Traummänner & Traumziele: Australien - Michelle Douglas - E-Book

Traummänner & Traumziele: Australien E-Book

MICHELLE DOUGLAS

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Beschreibung

BLEIBT DEIN HERZ IN AUSTRALIEN? von MICHELLE DOUGLAS
Die Einladung in ihr idyllisches Strandhaus kommt der hübschen Australierin Kate spontan über die Lippen, als sie den faszinierenden Engländer Simon kennenlernt. Gemeinsam unternehmen die beiden eine romantische Bootstour vor der atemberaubend schönen australischen Küste. Und während die Delfine hoch aus dem Wasser springen, schlägt auch Kates Herz höher. So zärtlich zieht Simon sie in seine Arme, dass sie sich sehnlich wünscht, er möge sie nie mehr loslassen. Doch sie weiß: Er ist ein englischer Lord, den die Pflicht bald für immer nach Hause zurückruft …

HEISS WIE DIE SONNE AUSTRALIENS von LINDSAY ARMSTRONG
Sie soll den Haushalt des vermögenden Unternehmers Lee Richardson managen und eine Party auf seinem Luxusanwesen in Australien organisieren: Rhianna ist begeistert von ihrem neuen Job und hingerissen von ihrem sexy Boss, in dessen Nähe sie ein lustvolles Prickeln verspürt. Mit jedem Tag fühlt sie sich stärker von ihm angezogen. Und als er sie nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht bittet, seine Frau zu werden, schwebt sie im siebten Himmel. Doch schon bald droht Lees Familiengeheimnis sich wie ein dunkler Schatten über ihr junges Glück zu legen …

LEIDENSCHAFTLICHES WIEDERSEHEN IN SYDNEY von MELANIE MILBURNE
Es knistert heiß zwischen Charlotte und dem faszinierenden griechischen Unternehmer Damon Latousakis, als sie ihn auf einer exklusiven Veranstaltung in Sydney wiedersieht. Leidenschaftlich fühlt sie sich zu dem einzigen Mann, dem je ihr Herz gehörte, hingezogen – und ist gleichzeitig fest entschlossen, ihm zu widerstehen. Denn Damon darf nicht entdecken, dass ihre Romanze auf Santorin nicht ohne Folgen blieb ...

LIEBESSTERN ÜBER AUSTRALIEN von MELISSA JAMES
Der Geländewagen ist gepackt, die Schlafsäcke sind verstaut – los geht es für die junge Tierärztin Danni und ihren Freund und Kollegen Jim Haskell! Eine abenteuerliche Fahrt quer durch Australien beginnt! Danni weiß, was Jim am Ende der Reise zu finden hofft: die Wahrheit über seine leiblichen Eltern. Und dann wird sie bei ihm sein, so wie er auch immer für sie da war! Sie ahnt nicht, was sie selbst in romantischen Nächten am lodernden Lagerfeuer entdecken wird: Sie braucht Jims Liebe. Nicht nur während der Reise, sondern viel länger: ein Leben lang!

CHAMPAGNERKÜSSE IN SYDNEY von SANDRA HYATT
Schon wenn er sie nur ansieht, rieselt Callie ein warmer Schauer über den Rücken! Ein Glas Champagner in der Hand, lächelt der unverschämt gut aussehende Mann ihr auf der Terrasse zu – und fordert sie später zum Tanz auf. Noch bevor die Nacht vorüber ist, zieht er langsam den Reißverschluss ihres roten Kleides herunter und schließt Callie fest in die Arme … Doch der Morgen über Sydney bringt ihr die schockierende Erkenntnis, mit wem sie die atemberaubende Liebesnacht verbracht hat: Ausgerechnet mit dem Milliardär und Playboy Nick Brunicadi – ihrem neuen Kunden!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 1012

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Michelle Douglas Lindsay Armstrong Melanie Milburne Melissa James Sandra Hyatt
Traummänner & Traumziele: Australien

Traummänner & Traumziele: Australien

Cover

Titel

Inhalt

Bleibt dein Herz in Australien?

COVER

IMPRESSUM

Bleibt dein Herz in Australien?

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

Heiß wie die Sonne Australiens

Cover

Titel

Impressum

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

Leidenschaftliches Wiedersehen in Sydney

Cover

Titel

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

EPILOG

Liebesstern über Australien

Cover

Titel

Impressum

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

EPILOG

Champagnerküsse in Sydney

COVER

IMPRESSUM

Champagnerküsse in Sydney

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

EPILOG

Guide

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Contents

IMPRESSUM

ROMANA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG ,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag:

Brieffach 8500, 20350 Hamburg

Tel.: 040/347-25852

Fax: 040/347-25991

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Ilse Bröhl

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,

Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg

Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2009 by Michelle Douglas

Originaltitel: „The Aristocrat And The Single Mom“

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

in der Reihe: ROMANCE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: ROMANA

Band 1858 (19/2) 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Dorothea Ghasemi

Fotos: Corbis

Veröffentlicht im ePub Format im 09 /2010 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3- 86295-073-7

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

ROMANA -Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA -Romanhefte wird ausschließlich 100% umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, BIANCA, JULIA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY, TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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Michelle Douglas

Bleibt dein Herz in Australien?

1. KAPITEL

Kate blätterte weiter zum letzten Beleg im Ordner, schloss die Augen, schlug den Ordner zu und zählte bis zehn. Dann öffnete sie die Lider wieder, klappte den Ordner auf und fing noch einmal von vorn an.

Das Klingeln an der Tür kündete an, dass jemand das Büro betreten hatte, doch sie blieb hocken. Zwischen all den Kartons fiel es ihr ohnehin schwer aufzustehen.

„Hallo?“

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie sich beim Klang einer solchen tiefen Männerstimme mit einem faszinierenden britischen Akzent sofort umgedreht. In diese Gegend kamen viele Touristen aus der ganzen Welt, und sie liebte die verschiedenen Akzente. Früher einmal hatte sie an jene Orte reisen und die unterschiedlichen Kulturkreise kennenlernen wollen, aber dann war sie mit Jesse schwanger geworden.

„Komme sofort!“, rief sie.

Da sie hinter dem Tresen hockte, konnte der Mann sie vermutlich nicht sehen.

Und obwohl sie sich sonst immer sofort ihren Kunden widmete, atmete sie nun tief durch und blätterte den Ordner noch einmal langsam durch.

Wo hatte sie den Beleg nur hingetan? Der Buchhalter hatte bereits in der Vorwoche danach gefragt, und sie hatte ihm versprochen, ihn ihm heute zu geben. Stöhnend ließ sie den Blick über die Kartons schweifen.

„Ist irgendetwas?“

„Entschuldigen Sie.“ Kate drehte sich um. „Ich …“

Sie verstummte und blinzelte. Wer konnte noch an Belege für Bootsreparaturen denken, wenn ein Mann wie dieser vor einem stand?

Vergeblich versuchte sie, ruhig zu atmen. Je länger sie den Fremden betrachtete, desto schwindeliger wurde ihr. Und da sie nicht vor ihm umfallen wollte, stützte sie vorsichtig die Knie auf den Boden. So konnte sie besser das Gleichgewicht halten. Hätte sie bloß nicht das Frühstück ausfallen lassen! Der niedrige Blutzuckerspiegel tat ein Übriges.

Der geheimnisvolle Fremde hatte nicht nur einen faszinierenden Akzent, sondern auch ein überwältigend attraktives Gesicht und einen tollen Körper. Ein derart perfektes Beispiel für männliche Schönheit hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen, dass sie unwillkürlich seufzte. Soweit sie es beurteilen konnte, beeinträchtigte nur sein etwas zu kurzes Haar seine perfekte Erscheinung. Doch es war dunkel und schimmerte verführerisch, und sie stellte sich vor, wie es wäre, die Hände hindurchgleiten zu lassen …

Kate riss sich zusammen. „Hallo.“ Ihre Stimme klang ganz normal. Sie schaffte es sogar zu lächeln.

„Hallo“, sagte er wieder, diesmal leicht erstaunt. Dann lächelte er ebenfalls. Er hatte feste, aber sinnliche Lippen.

Plötzlich war ihr nicht mehr schwindelig, und es kam ihr vor, als hätte der Blitz sie getroffen. Es erschien ihr richtig und falsch zugleich. Es ergab einfach keinen Sinn, und sie fragte sich, ob der Fremde genauso empfand.

Eine verzehrende Sehnsucht, die sie nicht unterdrücken konnte, flammte in ihr auf. Kate zwang sich aufzustehen. „Tut mir leid, dass ich Sie habe warten lassen.“

Sie blickte auf die Uhr an der Wand hinter ihr. Es war erst elf, also hatte sie noch genug Zeit, alle Belege zusammenzusuchen und zu ihrem Buchhalter zu fahren.

„Ist alles in Ordnung?“, hakte der Fremde nach.

Jetzt schon , hätte sie beinah gesagt, beherrschte sich allerdings gerade noch rechtzeitig.

Sie war alleinerziehende Mutter mit einem Kind. Sie gab sich keinen verrückten Fantasien mehr hin.

Jetzt nicht mehr.

Der Tourist hatte dunkle Augen, die nun einen besorgten Ausdruck angenommen hatten.

„Ja, es geht mir gut. Entschuldigung. Ich war nur mit meinen Gedanken woanders.“ Bei ihm. Aber das durfte er nicht wissen.

Kate pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht und riss sich erneut zusammen. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie sich zu lange in ihrer Arbeit vergraben hatte und wieder mehr unter Menschen gehen musste. „Ich habe nur einen schlechten Tag, wissen Sie?“

„Ja.“ Er nickte kurz. „Das kann ich gut nachvollziehen – besonders heute.“

Als ihre Blicke sich trafen, herrschte einen Moment lang stillschweigendes Einverständnis zwischen ihnen. In ihrem schwach erleuchteten Büro konnte sie nicht ausmachen, ob seine Augen braun oder dunkelgrau waren. Jedenfalls wirkten sie ehrlich und machten ihn ihr sympathisch.

