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Urlaubszeit auf Sylt – aber an Erholung ist nicht zu denken. Als Hannah Lambert bei einem selbst anberaumten Treffen nicht erscheint, witzeln ihre Kollegen zunächst noch. Bis aus dem Spaß tödlicher Ernst wird. Hannah ist spurlos verschwunden, und während bald schon niemand mehr daran glaubt, dass die Kommissarin noch lebt, kommen Ole und Ralf den Entführern Stück für Stück auf die Spur. Doch dieser Fall führt alle Beteiligten an ihre Grenzen und weit darüber hinaus, schließlich ist nicht klar, ob Hannah ihre Hilfsbereitschaft mit dem Leben bezahlen musste …
"Trügerisches Sylt" ist Teil der Reihe "Hannah Lambert ermittelt".
Jeder Fall ist in sich abgeschlossen. Es kann allerdings nicht schaden, auch die vorangegangenen Fälle zu kennen ;)
Bisher erschienen:
"Ausgerechnet Sylt"
"Eiskaltes Sylt"
"Mörderisches Sylt"
"Stürmisches Sylt"
"Schneeweißes Sylt"
"Gieriges Sylt"
"Turbulentes Sylt"
"Düsteres Sylt"
"Funkelndes Sylt"
"Brennendes Sylt"
"Vergangenes Sylt"
"Trügerisches Sylt" - JETZT BRANDNEU!
"Hannah Lambert ermittelt" ist mit über 1 Mio. verkauften Exemplaren eine der erfolgreichsten Krimi-Serien der letzten Jahre. Alle Teile sind als eBook, Taschenbuch und Hörbuch verfügbar (der neueste Teil als Hörbuch folgt in Kürze).
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Veröffentlichungsjahr: 2024
HANNAH LAMBERT ERMITTELT
BUCH 12
Verlag:
Zeilenfluss
Werinherstr. 3
81541 München
Deutschland
ISBN: 978-3-96714-554-0
Cover: MT-Design
Korrektorat: Dr. Andreas Fischer
Satz: Zeilenfluss
Copyright © Thomas Herzberg 2025
Alle Rechte vorbehalten.
Jede Verwertung oder Vervielfältigung dieses Buches – auch auszugsweise – sowie die Übersetzung dieses Werkes ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors gestattet. Handlungen und Personen im Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Sämtliche Äußerungen, insbesondere in Teilen der wörtlichen Rede, dienen lediglich der glaubhaften und realistischen Darstellung des Geschehens. Ich verurteile jegliche Art von politischem oder sonstigem Extremismus, der Gewalt verherrlicht, zu selbiger auffordert oder auch nur dazu ermuntert!
Fassung: 1.0
"Trügerisches Sylt" ist Teil 12 der Reihe "Hannah Lambert ermittelt". Jeder Fall ist in sich abgeschlossen. Es kann allerdings nicht schaden, auch die vorangegangenen Fälle zu kennen ;)
Bisher erschienen:
"Hannah Lambert ermittelt" ist mit über 1 Mio. verkauften Exemplaren eine der erfolgreichsten Krimi-Serien der letzten Jahre. Alle Teile sind als eBook, Taschenbuch und Hörbuch verfügbar (der neueste Teil als Hörbuch folgt in Kürze).
Urlaubszeit auf Sylt – aber an Erholung ist nicht zu denken. Als Hannah Lambert bei einem selbst anberaumten Treffen nicht erscheint, witzeln ihre Kollegen zunächst noch. Bis aus dem Spaß tödlicher Ernst wird. Hannah ist spurlos verschwunden, und während bald schon niemand mehr daran glaubt, dass die Kommissarin noch lebt, kommen Ole und Ralf den Entführern Stück für Stück auf die Spur. Doch dieser Fall führt alle Beteiligten an ihre Grenzen und weit darüber hinaus, schließlich ist nicht klar, ob Hannah ihre Hilfsbereitschaft mit dem Leben bezahlen musste …
»Rüm hart, klaar kiming« (weites Herz – klarer Horizont): Ein Zitat, das den inselfriesischen Kapitänen zugeordnet wird. Damit beschreiben sie – neben der Mentalität der Menschen, die dort zu Hause sind – auch eine in Deutschland einzigartige Landschaft. Sylt ist vermutlich der bekannteste Teil davon. Aber wer glaubt, auf der beliebten Ferieninsel nur Schickimicki vorzufinden, irrt gewaltig. Denn wer genauer hinsieht und einen kleinen Fußmarsch nicht scheut, stößt hier auf einmalige Orte, die man nie wieder vergisst. Es heißt nicht umsonst: »Wer sich in Sylt verliebt, den lässt die Leidenschaft nie wieder los.« Vom Millionär und Gentleman-Playboy Gunter Sachs stammt folgendes Zitat zum anderen Gesicht der Insel: »Ich fühle mich in Kampen auf Sylt ein bisschen wie ein Affe im Zoo … aber mit lieben Besuchern.«
Klar, wer den Sound neuester Sportwagen, Champagner und teure Boutiquen zum Glücklichsein braucht, wird auf Sylt ebenfalls fündig. Jeder wie er mag … und ich glaube, das beschreibt die Mentalität der Menschen hier am besten.
