henk schläft in unserer Einliegerwohnung seinen Rausch aus. Er hat uns gestern Abend besucht. Wir tranken zwei Bier und gingen dann schlafen. Henk fand wohl keine Ruhe und hat sich noch eine Flasche Obstler aus der Hausbar geholt. Die Flasche ist leer und Henk ist voll. Er wird einen ganz schönen Kater haben, wenn er aufwacht. Ich dachte, ich hole seine Sachen.«

Adele schüttelte den Kopf. »Nix da, Carl! Die bekommst du nicht. Du kannst umdrehen und wieder ins Dorf fahren. Wenn Henk seine Sachen haben will, soll er selbst kommen. Und ich hoffe, er hat einen schlimmen Brummschädel, wenn er aufwacht! Wenn du mich fragst, kann es ihm gar nicht schlecht genug gehen«, betonte sie.

»Addi, was sind das für Töne?«, staunte Carl.

»Ich bin sehr ärgerlich auf ihn. Wenn er wieder aufnahmefähig ist, kannst du ihm das ausrichten.«

»Warum das? Ich dachte, du magst Henk.«

»Carl, das eine schließt das andere nicht aus. Auch wenn man einen Menschen richtig gern hat, kann man sich doch über ihn ärgern.«

Carl rieb sich das Kinn. Er tat, als wüsste er von nichts. »Was hat er angestellt, dass du so sauer auf ihn bist?«

»Das ist eine Familienangelegenheit. Richte ihm einfach aus, was ich dir gesagt habe. So und jetzt muss ich fahren. Ich will einkaufen und für Wendy etwas besonders Gutes kochen. Wie sagt man? ›Gutes Essen hält Leib und Seele zusammen‹.«

»Was gibt es?«

»Ich mache Kartoffelbrei, Sauerkraut und Leberknödel mit Speck.«

Carl wusste nicht, wie er das Gespräch mit Addi weiterführen sollte. »Bist du sicher, dass du mir Henks Sachen nicht geben willst?«

»Und wie ich mir da sicher bin! Das ist mein letztes Wort, Carl. Jetzt wende und fahre zurück«, sagte Addi streng.

Carl blieb auch nichts anderes übrig, da Henks Großtante ihm den Weg versperrte. Er ließ seinen Geländewagen rückwärts hinunterrollen, bis er an einer breiteren Stelle des Milchpfads wenden konnte.

Adele fuhr im Abstand hinter her und grinste dabei. Sie hatte nämlich einen Einfall. Sie streckte die Hand aus und streichelte Bella. »Du wirst dafür sorgen, dass Henk auf die ›Ziegenalm‹ kommt.«

Nachdem Carl im Hof vor der Tierarztpraxis geparkt hatte, hielt Addi auf der Straße an.

Sie stieg aus und ließ Bella aus dem Auto. »Nimm bitte Bella mit rein, Carl! Sie wird Henk schon Beine machen. Er kann sich nicht drücken, sie auf die Alm zurückzubringen«, sagte Adele schmunzelnd.

Carl grinste nur.

Addi vermutete, er wusste, um was es ging. Sie stieg ins Auto und fuhr davon, nachdem Bella durch die offene Haustür hineingerannt war.

*

Nach dem Mittagessen ging Wendy Hansen auf die ›Kuhalm‹. Sie war mit ihrer Stiefschwester verabredet, wie sie Tanja bezeichnete. Die Verwandtschaftsbeziehung war etwas verwickelt: Tanja war Erikas Tochter. Ole Hansen, der Wendy erzogen hatte, war Erikas zweiter Ehemann.

Tanja ließ lange auf sich warten, bis sie endlich auftauchte.

»Grüß Gott, Tanja!«

»Grüß Gott!«, antwortete Tanja. »Es tut mir leid, dass es wieder später geworden ist. Ich stand im Stau.«

Wendy hatte den Kaffeetisch gedeckt.

»Kaffee, wunderbar!«, sagte Tanja. »Die Landstraße von München nach Kirchwalden ist einfach nicht breit genug, um auszuweichen, wenn ein Auto liegen bleibt.«

»Rege dich nicht auf!«, lächelte Wendy. »Es gibt Schlimmeres.«

»Das stimmt auch wieder«, lachte Tanja. Sie lächelte Wendy an. »Ich habe dir etwas mitgebracht. Es tut mir leid, aber es wurde nicht früher fertig.« Tanja holte aus der großen Bildermappe ein Schild, das sie für Wendy gemalt hatte. Es war das neue Schild für die Alm, die jetzt ›Kuhalm‹ genannt wurde, im Gegensatz zu Wendys ›Ziegenalm‹. Tanja hatte in schöner Schreibschrift ›Kuhalm‹ drauf geschrieben und eine braune und eine schwarz-weiße Kuh gemalt. Sie standen auf einer blühenden Wiese.