Plötzlich hellte ihre Stimmung sich auf. „Was kann ich für Sie tun?“ Kate zog das Reservierungsbuch auf dem Tresen zu sich heran.

Als er wieder lächelte, bekam sie weiche Knie. Bestimmt sah sie scheußlich aus! Trotzdem widerstand sie dem Drang, sich durchs Haar zu fahren und ihren Rock glatt zu streichen.

Der Fremde hingegen trug einen perfekt sitzenden anthrazitfarbenen Anzug und teure Schuhe.

„Ich möchte Ihre Chefin Kate Petherbridge sprechen.“

Erneut blinzelte sie.

„Ich war um neun schon einmal hier.“ Er deutete auf die Glastür, auf der noch die alten Öffnungszeiten des Vorbesitzers standen. Bisher war sie noch nicht dazu gekommen, diese zu ändern. „Aber es war niemand da – ziemlich unprofessionell.“

Da sie dieses Büro erst vor zwei Tagen bezogen hatte, wartete noch eine Menge Arbeit auf sie. Unwillkürlich ließ sie die Schultern sinken. Als der Fremde lächelte, bekam sie wieder weiche Knie.

„Aber wenn Sie einen schlechten Tag haben …“, er zuckte die Schultern, „… kann man nichts machen.“

Dann betrachtete er die Gegenstände, die sie auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte. Der Riemen ihrer besten Umhängetasche war gerissen, als sie auf Archie zulief, um ihm die Passagierliste zu überreichen, und nur durch ihre schnelle Reaktion hatte sie verhindert, dass die Tasche samt Inhalt auf den Meeresboden sank. Die beiden Scheckkarten, ihr Führerschein und die Krankenkassenkarte hatte sie nur abtrocknen müssen, doch ihr Adressbuch, die Geldscheine und die Fotos mussten noch trocknen. Der Schnappschuss von Danny und Felice, bevor diese in die Flitterwochen aufgebrochen waren, war völlig aufgeweicht.

„Meine Tasche ist ins Wasser gefallen.“

Wider Erwarten lachte der Fremde nicht, sondern nickte nur verständnisvoll.

„Davor hatte ich Moby, den Goldfisch, beerdigt.“ So hatte der Tag angefangen.

„Tut mir leid.“

„Danke.“

Der Mann hob die Hand. „Und ich habe heute Morgen mit meinem Mietwagen ein Känguru angefahren.“

Obwohl seine Worte sie zusammenzucken ließen, kam Kate zu dem Ergebnis, dass dieser Fremde nur Gutes bringen konnte. „Wie schnell sind Sie denn gefahren?“

„Achtzig.“

Wieder zuckte sie zusammen. Das arme Tier hatte den Zusammenprall sicher nicht überlebt.

Dann beugte er sich unvermittelt vor und streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin Simon Morton-Blake.“

Lächelnd schüttelten sie sich die Hand. „Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich heiße …“ Erst dann begriff Kate und wurde sofort ernst. „Wie war noch Ihr Name?“

„Morton-Blake. Simon.“ Argwöhnisch kniff er die Augen zusammen. „Warum? Kennen Sie ihn?“

Natürlich tat sie das, doch Felice hatte nie von ihrer Familie gesprochen.

„Offiziell heiße ich Simon Morton-Blake, der siebte Lord Holm.“ Selbstverächtlich verzog er die Lippen. „Aber das sagt Ihnen sicher nichts.“

Entgeistert betrachtete Kate ihn. „Sie sind ein echter Lord?“

„Ja. Beeindruckt Sie das?“ Ironisch zog er eine Braue hoch. „Ich glaube, in Australien macht ein Titel nicht viel her.“

„Nein, eher nicht, aber … haben Sie auch ein eigenes Schloss?“ Sie konnte sich ihn gut als Schlossherrn vorstellen. In einem Kilt.

Sei nicht albern, ermahnte sie sich dann. Er ist Engländer, kein Schotte.

„Zu meinem Anwesen gehören ein Herrenhaus aus dem fünfzehnten Jahrhundert und eine Schafherde, aber kein Schloss.“ Simon verzog das Gesicht. „Und, bin ich jetzt in Ihrem Ansehen gesunken?“

Kate lachte. Obwohl er Morton-Blake hieß und mit Felice verwandt sein musste. Obwohl Felice nie von ihrer Familie gesprochen, geschweige denn erwähnt hatte, dass sie adlige Verwandte hatte.

Er musste ein entfernter Cousin oder so etwas Ähnliches sein. Vielleicht hatte Felice ihm eine Postkarte geschickt und von der Schönheit von Port Stephens und ihrem Job bei ihr geschwärmt.

Aber warum hatte Felice Danny und sie in dem Glauben gelassen, dass sie keine Familie hatte?

„Und Sie sind?“

Seine Worte rissen Kate aus ihren Gedanken. „Oh, entschuldigen Sie.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich bin Kate Petherbridge.“

Prompt verfinsterte sich seine Miene, während er die Hände auf den Tresen stützte und sich zu ihr herüberbeugte. Nun sah Kate, dass seine Augen dunkelgrau waren.

„Dann können Sie mir vielleicht sagen, wo meine Schwester steckt?“

Langsam sank sie auf den Stuhl. „Felice … ist Ihre Schwester?“

„Allerdings!“, rief Simon. „Und ich möchte wissen, ob es ihr gut geht.“

„Natürlich tut es das“, erwiderte sie betont geschäftsmäßig. „Es geht ihr sogar großartig.“

Daraufhin schloss er die Augen, strich sich übers Gesicht und sank auf den Hocker vor dem Tresen. „Gott sei Dank!“

Er ließ die breiten Schultern sinken, und erst in diesem Moment wurde ihr klar, wie sehr er sich die ganze Zeit zusammengerissen hatte. Sie wusste, wie es war, wenn man sich um Geschwister sorgte.

„Dass Felice Familie hat, ist mir neu.“ Tatsächlich hatte Felice sie in dem Glauben gelassen, überhaupt keine Verwandten zu haben. Wenn Simon ein Lord war, welchen Titel trug sie dann?

Und wusste Danny davon?

Simon kniff die Augen zusammen. „Das Spielchen spielt sie also. Trotzdem bin ich ihr Bruder. Zweifeln Sie etwa an meiner Glaubwürdigkeit?“

Am liebsten hätte sie die Lider geschlossen und sich dem Klang seiner Stimme hingegeben. Doch sie riss sich zusammen und straffte sich. „Haben Sie denn Beweise?“

Erneut beugte er sich zu ihr herüber. „Sie glauben mir also nicht?“

„Die Sicherheit meiner Angestellten liegt mir sehr am Herzen, Mr. Blake.“ Allerdings gehörte Felice jetzt nicht mehr zu ihrer Belegschaft, sondern zur Familie. „Ich kenne Sie überhaupt nicht und habe nur Ihr Wort. Vielleicht sind Sie ein Stalker.“

Nun lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme. „Und wenn ja? Was würden Sie dann machen?“

„Ich habe einen schwarzen Gürtel in Judo.“ Das entsprach den Tatsachen. „Und eine Harpune in der Schublade.“ Das war gelogen. „Also sehen Sie sich vor!“

Die Schreibtischschublade!

Schnell riss Kate sie auf. Da lag der Ordner mit all den Belegen, die ihr Buchhalter brauchte, damit sie keinen Ärger mit dem Finanzamt bekam. Sie konnte sich nicht entsinnen, ihn dort hineingetan zu haben. Erleichtert nahm sie ihn heraus und küsste ihn.

Simon hatte sich zurückgezogen, als würde sie tatsächlich eine Harpune zücken. Nun zuckten seine Mundwinkel.

„Mein Tag sieht jetzt viel besser aus“, gestand sie.

„Das freut mich.“

Als er seine Brieftasche aus dem Jackett nahm und darin zu suchen begann, nutzte Kate die Gelegenheit, um ihn zu betrachten. Simon Morton-Blake mochte ein Lord sein, aber er sah nicht so aus, als würde er die meiste Zeit am Schreibtisch verbringen. Er war zwar nicht gebräunt – schließlich wurde es in seiner Heimat gerade erst Frühling –, doch er wirkte wie jemand, der viel Zeit in der Natur verbrachte.

Außerdem hatte er gesagt, er würde Schafe besitzen.

Nun hielt er ihr eine Karte hin. „Hier, mein Führerschein.“

Sein Name war darauf gedruckt.

„Und das ist ein Foto von mir und meiner Schwester.“

Kate nahm es entgegen. Es zeigte ihn, ein älteres Ehepaar und Felice, die sie kaum wiedererkannte, weil sie so steif wirkte. Sie und Simon ähnelten einander nicht, aber dem älteren Paar – ihren Eltern?

„Das sind unsere Eltern“, erklärte er, als hätte er ihre Gedanken erahnt. „Und nein, sie leben nicht mehr.“

Wenigstens in dem Punkt hatte Felice also nicht gelogen.

Kate gab ihm beides zurück. „Das tut mir leid.“ Als er schwieg, fügte sie hinzu: „Haben Sie noch mehr Geschwister?“

„Nein.“

Somit war Felice seine einzige nahe Verwandte. Das erklärte seine Besorgnis.

