Trainingspraxis Laufen - Lothar Pöhlitz - E-Book

Trainingspraxis Laufen E-Book

Lothar Pöhlitz

4,9
27,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zur Elite im Sport zu gehören ist ein Privileg. Aber es ist nichts Exklusives, wenn man es nicht zu nutzen versteht. Von Läufern und ihren Trainern, die zu Weltrekorden und Olympia-Siegen bzw. vergleichbar hohen Leistungen in der Lage waren, wurde im Nachhinein meist bekannt, dass Sie immer auch außergewöhnlich trainiert haben. Neues wagen, Veränderungen bringen den Fortschritt In der Quantität des Qualitätstrainings finden auch Sie den Schlüssel In Trainingspraxis Laufen von Lothar Pöhlitz, Dipl.-Sportlehrer für Leistungssport, Sportwissenschaftler, 18 Jahre Lauf-Bundestrainer im DLV, dreifacher Olympiatrainer für Deutschland und durch vielfache Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und der Leichtathletik Coaching-Academy bekannt, wurde Wissen und sportpraktische Erfahrungen aus inzwischen mehr als 55-jähriger Arbeit im Leistungs- und Hochleistungstraining für Sie aufbereitet. Ambitionierte, leistungsorientierte Trainer, Läufer, Sportlehrer und Sportstudenten werden unter dem Motto "Trainer für Trainer" in allen Mittel- und Langstreckendisziplinen nicht nur mit modernen Trainingsmethoden konfrontiert, sondern erhalten auch konkrete praktische Anleitung für ihr tägliches Training und die Wettkampfgestaltung. Damit wird die gegenwärtige Fachliteratur für die olympischen Laufdisziplinen von 800 m bis zum Marathonlauf am Markt ergänzt und Trainern als auch Athleten aller Altersklassen vor allem Praxishilfen für ihre Arbeit im Wald, im Gelände, in der Halle, im Kraftraum oder auf der Laufbahn gegeben. Die Theorie aus den angrenzenden Wissenschaftsgebieten ist nur soweit Basis, wie sie für das bessere Verständnis der Trainingswissenschaft erforderlich ist.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 451

Bewertungen
4,9 (18 Bewertungen)
17
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Lothar Pöhlitz / Jörg Valentin

Trainingspraxis Laufen

Beiträge zum Leistungstraining

Meyer & Meyer Fachverlag & Buchhandel GmbH

Inhaltsübersicht

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autoren noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

Einleitung

„TRAININGSPRAXIS LAUFEN“

Veränderungen bringen den Fortschritt

In der Quantität des Qualitätstrainings finden auch Sie den Schlüssel

Mit Trainingspraxis Laufen wird die gegenwärtige Fachliteratur für die olympischen Laufdisziplinen von 800 m bis zum Marathonlauf ergänzt und Trainern und Läufern aller Altersklassen werden vor allem Praxishilfen für ihre Arbeit mit leistungsorientierten Läuferinnen und Läufern im Wald, im Gelände, in der Halle, im Kraftraum oder auf der Laufbahn gegeben. Die Theorie aus den angrenzenden Wissenschaftsgebieten ist nur so weit Basis, wie sie für das bessere Verständnis der Trainingswissenschaft erforderlich ist. Tiefgründiges, bekanntes Wissen aus der Physiologie, Bewegungslehre, der Sportmedizin, der Ernährungslehre oder Psychologie wird nicht wiederholt, weil Sie es in der entsprechenden Fachliteratur finden.

Nach dem schnellen Ausverkauf der beiden ersten Bücher zur Trainingsmethodik in den olympischen Laufdisziplinen präsentieren wir Ihnen nun mit Trainingspraxis Laufen ein drittes umfangreiches Werk. Lothar Pöhlitz hat sein bisher bereits vielfältig publiziertes Wissen und seine umfangreichen sportpraktischen Erfahrungen aus inzwischen langjähriger Arbeit im Leistungs- und Hochleistungstraining für ambitionierte, leistungsorientierte Läufer, Trainer, Sportlehrer und Sportstudenten überarbeitet, ergänzt und neu aufbereitet aufgeschrieben.

Unter dem Motto „Trainer für Trainer“ werden trainingspraktische Empfehlungen auf der Basis moderner Trainingsmethoden in allen Mittel- und Langstreckendisziplinen und im Marathonlauf angeboten.

Jörg Valentin

Kapitel 1: Voraussetzungen zur Sicherung sportlicher Spitzenleistungen

Das Hochleistungstraining zielt auf sportliche Spitzenleistungen bei den jährlichen internationalen Höhepunkten wie Europameisterschaften (EM), Weltmeisterschaften (WM) und Olympische Spiele (OS) ab. Durch die besondere Stellung Olympischer Spiele in der Öffentlichkeit und die Tatsache, dass sie nur alle vier Jahre stattfinden, sind olympische Medaillen bzw. der Olympiasieg das „Größte“, was ein Sportler in seiner Karriere erreichen kann. Olympiasieger im Mittel- und Langstreckenlauf gehören wegen der beträchtlichen Konkurrenz in der Welt, aber auch wegen ihrer Wettkampfpräsenz, zu den durch die Bevölkerung und die Medien mit am höchsten geschätzten Sportlern weltweit und das ein Leben lang!

Unter professionellen Bedingungen ist die Vorbereitung solcher Erfolge nur möglich, wenn der Sportler das erforderliche Talent, die entsprechende Motivation und die notwendigen Rahmenbedingungen für das Hochleistungstraining hat. Aus Abb. 1 „Voraussetzungen zur Erreichung sportlicher Höchstleistungen“, sind die aus Sicht der Trainerpraxis notwendigen Bedingungen abzulesen, die im Endeffekt zu sportlichen Spitzenleistungen führen können. Dabei spielen die Faktoren „Talent + Arbeit + Organisation + Belastbarkeit“ die größte Rolle. Das heißt, dass Hochbegabte, die nicht zur notwendigen Trainingsbelastung bereit sind, ständig verletzt sind (Bindegewebsschwächen) und in ihren Voraussetzungen (besonders in der Belastbarkeit) im Kinder- und Jugend-Aufbautraining nicht systematisch aufgebaut wurden, nur selten die Weltspitze erreichen.

Wenn am Tag x alle vier Jahre z.B. bei den Olympischen Spielen – vielleicht um 16.30 Uhr – das Finale stattfindet und der Sportler Sieger sein oder zu den Besten der Welt gehören will, muss er zu diesem Zeitpunkt eine der Weltspitze entsprechende, bis dahin höchste Leistungsfähigkeit (persönliche Bestleistung), seine höchste sportliche Form erreichen und auch zur optimalen „Leistungsabgabe“ (Leistungs-/Kampfbereitschaft) bereit und fähig sein!

Sportler mit solchen Fähigkeiten und Zielen und ihre Trainer denken in „Olympiazyklen“. Das bedeutet, dass in den vier Jahren zwischen zwei Olympischen Spielen alles diesem Ziel untergeordnet und der Leistungsaufbau so vorgenommen wird, dass im Olympiajahr die höchste Belastung realisiert werden kann. Die dazwischen liegenden sportlichen Aufgaben – Europameisterschaften und Weltmeisterschaften – sind im Sinne von „Zwischenzielen“ ebenfalls gewissenhaft vor-, aber auch nachzubereiten, damit alle Erfahrungen letztendlich in die Olympiavorbereitung eingebracht werden können. Trotzdem hat für die Weltbesten das Olympiajahr immer eine besondere Bedeutung.

Streben Sie nach einer Verallgemeinerung von Bestlösungen

Das heißt, das absolvierte Training, das zu persönlichen Bestleistungen oder zu sehr guten Leistungen, zu Medaillengewinnen führte – Erfahrungen bilden die Grundlage für die immer wieder zu präzisierende, jährliche, konkrete Trainingsplanung. Dabei sollten Sie für Ihren Sportler herausfinden, welche Leistungsausprägung innerhalb der letzten 10-14 Tage sowie der letzten 3-4 Tage zu solchen Leistungen führte. In der Trainingspraxis zeigt sich, dass erfolgreiche Trainingskonzepte, auf immer höherem Niveau wiederholt, auch immer wieder zu guten Leistungen führen!

Dies setzt voraus, dass vor allem die Vorbereitung persönlicher Bestleistungen auf der Grundlage gewissenhafter Protokollierung analysiert wird und als Grundlage für das weitere trainingsmethodische Vorgehen verallgemeinert gilt. Die Orientierung auf die Weltspitze ist von den gültigen Weltrekorden (bei Einschränkungen von WR aus der „Anabolikaära“ ), bei Berücksichtigung abzusehender Entwicklungstrends, abzuleiten, weil man davon ausgehen muss, dass immer zum Zeitpunkt Olympischer Spiele Sportler über eine Leistungsfähigkeit verfügen, die, bei entsprechenden Wettkampfbedingungen und Rennverläufen, einen neuen Weltrekord zulassen würde! In der nachfolgenden Übersicht macht die Stellung der deutschen Lauf-/Gehrekorde im Vergleich zu den bestehenden Weltrekorden deutlich, dass der Abstand zur Weltspitze in allen Disziplinen relativ groß ist. Betrachtet man die Breite in den aktuellen deutschen Bestenlisten (z.B. die Leistungen der ersten 10), wird die Vernachlässigung der Arbeit im Nachwuchsleistungssport im letzten Jahrzehnt deutlich. Hoffnung macht die Tatsache, dass in den 1980er-Jahren von den deutschen Trainern und Athleten in Ost und West viel bessere Leistungen als derzeit erarbeitet wurden, das trainingsmethodische Wissen also vorhanden sein müsste. Neben zu verändernden Rahmenbedingungen ist wohl in erster Linie ein nationales Bekenntnis zur Leistung und Elite Voraussetzung für eine internationale Konkurrenzfähigkeit unserer Läufer und Geher.

