Unser letzter Sommer am Fluss - Jane Healey - E-Book

Unser letzter Sommer am Fluss E-Book

Jane Healey

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Beschreibung

„Ein sattes, verführerisches Porträt von Begehren.“ Publishers Weekly

Eine geheime Vergangenheit. Eine verbotene Leidenschaft. Ein Sommer, der alles verändert.

Juli 1973: Ruth und ihre Freundinnen nennen sich die Ophelia-Girls. Am Fluss stellen sie präraffaelitische Gemälde nach – bis etwas Tragisches passiert.
Vierundzwanzig Jahre später zieht Ruth mit der siebzehnjährigen Tochter Maeve und ihrem Mann Alex in ihr einst prachtvolles Elternhaus zurück. Als Stuart, ein Jugendfreund von Ruth, für ein paar Wochen zu Besuch kommt, entflammen eine alte und eine neue Leidenschaft. Wie die viktorianische Villa beginnt die Familienfassade zu bröckeln – und es kommen Dinge ans Licht, die Ruth seit jenem verhängnisvollen Sommer zu vergessen versucht hat.
Eine fesselnde Strandlektüre: Jane Healey erzählt verführerisch und spannungsgeladen von Verlangen mit fatalen Konsequenzen.

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Seitenzahl: 530

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Das ist das Cover des Buches »Unser letzter Sommer am Fluss« von Jane Healey

Über das Buch

»Ein sattes, verführerisches Porträt von Begehren.« Publishers WeeklyEine geheime Vergangenheit. Eine verbotene Leidenschaft. Ein Sommer, der alles verändert.Juli 1973: Ruth und ihre Freundinnen nennen sich die Ophelia-Girls. Am Fluss stellen sie präraffaelitische Gemälde nach — bis etwas Tragisches passiert.Vierundzwanzig Jahre später zieht Ruth mit der siebzehnjährigen Tochter Maeve und ihrem Mann Alex in ihr einst prachtvolles Elternhaus zurück. Als Stuart, ein Jugendfreund von Ruth, für ein paar Wochen zu Besuch kommt, entflammen eine alte und eine neue Leidenschaft. Wie die viktorianische Villa beginnt die Familienfassade zu bröckeln — und es kommen Dinge ans Licht, die Ruth seit jenem verhängnisvollen Sommer zu vergessen versucht hat.Eine fesselnde Strandlektüre: Jane Healey erzählt verführerisch und spannungsgeladen von Verlangen mit fatalen Konsequenzen.

Jane Healey

Unser letzter Sommer am Fluss

Roman

Aus dem Englischen von Ulrike Brauns

hanserblau

Ein Großteil meiner Mädchenjahre war fiktiv. Ich habein meinem Kopf gelebt. Ich habe mir das Mädchenausgedacht, für das ich mich hielt.

Jenny Zhang

Wenn man die Photographie als unbewegtes Bild definiert,so heißt das nicht nur, daß die darauf dargestellten Personensich nicht bewegen, sondern auch, daß sie […] betäubt undaufgespießt sind wie Schmetterlinge.

Roland Barthes

Prolog

In jenem Sommer 1973 nannten sie uns die Ophelia-Mädchen, weil wir uns kleideten wie Shakespeares unglückselige Heldin oder eben unsere eigenen jugendlichen Versionen von ihr. In seidenen Unterkleidern von Flohmärkten und langen Blümchenkleidern, die wir an den Nähmaschinen unserer Mütter nähten, legten wir uns abwechselnd in den eisigen Fluss im Wald, machten vom moosbewachsenen Ufer aus Fotos voneinander, auf denen wir besonders aussahen, wunderschön und tragisch.

Wir mochten, wie wir aussahen und wie es sich anfühlte, vom Wasser getragen und gewiegt zu werden, die Haut brennend vor Kälte, die Steine unter uns bewegten sich mit der Strömung. Wir suchten die tiefste Stelle im Fluss, wateten manchmal hinein, um einander zu helfen, die richtige Position zu finden, die Haare zu flechten oder die Kleider so zu drapieren, dass wir so schön wie möglich aussahen. Manchmal sanken wir tiefer unter die Oberfläche, bis sich die Lippen des Wassers oberhalb der Nasenwurzel wieder trafen, und hielten so lange die Luft an, bis unsere Wangen schmerzten. Die Augen geöffnet oder geschlossen, die Arme verschränkt oder ausgebreitet. Unsere Plateauschuhe und Sandalen ließen wir am Flussufer.