„Darf ich Simon zu Ihnen sagen?“

Wieder lächelte er. „Gern.“

Noch immer hatte sie weiche Knie, obwohl sie saß. „Warum haben Sie sich solche Sorgen um Felice gemacht, Simon?“

„Weil ich seit zwei Monaten nichts mehr von ihr gehört habe.“ Er strich sich durchs Haar. „Und ihr Handy funktioniert nicht.“

„Es ist auch ins Wasser gefallen“, sagte sie vorsichtig. „Berufsrisiko, schätze ich.“ Betont lässig zuckte sie die Schultern, doch ihre Gedanken überschlugen sich. Warum hatte Felice sich nicht bei ihm gemeldet? Warum hatte sie ihm nicht von ihrer Heirat mit Danny erzählt?

Und was soll ich jetzt tun?

Bisher wusste sie zwar als Einzige von der Heirat, weil die beiden erst ihre Flitterwochen verleben wollten, ehe sie darüber sprachen, aber Felice hätte wenigstens ihren Bruder darüber informieren können.

„Wenn … wenn Sie wussten, dass Ihre Schwester für mich arbeitet, warum haben Sie mich dann nicht angerufen oder mir eine E-Mail geschickt?“

Simon hob das Kinn. Seine grauen Augen funkelten. „Ich wollte mich selbst vergewissern, dass es ihr gut geht und sie nicht in Schwierigkeiten steckt.“

In Schwierigkeiten? Felice war zweiundzwanzig – alt genug, um selbst über ihr Leben zu bestimmen.

„Sie steckt nicht in Schwierigkeiten.“

Er ging nicht darauf ein. „Wann kann ich sie sehen?“

Plötzlich hatte Kate das Gefühl, dass ihr Büro immer kleiner wurde. Unwillkürlich betrachtete sie seine Lippen. Obwohl er sie zusammengepresst hatte, stellte sie sich vor, wie es wäre, sie auf ihren zu spüren und …

Sie brauchte unbedingt frische Luft und etwas zu essen. „Kommen Sie.“ Schnell stand sie auf und ging zur Tür.

Simon folgte ihr, verließ ebenfalls das Büro und beobachtete, wie sie abschloss. „Bringen Sie mich jetzt zu ihr?“

„Wir trinken jetzt erst einen Kaffee.“

„Ich will keinen Kaffee!“

Nun, da er neben ihr stand, stieg ihr der würzige Duft seines Aftershaves in die Nase, der sie an Wälder, Moos und Wiesen erinnerte. „Ich aber.“

Nachdem er sie einige Sekunden lang angefunkelt hatte, lächelte er. „Sie kennen mich doch überhaupt nicht.“

Fassungslos über seinen plötzlichen Stimmungswechsel, musste sie sein Lächeln erwidern. „Stimmt.“

Und trotzdem schien es ihr, als würde sie ihn schon ewig kennen, was natürlich Unsinn war und nichts Gutes verhieß. Allerdings schreckte es sie nicht ab.

Ihr Büro lag in einer kleinen Einkaufspassage, und sie führte Simon an den kleinen Geschäften vorbei nach draußen in die strahlende Februarsonne und nach rechts zu Kellys Café.

„Was möchten Sie? Einen Flat White, Cappuccino oder Espresso?“, erkundigte sie sich.

„Egal.“

Als sie sah, wie er den Blick über die Bucht schweifen ließ, musste sie ein Lächeln unterdrücken. An einem Tag wie diesem, an dem das Wasser in der Sonne glitzerte, die Segel der Jachten im Wind flatterten und der goldgelbe Sand einen reizvollen Kontrast zum strahlend blauen Himmel bildeten, wirkte die Bucht einfach atemberaubend. Das Kreischen der Möwen und der leichte Salzgeruch des Meeres taten ein Übriges, um die Touristen und Einheimischen zu verzaubern.

Und den siebten Lord Holm.

„Möchten Sie etwas essen? Einen Muffin vielleicht?“ Bei der Vorstellung an Kellys Schokoladenmuffins merkte Kate, wie hungrig sie war.

„Nein, danke.“ Noch immer blickte er aufs Meer.

Wenn er nichts aß, verzichtete sie lieber auch. Mit schokoladenverschmiertem Mund würde sie nicht den Eindruck erwecken, den sie anstrebte.

„Zwei Flat White bitte“, bestellte sie den typisch australischen Cappuccino bei Kelly, die in der Nähe wartete.

„Und, hast du dich in deinem Büro schon eingerichtet, Schätzchen?“

„Es ist ein heilloses Durcheinander.“ In ihrer Rocktasche suchte Kate nach Kleingeld. „Ich glaube nicht, dass ich da etwas wiederfinde.“

„Und wenn sie es tut“, mischte Simon sich ein, während er zum Tresen ging, um Kelly einen Zwanzigdollarschein zu geben, „dann küsst sie es vor Dankbarkeit.“ Er zwinkerte Kate zu. „So ein Verhalten kann eine seltsame Wirkung auf einen Mann ausüben. Sie muss besser aufpassen.“

Als Kelly lachte, stimmte Kate ein. „Hätte ich gewusst, dass die Sonne sich so positiv auf Ihre Stimmung auswirkt, hätte ich Sie schon vor zehn Minuten hierher gebracht.“ Als sie sich dann vorstellte, wie es wäre, Simon zu küssen – und zwar viel leidenschaftlicher als den Ordner –, wurde ihr heiß.

„Das ist Felices Bruder Simon“, stellte sie ihn schnell Kelly vor.

„Freut mich, Sie kennenzulernen.“ Neugierig betrachtete diese ihn. „Felice war diesen Sommer die Attraktion hier.“ Dann zwinkerte sie Kate zu. „Lässt du ihn auch auf deinem Boot arbeiten?“

Kate legte den Kopf zur Seite und tat so, als würde sie überlegen. „Na ja, er hat ziemlich kräftige Arme. Bestimmt kann er ein Boot ruhig halten.“

„Sicher kann er noch mehr als das, Schätzchen.“

Simon lachte wieder.

Nun ging ihre Fantasie noch mehr mit ihr durch. Wie sollte sie sich bloß aus der Affäre ziehen?

Kelly erbarmte sich ihrer. „Sucht euch einen Tisch. Ich bringe euch gleich den Kaffee.“

„Danke, Kelly.“

Kate suchte einen Tisch draußen im Schatten aus, von dem man einen fantastischen Blick über die Bucht hatte, doch ihr war immer noch heiß. Angestrengt versuchte sie, sich an ihr letztes Rendezvous zu erinnern.

Allerdings war das hier kein Rendezvous.

„Stehen Felice und Sie sich sehr nahe?“

Simon wurde ernst. „Ja, natürlich.“

Doch sie hatte sein Zögern bemerkt. Forschend betrachtete sie ihn. „Möchten Sie darüber reden?“

Sofort versteinerte seine Miene. „Da gibt es nichts zu erzählen.“

„Verstehen Sie mich nicht falsch, aber … Felice ist zweiundzwanzig. Sie hingegen sehen nicht so aus …“

Die Andeutung eines Lächelns trat in seine grauen Augen. „Ich bin zehn Jahre älter.“

Als Kelly ihnen dann den Kaffee brachte, bedankte Kate sich und beobachtete, wie er sie anlächelte. Offenbar war er ein netter Mensch.

„Das ist ein großer Altersunterschied“, meinte sie.

„Stimmt.“

Gedankenverloren trank er einen Schluck und danach noch einen, und sie fragte sich, ob er den Geschmack überhaupt wahrnahm. Kelly kochte den besten Kaffee in der ganzen Bucht, doch er war offenbar nicht in der Stimmung, diesen zu würdigen.

„Felice war schon immer leichtsinnig und verantwortungslos.“ Nun betrachtete er Kate forschend. „Was hat Kelly gemeint, als sie sagte, Felice wäre diesen Sommer die Attraktion hier gewesen?“

„Dass sie bei allen sehr beliebt war.“

Grimmig verzog er die Lippen. „Genau das hatte ich befürchtet.“

Am liebsten hätte sie ihn nach dem Grund dafür gefragt, doch sie beherrschte sich. Unter dem Tisch wählte sie auf ihrem Handy Felices Mobilnummer und hielt es dann ans Ohr. „Als sie für mich gearbeitet hat, war ich sehr zufrieden mit ihr.“ Sie schlug die Beine übereinander und wartete.

Beinah hätte er seinen Becher fallen lassen. „Sie rufen Felice an?“

„Hallo, ich bin’s“, sagte Kate, sobald Felice sich meldete.

„Hallo. Was gibt’s?“

„Tut mir leid, dass ich dich in …“ Kate warf Simon einen Blick zu. „Im Urlaub störe, aber du kommst nie darauf, wer hier ist. Der siebte Lord Holm sitzt mir gerade gegenüber.“

Das Schweigen am anderen Ende der Leitung verstärkte ihr Unbehagen. „Felice?“

„Simon? Simon ist bei dir?“

„Ja.“

„Was hast du ihm erzählt?“

Felices Stimme klang so schrill, dass Kate überlegte, ob Simon es wohl hörte. Da er sich nun vorbeugte, als wollte er ihr das Telefon entreißen, rückte sie ein Stück von ihm ab. „Nichts. Warum?“

„Das verstehst du nicht!“

„Offensichtlich nicht.“

Verblüfft blickte er sie an, als könnte er nicht fassen, dass sie tatsächlich mit seiner kleinen Schwester telefonierte. Als hätte er sie vor Dankbarkeit am liebsten in den Arm genommen und geküsst. Hatte er denn geglaubt, sie würde ihn im Ungewissen lassen?

„Er wird alles kaputtmachen!“

Aus irgendeinem Grund konnte sie das nicht glauben.

