Traummänner & Traumziele: Irland - Anne McAllister - E-Book

Traummänner & Traumziele: Irland E-Book

Anne McAllister

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Beschreibung

ZÄRTLICHE ROMANZE IN IRLAND

Wenn die Brandung mächtig gegen die Felsen schlägt, wenn plötzlich ein heller Sonnenstrahl durch dunkle Gewitterwolken bricht - dann hat Tara die besten Einfälle für romantische Liebesgeschichten! Privat hat die junge Autorin allerdings kein Interesse an Romanzen. Eine bittere Enttäuschung reicht ihr. Doch dann lernt sie Jack kennen, der neu in das irische Fischerdorf gezogen ist, ein Mann mit unwiderstehlichem, jungenhaftem Charme...

WARTET IN IRLAND DIE LIEBE?

Saras Herz rast. All die Jahre ersehnte sie, den Mann ihrer heißesten Romanze und Vater ihres Sohnes wiederzusehen. Nun steht er vor ihrer Tür: Flynn Murray, so verstörend attraktiv wie damals. Doch inzwischen ist aus dem verwegenen Journalisten der mächtige Earl of Dunmorey geworden, der genau weiß, was er von ihr will: seinen Sohn. Und auch mich? fragt sich Sara, als Flynn sie verführerisch umwirbt. Liebt er sie wirklich? Denn als sie ihn in seine irische Heimat begleitet, gibt es bereits eine Frau in seinem Leben, die zu gern Herrin auf Dunmorey Castle werden will …

STÜRMISCHE ROMANZE IN IRLAND

Wild weht ihr langes Haar im Herbstwind, als Harriet verzweifelt versucht, ihre entlaufenen Pferde wieder einzufangen - nicht ahnend, dass sie dabei von einem attraktiven Mann beobachtet wird: Der millionenschwere Unternehmer Rafael, Nachbar ihres Anwesens in Irland, ist von der ungebändigten Schönheit fasziniert! Er will Harriet für sich gewinnen, und nach einem heißen Kuss in einer malerischen Küstenbucht glaubt er sich seinem Ziel ganz nah. Doch die Enthüllung eines dunklen Familiengeheimnisses macht aus ihrer stürmischen Romanze plötzlich einen gefährlichen Tanz auf den Klippen …

ZWEI EINSAME HERZEN IN IRLAND

Als Anne ein abgelegenes Cottage in Irland mietet, um ihre Furcht vor der Einsamkeit zu besiegen, staunt sie nicht schlecht: Der Besitzer ist Aidan Gillespie, ein echter Lord! Allerdings hält der attraktive Adlige sie für eine Hausbesetzerin und will sie hinauswerfen …

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Seitenzahl: 822

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Trish Wylie, Anne Mcallister, Lynne Graham, Penny Roberts

Traummänner & Traumziele: Irland

IMPRESSUM

Zärtliche Romanze in Irland erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2004 by Trish Wylie Originaltitel: „Her Real-Life Hero“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANABand 1629 - 2006 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Inge-Karin Krusch

Umschlagsmotive: jacek_kadaj, nd3000 / Thinkstock

Veröffentlicht im ePub Format in 06/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733776633

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Jack Lewis stand in der Tür, und die Regentropfen rannen in kleinen silbernen Bächen über seine muskulöse Brust. Catherine hielt sein feuchtes Hemd noch in der Hand und betrachtete ihn fasziniert.

Er war wirklich atemberaubend attraktiv. Mit seiner kräftigen Gestalt schien er die kleine Kapitänskajüte zu dominieren. Plötzlich fühlte Catherine sich sehr verletzlich.

„Sie sehen mich so überrascht an.“

Sie schluckte. „Tue ich das?“

Jack lächelte sanft. „Gefällt Ihnen, was Sie sehen, Lady Catherine?“

Sie blickte ihm in die Augen. „Und wenn es so wäre?“, fragte sie und war selbst erstaunt über ihre Kühnheit. Hatte sie zu lange behütet und beschützt gelebt, so dass das Verlangen nach einem Mann auf einmal stärker war als alle moralischen Bedenken? Aber sie bezweifelte, dass ihr Verlangen auch nur halb so stark wäre, wenn statt Jack ein anderer Mann vor ihr stehen würde. Er sah einfach viel zu gut aus mit dem zerzausten Haar, das ihm in die Stirn fiel, und den tiefblauen Augen, mit denen er sie so durchdringend ansah, dass es sie heiß durchlief.

Er kam näher und lächelte verführerisch. „Möchten Sie noch mehr sehen? Verraten Sie mir, was Sie wollen.“

Der Regen klatschte gegen die Luken der Kajüte, und das Boot schaukelte im Wind. Der Wintersturm war so heftig wie Catherines Verlangen. Nur eine einzige Nacht wollte sie das tun, wovon sie sonst nur zu träumen wagte. Oder würde sie es später bereuen, dass sie sich diese Nacht gegönnt und zu einem Erlebnis gemacht hatte, woran sie sich ein Leben lang erinnern würde?

„Ich möchte, dass Sie mich küssen.“

Er lächelte. „Ist das alles, was Sie von mir wollen?“

Sie legte das Hemd weg und betrachtete wieder Jacks Brust. „Darf ich mir etwas wünschen?“

Jack hob leicht ihr Kinn an und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. Dann stellte er sich so dicht vor sie, dass sie die Wärme seines Körpers spürte. „Wir können alles tun, was Sie möchten, Lady Catherine. Hier achtet niemand auf die Etikette, es gibt hier keine Vorschriften, die es Ihnen verbieten würden, Ihre geheimsten Wünsche auszuleben.“

Sie eddwqpmmfpppppppf .vvvves((((((((

„O Percival, musst du unbedingt auf die Tastatur springen?“, rief Tara aus.

Der große gescheckte Kater blickte Tara vorwurfsvoll an, während sie ihn vom Schreibtisch verscheuchte. Es musste acht Uhr sein, denn um diese Zeit bekam Percival immer sein Futter. Und das verlangte er auch, egal, ob seine Besitzerin gerade an einer prickelnden Szene schrieb oder nicht.

„Warum lasse ich mich von einem Kater beherrschen, der an nichts mehr Freude hat als an einer toten Maus?“ Sie lächelte das wohlgenährte Tier nachsichtig an. „Dann kann ich für heute Abend die leidenschaftliche Liebesszene vergessen, die ich gerade schreiben wollte.“

Sie verzog das Gesicht, als sie ihr Spiegelbild in dem großen Panoramafenster erblickte. Tara stand auf und verbeugte sich. „Das wird wieder so ein glamouröser Abend im Leben der Autorin Tara Devlin“, sagte sie laut vor sich hin. „Mit einer zitronengelben Gesichtspackung läuft sie in ihrem abgetragenen Frotteemantel und ausgetretenen Pantoffeln aus Rentierfell herum.“ Sie drehte sich vor dem Fenster im Kreis, legte eine Hand auf die Hüfte und stellte sich in Pose. „Tara trägt die neueste Frisur mit einem interessanten Ensemble aus Schaumstoff- und Velcro-Lockenwicklern. Als Inbegriff moderner Romantik ist Tara mit dreißig Jahren noch Single. Sie bleibt optimistisch, obwohl die Chance, einen geeigneten Mann zu finden, ungefähr so groß ist wie die, als erste Frau auf dem Mond zu leben. Meine sehr verehrten Damen und Herren – und Katzen –, hier ist für Sie – und bitte fühlen Sie sich frei, ihr Angebot anzunehmen, denn schon viel zu lange lebt sie offensichtlich allein – Tara Devlin!“ Sie verbeugte sich tief.

Da klopfte es laut an der Haustür.

„Aha.“ Tara richtete sich auf, stemmte beide Hände in die Hüften und machte eine Hundertachtzig-Grad-Drehung im Batman-Stil. „Welcher gut aussehende Fremde ist gekommen, um mich schnell aus dieser Einsamkeit herauszuholen?“

Der Kater beobachtete sie nachsichtig, als sie zur Haustür sprang.

Vor der schweren Eichentür blieb sie stehen, zog den Bademantel fester um sich und öffnete die Tür. Sogleich lief ein völlig durchnässter Mann an ihr vorbei ins Haus und schüttelte den Kopf, bevor er sich umwandte und sie ansah. Er schien seinen Augen nicht zu trauen. Sekundenlang musterte er sie von oben bis unten: von ihrem zitronengelben Gesicht bis zu ihren in Rentierfell steckenden Füßen. Dann zog er lächelnd die Brauen hoch. „Komme ich ungelegen?“

Sie konnte den Blick nicht abwenden. Er war wirklich da, in voller Lebensgröße, in ihrem Haus. Was für ein Geschenk. Wasser tropfte aus seinem Haar. Regnete es?

Er wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. „Hallo?“

„Ich schätze, entweder es regnet oder Sie sind in voller Bekleidung ins Wasser gefallen.“ Tara machte die Tür zu.