Damals waren wir fünfzehn, sechzehn, siebzehn, und unsere Familien verbrachten die Sommerfrische in den Cottages des Weilers auf dem Hügel oberhalb der Wälder in der englischen Provinz. Anfangs waren unsere Eltern verwirrt von dieser unserer Leidenschaft, von den großen Blumensträußen, die wir auf den Wiesen pflückten, aus den Gärten klauten oder dem überrumpelten Jungen im Blumenladen abschwatzten, von den Kleidern, die wir fieberhaft bis spät in die Nacht nähten, von den feuchten Sachen, die wir in Haufen auf dem Boden hinterließen. Aber dann wuchs ihre Besorgnis. Wir wären besessen, sagten sie, albern, sogar hysterisch. Wir lachten über sie, über den Namen, den sie uns gegeben hatten, wenn wir nach Einbruch der Dunkelheit mit blauen Knien und zitternden, aber übermütigen Gliedern durch die Wiesen zum Weiler hinaufstolperten, während unsere tropfnassen Kleider klebrige Spuren im trockenen Gras hinterließen, Blüten, zerdrückt von unseren Füßen. Wir lächelten, wenn wir uns im Schatten eines Baums drängten, um die Päckchen entwickelter Filme zu öffnen, oder mit verschwitzten Händen die Polaroidfotos hielten, auf denen unsere Körper langsam knospten und zu blühen anfingen. Wir bebten vor rasendem Übermut, wenn wir im Fluss lagen, unsere Kleider auf dem Wasser schwimmend, Spitze, Satin und Polyester unsere Körper nachformend, Ringe gelockert von der sanften Strömung, Haare wie Seegras, Blumen, die uns aus den Händen glitten und langsam flussabwärts trieben.

Ich bin vor diesem Sommer davongelaufen, habe versucht, seine verblichenen Freuden und Tragödien zu vergessen. Wie er endete, wie alles zerfiel. Ich habe darauf vertraut, dass die Jahre meine Erinnerungen verblassen lassen, und die Fotos vernichtet, damit niemand mehr einen Blick darauf werfen kann. Aber jetzt, vierundzwanzig Jahre später, bin ich wieder in meinem Elternhaus in genau jenem Weiler oberhalb der Wälder, nun selbst Mutter, und die Erinnerungen driften zurück wie Treibgut ans Ufer.

Und obwohl ich seither nie wieder weit genug in den Wald gegangen bin, um den Fluss zu erreichen, um an seinem friedlichen Ufer zu stehen, das sanfte Flüstern der Weiden im Wind über mir, wache ich jede Nacht um Luft ringend auf, als käme ich gerade an die Oberfläche, die Erinnerung an das sanfte Zerren des Wassers an mir, an den lehmigen Geruch, der sich über Stunden auf der Haut hielt, noch so klar und frisch. Ich selbst getränkt in meinem Schweiß, dessen Kälte mir bis ins Innerste dringt.

1

Maeve liegt am Boden ihres Zimmers und erinnert sich daran, wie es war, zu sterben. Sie hat sich so hingelegt, als wäre sie ohnmächtig zusammengesackt, und lauscht nun den dumpfen Geräuschen der anderen — ihrer Mutter, die ihre beiden jüngeren Geschwister bändigt, die sechs Jahre alten Zwillinge, die lauthals von ihrem Tag im Streichelzoo berichten, und ihres Vaters, der heute früher von der Arbeit gekommen ist. Sie fragt sich, wie lange es wohl dauern wird, bis jemand an ihrem Zimmer vorbeigeht und sie entdeckt, ob sie aufschreien und zu ihr stürzen werden, um sie zu schütteln, oder ob sie sofort wissen, dass sie nur so tut. Lieber wäre ihr die erste Variante, wofür sie gleich ein schlechtes Gewissen bekommt, stark genug, um sich aufzusetzen. Ihre Hüfte schmerzt, weil der Teppich so dünn ist, ihre Augen gewöhnen sich nur langsam an die Helligkeit des späten Sommertags, ganz so, als wäre sie tatsächlich begraben gewesen.

