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Zwei Millionen Dollar für eine Nacht – ein unmoralisches Angebot, das dir den Atem rauben wird! Chandler Walsh kann alles haben und genau so lebt er auch sein Leben. Bis er auf einer Party der geheimnisvollen Grace begegnet: Ihm wird schnell klar, dass er nur diese eine Frau will – und dafür ist er bereit, tief in die Tasche zu greifen. Mit Geld kann man ja bekanntlich alles kaufen. Grace lässt sich auf das Spiel mit ihm ein, doch schnell muss Chandler feststellen, dass sie es ist, die mit ihm spielt! Denn Grace Cavenor ist niemand Geringeres als die Ehefrau seines größten Erzfeinds und die leidenschaftliche Affäre mit ihr der Beginn seines Untergangs. Vor allem, weil da plötzlich etwas ist, das der eiskalte Geschäftsmann sonst nur aus Erzählungen kennt: echte Gefühle ... Dieses fesselnde Romantik-Highlight erscheint auch als Hörbuch bei Saga Storify und wird Fans von Penelope Douglas und Ana Huang begeistern.
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Seitenzahl: 287
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Chandler Walsh kann alles haben und genau so lebt er auch sein Leben. Bis er auf einer Party der geheimnisvollen Grace begegnet: Ihm wird schnell klar, dass er nur diese eine Frau will – und dafür ist er bereit, tief in die Tasche zu greifen. Mit Geld kann man ja bekanntlich alles kaufen. Grace lässt sich auf das Spiel mit ihm ein, doch schnell muss Chandler feststellen, dass sie es ist, die mit ihm spielt! Denn Grace Cavenor ist niemand Geringeres als die Ehefrau seines größten Erzfeinds und die leidenschaftliche Affäre mit ihr der Beginn seines Untergangs. Vor allem, weil da plötzlich etwas ist, das der eiskalte Geschäftsmann sonst nur aus Erzählungen kennt: echte Gefühle ...
eBook-Neuausgabe Oktober 2025
Copyright © der Originalausgabe Freya Miles 2023
Lektorat: Textwerkstatt – Tiemann
Korrektur: Korrektorat Sandra Paczulla
Copyright © der Neuausgabe 2025 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Paulina Ochnio
eBook-Herstellung: dotbooks GmbH unter Verwendung von IGP (mm)
ISBN 978-3-69076-526-8
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Freya Miles
Roman
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Häusliche Gewalt, Alkohol, Suizid, Gewalt, explizite Szenen und Ausdrücke.
Die goldene AMEX wanderte heute schon zum zweiten Mal zurück in mein Portemonnaie, nachdem ich mir zwei Gemälde gekauft hatte, die mit achthundertfünfzigtausend Dollar wirklich kostspielig waren. Außer für mich, denn meinem Kontostand würde ich davon nichts anmerken.
Ich besaß genug Geld, um diese ganze beschissene Galerie zu kaufen, wenn ich denn wollte. Aber außer den zwei Kunstwerken gefiel mir hier nichts.
Nicht, dass ich ein großer Kunstliebhaber war oder mich mit solchen Sachen auskannte. Es wäre doch reichlich übertrieben gewesen, so etwas zu behaupten.
Ich brauchte ein paar Farbkleckse für mein brandneues Penthouse, in das ich vor zwei Wochen eingezogen war. Klar hätte ich das auch der Innendesignerin überlassen können, die sich sonst um alles gekümmert hatte, aber irgendwas wollte ich zu meinem sogenannten Zuhause beitragen.
Noch fühlte ich mich dort nicht heimisch, was wahrscheinlich daran lag, dass mein Büro der einzige Ort war, an dem ich viel Zeit verbrachte.
Meine Firma, Walsh Industries, war mein Lebensinhalt. Seit ich sie vor fünf Jahren von meinem verstorbenen Vater geerbt hatte, lebte ich dafür, sie an der Spitze der New Yorker Konzerne zu halten. Bis jetzt mit durchschlagendem Erfolg.
An meiner Seite stand dabei immer meine Schwester April, der einzige Mensch auf dieser Erde, dem ich wirklich vertraute.
Sie führte die Firma mit mir gemeinsam, als meine Stellvertreterin, wobei sie im Gegensatz zu mir ein deutlich gesünderes Verhältnis zum großen Thema Work-Life-Balance hatte.
Andererseits hatte ich nicht gerade das Gefühl, auf der »Life«-Ebene etwas zu verpassen, weshalb meine einhundertprozentige Aufmerksamkeit der Arbeit galt – meine Erfolge sprachen ihre ganz eigene Sprache.
Allein im letzten Jahr hatten sich die Einnahmen von Walsh Industries verdoppelt, Tendenz weiter steigend. Es hätte alles so einfach sein können, wäre da nicht die elendige Konkurrenz, die mir das Leben unnötig schwer machte.
Zwei Firmen, die mit mir um die Spitze kämpften.
Zwei Alphatiere, die diese Spitze genauso sehr wollten wie ich.
Eigentlich ging ja nichts über einen guten und fairen Kampf, nur dass hier schon lange nichts mehr fair war. Es wurde mit harten Bandagen am Rande jeglicher Legalität gekämpft.
Mit allen Mitteln.