Tab. 1: Weltrekorde (Stand: 7/2013) im Vergleich zu deutschen Rekorden

MÄNNER

FRAUEN

1:40,91 min/1:43,65 min

800 m

1:53,28 min/1:55,26 min

3:26,00 min/3:31,58 min

1.500 m

3:50,46 min/3:57,71 min

12:37,35 min/12:54,70 min

5.000 m

14:11,15 min/14:42,03 min

7:53,63 min/8:09,48 min

3.000-m-Hindernis

8:58,81 min/9:18,54 min

26:17,53 min/27:21,53 min

10.000 m

29:31,78 min/31:03,62 min

2:03:38 h/2:08:47 h

Marathon

2:15:25 h/2:19:19 h

Aufgrund der weiter gestiegenen Kommerzialisierung im Hochleistungssport und der stürmischen Entwicklung in den Laufdisziplinen, besonders in den afrikanischen und asiatischen Ländern, wurden auch in den letzten Jahren neue Weltrekorde aufgestellt, hat die Leistungsdichte in allen Laufdisziplinen weiter zugenommen. Eine solche Entwicklung im Spitzenbereich der Weltelite lässt den Schluss zu, dass in den nächsten Jahren in den Ausdauerdisziplinen in Spitze und Breite noch keine Stagnation eintreten wird, zumal die IAAF bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch kein weltweit sicheres und wirksames Doping- bzw. Trainingskontrollsystem durchgesetzt hat. Damit ist z. Zt. ein fairer, gleichberechtigter Wettbewerb auf der Weltbühne nicht gegeben. Gelingt dies eines Tages, ist zunächst mit einer Abflachung weiterer Leistungsfortschritte zu rechnen. Außergewöhnliche Talente werden aber bei optimaler Vorbereitung in früher Zukunft noch weiterhin für neue Weltrekorde sorgen.

Aus Analysen und den in der nachfolgenden Tabelle vorgegebenen Prognoseleistungen sollten Läufer/Geher und Trainer ihre Aufgaben und Ziele für die nächsten Jahre ableiten und überlegen, wie sie das Tempo ihrer eigenen Leistungsentwicklung erhöhen können. Bei ihrer Planung muss aber berücksichtigt werden, dass sich auch die Gegner im vergleichbaren Zeitraum in der Regel mindestens genauso schnell weiterentwickeln.

Die wichtigsten Voraussetzungen zur Erhöhung des Entwicklungstempos im Laufen und Gehen sind die notwendige Zeit für das Hochleistungstraining, kompetente, qualifizierte Trainer, eine möglichst optimale Nutzung des Höhentrainings sowie eine offensive sportwissenschaftliche Begleitung des Trainingsprozesses durch entsprechende Teams (Sportmedizin, Physiotherapie, Psychologie, Ernährungswissenschaftler).

Der bisherige Entwicklungsstand lässt die Prognose zu, dass eine Zugehörigkeit zur Weltspitze (als Voraussetzung zu einer erfolgreichen Teilnahme an WM/OS Finale Platz 1-8) in den nächsten Jahren folgende Leistungsfähigkeiten in den Lauf-/Gehdisziplinen voraussetzt.

Tab. 2: Leistungsvoraussetzungen in den Lauf-/Gehdisziplinen

Disziplin *

Männer

Frauen

m/s

Zeit

m/s

Zeit

800 m

7,76 m/s

1:43,0 min

6,86 m/s

1:56,5 min

1.500 m

7,12 m/s

3:30,5 min

6,33 m/s

3:57,0 min

5.000 m

6,49 m/s

12:50 min

5,71 m/s

14:35 min

10.000 m

6,21 m/s

26:50 min

5,48 m/s

30:25 min

3.000-m-Hi.

6,25 m/s

8:00 min

5,47 m/s

9:05 min

Marathon

5,58 m/s

2:06:00 h

4,95 m/s

2:22:00 h

20 km Gehen

4,26 m/s

1:18:20 h

3,83 m/s

1:27:00 h

50 km Gehen

3,83 m/s

3:37:30 h

* Dabei ist davon auszugehen, dass für vordere Platzierungen bei internationalen Höhepunkten auch bei Taktikrennen eine solche Leistungsfähigkeit erforderlich ist!

Abb. 1:

Voraussetzungen zur Erreichung sportlicher Höchstleistungen © Lothar Pöhlitz

1.1 Prinzipien zur Sicherung der Leistungsentwicklung im Laufen

Foto: Olympiasiegerin über 10.000 m – Tirunesh Dibaba (Äthiopien)© Gladys Chai - von der Laage

Die Leistungsentwicklung in den Mittel- und Langstreckendisziplinen ist auf den jeweiligen Jahreshöhepunkt auszurichten, ein umfangreiches Wintertraining, Wettkämpfe mit Zwischentrainingsphasen bereiten eine hohe Leistungsstabilität über viele Wochen im Sommer vor. Ziel ist die neue persönliche Bestleistung beim individuellen Jahreshöhepunkt. Leistungsfortschritte sind in der Regel an Belastungserhöhungen in den wichtigen leistungsrelevanten Bereichen (Gipfelwochen in Quantität und Qualität) gebunden. Diese wiederum erfordern Konsequenzen der Sportler für das Mehr in der Organisation des Trainings und der Wettkampfleistung. Ziel muss sein, den höchsten Grad der individuellen Fitness in den Wettkampfperioden zu erreichen. Dafür muss das komplexe Training der Leistungsstruktur der Wettkampfleistung entsprechen und das Mosaik von Unter-, Überdistanz- und Spezialstreckenleistung zum Höhepunkt abrufbar sein.

Nachwuchstraining von Talenten ist Voraussetzungstraining, für das folgende Jahr, für das Anschlusstraining und für das Hochleistungstraining.

Der Hauptweg zur Sicherung der Leistungsentwicklung ist eine Belastungssteigerung in Einheit von Quantität und Qualität.

Die Trainingsbelastung ist die zentrale Kategorie und Voraussetzung für den Leistungsfortschritt.

Der Grad der technischen Fertigkeiten bestimmt die Fähigkeit, die angestrebte Wettkampfleistung bei hoher Laufökonomie abrufen zu können, wesentlich.

Für jüngere Athleten erfolgt eine Belastungssteigerung im umfassenden Sinne (unter Einbeziehung aller Bereiche – komplexes Training).

Für ältere Athleten in Höhepunktjahren unter vorrangiger Erhöhung der leistungsbestimmenden Faktoren (spezielles Training). Die Wettkampfleistung wird vor allem durch den realisierten Umfang im Geschwindigkeitsbereich zwischen 93-105 % vom Leistungsziel ermöglicht.

Die Trainingsstruktur ist auf die Anforderungen der Leistungsziele auf der Spezialstrecke und der Unterdistanzstrecke auszurichten. Individuelle Schwächen werden vor allem im ersten Teil der Vorbereitungsperioden „bekämpft“. Das absolvierte Wintertraining entscheidet darüber, ob im Frühjahr das erforderliche neue, höhere Belastungsniveau zur Erreichung der persönlichen Bestleistung realisiert werden kann.

Eine höhere Spezifik in der Trainingsbelastung erfordert vorbereitend immer wieder einen höheren Aufwand zur Sicherung der Belastungsverträglichkeit bzw. Belastbarkeit:

im Umfang und der Qualität des allgemeinen und speziellen Krafttrainings (Fußkraft), der Koordination sowie des Beweglichkeitstrainings.

Eine steigende Belastung erfordert auch eine verbesserte Vor- und Nachbereitung des Trainings und der Wettkämpfe:

trainingsmethodisch,

sportmedizinisch/physiotherapeutisch/pharmakologisch,

psychisch (mentale Einstellung auf höhere Trainingsbelastungen und harte „Gefechte“ in Wettkämpfen – konzentriert – selbstbewusst – kampfbereit – aber möglichst entspannt).

Belastung und Erholung sind gleichermaßen für den Leistungsfortschritt wichtig, die erforderliche Zeit und die eingesetzten Maßnahmen für die Erholungs- und Wiederherstellungsprozesse müssen ausreichend sein.

Entlastungszeiträume zur Transformation realisierter Trainingsbelastungen sind am Ende von Ausbildungsetappen nicht nur zu planen, sondern auch zu realisieren.

Im Jahresverlauf ist die Belastung folgerichtig, systematisch ansteigend, aber auch komplex, aufzubauen:

in Einheit von Fähigkeits- und Fertigkeitsentwicklung,

mit einem systematischen Intensitätsanstieg zum Wettkampfhöhepunkt hin, dabei nimmt in der Regel, vor allem in den Kurz- und Mittelzeitdisziplinen, bei einer parallelen Entwicklung der Spezialstreckenleistung und der Unterdistanzleistungsfähigkeit, die Geschwindigkeit die Führungsrolle ein.

