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»Mein Name ist Haley Cooper Crowe und ich bin im Lockdown an einem abgelegenen Ort, über den ich nichts sagen kann.«
Es sind fünf Jahre seit der Pandemie vergangen, und für die meisten Menschen ist das Leben zur Normalität zurückgekehrt – aber nicht für die 15-jährige Haley Cooper Crowe und ihren Bruder Ben. Als Kinder geschiedener Eltern leben sie bei ihrer Mutter, aber ihr Vater glaubt, dass ein neues, viel tödlicheres Virus außer Kontrolle gerät, und dass er seine Kinder nur retten kann, indem er sie entführt und in seinem abgelegenen Prepper-Versteck verbirgt.
Einmal in ihrem Off-Grid-Sicherheitshaus in den schottischen Bergen eingesperrt, sind Haley und Ben vollständig von der Zivilisation abgeschnitten. Werden sie lebend herauskommen? Wie können sie ihre Mutter retten? Wie können sie herausfinden, was draußen passiert? Treibend, elektrisierend und spannungsgeladen ist Überleben ist alles der Leitfaden eines Teenager-Mädchens, um den unmittelbaren Zusammenbruch ihrer Welt, ihrer Familie und ihres Verstandes zu verhindern.
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Seitenzahl: 592
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ewan Morrison
Überleben ist alles
Thriller
Aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebnet
Herausgegeben von Thomas Wörtche
Suhrkamp
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Die Originalausgabe erschien 2021 unter dem Titel How to Survive Everything bei Contraband, an imprint of Saraband.
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2025
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage des suhrkamp taschenbuchs 5465.
Deutsche Erstausgabe© der deutschsprachigen Ausgabe Suhrkamp Verlag AG, Berlin, 2025Copyright © Ewan Morrison 2021
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Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Umschlagabbildungen: FinePic®, München
eISBN 978-3-518-78083-1
www.suhrkamp.de
Für Theo und Frances
Der Mensch kann vierzig Tage ohne Essen, etwa drei Tage ohne Wasser, an die acht Minuten ohne Luft überleben, aber nur eine Sekunde ohne Hoffnung.
Hal Lindsey
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Inhalt
Informationen zum Buch
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Motto
Mein Survival-Guide
Wie du nicht reagieren sollst, wenn du einem Röchler gegenüberstehst
Plan A
Wie man die eigenen Kinder entführt
Lieber ein Jahr zu früh dran als einen Tag zu spät
Erzähl deinen Entführungsopfern nichts von den Anzeichen oder deinem Plan
Bereite deine Kinder heimlich schon Jahre im Voraus vor
Konfisziere die Handys deiner Entführungsopfer mit Hilfe eines einfachen Tricks
Habe für deine Entführten eine Fake-Geschichte parat, um Zeit zu gewinnen
Versprich teure Konsumartikel als Belohnung
Bring deine Kids dazu, dass sie die Sicherheit des Hauses, in das sie zurückkehren wollen, in Frage stellen
Bring deine Entführungsopfer dazu, die letzten Schritte ihrer Entführung selbst zurückzulegen
Wie Kinder in ein Safe House locken
Sei höflich, solange sich deine Entführungsopfer akklimatisieren
Fessle deine Entführungsopfer nicht, setz sie nicht unter Drogen, sperr sie nicht ein … noch nicht
Wende Verzögerungstaktiken an, um Druck auszuüben, ohne es zur Konfrontation kommen zu lassen
Mit strategisch eingesetzten Rührseligkeiten ziehst du die Entführungsopfer auf deine Seite
Plan B
Wiederbelebungsmaßnahmen bei Minderjährigen
Nähen oder nicht nähen
Erlaube deinen Entführungsopfern, sich umzusehen
Gestatte deinen Entführungsopfern, ihre nutzlosen Wutanfälle auszuleben
Die drei Empfehlungen
Nach der ersten Reaktion auf die Wahrheit folgen die fünf Stufen der Trauer
Was man in einem Vorratsbunker nicht macht
Halte vertrauliche Planungstreffen immer außerhalb der Hörweite deiner Entführungsopfer ab
Altertümliche Technologie kann unter dem Radar durchrutschen
Wie man ein ganzes Haus zu einem Sender und Empfänger macht
Habe immer eine auf Papier notierte Liste wichtiger Kontaktdaten bei dir
Wie mit Mutter umgehen
Wie die Polizei dich finden wird
Schütz die Kinder vor der Wahrheit
Wie ein Worst-Case-Szenario überleben
Bereite dich auf das Schlimmste vor
In Krisenzeiten gibt es nichts Wichtigeres als präzise Informationen
Plan G
Wie der Innenbereich für die Dekontaminierung nicht vorzubereiten ist
Alle kontaminierten Gegenstände müssen unter Quarantäne gestellt oder zerstört werden
Leben im Lockdown
Leugnung ist eine sehr menschliche Reaktion
Wie man anderen hilft, sich an die neue Realität anzupassen
Wie man Strom erzeugt
Wie man eine Ziege melkt
Die Wahrheit finden
In einem Safe House muss jeder an dieselben Fakten glauben
Was zu tun ist, wenn man von einem großen Raubtier angegriffen wird
Breitet sich Uneinigkeit in einem Safe House aus, kann es zur Meuterei kommen
Deine Schwächen zu akzeptieren kann dich stärker machen
Der Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt
Woran man erkennt, dass der Kipppunkt erreicht ist
Wie man erkennt, dass die eigene Mutter immer noch kontaminiert ist
Wie die Schwachpunkte erkennen
Wie mit frisch erlegtem Wild umgehen
Konfliktvermeidung löst keine Konflikte
Wie jemanden täuschen, indem man Interesse an ihm zeigt
Wie und warum Wasser sparen
Verschaff dir verlässliche Informationen, bevor es zu spät ist
Wie aus alltäglichen Haushaltsgegenständen Fluchtwerkzeuge und Waffen werden
Um zu überleben, musst du an einen Plan glauben, nicht an zwei
Wie eine Flucht planen
Führe die hinters Licht, die sich um dich kümmern
Vergewissere dich, dass du mit deinem Datum für die Apokalypse richtig liegst
Schiebe Unerfreuliches nicht auf die lange Bank, sondern erledige es zügig
Gründe, das Gelände nicht zu verlassen
Vermisstenprotokoll
M.I.A.
S.H.T.F.
Eine Waffe ist nur so klug wie der, der sie benutzt
Das Doppelagenten-Dasein macht einen gaga
Fünf Szenarien für den Fall, dass der Anführer nicht zurückkehrt
Anzeichen des bevorstehenden Zusammenbruchs
Falls das Stromnetz zusammenbricht
Notstromversorgung aktivieren
Musst du in aller Eile aufbrechen, halte dich an eine vorab festgelegte Handlungsabfolge
Man kann die guten Absichten anderer gegen sie verwenden
Es erscheint zweckmäßig, Erfahrung im Umgang mit den Waffen zu haben, die man auf der Flucht benutzen möchte
Wie man in der Wildnis überlebt
Sei vorbereitet
Wie mit nichts navigieren
Wie man die Symptome einer Unterkühlung erkennt
Nimm dich vor Mooren in Acht
Bevor du am Ende deiner Kraft bist, such dir einen Unterschlupf
Feuer und Nahrung sind lebenswichtig beim Übernachten im Freien. Stehen sie nicht zu Verfügung, nutze die eigene Körperwärme
Halte drei Meter Sicherheitsabstand zu potenziell kontaminierten Menschen
Was tun bei einem schwerwiegenden medizinischen Notfall
Worstcase-Szenario: Viele Mitglieder der Gruppe infizieren sich bei dem Bemühen, Leben zu retten
Safe-House-Dekontaminierungsvorschriften für den Notfall
Soforthilfemaßnahmen bei Verbrennungen
Wenn du nicht Teil des Notfallplans bist, steh den anderen nicht im Weg rum
Niemals Eis auf Verbrennungen legen
Infusionslösungen, noch mehr Infusionslösungen und Antibiotika
Weitere Anzeichen des bevorstehenden Zusammenbruchs
Unkontaminierte sollten menschliche Anteilnahme zeigen, solange dies möglich ist
Amputieren oder nicht amputieren
Wie die Symptome einer Nekrose bestätigen
Wie mit einer Armbrust schießen
Nach festen Plänen agierende Prepper können unflexibel sein
Wie entscheiden, wenn es um Leben oder Tod geht
Ob richtig oder falsch, steh zu deiner Entscheidung
Heim-OP für Anfänger
Was du für eine Amputation brauchst
Was man tun und was man lassen sollte
Haleys Liste mit den Dingen, die man bei einer Amputation tun und die man lassen sollte
Ex-Alkis müssen von chirurgischem Alkohol ferngehalten werden
Akzeptiere, dass du alles in deiner Macht Stehende getan hast
Heilung nach einem Verlust
Erlangt der Patient nicht innerhalb von zweiundvierzig Stunden das Bewusstsein …
Überlege, was du tust, wenn der Patient stirbt
Lies dem Koma-Patienten vor
Was tun, wenn man darauf wartet, dass die Natur eine Entscheidung trifft
Was zu tun ist, wenn der Patient aus dem Koma erwacht
Wie sich an die neue Invalidität gewöhnen
Wie Kindern beim Verständnis von Verlust helfen
Wenn du etwas tötest, musst du es auch essen
Lass dich nicht zu sehr auf Menschen ein, die sterben könnten
Wie in Dunkelheit leben
Die Nacht ist der neue Tag
Wie ein Gebäude verdunkeln
Rehabilitation
Herausforderungen und neue Ziele setzen
Das Problem mit der Rationierung
Unmittelbare Bedrohungen erkennen
Was zu tun ist, wenn die Infizierten kommen
Wie die Gefahrenzeichen erkennen
Wie jemanden bei einer Überdosis retten
Wie mit Schwäche und Versagen der Eltern zurechtkommen
Was tun, wenn du den Feind erblickst
Wie zusammen die Vergangenheit begraben
Planen übers reine Überleben hinaus
Wie deinem Feind gegenübertreten
Wie du nicht reagieren sollst, wenn du einem Röchler gegenüberstehst (2)
Wie Macht funktioniert
Wie von einem Zaun ein Signal bekommen
Wie Wut in Macht verwandeln
Wie lügen, um zu leben
Große Lügen töten, kleine Lügen retten Leben
Werde zum Hüter der letzten Dinge
Falls du das findest, downloade es bitte, dann nimm die Beine in die Hand
Danksagung
Informationen zum Buch
Überleben ist alles
Ich bin noch am Leben; wenn du das liest, heißt das also, dass du auch noch am Leben bist.