Ich betrat die Chefetage des riesigen Wolkenkratzers, in dem eintausendvierhundertsieben Leute jeden Tag dafür schufteten, dass ich meine Monopolstellung beibehalten konnte, mit hocherhobenem Haupt und gestrafften Schultern. Gewappnet für den Kampf, den ich jeden Tag bestreiten musste. Gleich würde ich nur noch eintausendvierhundertsechs Mitarbeiter beschäftigen, bis jemand Neues für den Empfangsbereich in der Chefetage eingestellt worden war.
»Kayla«, sagte ich und wandte mich an das hübsche Ding, das anscheinend nur bei mir freundlich sein konnte. In jeglichen anderen Bereichen häuften sich nämlich die Beschwerden über sie.
»Hallo, Mister Walsh.« Sie schenkte mir ein falsches Lächeln, das sie nicht mal sonderlich gut rüberbringen konnte. Ich wollte, dass jeder meiner Geschäftspartner empfangen wurde wie ein König oder eine Königin. Wenn Kayla es nicht mal schaffte, mir diesen Eindruck zu vermitteln, hatte sie hier nichts verloren.
»Sie sind gefeuert«, sagte ich ohne irgendwelche Umschweife. »Packen Sie Ihre Sachen und melden Sie sich in der Personalabteilung, um Ihr restliches Gehalt abzuholen.« Ungerührt setzte ich meinen Weg in Richtung Büro fort.
»Aber … Mister Walsh!« Sie schrie hysterisch, doch ich beachtete sie schon gar nicht mehr. Im Gegensatz zu allen anderen Augenpaaren, die in unsere Richtung gewandert waren. Genug Leute hatten die Kündigung mitbekommen, was mir nur recht war. Ab und an tat es den Menschen, die für mich arbeiteten, gut, ihre Erinnerungen daran aufzufrischen, wie schnell man einen Job bei Walsh Industries wieder verlieren konnte.
Ich war bekannt dafür, alles und jeden auszutauschen, wenn mir etwas an seiner Arbeitseinstellung oder an der Arbeit selbst nicht gefiel. Da gab es kein Mitleid, kein Wenn und Aber und auch keine Schonfrist. So wie bei Kayla. Sollte sie doch versuchen, zu klagen, meine Rechtsabteilung war stärker. Gott sei Dank war bis jetzt niemand so dumm gewesen, es darauf anzulegen.
In meinem Büro erwartete mich bereits Justine mit einem heißen Kaffee und einem verführerischen Lächeln, während ihre Finger über den Kragen ihrer viel zu weit geöffneten, weißen Bluse fuhren.
Justine und ich hatten eine Abmachung – eine ziemlich verwerfliche Abmachung, weil ich mir eigentlich immer geschworen hatte, mit niemandem im Büro zu vögeln. Bis sie als meine persönliche Assistentin eingestellt worden war.
Mit Justine war es einfach. Sie liebte ungezwungenen Sex genauso wie ich. Sie machte mir keine Szene, verlangte nichts, abgesehen von der Befriedigung, die sie von mir gewohnt war.
Ich musste zugeben, dass ich ihren kleinen, süßen Arsch gerne auf meinen Schreibtisch drückte, während ich mir ein wenig Erleichterung vor einem anstrengenden Tag verschaffte. Oder danach … oder auch gleich beides.
»Eine Entlassung vor der ersten Tasse Kaffee schreit danach, dass du dich ein wenig abreagieren solltest«, sagte sie grinsend. Diese Frau bekam einfach alles mit!
»Ich sollte mich ganz dringend abreagieren. Ich habe noch schlechtere Laune als normalerweise.«
»Oh, oh, dann kann ich mich ja auf einiges gefasst machen.« Lasziv begann sie, mit den Hüften zu kreisen, während sie sich von ihrer Bluse befreite, um den Spitzen-BH zu entblößen, der ihre üppige, definitiv mit Silikon aufgepolsterte Oberweite hielt. Sie wusste, dass ich Silikonbrüste hasste, weshalb sie den BH erst gar nicht auszog. Ich fasste sie sowieso nicht an.
Stattdessen knetete ich viel lieber ihren Arsch, was ihr immer diese willigen Laute entlockte. Fuck, ich hatte echt schon zu oft mit dieser Frau gevögelt, wenn ich selbst so was schon wusste.
Immerhin machte es nach wie vor Spaß, sie zu vögeln.
»Lass den verdammten Rock gleich an. In zehn Minuten ist mein erstes Meeting.«
»Ich weiß«, erwiderte Justine lachend und schob ihn sich nur hoch, bevor ich sie mit einem Ruck auf meine Hüften hob und schließlich auf dem Schreibtisch absetzte. Zwischen uns gab es keine Streicheleinheiten, keine Liebkosungen und erst recht keine Küsse. Es war einfach nur purer Sex. So, wie es in meinen Augen auch sein sollte. Dieses ganze Drumherum war nichts als Zeitverschwendung.
Ich löste meinen Gürtel, öffnete meinen Hosenknopf und ließ die Hose auf die Knöchel sinken, während ich Justines Beine spreizte.
Ein kleiner Quickie am Morgen, bevor ich mich zwei Stunden lang mit irgendwelchen Geschäftspartnern herumschlagen musste.
Ich streifte ein Kondom über und drang nicht gerade zärtlich in Justine ein, doch das erwartete oder verlangte sie auch gar nicht. Sie wollte von mir gevögelt werden.