Das Tempo der Leistungsentwicklung kann durch folgende Maßnahmen erhöht werden:

Gruppen- bzw. Partnertraining von gleich leistungsstarken und leistungsbereiten Läufern;

Teambildung (Sportler, Trainer, Arzt, Physiotherapeut, Physiologe, Psychologe, Ernährungswissenschaftler);

regelmäßig begleitende Leistungs- und Trainingsanalysen, sportmedizinische Untersuchungen (KLD[1]), Überwachung des „Blutstatus“ (z.B. Eisen-HB-Problematik);

3-5-malige Trainingslageraufenthalte und zusätzliche Wochenendmaßnahmen nach dem Beispiel der Weltbesten mit „Sparringspartnern“ und sportmedizinische/physiologische Begleitung ((Laktatsteuerung);

Höhentrainingsketten;

verbesserte Wettkampfgestaltung, Streben nach „schnellen Zeiten“, offensive Renngestaltung, verbesserte Vorbereitung auf die Auseinandersetzung mit gleichstarken Gegnern (erste 300 m schneller als RT), Rennen im Ausland.

Im Hochleistungstraining hat es sich bewährt, wenn sich Umfangs- und Intensitätsjahre abwechseln. Trotzdem ist bei normalem Belastungsverlauf der Leistungsfortschritt gesichert. Dabei sollten Olympiajahre Intensitätsjahre sein.

Trainingsumfang nach Zielstrecken

Praxiserfahrung ist, dass die nachfolgenden Trainingsumfänge Voraussetzung für Spitzenleistungen im Mittel- und Langstreckenlauf sind:

Tab. 3: Trainingsumfänge im Mittel- und Langstreckenlauf

Basisausdauer

Spezielle Ausdauer

Marathon

Dreiviertel-Anderthalbfache

30-60 km

15-25 km

10.000 m

2-3 x

20-30 km

7,5-15 km

5.000 m

3-4 x

15-20 km

1,5-2 x 7.500-10.000 m

3.000 m

4-5 x

12-15 km

1,5-2 x 4.500-6.000 m

1.500 m

6-8 x

9-12 km

2-3 x 3.000-4.500 m

800 m

8-10 x

6-8 km

3-4 x 2.400-3.200 m

© Lothar Pöhlitz

Eine Steigerung der Wettkampfleistung bis zum Weltniveau ist möglich, wenn:

schrittweise – bei realistischen jährlichen Leistungszielen – auf der Basis eines für die jeweilige Disziplin (Spezialstrecke) erforderlichen Grundlagenausdauerniveaus ein längerfristiger, leistungszielorientierter Geschwindigkeitsaufbau (TL2 -> TL3 -> SA), bei streckenabhängigem Tempolaufumfang pro TE und einer entsprechenden Pausengestaltung, erfolgt.

Mittel- und Langstreckenläufer sind vor allem dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, ihr Training so zu kombinieren, dass ihre aerobe Basis möglichst hohe submaximale, reizwirksame Geschwindigkeiten bei niedrigen Laktatauslenkungen (aerob-anaerober Übergang) zulässt, sodass eine hohe maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) erarbeitet ist, sie mit einer hohen Laktatverträglichkeit-toleranz im Verhältnis zur Wettkampfstreckenanforderung und einer hohen Laufökonomie (durch Kraft, Technik und Beweglichkeit/Flexibilität) die zur Verfügung stehende Energie in Vortrieb/Geschwindigkeit umzusetzen in der Lage sind. Eine im Verhältnis zur Körperkonstitution stehende, optimale Schrittlänge in der Leistungszielgeschwindigkeit über die Dauer des Wettkampfs muss in Verbindung mit einer möglichen variablen Schrittfrequenzgestaltung in den Endphasen das Ziel der speziellen Ausdauer und des Krafttrainings sein! Für erfolgreiche Wettkämpfe ist eine hohe sportliche Form, die mentale Stärke, ein von sich selbst überzeugtes taktisches Konzept/Verhalten und eine sehr gute Spurtfähigkeit Voraussetzung. Sie wird vor allem durch starke Fußgelenke möglich.

1.2 Steady State – an der aeroben Schwelle

Sportliches Training ist darauf ausgerichtet, den Gleichgewichtszustand der Körperfunktionen in Ruhe zu stören und durch variable Belastungen Anpassungen auszulösen. Eine wichtige Belastungsform für Läufer zielt auf die Entwicklung der aeroben Grundleistungsfähigkeit (aerobe Schwelle bei 2 oder 3 mmol/l Laktat). Innerhalb eines mehrjährigen Trainings, bei dem ein Teil der Laufkilometer im Dauerlauf über mindestens 20 Minuten oder lange Tempoläufe in einer Geschwindigkeit im Laktatgleichgewicht (Laktat-Steady-State) ohne Laktatakkumulation abgeleistet wird, steigt die Fähigkeit, in diesem Gleichgewichtszustand immer schneller zu laufen. Diese Fähigkeit ist Grundlage für eine weitere Intensivierung für alle Laufdisziplinen.

1.3 Das Vier-Stufen-Modell der Anpassung (nach Neumann & Hottenrott, 2010)

Die entscheidende Voraussetzung für die erhöhte Belastbarkeit von Sportlern ist die durch Training erreichte Adaptation des Gesamtorganismus, welche nach gegenwärtigem Wissen durch ein Vier-Stufen-Modell am besten mit der Trainingsrealität übereinstimmt. Das Ausmaß der Funktionsumstellungen hängt von Art, Intensität und Dauer der Trainingsbelastungen ab.

Erste Anpassungsstufe

In der ersten Stufe der Anpassung kommt es zu Veränderungen im Bewegungsprogramm mit der Konsequenz verminderter Bewegungsamplituden. Sportartspezifisch passen sich schnell (Typ IIa und IIb) und langsam (Typ I) kontrahierende Muskelfasern an die nervalen Anforderungen an. Nach 1-2 Wochen fallen die sportartspezifischen Bewegungen leichter und der Bewegungsablauf wird flüssiger. Das motorische Steuerungsprogramm stellt sich auf zweckmäßige Belastungsbewältigungsstrategien ein.

Zweite Anpassungsstufe

In der zweiten Anpassungsstufe kommt es zur eindeutigen Vergrößerung des alaktazid verfügbaren Energiespeichers Kreatinphosphat (CP) sowie des aerob und anaerob verfügbaren Glykogens. Das CP nimmt nur bei kurzzeitigen, hochintensiven, alaktaziden Trainingsreizen von sechs Sekunden Dauer zu. Nach aerobem und aerob-anaerobem Ausdauertraining steigt der Muskelglykogengehalt. Wiederholte aerobe Belastungen über 120 Minuten. Dauer und wiederholte aerob-anaerobe Belastungen bis zu 70 Minuten Dauer vergrößern die Glykogenspeicher und die Mitochondrienbiogenese und damit auch den aeroben Energiestoffwechsel.

Dritte Anpassungsstufe

In der dritte Anpassungsstufe kommt es zu einer Optimierung zwischen den neu gebildeten muskulären Strukturen und den sportspezifischen Anforderungen. Die Ansteuerungscharakteristik der FT- und ST-Fasern erfolgt nach den energetischen Bedürfnissen der belasteten Muskulatur. Kürzere, intensive Belastungen oder Kurzzeitwettkämpfe mit längeren Kompensationszeiten sind in diesen Phasen möglich. Der wirksamste Umbau in den beanspruchten Strukturen erfolgt in den Entlastungszeiträumen des Trainings. Werden regelmäßige Entlastungen nicht eingehalten, kommt es zu keiner oder nur zu einer geringen Leistungsverbesserung.

Vierte Anpassungsstufe

In der vierte Anpassungsphase werden alle leistungsbeeinflussenden Systeme koordiniert. Das vegetative Nervensystem, das Zentralnervensystem, das kardiopulmonale System, der Elektrolythaushalt, der Energiestoffwechsel, das Hormon- und Immunsystem gehören zu diesen Systemen. Die Adaptation ist erst abgeschlossen, wenn in der sportartspezifischen Muskulatur alle Systeme abgestimmt funktionieren. Die Funktionsabstimmung des Zentralnervensystems mit den durch Training veränderten Muskelstrukturen erfolgt zwischen dem 30. und 40. Tag.

1.4 Faktoren zur Unterstützung von Spitzenleistungen in den Ausdauerdisziplinen

– Zusammenfassung –

Organisation des Trainings und der Wettkampfleistung

Tages-, Wochen-, MEZ-Jahres-Organisationsplan;

Planung und Realisierung der Physiotherapie und Prophylaxe;

Planung der Leistungsdiagnostik;

periodischer Gesundheitscheck, sportmedizinische Betreuung, optimale Ernährung/Substitution;

Planung des Höhentrainings und von Klimareiztrainingslagern, Nutzung von Höhenkammern, ganzjährig optimale Trainingsbedingungen;

Organisation des Partnertrainings;

Erarbeitung eines Aufgabenkatalogs mit dem Manager;

zielgerichteter Erfahrungsaustausch und neuer Erkenntnisgewinn;

Organisation der Wettkampfleistung (es wird nichts dem Zufall überlassen).