Das ist schon mal was.
Ich heiße Haley Cooper Crowe, ich bin im Lockdown an einem abgelegenen Ort, von dem ich nichts erzählen kann, weil sonst du und alle, mit denen du zu tun hast, mich und die, die ich liebe, und die, die ich nicht ganz so liebe, in Gefahr bringen könnten.
Als dieser ganze Scheiß anfing, war ich fünfzehn Jahre, sieben Monate, zwei Wochen und einen Tag alt, aber im ersten Jahr im Lockdown haben wir jeden Kontakt zur Außenwelt verloren. Und dann war plötzlich ein Tag weg, dann eine ganze Woche, dann überhaupt das Zeitgefühl, daher weiß ich jetzt nicht mehr genau, wie alt ich bin.
Moment … Wenn du das liest, könnte es auch sein, dass ich tot bin; es gibt ja kein Internet mehr, sagt jedenfalls Dad, du kannst das hier also nur lesen, weil du in unser Safe House eingebrochen bist und mein Fach im Bunker gefunden und dieses Notizbuch entdeckt hast.
Ich hoffe, mein Anblick war nicht zu krass, wenn du mich tot aufgefunden hast.
Ich hab mir geschworen, wenn ich hier lebend rauskomme, werde ich aufzeichnen, wie wir hier reingeraten sind, und ich werde meinen eigenen unöden Survival-Guide schreiben mit praktischen Tipps für unöde Leute und andere Teenager, die von durchgeknallten Prepper-Eltern entführt werden. Dads Survival-Handbuch ist so was wie eine How-to-Anleitung für den ganzen Mist, den er uns zugemutet hat, ich werde also auch davon das eine oder andere verwenden. Ich dachte mir, so ein Guide wäre ganz nützlich für den Fall, dass wir doch überleben und dann die nächste Pandemie überstehen müssen, und weil wir ja auch den zukünftigen Überlebenden was hinterlassen müssen, wie mein Dad sagt, damit sie die Zivilisation wiederaufbauen können.
Es ist schon faszinierend, dass meine popelige Lebensgeschichte so von Bedeutung ist, aber vielleicht sollte ich mich lieber darauf konzentrieren, lange genug am Leben zu bleiben, damit ich noch alles aufschreiben kann, statt so ein egoistischer Arsch zu sein.
Aber, um die Wahrheit zu sagen, in Phase fünf des Lockdowns wird es ziemlich gruselig, und wenn dann noch irgendwelche Witze gemacht werden, ist das nichts anderes als Galgenhumor. Ich schreibe jeden Tag, damit ich an was anderes denken kann und nicht bloß darauf warten muss, dass uns der Tod findet. Jedenfalls tun mir wirklich die Milliarden Leute leid, die wahrscheinlich verhungern oder sich zu Tode röcheln oder während der Unruhen bei lebendigem Leib verbrannt werden, und natürlich auch meine alten Mitschüler (außer Sharon Mackay), die man wegen einer Dose Erbsen brutal ermordet, aber jetzt sollte ich wirklich mal richtig mit meinem Survival-Guide anfangen.
»Röchler« ist unser Name für eine kontaminierte Person, und die sind ein sehr gefährliches Problem. Als Erstes, falls eine Mauer oder ein Zaun zwischen dir und dem Röchler ist, dann gerate nicht in Panik und vergiss nicht zu atmen. Luftanhalten kann dazu führen, dass du ohnmächtig wirst oder halluzinierst, was nicht unbedingt günstig ist, wenn du eine geladene Armbrust bei dir hast, die vielleicht sogar nach oben auf dein eigenes Gesicht gerichtet ist.
Bring die Waffe in eine sichere Position, nimm verflucht noch mal den Finger vom Abzug, zähl deine Atemzüge und konzentrier dich. So habe ich versucht, meine Panik unter Kontrolle zu bringen, als ich hinter dem ausgebrannten Pick-up, den wir für unsere Schießübungen benutzten, im Dreck kauerte. Ich war auf Grenzpatrouille, und der Röchler war direkt vor mir, genau wie wir bei unserem Lockdown-Training immer gewarnt wurden, er war direkt auf der anderen Seite des Zauns.
Ich zählte bis sechsunddreißig, dann dachte ich, Scheiße, was mach ich bloß – vor mich hin zittern und mich anpinkeln, oder noch mal einen Blick auf ihn werfen? Ich richtete mich also etwas auf und wollte das kontaminierte Arschloch ins Visier nehmen, aber das Zielfernrohr war von meinem eigenen blöden Atem beschlagen. Er war vielleicht zwanzig Meter entfernt, und er trug keine Maske, so viel zumindest stand fest. Mein Gott, dachte ich, jetzt ist es so weit: Jetzt plündern sie unsere Lebensmittelvorräte und schlachten die Männer ab und stecken Mutter und mich an und vielleicht sogar die verrückte Meg, dann vergewaltigen und töten sie uns. Das machen nämlich die infizierten Horden, die am Verhungern sind und an inneren Blutungen sterben. Jedenfalls sagt das Dad.
Auch Hyperventilieren kann dazu führen, dass deine Hand zittert, durch das Zielfernrohr wirst du dann einen Scheißdreck sehen und schon gar nicht auf irgendwas anlegen können.
Mein Fadenkreuz jedenfalls sprang vom Brustkorb des Röchlers runter zu seinen Füßen und rauf in den Himmel und dann auf irgendwas im Gras. Ich keuchte und war wütend und flüsterte: »Wag es ja nicht, den Zaun mit deinem beschissenen Atem zu kontaminieren!« In der Hand hatte er so was wie einen Drahtschneider oder eine Waffe, auf keinen Fall aber Handschuhe – er verteilte das Virus buchstäblich überall. »Bitte, um Gottes willen«, flüsterte ich, »dreh einfach um und hau ab, zwing mich nicht, dass ich meinen ersten Menschen erschieße.«
Noch ein Survival-Tipp: Wenn du dich verstecken musst, kann dein Walkie-Talkie dein schlimmster Feind sein.
Mein Walkie-Talkie gab ein Krächzen von sich, und der Röchler fuhr herum. Ich machte keinen Mucks, aber mein Brustkorb fühlte sich an, als hätte ich einen Schlag abbekommen. »Reiß dich zusammen, Haley Cooper Crowe«, sagte ich halblaut, »nutz dein verdammtes Fadenkreuz!« Ich blieb in Deckung, spürte aber, wie der Typ das Niemandsland nach mir absuchte.
Mir verschwamm alles vor den Augen, aus irgendeinem Grund musste ich aber an Danny und mich denken, wie wir uns aneinanderkuscheln und uns vor der untergehenden Welt verstecken und wie übel es ist, dass ich das genieße. Ich meine, wie total romantisch und bescheuert ist das denn?
Survival-Tipp: Steht man einem infizierten Individuum gegenüber, wäre es nicht schlecht, wenn man nicht vom Knutschen fantasiert, sondern sich überlegt, ob man schießen will, um ihn außer Gefecht zu setzen, oder ob man schießen will, um ihn umzubringen. Außerdem sollte man die Konsequenzen abschätzen, wenn man schießt und nicht trifft.
Meine Brust pochte im Panikmodus. Wenn ich schoss und den Röchler nicht traf, konnte er davonlaufen und mit seinem ausgehungerten Mob zurückkehren. Aber wenn ich mich aufrichtete und weglief, um Hilfe zu holen, würde er wissen, dass hier unser Safe House war, und er könnte mir in den Rücken schießen. Wenn ich mich aber nicht rührte und nichts tat, würde er sich einfach durch den Zaun schneiden und mich finden, ein vor Angst schlotterndes Häufchen Elend. Was würde ich tun, wenn er seine Waffe auf mich richtete? Zu ihm sagen: »Hey, Röchler, wie geht’s, wie steht’s so in der Pandemie? Lass uns Freunde sein.«
Schießen oder nicht schießen? Wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen, bin ich eine komplette Nullnummer, beim Treffen von Zielen bin ich auch nur ein bisschen besser. Entscheide dich, Haley, zum ersten Mal in deinem blöden Leben.