„Bitte, bitte, bitte, Kate. Versprich mir, ihm nicht zu sagen, wo ich bin.“

„Das kann ich wohl kaum.“

„Du darfst ihm nicht sagen, dass ich Danny geheiratet habe!“

Kate biss sich auf die Lippe. Als sie Simon anblickte und das Verlangen bemerkte, das in seinen Augen aufflammte, wurde sie von Hitzewellen durchflutet und sah die erotischsten Bilder vor ihrem geistigen Auge auftauchen.

Hör auf damit, ermahnte sie sich. Er war ein Tourist, und sie ließ sich grundsätzlich nicht mit Touristen ein.

„Kate, versprich mir, ihm nicht zu sagen, dass ich verheiratet bin!“

„Ich … hatte gehofft, du tust es.“ Schließlich wollte sie nicht diejenige sein, die Simon eröffnete, dass seine Schwester mit einem Mann durchgebrannt war.

„Das werde ich auch. Ich schwöre es. Sobald wir zurückkommen.“

In vierzehn Tagen!

„Ich sehe ihn vor mir“, fuhr Felice spöttisch fort. „Mit missbilligender Miene sitzt er da, trommelt mit den Fingern auf den Tisch und wartet nur darauf, zu erfahren, dass ich eine Dummheit gemacht habe.“

Unbehaglich fragte Kate. „Hast du das denn?“

„Da hast du es!“, rief Felice schrill. „Er hat dich schon bearbeitet.“

Kate schlug einen autoritären Tonfall an. „Beantworte ganz einfach meine Frage, Felice.“

„Verdammt! Ihr beide passt gut zusammen, weißt du das?“

Kate lächelte Simon an, aber er blieb ernst. „Sie hat gerade gesagt, wir beide würden gut zusammenpassen.“

Daraufhin lächelte er doch.

„Er ist wirklich bei dir, stimmt’s?“, hakte Felice nach.

„Ja.“

„Ich habe keinen Fehler gemacht, Kate.“

Kate blinzelte und wandte den Blick von Simon ab, weil dieser sie zu sehr aus der Fassung brachte.

„Ich liebe Danny“, fuhr Felice ernst fort. „Ihn zu heiraten war das Beste, was ich je getan habe.“

„Schon gut“, beschwichtigte Kate sie. „Aber kannst du mir wenigstens einen Gefallen tun? Rede mit ihm, und sag ihm, dass es dir gut geht, ja?“

„Ich will nicht mit ihm sprechen.“

Noch nie hatte Felice so stur geklungen. „Bitte, Felice.“ Unwillkürlich hielt Kate den Atem an.

„Er bringt mich bestimmt dazu, einfach aufzulegen.“

Langsam atmete Kate aus. „Trotzdem …“

„Versprichst du mir, mich noch einmal anzurufen, wenn du allein bist?“

Kate unterdrückte ein Seufzen. „Abgemacht.“ Dann reichte sie Simon das Telefon. „Seien Sie nett zu ihr.“

Er hielt es sich ans Ohr.

„Felice? Gott sei Dank! Geht es dir gut?“ Nachdem er einen Moment zugehört hatte, verfinsterte sich seine Miene. „Worauf willst du hinaus, verdammt? Ich …“

Er verstummte und hielt das Telefon vom Ohr weg. Am liebsten hätte Kate ihn darauf hingewiesen, dass er sich keine besonders große Mühe gab, nett zu sein.

Schließlich setzte er das Gespräch fort. „Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!“ Einen Moment lang presste er die Lippen zusammen. „Also, raus mit der Sprache. Was hast du diesmal angestellt?“

Plötzlich tat Felice ihr leid – Felice, die so lebenslustig war … und so viel Liebe geben konnte.

„Was soll das heißen, es geht mich nichts an?“

Kate trank einen Schluck Kaffee und beobachtete Simon dabei. Er übertrieb wirklich in seiner Rolle als großer Bruder, der seine kleine Schwester beschützte. Habe ich Danny auch so mit meiner Fürsorge erstickt? Fragte sie sich unwillkürlich.

Allerdings betrug der Altersunterschied zwischen ihnen nur fünf Jahre. Zehn Jahre waren viel.

Nun ballte Simon die freie Hand zur Faust. „Natürlich geht es mich etwas an. Du hättest mir wenigstens Bescheid sagen können.“ Er hieb auf den Tisch. „Das ist Unsinn, und das weißt du auch. Ich …“

Er nahm das Telefon vom Ohr weg, um es zu betrachten. Dann hielt er es sich wieder ans Ohr. „Hallo?“ Er drehte sich zu Kate um. „Sie hat aufgelegt.“

„Kein Wunder!“ Sie nahm es ihm ab. „Hatte ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen nett zu ihr sein?“

Resigniert lehnte er sich zurück. „Wo ist sie? Ich reise erst ab, wenn ich sie wenigstens einmal gesehen habe.“

„Sie können mir nicht weismachen, dass Sie sie nur einmal aus der Ferne sehen wollen. Sie wollen ihr für irgendein vermeintliches Fehlverhalten die Leviten lesen. Meine Güte, sie ist zweiundzwanzig – alt genug, um selbst über ihr Leben zu bestimmen!“

„Sie kennen sie doch gar nicht.“ In einem Zug leerte er seinen Becher.

„O doch. Sie hat die letzten drei Monate unter meinem Dach gewohnt und für mich gearbeitet.“

Simon runzelte die Stirn. „Aber Sie kennen sie nicht so gut wie ich.“

„Nein. Doch Sie müssen aufhören, sie wie eine Zwölfjährige zu behandeln, sonst stellt sie eines Tages wirklich noch etwas an.“

Abrupt sah er auf. „Was denn zum Beispiel?“

„Ach, was weiß ich? Vielleicht gerät sie in falsche Kreise und nimmt Drogen – nur um Ihnen zu beweisen, dass sie erwachsen ist.“ Als sie den Ausdruck von Panik bemerkte, der über sein Gesicht huschte, fuhr sie schnell fort: „Keine Angst. Bisher hat sie in meiner Gegenwart höchstens ein Glas Wein getrunken. Wenn Sie sie allerdings unter Druck setzen, zieht sie sich womöglich zurück. Und wenn sie Sie dann eines Tages tatsächlich brauchen sollte, wendet sie sich bestimmt nicht an Sie.“

Müde strich er sich übers Gesicht. „Sie sprechen aus Erfahrung, stimmt’s?“

Kate strich mit dem Finger über den Rand ihres Bechers. „Mein Vater ist vor acht Jahren gestorben. Ich war damals zwanzig, mein Bruder Danny fünfzehn.“

„Und Ihre Mutter?“

„Sie hat uns verlassen, als ich sechs war.“

„Dann haben Sie Ihren Bruder großgezogen.“

„Danny und ich haben uns immer gut verstanden, aber er ist nur fünf Jahre jünger als ich. Vielleicht ist es mir leichter gefallen, zu akzeptieren, dass er erwachsen und für sich selbst verantwortlich ist.“

„Außerdem ist er ein Mann, und Männer können gut auf sich selbst aufpassen.“

„Ah, da spricht der Macho!“

Simon zuckte die Schultern und beugte sich dann vor. „Wissen Sie, wie viel Felice wert ist? Wie viel sie erbt, wenn sie fünfundzwanzig wird?“

Er nannte ihr eine Summe, die sie schlucken ließ. „Was?“

Erneut lehnte er sich zurück. „Jetzt verstehen Sie vielleicht, warum ich mir Sorgen um sie mache.“ Grimmig presste er die Lippen zusammen. „Ich werde nicht zulassen, dass sie einen Mann heiratet, der es nur auf ihr Geld abgesehen hat.“

Plötzlich begriff sie, warum Felice ihnen nicht von ihrer Familie erzählt hatte. Hoffentlich wusste Felice, dass Danny und sie sie um ihrer selbst willen liebten!

Gleichzeitig kam ihr ein anderer Gedanke. Wie würde Simon reagieren, wenn er von Felices Heirat mit Danny erfuhr?

Fast hätte Kate laut gestöhnt, doch sie riss sich zusammen, denn er betrachtete sie forschend.

„Wo ist sie?“

Bevor sie antwortete, nahm sie ihren Becher und trank ihn ebenfalls aus. „Ich weiß es nicht.“ Sie stellte ihn wieder auf den Tisch.

„Ich glaube Ihnen nicht.“

„Das lässt sich nicht ändern. Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.“

Erneut presste er kurz die Lippen zusammen. „Das wär’s dann also, stimmt’s?“

„Ich fürchte ja. Tut mir leid, Simon, aber Ihre Schwester ist volljährig und kann selbst über ihr Leben bestimmen.“

Daraufhin verschränkte er die Arme und machte ein finsteres Gesicht.

Sie hatte den charmanten Fremden mit dem verführerischen Akzent gemocht und für den großen Bruder mit den grauen Augen, der sich um seine Schwester sorgte, Mitgefühl empfunden … Dieser abweisende Mann weckte jedoch Unbehagen in ihr. Sie fragte sich, welches Gesicht er Felice normalerweise zeigte.

Als sie sich deren panischen Tonfall ins Gedächtnis rief, kannte sie die Antwort.

Im nächsten Moment wurde ihr allerdings klar, dass er damit nur seine Angst überspielte. Ganz offensichtlich hatte er sich in den vergangenen Monaten große Sorgen um seine Schwester gemacht. Und statt ihr zu sagen, dass er sie liebte und froh sei, dass es ihr gut ging, hatte er ihr nur Vorwürfe gemacht …

Als hätte er damit gerechnet, zurückgewiesen zu werden.

Was mochte zwischen den beiden vorgefallen sein?

