Traumwelt 1 – Erotikroman - Stella d'Amour - E-Book

Traumwelt 1 – Erotikroman E-Book

Stella d'Amour

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Beschreibung

Viviane atmete tief durch und schaltete den Fernseher aus. Der Liebesfilm, der sie zwei Stunden in seinen Bann gezogen hatte, war zu Ende. Schade! Sie hatte sich in die Handlung vertieft, mit der Heldin gelitten und sich schließlich an ihrem Glück erfreut. Wie gut, dass es so wunderbare Filme gab! Seufzend trat die junge Frau mit dem langen dunklen Haar und den großen grünen Augen ans Fenster ihrer gemütlichen Mansardenwohnung. Ihr Blick wanderte über die mittelalterlichen Häuser der kleinen Stadt im Norden Frankreichs. Schließlich blieb ihr Blick an einem Fenster im Haus gegenüber hängen. Sie blinzelte und hielt ihr Gesicht näher an die Scheibe. Sie schluckte, zuckte kurz zurück und schaute noch einmal genauer hin. Hatte sie eine Halluzination? Oder erblickte sie dort wirklich ein Liebespaar beim Sex auf einem breiten Bett? Oder waren das vielleicht noch Bilder aus dem Liebesfilm, den sie sich gerade angesehen hatte?

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Traumwelt – 1–

Liebeszauber in der Bretagne

Stella d'Amour

Viviane atmete tief durch und schaltete den Fernseher aus. Der Liebesfilm, der sie zwei Stunden in seinen Bann gezogen hatte, war zu Ende. Schade! Sie hatte sich in die Handlung vertieft, mit der Heldin gelitten und sich schließlich an ihrem Glück erfreut. Wie gut, dass es so wunderbare Filme gab!

Seufzend trat die junge Frau mit dem langen dunklen Haar und den großen grünen Augen ans Fenster ihrer gemütlichen Mansardenwohnung. Ihr Blick wanderte über die mittelalterlichen Häuser der kleinen Stadt im Norden Frankreichs. Schließlich blieb ihr Blick an einem Fenster im Haus gegenüber hängen. Sie blinzelte und hielt ihr Gesicht näher an die Scheibe.

Sie schluckte, zuckte kurz zurück und schaute noch einmal genauer hin. Hatte sie eine Halluzination? Oder erblickte sie dort wirklich ein Liebespaar beim Sex auf einem breiten Bett? Oder waren das vielleicht noch Bilder aus dem Liebesfilm, den sie sich gerade angesehen hatte? Sie starrte atemlos auf die erregende Szene. War der gut gebaute, nackte Mann dort unten Wirklichkeit? Mit aufgerichtetem Glied stand er vor dem Bett, auf dem eine nackte Frau mit großen Brüsten und leicht gespreizten Beinen lag. Viviane konnte ihr Gesicht ziemlich gut erkennen. Es war gerötet, die dunklen Augen schimmerten wie Opale und zwischen den roten vollen Lippen war die Zungenspitze zu sehen, die verführerisch über die Oberlippe strich.

Viviane hielt die Luft an. Was geschah jetzt? Würde einer der beiden noch auf die Idee kommen, den Vorhang vorzuziehen, um neugierige Blicke auszusperren? Nichts dergleichen geschah. Der Mann beugte sich nach vorne und kniete sich auf das Bett vor die Frau. Sie begann, sich auf dem weißen Betttuch lustvoll und verführerisch zu winden und zu rekeln. Sie streckte die Arme über den Kopf, sodass ihre Brüste sich spannten. Der Mann sah sie an, beugte sich über sie und begann, ihre Brüste zu massieren. Die Frau zog die Knie an, und Viviane sah, wie sie ihr Becken hob und sich dem Mann entgegendrängte.

Sie konnte genau erkennen, wie der muskulöse Mann in die Frau eindrang und sich die nackten Körper ekstatisch hin und her bewegten. Sie sah das verzückte Gesicht der Frau, glaubte den keuchenden Atem der Liebenden zu hören. Doch es war ihr eigener Atem, den sie hörte.

Viviane merkte, wie ihre eigene Erregung wuchs, während sie zusah. Was tat sie hier? Sie sollte sich beschämt abwenden und den Vorhang vorziehen, aber sie konnte sich nicht lösen. Sie merkte das Ziehen zwischen den Schenkeln und streichelte ihren nackten Bauch. Die Finger ihrer rechten Hand glitten in ihren Slip, und erregt strich sie über die feuchten Schamlippen.