In meinem Kopf war Dads Stimme. »Kontaminierung und Hunger bringen gute Menschen dazu, böse Dinge zu tun. Du musst stärker werden, Haley. Wenn ich zuerst sterbe, musst du die anderen beschützen.«
Ich konnte mich nicht entscheiden, also ließ ich die Stimmen in meinem Kopf die Entscheidung treffen.
Dannys Stimme sagte: »Die würden es sich nicht zweimal überlegen, uns zu erschießen, die sind nichts anderes als wilde Tiere.«
Okay, ich musste den kontaminierten Arsch erschießen, um meine Familie zu schützen. Der Typ war doch sowieso schon so gut wie tot. Gott vergib mir, dabei glaub ich noch nicht mal an irgendeinen Gott, der diese Seuche über die Menschheit gebracht haben könnte.
Ich versuchte zu tun, was Danny mir beigebracht hatte. »Luft anhalten und Ziel anvisieren, Haley. Du hast nur einen Schuss, und wenn du nicht triffst, hast du keine Zeit, um nachzuladen, bevor sie zurückschießen.« Ich dachte an Dannys Arme, die er um mich gelegt hatte, damit ich die Waffe ruhig halte, an seinen Mund an meinem Ohr. »Ganz ruhig bleiben, konzentrier dich auf deinen Herzschlag, achte auf ihn, er gibt dir den Countdown vor zum Abfeuern. Zähl jetzt deine Atemzüge.«
Langsam legte ich den Finger um den Stecher. Dann zählte ich die Atemzüge, runter von zehn, neun, acht, wie Danny es mir beigebracht hatte. Sieben, sechs. Das Fadenkreuz lag nun auf der Brust des Röchlers. Fünf, vier. Ich schloss die Augen. »Sie oder wir«, hörte ich Danny flüstern. Drei, zwei. Ich dachte an Dannys Mund auf meinen Lippen, unsere einander umkreisenden Zungen. Warte, halt, erschieß den Typen nicht!, dachte ich. Aber in der Luft war ein Rauschen, von der Armbrust kam ein Rückschlag, ich musste den Abzug betätigt haben. Ich kniff die Augen zu und wartete in der Stille auf den dumpfen Aufprall meines Pfeils, der eine menschliche Brust durchbohrte.
Moment. Zurückgespult.
Das geschah nach etwa drei oder vier Monaten im Lockdown, und du hast null Ahnung, worum es hier geht oder wie wir überhaupt dorthin gekommen sind. Stimmt’s?
Fang noch mal von vorn an, Haley.
Vielleicht mit dem Tag, an dem alles begann.
Dem Tag, an dem Dad Plan A in Angriff nahm. Dem Tag, den er Tag eins nannte.
Willst du am Tag eins einer vermuteten Pandemie deiner Exfrau die eigenen Kinder entführen, benötigst du Folgendes:
1. Ein robustes Geländefahrzeug, voll aufgetankt, mit Extra-Kraftstoffkanistern.
2. Eine gut geplante und vorher getestete Route, auf der man sich schnellstmöglich aus dem Staub machen kann.
3. Eine ausgefeilte Lügengeschichte, um vom eigentlichen Vorhaben abzulenken.
4. Superpraktisch ist auch, die Entführung in die Nacht zu legen, in der die Kinder sowieso bei dir sind.
Das alles hatte sich mein Dad ausgedacht, der auch der Autor eines eigenen, recht bombastisch mit ÜBERLEBEN betitelten Survival-Guides zur Pandemie ist.
Alles begann um 05.03 Uhr, am Morgen des 12. Oktober. Ich hab’s mit Zahlen nicht so, aber Dad ist von ihnen besessen. Zum Beispiel: Du kannst drei Tage ohne Wasser und drei Wochen ohne Essen überleben. Oder: Auf Zweihundertdreiundzwanzig Billionen Dollar beläuft sich der Schuldenberg des Landes; den Streit um die Zahl der Menschen, die während der letzten Pandemie starben, spar ich mir jetzt. Oder: Die Ausbreitung des Virus verläuft exponentiell, was in einer globalisierten Wirtschaft »sich gegenseitig verstärkende Rückkoppelungsschleifen« erzeugt, was nichts anderes ist als ein »die gesamte Art bedrohendes Ereignis«.
Dad war mal Journalist und hat mir das alles beigebracht. »Einer Statistik ist nicht zu trauen«, sagte er, »genauso wenig den Leuten, die sie benutzen.« Das war das Problem. Keiner glaubte ihm oder hörte auf seine Warnungen – vor allem Mutter nicht –, und deshalb war er zu dem gezwungen, was er an diesem ersten Morgen um 05.03 Uhr in die Tat umsetzte.
Man könnte sagen, er köderte uns oder übte extremen psychischen Druck aus, aber er hielt uns keine Knarre unter die Nase – das kam später, bei Plan C. Aber es war definitiv gelogen, als er uns eine Überraschung versprach. Wir standen also auf, zogen uns an, gingen zur Tür hinaus und stiegen in seinen schäbigen alten SUV.
»Hey, Haley-Boo«, flüsterte er, als er mich wachrüttelte. Es war so seine Masche, uns zu ganz verrückten Zeiten aufzuwecken und dann ganz gefühlsduselig zu sein. »Beeil dich, ich hab eine wirklich coole Überraschung für euch«, sagte er. Das war, ihr wisst schon, nichts anderes als kitschiger Weihnachtsmann-Mist, wie man ihn kleinen Kindern wie Ben erzählt – der übrigens mein kleiner Bruder ist.
Also rappelten Ben und ich uns von Dads »Camping-Luftmatratze« hoch – die Mutter natürlich als unhygienisch verdammt hatte. Ben sprang schon wie ein affiger Hüpfball durch Dads beschissene Einzimmer-Mietwohnung, und ich versuchte schlaftrunken, mir die Bettdecke über den Intimbereich zu ziehen. Ich griff zu meinem Handy, weil es ja noch nicht mal hell war, aber Dad rief schon, »keine Nachrichten an deine Mutter! Auch kein Snapchat, zieh dich an. Schnell!«
Sechs Uhr wäre für Dad normal gewesen, fünf aber war ungewöhnlich. Ben war schon halb angezogen und rief: »Haley ist am Handy, Haley ist an ihrem Handy!« Dem heißgeliebten Fettsack gefiel es, mir eins auszuwischen, besonders dann, wenn es um meinen »asozialen Handykonsum« ging – das war das Einzige, worauf sich meine entschieden geschiedenen Eltern verständigen konnten, allerdings, typisch, nie von Angesicht zu Angesicht, sondern immer nur, wenn sie miteinander telefonierten.
Ich will erst gar nicht damit anfangen. Im Ernst, achtzig Prozent oder sechzig Prozent aller Kids an meiner Schule hatten geschiedene Eltern. Mit zehn hatte ich es aufgegeben, da noch was kitten zu wollen. Als ich elf war, hatte ich mir ALLE Gefühle verboten. Ich hatte es satt, ständig zu sagen, »wie satt ich es habe«. Ziemlich sicher hatte ihre Scheidung mich zu der unentschlossenen, entscheidungsunfähigen, charakterlosen, sarkastischen, passiv-aggressiven, asthmatischen, wehleidigen, übernachdenklichen, hamletmäßigen Loserin gemacht, die jeder im Lockdown hier kennt und mag.
Dad zerrte was aus dem Schrank, das aussah wie eine Kreuzung aus einem kleinen Motor und einem Computer, und rief: »Kinder, wir brechen auf! Jetzt sofort!«
Ben sah mich an, als wollte er sagen: Komm schon, Haley, wir müssen, um Dad eine Freude zu machen, so tun, als würden wir es super finden! Wir, ich und der Benster, hatten nämlich die geheime Übereinkunft, dass wir alles ganz toll fanden, was wir in den dreiundzwanzig Stunden unternahmen, die wir Dad in der Woche sahen, damit er sich nicht zurückgewiesen fühlte.
Wenn du deine Kinder entführst, brauchst du ein »Notfallkit« mit essenziellen Survival-Sachen. Es sollte Folgendes enthalten:
Wandersocken im Mehrfachpack, Schokoriegel, Pfefferspray, Antibiotika, ein Seil, einen Erste-Hilfe-Kasten, Wasserentkeimungstabletten, einen Kompass, einen Feuerstein oder andere Sachen zum Feuermachen und ein Jagdmesser, das man zur Jagd und vielleicht auch nicht zur Jagd verwenden kann.
Dad hatte drei von diesen »Notfallkits« – jeweils eines für Ben, eines für mich und eines für sich selbst –, aber das wussten wir noch nicht. Ebenfalls wussten wir nicht, dass sein alter SUV samt Dachgepäckträger mit fünf Plastikkisten beladen war, die achtzig Packungen Erbsen enthielten, eine Sundström-Schutzmaske, zwölf HEPA-Filter, drei N95-Atemschutzmasken, drei Rettungsdecken aus Mylarfolie, drei gefälschte Ausweise, eine Flasche Chloroform, drei Vier-Liter-Dieselkanister und eine illegale Waffe.
Nur um euch klarzumachen, wie vollkommen ahnungslos ich zu dieser schicksalhaften Stunde um fünf Uhr war: Als Dad uns aus der Tür scheuchte, war für mich das Wichtigste auf der Welt die Frage, welche Schuhe ich anziehen sollte.