Foto: Spezielles Krafttraining dient nicht nur für den Hindernislauf der Verbesserung der disziplinspezifischen Ausdauer.© Gladys Chai - von der Laage

Erschließung trainingsmethodischer Reserven

Steigerung der Trainingsbelastung im Vergleich zum Vorjahr (Umfang/Intensität/Pausengestaltung/Gipfelbelastungen);

systematische Erschließung von Reserven im Fettstoffwechseltraining -> Überdistanztraining;

geschwindigkeitsgeführter Belastungsaufbau – Geschwindigkeits-/Umfangsbeziehung sichern;

ganzjährig Schnelligkeits-/Motorik- und Unterdistanztraining;

Erschließung von Reserven im GA-Training/Laktatbereich 2-7 mmol/l als Voraussetzung zur Steigerung der Anteile und Qualität im SA- und wsA-Training;

ständige, schwerpunktmäßige Verbesserung der allgemeinen und speziellen Belastbarkeit, Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit, Koordination und Sprungkraft;

Nutzung des speziellen Krafttrainings (Hügelläufe/ZWL/Hantelkraft) als Voraussetzungstraining zur Verbesserung der disziplinspezifischen Ausdauer;

Nutzung von Aufbauwettkämpfen als wirksame Trainingsbelastung;

Weiterentwicklung des Höhentrainings auf der Grundlage einer umfassenden Trainingsanalyse der bisherigen Höhenaufenthalte.

Die Psychologie – Ihr Helfer bei der Umsetzung des absolvierten Trainings in optimale Wettkampfleistungen

Keine Angst bzw. Scheu vor der Zusammenarbeit mit Psychologen.

Ihr Trainer ist der Psychologe in der täglichen Zusammenarbeit.

Motivation – Selbstvertrauen und Risikobereitschaft sind die wichtigsten Helfer für den Leistungsfortschritt, ohne Leidenschaft und Besessenheit geht es nicht.

Man muss nicht auf das Sofa, wenn der Kopf klar ist, aber vergessen Sie nie: Auch der Kopf ist „trainierbar“. Was nicht im Kopf ist, ist im Wettkampf nicht abrufbar.

Nutzen Sie Ihre Gegner im Training (Trainingslager), um sie im Wettkampf zu besiegen, Partnertraining beschleunigt den Leistungsfortschritt.

Wenn ich mich besser organisiere als meine Gegner, kann ich besser trainieren als sie.

Erfolge verstärken Gefühle und Antriebe, aber ich muss positiv denken.

Ich hab's im Training gekonnt, heute geht's auch im Wettkampf.

Foto: Läuferinnen und Läufer brauchen manchmal den gewissen „Kick“, um Hindernisse zu meistern.© Theo Kiefner

Kapitel 2: Drei grosse Energiesysteme arbeiten für mehr „Race Pace“ Aerob – anaerob – alaktazid – die Belastung entscheidet

Zur Verbesserung des Ausdauerleistungsniveaus bedarf es ständiger, reizwirksamer Einwirkungen auf den Organismus bei systematischer Steigerung der Belastungsanforderungen. Für den erforderlichen Sauerstofftransport zur Muskulatur ist die Herzleistungsfähigkeit (Schlagvolumen) von erstrangiger Bedeutung. Sind die Belastungsreize auf die Muskulatur und die Organe zu gering, bleiben positive Anpassungen aus. Adaptationen setzen also ein quantitatives und qualitatives Belastungsminimum voraus. Durch Training ausgelöste Ermüdungen sind in Verbindung mit nachfolgender Erholung und der Ernährung die Grundlage jedes Leistungsfortschritts. Je intensiver die zeitweiligen Auslenkungen durch Belastungen sind, umso größer sind die Bemühungen des Körpers, das Gleichgewicht wiederherzustellen. Dafür bedarf es belastungsabhängiger, ausreichender Regenerationszeiten. Um spezifische Anpassungen der verschiedenen Energiesysteme auszulösen, muss jedes Energiesystem durch gezieltes, reizwirksames Training angesteuert werden.

Abb. 2:

Es besteht immer ein „Miteinander“ der einzelnen Systeme der Energiebereitstellung mit fließenden Übergängen in Abhängigkeit von der Belastungsintensität (nach Keul).

Belastung in den Mittel- und Langstreckendisziplinen ist immer als Summe von Trainingsumfang, Intensität, Dichte, Pausen und Streckenlängen zu verstehen, die die Energiebereitstellungssysteme ausbilden. Im Prozess der Erholung werden die ausgeschöpften Energiepotenziale wieder aufgefüllt oder durch Überkompensation der Aufbau von Energiereserven über das ursprüngliche Ausgangsniveau hinaus angelegt, die Abläufe ökonomisiert und das Leistungsniveau schließlich erhöht.

Tab. 4: Klassifizierung der aeroben und anaeroben Ausdauer nach Laktatkonzentrationen aus trainings­methodischer Sicht

Aerobe Ausdauer

bis 2 mmol/l Laktat

Aerob-anaerobe Ausdauer

2-6 mmol/l Laktat

Anaerob-aerobe Ausdauer

6-10 mmol/l Laktat

Anaerobe Ausdauer

10 mmol/l Laktat

nach Hottenrott & Neumann, 2010

Mit Energiesystemen sind die Stoffwechselwege gemeint, über die Energie für die intensitätsabhängige Muskelarbeit auf den olympischen Laufstrecken von 100 m bis zum Marathon zur Verfügung gestellt wird. In Abhängigkeit von der Dauer und Intensität der Trainingsbelastungen nutzt der Körper drei Energiebereitstellungsformen, um ihn mit Energie zu versorgen: alaktazid, anaerob und das aerobe Energiesystem.

Abb. 3:

Die Energiebereitstellungsformen

2.1 Anaerob-alaktazid

Dafür wird Adenosintriphosphat (ATP) insbesondere in Muskelzellen gespeichert und für die biochemischen Abläufe der Muskelkontraktion zur Verfügung gestellt. Während der Muskel arbeitet, wird in 4-6 Sekunden ATP abgebaut. Dies führt zur Freisetzung von Energie „ohne Laktat“. Je größer der Bedarf ist, umso schneller verläuft der Abbau. Je intensiver das Training, umso schneller ist der Vorrat in den Muskelzellen erschöpft. Danach hilft Kreatinphosphat (CP) etwa 12-15 Sekunden die schnelle Arbeit fortzusetzen. Um diese Energie zu entwickeln, sind kurze Trainingsbelastungen über 2-12 Sekunden mit hoher/höchster Intensität nahe der Maximalgeschwindigkeit und darüber erforderlich.

Beispiele:

4-5 x 15 m oder 4-5 x 20 m fliegend/maximal – lange Pausen

4 x 10 m + 4 x 20 m + 4 x 30 m P: 2´-3´/Sp: 5´-6´

20 + 30 + 40 + 60 + 40 + 30 + 20 m P: 3´-6´

2 x 4 x 30 m fl P: 2-3´/Sp: 5´

2.2 Das anaerobe Energiesystem mit Laktat

Im Training hat sich gezeigt, dass bereits nach maximalen 60-m-Sprints Laktat akkumuliert. Wenn ATP und CP fast aufgebraucht sind, nutzen die Muskeln Glykogen (anaerobe Glykolyse) als „Brennstoff“. Die dabei anfallende Milchsäure/Laktat wird zum Teil „verstoffwechselt“, d.h., als Energieträger genutzt, der Überschuss akkumuliert und hat bei länger andauernder, intensiver Belastung bekanntlich zunehmend negative, übersäuernde Auswirkungen auf die Muskulatur. Um Laktat zu tolerieren und die Milchsäure als Energielieferant zu nutzen, ist eine hohe Geschwindigkeit und Ausdauer erforderlich. Für die Entwicklung des anaeroben Energiesystems und einer zunehmenden Laktatverträglichkeit/Laktattoleranz werden kurze, schnelle (150-300 m TL) und längere, schnelle Tempoläufe/Intervalle (400-800 m) mit hohen Intensitäten und relativ kurzen Pausen eingesetzt:

Beispiele:

6-10 x 150 m (115-120 % v. RT) P: 3´

(auch Abbruch, wenn die Geschwindigkeit nicht mehr zu realisieren ist)

6-8 x 300 m (110-115 % v. RT) P: 2´-4´

4-6 x 400 m (105-110 % v. RT) P: 2,5´-5´

4-6 x 500 m (105-115 %) P: 3´-5´

2-3 x 600 m (100-10 %) P: 6´-10´

2.3 Das aerob-anaerobe Energiesystem

Die aerobe Ausbildung zielt auf die Fähigkeit, Sauerstoff aufzunehmen, zu transportieren und zur Energiebildung zu nutzen. Die dafür benötigte Energie wird vorwiegend durch Kohlenhydrate und Fette geliefert (aerobe Glykolyse). Das erfordert sowohl Ausdauer als auch Intensität. Ziel ist immer, länger möglichst schnell im Steady State – um 2-3 mmol/l – laufen zu können, aber auch die maximale Sauerstoffaufnahme (V02max) zu verbessern. Während sich das Grundlagenausdauerniveau an der aeroben Schwelle bei 2-3 mmol/l Laktat orientiert und durch langes, kontinuierliches, umfangreiches Training nach der Dauerleistungsmethode (15-25 km) und langen Tempoläufen zu entwickeln ist, erfordern die kurzen, schnellen Langstrecken (5.000 m/3.000-m-Hindernis) auch die Ausbildung der aeroben Kapazität, der maximalen Sauerstoffaufnahme, das Üben entsprechender wettkampfnäherer Geschwindigkeiten im aerob-anaeroben Übergangsbereich. Dafür sind „harte Tempolaufprogramme“ im 5.000-m-/3.000-m-Tempo vor allem zwischen 3-7 Minuten Dauer wirksam.