Sylt in Zahlen:
Länge von Nord nach Süd: 38 Kilometer
Breite von West nach Ost: 12,6 Kilometer (an der schmalsten Stelle sind es weniger als 500 Meter)
Und weil eben keine Straße nach Sylt führt, erfolgt die Anreise nur per Autozug, Fähre oder Flugzeug. Wer sich auf den Weg macht, dem wünsche ich viel Spaß auf der Insel. Vielleicht laufen wir uns ja zufällig bei Gosch über den Weg und essen zusammen ein Fischbrötchen. Aber Vorsicht: Nicht nur ich, sondern auch die Möwen dort sind verdammt hungrig ;)
Wir danken dem Hartung-Verlag/Neumünster für die Zurverfügungstellung des Motivs (Design: Stephanie Wilm).
»Was denken Sie? Wie viel ist ein Menschenleben wert?«, fragte Robert Bruebaker. Der New Yorker Geschäftsmann trug einen perfekt sitzenden, maßgeschneiderten Anzug. Seine Fingernägel waren sorgsam manikürt, sein grau meliertes Haar wirkte, als käme er gerade vom Friseur.
Aber es war nicht diese makellose Fassade, sondern die vorangegangene Frage, die seinen Gast unsicher lächeln ließ. »Sind Sie über den GroßenTeich geflogen, weil Sie darauf eine Antwort wollen? Das hätten wir auch am Telefon klären können.«
Mit seinen nächsten Worten wartete Bruebaker, bis der Kellner – ein stocksteifer Mann, der in seinem Aufzug einem Pinguin glich – Weißwein nachgeschenkt hatte. Vor dem Essen gab es einen Riesling, genauer gesagt einen flüssigen Schatz, für den der geneigte Besucher sechstausend Dollar pro Flasche berappen musste.
»Ich habe den weiten Weg auf mich genommen, um Ihnen den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Falls es vor Gericht zu dieser Aussage kommt, haben wir viel zu erklären. Ist Ihnen bewusst, was passiert, wenn uns unsere Staranwälte dieses Mal nicht rausboxen können?«
»Verstehe! Deshalb die Frage nach dem Wert eines Menschenlebens.«
Bruebaker lächelte, wobei nicht mal ein Funken Wärme erkennbar war. »Wir müssen die zwei Störenfriede loswerden. Und da es um Milliarden geht, sollten wir keinen Aufwand scheuen.«
»Wie stellen Sie sich das vor? Soll ich …?«
»Kreativ denken, mein Lieber! Es gibt für jeden Job den Richtigen. Man muss ihn nur finden!«
Eine Aufmunterung, die in erster Linie neue Unsicherheit hinterließ. »Ich habe natürlich ein paar Kontakte, die in der Vergangenheit …«
»Für eine Lösung sorgen konnten? Sie wissen, was ich meine?«
Verhaltenes Nicken. Nach einem Schluck Weißwein im vermeintlichen Gegenwert von zweihundert Dollar folgten auch Worte: »Ich bin Investmentbanker, kein Unterweltboss. Aber ja – wenn ich ein bisschen rumfrage, findet sich bestimmt jemand, der …«
»Dann fragen Sie besser schnell!«, unterbrach Bruebaker abermals. Jetzt gehörte seine volle Aufmerksamkeit der Speisekarte, auf der keine Preise verzeichnet waren. »Ich nehme erst die Austern und danach …«
Er wurde von seinem Gast gestoppt: »Zurück zu Ihrer Eingangsfrage! Was darf die Geschichte denn kosten?«
»Alles, was nötig ist.« Bruebaker lächelte wieder, und auch dieses Mal war es an Eiseskälte kaum zu überbieten. »Als Hauptgang nehme ich nur das Filet vom schottischen Hochlandrind. Blutig – und Sie?«
»Na endlich!«, stöhnte er erleichtert. Zuvor hatte er minutenlang an der Reisetasche hantiert. Das Geheimfach – eine Art doppelter Boden – war dermaßen gut versteckt, dass es niemandem aufgefallen wäre. Immerhin hatte sogar er, als Eingeweihter, ewig gebraucht, um den komplizierten Schließmechanismus zu überlisten. Als gerechten Lohn hielt er jetzt ein brandneues Smartphone in der Hand, allerdings ein Modell, das er nicht kannte. Es dauerte wieder eine Weile, bis er dahinterkam, wie man es aktivierte. Kaum war das Display erwacht, fragte es nach der PIN, um das Gerät freizuschalten. Diese Zahlenkombination hatte er nirgendwo notiert, weil das viel zu riskant gewesen wäre. Er kannte die Ziffernfolge auswendig und hätte sie – selbst nachts und aus dem Tiefschlaf gerissen – jederzeit herunterbeten können.