„Und was jetzt?“, erkundigte Simon sich schließlich. „Was macht sie überhaupt?“

„Sie reist mit dem Rucksack durch die Weltgeschichte. In vierzehn Tagen ist sie wieder zu Hause.“

„Zu Hause?“, wiederholte er scharf. „Ihr Zuhause ist in England!“

„In vierzehn Tagen ist sie wieder da.“

Sie mochte Felice sehr und hatte ihr versprochen, Simon nichts zu erzählen. Dennoch fühlte sie mit ihm, denn sie wusste, wie es war, wenn man sich Sorgen um jüngere Geschwister machte. Oder um ein Kind.

Und er hielt seine Schwester offenbar für ein Kind.

„Was soll ich bis dahin machen?“, hakte er nach.

„Sie könnten nach England zurückkehren“, schlug Kate vor. „Ich sage Felice, dass Sie sich gleich bei Ihnen melden soll, wenn sie kommt.“

Entschlossen schüttelte er den Kopf. „Ich reise erst ab, wenn ich sie gesehen habe.“

Gut. Instinktiv wusste sie, dass er bleiben musste, wenn er sich mit Felice versöhnen wollte.

„Na, dann …“ Kate machte eine weitschweifende Geste. „Sie befinden sich mitten in einem Touristenmekka.“ Immerhin war er in Nelson Bay, einem der größten Orte von Port Stevens, drei Autostunden nördlich von Sydney und für sie einer der schönsten Orte der Welt. „Wenn Sie hier bleiben wollen, machen Sie doch einfach Urlaub.“

„Urlaub? Für so etwas habe ich keine Zeit!“ Seine Haltung verriet seine enorme Anspannung.

„Und warum nicht?“ Ihrer Meinung nach brauchte Simon ganz dringend eine Auszeit.

„Ich muss mich um mein Anwesen kümmern. Ich …“

„Ist das etwa wichtiger, als hier auf Felice zu warten?“

„Nein.“

Das war die richtige Antwort. Und er hatte nicht einmal gezögert! Als Kate lächelte, kniff er argwöhnisch die Augen zusammen, doch sie ignorierte es. „Können Sie überhaupt nicht mehr abschalten? Ich wette, Ihr Leben besteht nur aus Arbeiten und Schlafen.“

Und aus der Sorge um Felice. Sie kannte Männer wie ihn. Auch ihr Vater hatte sich in Arbeit vergraben. Hätte er nur genauso viel Energie darauf verwandt, ihre Mutter, seine große Liebe, zurückzugewinnen, wäre er vielleicht glücklich gewesen.

„Ich …“
 „Sie müssen unbedingt mal die Seele baumeln lassen, Simon. Bleiben Sie stehen, und nehmen Sie den Duft der Rosen wahr. Haben Sie welche in Ihrem Garten? Nelson Bay ist nicht für Rosen berühmt, aber für Salz. Und Kokosöl.“

Simon sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. „Ich soll stehen bleiben und den Duft von … Kokosöl einatmen?“

„Genau. Jeder sollte das tun.“

Vielleicht war sie tatsächlich verrückt geworden, doch sie wollte Simon zum Lachen bringen – genauso wie Jesse, wenn er traurig aus der Schule kam.

„Na los, kommen Sie!“ Sie stand auf. „Sie müssen den Sand zwischen den Zehen spüren.“

2. KAPITEL

„Was soll ich?“

Simon stand ebenfalls auf, wirkte allerdings etwas unentschlossen. Doch wenn er wieder ein gutes Verhältnis zu Felice aufbauen wollte, musste er unbedingt lockerer werden.

Kate zwinkerte ihm zu. „Zuerst sollten Sie den Anzug loswerden.“ Als er sie entgeistert ansah, beschleunigte sich ihr Puls. Schnell hakte sie sich bei ihm unter, um ihn zu einem Geschäft zu führen. Er war viel zu höflich – oder zu verblüfft –, um sich zu widersetzen.

„Oh, Schlussverkauf, wir haben Glück.“ Sie nahm eine Badeshorts von dem Kleiderständer vor der Boutique und hielt sie hoch. „Die müsste Ihnen passen.“

„So etwas ziehe ich nicht an!“

Die Hose war weiß und pinkfarben gestreift. „Schade.“ Kate hängte sie weg und nahm eine andere, rotgelb gemusterte. Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, schüttelte sie den Kopf. „Also nicht.“ Dann entdeckte sie das passende Modell. „Hier! Die ist perfekt!“ Triumphierend zeigte sie sie ihm.

„Das ist der Union Jack“, meinte er ausdruckslos.

„Stimmt. Genau das Richtige für einen englischen Lord.“

Daraufhin umfasste er ihre Schultern und funkelte sie an. Die ungezügelte Kraft, die sein Griff verriet, übertrug sich auf sie, und einen Augenblick lang glaubte Kate, Simon würde sie küssen.

Falls er es tat, würde sie ihm bestimmt nicht widerstehen können.

Das war kein gutes Omen.

„Können Sie den Lord einfach vergessen und mich Simon nennen?“, stieß er hervor.

Sie schluckte und nickte dann. „Ja.“

Er nickte, als hätte er nicht damit gerechnet, dass sie sich so schnell geschlagen geben würde. Aus irgendeinem Grund fand sie das sehr traurig. „Tut mir leid. Hätte ich geahnt, dass Sie so dazu stehen, hätte ich Sie nicht damit aufgezogen.“

Einen Moment lang wirkte er richtig verloren, und sie hätte ihn am liebsten umarmt.

„Schon gut“, sagte er heiser.

Dann ließ er den Blick zu ihrem Mund schweifen. Seine Augen wirkten plötzlich viel dunkler.

Während er seinen Griff lockerte, betrachtete er unverwandt ihre Lippen, die nun zu prickeln begannen. Am liebsten hätte sie sie geöffnet.

Kate konnte sich nicht entsinnen, wann ein Mann sie das letzte Mal mit derart unverhohlenem Verlangen angesehen oder dasselbe Verlangen in ihr geweckt hatte. Sie konnte sich nicht entsinnen, wann sie sich das letzte Mal hatte fallen lassen.

Sie durfte sich nicht fallen lassen.

Andererseits …

Aber Simon würde bald wieder aus ihrem Leben verschwinden.

„Simon?“, sagte sie im selben Moment, als er sie losließ und einen Schritt zurückwich. Dann hielt sie die Badeshorts hoch. „Das ist also ein Nein, oder?“

Er räusperte sich. „Ein ganz energisches sogar.“

„Und?“ Sie deutete auf den Kleiderständer.

Flüchtig ließ er den Blick darüber schweifen und griff schließlich zu einem blauen Modell. „Das ist gut.“ Dann erschrak er.

Kate lachte, als sie den aufgedruckten Strand mit den Palmen und Hulamädchen bemerkte. „Nur Mut!“

Herausfordernd funkelte Simon sie an, während er sich durch das zu kurze Haar strich. „Ich schätze, Sie wollen auf etwas Bestimmtes hinaus?“

„Richtig.“

„Würden Sie mich bitte aufklären?“

„Das hängt davon ab, wie sehr Sie sich engagieren.“

„Wofür?“

„Wenn Sie die Frage heute Abend beantworten können, kläre ich Sie ganz bestimmt auf.“

Verblüfft blickte er sie an, woraufhin sie die Hände in die Hüften stemmte.

„Haben Sie heute schon etwas vor, Simon?“

„Nein, aber …“

„Dann lassen Sie sich einfach treiben.“

„Treiben?“

Schnell ging sie zum nächsten Kleiderständer, an dem T-Shirts hingen. „Bevorzugen Sie bestimmte Farben?“, fragte sie über die Schulter. „Und tragen Sie lieber enge oder weite T-Shirts?“

Erneut betrachtete er sie, als hätte sie den Verstand verloren.

Kate neigte den Kopf zur Seite und tat so, als würde sie Simon betrachten. „Enge T-Shirts stehen Ihnen bestimmt gut, aber weite sind natürlich bequemer.“

Und schließlich lächelte er.

Am liebsten hätte sie vor Freude geschrien, doch sie erwiderte sein Lächeln nur.

„Sind Sie eigentlich immer so?“

„Wie denn?“ Kurzerhand reichte sie ihm ein blaugraues Modell, das zu seiner Augenfarbe passte.

„Unverbesserlich.“

„Wer, ich?“, konterte sie gespielt überrascht, bevor sie ihn in das Geschäft schob. „Die Umkleidekabinen sind dahinten. Wenn die Sachen passen, behalten Sie sie gleich an. Der Verkäufer kann Ihren Anzug in eine Tüte tun.“

„Ich …“

„Und Sie brauchen noch Flipflops.“

Entsetzt blickte er sie an. Schnell deutete sie auf eine Reihe mit Badelatschen, bevor sie sich abwandte und das Geschäft verließ. Dann nahm sie ihr Handy aus der Tasche, um Felices Nummer zu wählen.

„Du meine Güte! Ist er weg?“, kam ihre Schwägerin gleich zur Sache.

„Die nächsten zehn Minuten wird er wohl beschäftigt sein.“

„Sag mir bitte, dass du ihn überredet hast, nach England zurückzukehren.“

„Du machst Witze, oder?“ Kate blickte sich zu dem Geschäft um. „Ich versuche es nicht einmal. Er will erst abreisen, wenn er dich gesehen hat.“

Felice stöhnte. „Keine Angst, er bleibt nicht zwei Wochen in Australien, nur um mein Gesicht zu sehen.“

Ihre Worte machten deutlich, wie verletzt Felice sein musste. Kate biss sich auf die Lippe. „Möchtest du darüber reden?“

„Da gibt es nichts zu erzählen, außer dass Simon ein echter Tyrann und ein Spießer ist.“

Kate dachte einen Moment darüber nach. „Weißt du was? Im Moment solltest du einfach nur deine Flitterwochen genießen. Ich kümmere mich in der Zwischenzeit um Simon.“

„Bist du sicher?“

„Ja.“

„Danke, Kate.“

Nachdem Felice aufgelegt hatte, wartete Kate auf Simon.