Dies ist ihr erster krankenhausfreier Sommer seit vielen Jahren, ihr erster Sommer, in dem es ihr gut geht nach all den Infekten und Komplikationen durch die Knochenmarktransplantation vor zwei Jahren. Sie ist jetzt eine ganz gewöhnliche Siebzehnjährige, nicht länger eine kränkliche Kreatur, die ans Bett gefesselt ist, nicht länger durchlöchert von Nadeln und Ports, nicht länger unter ständiger Beobachtung, nicht länger Studienobjekt.

Es ist ein bisschen abartig, dass sie sie manchmal vermisst, ihre Krankheit, die Aufmerksamkeit, die Liebe, die Zuwendung, die Fürsorge. Vielleicht ist sie falsch zurückgekommen, als sie an jenem Tag von der Schwelle geholt wurde, vielleicht ist sie in ihrem Kern verdorben wie ein Buch, das ins Badewasser gefallen ist, dessen Seiten nun aufgequollen und verklebt sind.

Der Tod lässt einen froh sein, noch zu leben, lässt einen Bilanz ziehen unter allem, was man hat, erkennen, wie gesegnet man ist, hat ihr Vater vor ein paar Monaten nach der Beerdigung ihres Großvaters gesagt, nachdem er drei Gläser Wein am Küchentisch der winzigen Londoner Wohnung geleert hatte, in der Maeve und ihre Familie gelebt hatten, damit es nicht so weit zum Krankenhaus war. Der winzigen Wohnung, die sie zurückgelassen hatten, um in das Haus ihres Großvaters auf dem Land zu ziehen mit seinen siebenundzwanzig Zimmern und dem weitläufigen Garten. Aber der Tod hatte auf Maeve eine ganz andere Wirkung, für sie machte er das Leben nur noch anfälliger, gebrechlicher. Jede Sterbeszene in jedem Film und jeder Vorstellung, die sie gesehen, und jedem Buch, das sie gelesen hat, in der die Sterbenden ihren Part sagten, in der sie sich durch die Anwesenheit ihrer Lieben geborgen fühlten und gegen die sich aufdrängende Dunkelheit kämpften, war einem Strudel aus Lärm und Schmerz und Verwirrung gewichen, der in einem anonymen Nichts mündete, einer einladenden Schwärze. Es machte ihr Angst, wie leicht das Sterben war, und sie wollte zu diesem Tag im Krankenhausbett zurückkehren, zu diesem vom Krebs geschwächten Körper, die Lunge durch die Entzündung mit Wasser gefüllt, und es anders machen, etwas anderes fühlen, mehr als nur Müdigkeit, mehr als nur ein Körper zu sein, der sein natürliches Ende erreicht. Wie sollte sie jetzt der Welt gegenübertreten oder sich auf ihre Zukunft freuen, wo sie doch wusste, wie eines Tages alles enden würde?

Ein Sommer hier wird dir guttun, hat ihr Vater gesagt, während er ihr half, ihre Sachen in das Zimmer mit dem Erkerfenster im hinteren Teil des Hauses zu räumen, von dem aus man den eingezäunten Garten, die daran anschließenden Wiesen und die Wälder weit unten im Tal überblicken konnte. Du wirst Farbe bekommen — und dann wird dir schnell wieder einfallen, wie es ist, lebendig und wild und frei zu sein, so wie eine Jugendliche sein sollte, hat er mit einem Zwinkern hinzugefügt, bevor er zum Telefon eilte, um ein Arbeitsgespräch anzunehmen.

Eine Woche des besagten Sommers später, und Maeve ist nicht überzeugt, als sie sich im Spiegel ihres Schminktischs finster anstarrt: Vielmehr ist es der alte, bestoßene Schminktisch ihrer Mutter im alten Zimmer ihrer Mutter, die Sechzigerjahretapete mit dem verblassten Rosenmuster hinter ihr. Sie zwingt sich zu lächeln, schiebt die Massen roter Locken über ihre Schultern und sieht im gleißenden Sonnenlicht alle Mängel ihrer Haut, ihres Gesichts. Einerseits sieht sie aus, wie sie sich fühlt, kränklich, wie eine der schwächlichen viktorianischen Figuren aus ihren Lieblingskinderbüchern, andererseits — die Röte auf ihren Wangen, ihren Lippen — sieht sie gesund aus, und manchmal hasst sie das, so auszusehen, als wäre alles gut. Sie tippt mit den runtergekauten Nägeln auf die Tischplatte und neigt den Kopf so wie ein gelangweiltes Model aus der Vogue oder Elle, müde und mürrisch in all ihrer Schönheit. Ein plötzlicher Schrei lässt sie erstarren, ihre Augen groß im Spiegel, und sie steht auf und eilt auf wackligen Beinen zur Quelle des Schreis.