„Oh …“ Er schüttelte wieder den Kopf, und noch mehr Wasser tropfte aus seinem Haar. „Es regnet, richtig. Haben Sie das nicht gehört? Die reinste Sintflut.“

„Nein, ich habe …“ Sie blickte zu ihrem Computer und suchte nach Worten. Was genau sie gerade geschrieben hatte, konnte sie ihm wohl kaum verraten. „Ich war beschäftigt.“

Er folgte ihrem Blick zu dem Schreibtisch am Fenster. „Sie surfen wohl gerade im Internet, stimmt’s?“

„Nein, nicht ganz.“ Sie lächelte. Doch das Lächeln gefror ihr, als sie spürte, wie sich ihre Haut um Mund und Nase spannte. Du liebe Zeit! Sie stand tatsächlich da, unterhielt sich mit ihm, dem Objekt ihrer Träume, und hatte noch die Gesichtspackung aufgetragen. „Ach … verdammt.“

„Wie bitte?“

„Ich muss aussehen wie das Monster von der Grünen Lagune.“

Sein Lachen klang tief und sehr männlich. „Na ja, der Farbton ist etwas ungewöhnlich. Trotzdem, Ihre Hausschuhe gefallen mir.“

„Ach, du lieber Himmel!“

„Schon gut. Sie konnten ja nicht ahnen, dass plötzlich jemand an Ihre Tür klopft.“

Ihr Blick glitt über sein lächelndes Gesicht, von seinen tiefblauen Augen zu den strahlend weißen Zähnen und den sinnlichen Lippen. Er war sehr groß, breitschultrig und hatte lange Beine. So einem außergewöhnlichen Mann begegnete man selten. Als sie ihm wieder in die Augen sah, merkte sie, dass er sie beobachtet hatte, und errötete unter der Gesichtsmaske. „Sie haben sich verfahren, oder?“

Ein wissendes Lächeln umspielte seine Lippen. „Nein, das habe ich nicht. Ich bin genau da, wo ich sein sollte.“

„Wirklich? Sie sollten genau hier sein und das Wasser aus Ihren durchnässten Sachen auf meinen Fußboden tropfen lassen?“

„Nicht ganz.“ Er reichte ihr die Hand. „Ich bin Ihr Nachbar.“

Tara tat so, als hätte sie keine Ahnung. „Im Ernst? Sie haben das alte Gemäuer nebenan gekauft? Sind Sie verrückt?“ Sie schüttelte ihm die Hand.

„Ja, vermutlich. Ich liebe baufällige Häuser.“

Sie lächelte. „Dann haben Sie das richtige Haus gekauft. Ich bin Tara Devlin und sehe normalerweise anders aus.“

„Jetzt bin ich neugierig, wie Sie wirklich aussehen.“ Er hielt ihre Hand immer noch in seiner. „Und aus irgendeinem Grund …“, er ließ den Blick über ihre Rundungen gleiten, die sich unter dem Bademantel abzeichneten, „… werde ich wohl nicht enttäuscht sein.“

Tara zog unvermittelt ihre Hand zurück und band den Gürtel des Bademantels noch fester. „Wenn Sie durch dieses Ding hindurchschauen können, müssen Sie Röntgenaugen haben.“

„Für so etwas habe ich ein Gespür.“

„Darauf wette ich.“ O ja. Sie hatte die Gerüchte über ihn schon gehört. Sie runzelte leicht die Stirn, wobei ihre Gesichtsmaske so viele Knitterfalten bekam, dass sie wie eine Achtzigjährige aussehen musste. „Nun, haben Sie einen Grund für Ihren Besuch? Oder wollten Sie nur kurz hereinschauen, um Ihr Gespür zu testen?“

Er lächelte verlegen. „Ich wünschte, ich könnte behaupten, es sei ein Höflichkeitsbesuch. Nein, ich bin aus einem ganz anderen Grund hier. Mein Jeep ist stehen geblieben, und ich muss eine Werkstatt anrufen, sonst kann ich morgen nicht zur Arbeit fahren.“

„Haben Sie kein Telefon?“

„Nein, es ist noch nicht angeschlossen.“ Er schob die Hand in die Tasche seiner dicken Jacke und zog ein Handy heraus. „Und damit habe ich hier keinen guten Empfang.“

Sekundenlang betrachtete Tara ihn, während er mit gesenktem Kopf dastand und auf sein Handy blickte. Als er aufsah, begegneten sich ihre Blicke. Schließlich lächelte er, dabei erschienen Grübchen in seinen Wangen. „Was meinen Sie, kann ich Ihr Telefon benutzen?“

Immer noch schaute sie ihn an. Er war wirklich sexy – was sie natürlich nur in ihrer Eigenschaft als Autorin interessierte. Schön im eigentlichen Sinn war er nicht, aber er sah gut aus in dem dicken, gestrickten Pullover, den verwaschenen Jeans und den festen Wanderstiefeln. Tara fragte sich, ob sein Pullover auch durchnässt war, und ihre Gedanken schweiften ab zu der Romanszene, die sie gerade schrieb. Plötzlich wurde ihr Mund ganz trocken.

„Tara?“

Beim leisen Klang seiner Stimme bekam sie Herzklopfen. Seit wann hörte sich ihr Name so sexy an? Sie schüttelte den Kopf, wie um den Gedanken loszuwerden.

„Das Telefon steht da drüben.“ Sie wies in die Richtung.

„Danke“, sagte er und durchquerte den Raum.

Sie beobachtete ihn weiter, während er die Nummer von seinem Handy ablas und dann an ihrem Apparat wählte. Wieder dachte sie an die Szene aus ihrem Roman und stellte sich ihn als den Helden vor – schon wieder. Offensichtlich bin ich viel zu lange mit keinem Mann mehr ausgegangen, sonst würde ich nicht so auf ihn reagieren, dachte sie.

„Hallo, McIlvenna’s? Mein Jeep ist an der Küstenstraße stehen geblieben. Könnten Sie ihn abschleppen?“ Er sah Tara über die Schulter hinweg an und lächelte. „In einer halben Stunde, ja, in Ordnung. Ich bin Jack Lewis und warte im Wagen auf Sie.“

„Wie, sagten Sie gerade, heißen Sie?“, fragte Tara, während er den Hörer auflegte.

Jack drehte sich zu ihr um. Sie war wirklich sehr … außergewöhnlich und irgendwie seltsam. Bisher war er ihr noch nicht begegnet. Nur das Licht, das sie oft bis in die frühen Morgenstunden anhatte, hatte ihm bewiesen, dass das Haus bewohnt war.

„Es tut mir Leid, ich hätte mich vorstellen müssen. Ich bin Jack.“

„Jack Lewis?“

„Ja“, antwortete er lächelnd. „Sollten Sie nicht diese Maske vom Gesicht nehmen? Meine Schwestern behaupten immer, man bekomme Hautausschlag, wenn man sie zu lange benutze.“

„Das mag sein. Aber erst muss ich etwas klären. Sie heißen also Jack Lewis, und Ihr Jeep ist auf der Küstenstraße liegen geblieben?“

Er blinzelte kurz und beschloss mitzuspielen, statt an ihrem Verstand zu zweifeln. „Richtig. Ist das wichtig für Sie?“

„Sie können gar nicht Jack Lewis sein, wissen Sie.“ Ihr Lachen klang sogar in ihren eigenen Ohren wie das einer Wahnsinnigen. „Es ist einfach nicht möglich.“

„Was ist nicht möglich?“

Mit ihren großen grauen Augen sah sie ihn skeptisch an. „Alles, denn ich habe Sie erfunden. Sie sind das Produkt meiner Fantasie, deshalb können Sie unmöglich … wirklich existieren.“ Sie wies auf ihren Computer und wandte den Blick von Jack ab.

Er sah in die Richtung und entdeckte die große gescheckte Katze, die dort saß. „Ein schönes Tier.“ Jack hasste Katzen.

„Das ist ein Scherz, stimmt’s? Wer hat Sie dazu angestiftet?“

„Es ist kein Scherz. Ich bin wirklich Jack Lewis, schon mein ganzes Leben lang. Meine Eltern haben mir den Namen gegeben. Und ich besitze einen Jeep. Einen blauen. Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden. Aber danke, dass ich Ihr Telefon benutzen durfte.“ Er ging zur Tür.

Tara versperrte ihm den Weg. „Wie alt sind Sie?“

„Einunddreißig.“

„Okay, das stimmt so weit.“ Sekundenlang dachte sie nach. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und lächelte. „Gut, wie viele Schwestern haben Sie?“

Jack zog eine Augenbraue hoch. „Vier.“

„Das gibt es nicht! Woher wussten Sie das?“

Er blickte zur Tür hinter ihr. Es waren nur wenige Schritte, es müsste zu schaffen sein, an dieser seltsamen Frau vorbei hinauszulaufen.

„Haben Sie mein Manuskript gelesen?“

„Ihr was?“

„Mein Manuskript! Hat Eleanor Ihnen die Zusammenfassung gegeben?“

„Jetzt passen Sie mal auf, Miss …“ Er machte einen Schritt an ihr vorbei. „Ich kenne keine Eleanor, es sei denn, Sie meinen meine zweiundachtzigjährige Großtante, die in Galway lebt.“

Wieder versperrte Tara ihm den Weg. „Ja, sie hat es getan. Sie hat Sie dazu angestiftet, um etwas mehr Abwechslung in mein Leben zu bringen. Davon redet sie sowieso immer. Sind Sie so etwas wie ein Gigolo?“

„Was soll ich sein?“, fragte er verblüfft.

„Sie wissen schon, eine Art männliche …“

„Oh, ich weiß, was ein Gigolo ist!“

„Hat sie Sie gemietet, um … um …?“ Tara schluckte. „Ach, Sie wissen, was ich meine.“

Ihr Bademantel öffnete sich etwas, und Jack versteifte sich beim Anblick ihrer nackten Haut und dem Ansatz ihrer Brüste. Seine älteste Schwester hatte Recht, er musste wieder öfter ausgehen. Vielleicht hätte er eins der zahlreichen Angebote annehmen sollen, die er seit seiner Ankunft hier in diesem Ort bekommen hatte.