Beispiele:

FS oder TL 4-6 x 3´-5´/Lp: 5´-2,5´

FS mit 7´ + 6´ + 5´ + 3´ + 4-6 x 1´/1´ - Lp: 5´-3´

10-12 x 400 m im 5.000-3.000-m-Tempo / Tp: 60-90“

TDL über 4-8 km

2.4 Ein Fazit für die Lauftalent­Nachwuchsausbildung

Es ist ein immer wieder auftauchender Van Aaken-Mythos, dass LSD die beste Möglichkeit für den Läuferfortschritt ist. Natürlich ist es sinnvoll, mit einem „langen langsamen“ Lauf wöchentlich oder auch maximal zweiwöchentlich den jungen Organismus Ihres Talents die Fettverbrennung „zu lehren“, ersparen Sie ihm aber nicht den Umgang, die Auseinandersetzung mit den drei dargestellten Energiebereitstellungssystemen, mit Intensitäten, die für die angestrebte Trainingswirkung, für die Entwicklung der aeroben, alaktaziden oder anaeroben Energiesysteme notwendig sind. Natürlich fängt man mit den jüngeren Läufern „ganz behutsam an“, in der Anzahl der Wiederholungen, den Pausen- oder auch Streckenlängen. Erhalten Sie aber schon früh die ererbten, schnell zuckenden FT-Muskelfasern mit alaktazidem Training oder fordern Sie, die „Dauerlauf-Komfort-Zone“ hin und wieder zu verlassen, indem der mittlere Dauerlauf zunächst vielleicht nur 10 Minuten lang, aber „flott“ – mit zunehmender Leistungsfähigkeit, später 20 oder sogar eines Tages 30 Minuten lang als Tempodauerlauf gestaltet wird, dafür aber mit Anspruch an die Lauftechnik.

Mischkost ist nicht nur die Empfehlung für die Mittagsmahlzeit, mischen Sie auch – natürlich maßvoll – das Training in Vorbereitung auf das Hochleistungstraining. Bedenken Sie dabei auch, dass bei Jugendlichen nach einem 1.500-m- oder 3.000-m-Wettkampf Laktatwerte zwischen 12-16 mmol/l gemessen wurden und es sträflich wäre, wenn sie nicht darauf vorbereitet würden. Die Größe der maximalen Sauerstoffaufnahme ist für das Wettkampfergebnis in den Laufdisziplinen genauso wichtig wie das aufzubauende Niveau der aeroben Schwelle. Ohne Einwirkungen finden keine Anpassungen statt. Und auch die anderen Zubringer, wie Kraft, Schnellkraft, Beweglichkeit oder Sprünge, sollten Teil der Trainingslehre im Jugend-Aufbautraining sein.

2.5 Die Atmung sichert während und nach der Belastung die Sauerstoffversorgung

Der Sauerstoff muss rein, das Kohlendioxid muss raus.

Foto: Moderne Diagnostik ist fester Bestandteil des Leistungstrainings.© Lothar Pöhlitz

Obwohl Läufer mit den Begriffen Sauerstoffversorgung, Sauerstoffpuls, Sauerstoffaufnahmevermögen, Sauerstoffdefizit, Sauerstoffschuld, Sauerstoff-Dauerleistungsgrenze, Vitalkapazität oft wie selbstverständlich umgehen, kommt die Lehre von der richtigen Atmung zur optimalen Sauerstoffversorgung und Kohlendioxid­abatmung in der Trainingspraxis von Leistungsläufern, in der Trainerausbildung, selbst auch in der speziellen Literatur, oft zu kurz. Es wird mehr oder weniger jungen Athleten überlassen, wie sie beim langsamen, mittleren oder auch schnellen Laufen atmen, ob durch den Mund oder die Nase oder ob sie nach maximalen Belastungen durch eine bewusste Sauerstoffmehraufnahme die Rückkehr zum Ruheausgangswert und damit auch das Regenerationstempo unterstützen.

Die Atmung „betreibt“ die Versorgung der Zellen mit Sauerstoff und die Ausscheidung von Kohlendioxid, den Gasaustausch zwischen Zellen und Blut. Kohlendioxid ist im Blut als Kohlensäure gelöst, deshalb spielt die Atmung eine wichtige Rolle auch im Säure-Basen-Haushalt. Bei der aktiven Einatmung dehnt sich die Lunge aus und es gelangt von außen frische, sauerstoffreiche Atemluft in die Alveolen. Bei der überwiegend meist passiven Ausatmung zieht sich die Lunge zusammen und gibt die verbrauchte, kohlendioxidreiche, sauerstoffarme Luft nach außen wieder ab.

Durch das Atemzentrum wird also der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt sowie der pH-Wert in den erforderlichen Grenzen geregelt.

Bei jedem Atemzug strömt belastungsabhängig Luft durch Nase und Mund möglichst direkt in die Lungen zur Sauerstoffversorgung der Muskulatur mithilfe eines möglichst optimalen Blutflusses, aber gleichzeitig auch auf umgekehrtem Wege der Abtransport des Kohlendioxids nach außen. Millionen Lungenbläschen tauschen in diesem Prozess frischen Sauerstoff gegen Kohlendioxid und sichern die Energiebereitstellung in den unterschiedlichsten Belastungssituationen durch Verbrennung von Kohlenhydraten und/oder Fetten. Je mehr Sauerstoff angeboten wird, umso besser. Dies ist für Leistungsläufer ein äußerst bedeutsamer Prozess.

Die Sauerstoffversorgung der Muskulatur (optimale Durchblutung) ist eine unabdingbare Vo­raussetzung für eine sportliche Leistung, für langsames, aber auch für schnelles Laufen. Bei Sauerstoffmangel reduziert der Körper die Muskelarbeit, ohne Sauerstoff stellt er sie ein.

Alle wissen, dass unser Gehirn schon bei einer kurzfristigen Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr Schaden nehmen kann, die aerobe Energiezufuhr lebensnotwendig ist und in Abhängigkeit von der Intensität der Muskelarbeit der Körper gegen ein Defizit in der Sauerstoffversorgung (Übersäuerung) anzukämpfen hat. Die maximale Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechsels und der Muskulatur bei intensiver Arbeit unter Sauerstoffmangel in den Mittelstrecken wird wesentlich begrenzt von einer bedarfsgerechten Sauerstoffzufuhr, dem Sauerstofftransport zu den Lungen bis in die Zellen der Gewebe, der -verarbeitung und dem Kohlendioxidabtransport über das Blut. Durch Ausdauertraining erreichen Hochtrainierte, in Abhängigkeit von der Körperkonstitution, im Atemminutenvolumen das Vielfache, in der maximalen Sauerstoffaufnahme mehr als das Doppelte Untrainierter.

Das Atmungssystem reguliert den Bedarf, erhöht bei Sauerstoffmangel oder Kohlendioxidüberschuss das Atemminutenvolumen durch die Tiefe der Atemzüge vom Beginn der jeweiligen „Arbeit“ an und die Atemfrequenz. Dies ist wiederum abhängig von der Brustkorbgröße und der Zwischenrippenmuskulatur (Brustatmung), vom Zwerchfell (Zwerchfell-/Bauchatmung) und von der Atemhilfsmuskulatur und dem Grad ihrer Trainiertheit. Ausdauertraining stärkt die Atemmuskulatur, die für die Atemökonomie und die mögliche Atemtiefe „zuständig“ ist. Logisch ist, dass ein größeres Luftvolumen dabei auch mehr Sauerstoff transportiert. Trotzdem gibt es zwischen Atemtiefe und Atemfrequenz ein Optimum, das Extreme in einer Richtung nicht zulässt. Bei steigender Laufgeschwindigkeit steigt zuerst das Atemzugvolumen und danach die Atemfrequenz.

2.6 Atmen Sie tiefer ein und in Pausen bewusst länger aus

Obwohl die Atmung im Wettkampf willkürlich abläuft, resultiert aus der Bedeutung der Atmung für den Leistungsprozess, schon jungen Läufern zu vermitteln, dass es sinnvoll ist, wenn sie zur Unterstützung der Trainingsanforderungen kräftiger tief einatmen (Erhöhung des Atemzugvolumens) und in den Pausen bewusst länger ausatmen, um Kohlendioxid abzuatmen. Für den langsamen und mittleren Dauerlauf spielt sich der Atemrhythmus unbewusst ein, die Anzahl der Schritte für das Ein- und Ausatmen ist etwa gleich, mit zunehmender Geschwindigkeit verändert sich die Atemtiefe, um dem Sauerstoffmangel so lange wie möglich zu entgehen. Ein längeres, bewusstes Ausatmen hat ein kräftigeres, tieferes Einatmen zur Folge und sichert besser die jeweils erforderliche Sauerstoffzufuhr. Deshalb ist es sinnvoll, junge Läufer die verschiedenen Rhythmen bewusst erfühlen zu lassen, zunächst im Gehen und dann in unterschiedlichem Lauftempo, ohne später daraus bestimmte Rhythmen abzuleiten. „Zwischen dem 12.-16. Lebensjahr kann ein Ausdauertraining zur Ausbildung einer Leistungslunge und einem gesteigerten Brustkorbwachstum führen“ (Weineck, 1986, – S. 132). Mit Atemübungen vermitteln Sie zusätzlich die Bedeutung der Atmung für Läufer.