»Verhätschel ihn nicht, Maeve«, sagt ihre Mutter vom Herd aus, während Maeve im kleinen Verschlag an der Küche ihren zappelnden Bruder auf dem Schoß hält. »Ihm geht’s gut, er hat nicht mal ’ne Beule.«

»Er hat geweint«, sagt Maeve, und ihre Mutter seufzt.

Maeve kann es nicht ertragen, wenn Kinder weinen, wenn sie jammern, selbst wenn der Grund etwas so Triviales ist wie ein zerbrochener Keks oder eine weglaufende Katze. Sie weiß so gut, wie es sich anfühlt, unglücklich zu sein, untröstlich, wie grell und schmerzvoll die Welt sein kann. Sie kennt das Bedürfnis, verwöhnt und gestreichelt zu werden. Und von all dem abgesehen war es ihr Bruder, der ihr mit seiner Knochenmarkspende das Leben gerettet hat, wenn sie also jemanden verhätschelte, dann ja wohl ihn.

Michael — nicht Mike, niemals Mike, berichtigt er Erwachsene, die er neu kennenlernt, mit ernster Miene — schaut glückselig zu ihr herauf, während sie ihm über den heißen Kopf streichelt.

»Bin ich tapfer?«, fragt er mit seiner Kinderstimme.

»Der Tapferste«, verkündet Maeve. »Du bist so tapfer, dass Mum dir nach dem Essen eine Extraportion Mousse au Chocolat geben wird.«

»Maeve«, sagt ihre Mutter.

»Du hast doch gesagt, sie könnten ein paar Pfund mehr vertragen«, erwidert sie, und Michael zappelt sich los und rennt über die Bodenfliesen zu seiner Schwester, Iza — niemals Isabella —, um seine neueste Kriegsverletzung zu zeigen. »Wieso gibt es überhaupt Mousse au Chocolat?«, fragt sie und nickt Richtung Kühlschrank. Zum Nachtisch gibt es sonst Eis oder Plätzchen aus der Dose; ihre Mutter verbringt nicht gern viel Zeit in der Küche.

»Wir bekommen Besuch, hat dein Vater nichts erzählt?«, fragt ihre Mutter mit einem leichten Stirnrunzeln, und dann zuckt sie zusammen, weil sie sich an dem Blech verbrennt, das sie aus dem alten Aga-Herd zieht. Diesem verdammten Aga, wie sie ihn schon getauft hat.

»Nein.«

Ihre Mutter hält den Finger unter kaltes Wasser, starrt dabei mit leerem Blick in den Garten. Sie ist in der letzten Zeit sehr oft so in Gedanken verloren.

»Besuch?«

»Judy und ihr Mann, die Shaws, Mrs Quinn vom Ende der Straße und Stuart.«

»Wer ist Stuart?«, fragt sie und fürchtet sofort, dass jemand von ihnen einen fürchterlichen Teeniesohn mitbringt, den Maeve dann unterhalten muss. Sie würde lieber auf das Essen verzichten und sich in ihrem Zimmer verkriechen.

»Stuart ist ein alter Freund«, sagt ihre Mutter und stellt das Wasser ab. »Er hat mit deinem Vater und mir während des Studiums zusammengewohnt, und ich kenne ihn sogar noch länger. Sein Vater war Gärtner hier, als zum alten Abbey-Gut noch alle Häuser gehörten außer unserem. Damals wurden sie vermietet. Der Stall, der Trockenschuppen und die Cottages. Stuart hat die Sommer hier verbracht.«

»Hier? In Opas Haus?«

»Nein«, ihre Mutter wirkt verwirrt, »in der Kate, in dem sein Vater lebte. Obwohl er fast nie dort war — er hat die meiste Zeit draußen verbracht, wir alle eigentlich.«