Fasziniert blickte sie auf das Liebespaar. Jetzt kniete die Frau auf dem Bett, stützte sich mit den Händen ab und streckte ihr nacktes Gesäß dem Mann entgegen, der von hinten in sie eingedrungen war und ritt wie ein wildes Tier.

Viviane stöhnte leise auf. Sie lehnte sich gegen die Fensterbank und glitt zu Boden, wo sie nach wenigen Augenblicken den Höhepunkt der Lust erreichte.

Erschöpft streckte sie sich auf dem warmen Holzfußboden aus und lag ein paar Minuten einfach nur da. War sie noch bei Sinnen? Sie ließ sich dazu hinreißen, einem Paar beim Sex zuzuschauen und verschaffte sich anschließend selbst Lust und Befriedigung. Doch warum eigentlich nicht?

Langsam erhob sich Viviane und trat noch einmal ans Fenster. Sie blickte auf das gegenüberliegende Haus. Das Fenster war hell erleuchtet, aber jetzt war die Gardine zugezogen und ließ keinen Blick ins Innere mehr zu.

Wirklich schade!

Eine halbe Stunde später trat die junge Frau aus der Duschkabine und hüllte sich in ein flauschiges Duschtuch. Als sie vor dem Spiegel stand und sich mit den Fingern durch ihr langes Haar fuhr, klingelte ihr Handy. Sie ging hinüber ins Wohnzimmer und nahm ab.

»Wo bleibst du denn?«, fragte eine weibliche Stimme in vorwurfsvollem Ton.

»Oh, tut mir leid, Isabelle. Ich habe den Termin völlig vergessen.« Viviane hielt das Duschtuch über der Brust zusammen und sah zum Fenster hinaus.

»Wirklich? Ich habe dir doch hundertmal gesagt, dass die Party heute Abend stattfindet. Kann es sein, dass du keine Lust hast zu kommen?«

»Nein. Ja. Zurzeit gehe ich einfach nicht gern auf Partys. Ich fühle mich nicht wohl unter so vielen fröhlichen Menschen.«

»Die sind auch nicht immer alle so fröhlich wie es aussieht. Aber sie verkriechen sich nicht völlig, sondern versuchen zumindest, ein bisschen Spaß zu haben. Das solltest du auch tun. Sonst wirst du ja noch zur Menschenfeindin. Du musst die Sache mit Pascal endgültig vergessen.«

»Das ist leider nicht so einfach. Ich habe keine Lust auf Partygeplänkel, Alkohol und einen dicken Kopf am nächsten Tag.«

»Es gibt tolle alkoholfreie Cocktails. Bitte, komm. Und wenn es nur für zwei Stunden ist.«

Viviane überlegte. Wäre es nicht viel angenehmer, sich aufs Sofa bequem zu legen und noch einen Film anzusehen? Einen Film mit viel Erotik? Anstatt unter Menschen zu gehen, würde sie ihre Gefühle beim Fernsehen ausleben und sich nicht in Gefahr begeben, wieder einen Menschen zu treffen, der ihr Vertrauen missbrauchte und sie so tief enttäuschte, dass sie immer noch darunter litt, als wäre es gestern gewesen.

»Bitte! Du kannst noch oft genug zu Hause auf dem Sofa herumliegen und dir Filme ansehen«, sagte Isabelle, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. »Und die Sache mit Pascal musst du jetzt ein für alle Mal vergessen. Das ist vorbei!«

»Nun gut, ich kann mich natürlich nicht ewig verkriechen«, sagte Viviane. »Und weil du es bist. Du immer gekommen bist, wenn ich dich gebraucht habe. Das werde ich dir nie vergessen, Isabelle.«