Dad, müsst ihr wissen, hatte mir so Tomboy-mäßige Bergschuhe besorgt, und von Mutter hatte ich Girlie-mäßige Hi-Tops. Das Problem war: Welches Paar sollte ich mitnehmen, ohne dass einer meiner Elternteile das Gefühl hatte, ich würde den anderen vorziehen? Dad sollte uns später an dem Tag, wie immer, bei Mutter abliefern, wenn ich dort also mit den Schuhen aufkreuzte, die er gekauft hatte, wäre sie gekränkt. Seitdem ich ein Scheidungskind war, von Anfang an, standen Mutter und Dad im unausgesprochenen Wettbewerb, im Kampf um meine Zuneigung den jeweils anderen mit allem möglichen Konsumzeugs auszustechen.
»Was dauert denn so lange, Halester?«, brüllte Dad.
An dem Tag also, an dem Dad uns entführte, verhedderte ich mich in der epochalen Entscheidung zwischen Bergschuhen oder Frauenfashion. Mutter oder Dad? A oder B? Wen will ich heute zurückweisen? Kann ich nicht einfach beide Seiten glücklich machen? Das ist mein Grundproblem – ich kann keine Entscheidung treffen, niemals. Ich hasse es. Verdammt noch mal. Es ist so unfair.
Aber Dad hatte sich alles schon im Voraus überlegt und würde weder mir noch Ben irgendwelche Entscheidungen überlassen. Nada.
Dad packte Ben an der Hand, zog ihn zur Tür und rief: »Haley, wenn du jetzt nicht kommst, lass ich dich hier, dann kannst du verhungern.«
Verhungern? Wow! Ich griff mir die ersten Sneakers, die ich zu fassen bekam, und lief Dad und Ben hinterher, rein in seine verdreckte, zehn Jahre alte, familientaugliche Off-Road-Karre. Draußen war es noch dunkel. Ich schlüpfte in meine Schuhe und stöhnte über die Willkür, die meine nichtprimäre sorgeberechtigte Bezugsperson an den Tag legte.
Unerlässlich ist die Datenerhebung zum menschlichen Verhalten während einer Pandemie, damit man seine Flucht perfekt planen kann. Schließlich will man nicht die ersten Warnsignale falsch verstehen. Oder zu spät aufbrechen, wenn die Polizei die Stadt mit Straßensperren bereits komplett abgeriegelt hat. Verschwende keine Zeit, indem du deinen Kindern erklärst, was du machst. Halt dich an Plan A.
Es war gegen fünf Uhr zwanzig, im Licht der Straßenlaternen warf Dads 4x4 unheimliche Schatten auf die leeren Straßen, die immer schmaler wurden. Bäume ploppten wie Werbeclips auf zwischen den vorstädtischen Einfamilienhäusern. Alle Ampeln standen auf Grün, als wollten sie uns auf unserer geheimen Mission freie Bahn verschaffen. Wir kamen an einem Spielplatz vorbei, wo niemand auf den Kinderschaukeln und den Plastikflusspferden saß, überall nur unheimliche Stille. Ein Fuchs lief vor uns über die Straße und suchte Schutz in einer Hecke. Es war diese surreale Stunde, bevor die Leute aufstanden, wenn Tiere, die sich sonst immer versteckten, auf den Straßen herumstreiften und alles so aussah wie auf einem verlassenen Filmset.
Dad war an dem Morgen übernächtigt und aufgekratzter als sonst. Wir wussten es noch nicht, aber er hatte die ganze Nacht vor seinem Computer gesessen und die Ausbreitung von CHF-4 oder was auch immer verfolgt, jedenfalls das, was laut ihm später als Virus X bekannt wurde.
Wenn dem seinen Unterhaltspflichten nicht nachkommenden Versager Ed Crowe zu glauben ist, hatte er den Sonnenaufgang über China mitverfolgt, nachdem in Hongkong erste Fälle einer unerklärlichen Viruserkrankung gemeldet wurden, die deine Lunge in Püree verwandelt. Folgendes hatte er, wie er später sagte, herausgefunden:
1. 504 Leute waren bereits gestorben, die Inkubationszeit konnte bis zu einem Monat betragen.
2. In den vergangenen vier Wochen hatten sich 280 000 Menschen in der Stadt aufgehalten, die als das Zentrum der Infektion galt; die Touristen sind allesamt fröhlich in ihre Heimatländer zurückgeflogen.
3. Diese Informationen wurden mit großer Verzögerung herausgegeben, weil die Regierung hoffte, den viralen und wirtschaftlichen Meltdown zu verhindern, dem wir während der Covid-Pandemie fünf Jahre zuvor so nahe gekommen waren.
4. Den Politikern würde es natürlich wahnsinnig leidtun, weil sie es schon wieder getan hatten. Nur war es diesmal schlimmer, weil das Virus auch kleine Kinder tötete; außerdem tat es ihnen wirklich sehr, sehr leid, weil das Virus, ja, aus einem Labor entwichen war.
Hätte ich gewusst, dass Dad die ganze Nacht auf gewesen war, um diese schrecklichen Infos zusammenzutragen, hätte ich sein Verhalten Mutter melden müssen – dazu hatte ich die strikte Anweisung. »Haley, wenn du mitbekommst, dass dein Vater komische Sachen macht, die mit irgendwelchen Fake-News-Kanälen zu tun haben«, hatte sie mir Jahre zuvor eingetrichtert, »dann gib mir sofort Bescheid.« Aber Ben und ich hatten nun mal selig geschlummert.
Dad, wie er später behauptete, hatte mitverfolgt, wie sich die Hysterie online über Asien und Australien verbreitete, dann über Russland und Indien, wo die Menschen beim Aufwachen feststellten, dass auch bei ihnen welche röchelten und an ungeklärten Symptomen litten. Also versuchten sie die Grenzen dichtzumachen, um der Infektion vorzubeugen, bevor die Wirtschaft in Panik geriet und es zu den schon erwähnten sich gegenseitig verstärkenden Rückkoppelungsschleifen kam, die laut Dad zu einem Weltkrieg führen würden, weil es ja schon zu spät war, das Virus noch zu stoppen. So für den Anfang würden dann mal eine Milliarde Menschen sterben, und wir würden in eine mittelalterliche Pestzeit zurückgeworfen.
Hätte er uns das alles erzählt, wären wir wahrscheinlich nicht in seinen SUV gestiegen, geschweige denn drin sitzen geblieben.
Jedenfalls, von der letzten Pandemie wussten wir noch, dass sich Scheidung und geteiltes Sorgerecht nur schlecht mit einem Lockdown vertrugen, weil die Eltern entscheiden mussten, wer die Kinder behielt, und die Kinder ihren anderen Elternteil nicht mehr zu Gesicht bekamen, bis Entwarnung gegeben wurde. In neunzig Prozent der Fälle gewannen die geschiedenen Frauen diesen Streit. Mutter jedenfalls hatte ihn gewonnen, deswegen hatten wir, als das letzte Mal die Virus-Kacke am Dampfen war, Dad für ein volles halbes Jahr nicht gesehen.
Eigentlich, wenn man so darüber nachdenkt, konnte Dad von großem Glück reden, dass das Ende der Zivilisation mit den Oktober-Schulferien zusammenfiel, denn das hieß, dass wir zwei Tage bei ihm bleiben konnten, zwei Nächte hintereinander. Wäre es wie sonst nur eine Nacht gewesen und hätte das Ende der Zivilisation am falschen Tag eingesetzt, hätte er uns aus dem Haus unserer Mutter holen müssen. Das hätte sie zu verhindern versucht und ihm unterstellt, dass er an paranoiden Wahnvorstellungen litt, dann hätte er eine Waffe oder so was einsetzen müssen, und das wäre dann wohl ziemlich peinlich geworden.
Um keinen Verdacht zu erregen und deinen Kids bei der Entführung keine Angst einzujagen, solltest du sie dafür über mehrere Jahre hinweg mit seltsamen und heimlichen Abenteuern auf das Kommende vorbereiten.
Okay, vielleicht denkst du dir, dass sämtliche Alarmglocken schrillen sollten, wenn du morgens um halb sechs von einem Vater, der aussieht wie Kurt Cobain, wenn er bei den Marines gewesen wäre, mit Höchstgeschwindigkeit aus der Stadt gekarrt wirst. Aber bei uns schrillte nichts. Dad hatte Ben und mich seit Jahren präpariert, nur hatten wir nichts davon mitgekriegt.
Dad hatte uns immer zu kleinen Ausflügen mitgenommen, die er »Vaventeuer« nannte. Das Wort basierte auf einem süßen Aussprachefehler von Ben, als er drei war und von einem Va-va-vumm oder so plapperte. Vaventeuer versprachen gemeinhin etwas »Aufregendes«, das Dad in unser Programm schmuggelte, bevor er uns zu Mutter zurückbringen musste.
Zu den Vaventeuern der Vergangenheit gehörten:
1. Dad drehte in seiner Wohnung den Strom ab, und wir hatten um vier Uhr morgens ein »Blackout-Frühstück« mit Kerzen.
2. Ein Ausflug zum Kiesstrand, wo wir sogenannte »essbare Muscheln« sammelten.
3. Ein Ausflug zum nächsten verschneiten Berg, wo wir im Wald Äste abhackten und ein Biwak bauten – das alles vor dem Frühstück.