„Klären Sie mich doch auf, Tara. Sie scheinen mehr über mich zu wissen als ich. Weshalb sollte mich jemand gemietet haben?“

„Gehen Sie bitte. Das ist am besten.“

Jack trat einen Schritt näher. „Obwohl man mich gemietet hat, um Sie zu verführen? Das haben Sie doch gemeint, oder?“

Sie wich zurück und griff nach der Türklinke hinter ihr. „Jack Lewis würde mich nicht verführen.“

„Warum nicht?“

Während sie nach einer guten Begründung suchte, blickte sie ihm unverwandt in die Augen. „Weil ich nicht sein Typ bin“, erwiderte sie schließlich.

„Wer wäre denn sein Typ?“

„Er zieht schöne, elegante, selbstbewusste Frauen … mit Sex-Appeal vor.“

„Wer sagt das?“, fragte er lächelnd. „Vielleicht sind mir hübsche Frauen mit Verstand und Sinn für Humor lieber.“

„Sie sind nicht Jack Lewis.“

„Doch, der bin ich.“

„Nein, sind Sie nicht.“

Er seufzte. „Okay. Aber bitte glauben Sie mir, dass niemand mich zu Ihnen geschickt hat. Außer Ihrem und meinem Haus gibt es hier weit und breit kein anderes, und Sie hatten Licht an. Ich bin an keiner Verschwörung beteiligt und habe nicht den Auftrag, mit Ihnen zu schlafen.“

„Ich brauche niemanden, der mit mir schläft“, protestierte sie.

„Wirklich nicht?“ Er sah sich in dem Raum um. „Sie leben hier mitten in der Einöde ganz allein mit Ihrer Katze. Und an einem Samstagabend haben Sie nichts anderes zu tun, als im bequemen Outfit Körperpflege zu betreiben. Das lässt darauf schließen, dass Sie Single sind.“

„Wer sind Sie eigentlich, dass Sie glauben, so mit mir reden zu können?“

Er zuckte gleichgültig die Schultern. „Sie glauben mir ja nicht, wenn ich Ihnen sage, wer ich bin. Deshalb ist es sinnlos, es zu wiederholen.“

Sprachlos sah sie ihn an.

„Ich habe Recht, oder?“ Jack lächelte und kam noch einen Schritt näher. „Wann hatten Sie das letzte Mal Sex?“

Vor lauter Zorn riss sie die Tür so heftig auf, dass sie stolperte und in seine Richtung zu fallen drohte. Rasch hielt er sie fest.

„Oh, Sie brauchen sich mir nicht gleich an den Hals zu werfen.“ Er konnte sich die spöttische Bemerkung nicht verkneifen.

Tara stieß ihn von sich. „Sie sind ein arroganter Kerl!“, rief sie aus. „Verschwinden Sie!“ Er ließ sie los, und sie hielt mit einer Hand die beiden Enden ihres Bademantels krampfhaft zusammen, während sie mit der anderen auf die offene Tür wies. „Ich meine es ernst. Verlassen Sie sofort mein Haus.“

Jack sah ein, dass er zu weit gegangen war. „Okay, es war kein guter Anfang. Aber wir sind Nachbarn, deshalb sollten wir versuchen …“

„Raus hier!“, unterbrach sie ihn.

„Gut, wie Sie wollen.“ Er schüttelte den Kopf und ging hinaus. Als er sich umdrehte, machte Tara gerade die Tür zu. „Sie sind verrückt! Wissen Sie das?“, rief er ihr trotzdem zu.

Tara nahm sich vor, sich über ihren neuen Nachbarn nicht zu ärgern. Dass sie ihn in den zwei Wochen seit seiner Ankunft immer wieder heimlich beobachtet hatte, während er das baufällige Haus renovierte, war völlig belanglos. Aber es gab gewisse Ähnlichkeiten zwischen ihrem Romanhelden und diesem arroganten Kerl, dem das Nachbarhaus gehörte. Das ließ sich nicht abstreiten.

Seine Ankunft war natürlich in Ross’s Point, dem kleinen Ort mit ungefähr zweiundzwanzig Einwohnern, nicht unbemerkt geblieben. Besonders in dem kleinen Lebensmittelladen mit der Postagentur, dem Treffpunkt der Dorfbewohner, redete man über ihn.

Tara brauchte an diesem Tag ungewöhnlich lange, sich zu entscheiden, was sie kaufen wollte. Es ist doch nicht meine Schuld, dass ich meine Lieblingssuppe nicht finden kann und dass die Leute sich so laut unterhalten, versuchte sie sich zu rechtfertigen. Absichtlich würde sie natürlich niemals lauschen. Nein, ganz bestimmt nicht.

„Er ist offenbar wirklich nicht verheiratet.“ Mrs. Donnelly verschränkte die Arme vor ihrem üppigen Busen. „Dabei sollte man meinen, ein Mann wie er hätte in dem Alter schon eine nette Frau. Glaubt ihr, er sei … andersherum?“

Mrs. McHugh mit ihrem perfekt frisierten grauen Haar zog eine Augenbraue hoch. „Geraldine Donnelly, du denkst, jeder Mann, der mit dreißig noch nicht verheiratet ist, sei homosexuell.“

„Na ja“, entgegnete die rundliche Frau, „normal ist es jedenfalls nicht. Es muss doch einen Grund dafür geben, dass er noch ledig ist. Unsere Philomena ist noch zu haben. Warum interessiert er sich nicht für sie?“

Sie hat mindestens zwanzig Kilo Übergewicht, dachte Tara.

Sheila Mitchell, Taras nächste Nachbarin und die einzige, die ungefähr in ihrem Alter war, lächelte nachsichtig hinter der Ladentheke. „Könnt ihr euch nicht vorstellen, dass er vielleicht die Richtige noch nicht gefunden hat?“

Die beiden Frauen sahen sie erstaunt an. „Und warum nicht?“, fragte Edith McHugh. „Er hat sich die Telefonnummer unserer Fiona aufgeschrieben, aber sie bis jetzt noch nicht angerufen. So ein nettes Mädchen würde doch zu ihm passen.“

Sheila lächelte immer noch. „Es stimmt, heutzutage ist es nicht leicht, ein wirklich nettes Mädchen zu finden. Hier im Dorf gibt es sowieso nicht viele. Vielleicht war er zu beschäftigt, um anzurufen.“

„Es gibt aber so etwas wie gutes Benehmen, Sheila“, wandte Geraldine ein. „Philomena hat ihn zum Abendessen eingeladen, doch er hat überhaupt nicht darauf reagiert. Ich habe erfahren, dass er mit jeder unverheirateten Frau im Dorf geredet hat, ohne mit einer einzigen auszugehen. In seinem Alter ist das wirklich nicht normal. Du hast mit vierundzwanzig geheiratet, Sheila, was meiner Meinung nach auch schon relativ spät war. Zu meiner Zeit heirateten die jungen Frauen viel früher. Sie wollten keine alte Jungfer werden, die dann niemand mehr haben wollte.“

Auf einmal sahen alle Tara an. Sie zauberte ein Lächeln auf die Lippen. „Meine Damen?“

Edith seufzte. „Wir wollten dich nicht beleidigen, Tara.“

Sie biss die Zähne zusammen. „Natürlich nicht.“

„Hat dich der neue Nachbar mit seinem Charme noch nicht betört, Tara?“, wollte Sheila wissen.

Langsam richtete sie sich zu ihrer vollen Größe auf und zog eine Augenbraue hoch. „Mich?“ Ich habe keine Lust, auch zu den Frauen zu gehören, die auf ihn warten, fügte sie insgeheim hinzu. Lieber würde sie sich auf die Helden ihrer Romane konzentrieren, das war sicherer. Dann gab es in ihrem Haus keine gebrochenen Herzen außer denen, die sie selbst erschuf und heilte.

Sheila lächelte. „Ja, dich. Du bist doch Jack Lewis’ nächste Nachbarin. Hast du ihn noch nicht kennen gelernt?“

Tara errötete. „Heißt er eigentlich wirklich so?“

„Ja. Er hat mir seinen Führerschein vorgelegt, als er zum ersten Mal mit Kreditkarte bezahlt hat.“ Sheila sah Tara wie um Entschuldigung bittend an. „Das ist Vorschrift. Wir müssen uns einen Ausweis mit Foto zeigen lassen, wenn wir jemanden nicht persönlich kennen. Ich muss vorsichtig sein.“

„Das ist mir klar, Sheila“, versicherte Tara ihr. „Ist es völlig ausgeschlossen, dass er nicht Jack Lewis heißen könnte?“

„O ja.“

Tara runzelte die Stirn. „Okay.“

„Hast du ihn kennen gelernt?“

Sie nickte. „Ja, er ist kurz vorbeigekommen. Hast du keine … Tomatensuppe?“

„Auf dem zweiten Regal links stehen die Dosen. Wann ist er denn vorbeigekommen? War es ein Höflichkeitsbesuch?“

In dem Moment entdeckte Tara die Tomatensuppe. „Sein Jeep ist liegen geblieben, und er wollte McIlvenna’s anrufen, um ihn abschleppen zu lassen.“

„Was hältst du von ihm?“

Ohne Sheila anzuschauen, legte Tara die Dose in den Einkaufskorb. „Wir haben uns nicht richtig unterhalten. Aber ich glaube, er kann ganz nett sein.“

„Jedenfalls ist er Single, wie wir erfahren haben“, bekräftigte Edith. „Er sieht auch nicht schlecht aus.“

„Das ist mir nicht aufgefallen, Mrs. McHugh. Immerhin bin ich bekannt dafür, mit meinem Dasein als alte Jungfer zufrieden zu sein.“ Tara legte die Einkäufe auf die Theke, reichte Sheila einen Geldschein und wartete mit zusammengebissenen Zähnen auf das Wechselgeld.