»Wenn dir das hilft. Bitte. Ich freue mich. Bis gleich.«

Viviane beendete den Anruf und ging zurück ins Bad. Sie konnte ihre Freundin wirklich nicht vor den Kopf stoßen und nicht zur Einweihungsparty ihrer neuen Wohnung gehen. Es stimmte, dass sie keine Lust auf laute Musik und Leute hatte, aber sie hatte auch etwas gegen Yves, Isabelles neuen Freund. Yves war der hochnäsigste Angeber, den sie je getroffen hatte. Er sah zwar gut aus und verstand es, charmant und unterhaltsam zu sein, aber nach wenigen Sätzen wusste man Bescheid. Das eigene Ego war ihm am wichtigsten. Und Yves erinnerte sie natürlich an Pascal! Diese Beziehung war wirklich ein absoluter Reinfall gewesen. Nicht, weil Pascal auch ein Angeber gewesen war. Nein! Das Schlimmste war, dass sie Pascal vertraut hatte! Sie hatte ihm geglaubt, dass er sie liebte, dass er mit ihr eine Familie gründen wollte, dass sie die Einzige war und so weiter. Dass er sie betrogen hatte und fast nichts von dem stimmte, was er ihr erzählt hatte, war ihr erst ganz zuletzt klar geworden. So etwas würde ihr nie wieder passieren! Das hatte sie sich geschworen. Sie würde misstrauisch sein, auf Abstand gehen, niemanden an sich heranlassen! Das hatte sie sich fest vorgenommen!

Die schlanke junge Frau trat an den Kleiderschrank und entschied sich für einen kurzen schwingenden Rock, der ihre langen Beine zur Geltung brachte. Dazu eine grüne Bluse, die genau die Farbe ihrer Augen hatte. Bei der Auswahl der Unterwäsche zögerte sie. Schließlich entschied sie sich für einen wunderschönen blauen Spitzen-BH und einen dazu passenden Slip. Das dunkle Haar steckte sie mit einer Spange hoch. Das stand ihr besonders gut. Ihre vollen Lippen schminkte sie in einem frischen Himbeerrot und legte lange Ohrringe mit schimmernden Strass-Steinen an. Wenn sie schon auf die Party ging, wollte sie auch gut aussehen, auch wenn es ihr nicht darum ging, einem Mann zu gefallen.

Viviane lächelte, doch es war ein bitteres Lächeln. Für die nächsten Monate, wenn nicht Jahre, hatte sie keinen Bedarf an Männern. Die letzte Erfahrung war so demütigend und schmerzhaft gewesen, dass sie für lange Zeit vom männlichen Geschlecht die Nase voll hatte. Seitdem Pascal sie ausrangiert hatte wie ein altes Sofa, würde sie auf Abstand gehen. So etwas würde ihr nicht mehr passieren! Sie konnte sich selbst ein paar lustvolle Erlebnisse verschaffen. Wozu gab es erotische Filme und Nachbarn, die ihre Vorhänge nicht zuzogen, wenn sie Sex hatten? Auf keinen Fall würde sie Gefühle investieren! Das Einzige, was vielleicht infrage käme, wäre eine kurze, heiße Affäre. Nur Sex! Kein Herz-Schmerz! Niemandem vertrauen! Misstrauen und Vorsicht standen an erster Stelle.

Selbst eine Sexaffäre würde sie sich gründlich überlegen. Die Sache mit Pascal hatte zu viele Wunden hinterlassen.

Als sie schließlich fertig war und vor die Tür des alten Fachwerkhauses in der bretonischen Küstenstadt trat, war sie überrascht, wie warm es noch war. Vom Meer her wehte ein sanfter Wind, der ihre Haut streichelte. Es waren noch etliche Touristen unterwegs, auf der Suche nach einem Restaurant. Wimpel flatterten im Wind, es roch nach Salz. Das Meer schimmerte smaragdgrün, weiße Segelboote schaukelten auf den Wellen. Viviane gefiel es sehr in der Stadt an der wild zerklüfteten Küste im Norden Frankreichs. Hier wollte sie bleiben!

Schon nach zehn Minuten Fußweg kam sie vor der imposanten Villa aus der Belle Epoque an. Es war ein prachtvoller Bau mit Blick auf das Meer. Blaue und rosa Hortensien umsäumten den gepflegten Garten, schmiedeeiserne Geländer vor den Balkonen verstärkten den gediegenen, aber eleganten Eindruck. Viviane wusste, dass die Mieten in diesen Villen, die einmal von zahlungskräftigen Engländern gebaut worden waren, einen gehörigen Batzen Geld kosteten, aber Isabelle stammte aus wohlhabenden Verhältnissen und hatte Dank der Unterstützung durch ihren Vater keine Geldprobleme. Oder verdiente Yves so gut, dass er die Miete ohne Weiteres zahlen konnte? Hoffentlich wusste Isabelle, mit wem sie da zusammenzog!