4. Einmal schleifte er uns zu einem kurz davor abgerissenen Hochhausblock, wo wir im Schutt nach Kupferdrähten suchen und uns am Warnschild BETRETEN VERBOTEN – LEBENSGEFAHR! vorbeischleichen mussten.
Ben fand das alles natürlich fantastisch, aber ich jammerte und maulte, gab es allerdings auf, Dad zu fragen, warum um Himmels willen wir das taten, weil er immer das Gleiche antwortete: »Ich weiß, jetzt stellst du dich an, aber eines Tages wirst du es mir danken!«
Dad bat uns, Mutter von diesen Vaventeuern nichts zu erzählen. »Die meisten Leute haben Angst vor der Wahrheit«, sagte er, »und eure Mutter hat eine besondere Aversion dagegen.« Natürlich sagte ich ihm, es wäre schon eine Form von psychologischem Missbrauch, wenn man seine Kinder bat, gegenüber ihrer primären sorgeberechtigten Bezugsperson Geheimnisse zu haben. Er tätschelte mir den Kopf, weil ich so »altklug« war, womit er mir allerdings nur sagte, sei nicht so eine Klugscheißerin, Haley. Fazit war jedenfalls, Mutter erfuhr nie von Dads heimlichen Vaventeuern, und hätte sie davon erfahren, hätte sie dem ganzen Quatsch während der »unbeaufsichtigten Aufenthalte bei eurem Vater« höchstwahrscheinlich juristisch einen Riegel vorgeschoben.
Sie hatten eine wirklich hässliche Scheidung. Ich meine, ich hab immer noch Flashbacks von ihren Schreiduellen. Aber es war ihm tatsächlich ziemlich gut gelungen, Mutters Vertrauen zurückzugewinnen, nachdem er sich jahrelang einer Therapie unterzogen hatte, zumindest dachten wir das.
So befanden wir uns jetzt auf einer total leeren Straße stadtauswärts. Wir wussten es nicht, aber Dad hatte seine »Stadtfluchtroute« mindestens zwanzig Mal getestet und jeweils gemessen, wie lang er für die gedachte Strecke brauchte – wie er allen Preppern in seinem Handbuch empfiehlt –, an dem Tag unserer Entführung konnte er also durch die Stadt rasen und musste nicht mit Sperren oder übermäßigem Panik-Verkehr oder der Polizei rechnen.
Irgendwann tauchte eine große Mall am Rand der Vorstadt auf. Wenn wir an so einem Ding vorbeifuhren, bekamen wir normalerweise seine Borderline-Tiraden zu hören. Klassiker wie: »Die breite Masse geht davon aus, dass die Regale immer voller Lebensmittel sind, dass Benzin in der Tankstelle und Geld auf der Bank ist. Die breite Masse liebt ihre Unfreiheit, dazu ist sie erzogen worden, sie hat keine Ahnung, wie schnell das Kartenhaus in sich zusammenkrachen kann.« Einmal brüllte er sogar zufällig vorbeikommenden Shoppern zu: »Wacht auf, ihr Schlafschafe!« Ja, ständig sagte er Ben und mir, wir sollen »aufwachen« und uns der Welt bewusst werden.
»Schlafschafe«, das sind, nur zur Info, Leute, die wie im Schlaf der Herde hinterhertrotten.
An dem Morgen aber war er gespenstisch still, und er sagte: »Schhh, das Radio!« In den Nachrichten war zu hören: »… Berichte von Todesopfern sind noch nicht bestätigt … Abbruch der diplomatischen Beziehungen aufgrund von Gerüchten, wonach vieles vertuscht wurde, während die Weltgesundheitsorganisation …« Dad stellte es leise, lächelte versonnen und summte zu einer Melodie, die nur er in seinem Kopf hörte.
In der Rückschau war das ein massives verräterisches Zeichen, aber wie immer schenkte ich dem weniger als null Beachtung, weil ich »kein kontextuelles Bewusstsein« hatte, wie es in Dads Survival-Handbuch bezeichnet wird.
Moment, du kennst meinen Dad eigentlich noch gar nicht.
Okay, Dad muss noch halbwegs normal gewesen sein, als er mit Mutter verheiratet war, aber seitdem er allein lebte, wurde er zu so einem verrückten Erfinder-Dad wie in Chitty Chitty Bang Bang. Sein SUV fuhr mit selbstgemachtem Diesel, der aus einem Teil Ammoniak und neun Teilen recyceltem Fritteusenfett und Urin oder so bestand. In seiner Küche standen riesige Industrie-Kaffeefilter, mit denen er Teigreste und Zwiebelringe herausfilterte. Denn sein »Diesel« kam von den Cafés, die wir spätabends abklapperten – nachdem sie geschlossen hatten. Das war kein Klauen, sagte uns Dad, sondern »kreatives Recyceln«. »Der Abfall des einen ist das Gold des anderen«, sagte er.
Einmal roch Mutter Fish and Chips an mir und Ben und beschuldigte Dad, dass er uns Junkfood zu essen gab, und ich musste Ben das Versprechen abnehmen, dass er Mutter niemals die Wahrheit erzählte, sonst würde sie Dads illegale Herstellung potenziell explosiver Stoffe als Anlass nehmen, um ein Kontaktverbot gegen ihn zu erwirken. Ich erklärte Ben, dass es nicht unbedingt eine Lüge war, weil man die Menschen, die man liebt, manchmal vor der Wahrheit schützen muss. Was wir im Grunde alle mit Ben machten, 24/7.
Dad hatte es geschafft, dass wir seine Absonderlichkeiten für völlig normal hielten, denn als ich an dem Morgen, an dem wir aus der Zivilisation rasten, zum Beispiel mit dem Fuß gegen die zerlegte Armbrust unter Bens Autositz stieß, sagte ich bloß: »Yup, Dad wie er leibt und lebt!«
Ich sah auf den Tacho, wir waren fünf Meilen über der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit, alles ganz normal. Wir passierten die Sechzigerjahre-Wohnsiedlungen mit ihren zugenagelten Fenstern und die anderen leerstehenden Gebäude in den Vororten, zu denen Dad uns gebracht hatte, wenn er uns seine Lebensphilosophie nahebringen wollte. Wir fuhren einfach dran vorbei und beschleunigten in Richtung Dads Entführungsplan A. Später war er gezwungen, zu Plan B und Plan C und sogar zu Plan G überzugehen, aber an diesem Kreuzungs- oder Zeitpunkt oder wie auch immer hatten wir keine Ahnung, dass es so was überhaupt gab.
Deinen Entführungsopfern das Handy wegzunehmen ist von entscheidender Bedeutung, weil eine einfache Textnachricht deinen gesamten Plan zunichtemachen kann. Teenager und Twentysomethings trennen sich selten für mehr als ein paar Minuten von ihren Handys, also brauchst du eine gut durchdachte Strategie, um dir ihre Telekommunikationsgeräte zu krallen.
Ben fragte Dad, wo das fabelhafte Vaventeuer stattfinden würde, und ich erinnerte Dad daran, dass wir um zwölf wieder bei Mutter sein müssten, weil ich noch eine Verabredung mit Shanna hatte, die meine neue beste Freundin war.
Mit Beth, Stace, Lana, Scoobs und Eva hatte ich mich nämlich verkracht wegen ihres Gruppen-Chats, bei dem ich außen vor war, weil sie mich wegen meines Asthmas oder irgendeines anderen Scheiß für schräg hielten. Also musste ich mit Shanna in die Mall für den Schlussverkauf. Aber das war nur ein Vorwand, in Wahrheit wollten wir Jason im Vodafone-Laden hinterherspionieren – der hatte mich vor kurzem abserviert und behauptet, er wäre schwul, aber nach wie vor machte mich keiner so an wie er.
Das waren so meine Pläne für den Tag.
Ich wartete auf den richtigen Augenblick, um mein Handy rauszuholen, und hörte mit einem Ohr, wie im Radio gesagt wurde, dass jemand, der von irgendwas der Chef war, plötzlich erkrankt sei. Auf meinem Handydisplay kam die Warnung, dass ich nur noch sieben Prozent Saft hatte.
»Verdammt, Dad, du Blödmann!«, schrie ich. »Du hast letzten Abend versprochen, es mir aufzuladen.«
»Sorry, Hale-Bopp. Aber, hey, wer braucht denn ein Handy, wenn du mit richtigen Humanoiden reden kannst! Probier’s doch mal.« Manchmal nannte mich Dad Hale-Bopp nach irgendeinem albernen Kometen, der alle siebzig Jahre vorbeikommt. Was irgendwie nicht ohne Ironie war, denn wir sahen Dad ja auch nur einmal in der Woche.
Wie auch immer, Dad hatte also über Nacht die Akkus unserer Handys absichtlich leerlaufen lassen und sie dann mit ein paar Prozent geladen, um seine List zu kaschieren.
Ich murmelte, dass er genauso schlimm sei wie Mutter, und wühlte im Handschuhfach nach seinem Ladegerät. Komisch war nur, dass darin eine nagelneue Packung mit meinen Asthmasprays lag, aber auch dem schenkte ich null Beachtung, weil ich nur daran dachte, wieder online zu gehen. »Wo ist das Kabel für das Ladedings im Zigarettenanzünder, Dad?«, stöhnte ich. »Es ist nicht da! Warum kannst du nicht eine richtige Ladebuchse haben wie jeder andere auch!«
Er streckte mir die Hand hin. »Gib es mir.«
Ich weigerte mich.