Sein Daumen schwebte bereits über der virtuellen Tastatur, da hörte er etwas. Im Wohnungsflur, von der Tür, so viel stand fest.
Ist das wieder diese seltsame Frau?, fragte er sich noch, während das Geräusch lauter wurde. Ein metallisches Knirschen, als ob jemand mit einem Schlüssel hantierte, der nicht richtig passte. Trotzdem kreisten seine Gedanken weiterhin um seine merkwürdige Gastgeberin. Die hatte sich voller Unbehagen nur knapp vorgestellt, ihn hastig mit ein paar Fragen konfrontiert und ihn anschließend in rekordverdächtigem Tempo durch ihre Wohnung geführt. Auf eine Art und Weise, die absolut nichts mit Willkommenskultur oder gar Herzenswärme zu tun hatte.
Professionell! Ob alle Polizistinnen so sind?, geisterte es in seinem Kopf herum, wenn er an die Frau dachte.
Nach der Wohnungsführung hatte sie sich ebenso unterkühlt verabschiedet und gemeint, sie würde wohl erst Stunden später, also mitten in der Nacht, zurückkehren. Schließlich sei noch einiges nötig, um für seine Sicherheit zu garantieren.
Allein mit seinen Sorgen hatte er es sich zunächst auf dem Gästebett bequem gemacht. Ein Teil, das aussah, als wäre er dessen erster Nutzer. Das Bettzeug roch nicht nach Weichspüler, sondern Appretur und wies die typischen Falten neuer Wäsche auf.
Nachdem seine paar Habseligkeiten in einem Regal und ein Familienfoto auf dem leeren Nachttisch platziert worden waren, hatte er sich sofort dem doppelten Boden der Reisetasche gewidmet. Dabei zitterten seine Hände. Zweifellos, weil die enthaltene Beute wenigstens einen Funken Normalität verhieß. Mit anderen Worten: etwas, wofür es sich zu leben lohnte.
Vom vierstelligen Code zu dieser vermeintlichen Normalität hatte er gerade zwei Ziffern eingegeben, als das Geräusch im Wohnungsflur lauter wurde. Das metallische Knirschen nahm rapide zu und endete damit, dass etwas brach.
Selbst im Gästezimmer, wo er regungslos vor seinem Bett stand, spürte er kurz einen Luftzug.
Jetzt waren Schritte hörbar – von mehr als nur zwei Füßen. Sein Unterbewusstsein fungierte spontan als Übersetzer und lieferte eine Vielzahl von Erklärungen. Aber keine war angenehm.
Die Schritte kamen näher. Jede Faser in seinem Körper brüllte Flucht. Auf der Suche nach einem geeigneten Versteck flog sein Kopf hektisch hin und her. Doch hier – in einem Raum, der den Charme einer Gefängniszelle versprühte – müsste er sich unsichtbar machen, um eventuellen Entführern ein Schnippchen zu schlagen.
Für den Bruchteil einer Sekunde meldete sich sein Verstand mit einer harmlosen Variante. Es könnte ja auch die Frau sein, die mit einem Kollegen, etwas zu essen und zur Abwechslung mal guter Laune oder einem Lächeln heimkehrte. Wieso musst du immer gleich das Schlimmste denken?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Und falls der Riese, der plötzlich im Türrahmen stand und den beinahe komplett ausfüllte, lächelte, dann wurde dies von einer schwarzen Skimaske verdeckt. Auch die Tatsache, dass der Mann eine Pistole auf ihn richtete, wirkte nicht besonders freundlich. Inklusive Schalldämpfer war das Ding über einen halben Meter lang.
»Pack deine Sachen!«, kam es von irgendwo unter der Maske.
Er überlegte, ob Diskutieren Sinn machte. War er doch gerade erst angekommen und hatte vor ein paar Minuten ausgepackt. Aber da war die Mündung des Schalldämpfers, die – Zufall oder nicht – direkt auf seine Stirn zeigte und sich keinen Millimeter bewegte.
»Gib Gas, sonst mach ich dir Beine!«
Er warf einen Blick auf seine Reisetasche, die auf dem Bett lag. Die kleine Schublade vom doppelten Boden ragte ein wenig heraus und schien ihn anzugrinsen. Von deren früherem Inhalt hatte er sich bis eben noch einen Hauch Normalität versprochen. Momentan beschäftigte ihn aber nur eins: ÜBERLEBEN!
Als kurz darauf seine Wäsche in der Tasche lag und er das Smartphone verstauen wollte, hörte er wieder etwas aus dem Wohnungsflur. Er glaubte, die Stimme seiner Gastgeberin zu erkennen. Dann war sie also doch zurückgekehrt? Oder steckte sie mit den Kerlen unter einer Decke?
Eher nicht, denn nun war ein Ausdruck der Verwunderung zu hören, gefolgt von einem unterdrückten Fluch und einem schmerzerfüllten Stöhnen.