Exakt in dem Moment, als ich mit einem lauten Stöhnen in ihr kam, vernahm ich ein Klopfen an meiner Bürotür. Nur eine Sekunde später sah ich in die Augen meiner Schwester. Gerade, als ich mich aufbäumte.
Sie erkannte die Situation schnell und schlug die Tür mit einem »Fuck, Chandler!« direkt wieder zu.
Justine hatte von dem ganzen Szenario nichts mitbekommen. Verloren in ihrem Orgasmus gab sie sich mir ganz hin, bis ich mich aus ihr zurückzog.
»Meine Schwester ist reingeplatzt«, sagte ich und zerrte das benutzte Kondom von meinem Schwanz, bevor ich in das Badezimmer ging, das an mein Büro grenzte, um mich zu waschen. Ich musste April dringend noch vor dem Meeting erwischen. Nicht, weil ich mich für die Sache mit Justine rechtfertigen oder gar entschuldigen wollte, sondern weil sie bestimmt noch nützliche Informationen für mich hatte.
»Sag im Konferenzraum Bescheid, dass ich mich wegen eines dringenden Telefonats um ein paar Minuten verspäte«, wies ich Justine an, bevor ich das Büro verließ und zu April eilte. Ihr Büro war nur wenige Schritte von meinem entfernt. Es war nicht so groß und luxuriös, allerdings mit vierzig Quadratmetern auch nicht gerade die hinterletzte Absteige. Einst war es mein altes Büro gewesen, als ich noch unter Vater gearbeitet hatte. Juniorchef der Firma.
Ich dachte gerne daran zurück, wie er mir alles beigebracht hatte. Ganz in Ruhe, ohne dass zu viel Verantwortung auf meinen Schultern lastete. Wie oft ich mir diese Zeit insgeheim zurückwünschte.
»Du fickst deine Assistentin?«, sagte meine Schwester sofort, als ich ihr Büro betrat, und schüttelte mit einem angeekelten Gesichtsausdruck den Kopf.
»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht.«
»Sagt der Mann, der mir immer gepredigt hat, nicht am Arbeitsplatz zu vögeln. Scheiße, wie soll ich dein Orgasmusgesicht jemals wieder vergessen?«
»So gut aussehend, ja?«, fragte ich grinsend, während April sich schüttelte.
»Wie dem auch sei, das nächste Mal hängst du bitte ein »Fickt gerade«-Schild an deine Tür, damit das nie wieder vorkommt. Ich hatte eine heulende Kayla in meinem Büro und zwei weitere hysterische Angestellte, die jetzt befürchten, dass du sie auch rauswirfst, weil du einfach unberechenbar bist.«
»Ich bin nicht unberechenbar, nur zielstrebig. Ich hoffe, du hast ihnen das genau so ausgerichtet.« Es war definitiv so, dass die Angestellten meiner Schwester mehr vertrauten. Die gutherzige, immer freundliche April. Sie kam ganz nach unserer Mutter, auch wenn ich mich nicht mehr so gut an sie erinnern konnte. Dafür war sie einfach zu früh gestorben.
April bügelte oft gerade, was ich verbrochen hatte. Dafür liebte ich sie. Mir war bereits zu Ohren gekommen, dass wir von außen wie Engelchen und Teufelchen wahrgenommen wurden, dabei war April ebenfalls eine gerissene Geschäftsfrau, die zur Not über Leichen ging. Sie versteckte es nur hinter ihrem Charme.
Ich gab mir nie Mühe, mein Image aufzubessern, denn es war mir vollkommen egal, was die Leute über mich dachten.
Schließlich suchte ich keine Freunde auf dieser Welt, sondern Geschäftspartner, die genau wissen sollten, woran sie waren.
Was half es mir, wenn sie mich für nett hielten oder sich gerne bei mir einfanden, um Meetings abzuhalten? Richtig – gar nichts.
»Ich versuche sie immer davon zu überzeugen, dass du ein netter Kerl bist, aber du machst es mir nicht gerade leicht. Schließlich kennt kein Mitarbeiter dich privat, um zu sehen, was für ein wundervoller Mensch du in Wirklichkeit bist.«
»Mich braucht auch niemand privat zu kennen. Reicht ja, wenn dir diese große Ehre zuteilwird. Also, gab es noch was zum Meeting?« Ich warf einen Blick auf meine Uhr. »Sie warten dort schon auf mich.«
»Nein, keine Erweiterungen mehr. Alles wie gestern besprochen. Nur, Chandler … tritt ihnen vielleicht nicht zu sehr in den Arsch, ja? Wir brauchen ihre Produkte wirklich noch.«
»Dann sollen sie uns vernünftige Preise machen. Ganz einfache Rechnung.« Mit einem Augenzwinkern verließ ich das Büro meiner Schwester, um mich der wartenden Gesellschaft in Konferenzraum eins zu stellen. Vermutlich wäre es gut gewesen, meine diplomatische Schwester bei diesem Gespräch an meiner Seite zu haben, doch April hatte selbst ein Meeting.
Außerdem wollte ich auch gar nicht diplomatisch sein. Ich wollte meine Preise durchsetzen, koste es, was es wolle.
Haben kam schließlich nicht von geben, und für die Erhaltung der Marktführung zählte nun einmal jeder Cent, den ich einsparen konnte, zu meiner Gewinnmaximierung.