»Mei, ist das schön!«, rief Wendy aus. »Die Kühe sehen fröhlich aus. Vielen lieben Dank!«

»Ich finde, deine Kühe sehen sehr zufrieden und fröhlich aus«, sagte Tanja. »Du hast die schönsten und die am besten gepflegten Kühe in ganz Waldkogel und weit darüber hinaus. Das ist auch kein Wunder, da du sie gut behandelst und immer bürstest.«

»Wenn man Tiere hält, dann soll man sie gut behandeln«, antwortete Wendy. »Das ist eine Verpflichtung. So sehe ich es jedenfalls.«

»Das stimmt. Leider ist das nicht immer der Fall. Hast du schon mal dran gedacht, mit einer deiner Kühe auf eine Ausstellung zu gehen? Ich wette, sie würde einen Preis bekommen.«

Wendy lacht laut. »Tanja, du hast vielleicht Ideen! Das kommt nicht in Frage. Das würde nur Stress für das arme Tier bedeuten. Außerdem genügt es mir, wenn ich mich an ihrem Anblick erfreuen kann.« Wendy nahm das Schild und stellte es auf die Couch, sodass sie es vom Tisch aus sehen konnte. »Du hast mir damit eine große Freude gemacht, Tanja.«

»Gern geschehen. Wann hängst du es auf?«

»Ach, ich bitte Toni darum. Nicht, dass ich es nicht selbst machen könnte, aber er freut sich, wenn er etwas für mich tun kann.« Wendy bot Tanja Plätzchen an. »Wie geht es in München?«, erkundigte sie sich.

»Oh, gut geht es. Erika und Ole unternehmen viel. Sie sind seit letzter Woche Mitglieder in einem Volkstanzverein.«

»Wirklich? Ole hat es mir noch nicht erzählt. Er hat in letzter Zeit auch wenig angerufen.«

»Das hat er bestimmt nicht mit Absicht gemacht, Wendy. Es geht ihnen gut. Ich wohne bei Erika und Ole und sehe sie dennoch abends kaum. Sie sind viel unterwegs. Ich finde das gut. Was sollen sie daheim herumsitzen, besonders im Sommer?«

»Das stimmt. Weißt du, wann sie mal wieder nach Waldkogel kommen?«, fragte Wendy.

Tanja überlegte. »Das weiß ich nicht. Sie haben es jedenfalls nicht erwähnt. Hast du Sehnsucht nach deinem norwegischen Pappa?«

»Manchmal ein bisserl, muss ich gestehen«, gab Wendy verlegen zu.

»Das ist doch verständlich. Deswegen musst du nicht verlegen sein«, sagte Tanja. Sie nahm sich noch eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne. »Und wie läuft es drüben auf der ›Ziegenalm‹?«, fragte Tanja. Sie nippte an ihrem Kaffee. »Wir gehen doch später noch rüber oder?«, fügte Tanja hinzu. »Ich habe mich ein bisserl gewundert, als du heute Morgen angerufen hast. Warum sollte ich hierher auf die Kuhalm kommen und dich nicht drüben auf der ›Ziegenalm‹ treffen, wie wir es zuerst verabredet hatten?«

Wendy atmete tief durch. »Weil ich mit dir allein sein wollte. Tante Addi ist da, Adam und Käthe sind da. Dann kommen auch noch Besucher.«

»Und Henk ist doch wohl auch da«, ergänzte Tanja.

»Ja, er ist auch da.« Wendy atmete wieder tief durch. »Es war eine Menge Arbeit in den letzten Wochen. Ich genieße es, ein bisserl Ruhe zu haben. Es ist eine Umstellung für mich. Ich war in der Vergangenheit die meiste Zeit hier allein auf der ›Kuhalm‹. Dass immer jemand um mich herum ist, ist ungewohnt. Ich bin nicht ungesellig, aber ich habe mir vorgenommen, jetzt wieder öfters hier eine Pause zu machen, mich einfach auf die Bank, in die Sonne, zu setzen und die Ruhe der Berge zu genießen.«

»He, das kann ich verstehen. Aber Bella ist drüben.«

»Bella ist bei Henk. Er besucht Beate und Carl«, antwortete Wendy.

»Jeder hat eben seine Art, sich zu entspannen. Sicherlich vermisst Henk die Arbeit als Tierarzt.«

Wendy zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Gesagt hat er nichts. Außerdem kann er jederzeit Urlaubsvertretungen übernehmen, wenn er will. Ich denke, er ist mit den Kaschmirziegen genauso glücklich wie ich. Übrigens, dein Katalog mit den schönen Zeichnungen von Pullovern, Mützen, Schals, Fausthandschuhen, Stulpen und Decken ruft Begeisterung hervor. Die Resonanz auf deine Marketingidee ist sehr groß, dass Besucher auf der ›Ziegenalm‹ ihre Anschrift hinterlegen können, damit sie informiert werden, wenn die Produkte zu erhalten sind. Ich denke, viele werden auch kaufen, wenn es endlich soweit ist. Aber da ich nach alter Methode die Wolle durch Auskämmen und nicht durch Scheren gewinne, wird es noch dauern.«