Als er zehn Minuten später aus dem Geschäft kam, hätte sie am liebsten bewundernd gepfiffen – wenn sie es gekonnt hätte. „Ich wollte schon die ganze Zeit Ihre Knie sehen“, neckte sie ihn. Er hatte muskulöse, wenn auch ein wenig blasse Beine, doch in vierzehn Tagen würden sie gebräunt sein.

„Ich komme mir wie ein Idiot vor“, erklärte er unwirsch.

„Sie sehen wie ein ganz normaler Tourist aus.“

Das tat er allerdings nicht, denn er wirkte immer noch angespannt und verkrampft.

„Darin kann ich überhaupt nicht gehen.“ Er hob einen Fuß.

„Das lernen Sie schon. Kommen Sie.“

Sie führte ihn über die Straße und dann durch den Park hinunter zum Strand. Dort streifte sie ihre Leinenschuhe ab und schloss genüsslich die Lider, sobald sie den sonnenwarmen Sand unter den Füßen spürte. Einfach himmlisch!

Als sie ein Auge öffnete, stellte sie fest, dass Simon sie fasziniert betrachtete. Er trug noch immer die Badelatschen und hatte zwei große Plastiktüten in den Händen. Sie öffnete das andere Auge auch und schüttelte den Kopf. „Wann haben Sie das letzte Mal Urlaub gemacht, Simon?“

„Urlaub?“

Das sagte alles. Vorsichtig nahm sie ihm die Tüten ab und stellte sie neben ihre Schuhe. „Die Badelatschen dorthin“, wies sie ihn an.

Er gehorchte.

„Und? Fühlt es sich nicht fantastisch an?“

„Hm … ja.“

Fragend blickte er sie an, als versuchte er herauszufinden, welche Reaktion sie erwartete. Am liebsten hätte sie ihm zugerufen, dass er einfach machen solle, was ihm guttat.

„Sie leben in Europa, stimmt’s?“

„Als ich das letzte Mal nachgesehen habe, gehörte England noch zu Europa, ja.“

„Haha, Sie sind ja ein richtiger Komiker!“

Als er schief lächelte, lächelte sie ebenfalls. „Na ja, Spanien ist doch ganz in der Nähe, stimmt’s? Machen Sie nicht jedes Jahr Urlaub auf … Aruba?“ Irgendwo hatte sie diesen Namen schon mal gehört.

„Aruba liegt in der Karibik, Kate.“

Sein Akzent war einfach unwiderstehlich, vor allem wenn Simon ihren Namen aussprach! Wieder überlief sie ein heißes Prickeln.

„Ach, unter Freunden nimmt man so etwas nicht so genau“, konterte sie mit einer lässigen Geste.

Zufrieden beobachtete sie, wie er ungezwungen lachte. Und wie ein sehnsüchtiger Ausdruck in seine Augen trat, als er danach auf die Bucht blickte. „Warum gehen Sie nicht schwimmen?“

„Ich habe kein Handtuch dabei.“

Kate zuckte die Schultern. „Dann kaufen Sie sich eins. Oder trocknen Sie sich einfach mit Ihrem T-Shirt ab.“

„Und was ist mit Ihnen?“

„Ich habe meinen Badeanzug nicht dabei.“ Sehnsüchtig blickte sie aufs Wasser. „Außerdem muss ich in ein paar Stunden weiterarbeiten. Ich habe heute einen Termin bei meinem Buchhalter.“ Und das ist gut so, sagte sie sich.

Als ihr dann der Duft von Pommes frites in die Nase stieg, vergaß sie alles andere.

Auf ihr Seufzen hin drehte Simon sich zu ihr um. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Ich bin so hungrig! Warten Sie hier. Bin gleich wieder da.“

Wenige Minuten später kehrte sie mit drei Portionen vom Kiosk zurück und reichte Simon eine.

Lächelnd betrachtete er die Tüten in ihrer Hand. „Anscheinend sind Sie wirklich hungrig.“

„Eine für Sie, eine für mich und eine für die Möwen.“

„Wie bitte?“

Statt zu antworten, warf sie ein Kartoffelstäbchen in die Luft, auf das sich prompt mehrere Vögel stürzten. „Jetzt sind Sie dran.“ Sie hielt ihm die Tüte hin, und er machte es ihr nach. Lachend beobachteten sie, wie noch mehr Möwen kreischend herbeiflogen.

Als die Tüte leer war, warf Kate sie in einen Abfalleimer. „Kommen Sie, waten wir durchs Wasser“, wandte sie sich an Simon. „Oder machen englische Lords sich nicht die Füße nass?“

„Doch“, stimmte er in ihr Geplänkel ein. „Mir machen vielmehr die Koloniebewohner Angst, die mit den Fingern essen.“

Sie lachte. „Na ja, Ihr Tafelsilber haben Sie ja auch nicht dabei.“

Seine grauen Augen funkelten amüsiert. „Dafür bräuchte ich einen Tisch. Von einem Butler ganz zu schweigen.“

Dass er Humor hatte, hatte sie gewusst. Schließlich war er Felices Bruder.

Einvernehmlich wateten sie durchs Wasser und aßen dabei ihre Pommes frites. Kate beobachtete, wie die Anspannung allmählich von Simon abfiel und er das Gesicht in die Sonne hielt.

„Wann haben Sie das letzte Mal so etwas mit Felice unternommen?“ Sie bemühte sich um einen unverfänglichen Tonfall.

Sofort ging er wieder in Abwehrhaltung und funkelte sie an.

„Es war ja nur eine Frage“, beschwichtigte sie ihn. „Ich habe das Gefühl, dass Felice und Sie sich etwas entfremdet haben.“

Trotz der Freizeitkleidung wirkte er plötzlich so furchteinflößend, als würde er eine Rüstung tragen. „Über meine Beziehung zu Felice rede ich nicht mit …“

„Einer Fremden?“, beendete sie den Satz für ihn. „Das müssen Sie auch nicht. Ich kann Ihnen auch so sagen, was los ist.“

„Ich …“

„Da Sie zehn Jahre älter sind als Felice“, fuhr sie einfach fort, „haben Sie sich wahrscheinlich immer für sie verantwortlich gefühlt. Und sie hat sich bestimmt oft gegen Ihre … Autorität aufgelehnt.“

Als sie ihn ansah, schwieg er, doch in seinen Augen lag ein gequälter Ausdruck.

„Sie ist flügge geworden, und das hat Ihnen wahrscheinlich große Angst gemacht, weil Sie sie nicht mehr im Auge behalten konnten.“ Nun blickte Simon starr nach vorn. „Das geht ja auch nicht. Also versuchen Sie, sie zu bevormunden, und sie wehrt sich dagegen, sodass Sie sich nur noch streiten.“

Offenbar hatte sie ins Schwarze getroffen, denn er blieb unvermittelt stehen. „Sie kennen mich doch überhaupt nicht. Das alles ist reine Spekulation.“

„Aber ich kenne Felice. Ja, ich weiß“, fügte sie hinzu, als er sie erneut anfunkelte. „Ich bin nur eine neugierige Koloniebewohnerin.“ Doch ihr Bruder hatte in Simons Familie eingeheiratet, und sie wollte nur das Beste für Felice und ihn.

Genau wie für Simon.

„Und offenbar haben Felice und Sie zumindest so viel gemeinsam, dass sie sich es nicht gefallen lässt, wenn Sie sie bevormunden. Wenn man zu weit geht, ergreift sie die Flucht.“

Plötzlich wurde Simon aschfahl, sodass sie ihn am liebsten in den Arm genommen hätte. „Aber sie ist ein liebes Mädchen“, fuhr sie fort und tat so, als hätte sie es nicht gemerkt. „Sollte es je so weit kommen, wäre eine Entschuldigung sicher der richtige Weg für eine Versöhnung. Und das Versprechen, sich in Zukunft aus ihren Angelegenheiten herauszuhalten.“ Auch sie hob nun das Gesicht in die Sonne. „Schließlich ist sie eine sehr patente junge Frau, die gut selbst auf sich aufpassen kann.“

Während sie weitergingen, bekam sein Gesicht wieder Farbe. „Felice hat es hier also gefallen?“, fragte Simon nach einer Weile.

Kate machte eine ausholende Geste. „Was denken Sie denn?“

Er blickte sich um, und ein Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich glaube schon.“

„Bingo.“

Es gefiel ihr, mit ihm so am Strand entlangzuschlendern. Tief atmete sie die klare, salzige Seeluft ein, in die sich auch sein maskuliner Duft mischte.

„Lebt Ihr Bruder – Danny – auch in Nelson Bay?“

„Ja. Wir machen die Touren zur Delfinbeobachtung zusammen.“ Lächelnd blickte sie zu ihm auf. „Mein Vater hat die Firma vor über zwanzig Jahren gegründet.“

„Und? Macht es Ihnen Spaß?“

„Meistens schon.“ Sie krauste die Stirn. „Außer an den Tagen, an denen ein Mitarbeiter sich krankmeldet – so wie heute Morgen – und ich ganz schnell Ersatz finden muss.“

Seine Mundwinkel zuckten. „War das vor oder nach der Goldfischbestattung?“

„Währenddessen.“

Simon schwieg einen Moment. „Und was unternehmen Sie und Danny, wenn Sie Spaß haben wollen?“, erkundigte er sich dann.