Ich galt in der Branche nicht umsonst als eiskalter Geschäftsmann, und zur Not würden sie mich heute richtig kennenlernen. Meine Stimmung war dementsprechend. Daran hatte auch der kurze Fick mit Justine nichts geändert.
Die letzte Nacht war einfach beschissen gewesen, da ich seit gestern Abend die Zahlen meines größten Erzrivalen Cavenor kannte. Er lag beinahe vorne! Wenn auch nur knapp, aber ich drohte, meine Marktführung zum ersten Mal wirklich zu verlieren. An dieses aufgeblasene Arschloch, das sich in meinem Windschatten langsam vorwärtsschob.
Ich musste es mit allen Mitteln verhindern – und dieses Meeting würde der Anfang sein.
Die Menschen in meinem Arbeitsumfeld konnten sich warm anziehen, denn ich bekam immer, was ich wollte.
Aus zwei Stunden wurden vier, bis sie endlich einknickten und meine Bedingungen akzeptierten. Das hätten wir auch weitaus schneller haben können, wären sie sofort darauf eingegangen, doch ich konnte das Ringen und Zerren durchaus verstehen. Sie kämpften ums Überleben, ich um die Marktführung. Immer schön, am längeren Hebel zu sitzen. Ich war nichts anderes gewohnt.
Durch die Überschreitung der Meetingzeit war mein gesamter Tagesplan durcheinandergeraten, was wieder eine Nachtschicht mit sich bringen würde, aber okay, auch das war ich gewohnt.
»Wieso hast du dir das neue Penthouse eigentlich überhaupt gekauft?« Es waren Aprils Worte, die mich am nächsten Morgen weckten. Nach gerade einmal anderthalb Stunden Schlaf auf der Couch in meinem Büro. Ich hatte schon öfter darüber nachgedacht, einen Teil des Büros abtrennen zu lassen und mir ein bequemes Bett zu besorgen, doch spätestens dann hätte meine Schwester mir wahrscheinlich die Hölle heißgemacht.
Sie achtete immer auf mich, auch wenn ich das hasste und es eigentlich nicht wollte, doch auch in diesem Punkt kam sie ganz nach unserer Mutter.
»Hat eine geile Dusche«, erwiderte ich mürrisch, während ich mich vollkommen fertig auf der Couch aufrichtete.
»Ein geiles Bett scheint es jedenfalls nicht zu haben. Wie viele Nächte hast du dort seit deinem Einzug verbracht? Waren es drei oder vier?«
»Keine Ahnung. Mir auch scheißegal. Ich hatte viel zu tun.«
»Wieso hatte? Hast du das nicht immer? Sollen wir eigentlich mal eine Wette abschließen?«
»Ich wette nicht.«
»Du würdest auch verlieren. Ich wette nämlich, dass es maximal noch ein oder zwei Jahre dauert, bis du einen Herzinfarkt kriegst und elendig daran zugrunde gehst, so wie unser Vater.«
»April, ich bin dreißig, nicht sechzig, wie Vater es war.«
»Auch sechzig ist noch kein Alter, um ins Gras zu beißen, aber so, wie du unter Strom stehst, und die Familie ist nun mal vorbelastet, was Herzgeschichten angeht … Denk mal darüber nach, wie alt Mom war.«
Meine Mutter war ebenfalls an einem Herzinfarkt gestorben. Und das mit Mitte dreißig.
»Mom musste ja auch unseren Vater aushalten.«
»Lenk nicht vom Thema ab, Chandler! Ich mache mir Sorgen um dich.«
»Und ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass es dafür keinen Grund gibt. Ich habe doch geschlafen.«
»Wie lange denn bitte? Eine Stunde, oder waren es vielleicht sogar zwei? Auf dem Sofa in deinem Büro! In deinem verdammten Anzug! Kannst ja gleich deine Assistentin vögeln, um wach zu werden, nicht wahr?«
»Ich frage mich gerade, ob dir dein ausgiebiger Schlaf so gutgetan hat, bei deiner Laune.«
»Chandler, ich meine es so! Solltest du noch einmal im Büro schlafen, dann …« Sie verstummte, denn es gab keinerlei Druckmittel, was sie gegen mich einsetzen konnte. Auch privat saß ich immer am längeren Hebel. Genau so, wie es sein sollte.
»Dann was?«, fragte ich provokant, verfluchte mich im nächsten Moment allerdings dafür, weil April mein Büro verließ, ohne noch einen Ton zu sagen. Es war nicht fair, so mit ihr umzugehen. Sie machte sich nur Sorgen um mich, und das wahrscheinlich vollkommen zu Recht, obwohl ich gerne so tat, als wäre das Gegenteil der Fall.
Die Vorbelastung in unserer Familie war groß. Im Gegensatz zu mir ging April wenigstens regelmäßig zum Arzt, ernährte sich gesund und trieb viel Sport.
Mein Lieblingsgetränk war Kaffee, das Essen vergaß ich oft gänzlich bei all der Arbeit, aber immerhin war ich sportlich voll auf der Höhe, da ich meinen Körper in guter Form sehen wollte.
Okay, in letzter Zeit hatte ich den Sport vielleicht doch ein bisschen zu sehr vernachlässigt.