Sheila lächelte freundlich und beugte sich zu Tara hinüber. „Ärger dich nicht, Tara, die beiden meinen es nicht böse. Ich bin sicher, er ist ein angenehmer Nachbar. Es ist gut für dich, jemanden in deinem Alter in der Nähe zu haben. Pass nur auf, dass er mit dir nicht genauso umgeht wie mit Fiona und Philomena. Aber wenn du dich mit ihm anfreunden willst, kannst du ihn gern an einem Sonntag zum Mittagessen mitbringen.“

„Wahrscheinlich ist er viel zu beschäftigt. Es dauert noch lange, bis er das Haus und das Grundstück in Ordnung gebracht hat. Außerdem ist er bestimmt nicht einsam und allein, sonst hätte er sich Fiona und Philomena gegenüber nicht so unhöflich verhalten.“

„Gut, doch wenn du es dir anders überlegst …“

„Danke, Sheila.“ Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter, als sie den Laden verließ. Ihr klangen die Ohren, und sie fragte sich, wie Sheila mit den Klatschtanten zurechtkam, ohne die Geduld zu verlieren.

Während sie über den schmalen Pfad wanderte, der an den Klippen entlang zu ihrem Haus führte, lächelte Tara. An so einem schönen Tag verflog jeder Ärger rasch. Das Meer war genauso blau wie der Himmel, an dem nur zwei kleine Wolken zu sehen waren. Die Wellen brandeten gegen die Steilküste und bildeten weißen Schaum auf den Kämmen. Es war immer wieder ein ganz besonderes Erlebnis für Tara und der Hauptgrund, weshalb sie sich nach Ross’s Point zurückgezogen hatte, um zu schreiben.

Um in ihr Sommerhaus zu gelangen, musste sie an dem baufälligen Gebäude vorbeigehen, das Jack Lewis gekauft hatte. Früher einmal war es ein sehr schönes viktorianisches Haus gewesen, aber man hatte es zu lange vernachlässigt. Sie blieb stehen und betrachtete es. Dann schloss sie die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie es einmal ausgesehen haben mochte. Schließlich ging sie lächelnd weiter zu ihrem kleinen Haus, das sie sehr liebte und gut instand hielt.

Auf einmal bemerkte sie aus den Augenwinkeln etwas Rotes und entdeckte schließlich die Leiter an dem großen Gebäude. Und ganz oben auf der Leiter stand ein Mann. Jack Lewis höchstpersönlich, wie sie vermutete.

Sie bemühte sich, nicht hinzuschauen und zu ignorieren, wie eng die verwaschenen Jeans um seine Hüften saßen. Und sie versuchte auch, den Blick abzuwenden, als er die Arme hob, um die neue Dachrinne zu befestigen, und dabei seine nackte Haut zwischen den Jeans und dem roten T-Shirt zu sehen war. Ihr fiel natürlich auch nicht auf, dass sein braunes Haar mit den blonden Strähnen in der Sonne glänzte.

Dass sie immer wieder an ihn denken musste, seit er hier war, war geradezu lächerlich. Sie hatte doch genug andere Dinge zu tun. Wahrscheinlich hatte der Held ihres neuen Romans so viel Ähnlichkeit mit ihm, weil sie ihre Fantasien auf irgendeine Art ausleben musste.

Der Mann war offenbar wirklich ein schwieriger Fall. Angeblich hatte er viele Freundinnen gehabt und alle verlassen.

Plötzlich wackelte die Leiter, und sogleich erinnerte Tara sich an die Szene im zweiten Kapitel ihres Romans. Darin fiel Jack Lewis von der Takelage seines Schiffs und brach sich den Knöchel. Wie weit würde dieser Mann hier gehen, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen?

Wieder wackelte die Leiter, und Jack Lewis stürzte hinunter.

2. KAPITEL

Jack hatte Tara kommen sehen. Und war verblüfft gewesen. Wer hätte gedacht, dass seine geheimnisvolle Nachbarin ohne die Gesichtsmaske und das bequeme Outfit so attraktiv war? Und das war sie ganz bestimmt, wie ihm sogleich aufgefallen war, als er sie in den engen Jeans und dem T-Shirt, das ihre Rundungen betonte, erblickt hatte.

Vor etwa einer halben Stunde hatte sie das kleine Haus verlassen und war mit gesenktem Kopf den Weg an seinem Haus vorbeigegangen. Er hatte sich gefragt, ob sie immer auf den Boden schauen würde, wenn sie an ihm vorbeiging. Das wäre lächerlich, denn er war ein liebenswerter Mensch, das hatte man ihm oft genug bestätigt.

Da sie zu Fuß gegangen war, hatte er vermutet, dass sie in dem kleinen Dorfladen einkaufen wollte, und beschlossen, bei ihrer Rückkehr draußen zu arbeiten. Dann konnte er so tun, als wäre es eine zufällige Begegnung, und sie ansprechen. Es wäre sehr unhöflich, wenn sie ihn nicht beachtete. Da er mindestens ein Jahr lang mit den Arbeiten im und um das Haus herum beschäftigt sein würde, konnte sie ihn gar nicht ignorieren.

Sie war die attraktivste Frau weit und breit. Das konnte er ruhigen Gewissens behaupten, denn seit seiner Ankunft hatten sich ihm alle unverheirateten Frauen vorgestellt. Zuweilen war er sich vorgekommen wie der einzige Junggeselle im ganzen Land. Es schien jedoch so etwas wie ein Naturgesetz zu sein, dass ausgerechnet die interessanteste Frau nichts mit ihm zu tun haben wollte, und das störte ihn etwas. Er musste noch einmal versuchen, mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Als er sie von weitem hatte kommen sehen, war er nach draußen gelaufen und auf die Leiter gestiegen. In der Eile hatte er jedoch vergessen, die Leiter am unteren Ende mit Ziegelsteinen zu sichern.

Tara war stehen geblieben und hatte das Haus betrachtet, das ihrer Meinung nach baufällig war. Doch er hielt es nur für verwahrlost. Es war früher sicher ein Prachtbau gewesen. Das sollte es wieder werden, dafür wollte er sorgen.

Sie schloss die Augen und lächelte. Woran mochte sie denken? Sie hatte den Kopf etwas geneigt, und der leichte Wind spielte mit ihrem schulterlangen blonden Haar. Jack atmete tief durch und beugte sich vor, um sie besser sehen zu können.

In dem Moment öffnete sie die Augen wieder und ging weiter in Richtung ihres Hauses.

Plötzlich entdeckte sie ihn. Rasch tat er so, als wäre er sehr damit beschäftigt, die Dachrinne auszuwechseln. Hatte Tara gemerkt, dass er sie beobachtete? Er nahm sich vor, sie zu begrüßen. Dazu kam er aber nicht mehr, denn die Leiter wackelte. Jack versuchte, sich an der alten Dachrinne festzuhalten. Sie gab jedoch nach, und er fiel hinunter.

„Oh!“ Nach dem harten Aufprall schmerzte sein ganzer Körper.

Tara stellte die Einkaufstasche ab und lief zu ihm. „Ist alles in Ordnung?“, fragte sie und kniete sich neben ihn, ehe sie seine Stirn sanft mit den Fingern abtastete. „Sind Sie bei Bewusstsein?“

Ich bin mir sehr bewusst, dass sie mich berührt, dachte er, während sie die schmalen Hände über sein Schlüsselbein, seine Arme, die muskulöse Brust und die Beine gleiten ließ. Insgeheim musste er lächeln. Ob in seiner Körpermitte etwas gebrochen war oder nicht, schien sie nicht zu interessieren.

„Können Sie mich hören?“

Ihre Stimme klang so besorgt, dass er Gewissensbisse bekam und die Augen öffnete.

Sie sah ihn an und zog fragend die Brauen hoch.

„Hallo“, sagte er und lächelte.

„Hallo. Haben Sie Schmerzen?“, fragte Tara und lächelte auch.

Aus irgendeinem Grund hatte er Schmerzen in der Brust. Vermutlich hatte ihm diese Frau mit den schönsten Augen, in die er jemals geblickt hatte, den Atem geraubt. Während er immer noch lächelte, kam er sich ziemlich dumm vor. Doch er hatte sein Ziel erreicht: Tara redete mit ihm.

„Ich glaube, es ist alles in Ordnung.“

Sein ständiges Lächeln irritierte sie, und sie errötete. „Haben Sie sich am Kopf verletzt?“

„Wenn es so wäre, wäre es meine eigene Schuld, weil ich die Ziegelsteine vergessen habe. Normalerweise bin ich nicht so ungeschickt.“

„Nein?“ In ihren Augen blitzte es belustigt auf.

„Was meinen Sie damit? Ob es meine eigene Schuld ist oder ob ich normalerweise nicht so ungeschickt bin?“

„Letzteres.“

Jack lachte und stützte sich auf die Ellbogen. „Ich habe mir gedacht, dass Sie das meinten.“ Er rieb sich den Hinterkopf und spürte die Beule, die Tara nicht bemerkt hatte, weil er darauf gelegen hatte. „Gut, dass ich auf die unempfindlichsten Stellen meines Körpers gefallen bin.“

Ihr Lächeln verschwand schlagartig, und sie runzelte die Stirn, als er versuchte aufzustehen. „Was machen Sie da?“

„Etwas, was die Menschen schon seit vielen Jahrhunderten tun. Man nennt es ‚sich aufrichten‘.“

„Ich glaube nicht.“

„Nein? Wie würden Sie es denn nennen?“

Sie seufzte. „Wunderbar.“

„Sie finden mich wunderbar? Als wir uns das erste Mal begegnet sind, haben Sie etwas ganz anderes gesagt.“

Mit großen Augen blickte sie ihn an. „Sie können es wohl nicht lassen, wie?“

„Es tut mir Leid.“ Er hob die Hände. „Es ist eine Angewohnheit von mir, und sie gefällt nicht jedem, das gebe ich zu. Aber bei vier älteren Schwestern musste ich mir etwas einfallen lassen, um zu überleben. Haben Sie auch Geschwister?“, versuchte er, sich höflich mit ihr zu unterhalten.