»Okay, wenn du es mir gibst, verspreche ich dir, dass ich es auflade«, sagte er. »Aber probieren wir doch mal einfach aus, wie lange du ohne das Ding auskommst. Eine Übung zur Charakterbildung, was, Haley? Ich wette, du hältst keine halbe Stunde durch. Beweis mir das Gegenteil.«
Also gab ich ihm seufzend mein Handy. »Du lädst es wirklich auf?«
»Klar, sobald wir an unserem Zielpunkt sind«, antwortete er mit einem Grinsen. Er schaltete das Handy aus und legte es aufs Armaturenbrett, wo ich nicht hinkam.
»Das ist widerlich«, sagte ich. »Verabscheuungswürdig, abscheulich, ruchlos.«
Dad gab Gas und ging ganze fünf Minuten nicht auf mein Gejammere ein, also sagte ich: »Ähm, gondeln wir bloß endlos durch die Gegend und drehen wir dann um und fahren zu Mutter? Weil, sorry, das hier hat nicht viel von einem Vaventeuer. Außerdem sollten wir auf die Zeit achten, denn ich muss wirklich um zwölf zurück sein, weil ich mit Shanna verabredet bin.«
Ich dachte daran, Mutter mal lieber eine Nachricht zu texten und sie zu warnen, dass hier irgendwas nicht ganz nach Plan lief. Ich bat Dad wieder ums Handy, aber er sagte: »Haley, du rufst jetzt deine Mutter nicht an, dafür ist es viel zu früh, außerdem ist dein Handy sowieso tot. Ich hab dir gesagt, ich lad es auf, wenn wir da sind. Kannst du mir nicht einmal vertrauen?«
Wir kamen an einer Tankstelle vorbei. Sie war leer. Ich erinnerte mich, während der letzten Pandemie hatte Dad eine Schlange von zehn Autos vor den Zapfsäulen gesehen und gesagt: »Siehst du das, in drei Stunden zahlen sie hundert für die Galone. Und die Schlange ist dann eine Meile lang. Wird die Ringstraße gesperrt, sitzen sie alle in der Falle. Dann kommt keiner mehr rein oder raus. Der größte Stau der Geschichte, der letzte.«
Natürlich lag er falsch, aber wegen solcher Dinge nannte Mutter Dad einen »zwanghaften Paranoiker«. Dazu kamen andere Persönlichkeitsstörungen, aber er hatte scheißviel Therapien hinter sich und hatte Mutter überzeugen können, dass er jetzt mehr oder minder in Ordnung war.
Nach der Tankstelle verließen wir offiziell die Grafschaft. Aber noch immer argwöhnte ich nichts – mit seinen vielen Vaventeuern hatte Dad uns im Lauf der Jahre dazu gebracht, dass wir uns nichts dabei dachten, wenn er vom Kurs abwich.
Außerdem hatte er geheim halten können, dass er sich in den vergangenen fünf Jahren, seit der letzten Pandemie, auf diesen Tag vorbereitet hatte. Sein Motto, wie wir später herausfanden, lautete: »Lieber ein Jahr zu früh dran als einen Tag zu spät.« Vielleicht war es auch »eine Stunde«. In den Jahren, in denen wir Dad kaum sahen, war er tatsächlich ziemlich beschäftigt gewesen, und das ganze Geld, das er Mutter nicht für die Unterhaltsleistungen gab … na ja, das floss in was Größeres.
Vage Versprechungen auf eine Belohnung verschaffen dir mehr Zeit, sie dienen zur Motivierung von raffgierigen Teenagern und Kids und schaffen Verwirrung.
Wir passierten ein Schild, auf dem NORDEN stand, Dad beschleunigte weit über die zulässige Höchstgeschwindigkeit hinaus, und ich beschloss, dass es jetzt reichte. »Wahnsinnig amüsant, Dad, aber ich bin zu alt dafür. Um ganz ehrlich zu sein, es wäre mir lieber, wenn du uns zu Mutter zurückbringen könntest. Jetzt und auf der Stelle, okay? Vielen Dank auch, gracias, merci beaucoup.«
Er zog die Augenbraue hoch und blinzelte in den Rückspiegel, um nach Ben zu sehen, der hinten, ganz niedlicher Bruder, vor sich hin döste, das kleine runde Gesicht gegen die Scheibe gequetscht. Ich sagte, Ben ist mein kleiner Bruder – er war im Monat, bevor das anfing, gerade sechs geworden –, aber wegen seiner Essstörung bringt er so viel auf die Waage wie ein Neunjähriger. Mutter schrieb Bens unfassliches Essverhalten der Scheidung zu, und Dad schrieb es Mutters untragbarem konsumgeprägten Lebensstil zu. Klassischer Scheidungsscheiß.
Jedenfalls, als wir immer weiter auf das von Schafen bevölkerte Land hinausfuhren, stellte ich die Frage, die mir während der letzten Meilen durch den Kopf gegangen war.
»Dad«, sagte ich, »du würdest nicht zufällig, du weißt schon, uns entführen, oder?« Ich brachte es als Witz rüber, um ihn nicht zu verärgern. »Ich will es nur wissen, weil ich sonst wahrscheinlich mit ein paar Leuten telefonieren müsste.«
Er lachte. Aber es war kein böswilliges Gelächter, sondern klang eher so, als wäre er in Gedanken ganz woanders gewesen und hätte sich jetzt erst wieder dazugeschaltet. Erneut sah er zum schlafenden Benster und sagte gedämpft: »Haley, kannst du ein Geheimnis für dich behalten?«
Ich dachte, O Scheiße, er entführt uns wirklich!
Aber damit leitete er bloß seine Fake-Geschichte ein. Merke: Eine wirksame Fake-Geschichte sollte immer ein wahres Element beinhalten, damit sie nicht völlig unglaubwürdig klingt.
»Was, wenn ich dir sage, dass ich vor kurzem eine Menge Geld gemacht habe, Haley?«
Das war ziemlich unwahrscheinlich. Dad hatte nie Kohle, außerdem wusste ich, dass er schon vor einiger Zeit aufgehört hatte, Unterhalt zu zahlen, Mutter war darüber offiziell »besorgt« und spielte auf seine »psychischen Probleme« und die Notwendigkeit an, dass er mal »in die Gänge kommen und sich einen richtigen Job suchen sollte«.
»Gut, von wie viel Geld reden wir?«, fragte ich, weil ich annahm, dass es sich um einen mickrigen Hunderter oder so handelte.
Dann sagte er: »Nun, ich hab endlich eine Erfindung verkauft.«
Und ich: »Was? Du meinst deinen fahrradbetriebenen Fernseher?« Dad, der alte Blödmann, hatte tatsächlich so was gebaut, allerdings hatte er uns gebeten, nichts davon Mutter zu erzählen.
Er schüttelte den Kopf. »Rate noch mal, Hale Storm!«
Ich starrte also zu den Kühen, die nur so an uns vorbeiflogen, und sagte: »Was? Den aufziehbaren Föhn?« Und er lachte, aber leise, um Ben nicht zu wecken, und sagte: »Nein, eine, die wirklich funktioniert.« Und ich: »Okay, dann sag’s mir doch verdammt noch mal!« Und er: »Nein, rate noch mal.« Also sagte ich: »Den wasserbetriebenen Ventilator.«
»Nein.«
Ich musste kichern, es kam mir wie ein Ratespiel für Kinder vor. »Okay! Dieses Blechhandschuhdings mit den Schraubenzieherfingern! Die Zeitungssandalen? Der solarbetriebene Kühlschrank?«
»Nein, nein, nein.«
Also, wenn ich sage, Dad hat diese komischen Sachen »erfunden«, dann meine ich, dass die meisten davon mehr schlecht als recht durch Klebeband zusammengehalten wurden und kaum die umfassende Lösung der Probleme darstellten, die das moderne Leben so mit sich bringt. Ich starrte auf die Straße und dachte an dieses umfangreiche Vermächtnis des Scheiterns, während er konstant siebzig Meilen fuhr und der Wagen klapperte und uns nur wenige Autos entgegenkamen, aber keiner wie wir nach Norden unterwegs war.
Ich wurde richtig melancholisch, wenn ich daran dachte, was für ein stets hoffnungsvoller Narr mein Dad war und dass Mutter vielleicht doch recht hatte, wenn sie ihn als Loser und Schnorrer bezeichnete. Bei solchen Erkenntnissen fühlt sich ein Mädchen schon ein wenig einsam im Leben.
Also sagte ich: »Okay, Dad, ich geb auf, du hast gewonnen!«
Nach einer kurzen Pause wurde er ganz ernst und sagte: »Okay, wir fahren nach Norden, um die Leute zu besuchen, die meine neue Erfindung gekauft haben. Das ist meine Überraschung. Sie wohnen von hier noch an die hundert Meilen entfernt, ich muss noch ein paar letzte Anpassungen vornehmen, und wenn alles klappt, werden sie mich heute bezahlen.«
Wer’s glaubt, dachte ich.