Ich ging meiner Schwester nicht hinterher, denn ich wollte nicht zugeben, dass sie recht hatte. Im Gegensatz zu ihr verdrängte ich dieses Thema mit all den Risiken komplett.
In meinen Augen war ich absolut unverwundbar und daran würde sich auch nichts ändern.
Außerdem hatte ich mir für das Wochenende vorgenommen, endlich mal wieder mit meinem Boot rauszufahren. Natürlich würde ich die Arbeit mitnehmen, aber gleichzeitig auch ein wenig die Freiheit genießen.
Ich musste zugeben, dass ich mich danach sehnte, mal wieder der Stadt und dem üblichen Trott zu entfliehen.
Die Pearl, so hieß die Luxusyacht, die ich mir vor zwei Jahren gekauft hatte, war der einzige Ort, an dem ich mir erlaubte, ich selbst zu sein. Vielleicht, weil dort niemand um mich herum war, dem ich etwas beweisen musste. Schließlich fuhr ich immer allein raus.
So wie auch an diesem Wochenende verfolgte ich dabei kein bestimmtes Ziel. Irgendwo mitten auf dem Meer würde ich den Anker sinken lassen und bleiben.
Natürlich in ausreichender Nähe zum Land, um noch Empfang zu haben. Nicht erreichbar zu sein, konnte ich mir nicht erlauben.
»Ich fahre am Wochenende mit der Pearl raus«, verkündete ich meiner Schwester abends, als sie sich auf den Weg nach Hause machte und an meiner Büro vorbeiging.
Justine hatte die Tür nach Feierabend auf meinen Wunsch hin offengelassen, da meine Schwester sich sonst garantiert nicht getraut hätte, noch mal einzutreten. Nicht nach dem, was sich dort gestern abgespielt hatte. Sie konnte ja nicht wissen, ob Justine in den Feierabend gegangen war oder gerade die Schenkel für mich ausbreitete.
»Ach wirklich? Soll mich das jetzt beschwichtigen?« Den ganzen Tag über war sie mir aus dem Weg gegangen, sofern es denn möglich gewesen war. Während der gemeinsamen Meetings zählte sowieso vollkommene Professionalität, da gab es keinen Spielraum für privaten Umgang.
»Es ist lediglich eine Mitteilung«, erwiderte ich und beobachtete meine Schwester, die in mein Büro kam und die Tür hinter sich schloss, bevor sie sich auf die Couch setzte. Sehr gut, damit waren die Wogen zwischen uns also auch wieder geglättet. Sonst wäre sie nicht reingekommen.
»Entschuldige meine Laune heute Morgen, aber ich mache mir einfach nur Sorgen um dich«, sagte sie und lehnte ihren Kopf mit einem leisen Stöhnen an die Rückenlehne. Ihre Haare waren ebenso schwarz wie meine. Sie zog den Haargummi heraus, sodass ihr die Haare in Wellen über die Schultern fielen, während sie herzhaft gähnte. Im Gegensatz zu mir hatte sie die strahlend blauen Augen unserer Mutter geerbt, während meine eher ins Grünliche gingen, so wie bei unserem Vater. Man konnte wirklich sagen, wir waren das Ebenbild unserer Eltern – jeder von einem Elternteil. Ob es das Wesen anging oder die Augenfarbe.
»Und du hältst mir einen Vortrag über zu wenig Schlaf?«, fragte ich belustigt, was mir direkt einen bösen Blick einbrachte.
»Mein Schlafmangel heißt wenigstens nicht Arbeit.«
»Oha, dein Schlafmangel hat einen Namen? Kenne ich ihn und hast du ihn checken lassen?« Bis jetzt hatte ich ausnahmslos jeden Typen, mit dem meine Schwester sich traf, durch die Privatdetektive, die unser Unternehmen beauftragte, checken lassen. Durch einen von ihnen war ich an die Zahlen von Cavenor gekommen. Bei ihm gab es eine undichte Stelle, in meinem Unternehmen nicht. Auch das wurde regelmäßig durch die Detektive überprüft.
»Du kennst ihn, ja.«
»Ernsthaft?«
»Ja. Er heißt Bumer, stinkt, verliert unfassbar viele Haare und neigt durch sein fortschreitendes Alter zu nächtlicher Inkontinenz und Pinkelattacken.« Für einen kurzen Moment blickte ich sie verwirrt und angeekelt an, bis mir wieder in den Sinn kam, wer Bumer war.
Der dicke, uralte Hund ihrer Nachbarin und besten Freundin Sally, auf den sie ab und an aufpasste. »Ich bin mir sicher, dass ein Check der Privatdetektive nur Gründe zutage fördern würde, warum ich mich besser von diesem Kerl fernhalte.«
»Wahrscheinlich. Ich hoffe, Sally weiß zu schätzen, was du für sie tust.«
»Sie ist meine beste Freundin. Eine Hand wäscht die andere. Ach ja, du weißt ja nicht, was Freunde sind. Soll ich dir das mal schnell erklären?«
»Verschone mich. Das sind Informationen, die ich definitiv nicht brauche. Was machst du am Wochenende? Lust, mit auf die Pearl zu kommen?« Ein einziges Mal hatte meine Schwester mich bis jetzt begleitet – und dabei würde es auch bleiben.