Prompt stolperte sie vor Schreck, schaffte es allerdings, das Gleichgewicht zu wahren. „Wir sind beide leidenschaftliche Surfer und sehen uns gern Horrorfilme an. Und was ist mit Felice und Ihnen?“

Als er nichts sagte, stupste sie ihn an. „Kommen Sie, es muss doch irgendwelche schönen Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse geben!“

Von oben herab blickte er sie an. „Viele sogar.“

Er konnte wirklich sehr überheblich wirken! „Und wann haben Sie sie das letzte Mal zum Lachen gebracht?“

Nachdem er einen Moment nachgedacht hatte, hellte seine Miene sich auf. „Als ich ihr beigebracht habe, auf den Händen zu laufen.“

„Und wo war das?“

„Auf dem Rasen hinter unserem Anwesen.“

Also an keinem exotischen Ort. „Und wann?“

Nun lächelte er richtig. „Vor fünf Jahren ungefähr.“

„Was?“ Spontan umfasste Kate seinen Arm, damit er stehen blieb. „Sie können auf den Händen laufen? Los, zeigen Sie es mir. Ich habe es schon so oft versucht.“

Zu ihrer Überraschung ließ Simon sich nicht lange bitten. Er stellte sich auf die Hände und lief los. Fasziniert betrachtete sie das Spiel seiner Armmuskeln und schluckte nervös, als sein T-Shirt hochrutschte und seinen durchtrainierten, flachen Bauch freigab. Nachdem er ein paar Meter zurückgelegt hatte, sprang er wieder auf die Füße und deutete eine Verbeugung an. „Tata!“

Verblüfft betrachtete sie ihn. Als ihr bewusst wurde, dass es wohl nicht besonders cool wirkte, so dazustehen, schlug sie ein Rad.

Er quittierte es mit einem Nicken. „Nicht schlecht.“

„Ich bringe Ihnen das Radschlagen bei, wenn Sie mir zeigen, wie man auf den Händen läuft.“

„Ich sage es nur ungern, Kate, aber Radschlagen ist etwas für Frauen.“

„Turner machen es aber auch.“

„Trotzdem.“

„Wie wäre es dann mit einem Salto rückwärts?“

Sie machte einen Salto rückwärts.

Simon folgte ihrem Beispiel.

Und dann machten sie weiter und versuchten, sich gegenseitig zu übertrumpfen, bis sie nach einem weiteren missglückten Versuch von Kate, auf den Händen zu laufen, lachend zusammen in den Sand fielen.

Kate legte sich zurück und rang ein wenig nach Luft, während sie in den strahlend blauen Himmel blickte. Schließlich wandte sie leicht den Kopf, um Simons Profil zu betrachten. Daraufhin drehte er sich auf die Seite und stützte den Kopf in die Hand. Sein Blick verriet, dass Simon sich auch zu ihr hingezogen fühlte, und plötzlich hatte sie Schmetterlinge im Bauch.

Schnell verdrängte sie diese Empfindungen wieder. Simon war ein Tourist. Sie durfte sich nicht mit ihm einlassen.

„Was würde Ihr Buchhalter wohl dazu sagen, wenn Sie ein wenig … nass zu dem Termin erscheinen würden?“, fragte er verführerisch lächelnd.

Sie tat so, als würde sie darüber nachdenken. „An einem Tag wie diesem geht er sicher auch schwimmen.“

Ehe sie sich’s versah, hob er sie hoch und lief mit ihr zum Wasser, um sie hineinzuwerfen. Als sie prustend wieder auftauchte, stand er fast trocken vor ihr. Blitzschnell packte sie ihn, um ihn mit einem Fußhebel zu Fall zu bringen.

Kaum war er wieder aufgetaucht, fasste er sie bei der Taille und küsste sie verlangend. Dann zog er sich ein wenig zurück, allerdings ohne sie loszulassen, und sie wusste, dass sie vom ersten Moment an auf das hier gewartet hatte.

Einen Augenblick lang verharrte er so regungslos, als wollte er ihr die Gelegenheit geben, vor ihm zu fliehen.

Aber das wollte sie nicht, obwohl es sicher das Klügste gewesen wäre.

Schließlich umfasste er mit einer Hand ihre Wange, bevor er wieder den Kopf neigte und ihre Lippen sich fanden. Hingebungsvoll erwiderte Kate das lockende Spiel seiner Zunge, während Simon sie an sich drückte.

Heißes Verlangen flammte in ihr auf, und während sie ihm die Arme um den Nacken legte, ließ er die Hände über ihren Rücken gleiten, um sie noch enger an sich zu ziehen. Selbst die sanften Wellen schienen sie ihm immer näher zu bringen.

In seinen Armen erschien ihr plötzlich alles möglich.

Als er nach einer Weile den Kopf hob, wusste sie nicht, ob nur einige Sekunden oder Minuten vergangen waren.

„Ich …“ Langsam blinzelte er, als würde er aus einem Traum erwachen.

„Wow!“, flüsterte sie.

Dann löste sie sich ein wenig von ihm, um einen klaren Gedanken fassen zu können.

„Das wollte ich nicht“, erklärte er, während er sie forschend betrachtete.

„Ich weiß.“

„Und? Alles in Ordnung mit dir?“ Simon trat auch ein Stück zurück, sodass sie sich nun nicht mehr berührten.

„Ja.“ Kate wrang sich das Haar aus. Natürlich ging es ihr gut. Sie stand zwar in Flammen, und ihre Lippen prickelten, doch die Sonne schien immer noch, die Möwen schrien, und von irgendwo drang Kinderlachen an ihr Ohr …

Alles erschien ihr plötzlich anders, und sie wusste nicht, warum.

„Und du?“, fragte sie. „Alles in Ordnung mit dir?“

„Ja“, erwiderte er, allerdings zögernd, worüber sie erleichtert war.

„Ich finde, wir sollten … uns jetzt einen schattigen Platz suchen.“ Nachdem sie auf den Grünstreifen gedeutet hatte, der den Strand säumte, ging sie entschlossen darauf zu und setzte sich unter einen Baum.

Simon setzte sich neben sie, und sie spürte, wie er sie betrachtete. „Soll ich mich bei dir entschuldigen?“, erkundigte er sich vorsichtig.

„Was?“ Sie wirbelte zu ihm herum. „Natürlich nicht.“ Ob er auch das Gefühl hatte, dass seine Welt Kopf stand? „Ich meine, das eben war …“

„Stimmt“, bestätigte er.

„Es ist nur …“ Kate strich sich das nasse Haar hinter die Ohren. „Das war so ziemlich der schönste Kuss meines Lebens.“

Wieder schenkte Simon ihr sein verführerisches Lächeln. „Du kannst noch mehr haben.“

Erneut hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Er war schon in Urlaubsstimmung, und das gefiel ihr – sehr sogar! „Wäre es denn nicht leichtsinnig und verantwortungslos?“ Ganz bewusst benutzte sie die Worte, die er für Felice verwendet hatte.

Nun wurde seine Miene nachdenklich. „Ja.“

„Ich bin nicht leichtsinnig und verantwortungslos.“

„Ich auch nicht.“

Je länger sie ihn betrachtete, desto mehr wuchs ihr Verlangen. Sie war schon lange nicht mehr mit einem Mann zusammen gewesen und legte großen Wert darauf, sich nicht mit Touristen einzulassen. Konnte sie bei Simon eine Ausnahme machen?

Ein Kuss wie dieser läutete allerdings keinen Urlaubsflirt ein, sondern die ganz große Liebe.

Reiß dich zusammen, ermahnte Kate sich schnell. Simon lebte auf der anderen Seite der Welt, und sie kannte ihn erst wenige Stunden. Ein vernünftiger Mensch schmiedete keine Zukunftspläne mit einer flüchtigen Bekanntschaft. Offenbar hatte sie zu viel Sonne abbekommen.

„Ich weiß, was du denkst.“

Hoffentlich nicht! Plötzlich brannten ihr die Wangen. „Und das wäre?“, brachte sie hervor.

„Dass du mich kaum kennst.“

„Bingo!“ Sie spürte, wie ihr das Blut wieder aus dem Gesicht wich.

Nun nahm Simon ihre Hand und umschloss sie mit seinen Händen. „Es kommt mir aber nicht so vor.“

Ja, sie wusste, was er meinte. „Aber … du lebst Millionen von Meilen weit weg.“

„Richtig. Jedenfalls zehntausend Meilen. Doch unter Freunden nimmt man das nicht so genau, stimmt’s?“

Kate rang sich ein Lächeln ab.

„Die nächsten vierzehn Tage bin ich allerdings hier.“ Simon verstärkte seinen Griff. „Und ich möchte dich gern besser kennenlernen.“

Sofort begann ihr Herz schneller zu pochen. „Was hat das für einen Sinn, Simon? Ich meine …“

Daraufhin legte er ihr einen Finger auf die Lippen. „Es muss nicht immer alles einen Sinn haben, Kate.“

Als er sich zurücklehnte und sie anlächelte, musste sie sein Lächeln erwidern.

Vorsichtig entzog sie ihm ihre Hand. „Du willst also auf Felice warten?“

„Ja.“

„Ihr Zimmer ist momentan frei“, sagte sie, ohne zu überlegen. „Wenn du möchtest, kannst du solange darin wohnen.“

Überrascht blickte er sie an. „In deinem Haus?“

Du meine Güte, was mache ich nur, fragte sie sich. Sie schluckte. „Also, das sollte keine Einladung sein, mich wieder …“

Simon berührte ihr Knie. „Du meinst, ich soll im Gästezimmer bleiben, stimmt’s?“

Da ihr die Kehle wie zugeschnürt war, konnte Kate nur nicken. Als er die Hand wieder zurückzog, hätte sie beinah geseufzt – ob vor Erleichterung oder Enttäuschung, wusste sie allerdings nicht.