Aber dann sagte er: »Und dann zahl ich deiner Mum den ganzen noch ausstehenden Unterhalt und noch was obendrauf. Wer weiß, vielleicht lässt sie mich euch dann auch öfter sehen.«
Es war zum Wahnsinnigwerden. Dad würde einfach nie kapieren, dass er Mutter das seit neun Monaten überfällige Geld plus eine Million zahlen konnte, und sie würde immer noch was finden, um unseren Aufenthalt bei ihm zu begrenzen. Also sagte ich: »Klar, Dad, das wäre cool. Ich meine, wenn wir uns häufiger sehen würden.«
Aber dann überkam mich die Neugier, weil ich eben seicht und materialistisch bin, wie Mutter immer sagt, also fragte ich: »Wie viel zahlen dir denn diese Leute auf dem Land für deine Ver-ver-vervindung?«
»Na, die ist zwanzig Riesen wert«, sagte er, »und zehn Freunde von denen sind ebenfalls an einem Kauf interessiert. Das wären dann …«
Mir blieb jedes Wort im Hals stecken, denn ich hatte es bereits überschlagen. »Eine Viertel Million!«, brachte ich schließlich heraus. »Wirklich?«
Es gibt einen guten Trick, den Psychologen das »Karotten-Prinzip« nennen, dabei geht es darum, einem Esel zur Motivation in Sichtweite, aber unerreichbar eine Karotte vors Maul zu halten. Bei Teenagern funktioniert das genauso.
Dad könnte reich sein, das war alles, was mir durch den Kopf ging, Dad könnte reich sein! Es verschlug mir echt die Sprache. Dann meinte er, er könnte auch mir was von der Kohle abgeben und mir vielleicht sogar ein neues Handy kaufen, mir, die ich so erbärmlich süchtig nach meinem Handy war (wie alle in meiner Generation, wie er sagte).
Und ich, die ich sofort darauf ansprang, wenn auch nur die leiseste Möglichkeit bei einem der beiden konkurrierenden Eltern bestand, rief: »Super, Dad. Könntest du mir dann ein Samsung G80 X-Phone Extra-Lite mit zwei Terabyte und dreifach optischem Zoom und vier Gigabyte RAM kaufen?«
Dad lachte, schüttelte den Kopf und bog auf eine schmalere Straße ab.
Also schnurrte ich so gut ich konnte, »bitte, bitte, bitte, Dad, wenn ich ein X-Phone habe, könnte ich dir richtig lange Videos schicken, und ich hätte vernünftiges Video-Streaming für unsere Chats und könnte die App kaufen, damit Mutter mein Handy tracken könnte und mir nicht mehr ständig auf die Nerven gehen muss, wo ich immer bin, und ich könnte dann auch die U-Bahn oder den Bus nehmen, wenn ich zu dir fahre, und müsste sie nicht immer um ein Uber anbetteln, wenn wir nach Hause fahren, was sie sowieso immer ablehnt. Bitte, das X-Phone ist im Moment im Angebot und kostet nur dreihundertfünfzig, und ich will es auch gar nicht, weil meine Freunde alle eins haben, es ist einfach nur das neueste und coolste, und wenn ich eins kriege, verspreche ich dir auch, dass ich weniger Zeit mit Snapchat verbringe.«
Er lachte noch immer und schüttelte den Kopf. Dann streckte er mir die Hand hin und sagte: »Abgemacht.« Wir schlugen ein.
»Du kaufst mir ein X-Phone G80? Echt jetzt?«
Er nickte. »Du verhandelst ziemlich hart.«
Dad musste es mir gar nicht kaufen, schon die Drohung, dass er es mir kaufen könnte, reichte aus, um bei Mutter den kompetitiven Kaufreflex zu aktivieren. Es war ja nicht so, dass man mit Geld Liebe kaufen kann, aber wenn es keine Liebe gibt, sind neue Technologien ein ziemlich guter Ersatz dafür. Im Grunde wäre das jetzt ein passender Zeitpunkt, um darüber zu reden, dass die schrecklichen Dinge, die Ben und mir und Mutter zustoßen sollten, nie passiert wären, wenn ich Mutter nicht aufgrund eines halbseidenen Versprechens auf ein neues Handy verraten hätte.
Aber dann sagte Dad: »Aber lass uns erst mal dorthin fahren und sichergehen, dass meine Erfindung auch funktioniert, bevor wir uns irgendwelche Hoffnungen machen. Okay?«
»Abgemacht, Dad!«
Und aus irgendeinem Grund sagte ich dann, als ich hinaussah zu den romantischen Wolken und Bergen, etwas richtig Abgedroschenes: »Ich bin wirklich stolz auf dich.« Er nahm meine Hand und drückte sie, und mir wurde ganz anders, weil seine starke, runzlige Altmännerhand auf meiner lag, und er sagte, »ich bin auch stolz auf dich, Haley-Boo.« Was einfach zu abgedroschen war, aber, scheiße noch mal, er war mein Dad, und es war schon okay, dass ich einen Kloß im Hals hatte.
Wir rissen die Meilen runter, durch seinen miesen Trick war es meinem betrügerischen Dad gelungen, dass ich die Fahrt wirklich genoss und mich auf die Ankunft bei den Hillbillys freute. Ich sagte ihm sogar, es wäre cool, wenn wir bei Mutter ein wenig später eintrafen, ich dachte mir nämlich, das wird ihr eine Lehre sein, nachdem sie mir letzten Monat den Handygebrauch eingeschränkt hatte, weil ich Jason ein Bild von meinen Brüsten geschickt hatte, um zu testen, ob er wirklich schwul war. Um ehrlich zu sein, Dad bot Mutter nie die Stirn, wenn er sich also einmal nur gegen ihren Terminplan stellte, würde das beweisen, dass er doch ein bisschen Mumm hatte. Und vielleicht kam es dann ja zu einem neuen Sorgerechtsstreit, bei dem er bessere Bedingungen aushandeln könnte, und das würde zeigen, dass wir ihm wirklich wichtig waren.
Keine Sekunde lang kam mir der Gedanke, dass alles, was Dad an diesem Morgen sagte, gelogen sein könnte, und dass das von ihm versprochene neue Handy in der zukünftigen Welt, von der er glaubte, dass sie bald über uns hereinbrechen würde, nie funktionieren würde. Denn in drei oder vier Wochen, so sah er es vor sich, würden Handys auf der Straße herumliegen, neben Tränengaskartuschen, abgefeuerten Plastikgeschossen, Kreditkarten, Sauerstoffmasken und den Toten. Aber das sagte er mir nicht. Nicht, solange wir nicht zwei weitere Stunden und eine Mauer und einen Stacheldraht zwischen uns und Mutter gebracht hatten.
Für den Fall, dass Dads Entführungsplan A nicht funktioniert, hatte er Backup-Pläne von B bis G. Dad hatte tatsächlich folgende Optionen für Ben und mich in Betracht gezogen:
1. Setz deine Entführungsopfer unter Drogen, damit sie für die Dauer der Entführung schlafen.
2. Fessle sie. Vergiss nicht, sie zu knebeln, damit ihr Schreien und Flehen dich nicht vom Fahren ablenken.
3. Erzwinge das Wohlverhalten deiner Entführungsopfer durch eine Handfeuerwaffe oder eine andere tödliche Waffe, die auf nächste Entfernung, z.B. in einem fahrenden Auto, eingesetzt werden kann.
4. Jede mögliche Kombination aus 1, 2 & 3. Plus Strategie X.
Dad fuhr uns über noch holprigere, kurvenreiche Straßen. Wir waren jetzt seit mehr als zwei Stunden im Auto, und Ben und ich langweilten uns zu Tode. Dad hatte mal gesagt, junge Leute – das war das Problem mit ihnen – würden fälschlicherweise annehmen, dass Langeweile etwas wäre, was sie von anderen bekämen. Wie ein Virus.
Wir rasten durch visuell perfekte Landschaften, die Hunderte von Likes bekommen hätten. Wir sahen einen in der Luft stehenden Falken und bestimmt eine Million Schafe. Und Ben murmelte ein quasi-buddhistisches Mantra: »Sind wir bald da?« »Können wir zurück zu Mum?« »Wie spät ist es?« »Sind wir da?«
Dad wandte sich an mich. »Sorry, Kids. Dauert nicht mehr lange.«
Dann waren wir auf einem einspurigen Feldweg, der auf keiner Karte mehr eingezeichnet war, und Dad fuhr so schnell, als würde er den Weg supergut kennen, was komisch war, schließlich waren wir hier zweihundert Meilen von zu Hause entfernt. Ich fing schon mit diesem Mutter-Ding an, dass ich eine Beschwerdeliste über ihn erstellte. Zum Beispiel:
Dads Allradfahrzeug krachte in ein Schlagloch, so dass ich mir die Nase an der Seitenscheibe anschlug – das war eindeutig seine Schuld.
Ben schnarchte hinten, weil fettleibige Kids mit ADHS das so machen – auch das war seine Schuld.
Im Auto war es arschkalt, weil die Heizung nicht funktionierte – Dads Schuld.
Es stank nach Bratfett, genau wie wir – Dads Schuld.
Er fuhr gefährlich schnell auf einem unbefestigten Weg, und wenn wir einen Unfall bauten – Dads Schuld.
Zunächst gab es noch Cottages und Farmen, dann nur noch die Gehöfte, die schon vor einer Million Jahren aufgegeben worden waren. Die Berge ragten dunkel über uns auf. Bergen hatte ich noch nie getraut – sie sind wie Bildschirmschoner, die einen umbringen. Ebenfalls Dads Schuld.