»Damit ich wieder die ganze Zeit über der Reling hänge und kotze? Danke, aber nein danke. Für kein Geld der Welt wirst du mich jemals wieder auf dieses Teil kriegen.«
»Sie melden vollkommen ruhige See. Der Sturm war wirklich eine Ausnahme.«
»Niemals, Chandler – und wenn ich niemals sage, dann meine ich das auch so –, werde ich wieder einen Fuß auf dieses Teil setzen. Nicht mal, wenn es im Hafen liegt. Das eine Mal hat gereicht. Außerdem habe ich schon was vor. Sally und ich wollen in den neuen Club in Downtown.«
»Silent Moves? Diese Disco ohne Musik? Mir ist immer noch ein Rätsel, warum man dorthin gehen möchte.«
»Es gibt Musik, aber mit Kopfhörern. Daniel, der Besitzer, hat mich persönlich eingeladen. Da kann ich doch nicht Nein sagen.« Sie wackelte mit den Augenbrauen.
»Haben wir ihn gecheckt?«
»Oh nein und das werden wir auch nicht. Er steht definitiv nicht auf der richtigen Seite des Gesetzes, aber das macht auch nichts, weil er einfach nur ein Typ ist, der mich und eine Million anderer Leute eingeladen hat. That‘s it. Außerdem, Chandler, du willst doch wohl nicht wirklich behaupten, dass du dir wegen mir jemals so etwas wie Sorgen machen musstest, oder?«
»Stimmt. Definitiv nicht.« Zumindest nicht offiziell. Sie war meine kleine Schwester. Natürlich machte ich mir Sorgen und das nicht zu knapp. Am liebsten würde ich sie vor allem Bösen in der Welt beschützen, doch auch ich hatte meine Grenzen. Dennoch setzte ich alles Menschenmögliche daran, dass es ihr gut ging.
»Versenk das Schiff nicht und entspann dich mal ein wenig, okay?«, gab sie mir mit auf den Weg, bevor sie sich von der Couch erhob.
»Werd mir Mühe geben. Viel Spaß im Silent Moves – und sag dem Typen, dass ich ihm die Existenz unterm Arsch wegziehen werde, sollte er dich auch nur eine Sekunde zu lange angucken!« April verdrehte die Augen, während ich es genau so meinte. Und ja, das wusste sie ganz genau!
Am heutigen Tag zögerte auch ich den Feierabend nicht mehr zu lange raus, da ich morgen früh vor Sonnenaufgang aufbrechen wollte. Die Crew, die ich dafür beschäftigte, bereitete das Boot entsprechend meinen Wünschen vor, sodass ich nur noch losfahren musste.
Ganz allein, das Ruder fest in der Hand. Wie immer. Ich konnte es nicht abwarten, die frische, salzige Meeresbrise zu spüren.
In meinem Penthouse hatte eine Haushälterin bereits alles zusammengepackt und in meinen Wagen geladen, sodass ich theoretisch schlafen gehen konnte, weil ich mich um nichts mehr kümmern musste.
Stattdessen fand ich mich im Fitnessstudio wieder. Meine Bauchmuskeln wollten trainiert werden, sonst konnte ich mich bald wirklich von meinem Sixpack verabschieden.
Natürlich wäre das kein Weltuntergang, aber so weit würde ich es nicht kommen lassen.
Selbst auf der Yacht standen mir Sportgeräte zur Verfügung, die ich auch gern nutzte. Kaum jemand konnte sich vorstellen, wie schwer es war, von einhundert Prozent auf null herunterfahren zu müssen, wenn einem nichts anderes blieb als die wenigen Quadratmeter des Schiffs.
Genau das war meine größte Herausforderung. Runterfahren und zur Ruhe kommen. Schließlich versuchte ich zumindest, nicht den ganzen Tag hinter dem Rechner oder am Telefon zu verbringen. Doch oft half es mir auch als Ausflucht, wenn mir die Stille und das Nichts zu erdrückend wurden.
Ich hatte nie Zeit, mir viele Gedanken über mein Leben, über mich oder die Vergangenheit zu machen, und dabei wollte ich es auch gern belassen. Es lenkte mich nur vom Wesentlichen ab. Von der Arbeit, den Zielen, die ich erreichen wollte und den Grenzen, zu denen es mich trieb.
So wie in diesem Moment, als ich vollkommen erschöpft vom Laufband zu Boden sank, weil ich mich so ausgepowert hatte. Statt aufzuhören, als ich spürte, dass es nicht mehr ging, hatte ich weitergemacht. Wie immer.
Das sah mir so verdammt ähnlich.
Wenigstens konnte ich nach der ausgiebigen Sportsession bestimmt schnell einschlafen, was mir normalerweise nie gelang. Ganz egal, wie wenig Schlaf ich bekam und wie übermüdet ich war.
Am nächsten Morgen löste ich die Taue weit vor Sonnenaufgang, denn ich war zwar schnell eingeschlafen, viel Zeit hatte ich dadurch aber trotzdem nicht in meinem Bett verbracht. Mitten in der Nacht war mir ein wichtiger Punkt zu einem Geschäftsabschluss eingefallen, den ich noch schnell notiert hatte.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und genoss die frische Morgenluft, während ich hinter dem Steuer auf der Brücke meiner Pearl stand und sie sicher aus dem Hafenbecken lenkte.
Wie sehr ich dieses Gefühl vermisst hatte – und wie sehr ich mich gerade verteufelte, weil ich mein Lieblingshobby so vernachlässigte.