„Einen Bruder“, erwiderte sie.

„Ist er älter oder jünger?“

Sekundenlang sahen sie sich schweigend an. Dann richtete Tara sich auf. Wenn er sich mit ihr unterhalten wollte, war er bestimmt nicht schwer verletzt. „Okay, da offenbar alles in Ordnung ist …“

Als er merkte, dass sie sich verabschieden wollte, reagierte er schnell. „Nun, ich habe hier eine Beule.“ Er wies auf die Stelle am Hinterkopf. „Außerdem ist mir irgendwie seltsam zu Mute. Aber das wird sicher bald vorbei sein.“

Tara zögerte. Konnte sie ihm vertrauen oder nicht? Er hatte nicht den besten Ruf … Andererseits war er von der Leiter gefallen, und sie würde sich Vorwürfe machen, falls er doch eine Gehirnerschütterung hatte und sie ihn allein ließ. Sie seufzte und ließ die Finger durch sein Haar gleiten. Mann, das fühlt sich gut an, dachte er, irgendwie beruhigend. Bis auf die Tatsache, dass er ihre schlanken Schenkel in den engen Jeans nun dicht vor Augen hatte.

Während sie seinen Kopf nach weiteren Beulen abtastete, fiel Tara auf, dass er den Kopf leicht zur Seite drehte und so ihre Schenkel nicht länger betrachtete. Diese nette Geste überraschte sie.

Aber sie wollte sich nicht eingestehen, dass er vielleicht doch ein ganz netter Mensch war. Das konnte sie sich nicht erlauben, weil er ihre Fantasie viel zu sehr anregte.

Endlich hatte sie die Beule entdeckt. „Ja, da haben Sie sich offenbar wirklich verletzt.“

„Dachten Sie, ich würde lügen?“

Sie sah ihn fragend an. „Würden Sie so etwas denn tun?“

„Um mich mit Ihnen noch länger unterhalten zu können?“ Er lächelte. „Ja, wahrscheinlich.“

Er flirtete mit ihr, wie ihr sofort klar wurde. „Das können Sie sich bei mir sparen, wissen Sie. Das wirkt bei mir nicht.“

„Wovon reden Sie?“

„Von Ihrem Versuch zu flirten.“ Sie hatte immer noch die Finger in seinem kurz geschnittenen Haar, als sie ihm in die Augen sah. „Dagegen bin ich immun.“

„Das hört sich für mich wie eine Herausforderung an“, entgegnete er belustigt.

Sie verdrehte die Augen und reichte ihm die Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen. „Funktioniert das wirklich? Ich meine, machen Sie so lange weiter, bis die Frauen aufgeben, weil Sie sie bis zum Äußersten gereizt haben?“

Er nahm ihre Hand, jedoch ohne sich von ihr hochziehen zu lassen. Stattdessen stützte er sich mit der anderen Hand auf den Boden und sprang auf. Als er in voller Größe vor ihr stand, blickte er lächelnd auf sie hinab. „Sie sind sehr zynisch. Können Sie sich nicht vorstellen, dass andere Frauen mein freundliches Wesen reizvoll finden?“

„Nein, das kann ich nicht. Ich finde es irritierend und glaube nicht, dass es anderen Frauen gefällt.“

„Sie scheinen sehr genau zu wissen, was Frauen an Männern gefällt, stimmt’s?“

„Jedenfalls habe ich ziemlich genaue Vorstellungen davon.“ Sie versuchte, ihre Hand zurückzuziehen, die er immer noch festhielt. „Ist es so schwer, zu glauben, dass ich weiß, wie Frauen denken?“

Er hielt ihre Hand noch etwas fester. „Sind Sie etwa eine Sextherapeutin?“ Sein Lächeln wirkte verführerisch. „Bitte sagen Sie, dass Sie eine Sextherapeutin sind.“

Obwohl sie sich bemühte, ernst zu bleiben, musste Tara plötzlich lachen. „Ja, das glaube ich Ihnen gern. Alle Männer träumen doch von einem Pornostar, oder?“

„Sind Sie etwa …?“

Sie drohte ihm mit dem Zeigefinger. „Wagen Sie nicht, es auszusprechen.“

„Okay, wahrscheinlich habe ich zu viel Fantasie.“ Er legte ihre Hand auf seine Brust. „Womit verdienen Sie Ihr Geld, Tara Devlin? Wie kommt es, dass Sie so genau wissen, was Frauen sich wünschen?“

Wieder versuchte sie, ihm ihre Hand zu entziehen. „Sie wissen doch, was ich mache.“

„Würde ich Sie dann fragen? Vergesslich bin ich noch nicht, und ganz bestimmt nicht, wenn es um Sie geht. Sie erweisen sich als sehr bemerkenswert.“

„Hören Sie bitte damit auf.“

„Womit?“

„Zu flirten. Ich meine es ernst.“

„Warum sollte ich das tun?“

Am liebsten hätte sie laut geschrien. Noch nie zuvor war sie einem Mann begegnet, der sie so sehr reizte und ärgerte. „Lassen Sie endlich meine Hand los.“

Prompt hielt er sie noch fester. „Warum?“

Tara machte einen Schritt auf ihn zu und trat ihm auf den Fuß.

„Au!“ Endlich ließ er ihre Hand los, wich zurück und betrachtete ihre Wanderschuhe. „Das hat wehgetan!“

„Das sollte es auch. Ich wette, das hat Sie von der Beule an Ihrem Kopf abgelenkt.“

Plötzlich lachte er laut auf. „Ich glaube, es wird mir Spaß machen, neben Ihnen zu wohnen. Sie werden mich immer auf Zack halten, stimmt’s?“

„Ich habe absolut nicht die Absicht, Sie irgendwo zu halten.“

„Ach, kommen Sie, geben Sie doch zu, dass es Ihnen auch ein bisschen Spaß macht.“

Das würde sie niemals zugeben, auch nicht, wenn es stimmte. Sie wollte mit diesem Schuft nicht flirten und nicht von ihm verletzt werden. Zweimal in ihrem Leben war sie verletzt worden, das reichte ihr. Lieber blieb sie Single. Sie war es gern.

„Wie haben Sie es eigentlich geschafft, von der Leiter zu fallen?“

Sekundenlang zögerte er. „Sie hat gewackelt, und dann bin ich gestürzt“, antwortete er lächelnd.

Da stimmte etwas nicht, er verheimlichte ihr etwas, das spürte sie, denn er konnte ihr nicht in die Augen sehen. „Es gibt noch einen anderen Grund, oder?“

Er blickte an ihr vorbei. „Ich weiß nicht, wovon Sie reden.“

„Doch, das wissen Sie. Wann wollen Sie mir endlich verraten, wer Sie wirklich sind?“

„Nicht schon wieder! Sie wissen, wer ich bin.“ Jetzt sah er sie an. „Ich hatte gehofft, das Thema sei abgehakt. Soll ich Ihnen meinen Ausweis zeigen?“

„Mir ist bekannt, dass Sie sich als Jack Lewis ausweisen können. Das hat Sheila von der Postagentur erwähnt.“ Tara schüttelte den Kopf und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Aber mein Romanheld hat sehr ähnliche Erlebnisse wie Sie. Finden Sie das nicht auch etwas seltsam?“

In seinen blauen Augen blitzte es belustigt auf. „Demnach sind Sie Autorin oder dergleichen. Was für Romane schreiben Sie denn?“

Noch nie zuvor war es ihr peinlich gewesen, zu erzählen, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Doch in Gegenwart dieses Mannes, der viel zu sexy war und nicht aufhören wollte, mit ihr zu flirten, fühlte sie sich plötzlich unbehaglich. Energisch hob sie das Kinn. „Ich schreibe historische Abenteuer- und Liebesromane.“

Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. „Romantische Geschichten mit viel Herz und Schmerz?“

Sie blickte ihn herausfordernd an. „Ja, und auch mit Erotik und so, wenn Sie es genau wissen wollen.“

Er bemühte sich, ernst zu bleiben. „Was heißt das?“

„Na ja …“ Ich grabe mir hier selbst eine Grube, dachte sie, während sie sekundenlang die Augen schloss und tief durchatmete. „Es heißt, dass die Romane wie aus dem Leben gegriffen sind.“ So lautete einer der Werbetexte ihres Verlegers. „Die Leser können sich mit dem, was die Helden und Heldinnen erleben, identifizieren, und oft tragen die Beziehungen moderne Züge.“

„Wie modern sind denn die Züge?“, fragte er prompt.

„Was genau meinen Sie damit?“ Die Grube wird immer tiefer, fügte Tara insgeheim hinzu.

„Wir beide wissen doch, dass heutzutage in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen die Sexualität wichtiger ist als vor hundert Jahren.“

„Im Prinzip haben Sie Recht, dennoch kommt es auf die Moralvorstellungen jedes Einzelnen an.“

„Damit die romantischen Geschichten realistisch wirken, erfinden Sie Liebesszenen, stimmt’s?“

Tara schluckte und wäre am liebsten im Boden versunken. „Ja.“

Nachdem er sie aufmerksam betrachtet hatte, lächelte er wieder. „Ich glaube, Miss Tara, Sie schreiben Sexgeschichten.“

„Glauben Sie doch, was Sie wollen.“ Sie drehte sich um und ging in Richtung ihres Hauses. „Der horizontale Mambo ist wirklich nicht das Wichtigste im Leben.“

Er folgte ihr. „Der horizontale … Mambo? Den habe ich noch nicht ausprobiert. Könnten Sie ihn mir beschreiben?“

„Ach, lassen Sie mich in Ruhe.“ Tara blieb stehen, drehte sich um und funkelte ihn wütend an. „Sie sind der lästigste Mensch, der mir je begegnet ist.“

„So? Dann sollten Sie mehr Menschen kennen lernen.“

Sie schüttelte den Kopf und breitete die Arme aus. „Ich gebe auf.“

„Das wurde auch Zeit.“ Er kam auf sie zu, zog sie an sich und küsste sie.