Eine Polizistin weniger, übersetzte sein Unterbewusstsein spontan.
»Moin!«, keuchte Ole Friedrichsen zur Begrüßung und hustete danach eine ganze Weile. Die Geräuschkulisse hätte es mit jedem in die Jahre gekommenen Wachhund aufnehmen können.
»Das klingt gar nicht gut«, urteilte Martin Clausen.
»Wenn es gut klingen würde, könnte ich damit auftreten und Geld verdienen«, erwiderte Ole genervt. »Ich werd den Mist einfach nicht los. Wie lange lauf ich eigentlich schon hustend rum?«, wandte er sich an Ralf Jansen, der hinter dem zweiten Schreibtisch saß. Ein provisorischer Arbeitsplatz, den man für die Niebüller Mordkommission im hiesigen Revier eingerichtet hatte.
»Was fragst du mich? Wenn ich nebenbei für dich Tagebuch führen soll, musst du mir das rechtzeitig sagen.«
Ole winkte ab. »Hannah schon da?«
Clausen beließ es bei einem Kopfschütteln, Ralf fiel stumm mit ein.
»Hieß es nicht Punkt neun im Büro?«
Ralf deutete auf die Uhr über der Tür. »Zehn nach. Sei doch froh, dass sie genauso unpünktlich ist wie du. Sonst hätte sie dich gleich mit ’nem Anschiss empfangen.«
Ole krachte auf den Stuhl vor Clausens Schreibtisch, schlug die Beine übereinander und lächelte selbstgefällig. Komischerweise war der Husten plötzlich vergessen. »Ich hab die Waschmaschine von Hannahs Mutter repariert. Frau Lambert hatte mal wieder ’ne Haarnadel in der Wäsche, mit der sich das Flusensieb nicht anfreunden wollte. Reicht das als Entschuldigung?«
Während Ralf scheinbar ernsthaft über diese Frage nachdachte, mischte sich Clausen ein: »Was will Hannah eigentlich von uns und weshalb dieses alberne Geheimtreffen? Ich hab sie selten derart aufgekratzt erlebt.«
»Du hättest sie mal gestern Nachmittag am Telefon erleben sollen«, fing Ole lachend an. »Ich kam mir vor wie bei James Bond oder Mission: Impossible. Vermutlich ist sie längst da, trägt ’ne Maske mit deinem Gesicht und …« Ole sprang auf und tat, als würde er Clausen am Hals packen, um ihn auf diese Weise zu enttarnen.
»Lass ja die Finger von mir, sonst darf demnächst einer an deiner letzten Maske arbeiten! Und jetzt sag endlich: Hat Hannah dir gegenüber was angedeutet?«
»Nur, dass wir uns alle hier einfinden, niemandem davon erzählen und pünktlich sein sollen.«
»Was in deinem Fall nicht geklappt hat«, rekapitulierte Clausen grinsend. »Wenn sie wirklich ’ne Maske wie Ethan Hunt trägt und getarnt vorne am Wachtresen hockt, plant sie bestimmt gerade deine Exekution.«
Ole holte schon tief Luft, aber Ralf kam ihm zuvor: »Ich hab es eben zum x-ten Mal auf dem Handy der Chefin probiert. Ist ausgeschaltet! Auf dem Festnetz geht sie auch nicht ran.«
»Woher hast du denn Hannahs Festnetznummer?«, hakte Ole nach. »Mir wollte sie die nicht verraten, um wenigstens ein kleines bisschen Privatsphäre zu haben.«
Auf der Suche nach einer unverfänglichen Antwort verzog sich Ralfs Gesicht wie unter schlimmsten Qualen. Doch bevor er etwas sagen konnte, erlöste ihn Clausens Telefon. Ein interner Anruf, wie der Ton verriet.
»Ja?« Clausen machte eine Pause, lauschte zunächst geduldig dem Anrufer. »Ist das sicher?«
Kurzes Schweigen.
»Nein, wir kümmern uns selbst um die Sache. Natürlich sofort … danke!«
»Was ist los?«, erkundigte sich Ole.
»Einer von Hannahs Nachbarn hat vorn am Wachtresen angerufen und meinte, bei ihr würde die Wohnungstür offen stehen. Sieht wohl nach ’nem Einbruch aus.«
Ole hielt nichts mehr auf seinem Stuhl. Ein paar Meter weiter wäre Ralf beim Versuch, ebenfalls aufzuspringen, beinahe mit seinem Exemplar umgekippt.
»Soll ich mitkommen?«, fragte Clausen, als seine Kollegen bereits an der Tür waren.
»Du bleibst hier und informierst uns, falls noch was reinkommt!«, blaffte Ole zurück. Dann schaffte er es, sich ein wenig herunterzufahren. »Sorry, Martin … alarmierst du bitte einen Rettungswagen und eine Streife zur Verstärkung?«
»Wird erledigt!«
»Schieb deinen rostigen Dampfer von der Straße!«, fluchte Ole keine zwei Minuten später, als er längst hinterm Steuer saß. Ein alter Kombi vor ihnen reagierte weder auf Blaulicht noch Martinshorn oder dauerhaftes Hupen.