So wie ich alles vernachlässigte, abgesehen von der Firma.
Ich konnte mich noch gut daran erinnern, genau das meinem Vater vorgeworfen zu haben. Mehr als einmal.
Bei mir hatte nie ein stolzer Vater im Publikum gesessen, während ich als Quarterback alle Rekorde im College gebrochen hatte. Es hatte ihn nicht mal interessiert, denn in seinen Augen war diese ganze Sportsache einfach nur pure Zeitverschwendung gewesen.
Er hatte mir lediglich vorausgesagt, dass ich ihn irgendwann verstehen würde. Etwas, das ich nie gewollt hatte und das so wahrhaftig eingetreten war. Auch wenn mich die Erkenntnis gerade eher unvorbereitet traf.
Fuck, ich war auf dem besten Weg, so zu werden wie er. Gut, dass ich es für mich vollkommen ausgeschlossen hatte, jemals zu heiraten oder Kinder zu kriegen. Dafür gab es in meinem Leben einfach keinen Platz, so wie es bei ihm keinen Platz dafür gegeben hatte.
Etwas, wofür ich ihm heute keine Vorhaltungen mehr machen würde.
Der Erfolg der Firma hatte sich erst nach und nach eingestellt und ihn immer weiter eingespannt. Als alleinerziehender Vater war seine Entscheidung dabei schnell auf die Firma gefallen und nicht auf April und mich.
Wenigstens hatte er für gute Nannys gesorgt, sodass wir beide keine vollkommen psychischen Wracks wurden. April jedenfalls nicht. Bei mir war ich mir manchmal nicht ganz so sicher.
Auch wenn ich mir das natürlich niemals anmerken lassen würde. Schließlich stand ich über allem und hatte immer alles im Griff.
Die Sonne zeigte sich langsam hinter dem Horizont und ich hielt Kurs darauf. Es war ein wunderschönes, surreales Gefühl, als könnte man in sie hineinfahren, wenn man nur lange genug den Kurs hielt. Jeden Morgen und jeden Abend, wenn sie wieder unterging.
Die beiden magischen Momente des Tages, von denen ich nie genug bekommen konnte.
Selbst im Büro nahm ich mir die Zeit, in den Himmel zu schauen, wenn ich es nicht vor lauter Arbeit vergaß, so wie es in den letzten Tagen und Wochen immer und immer wieder der Fall gewesen war. Nichts war zu vergleichen mit dem Freiheitsgefühl in dieser Sekunde. Mit dem Wind, der Luft, dem salzigen Geschmack auf meinen Lippen.
Und dann klingelte mein Handy.
Herzlich willkommen in meinem Leben.
Ich schaffte es tatsächlich, am Wochenende ein wenig auszuspannen. Das merkte ich nicht etwa daran, dass ich meinen Laptop auch mal zur Seite stellen konnte, sondern an den zehn Stunden Schlaf, die ich in der Nacht von Samstag auf Sonntag bekam.
Nicht ein einziges Mal wurde ich wach. Es gab keine Ideen bezüglich der Arbeit, keine Ängste, etwas vergessen zu haben. Nichts.
Und das war eine verdammte Seltenheit für mich.
Am Morgen betrat ich das Deck, atmete die frische Meeresluft ein und genoss den Ausblick auf das ruhige Wasser um mich herum. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, doch für die zehn Stunden Schlaf konnte ich es mir auch verzeihen, den Sonnenaufgang verpasst zu haben.
Ich machte mir einen Kaffee und setzte mich in die Lounge am Bug des Schiffs, wo ich die Augen noch einmal schloss und den Kopf in Richtung Sonne wandte. Wie leicht es mir dieses Mal fiel, nicht durchzudrehen, obwohl ich mich entspannte.
Meine Schwester wäre mit Sicherheit stolz auf mich.
Natürlich hielt der Frieden nicht lange an, sondern wurde jäh durch Steward Perkins aus der Finanzabteilung unterbrochen. Ich mochte den Mann, weil das Wort Wochenende für ihn genauso überbewertet war, wie für mich. Nur heute verfluchte ich ihn ein wenig, denn die Ruhe am Bug hätte ich noch eine Weile länger genießen können.
So verbrachte ich die nächste Stunde am Rechner, ging mit ihm Tabellen durch und ärgerte mich über die stümperhafte Arbeit eines anderen Angestellten aus der Bilanzbuchhaltung. Ich konnte ihn leider nicht entlassen, bevor ich einen Ersatz für ihn hatte, sonst wäre er gleich morgen rausgeflogen.
Bye, Erholung – aber den Schlaf konnte mir immerhin niemand mehr rauben.
Zurück im Hafen von New York fuhr ich auf direktem Weg ins Büro, in Shorts und Poloshirt, doch am Sonntag war dort ohnehin niemand, weshalb ich ganz in Ruhe den Fehler der Bilanzbuchhaltung ausbügeln konnte.
»Was zum Teufel? Ich dachte, du wärst auf dem Boot!« Meine Schwester sprang regelrecht einen Schritt zurück, als sie mich erblickte.
»Was machst du an einem Sonntag im Büro? Ist es etwa an der Zeit, dass ich dir einen Work-Life-Balance-Vortrag halte?«
»Ich habe die Karte für den heutigen Abend geholt und das, obwohl ich mich vollkommen ausgerotzt fühle.« Bei genauerer Betrachtung konnte ich sehen, dass sie wirklich nicht fit wirkte.