Sie hätte darauf vorbereitet sein müssen bei dem Ruf, der ihm vorauseilte. Eigentlich war es keine Überraschung, dass er sich so etwas erlaubte. Erstaunlich daran war nur, dass es ihr ganz gut gefiel, wie sie sich eingestand. Er machte es nicht schlecht … viel besser, als sie es sich in ihrer Fantasie ausgemalt hatte.

Mit geschlossenen Augen stand sie völlig reglos da, entschlossen, den Kuss nicht zu erwidern. Schließlich hörte sie auf zu analysieren, wie gut er küssen konnte, um die Erfahrung in ihrem Roman zu verarbeiten, und gab sich stattdessen ihren Gefühlen hin.

Sie spürte seinen muskulösen Körper an ihrem und kam sich in seinen kräftigen Armen ziemlich klein, verletzlich und sehr weiblich vor. Dann nahm sie den herben Duft seines Aftershaves wahr, und es durchlief sie heiß, als er ihre Lippen öffnete und mit der Zunge ihren Mund zu erforschen begann.

Er spürte ihre Bereitschaft nachzugeben und lächelte zufrieden. Prompt versteifte sie sich, und sie wehrte sich, bis er sie losließ. Dann griff sie nach der Einkaufstasche, schwang sie in Jacks Richtung und traf ihn seitlich am Kopf. Er strauchelte und fiel zum zweiten Mal an diesem Tag hin.

„Sie arroganter …!“

„Was, zum Teufel, ist in der Tasche?“ Er blieb liegen und hielt die Hände auf sein Auge.

„Wie können Sie es wagen, mich zu küssen?“

„Ich hielt es für eine gute Idee. Was ist los mit Ihnen? Kommen solche Szenen in Ihren Geschichten nicht vor?“

„Wenn Sie mich noch einmal anfassen, rufe ich die Polizei. Haben Sie das verstanden?“ Sie stand neben ihm und schwang drohend die Einkaufstasche hin und her.

„Den hiesigen Polizisten habe ich schon kennen gelernt. Der wird Ihnen bestimmt nicht helfen.“ Jack stand auf. „Wahrscheinlich habe ich eine Gehirnerschütterung.“ Er schwankte leicht.

„Sie können nicht einfach Frauen küssen, die nicht geküsst werden wollen.“ Als er die Hände von dem Auge nahm, fügte sie entsetzt hinzu: „O nein.“

„Ist es so schlimm?“, fragte er und blickte sie mit dem unversehrten Auge an.

Nachdenklich betrachtete sie die Einkaufstasche. „O nein“, sagte sie noch einmal. „Das hatte ich ganz vergessen.“

Als er sich umdrehte und auf das Haus zuging, schwankte er wieder. Ohne zu zögern, folgte Tara ihm und half ihm. „Es tut mir Leid.“

„Haben Sie einen Hammer gekauft?“

„Nein, eine Dose Tomatensuppe.“

„Und die haben Sie mir an den Kopf geschlagen?“ Er sah auf sie hinunter.

Tara lächelte zaghaft. „Ich hielt es für eine gute Idee“, erwiderte sie und benutzte seine eigenen Worte.

„Und dann wagen Sie noch, mir mit der Polizei zu drohen?“

Sie gingen die Treppe hinauf zur Haustür und weiter in die Eingangshalle. „Wohin jetzt?“ Tara blickte in mehrere große, leere Räume mit heruntergerissenen Tapeten.

„Geradeaus in die Küche. Die Verletzung muss mit Eis gekühlt werden, und ich brauche einen Drink.“

Nachdem er sich an den alten Holztisch gesetzt hatte, öffnete Tara den großen Kühlschrank. „Erbsen oder Mais?“, fragte sie über die Schulter.

„Wie bitte?“ Sein Kopf schmerzte, und Jack war momentan nicht zu Scherzen aufgelegt.

„Eis ist keins da. Soll ich eine Packung tiefgefrorene Erbsen oder Mais stattdessen nehmen?“

„Das ist mir egal.“

Sie setzte sich ihm gegenüber, während er die Packung Erbsen auf Schläfe und Auge presste. Auf einmal wurde Tara von Gewissensbissen geplagt. „Es tut mir wirklich Leid, dass ich Sie mit der Dose am Kopf getroffen habe. Glücklicherweise hat das Brot den Schlag etwas gedämpft, sonst wären Sie jetzt vielleicht bewusstlos.“

„Wie beruhigend.“

„Sie hätten mich nicht so küssen sollen“, versuchte sie sich zu rechtfertigen.

Jack seufzte. „Okay. Wie hätte ich Sie denn küssen sollen?“

„Überhaupt nicht.“ Reumütig und ärgerlich zugleich sah sie ihn an. „Ich habe Sie nicht darum gebeten.“

Die Erbsen fingen an aufzutauen. „Haben Sie in Ihren Beziehungen die Hosen an? Darf ein Mann Sie erst küssen und umarmen, wenn Sie ihn dazu auffordern?“ Als er ihren zornigen Blick bemerkte, schlug er vor: „Okay, lassen Sie uns einen Waffenstillstand schließen.“

„Wie stellen Sie sich das vor?“

Über ihr Misstrauen ärgerte er sich. „Wir versprechen uns gegenseitig, uns keine Dosen, Lebensmittel oder andere Dinge an den Kopf zu werfen, und versuchen, Freunde zu werden.“

„Freunde? Wir beide?“ Tara schüttelte den Kopf. „Das wird nicht funktionieren.“

„Warum nicht?“, fragte er, obwohl er ähnliche Bedenken hatte.

„Wir verstehen uns nicht.“

„Woher wollen Sie das wissen? Wir haben es doch noch gar nicht versucht.“

„Aber ich habe Ihnen vorhin eine Dose Tomatensuppe an den Kopf geschlagen.“

„Das stimmt.“ Er lächelte leicht gequält. „Doch Sie müssen zugeben, es ist nicht langweilig, wenn wir uns begegnen.“

„Wollen Sie riskieren, dass ich Sie das nächste Mal am anderen Auge treffe?“

„Versprechen Sie mir, dann Pilze zu nehmen?“

Tara musste lachen. „Sie sind verrückt.“

„Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.“

„Okay. Sie müssen mir aber versprechen, nicht mit mir zu flirten.“ Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Und Sie dürfen mich nicht immer ärgern. Meinen Sie, das würden Sie schaffen?“

„Nein.“

„In dem Fall …“

„Das Flirten liegt mir im Blut, ich mache es automatisch. Das behaupten jedenfalls meine Schwestern. Schon jahrelang prophezeien sie mir, es würde mich eines Tages in Schwierigkeiten bringen.“ Er nahm die Packung Erbsen vom Auge. „Heute war es offenbar so weit.“

„Dann können wir auch keine Freunde werden.“

Er lächelte sie freundlich an. „Sie könnten ja versuchen, mich zu kurieren? Oder vielleicht gewöhnen Sie sich doch noch an mein Flirten?“

Tara seufzte. „Warum wollen Sie überhaupt mit mir befreundet sein?“

Jack zuckte die Schultern. „Vielleicht mag ich Sie – aus irgendwelchen Gründen.“

Schweigend sah sie ihn an. Sie war neugierig und hätte zu gern gewusst, was für ein Mensch er wirklich war. In einem hatte er Recht: Wenn sie zusammen waren, war das Leben nicht langweilig. Und da sie Nachbarn waren, sollten sie sich bemühen, miteinander auszukommen.

Einen Schurken näher kennen zu lernen könnte Studienzwecken dienen. Immerhin gab es in ihren Romanen viele Schurken, so dass es nicht schaden konnte, mit solchen Menschen Erfahrungen zu sammeln. Da sie wusste, wie er war, konnte sie auf der Hut sein.

„Sie dürfen mich nicht wieder küssen. Darauf muss ich bestehen“, erklärte sie schließlich.

Lächelnd nahm er ihre Hand und schüttelte sie. „Gut, versprochen. Ich werde mich in jeder Hinsicht zurückhalten – bis Sie mich bitten, Sie zu küssen und zu umarmen.“

3. KAPITEL

Jack hatte Catherine schon begehrt, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Sie faszinierte und irritierte ihn, und sie stellte für ihn eine Herausforderung dar. Es war das größte Abenteuer seines Lebens und voller Höhen und Tiefen.

Dass sie sich beinah geliebt hätten, konnte er nicht vergessen. Aber in gewisser Weise war er froh, dass sie es nicht getan hatten, denn früher oder später hätte es ihr Gewissen belastet, sie hätte es bereut, und es wäre keine schöne Erinnerung mehr gewesen.

Dazu wollte Jack es nicht kommen lassen.

Er beobachtete sie, während sie nun den Raum durchquerte. Auch die anderen Gäste beobachteten sie, denn sie war die Gastgeberin, eine strahlende Schönheit, geistreich und weltgewandt. Sie wechselte mit jedem einige freundliche Worte.