Wir würden viel zu spät zu Mutter kommen, ich wollte das erneut ansprechen, als Dad plötzlich sagte: »Es ist schon gut, dass eure Mum auch mal ein bisschen Zeit für sich selbst hat.«
Und ich: »Boah! Was zum Teufel soll das dann heißen?«
»Na ja, vielleicht braucht eure Mum hin und wieder etwas Erwachsenenzeit. Ich bin froh, dass sie sich einen anderen gesucht hat.«
Das war jetzt echt schräg. Denn einen anderen suchen konnte nur heißen, dass sie mit einem anderen Erwachsenen vögelte, und allein der bloße Gedanke, dass die im mittleren Management tätige, aufs Mikromanagement fixierte Mutter überhaupt nach einem anderen Mann Ausschau hielt, ganz zu schweigen von der schrecklichen Vorstellung, sie würde Make-up tragen oder flirten, in ein Pub zu einem richtigen Date ausgehen oder sogar einen anderen Mann anfassen oder auf seiner Polestange herumturnen … Wie auch immer, mir wurde übel, und ich sagte: »Was verdammt noch mal soll das heißen, Dad? Raus mit der Sprache, willst du sagen, dass Mutter …« – ich beugte mich zu ihm hin und flüsterte, damit Ben nicht aufwachte – »soll das heißen, dass sie jemanden datet?«
»Oh«, sagte er, »weißt du das nicht? Das tut mir leid.«
Oh mein Gott, echt. »Was?«, rief ich. »Willst du sagen, Mutter vögelt, äh, einen Mann? Ich will ja nicht sagen, dass sie bisexuell ist, aber … um Gottes willen, Dad!«
»Na ja«, sagte er und erinnerte mich daran, Ben nicht zu wecken, »ich kann nicht sagen, wer genau es ist, ich weiß auch nicht, ob sie auf …« Er hielt inne. »Was meinst du denn, was sie an den Samstagabenden macht, an denen ihr bei mir seid? Komm schon, Haley, du bist jetzt erwachsen.«
»Mir kommt echt die Kotze hoch«, sagte ich. Das war wirklich so. Zumindest ein bisschen.
»Aber erzähl deinem Bruder nichts davon«, sagte er. »Jedenfalls freu ich mich für sie. Findest du nicht auch, dass es gut ist, wenn deine Mum wieder etwas Spaß hat?«
Mein Gott. Berge zogen an meinem wütenden Blick vorbei, und vor mir sah ich Bilder, wie unsere liebe Mutter am Wein nippt und lächelt, während der andere ihr den Oberschenkel streichelt, und ich brachte nur noch mein Gott, mein Gott zustande. Vielleicht sagte ich sogar: »Was, in eurem Bett vielleicht?« Damit meinte ich das sehr große Ehebett, das Mutter nach der Scheidung nie losgeworden war. Und vielleicht hielt ich insgeheim an der kindischen Fantasie fest, dass sich Mutter und Dad eines Tages wieder ineinander verknallen würden. Aber der Gedanke, dass irgendein anderer Mann, ein Fremder, in diesem Bett liegt, das sie sich mit Dad geteilt hat – obwohl sie Dad noch nicht mal mehr ins Haus lässt –, und dieser Fremde vielleicht sogar nackt ist und voll einen Ständer hat und er, wenn er das Bild von mir und Ben im Schlafzimmer sieht, »deine Kinder sind so süß« sagt, während Mutter seine dunkelrosa Polestange bearbeitet. Da kam mir buchstäblich die Kotze hoch, weil das nicht nur ein Verrat an Dad war, sondern auch eine Missachtung von mir und Ben und ein Verstoß gegen unseren Safe Space und alles.
Natürlich war das sehr clever in Dads PLAN A, Hinweise darauf finden sich in seinem Buch unter »Verzögerungs- und Verwirrungsstrategien«.
Es gab keinen Freund, keine Dates. Höchstwahrscheinlich hatte Mutter die Abende damit verbracht, ihren Jahresplaner und die Kalorienzähler-App für Bens Ernährung upzudaten und das Netz nach noch neueren glutenfreien Lösungen für die Probleme der Midlife-Einsamkeit abzusuchen.
Aber ich war stinksauer und in seinem Lügengespinst gefangen, also sagte ich zu Dad: »Gut, scheiß auf Mutter. Na ja, nicht buchstäblich, aber scheiß drauf, ich will heute nicht nach Hause.«
Und damit hatte sich Dad weitere hundert Meilen und meine totale Bereitschaft erkauft, sich so weit wie möglich von meiner verräterischen primären Sorgeberechtigten zu entfernen.
Aber wie gesagt, was sich wirklich zu Hause abspielte – das fand ich später heraus –, war, dass Mutter Panik schob, als die Zeit für unsere Übergabe näher rückte und verstrich. Sie schickte mir und Ben Dutzende von Nachrichten, und nachdem sie uns und Dad zehnmal angerufen und niemanden erreicht hatte, war sie außer sich und machte sich auf den Weg zu einem Fake-Zielort, zu dem Dad sie geschickt hatte.
Ihr seht, unter PLAN A, Abschnitt fünf, hatte der durchtriebene Dad Mutter eine clever getimte, automatisch versandte Textnachricht mit dem Wortlaut geschickt: Tut mir leid, übler Verkehr, wird später. Treffen wir uns um 13.00 bei Nando’s in der Shopping-Mall.
Mutter war am Ausrasten, weil es Dad nicht erlaubt war, ihren Zeitplan über den Haufen zu werfen. Sie stieg tatsächlich in ihren Wagen, sofort, zweihundert Meilen entfernt, rief höchstwahrscheinlich ihre allerliebste Busenfreundin Tami an, bei der sie sich regelmäßig ausheulte: »Wie kann er es wagen, sich nicht an meinen Zeitplan zu halten?« Und die sie fragte: »Hat Debra heute Morgen irgendwelche Nachrichten von Haley bekommen?« Oder sie stellte andere tobsüchtige Fragen an die übrigen in ihrer Midlife-Crisis-Single-Mum-Freundesgruppen-Panik-Telefonanruf-Schaltung.
Aber wie gesagt, an mir ging das alles völlig vorbei, zu diesem Zeitpunkt hasste ich sie sogar. Ich sah hinaus zu den Bäumen, die vorbeiwischten, und wieder zu Dad, der eine bergige Meile nach der anderen runterspulte, und musste heftig schlucken, als ich mir dachte, was ist er doch für ein großartiger Mensch, wie hatte Mutter ihn jemals rauswerfen können?
Und Dad hatte für mich eine weitere Lüge auf Lager. Er sagte: »Ich hab deiner Mum eine Nachricht geschickt und ihr gesagt, dass ich euch bis fünf zu ihr zurückbringe. Sie hat nichts dagegen. Also entspann dich.«
Dann kam der Wagen ins Rutschen, die Räder sprühten Schlammspritzer auf die Seitenscheiben, und seine Knöchel waren weiß, so fest umklammerte er das Lenkrad. »Festhalten, Kids!«, rief er und steuerte uns frontal in einen richtigen Fluss. Ich krachte mit dem Kopf gegen das Dach, Ben wachte auf und lachte. »Wow, Dad, voll die Mondlandung! Noch mal!« Dampf stieg von der Motorhaube auf, während sich die Karre in ein Boot verwandelte.
»Du fette Missgeburt!«, brüllte ich Ben an. »Denkst du echt, das ist ein Spaß? Hast du irgendeine Vorstellung, was überhaupt los ist auf der Welt?« Ich zuckte zurück, als links und rechts von uns Wasser aufspritzte. Ich hatte wirklich Schiss, wir könnten ertrinken.
Ben schniefte. »Dad, Haley hat gesagt, ich bin fett.«
»Entschuldige dich bei deinem Bruder.«
Murmelnd brachte ich eine Entschuldigung zustande, ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich zu weit gegangen war, denn laut meiner Online-Diagnose litt Ben an Bulimia nervosa, nur ohne Kotzen.
Erneut krachte ich mit dem Kopf gegen die Decke, als der Wagen aufs andere Ufer traf.
»Autsch, das tut weh.«
»Wuuuh!«, rief Ben. »Noch mal, Dad. Noch mal!«
Aus dem Radio kam nur noch Rauschen. Es ging tiefer in die Berge hinein, wir fuhren glatt über ein Feld, auf dem fünfzig Schafe verteilt waren – wie ein Vogelschwarm. Dann plötzlich krächzende Nachrichten. »… forderten eine Erklärung. Laut Regierungsvertretern handelt es sich allerdings um Fake News, die nur in die Welt gesetzt wurden, um die Märkte in Aufruhr zu versetzen.« Und irgendein öder Politiker redete was von Panikmache und biologischer Kriegführung und dass man nicht in Panik verfallen soll, man hätte nämlich alles unter Kontrolle, das alles würde sich in Luft auflösen. Dad schaltete das Radio aus. Sein Blick war meilenweit entfernt, und auf seinen Lippen lag ein Lächeln, also fragte ich ihn: »Alles okay, Pops?«
Sein Schweigen war richtig unheimlich und wurde nur vom Maschinengewehrfeuer aus Bens nervigem Computerspiel unterbrochen.
»Dad, warum grinst du so?«
»Wir hatten recht.« Er strahlte.
»Wir?« – wer zum Teufel waren »wir«?
Statt deine Entführungsopfer mit Gewalt über die Schwelle zur Gefangenschaft zu führen, solltest du sie mit einer Finte dazu bringen, es aus freien Stücken zu tun.
Abrupt kam der SUV