Restlos bedient setzte Ole ein Stück zurück, schlug nach rechts ein und nutzte die nächsten hundert Meter den Bürgersteig der Maybachstraße. Mitten im Zentrum Westerlands und unter ständigem Hupen, was dem einen oder anderen Passanten gar nicht zu gefallen schien.
Als Ole einen Rentner samt Rollator um Haaresbreite auf die Haube genommen hätte, meldete sich Ralf vom Beifahrersitz: »Das war knapp! Jetzt fahr dich mal runter, sonst …«
Oles Rechte löste sich vom Lenkrad und sorgte mit einer wütenden Geste für Schweigen.
Erst als sie an der nächsten Kreuzung beinahe einen nagelneuen BMW gerammt hätten, traute sich Ralf, abermals zu protestieren: »Ich würde gerne lebend ankommen! Übrigens könnte es ja für die Geschichte auch ’nen ganz lapidaren Grund geben …«
»Und zwar, du Schlauberger?« Ole musste voll in die Eisen steigen, um einen Kastenwagen passieren zu lassen. Einen Augenblick später ging es wieder mit Vollgas und quietschenden Reifen vorwärts.
Hannahs Wohnung lag im südlichen Teil von Westerland, nahe dem Sportplatz. Bis dort waren es – weitere Verkehrsteilnehmer im Schneckentempo ausgeschlossen – noch maximal drei Minuten Fahrt.
»Nehmen wir mal an, bei der Chefin wurde eingebrochen, und man hat unter anderem ihr iPhone geklaut«, begann Ralf mit einer harmlosen Variante. »Da hat sie sich bestimmt furchtbar geärgert, hockt gerade zu Hause, schimpft wie ein Rohrspatz und wartet …«
»… auf die Kollegen. Das wolltest du doch sagen, oder?«
Ralf nickte verhalten. Inzwischen machte seine Miene klar, dass die zuvor präsentierte Erklärung kaum Sinn ergab.
Was Oles Kommentar lückenlos bestätigte. »Dann wäre sie wohl an ihr Festnetz gegangen! Sie hätte sich bei einem von uns gemeldet und außerdem im Revier angerufen, um selbst ’ne Streife anzufordern.« Oles Gesicht leuchtete rot vor Aufregung. »Hast du noch ’ne bessere Story parat?«
Offenbar nicht, nur eine Empfehlung: »Wenn du da vorne rechts und gleich wieder links abbiegst, sparen wir ’ne halbe Minute. Da parken auch nicht so viele.«
Dem Vorschlag entsprechend bog Ole, ohne zu bremsen, in rasantem Tempo ab. Der Wagen geriet kurz ins Schlingern, aber noch mehr Gas und Gegenlenken brachten ihn zurück in die Spur. Nach ein paar Metern legte Ole direkt vorm Eingang des Apartmenthauses eine Vollbremsung hin.
Ralf und er ließen den Fahrstuhl links liegen und flogen regelrecht die Treppenstufen empor, bis sie vor einer Tür im dritten Stock ankamen. Die war nur angelehnt und das Schließblech erkennbar beschädigt.
Ole zog seine Dienstwaffe aus dem Schulterholster, schob die Tür mit deren Mündung weiter auf und linste ins Innere der Wohnung. »Hannah?«
Ralf hatte sich derart dicht an Ole herangeschoben, dass es aussah, als wollte er ihn bespringen.
»Sie antwortet nicht«, flüsterte er.
»Ach ’ne!« Ole probierte es noch mal. »Hannah? Bist du da, Hannah?«
In der Ferne erklang ein Martinshorn, ein zweites gesellte sich hinzu.
»Wollen wir lieber auf die Verstärkung warten?«, fragte Ralf unverändert leise.
»Einen Teufel werden wir! Falls Hannah verletzt da drin liegt, dann …« Ole verstummte mitten im Satz. Er hatte die Wohnungstür weiter geöffnet, wodurch mehr vom Flur sichtbar wurde. Der war mit großen hellen Fliesen ausgestattet, die den vorherigen Eigentümer garantiert ein Vermögen gekostet hatten.
Ole stand wie erstarrt in der offenen Tür. Sein Blick klebte förmlich am Boden.
Ralf war ähnlich perplex, brachte allerdings ein paar Worte zustande: »Das ist Blut … und zwar ’ne ganze Menge.«
Martin Clausen hatte gerade aufgelegt, Rettungswagen und eine Streife waren alarmiert, als sein Telefon klingelte.
»Ich hab einen vom LKA in der Leitung«, erklärte der Wachhabende. »Der Kollege kann Hannah nicht erreichen und will dringend mit einem Verantwortlichen reden. Da hab ich an dich gedacht.«
»Stell einfach durch.« Während sich Clausen noch wunderte, hörte er das typische Knacken.