Als Viviane die breiten Treppenstufen zur Eingangstür hinaufstieg, hörte sie laute Musik. Die Party schien bereits in vollem Gange zu sein. Am liebsten wäre sie direkt wieder umgekehrt.

»Viviane! Da bist du ja! Endlich!« Eine junge Frau mit lockigem dunkelrotem Haar und blauen Augen kam auf sie zu. »Du siehst fantastisch aus.«

»Danke, Isabelle!« Viviane versuchte, einigen jungen Leuten auszuweichen, die laut lärmend ihre vollbeladenen Teller vor sich hertrugen.

»Amüsiere dich!«, lachte Isabelle und war sofort wieder im Getümmel verschwunden.

Viviane hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Ohrenbetäubende Musik drang aus den Lautsprechern und eine Menge junger Leute verteilte sich auf drei Zimmer, in denen Luftballons und Girlanden von der Decke hingen. Auch in der Küche drängten sich junge Männer und Frauen um den großen, runden Tisch, auf dem Salate und Platten angerichtet waren. Stimmengewirr, übertrieben fröhliches Gelächter einiger Frauen, umgab Viviane. Sie fühlte sich extrem unwohl, umklammerte den Riemen ihrer Handtasche so fest sie nur konnte und nahm sich ein Glas Orangensaft von einem Tablett.

Sie schlängelte sich durch die Menge und hob grüßend die Hand, wenn sie jemanden entdeckte, den sie kannte. Es waren viele Studenten und Studentinnen aus der Sprachenschule da, in der sie und Isabelle unterrichteten. Isabelle hatte einen Großteil der jungen Leute zur Party eingeladen, was Viviane nicht verstand. Wieso feierte sie mit all diesen Leuten den Einzug in ihre neue Wohnung?

»Ich freue mich eben, und das möchte ich mit anderen zusammen. Allein sein bringt doch nichts!

»Aber du hast doch Yves!«

»Ach, der ist doch dauernd unterwegs«, hatte Isa­belle mit einem Achselzucken geantwortet.

Viviane verspürte kein bisschen Lust, sich mit jemandem zu unterhalten, was bei dem Lärm auch kaum möglich war. Sie kämpfte sich bis zur Flügeltür durch, die auf die Terrasse und von dort in den Garten führte.

Aufatmend stellte sie ihr Glas auf die Fensterbank neben der Tür und blickte hinaus in den Garten, in dem Dahlien, so groß wie Luftballons, und Astern, Hibiskus und Hortensien in allen Farben leuchteten. Ihr Blick wanderte über das satte Grün des Rasens. Hier konnte man es aushalten. Die Luft war erfüllt vom Duft der Blumen, eine leichte Brise wehte vom Strand herüber und brachte den Duft des Meeres mit, den Viviane so sehr liebte. Sie würde ein paar Minuten frische Luft schöpfen und sich dann klammheimlich davonstehlen. Zurück nach Hause, aufs Sofa vor den Fernseher in ihrer gemütlichen Wohnung!

Plötzlich zuckte sie zusammen. Vor einer blauen Hortensie stand ein Mann. Groß, breitschultrig, mit langem blondem Haar. Er sah aus wie ein Wikinger. In der linken Hand hielt er einen Zeichenblock, in der rechten einen Stift. Abwechselnd hob und senkte er den Blick und fuhr dann mit kräftigen Strichen über das Papier.

Fasziniert betrachtete Viviane den Mann, der völlig in seine Arbeit vertieft war. Auf seinem Gesicht lag der warme Schein der Abendsonne und betonte sein markantes Profil.

Eigentlich mochte Viviane es nicht, wenn Männer ihr Haar lang trugen, aber hier musste sie eine Ausnahme machen. Mit dem kräftigen blonden Haar, das ihm fast bis auf die Schultern reichte, wirkte er wie ein Held aus einer normannischen Sage.

Seine Kleidung war einfach, aber gepflegt. Ein hellblaues kurzärmeliges Hemd betonte die Bräune seines Gesichts und zeigte seine kräftigen Arme. Die beigefarbene Hose saß wie angegossen. Das rechte Bein hatte er auf eine niedrige Mauer gestützt. Den muskulösen Oberschenkel benutzte er als Unterlage. Attraktiv von Kopf bis Fuß! Umwerfend!