Maeve vergisst immer, dass ihre Mutter schon ein Leben hatte, bevor sie nach London zog, bevor sie Mutter wurde. Und die Vorstellung, dass sie, Maeve und ihre Mutter, ihre Jugend am selben Ort verbringen, dass diese Lebensabschnitte hochgehalten und miteinander verglichen werden könnten, ist Maeve unangenehm. Ihre Mutter sieht so gesund aus auf den Fotos ihrer Jugend, ihr Lächeln ist ganz natürlich, und wann immer sie von diesen Jahren spricht, fallen so enorm viele verschiedene Namen, dass Maeve sich im Vergleich wie eine bemitleidenswerte Eigenbrötlerin vorkommt. Es ist nicht gerade leicht, Freundschaften zu pflegen, wenn du ständig ins Krankenhaus musst, wenn du zu erschöpft bist, um so zu tun, als würde es dich interessieren, dass Soundso mit Soundso anbandelt, dass Soundso dabei erwischt wurde, Wodka in die Schule geschmuggelt zu haben.

»Ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen, bis unsere Wege sich im Frühjahr kreuzten. Wir haben ihn beide ewig nicht gesehen, weil er im Ausland war«, fährt ihre Mutter fort. »Er war Kriegsfotograf, so hat er sich einen Namen gemacht, aber mittlerweile fotografiert er für Zeitschriften. Er bleibt vielleicht einen Monat oder länger und wohnt dann im Nebengebäude«, fügt sie etwas abgelenkt hinzu, den Blick aus dem Fenster gerichtet. »Er arbeitet an einem Projekt hier im Südosten.«

»Muss ich zum Essen kommen?«

»Ja, wenigstens kurz«, sagt Ruth und eilt schon wieder zum Herd. »Leider wird niemand in deinem Alter dabei sein. Nächstes Mal laden wir die Langfords ein. Oder vielleicht eins der Mädchen von deiner neuen Schule?«

So lange war Schule für Maeve gleichbedeutend mit Krankenhausschule gewesen, ein großer Name für zwei enge Räume am Ende der Station, deren Wände übersät waren von bunten Geschichts- und Mathepostern, die zwar kindlich waren, aber immerhin eine willkommene Abwechslung von den Medizinpostern, Comicfiguren und Märchenwäldern, die sonst die Wände der Kinderstationen zierten.

Aber die Gedanken an die Krankenhausschule bringen so viel anderes mit — den Geruch von Desinfektionsmittel, das Quietschen der Schwesternschuhe auf den Fluren, das Piepen der Monitore, das sich in ihre unruhigen Träume fräst —, an das sie nicht erinnert werden will. Deshalb bietet sie überstürzt an, bei den Essensvorbereitungen zu helfen, in der Hoffnung, dass die Wärme, die die Dankbarkeit ihrer Mutter begleitet, sich über das Flattern in ihrer Brust legt, während sie fleischige Schmorpaprika in Scheiben schneidet und glitschige Oliven aus ihrer kalten Lake fischt.

Der Esstisch wurde auf die große Wiese im Vorgarten gestellt. Die Wespen schweben träge über den Tellern, und der Schatten des Sonnenschirms wandert mit der frühen Abendsonne davon. Es ist immer peinlich, die Freunde ihrer Eltern kennenzulernen, und je älter sie wird, desto peinlicher scheint es zu werden. Sie wirken nervös, wenn sie halbherzige Witze darüber reißen, wie erwachsen sie aussieht, als hätte sie eine andere Route eingeschlagen, als ihr zustand, als wäre sie ein sonderbarer Eindringling. Am liebsten würde sie die Schultern hochziehen, am liebsten würde sie mürrisch gucken, aber nach den vielen Jahren als Patientin ist sie gut darin, still zu sein, gelassen und freundlich, während sie alle die zu scharfe Gazpacho essen, und sie hilft den Zwillingen mit dem schweren Silberbesteck, das ihre Mutter wegen der Gäste gedeckt hat.

Stuart kommt zu spät. Sie beobachten seinen Wagen, der über die Straße angesaust kommt, die einmal um den Vorgarten führt. Als er aussteigt, steckt er seine Sonnenbrille an den Kragen seines T-Shirts und kommt mit einer Flasche Weißwein in der einen Hand zu ihnen und winkt kurz mit der anderen. Er sieht jünger, cooler aus als die anderen Gäste, trotz der vereinzelten grauen Haare zwischen all den dunklen, und nicht so verbraucht, wie sie von einem Kriegsfotografen erwartet hätte. Er sieht interessant aus, findet sie und streift sich die Locken über die Schulter.