»Darüber waren wir uns doch einig, Tanja. Ich habe auch viel Reklame für die Kaschmirwollteile gemacht und bin auf offene Türen gestoßen. Die Verbraucher denken immer mehr um. Sie wollen Produkte, die schonend gewonnen werden. Die Sichtweise der Menschen gegenüber den Tieren ändert sich. Das finde ich sehr schön. So denke ich, dass du mit deiner Sache genau im Trend liegst.«

»Davon bin ich überzeugt, Tanja. Sonst würde ich es nicht so machen.« Wendy lächelte. »Seit mir Henk von den Kaschmirziegen erzählt hat, ist dieser Traum in mir gewachsen. Kühe sind toll. Aber ich hatte schon immer ein Herz für Ziegen. Doch diese Wuschelviecher habe ich besonders ins Herz geschlossen.«

»Dass du alles magst, was kuschelig ist, sieht man an Bella. Bella ist als kräftige Neufundländerhündin perfekt dazu geeignet, die Milch und die anderen Sachen auf die Berghütte zu transportieren. Aber sie macht dir auch Arbeit, mit dem dichten Fell.«

»Oh ja und Bella hat so ihre Launen. Manchmal liebt sie es, wenn ich sie kämme und bürste. An anderen Tagen rennt sie davon, sobald sie mich mit Kamm und Bürste sieht«, sagte Wendy und lachte.

»Wie geht es eigentlich Bello, dem ersten Neufundländer von Toni und Anna?«, fragte Tanja.

»Oh, dem geht es gut, dem alten Herrn. Ich habe zwar schon lange nichts mehr von Annas Großeltern gehört. Also gehe ich davon aus, dass Bello sein ruhiges Leben genießt. Aber gut, dass du mich daran erinnerst. Wenn ich das nächste Mal auf der Berghütte bin, frage ich Anna. Sie telefoniert einmal in der Woche mit ihren Großeltern.« Wendy trank einen Schluck Kaffee. »Carl könnte ich auch fragen. Er war einige Jahre der Nachbar von Annas Großeltern.«

Tanjas Handy klingelte. Sie nahm das Gespräch an. »Ich stand im Stau. Ja, ich komme. Ja, ich beeile mich. Das verspreche ich dir, Ronja«, sagte Tanja überdeutlich. »Dann bis später!«, sagte Tanja mit etwas ärgerlichem Unterton in der Stimme. Sie legte auf. »Das war Ronja. Es ist nicht immer leicht mit ihr. Sie wartet und ist schon ungeduldig.«

»Geht es wieder um eine Kleiderfrage?«, grinste Wendy.

»Du hast es erfasst. Ronja hat zurzeit eine Phase, in der sie sich sehr aufbrezelt, wenn sie in die Schule geht. Deshalb hat sie öfters Streit mit ihren Eltern.«

»Das ist doch normal in dem Alter. Man will den Mitschülern gefallen und schießt leicht über das Ziel hinaus«, sagte Wendy.

»So ist es. Ronja scheint es aber wirklich zu übertreiben. Sie ruft mich an und klagt mir ihr Leid. Dann ruft mich meine Tante an und bittet mich um Hilfe. Es gab Tage, das stand das Telefon kaum still.«

»Oh, dann pass nur auf, dass du nicht zwischen die Fronten gerätst.«

»Wendy, das bin ich schon. Aber ich habe einen Trick.«

»So? Den musst du mir verraten.«

»Nun, ich lobe natürlich jedes Kleidungsstück, das Ronja mir zeigt. Wenn ich es für zu gewagt halte, muss sie es vorführen. Ich werde dann sehr nachdenklich und bedauere unendlich, dass ich ihr leider sagen muss, dass das Kleidungsstück ihre Figur nicht ins richtige Licht setzt. Das hat immer gewirkt«, sagte Tanja.

»Und Ronja protestiert nicht?«, staunte Wendy.

Tanja lachte. »Ganz ohne Diskussionen geht es nicht ab. Aber dann schlage ich ihr vor, dass ich die Kleidungsstücke mit nach München nehme und mir Gedanken mache, wie ich sie abändern könnte.«

»Damit ihre Figur besser zur Geltung kommt«, fasste es Wendy zusammen.

»Genau! Oder ich rate ihr, Kleider mit einem Tuch oder Schal oder Bluse zu tragen. Bisher ist mir immer etwas eingefallen.«

»Dann muss Eva sich freuen, wenn du später auf dem Meininger Hof vorbeikommst.«

»Tante Eva und Onkel Simon freuen sich immer, wenn ich komme, nicht nur in meiner Eigenschaft als Modeexpertin.« Tanja sah auf die Uhr. »Ich habe vor, auf dem Meininger Hof zu übernachten. Macht es dir etwas aus, wenn ich morgen auf die ›Ziegenalm‹ komme, wenn ich auf dem Rückweg bin?«

»Du kannst immer vorbeikommen, Tanja«, antwortete Wendy.

»Fein, dann ist vielleicht auch Henk da.«

»Ja, das denke ich auch.«

»Wie läuft es mit dir und Henk?«, fragte Tanja direkt.