»Hauptkommissar Wiegand, LKA … Wissen Sie zufällig, wo Frau Lambert steckt? Eigentlich wollte sie mich heute gegen neun anrufen, weil ich mit ihr und ihrem Team reden sollte.«
»Ich bin wohl einer von diesem Team«, entgegnete Clausen ein wenig ratlos. »Wir sind auch auf der Suche nach Frau Lambert. Vor Kurzem bekamen wir einen Anruf, dass jemand ihre Wohnungstür aufgebrochen hat und …«
»Hat sie sich seitdem gemeldet?«
»Leider nicht. Kann es sein, dass Sie mehr wissen als wir und …?« Clausen verstummte. »Der Typ hat aufgelegt«, stieß er fassungslos hervor. Und während er noch auf das Mobilteil in seiner Hand starrte, klingelte sein Smartphone, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag. Er legte gleich mit einer Frage los: »Habt ihr Hannah gefunden?«
Oles Stimme war eine Mischung aus Verzweiflung und blanker Panik. »Sie ist spurlos verschwunden. Wir sind in ihrer Wohnung. Hier hat einer ordentlich gewütet, und im Flur ist alles voller Blut. Auf dem Küchentisch liegen Hannahs Dienstwaffe, ihre Geldbörse und ihr iPhone. In ihrem komischen Gästezimmer hat jemand richtig wilde Sau gespielt. Da liegt ein Smartphone rum, das jemand mit Tritten beinahe pulverisiert hat.«
»SIM-Karte?«
»Fehlanzeige!«
Clausen tat einen langen Atemzug. »Steht ihr Auto vor der Tür?«
»Ist verschwunden, Ralf war eben unten.«
»Scheiße!«
»Das kannst du laut sagen! Und jetzt pass auf, Martin: Ich will alles, was Räder hat, auf der Straße. Du rufst jeden an, egal, ob Urlaub, Freischicht oder sonst was. Alle sollen nach Hannah suchen. Am besten stehen Kollegen rund um den Bahnhof, an der Fähre nach Römö und jedem anderen wichtigen Knotenpunkt.«
»Ich hatte gerade …«
»Wir müssen Hannah finden!«, platzte Ole dazwischen. »Hörst du, Martin … wir müssen sie finden. Wie, spielt keine Rolle!«
»Vielleicht lässt du mich mal ausreden! Ich hatte eben einen merkwürdigen Anruf von einem Hauptkommissar Wiegand, LKA Kiel. Der ist ebenfalls auf der Suche nach Hannah und wollte mit ihr reden. Angeblich war er heute Morgen telefonisch mit uns hier verabredet. Du erinnerst dich: Hannahs Befehl von gestern?«
»Hat dieser Wiegand gesagt, worum es geht? Wenn das LKA involviert ist, garantiert nicht um Ladendiebstahl oder Hausfriedensbruch.«
»Der Typ hat mich einfach weggedrückt, nachdem ich ihm erzählt hab, dass Hannahs Wohnung aufgebrochen wurde und wir seither nichts von ihr gehört haben.« Weil Ole nicht reagierte, versuchte es Clausen mit einer Frage: »Hannah muss dir doch irgendwas verraten haben! Hast du wirklich keine Ahnung, was dahinterstecken könnte?«
»Nicht die geringste. Wenn, würde ich es dir doch erzählen. Oder glaubst du, ich spiele mit ihrem Leben?«
Clausen fand keine Zeit für eine Reaktion, denn vor ihm schrillte erneut das Mobilteil. Auf dem Display wurde eine Nummer mit dänischer Vorwahl angezeigt.
»Geh ruhig ran!« Ole klang, als würde er mit Tränen kämpfen. »Ich melde mich, sobald es was Neues gibt. Und Martin …«
»Ja?«
»Falls du was hörst – ganz gleich, wie schlimm –, sagst du mir sofort Bescheid! Ist das klar?«
Clausen grunzte etwas Unverständliches, beendete das eine und nahm direkt das nächste Gespräch an. »Kripo Sylt, Clausen.«
Am anderen Ende war ein Mann, der zuerst lachte. Dann sprach er zwar blitzsauberes Deutsch, allerdings mit starkem dänischem Akzent, der das S gewöhnlich zur scharfen Waffe macht: »Nils Petersen … Vermisst ihr zufällig eins eurer Autos?«
Clausen schwante bereits Böses, aber die nächste Information übertraf selbst seine ärgsten Befürchtungen.
»Wir haben auf Römö einen ausgebrannten Wagen gefunden. Laut Fahrgestellnummer gehört der zu eurem Laden.«
Clausens Hals war wie zugeschnürt. Er wollte nachhaken, doch kein Wort kam heraus.
»Ich kann dir die Adresse sagen, falls ihr eure eigenen Leute schicken wollt.«
Absurde Gedanken, die sich mit Banalitäten beschäftigten, gingen Clausen durch den Kopf. Zum Beispiel, dass Dänen grundsätzlich jeden duzten. Einzige Ausnahme ist die amtierende Königin oder der amtierende König.