Jack war eifersüchtig und wünschte, sie wäre ausschließlich für ihn da. Als sie sich schließlich zu ihm gesellte, ließ er die Hand über ihren Arm gleiten. „Das Kleid ist skandalös. Weißt du das?“

Bei dem Klang seiner tiefen, rauen Stimme bekam Catherine eine Gänsehaut. „Ich bin der Meinung, es ist perfekt.“ Sie sah an sich hinunter, ehe sie den Blick über die Rüschen seines Hemdes gleiten ließ und ihm dann in die Augen schaute. „Was ist daran skandalös?“

Er lächelte. „Dass es meine Fantasie viel zu sehr anregt.“

„So? In welcher Hinsicht?“

„Es erinnert mich daran, was ich in der Kapitänskajüte von deinem Körper gesehen habe, und ich möchte …“

„Ist das die Geschichte, in der ich vorkomme?“, ertönte plötzlich Jacks Stimme.

Tara erschrak und blickte zum offenen Fenster. „Oh, was für eine Überraschung, dich zu sehen.“

Natürlich war es keine Überraschung, denn sie hatten sich in der vergangenen Woche jeden Tag gesehen und irgendwann beschlossen, sich zu duzen.

„Ja, ich habe dich auch vermisst“, sagte er lächelnd.

Sekundenlang schloss sie die Augen und atmete tief durch. „Wie geht es dir heute Morgen?“, fragte sie dann betont freundlich und lächelnd.

„Weil du lächelst, sehr gut.“ Er kam herein und stellte sich hinter sie und versuchte, über ihre Schulter den Bildschirmtext zu lesen. „Wie läuft es? Ich habe dir doch angeboten, dir zu helfen und dir Einblick in die männliche Psyche zu verschaffen.“

Tara schaltete den Monitor aus. „O ja, daran erinnere ich mich noch lebhaft.“

„Wenn ich das, was du da schreibst, lesen dürfte, könnte ich vielleicht herausfinden, wie ich die Barrieren, die du um dich her errichtet hast, überwinden kann“, sagte er und schob ihr eine Haarsträhne hinters Ohr.

Er kann es einfach nicht lassen, dachte Tara. „Flirtest du auch im Schlaf?“

„Das musst du selbst herausfinden.“

Gegen ihren Willen lachte sie. „Vergiss es.“

Unwillkürlich hob er die Hand und strich sich über das verletzte Auge. Tara beobachtete ihn mit schuldbewusster Miene. Sogleich versicherte Jack ihr sanft: „Es ist schon viel besser.“

Er kann wirklich nett sein, wenn er will und mich nicht immer ärgert, überlegte sie. „Es sieht aber aus, als würde es verdammt wehtun.“

Ihm fiel ihr liebevoller Blick auf, und er beschloss, auf Nummer sicher zu gehen und scherzhaft zu reagieren. „Ganz schön gefährlich, diese Suppen. Außer Hühnersuppe natürlich.“

„Dann hat dir deine Mutter wohl Hühnersuppe zu essen gegeben, wenn du krank warst und schnell wieder gesund werden solltest, wie?“

„Das weiß ich nicht mehr.“ Er blickte zum Fenster hinaus. „Ich erinnere mich überhaupt nicht an meine Mutter. Sie hat uns verlassen, als ich noch sehr klein war.“

„Das ist ein Scherz, oder?“, fragte Tara überrascht.

Er sah sie wieder an und lächelte freudlos. „Dieses Mal wirklich nicht. Sie war der Meinung, ein Sohn nach vier Töchtern sei einfach zu viel, damit könne sie nicht fertig werden, und ist gegangen.“

„Das kann ich nicht glauben“, entgegnete sie schockiert.

Jack lachte. „Vielleicht war es nicht ganz so, wie ich es gerade geschildert habe. Aber sie hat uns verlassen, als ich ungefähr zwei Jahre alt war. Ich denke, ein fünftes Kind, das kaum zu bändigen war, hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Es war nicht so schlimm für mich.“

„Meinst du das ernst? Ich finde so etwas sehr schlimm.“

„Ich bin damit zurechtgekommen.“

„Es tut mir Leid.“ O nein, hätte mir keine bessere Bemerkung einfallen können? dachte sie.

„Es ist doch nicht deine Schuld, dass sie uns verlassen hat.“

„Nein, aber …“

Er fuhr ihr mit der Hand durchs Haar. „Vergiss es. Hilf mir lieber dabei, die richtige Farbe zu finden.“

„Farbe?“, wiederholte sie, verblüfft über den plötzlichen Themenwechsel.

„Ja, zum Streichen der Hauswand.“ Er zeigte durchs Fenster auf sein Haus. „Es braucht einen neuen Anstrich, und da ich ein Mann bin – falls du es nicht schon bemerkt haben solltest –, traut man mir in Sachen Farbe nicht viel Geschmack zu.“

Tara lächelte, denn er hatte ihr erzählt, dass er zuvor schon andere Häuser renoviert hatte. „Wer hat denn bisher die Farben ausgesucht? Nein, lass mich raten. Du flirtest immer mit allen allein stehenden Nachbarinnen, und sie helfen dir dann beim Auswählen der Farben, richtig?“

Ein Schatten huschte über sein Gesicht. So kurz, dass Tara glaubte, sich getäuscht zu haben.

„Ja, genau so ist es. Du hast mich durchschaut.“ Er sah sie herausfordernd an. „Oder möchtest du heute Morgen lieber etwas anderes tun?“

Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet, als Jack sich über sie beugte. Er strahlte viel zu viel Männlichkeit aus, und sie fand ihn viel zu beunruhigend. Energisch hob sie den Kopf. Sie durfte nicht zulassen, dass er ihr unter die Haut ging.

Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, sah sie ihm in die Augen. „Was für ein Zufall! Momentan gibt es nichts, was ich mit dir zusammen lieber machen würde, als Wandfarbe auszusuchen.“

Jack schlug sich mit der Faust gegen die Brust. „Deine ständigen Zurückweisungen verletzen mich.“

„Du wirst es überleben.“

Sekundenlang tat er so, als müsste er nachdenken. Dann zwinkerte er. „Ja, ich glaube, du hast Recht.“ Er nahm ihre Hand und zog Tara hoch. „Komm, hilf mir beim Auswählen der Farbe.“

Da der Baumarkt dreißig Meilen entfernt war, beschloss Jack, nicht nur Farben, sondern auch Tapeten zu kaufen. Obwohl er Tara um Hilfe gebeten hatte, scheute er nicht davor zurück, ihr zu widersprechen, wenn er mit ihrer Wahl nicht einverstanden war.

„Nein, ich nehme keine Blümchentapete“, erklärte er.

„Es sind doch nur winzige Blumen“, wandte sie ein. „Vielleicht lebt ja eines Tages eine Frau in dem Haus.“

„Nicht mit mir zusammen.“

„Das ist mir klar.“

„Was soll das denn heißen?“

Sie konzentrierte sich auf das Muster. „Diese Tapete ist wirklich schön, Jack. Sie wirkt irgendwie dezent und … unaufdringlich.“

Er verschränkte die Arme vor der Brust und runzelte die Stirn. „Lenk nicht ab. Glaubst du, keine Frau würde mit mir zusammenleben wollen? Ich bin handwerklich und auch sonst sehr geschickt. Außerdem bin ich sehr liebenswert, weißt du.“

Tara musste lachen. „Natürlich bist du das. Die Frauen liegen dir zu Füßen. Schau mich doch an, ich finde dich absolut unwiderstehlich.“

„Großartig.“ Er nahm ihr das Tapetenmuster aus der Hand und hängte es wieder an seinen Platz. „Dann lass uns nach Hause fahren und den horizontalen Mambo ausprobieren, wie du es genannt hast.“

„Ah ja, den Mambo.“ Sie lächelte belustigt, während Jack sie zur Kasse führte. „Aber ich dachte, wir wollten Farben kaufen.“

Unvermittelt blieb er stehen und seufzte. „Ich kann nicht glauben, dass du lieber den Nachmittag damit verbringst, Tapeten und Farben auszusuchen, statt dich von mir zu ungeahnten Höhen …“

„Danke, ich habe verstanden“, unterbrach sie ihn und errötete vor Ärger darüber, dass ihr Körper prompt auf Jacks viel sagenden Blick reagierte. Es durchlief sie heiß. Wie schaffte er das nur immer wieder? In der einen Minute neckte er sie, in der nächsten versuchte er schamlos, sie in sein Bett zu locken. Nahm er überhaupt etwas ernst?

„Hallo, Jack“, riss in dem Moment eine weibliche Stimme Tara aus den Gedanken.

Die Frau, die vor ihnen stand, sah einfach fantastisch aus. Sie war genau der Typ, in den ihr Romanheld sich verliebt hätte.

Tara sah Jack an und war erstaunt über seine plötzliche Veränderung. Sein Lächeln war verschwunden, und er schien auf der Hut zu sein. So hatte sie ihn noch nicht erlebt.

„Sarah“, sagte er nur.

„Was für eine Überraschung.“ Mit ihren dunklen Augen musterte die Frau Tara. „Willst du mich nicht deiner Freundin vorstellen?“

„Nein.“

Spontan reichte Tara der Frau die Hand. „Ich bin Tara, aber nicht Jacks Freundin. Wir arbeiten noch daran, Freunde zu werden.“

Er warf ihr einen Blick aus den Augenwinkeln zu. „Oh, auch Sarah würde mich nicht als ihren Freund bezeichnen.“

Die Frau zog eine Braue hoch. „Die Bemerkung war überflüssig. In Anbetracht unserer gemeinsamen Vergangenheit könntest du ruhig etwas freundlicher sein, oder?“

Nachdem er kurz nachgedacht hatte, schüttelte er den Kopf. „Nein.“

Tara lachte nervös. „Ach, Jack, versuch doch, nett zu sein.“

„Nein. Und auch du solltest nicht versuchen, nett zu sein. Ihr beide werdet euch nicht wiedersehen, glaub mir.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob er den Einkaufswagen mit den Farben und Tapeten zur Kasse.