»Alles okay?«, fragte ich und legte ihr eine Hand auf die Stirn. »April, du glühst.«
»Hilft nichts. Ich muss mich heute Abend da sehen lassen. Es ist eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Veranstaltung in meinem Segment.«
»Du wirst dich heute Abend ins Bett legen und dich auskurieren. Soll ich einen Arzt anrufen, damit er nach dir sieht?«
»Wegen einer lapidaren Erkältung? Nein, danke.«
»Ich werde für dich hingehen. Wen muss ich kennen und worum geht es?«
Meine Schwester gab mir eine kurze Zusammenfassung, nach der ich ihr wirklich recht geben musste. Wir gehörten auf dieses Event, mindestens einer von uns. Maßgeblich sie, weil sich dort die Crème de la Crème der Design-, Werbe- und Imagebranche traf. Dinge, die nur sie in unserer Firma behandelte.
»Vergraul mir dort niemanden, verstanden? Das alles sind Kontakte, die ich über Jahre aufgebaut und gepflegt habe. Mit deiner netten Art …«
»Ich kann höflich sein.«
»Ja, Chandler, ich weiß, aber darum geht es nicht!«
»Unterstellst du mir etwa gerade, dass ich auf andere nicht so nett wirken könnte?«
»Können wir das ausdiskutieren, wenn ich mich nicht mehr so grauenhaft fühle?«
»Klar, entschuldige. Du solltest ins Bett gehen. Ich fahre dich nach Hause.«
»Nicht nötig, ich komme schon klar.«
»Das war keine Bitte, April. In deinem Zustand wirst du garantiert nirgendwo hinfahren.«
Dieser scheiß Fehler in der Bilanzbuchhaltung konnte auch bis morgen warten – dann würde ich wenigstens den Richtigen zur Rechenschaft ziehen und ihn damit beauftragen, seine Scheiße selbst auszumerzen. Jetzt war gerade nur meine Schwester wichtig, und dass sie bald wieder auf die Beine kam.
Nach einer schnellen Dusche wechselte ich in einen meiner maßgeschneiderten Anzüge und machte mich auf den Weg zu der Gala, auf die ich null vorbereitet war.
Mehr noch – ich hasste Veranstaltungen dieser Art aus tiefstem Herzen und in gar nicht allzu ferner Zukunft musste ich schon wieder auf eine Gala.
Shit happens. Wichtig war nur, dass man sah und gesehen wurde.
Ich steuerte auf direktem Weg die Bar an, um mir einen vernünftigen Whiskey zu besorgen, bevor ich an dem Tisch Platz nahm, der für meine Schwester reserviert war. Lauter weibliche Führungspositionen, aber hey, auch damit kam ich klar. Ich konnte nur nicht mehr zählen, wie oft ich die Abwesenheit meiner Schwester erklären musste.
Die Reden waren allesamt langweilig für mich. Der Part meiner Schwester fiel wegen Krankheit aus, sodass wir wenigstens damit schon mal eine Viertelstunde gespart hatten.
Insgesamt kam es mir jedoch vor wie eine Ewigkeit. Wenigstens das Essen war lecker und die Gespräche in den Pausen unterhaltsam. Danach war noch ein lockeres ›Get together‹ geplant, bei dem ich mich allerdings so schnell wie möglich aus dem Staub machen wollte.
Ich hatte Wichtigeres zu tun, als hier zu stehen und Small Talk zu halten. Zumal mir meine Schwester ja genau das nicht zutraute.
Wahrscheinlich lag sie goldrichtig.
Mein Blick wanderte zu einer blonden Frau in einem tief dekolletierten, dunkelblauen Kleid, die sich elegant ihren Weg durch die Menschen bahnte.
Sie hatte ein Auftreten, das sogar die hohen Herren zur Seite treten ließ, und mich verdammt noch mal in den Bann zog. Mein Blick blieb regelrecht an ihr kleben, während sie zur Bar stolzierte. Ich war nicht der Einzige, dessen Aufmerksamkeit erregt wurde, doch sie ignorierte die Männer, die sie grüßten oder ihr an der Bar etwas bestellen wollten, als würden sie gar nicht existieren. Sympathisches Auftreten, wenn man mich fragte.
Ein Mann schien es nicht zu verstehen und sprach die Frau ein zweites Mal an, dann sogar ein drittes.
»Gibt es ein Problem?«, fragte ich ihn. Ich gesellte mich zu der Schönheit und dem Mann, der sie mittlerweile sogar am Arm festhielt.
»Es gibt tatsächlich noch Männer, die es nicht akzeptieren können, wenn man ihnen keine Antwort gibt. Sollte ich Lust auf etwas zu trinken haben, würde ich ihn mir bestellen«, sagte sie und musterte den Mann neben sich mit einem abfälligen Blick, der sie daraufhin losließ.
»Entschuldigung, ich hatte nur die Antwort nicht verstanden.«
»Weil ich mir gar nicht erst die Mühe gegeben habe, zu antworten. Manche Dinge sind einfach vertane Zeit.«
Mit diesen Worten schritt sie weiter, bevor sie sich noch einmal zu mir umdrehte. »Danke für die Rettung, auch wenn ich das sehr gut selbst hätte regeln können.«