Jetzt hatte der Mann sie entdeckt. Er hielt mitten in der Bewegung inne und sah sie an. Aus großen, dunkel schimmernden Augen. Dann lief ein Lächeln über sein schmales Gesicht, es reichte von den Augen bis hin zu den auffallend schön geformten, sinnlichen Lippen.

Viviane spürte, wie er sie mit seinem Blick bannte. Ihr wurde heiß und kalt. Eigentlich müsste sie sofort zurück ins Haus gehen. Doch die Magie des Augenblicks hielt sie fest. Erregende Schauer rieselten ihr über den Rücken. Sie hatte das Gefühl, plötzlich nackt und schutzlos dazustehen, so intensiv, so bannend war der Blick aus den dunklen Augen. Vor ihrem geistigen Auge sah sie das Paar, das sich so schamlos und leidenschaftlich geliebt hatte. Wie es wohl wäre, wenn sie sich diesem Mann hingeben würde? Wie würde es sich anfühlen, wenn seine großen, kräftigen Hände ihre Brüste umschließen würden? Ihr wurde schwindlig, und sie schloss für einen Moment die Augen. Ihr Atem ging schneller, und sie spürte, wie ihr Herz klopfte.

»Viviane! Was machst du denn da draußen? Komm rein. Hier spielt die Musik.« Isabelle steckte kurz ihren Lockenkopf aus der Tür und verdrehte die Augen. »Du sollst dich amüsieren!«

»Keine Sorge! Mach ich doch!«, erwiderte Viviane und drehte sich um.

»Halt! Nicht bewegen!«, rief der Mann über den Rasen.

Viviane wandte sich um und begegnete seinem Blick. Hatte sie richtig gehört? Sie sollte still stehen? Sie zögerte, machte dann einen Schritt auf die Tür zu.

»Bleiben Sie stehen«, wiederholte der Hüne mit lauter Stimme.

»Warum?«, rief sie und machte noch einen Schritt.

»Bitte! Ich flehe Sie an! Bleiben Sie stehen!«, rief er.

Viviane genoss das Geplänkel. »Keine Zeit!«, rief sie.

»Nur ein paar Sekunden!«

»Warum?«

»Ich will Sie zeichnen.«

»Muss das sein?«

»Ja! Das muss sein!« Die tiefe, wohlklingende Stimme duldete keinen Widerspruch.

»In Ordnung. Aber sobald ich keine Lust mehr habe, bin ich weg!«

»Sie werden vielleicht mehr Lust haben als Ihnen lieb ist!«, rief der Mann.

Wie bitte? Was nahm sich denn dieser Wikinger heraus?

Viviane schüttelte den Kopf und gehorchte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grunde blieb sie stehen, ließ sich bannen. War es die Stimme des Mannes oder seine enorme körperliche Präsenz? Er sah aus, als würde er jeden Augenblick über den Rasen spurten und sie festhalten, anbinden, fesseln, damit sie ihm zu Willen war.

Sie wusste nicht wieso, aber sie fand plötzlich Gefallen daran, dass er sie mit wachsendem Interesse betrachtete, seine Hand über den Zeichenblock gleiten ließ, dann den Blick wieder auf sie richtete und weiterzeichnete. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Körper zum Leben erweckt, als flösse ihr Blut schneller und heißer durch ihre Adern, solange der Fremde sie betrachtete.

Irgendwie kam ihr der Mann sogar bekannt vor. War sie ihm schon einmal begegnet oder hatte sie ihn vielleicht im Fernsehen gesehen? Vielleicht war es auch eine Verwechslung.

»Sind Sie endlich fertig?«, rief sie schließlich. Der Mann sollte nicht auf die Idee kommen, dass sie es genoss, von ihm gezeichnet zu werden. Vielleicht war es überhaupt nur seine Masche, auf diese Weise Frauen anzumachen und mit ihnen in Kontakt zu kommen. Nicht mit ihr!

»Nur noch ein paar Sekunden!«, rief der Mann zurück.

»Tut mir leid! Die Zeit ist um«, erwiderte sie. Rasch blickte sie zur Seite.

»Neigen Sie bitte den Kopf zur Seite. Dann kann ich die Nackenlinie besser zeichnen. Ihre Frisur ist ein Traum.«

»Mir reicht es. Nackenlinie hin oder her!« Viviane war mit ihrer Geduld am Ende. »Tut mir leid. Ich muss jetzt gehen«, rief sie.

»Nein! Stopp! Es wird ein tolles Bild«, rief er zurück.