Als er Maeve erblickt, verschwindet sein so lässiges Lächeln. Umgehauen, denkt sie, während er sie schockiert ansieht, was ein sofortiges Echo in ihrem Unterleib auslöst.

Sie beobachtet, wie er sich nervös die Lippen leckt, dann senkt sie errötend den Blick auf den Teller, und er grüßt ihre Eltern, entschuldigt sich für die Verspätung.

Er begleitet ihren Vater, der ihm überschwänglich einen Arm um die Schultern gelegt hat, mit der Weinflasche in der Hand ins Haus. Maeve schaut ihnen nach und fragt sich, was da gerade passiert ist, was das für eine Reaktion war. Sie schaut zu ihrer Mutter, doch die scheint nichts mitbekommen zu haben, sondern ist damit beschäftigt, Fliegen zu verscheuchen und über etwas zu lachen, das Mrs Quinn — deren dreckiger Humor ihr fortgeschrittenes Alter Lügen straft — gesagt hat.

Vielleicht war es nichts, denkt Maeve im weiteren Verlauf des Essens, weil Stuart seit der kurzen Vorstellung durch ihre Eltern kaum noch einen Blick in ihre Richtung wirft, sie ihn aber genau beobachtet. Vielleicht wurde er nur von der Sonne geblendet und sie von ihrem Wunschdenken.

»Himmel, ich war eine Ewigkeit nicht hier«, sagt er und legt den Ellbogen über die Rückenlehne seines Stuhls, während er das Haus mustert, den Garten, die Pampasgräser an den Rändern, die Bäume, die das Nachbarhaus verbergen.

Manchmal, wenn er spricht, zuckt sein Mund zu einer Seite, und wenn er blinzelt, dann tut er das langsam, nachdenklich. Seine Stimme ist weicher, als sie anfangs gedacht hat, seine Bewegungen — wie er den Kopf dreht, wie er die Hand beim Schneiden mit dem Messer knickt — weniger selbstsicher. Sie ist fasziniert.

»Erzählen Sie uns, wie Ruth als Mädchen war«, sagt Mr Shaw.

»Oh, sie war wild«, sagt Stuart gedehnt und deutet damit etwas an, worüber ihr Vater lachen muss.

»Ich war absolut anständig«, betont ihre Mutter. Ihre Wangen sind rot vom Wein, und ihr blonder Bob steht an einer Seite ab, wo sie die Haare hinters Ohr geschoben hat.

»Damals waren wir alle wild«, sagt Judys Mann mit einem Schnauben, und als sich dann sein und Maeves Blick treffen, wirkt er plötzlich verlegen.

Sie sollten diese Essen wirklich nur mit Erwachsenen abhalten, denkt Maeve und winkt ab, als er ihr ungeschickt Wein anbietet. Iza und Michael sind in ein Spiel vertieft, das sie sich selbst ausgedacht haben, flüstern müde miteinander am anderen Ende des Tischs auf ihrer Bank, nur Maeve hat das Gefühl, einfach zu stören, so als wären die Erwachsenen die Kinder und sie das Elternteil, das ihnen den Spaß verdirbt.

»Es war wirklich paradiesisch hier«, sagt Stuart und lächelt in seinen Teller.

»Paradiesisch«, wiederholt ihre Mutter und hebt so schnell das Glas zum Mund, dass es gegen ihre Zähne stößt.

Später, als die sagenumwobene Mousse au Chocolat herausgebracht wird, die in den Kristallschälchen schwitzt, und die Zwillinge auf einer Decke im langen Schatten der Bäume dösen, legt ihre Mutter Maeve eine Hand auf die Schulter.

»Würdest du Mrs Quinns Blumen reinbringen, mein Schatz? Ich fürchte, denen bekommt die Hitze hier draußen nicht.« Ihre Mutter spricht, wie sie immer in Gesellschaft spricht, sie klingt dann irgendwie vornehmer, wärmer, außerdem folgt am Satzende immer ein leichtes Zittern, aber Maeve glaubt, sie ist die Einzige, der das auffällt.