Im Leistungsbereich Mittel- und Langstrecke machen Sie am besten Mund und Nase „weit auf“, atmen durch Mund und Nase zugleich, um zur anaeroben Energieversorgung möglichst lange dem Sauerstoffmangel zu entgehen. Ausnahmen gibt es in strengen Wintern, damit durch eine bewusste Nasenatmung (oder auch durch einen zusätzlichen Mundschutz) die kalte Luft besser vorgewärmt in den Körper kommt.

Es ist sehr sinnvoll, junge Läufer schon früh den Umgang mit dem hilfreichen Atemrhythmus in den verschiedensten Belastungssituationen erfühlen zu lassen und ihnen auch mal durch „Luftanhalten“ während unterschiedlicher Tempi die Reaktion des Körpers auf Sauerstoffmangel bewusst zu machen. Im Wettkampf wird an andere Dinge gedacht, zuerst, wie man die Gegner besiegen kann, Aufgaben für das Atmen werden nicht erteilt.

„Hin und wieder beobachtetes Seitenstechen beruht auf einer mangelhaften Sauerstoffversorgung des Zwerchfells bei ungenügender Anpassung an körperliche Belastungen“ (Weineck, 1986, S. 132).

2.7 Die Sauerstoffschuld nach der Belastung bewusst tilgen

Am Ende einer intensiven Belastung zeigen die erhöhten Atem- und Herzfrequenzen an, dass der Körper während der Belastung in einem grenzwertigen Funktionszustand ein Sauerstoffdefizit eingegangen ist, das in einer ersten, frühen Erholungsphase durch eine erhöhte Sauerstoffzufuhr unterstützend abgebaut werden kann („Sauerstoffnachatmung“ nach Neumann, 1991, S. 84). Im Gegensatz zur oft beobachteten Praxis sollten Trainer, Ordner im Ziel, Reporter oder auch das familiäre Umfeld den Sportlern in den ersten Minuten die Chance zu einer Rückkehr in einen normalen Funktionszustand innerhalb einer ersten bewussten Phase der Erholung nach dem Wettkampf einräumen. Der Sportler kann diese wenigen Minuten zur Regeneration durch ruhiges Umhergehen bei bewusst-ruhiger, kräftig-tiefer Ein- und Abatmung zur Sauerstoff-Kohlendioxid-Regulation gut nutzen. Verlierer oder ungenügend gut Trainierte demonstrieren oft im Ziel durch Hinwerfen ihre mentale Schwäche und behindern die erste Phase der zügigen Regeneration.

Die Einhaltung eines bestimmten Atem-Schritt-Rhythmus ist wenig sinnvoll, da jeder Tempo- oder auch Geländewechsel sowieso zu Veränderungen führt. Also nicht 2:2 oder 4:3 oder ... Der Atemrhythmus stellt sich belastungsabhängig bedarfsgerecht ein. Dabei müssen Leistungsläufer für eine ausreichende Sauerstoffversorgung sowieso den Mund aufmachen. Wer bewusst etwas kräftiger ausatmet, intensiviert gleichzeitig die Einatmung.

2.8 Die verschiedenen Muskelfasertypen

Foto: Training muss vielfältig und zweckmäßig sein.© Pierre Ayadi

Nach langjährigen trainingspraktischen Erfahrungen und vielen wissenschaftlichen Untersuchungen muss man zu dem Ergebnis kommen, dass die individuellen Anteile an den unterschiedenen drei Muskelfasertypen (Sprinttyp/Ausdauertyp/Mixedtyp) weitestgehend „ererbt“, genetisch vorgegeben und durch Training nicht veränderbar ist. Allerdings können durch Training die Stoffwechseleigenschaften der Muskelfasern verändert werden. Der Anteil schneller und langsamer Muskelfasern ist von Muskel zu Muskel unterschiedlich und individuell. In keinem Muskel kommt ausschließlich ein Fasertyp vor. Im Gegensatz zum schnellen (weißen – Typ-II-Fast Twitch- oder FT-Faser) Muskelfasertyp, der schnell ermüdet, positiv verstärkt, aber scheinbar kaum vermehrt werden kann, muss man davon ausgehen, dass längerfristig nicht schnellkräftig „geforderte“ Muskelfasern durch Ausdauertraining in ST-Fasern (rote Typ-I-Fasern – Slow Twitch- oder ST-Faser) – die viel langsamer ermüden – umgewandelt, verlangsamt werden. Dagegen scheint eine Umwandlung von „roten“ zu „weißen“ Muskelfasern nicht möglich.

„Die ererbten muskulären Eigenschaften haben wesentlichen Einfluss auf das Entwicklungspotenzial der Ausdauerleistungsfähigkeit. Das Ausdauertraining verändert die ererbte muskuläre Faserzusammensetzung nicht, wohl aber die Stoffwechselprozesse in diesen Fasern, ihre funktionellen Verschaltungen und ihre Größe, die sich in der Muskelfaserhypertrophie äußert“

(Neumann, 1996).

Durch spezifisches aerobes oder anaerobes Training können sich die Anteile zur Energiegewinnung auf muskelzellulärer Ebene verändern, es kommt zu einer funktionellen Anpassung der entsprechenden Muskelfasertypen. Ausdauertraining führt durch langzeitige energetische Anforderungen und Hypoxietraining zu einer höheren Durchblutung (Kapillarisierung), zu einer besseren Sauerstoffversorgung der „roten“ Fasern und damit zur Verbesserung auch der V02max. Die Hypertrophie der „weißen“ Fasern bewirkt eine entsprechende Steigerung von Kraft und Schnelligkeit.

Langsame Fasern sind also über den Sauerstoff verbrauchenden Stoffwechselweg für Langstrecken, schnelle Fasern hingegen für 800 m/1.500 m notwendig. Die schnellen Langstrecken (z.B. 5.000 m) werden offensichtlich von den Mixedtypen beherrscht.

© Nike

„Durch Trainingsbelastungen kann im Muskel sowohl der aerobe als auch der anaerobe Weg des Energieumsatzes verändert werden. Bis zu einem bestimmten Niveau ist auch die gleichzeitige Zunahme beider Stoffwechselwege möglich. Einseitiges aerobes Training verbessert nur einseitig den aeroben Weg des Energieumsatzes, der glycolytische Stoffwechsel erfordert ein über längere Zeit betontes, schnelles Training (S/SA) über 8 mmol/l Laktat. Dadurch erhöht sich die Aktivität der glycolytischen Schlüsselenzyme und die Laktatdehydrogenese.

Die Menge der arbeitsfähigen Mitochondrien – Ausdauertraining vergrößert ihr Volumen und ihre Oberfläche – ist eine wesentliche Basis des aeroben Energiestoffwechsels. Langzeitausdauertraining oder das Training in mittleren Höhen führt zu einer Annäherung der Mitochondrien an die Kapillaren. Eine weitere Möglichkeit, die Sauerstoffversorgung zu optimieren“ (Neumann, 1991).

Tab. 5: Faserverteilung erfolgreicher Sportler in % (nach Badtke, 1999)*

Disziplinbereich

ST-Fasern %

FT-Fasern %

Sprint

15-25

75-85

Mittelstrecke

30-55

45-70

Marathon

55-85

15-45

Der Von-bis-Bereich macht deutlich, dass die individuelle Ausstattung innerhalb der Disziplinen noch beträchtliche Unterschiede aufweisen kann.

„Die Muskulatur muß auf Grund ihres Aufbaus ständig belastet werden. Nichtgebrauch, Ruhigstellung oder deutliche Belastungsverminderungen führen zu Muskelschwund. Bereits Belastungspausen von zehn Tagen sind für trainierte Muskeln die äußerste Grenze zum Erhalt des Zustandes“ (Neumann, 1991).

Bei entsprechendem Krafttraining verdicken sich die Typ-II-Fasern doppelt so stark wie die anderen. Deshalb vergrößert ein Training mit Gewichten die Fläche, die Typ-II-Fasern auf dem Querschnitt eines Muskels einnehmen, ohne dass sich dabei das Zahlenverhältnis von schnellen zu langsamen Fasern verändert. Das Flächenverhältnis ist für die funktionellen Eigenschaften des Muskels entscheidend: Je größer die Querschnittsfläche von schnellen Fasern ist, desto schneller ist der Muskel. Somit haben Sprinter und 400-/800-m-Läufer die Möglichkeit, die Eigenschaften ihrer Muskulatur durch Krafttraining zu optimieren. Dabei werden jeweils nur so viele motorische Einheiten eines Muskels beteiligt, wie zur geforderten Kraftentfaltung notwendig sind. Das Kraftpotenzial wird nur bei einem optimalen Zusammenwirken aller an der Bewegung beteiligten Muskeln (Agonisten und Antagonisten) optimal genutzt.