„Manchmal ist er unausstehlich.“

„Ja, ich weiß“, stimmte Tara der Frau zu und verzog die Lippen.

„Sind Sie seine neueste Eroberung?“, fragte Sarah.

„Nein, wohl kaum.“ Tara lächelte. „Mich kann er nicht beeindrucken.“

„Er flirtet gern.“

„Das habe ich schon bemerkt.“

Sarah trat näher zu Tara heran und sagte leise: „Passen Sie auf, dass er Ihnen nicht das Herz bricht. Er flirtet nur und will sich nicht binden.“

„Das brauchen Sie mir nicht zu erzählen. Ich bin nicht seine …“

„Sie werden es aber sein“, fiel Sarah ihr ins Wort. „Er gewinnt jede Frau für sich, wenn er will. Das ist sein besonderes Talent.“

Mir gefällt die Frau nicht, und von Jack finde ich es nicht nett, dass er mich in diese unangenehme Situation gebracht hat, überlegte Tara. „Sie brauchen mich wirklich nicht zu warnen. Er interessiert mich nicht.“

Mit wehmütiger Miene blickte Sarah Jack an. „Umso besser für Sie. Ich war beinah zwei Jahre mit ihm zusammen, wir waren sogar verlobt. Und ich muss gestehen, er hat mir das Herz gebrochen.“

Überrascht betrachtete Tara ihr Profil.

„Er konnte sich einfach nicht von anderen Frauen fern halten. Es ist so etwas wie eine Krankheit bei ihm. Und sein Freund Adam, dieser lächerliche Playboy, ist genauso. Wenn man diesen Kerlen den kleinen Finger gibt, nehmen sie gleich die ganze Hand. Ehe man sich’s versieht, landet man mit ihnen im Bett, und irgendwann ist man wieder allein.“

„Was hat sie dir erzählt?“, fragte Jack auf der Rückfahrt, nachdem sie mindestens zehn Minuten geschwiegen hatten.

Die Worte der anderen Frau klangen Tara noch im Ohr, und sie blickte zum Fenster hinaus. Über Jack wusste sie eigentlich überhaupt nichts. Aber alles, was sie soeben erfahren hatte, schien zu bestätigen, dass er ein Schuft oder ein Frauenheld war. Doch egal, wie man ihn nannte, er war kein besonders netter Mensch und bestimmt nicht der Typ Mann, mit dem Tara jemals hatte befreundet sein wollen.

„Tara?“ Er nahm ihre Hand und drückte sie. „Was hat sie gesagt, worüber du dich so sehr ärgerst?“

Behutsam entzog sie ihm die Hand und sah ihn an. „Sie hat erzählt, dass sie mit dir verlobt war.“

Er biss die Zähne zusammen. „Ja, wir waren verlobt.“

„Wie viele ehemalige Verlobte hast du?“

„Dutzende. Das möchtest du doch hören, oder?“

Sie runzelte die Stirn. „Aus den Bemerkungen dieser Frau kann man nichts anderes schließen.“

„Glaubst du immer alles, was man dir erzählt?“

„Nein, natürlich nicht. Aber …“

„Aber von mir nimmst du eher das Schlechteste an, als darüber nachzudenken, dass ich vielleicht meine Gründe hatte und ein halbwegs anständiger Kerl sein könnte.“ Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf den Verkehr. „Ich hatte wirklich Besseres von dir erwartet.“

„Was weiß ich denn schon von dir? Was sie gesagt hat, klang jedenfalls recht plausibel. Ich schlage vor, du erklärst mir, wie es wirklich war.“

„Würdest du mir denn glauben?“ Er warf ihr von der Seite einen kurzen Blick zu. „Du glaubst mir ja auch nicht, dass ich der bin, der ich vorgebe zu sein, sondern identifizierst mich mit deinem Romanhelden. Hat der Jack aus deinem Roman auch eine verrückte Exverlobte?“

Sie blinzelte. „Ich muss zugeben …“

„Oh, großartig. Dann habe ich deiner Meinung nach die Begegnung nur zu dem einen Zweck inszeniert, Tara Devlin zu verführen, oder was?“

„Es gibt wirklich seltsame Übereinstimmungen zwischen dem, was hier abläuft, und meiner Geschichte. Das musst du doch selbst zugeben.“

„Okay, es scheint tatsächlich so zu sein. Aber alles, was in Romanen beschrieben wird, gibt es so oder so ähnlich auch im wirklichen Leben.“

„Sicher. Doch in dem Ausmaß?“

Er seufzte. „Mein Leben ist seltsamer verlaufen, als man es sich vorstellen kann. Deshalb überrascht mich nichts mehr.“

Minutenlang schwieg Tara, ehe sie fragte: „Möchtest du mit mir über deine Exverlobte reden?“

„Ehrlich gesagt, nein.“

Trotz aller guten Vorsätze war Tara enttäuscht. Bisher gab es keine Anhaltspunkte dafür, dass er mehr war als nur ein unverbesserlicher Frauenheld. Dennoch hatte sie die Hoffnung, er wäre anders, als er sich gab, noch nicht ganz aufgegeben. Einige Male hatte sie sogar geglaubt, etwas Weiches, Herzliches in seinem Tonfall zu hören und Wärme in seinem Blick zu spüren, Regungen, die nicht zu dem Persönlichkeitsbild zu passen schienen, das er nach außen zeigte.

Sie hatte gehofft, er hätte ihr erklären wollen, warum diese Frau solche Anschuldigungen gegen ihn erhoben hatte. Aber offenbar war er in Wahrheit nichts anderes als ein Frauenheld. Wäre er überhaupt dazu fähig, sich anderen Frauen gegenüber zurückzuhalten, wenn er eine feste Beziehung hatte? Er könnte es wenigstens versuchen, wenn schon nicht aus Liebe, dann aus Respekt vor seiner Partnerin.

Wieder warf er ihr einen Seitenblick zu. „Möchtest du denn, dass ich mit dir darüber rede?“

Tara sah zum Fenster hinaus. „Es geht mich nichts an.“

„Dann interessiert es dich nicht, oder?“

„Nein“, behauptete sie.

Jack runzelte die Stirn. „Du bist fest davon überzeugt, ich sei ein Schuft, oder?“

„Was zwischen euch vorgefallen ist, ist mir völlig egal. Es tut mir Leid, falls das an deinem Selbstbewusstsein kratzt.“

„Du hast mir schon ganz andere Verletzungen zugefügt“, antwortete er betont unbekümmert. „Heißt das, wir verbringen den Nachmittag jetzt nicht im Bett?“

„Du kannst den Nachmittag da verbringen, wo du willst.“ Sie ging nicht auf seinen Versuch ein, die Stimmung aufzulockern. „Ich werde ihn mit einem Manuskript und meinem Kater verbringen.“

„Willst du meinen Doppelgänger etwas Dramatisches erleben lassen?“

„Nein, denn deinen Doppelgänger, wie du es nennst, mag ich wirklich.“

Er lächelte leicht. „Was hat er, was ich nicht habe?“

Eine weniger provozierende Art, mehr Einfühlungsvermögen, höhere moralische Werte im Umgang mit Frauen und noch vieles andere mehr, erwiderte sie insgeheim. Laut sagte sie jedoch nur: „Er ist berechenbar.“

„Ach, suchst du einen Mann, der berechenbar ist?“, fragte er prompt. „Macht das die Sache nicht langweilig?“

„Ich suche überhaupt keinen Mann. Aber du kommst offenbar nicht damit zurecht, dass ich mit meinem Dasein als Single zufrieden bin.“ Sie wandte sich ihm zu.

Kurz sah er sie an und musste sich beim Anblick ihres entschlossenen Ausdrucks das Lächeln verkneifen. „Das stimmt nicht. Ich bin nur der Meinung, du verdrängst oder unterdrückst die natürlichsten Bedürfnisse.“

„Du redest von Sex, oder?“

Er schaltete in einen anderen Gang. „Du denkst immer nur an das eine, Tara. Das muss mit deinem Beruf zusammenhängen.“ Er zwinkerte ihr belustigt zu, als er ihre empörte Miene bemerkte. „Nein, ich habe von dem Bedürfnis gesprochen, Menschen kennen zu lernen und Beziehungen aufzubauen. Hast du hier Verwandte oder Freunde, Menschen, mit denen du mehr als ein Mal im Monat zusammen bist?“

Genau das war ihr wunder Punkt, und sie sah Jack entsetzt an. Doch rasch erholte sie sich wieder. Wie konnte dieser Mann es wagen, ihr diese Frage zu stellen, obwohl er keine Ahnung davon hatte, wie sie lebte, was sie sich wünschte und wonach sie sich so sehr sehnte?

„Ich habe viele gute Freunde, und alle sind wesentlich netter und umgänglicher als du.“

„Gut, und wo leben sie?“

„Wie bitte?“

„Leben sie hier in der Nähe, so dass du sie leicht besuchen kannst? Oder sind es nur Telefon-Freunde? Oder etwa Internet-Freunde?“

„Freunde sind Freunde, du Dummkopf.“

„Aber nur dann, wenn sie dich wirklich gut kennen und Zeit mit dir verbringen. Hat überhaupt jemand die Chance, dich richtig kennen zu lernen?“ Er hielt an, weil er abbiegen und erst den Gegenverkehr vorbeilassen musste. „Lässt du so etwas zu? Du machst es einem jedenfalls nicht leicht.“

In ihren Augen blitzte es ärgerlich auf. „Warum versuchst du, mein Leben auseinander zu nehmen, wo wir doch beide wissen, wie wenig erfolgreich deines ist?“