„Ich nehme deine Gastfreundschaft gern an.“ Als er sie ansah, wirkten seine Augen plötzlich viel heller. „Und ich verspreche dir, mich wie ein Gentleman zu benehmen. Du kannst mir vertrauen.“

Konnte sie das? Vermutlich schon. Aber konnte sie auch sich selbst trauen?

„Vielleicht darf ich dich mal zum Essen einladen – als Dankeschön für deine Gastfreundschaft und auch, weil ich dich sehr mag.“

Sie deutete auf die Stelle, an der sie sich geküsst hatten. „Das darf nicht wieder passieren.“

Ruhig erwiderte er ihren Blick. „Es ist nur eine Einladung zum Essen, Kate.“

„Einverstanden“, antwortete sie, obwohl sie eigentlich hatte ablehnen wollen.

„Und der Abend endet, wenn du deine Haustür öffnest“, fügte er leise hinzu.

Nun musste sie lächeln. Simon wollte Grenzen setzen, damit sie sich sicher fühlte. Allerdings würden sie diese mit einem Kuss sofort überschreiten. Diese Vorstellung machte ihr jedoch keine Angst, sondern weckte ein erregendes Prickeln in ihr.

„Hast du morgen Abend Zeit?“, hakte Simon nach.

Der nächste Tag war ein Samstag. Widerstrebend schüttelte Kate den Kopf. „Am Wochenende herrscht Hochbetrieb auf der Merry Dolphin. “

„Auf der was?“

„Auf meinem Boot – der Merry Dolphin. Sieh mal …“ Sie deutete in die Ferne. „Dahinten fährt sie gerade.“

Sie beobachtete, wie das Boot in den Jachthafen einlief, bevor sie sich wieder zu Simon umwandte.

„Das ist dein Boot?“, erkundigte er sich verblüfft.

„Ja“, erwiderte sie stolz. „Schön, nicht?“

„Allerdings.“

Aber er betrachtete sie, nicht das Boot. Verlegen strich sie sich eine Strähne hinters Ohr. „Wenn du Lust hast, kannst du mich morgen begleiten.“

„Gern. Und Sonntag?“

„Diesen Sonntag muss ich bis zum frühen Nachmittag arbeiten. Am Abend habe ich frei.“

Als er sie erneut anlächelte, stand sie schnell auf. „Und jetzt muss ich zu meinem Buchhalter fahren.“ Sie brauchte unbedingt etwas Abstand, um wieder zur Vernunft zu kommen.

Nachdem sie abgemacht hatten, sich wenige Stunden später in ihrem Büro zu treffen, verließ sie Simon und stellte fest, dass es ihr nicht leichtfiel.

3. KAPITEL

Während er sich ihrem Büro näherte, kam Kate heraus und schloss die Tür ab.

Verlangen flammte in ihm auf, als Simon stehen blieb und sie betrachtete. Sie war umwerfend – blond und blauäugig, schlank und durchtrainiert. Allerdings fühlte er sich nicht nur wegen ihres Äußeren zu ihr hingezogen. Das Funkeln in ihren Augen, die Selbstvergessenheit, mit der sie Pommes frites an Möwen verfütterte oder Rad schlug … Noch nie war er einer Frau wie ihr begegnet. Noch nie hatte jemand ihn so leicht zum Lachen gebracht oder ihm das Gefühl vermittelt, dass er ihn um seiner selbst und nicht um seines Titels willen akzeptierte. Noch nie hatte er sich so lebendig gefühlt.

Bei ihr zu wohnen und sie zum Essen einzuladen war vermutlich verrückt.

Natürlich war es das.

In diesem Moment drehte Kate sich zu ihm um, und sobald sie ihn bemerkte, hellte ihre Miene sich auf. Am liebsten hätte er sie an sich gezogen, um sie wieder zu küssen.

„Wie war der Termin mit deinem Buchhalter?“, erkundigte er sich stattdessen und verfluchte sich gleich darauf für seine Einfallslosigkeit.

„Ja, danke“, erwiderte sie lächelnd.

Dann blickten sie sich eine Weile nur an, bis Kate den Kopf schüttelte, ihn lachend unterhakte und in die Richtung führte, aus der er gekommen war.

„Es ist nicht weit von hier. Wo steht dein Wagen?“ Obwohl ihre Nähe ihn aus der Fassung brachte, konnte er der Versuchung nicht widerstehen, Kate noch enger an sich zu ziehen.

„Zu Hause in der Garage.“ Ihre Augen funkelten. „Ich gehe immer zu Fuß zur Arbeit.“

„Gut.“ Das bedeutete, dass er sie noch nicht loslassen musste.

„Oh, tolles Auto!“, bemerkte sie, als er sie zu der Limousine führte, die er gemietet hatte.

Nachdem er ihr die Beifahrertür geöffnet hatte, beobachtete er, wie sie einstieg und über den Ledersitz strich. Unwillkürlich stellte er sich vor, wie es wäre, wenn sie ihn streichelte, oder wie sie nackt aussehen mochte …

„Jesse wird begeistert sein!“

Unvermittelt kehrte Simon auf den Boden der Tatsachen zurück. „Jesse?“

Strahlend sah sie zu ihm auf. „Mein Sohn.“

Heftiger als beabsichtigt knallte er die Tür zu.

Sie hatte ein Kind!

Benommen ging er um den Wagen herum und blieb dann stehen. Diese attraktive Frau mit dem strahlenden Lächeln und den Pferdeschwanz, der beim Gehen wippte, hatte ein Kind? Einen Sohn?

Nein! Er musste sich verhört haben.

Simon zwang sich, weiterzugehen und einzusteigen. Hoffentlich verriet seine Miene ihn nicht! „Du sagtest, du hättest einen Sohn?“

„Richtig. Er ist sieben und wie alle Jungs in dem Alter ein Fan von technischen Dingen.“ Kate verdrehte die Augen und zeigte auf das Navigationssystem. „Hat Felice dir nicht von ihm erzählt?“

„Nein.“

Nun drehte sie sich zu ihm um und krauste die Stirn. „Was hat Felice dir überhaupt erzählt?“

Offenbar nicht viel. „Ihre Nachrichten waren … kurz.“ Über seine Schwester zu sprechen fiel ihm in diesem Moment wesentlich leichter als darüber, dass Kate einen Sohn hatte.

„Wann bist du nach Australien gekommen, Simon?“

„Heute Morgen!“

Erstaunt blickte sie ihn an. „Wie bitte? Dann bist du sicher völlig übernächtigt.“

Damit lag sie richtig.

„Dann fahr los.“ Sie klatschte in die Hände. „Du brauchst eine Dusche, damit du dich wieder wie ein Mensch fühlst.“

Ihr Elan war so ansteckend, dass Simon lächeln musste. Er konnte sich ihrem Charme einfach nicht entziehen.

Sie hatte ein Kind. Bei der Vorstellung wurde er sofort wieder ernst.

„Warte nur, bis du meinen Garten siehst. Die Aussicht ist einfach fantastisch!“, schwärmte sie, während er den Motor anließ. „Dort am Kreisel musst du rechts abbiegen.“

Er befolgte ihre Anweisung.

„Eine Dusche und dann ein Bier im Garten … Na, wie klingt das?“

„Gut.“

Aber wie passte ihr Sohn ins Bild? Simon versuchte sich einzureden, dass es keine Rolle spielte, doch er wusste, dass er sich etwas vormachte.

„Jetzt links und dann gleich wieder rechts“, informierte Kate ihn, als sie eine Abzweigung erreichten. „So, da sind wir. Hier wohne ich.“

Sie zeigte nach rechts. Baufällig war das erste Wort, das ihm in den Sinn kam. Er bog in die Auffahrt ein und hielt unter einem Carport, der an die Doppelgarage angebaut war. Sie stiegen aus. Aus der Nähe sah er, dass das Haus nicht heruntergekommen war, sondern einen gewissen Charme besaß, denn es war mit weißem Holz verschalt und ohne erkennbares architektonisches Konzept gebaut.

Auf den beiden Nachbargrundstücken standen zwei Architektenhäuser – zweistöckige, verputzte Ungetüme, eins in Apricottönen und das andere in Blau- und Grautönen getüncht und beide offenbar klimatisiert, weil sämtliche Fenster verschlossen waren. In Kates Haus hingegen standen alle Fenster offen. Wäre es windig gewesen, hätten die weißen Gardinen sich vermutlich gebläht.

Kate lächelte ihn an, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Der Delfinanhänger an ihrer Halskette funkelte im Licht der Nachmittagssonne, und Simon hätte ihn am liebsten berührt. „Als mein Vater es gekauft hat, war es ein kleines Wochenendhaus mit zwei Zimmern und einer Veranda. Im Laufe der Jahre hat er ständig angebaut.“

„Es sieht … interessant aus.“

„Komm, ich möchte dir etwas zeigen, das dich umhaut.“

Umhauen, ja diese Wirkung übte sie auf ihn aus. Und plötzlich wehrte er sich dagegen. Sie hatte ein Kind.

Bevor sie die Haustür erreichte, umfasste er ihren Arm. „Bist du verheiratet? Hat dein … Sohn einen Vater?“

Nachdem sie seinen Blick einen Moment lang erwidert hatte, lächelte sie wieder. „Natürlich hat er das. Es war keine unbefleckte Empfängnis, Simon. Aber ich bin nicht verheiratet, sondern Single.“ Sie krauste die Stirn. „Glaubst du wirklich, ich hätte dich geküsst, wenn ich liiert wäre? Oder dass ich deine Einladung angenommen hätte? Mir ist klar, dass du in ganz anderen Kreisen verkehrst als ich, aber so etwas lasse ich mir nicht gern unterstellen.“