Männer und Frauen unterscheiden sich bezüglich ihrer Veranlagung. Der prozentuelle Anteil an Muskulatur der Frauen ist geringer und damit auch ihre Maximalkraft:

Männer haben ca. 42 % Muskelanteil am Körpergewicht, Frauen nur ca. 32-36 %.

Frauen haben nur ca. 60-80 % der Maximalkraft des Mannes.

Der Kraftzuwachs zwischen dem sechsten bis zum 26. Lebensjahr beträgt bei Männern das etwa Fünffache, bei Frauen nur etwa das Dreifache.

Im Längsschnitt stellen sich die drei Fasertypen so dar

Rote Muskelfaser (ST-Faser, Slow Twitch-, Typ-I-Faser, tonische Muskelfaser) Rote Muskelfaser A-Typ (langsame, ermüdungsresistente Faser, auch Typ-I-Faser genannt)

Die rote (dunkle) Muskelfaser spricht auf Reize vergleichsweise langsam an, hat eine längere Kontraktionszeit, atrophiert und ermüdet langsam. Rote Muskelfasern haben einen – im Vergleich zur weißen Muskelfaser – geringeren Durchmesser, eine geringere Kontraktions- und Membranleitungsgeschwindigkeit und neigen zur Verkürzung.

Eine Umwandlung von FT-Fasern (weiße Muskelfasern) in ST-Fasern (rote Muskelfasern) ist durch Training möglich, die Umkehrung von ST- in FT-Fasern jedoch nicht.

Die „rote“ (langsame) Muskelfaser ist durch ihren Gehalt an Myoglobin (roter Muskelfarbstoff, der Sauerstoff speichern kann), eine große Anzahl von Mitochondrien („Kraftwerke der Zelle“, in denen die oxidative Verbrennung von Glukose und Fettsäuren stattfindet), einen relativ niedrigen Glukosegehalt und eine hohe Konzentration von oxidativen Enzymen auf die aerobe Energiebereitstellung und damit auf die Ausdauerleistung mit geringer Kraftentwicklung spezialisiert.

Weiße Muskelfaser (FT-Faser, Fast Twitch-, Typ-IIb-Faser, phasische Muskelfaser) Weiße Muskelfaser/S-Typ (sehr schnell arbeitende Faser mit kurzfristig hoher Kraftleistung, Typ-IIb-Faser)

Die weiße (helle) Muskelfaser spricht auf Reize sehr schnell an, ermöglicht kräftige Kontraktionen, neigt aber zur Abschwächung, atrophiert leichter und ermüdet schneller als die rote Muskelfaser. Sie kontrahiert etwa doppelt so schnell wie rote ST-Fasern und auch ihre Membranleitungsgeschwindigkeit ist mehr als doppelt so hoch. Im Vergleich zur roten Muskelfaser ist sie relativ dick.

FT-Fasern werden über schnell leitende Nervenbahnen (ca. 70-120 m/s) innerviert. Ihr Stoffwechsel ist vor allem durch einen Reichtum an engergiereichen Phosphaten, Enzymen der anaeroben Energiegewinnung und Glykogen charakterisiert und damit für ihre Arbeitsweise im vornehmlich anaeroben Bereich gut ausgestattet.

Die „schnellen“ Muskelfasern (Typ-IIa-/b-/c-Fasern) sind gekennzeichnet durch einen hohen Gehalt an energiereichen Phosphaten und Enzymen, die diese spalten, sowie Glykogen ohne Sauerstoff abbauen können. Sie sind auf die anaerobe Energiebereitstellung, also Kraft und Schnelligkeit, spezialisiert.

Typ-IIb-Fasern weisen einen hohen Glykogen- und einen niedrigen Mitochondriengehalt auf. Ihre Energiebereitstellung erfolgt sehr rasch, vor allem über die Glykoloyse. Sie sind wichtig für kurze und intermittierende Belastungen mit hoher Kraftentwicklung.

Intermediärtyp (FTO, Typ-IIa-/c-Faser) Intermediärtyp/Mixedtyp (schnelle, relativ ermüdungsresistente Faser, Typ II a/c)

Die Eigenschaften des Intermediärtyps liegen zwischen denen von hellen und dunklen Muskelfasern. Es scheint, als ob sich insbesondere dieser Muskelfasertyp durch Training gut in die eine oder andere Richtung beeinflussen lässt.

Typ-IIa-Fasern sind Fasern mit hoher Ermüdungstendenz und einem hohen Gehalt an glykolytischen und oxidativen Enzymen, die bei länger ausgeführten Kontraktionen mit relativ hoher Kraftentwicklung benötigt werden.

Typ-IIc-Fasern weisen je nach Training eher Typ-I- oder Typ-II-Eigenschaften auf.

2.9 Fazit

Das wissenschaftliche und das Trainerinteresse am Muskelaufbau und seiner Funktion konzentriert sich vor allem auf drei – besonders auch für Sportler – interessante Fragen:

Wie können Muskeln durch Trainingsreize so aufgebaut werden, dass sie für die jeweilige Strecke optimal funktionieren und die gewünschte Leistung ermöglichen?

Wandeln sich die Fasertypen wunschgemäß oder zufällig durch welches (richtiges oder falsches Training für die jeweilige Strecke) in einen anderen Fasertyp um?

Die wichtigste Frage aber ist, ob Talente, Hochbegabte nicht gleich – auf der Grundlage ihrer Zuordnung zum entsprechenden Muskelfasertyp – von Anfang an – für die Mittel- oder die Langstrecken ausgebildet werden sollten?

Foto: Muskelaufbau an Geräten bringt zusätzliches Potenzial.© Lothar Pöhlitz

Bei Muskelarbeit wird chemische Energie (ATP) in mechanische Energie und Wärme/Leistung umgewandelt.

Je höher die Energieflussrate (ATP-Bildung pro Zeit), desto höher die Leistung.

Intensität und Dauer der maximal möglichen Leistung verhalten sich gegenläufig. Je nach Trainingsinhalt und Reizstärke verändern sich die Anteile der aeroben und anaeroben Energiegewinnung auf muskelzellulärer Ebene.

Die Nährstoffe Kohlenhydrate und Fette sind die Energiespeicher, die je nach Intensität und Dauer der körperlichen Belastung auf unterschiedliche Art zur Energiegewinnung herangezogen werden und auf den Muskelstoffwechsel wirken.

Jede Sportart/Disziplin benötigt ihre spezifische Energiebereitstellung durch zielgerichtetes Training, das auf den Muskelfasertyp wirkt.

Die Trainingsmethodik muss die jeweils leistungsbestimmenden Eigenschaften der Disziplin in möglichst wettkampfnaher Bewegungs- und Belastungsstruktur ausbilden.*

Die Energiebereitstellung im Muskelstoffwechsel ist abhängig vom Trainingsaufbau, dem Trainingszustand und zum Teil auch von der Ernährung.

Je besser der Fettstoffwechsel trainiert ist, desto sparsamer kann die Muskulatur mit den wertvollen Glykogenreserven umgehen.

In den Laufdisziplinen müssen sich die unterschiedlichen Wettkampfanforderungen in den Beschleunigungsphasen, im anaerob-laktaziden Übergang und danach z.B. zum betont aerob abgesicherten Stoffwechsel in submaximalen bis mittleren Krafteinsätzen wiederfinden.*

Die Schnellkraftausbildung für Mittelstreckler erfordert es, die Muskelkraft schnell zu mobilisieren und das Kraftmaximum in optimal kurzer Zeit zu erreichen.*

Sprinttypen mit hohen FT-Muskelfaseranlagen haben keine Garantie für Spitzenleistungen, wenn sie das gezielte disziplinspezifische Schnelligkeits-/Schnellkrafttraining vernachlässigen.*

Wichtige Leistungsreserven für die Langstrecken sind durch spezifisches aerobes Kraftausdauertraining und durch Hypoxietraining in mittleren Höhen zu erschließen.*

Wechseln schnellkrafttrainierte Mittelstreckler zur Langstrecke, bildet sich ihr spezifisches Kraftpotenzial zurück, wenn es nicht weiterhin durch entsprechendes reizwirksames Krafttraining beansprucht wird.*

© Nike

*Quellen:

Neumann, Pfützner & Berbalk. (2001). Optimiertes Ausdauertraining.

Neumann, G. (1991). Ausdauer­belastung

Weineck. J. (2003). Optimales Training.

Moosburger, K. A. (2009). Die muskuläre Energiebereitstellung im Sport.

Schnabel et al. (2008). Trainingslehre.

Kapitel 3: Anpassung (Adaptation) an die Trainingsbelastungen

Nicht ausreichend beanspruchte Systeme entwickeln sich nicht oder bilden sich zurück, ganzjährig reizwirksame Belastungen bereiten die persönliche Bestzeit umfassend vor.