»Bist du noch dran?«
Die Antwort stammelte Clausen nur unter größter Mühe: »Ja, natürlich! Habt ihr im Auto …?«
»Du meinst, ob wir eine Leiche gefunden haben?«, vervollständigte Petersen, weil Clausen den Rest nicht zustande brachte.
»Und? Habt ihr?«
»Erfreulicherweise nicht! Wann kann ich mit euch rechnen?«
Clausen zögerte. Sobald Ole von den Neuigkeiten wüsste, wäre er vermutlich in raketenartigem Tempo unterwegs. Wobei die Frage war, was er und Ralf mit einem ausgebrannten Wagen anfangen sollten.
»Ich sag den Kollegen vor Ort, dass ihr euch meldet«, kam es wieder von Petersen, dem das Warten offenbar zu lang wurde.
Doch mittlerweile hatte sich Clausen gesammelt. In erster Linie war der kriminalistische Teil seines Verstandes erwacht. »Habt ihr seit gestern Abend irgendwas Außergewöhnliches auf den Tisch bekommen? Eine nicht identifizierte Leiche, eine schwerverletzte Frau, die ins Krankenhaus eingeliefert wurde oder …?«
»Hab ich alles schon gecheckt, als ich wusste, dass es sich um einen eurer Dienstwagen handelt. Und auch da kann ich dich beruhigen: keine besonderen Vorkommnisse.«
Clausen verabschiedete sich flüchtig und saß zunächst eine Zeit lang reglos hinter seinem Schreibtisch, das Gesicht in den Händen vergraben. Er überlegte krampfhaft, wie er Ole diese nächste Hiobsbotschaft einigermaßen schonend beibringen sollte.
Bis er zu dem Ergebnis kam, dass es Dinge gab, die man nicht schönreden konnte. Also langte er nach seinem Smartphone und wählte. Als Ole gleich nach dem ersten Klingeln ranging, rutschte Clausens Herz trotzdem eine Etage tiefer …
»Unsere SpuSi besteigt gerade in Kiel einen Hubschrauber, und der verfliegt sich hoffentlich nicht«, informierte Ole seine Streifenkollegen, die zwischenzeitlich in Hannahs Wohnung angekommen waren.
Den Rettungswagen hatte Ralf weggeschickt und danach an den Türen von Hannahs direkten Nachbarn geklingelt. Nur einer öffnete – ein junger Mann, dessen gerötete Augen einiges über die letzte Nacht verrieten. Die Frage nach Hannah sorgte für Verwunderung und einen zumindest ehrlichen Kommentar: Er wisse gar nichts über seine Nachbarn, und das dürfe auch gern so bleiben.
Wenige Minuten später saßen Ole und Ralf im Auto und rasten in Richtung Norden der Insel, von wo aus die Fähre nach Römö in der Sommersaison etwa im Stundentakt ablegt.
»Wenn nichts dazwischenkommt, erreichen wir die nächste ganz easy«, erklärte Ralf, während er auf seinem Smartphone wischte. »Der dänische Kollege hat mir die GPS-Koordinaten geschickt, vom Hafen brauchen wir höchstens ’ne Viertelstunde.« Da Ole nicht reagierte, sondern verbissen geradeaus auf die Straße starrte, fragte Ralf vorsichtig: »Bei dir alles in Ordnung?«
»Gar nichts ist in Ordnung!« Oles hervortretende Kiefermuskeln verdeutlichten, unter welcher Anspannung er stand. »Sorry, du kannst nichts dafür, aber …« Ole musste scharf bremsen und einen entgegenkommenden Kleinwagen passieren lassen. Dann überholte er den vor ihnen fahrenden Transporter mit Vollgas. Kurz machte es den Anschein, als hätte Ole den Faden verloren, doch das war nicht der Fall. »Wenn das Blut im Flur von Hannah stammt, können wir uns die Suche nach ihr wahrscheinlich sparen. Das ist so viel, dass sie …«
»Sooo viel nun auch wieder nicht! Außerdem ist die Chefin zäh wie Leder. Nehmen wir mal an, man hat ihr nur einen Schlag auf den Kopf verpasst …«
»›Nur‹?!« Für diese Rückfrage löste Ole den Blick einen Moment von der Straße und funkelte Ralf wütend an. »Manchmal reicht bereits ein derber Schlag auf den Kopf, damit man dauerhaft den Verstand verliert. Muss ich dir etwa erklären, was …?«
»Nein! Ich kann deine Wut und Sorgen bestens nachvollziehen, aber vielleicht denkst du mal daran, dass es mir nicht anders geht. Ich würde alles dafür tun, die Chefin wohlbehalten wiederzufinden.«
Oles verkniffene Miene entspannte sich ein wenig. Nun klang er halbwegs versöhnlich. »Unsere SpuSi kann die Blutgruppe im Prinzip sofort ermitteln und mit Hannahs abgleichen. Letzte Sicherheit haben wir, wenn das Ergebnis vom DNA-Schnelltest vorliegt.«
»Also spätestens morgen früh«, bestätigte Ralf. »Möglicherweise findet sich ja in ihrer Wohnung auch ein Hinweis auf den oder die Täter. Immerhin ist fast alles verwüstet – das stellt niemand so einfach an, ohne dabei Spuren zu hinterlassen.«
»Hoffen wir’s! Auf jeden Fall müssen wir uns Rückendeckung von oben holen und für weitere Verstärkungen sorgen.«
»Hast du jemand Spezielles im Sinn?«
»Klar … und sobald wir auf der Fähre nach Römö stehen, fange ich mit Telefonieren an.«
* * *
Im Westerländer Polizeirevier hatte Martin Clausen derweil auch so gut wie jeden verrückt gemacht. Natürlich genoss Hannah im Kollegenkreis nicht den besten Ruf, und die meisten sahen sie am liebsten von hinten. Aber wenn es einem von ihnen an den Kragen ging – egal, wem –, dann hielten Polizeibeamte zusammen. Erst recht in Ausnahmesituationen wie dieser.