© Pierre Ayadi

Die in den letzten Jahren vollzogenen Veränderungen des internationalen Wettkampfkalenders, die stürmische Weiterentwicklung der Rekorde in den Laufdisziplinen, die Leistungsdichte im Spitzenbereich, sowie die praktischen Erfahrungen aus der Vorbereitung von Spitzenathleten unter diesen „neuen, veränderten Bedingungen“ und immer öfter unter den Bedingungen mittlerer Höhen zwingen uns auch zu einer effektiveren Form des Jahrestrainingsaufbaus. Besonders die von Neumann, Weineck, Mader u.a. in den letzten Jahren geleisteten Beiträge und Veröffentlichungen zu sportwissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Physiologie und Sportmedizin, die aus einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Trainingspraxis des Hochleistungstrainings entstanden sind, sollten anregen, das bisherige Vorgehen zu modernisieren.

Aus vielen Veröffentlichungen sollten wir für die Trainingspraxis schlussfolgern, dass alle sportlichen Aktivitäten zuerst unter dem Gesichtspunkt der Anpassung (Adaptation) der biologischen Systeme des Organismus (auf der Grundlage der sportmedizinischen, aber auch der trainingspraktischen Erkenntnisse) als Grundlage einer Wirksamkeitssteigerung des Leistungstrainings gesehen werden müssen. Dies führt zu der Notwendigkeit, auf der Grundlage einer möglichst hohen konditionellen Basis dem speziellen, qualitativen Teil der Trainingsbelastung, als wichtigste Voraussetzung für die sportliche Spitzenleistung, mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Dies beinhaltet auch, darüber nachzudenken, ob es richtig sein kann, dass man z.B. für Mittelstreckler über Wochen oder auch Monate in der Phase der Grundlagenausdauerentwicklung bestimmte, für den Wettkampf notwendige Systeme und Muskelstrukturen durch eine vor allem aerobe Schwerpunktlegung aus dem Trainingsprozess fast ganz ausklammert und so zulässt, dass das ererbte oder bereits erarbeitete Niveau z.B. in der Muskelstruktur (schnelle FT-Fasern) sowie im Muskelstoffwechsel nur in einer bestimmten Richtung gefordert wird. Zwingend ist auch, über die Effektivität der Ausbildung in den verschiedenen Entwicklungszeiträumen der Sportler (Jugend-Aufbautraining, Anschlusstraining, Hochleistungstraining) nachzudenken. Durch bessere Nutzung der Trainingseinheiten („Mischtraining“ mit verschiedenen Aufgaben und Intensitäten im Lauftraining: niedrige -> hohe -> mittlere Intensität) das Entwicklungstempo zu erhöhen.

Erfahrung ist, dass bei Sportlern mit mittlerem Leistungsniveau mittlere Belastungen umfangsorientiert (ohne niedrige bzw. hohe Intensitäten auszuschließen) am besten wirken. Im Hochleistungstraining dagegen stehen vor allem mittlere und hohe Belastungen/Intensitäten – bei ausreichenden Anteilen mit niedriger Intensität zur aeroben Stabilisierung oder Beschleunigung der Regenerationsprozesse – im Mittelpunkt. Eigene Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass umfangreichere Belastungen mit mittlerer Intensität wichtige Voraussetzungen für das spezielle Training sind, positiv auf den Verlauf der biochemischen Prozesse wirken, zur Steigerung der Laktattoleranz und zur schnelleren Reduzierung erhöhter Laktatkonzentrationen beitragen.

Foto: Zugwiderstände gilt es im Training nur allzu oft zu überwinden.© Uli Hörnemann

Das Hochleistungstraining erfordert von den Trainern umfassende Kenntnisse der biologischen Gesetzmäßigkeiten der Anpassung, sowie der Gesetzmäßigkeiten der Spezialisierung des Organismus für eine bestimmte Disziplin des Laufbereichs in einem langfristigen Leistungsaufbau. Damit ist auch das Wissen verbunden, welche Trainingsbelastung mit welchen Pausen, einschließlich der notwendigen Regenerationszeiten, für welche benötigte Fähigkeit erforderlich ist und an welcher Stelle des Jahrestrainingsaufbaus in welchem Zeitraum die jeweiligen Fähigkeiten auszuprägen sind. Zeitverluste in der Leistungsentwicklung lassen sich vermeiden, wenn rechtzeitig Übungen oder Inhalte gewechselt werden, sobald sich der Organismus in der gewünschten Richtung angepasst hat.

Ein Kernproblem jeder Leistungsentwicklung ist die Lösung des oftmaligen Widerspruchs zwischen der durch Training notwendig auszulösenden Anpassung und der Trainingsbelastung, die auf die individuell aktuelle Leistungssituation des Athleten trifft.

Das Wissen und die Fähigkeiten des Trainers entscheiden weitestgehend über Tempo, Höhe und Stabilität der Leistungsentwicklung. Zum Schutz des Trainers soll aber auch unterstrichen werden, dass sich realisiertes Training und dargestellte Leistung vielseitig beeinflussen, aber keine stabile Abhängigkeit garantieren. So lassen sich oft Phasen beschleunigter oder auch verlangsamter Leistungsentwicklung bzw. auch längerfristige Stagnationen „wissenschaftlich“ nicht hinreichend erklären. Es lässt sich aber die Erfahrung vermitteln, dass zu geringe Trainingsumfänge oder ungenügende Belastungsfortschritte im Wintertraining für nicht ausreichend stabile Leistungsdarstellungen im Sommer verantwortlich gemacht werden können.

3.1 Anpassung vor Periodisierung

Die in der Vergangenheit relativ starre Orientierung an den Mikro- bzw. Mesozyklen der Periodisierung berücksichtigt die biologischen Prozesse und damit eine optimale Adaptation zu wenig und führt oft zu trainingsmethodischen Entscheidungen, die die individuell aktuelle Verfassung des Sportlers (beispielsweise nach Trainingsausfällen) sowohl im positiven als auch im negativen Sinne zu wenig berücksichtigt. So kann man in der Praxis beobachten, dass in einer Phase hoher Leistungsfähigkeit und hoher Leistungsbereitschaft des Organismus die weitere Belastung abgebrochen wird, nur weil die dritte Woche eines 3:1-Belastungszyklus gerade vorbei ist und der Plan nun eine ruhige Woche vorsieht. Im umgekehrten Fall wird, obwohl der Sportler „platt“ ist, die vorgesehene hohe Belastung trotzdem durchgeführt. Deshalb müssen z.B. vier Wochen Trainingsausfall im Winter zu Konsequenzen im Sinne „nachzuholender Versäumnisse“ führen.

Damit sollen die Gewohnheiten im Umgang mit Makro-, Meso- oder Mikrozyklen nicht abgeschafft werden, weil sie zur Ordnung und Organisation des Trainingsprozesses und zur gegenseitigen Verständigung, zur Trainingsplanung und Analyse des absolvierten Trainings hilfreich sind. Die Trainer sollten aber besser als bisher die Reaktion der biologischen Systeme ihrer Athleten beobachten, sich von leistungsdiagnostischen Verfahren begleiten lassen und, wenn nötig, auch zu aktuellen Trainingsplanänderungen bereit sein, damit die geplante Belastungssteigerung möglichst effektiver als bisher zur gewünschten Anpassung führt. Die Vorbereitungsperioden I + II dienen der „Vorbereitung auf die persönliche Bestleistung“ beim Jahreshöhepunkt im Sommer.

Trainingsanpassungen, die nur durch entsprechend starke, anforderungsspezifische Trainingsbelastungen (Schwierigkeitsbewältigung) ausgelöst werden, vollziehen sich unter diesen Bedingungen in den Systemen:

im Herz-Kreislauf-System und der Durchblutung (Beanspruchung und Wiederherstellung, Ökonomisierung, Sportherz, Sauerstoffaufnahme- und -transportkapazität – VO2max);

in der Atmung und Sauerstoffversorgung (Herz- bzw. Atemfrequenz/Ökonomisierung der Herz- und Lungenarbeit);

in der Vergrößerung der Energiespeicher und in der verstärkten Mobilisation des Energiestoffwechsels, Enzymaktivitäten, Vermehrung der Kapillaren und Mitochondrien (Ausdauerfähigkeiten), Laktattoleranz;

in den Kraftfähigkeiten – Bewegungskoordination, Beweglichkeit, Muskelfaserstruktur, Belastbarkeit;

in der Schnelligkeit und Schnellkraft/FT-Faserstruktur, energiereiche Phosphate;

Lauftechnik;

im Bindegewebe, bei Sehnen, Knorpeln, Kapseln und Bändern;

im Willen zur Leistung und in der Konzentration auf das Wesentliche;

im „Spaß“ an Grenzbelastungen und an anaerobem Toleranztraining (natürlich verbunden mit optimaler Regeneration).

Trainingsbelastungen führen nur dann zu Anpassungen, wenn die zu entwickelnden Funktionssysteme, auf der Grundlage des individuell-aktuellen Belastungsniveaus richtig dosiert, ausreichenden Anforderungen ausgesetzt werden. Die Belastungsentwicklung kann allmählich, aber auch sprunghaft akzentuiert erfolgen (Störung des inneren Gleichgewichts–Ermüdung–Wiederherstellung–Superkompensation). Überhöhte Reize (submaximale, maximale und unterdistanzorientierte Intensitäten) im Vergleich zur aktuellen Leistungsfähigkeit plus optimale Regeneration bilden die Grundlage für die Leistungsentwicklung. Hohe Reize haben vor allem dann einen großen Wirkungsgrad, wenn sie auf einen nicht ermüdeten, dafür ausreichend vorbereiteten Organismus treffen.