Clausen hatte sich hinter seinem Schreibtisch verschanzt, inzwischen lohnte es sich nicht mehr, die Bürotür zu schließen. Gerade baute sich darin ein Kollege auf, den der Wachhabende aus der Freischicht geholt hatte. Die Uniform des Obermeisters sah zerknittert aus und war obendrein falsch geknöpft. Aber solchen Details wollte sich Clausen momentan nicht widmen.
»Was gibt’s?«, fragte er stattdessen.
»Es heißt, ihr sucht nach Hannah?«
Clausen nickte lediglich. Er war mit einer Mail beschäftigt, die er dringend abschicken wollte. Schließlich ging es um die Anforderung sämtlicher Videoaufzeichnungen der Autoverladung.
»Sie ist mir gestern Abend übern Weg gelaufen«, fuhr der Uniformierte einfach fort.
Von nun an gehörte ihm Clausens volle Aufmerksamkeit. »Wo genau?«
»Bei McDonald‘s in der Friedrichstraße. Ich wollte mir nach Schichtende ’nen Big Mac und ’ne Apfeltasche gönnen und hinterher zu meinem Bruder, um …«
»Könntest du dich bitte aufs Wesentliche beschränken!«
Eine Aufforderung, die für hochgezogene Brauen sorgte. »Was ist überhaupt mit Hannah?«
»Das Wesentliche!«, erneuerte Clausen etwas zu giftig. »Wann hast du sie getroffen, und wirkte sie da irgendwie seltsam auf dich?«
Die Antwort bestand nur aus einem fragenden Gesicht.
»Himmelherrgott! Kam sie gestresst rüber, aufgekratzt oder …?«
»Tut sie doch immer.«
»Und abgesehen davon?«
Der Kollege fischte sein Smartphone aus der Hose. Bevor Clausen protestieren konnte, folgte eine Erklärung: »Ich hab beim Warten in der Schlange mit meiner Madame gechattet, ihr geschrieben, dass ich noch bei meinem Bruder vorbeifahre.« Nach einigem Wischen stand das Ergebnis fest. »Das war kurz nach sieben.«
»Stand sie vor oder hinter dir in der Schlange?«
»Vor mir, sonst hätte ich sie wohl kaum bemerkt.«
Clausen atmete hörbar. »Hast du mit ihr geredet?«
»Ich bin doch nicht verrückt! Aber ich kann dir sagen, dass sie mit ’ner ziemlich großen Papiertüte rausmarschiert ist. Da war garantiert nicht nur Futter für einen drin.«
»Kurz nach sieben«, murmelte Clausen und machte zunächst einige Notizen. »Ansonsten irgendwas? Hast du sie hinterher wegfahren sehen? Ist sie vielleicht in ein fremdes Auto gestiegen?«
»Keine Ahnung.«
Clausen bedankte sich mühsam lächelnd und verabschiedete den Kollegen mit einer flüchtigen Geste. Dann überflog er seine Notizen. »Um kurz nach sieben warst du also bei McDonald‘s und hast für mehr als einen Essen gekauft«, flüsterte er vor sich hin. »Wahrscheinlich für jemanden, der in deiner Wohnung auf dich gewartet hat. Aber wenn das tatsächlich so war, wieso hast du …?«
Clausens Gemurmel wurde von seinem Smartphone unterbrochen. Erneut Ole.
Dessen Stimme hätte man im Büro auch locker ohne Lautsprecher klar und deutlich verstanden: »Hör zu, Martin! Du kennst doch bestimmt einen, der hier oben in List was zu sagen hat, oder?«
»Meinst du die Fähre nach Römö?«
»Was denn sonst? Also! Hast du wen an der Hand, der hier …?«
»Verrat mir erst mal, wo das Problem liegt!«, unterbrach Clausen aufgebracht.