Sie schließt die Arme um die riesige Porzellanvase, presst sie an sich und schreitet vorsichtig über die Wiese zu den Gehwegplatten, die zur Haustür führen. Wenn sie zurückkommt, wird sie sagen, dass sie müde ist und schlafen geht. Niemand hat ihre Krankheit angesprochen, einzig ein Kommentar gleich zu Beginn von einem Pärchen zu ihren Eltern, dass sie gut aussieht. Wenn sie sagt, dass sie müde ist, wird sich die Miene ihrer Mutter gleich wieder wandeln, vielleicht wird sie sich dann entschuldigen oder Maeve einfach verabschieden und ins Bett schicken.

Stuart hat auf dem Rückweg aus der Küche innegehalten, die gekühlte Weinflasche zu seinen Füßen, kauert er über dem Lavendel und zerreibt lilafarbene Blüten zwischen den Fingern. Als er sie kommen sieht, steckt er die Hände in die Taschen.

»Du hast nicht zufällig ein Feuerzeug, oder?«, fragt er und holt eine Zigarette aus einer zerknautschten Packung.

»Nein.« Ihr Gesicht streift die Blüten, ein Blatt wischt über ihre Wange. Sie wünschte, sie hätte eins, könnte es ihm geben, er würde über die Zigarette hinweg dankend nicken, und sie könnte zusehen, wie er die bartstoppeligen Wangen einsaugt beim ersten scharfen Zug. »Mein Dad könnte eins haben, auch wenn er nicht sollte.« Ihr Vater hat das Rauchen nach ihrer Geburt aufgegeben, aber durch den Stress ihrer Krankheit hat er die alte Gewohnheit wieder aufgenommen. Noch ein Grund für Schuldgefühle.

»Was für ein fürchterliches Vorbild«, scherzt Stuart. Er schließt die Hand um die Zigarette. »Mit den Blumen und deiner Haarpracht siehst aus wie ein präraffaelitisches Gemälde«, sagt er, und sie ist wie benommen, zutiefst begeistert und hofft, dass es ihr nicht ins Gesicht geschrieben steht.

Er blinzelt und schaut dann zu seinen Füßen, als wäre er insgeheim schüchtern. »Entschuldige«, sagt er. »Der Vergleich nervt sicher schon.«

»Nein«, sagt sie, ihr ganzer Körper heiß wie zur Mittagsstunde. Niemand außer ihr hat die Ähnlichkeit bisher bemerkt, sie hat Postkarten alter Gemälde an ihre Wand gepinnt, bestaunt oft die Mädchen mit ihrem rötlichen Haar und den leidenden Blicken.

»Wie die Lady of Shalott. Oder Ophelia«, sagt er, ihre Blicke treffen sich wieder, er hat ein leichtes Lächeln auf den Lippen und verstummt.

Die Vase wird immer schwerer, renkt ihr fast die Oberarme aus, aber Maeve will nicht gehen. Sie will auch nicht, dass Stuart zum Tisch zurückkehrt. Dann ruft jemand nach Wein, und er hebt die Flasche auf.

»Ich glaube, ich bleibe jetzt drinnen. Würdest du das meiner Mutter ausrichten?«, bittet sie und schämt sich für das Wort Mutter.

»Klar. Aber mit dir ist alles in Ordnung?«, fragt er und mustert sie aufmerksam.

Nein, will sie erst antworten. »Alles in Ordnung.«

Im kühlen Haus, in dem es immer dunkel ist, egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit, egal welches Wetter draußen herrscht, das Holz in dunklem, viktorianischem Ton, die Tapete im Flur mit verblassten gelben Streifen, rutscht sie auf den abgenutzten Fliesen aus. Wasser schwappt aus der Vase auf ihre Füße, und sie würde am liebsten weinen.

2

Selbst unter Weineinfluss erwache ich aus einem weiteren Albtraum, mein verschwitztes T-Shirt klebt an mir, das Gefühl glibberiger Algen, die über meine Füße glitschen, lässt mich das Bettlaken panisch wegstrampeln.

Das Laken bis zur Hüfte geschoben, starre ich an die Decke, während meine Atmung sich beruhigt und ich versuche, an etwas anderes als Wasser, als den Fluss zu denken.

Alex schläft, sein Körper verschwitzt, seine Träume friedlich. Er wacht nicht leicht auf. Ich musste die Zwillinge direkt auf ihn plumpsen lassen, damit er mir half, sie zu beruhigen, wenn sie weinten und ich darüber verzweifelte, nicht genug Arme zu haben oder überlaufende Brüste, oder einfach keine mütterlichen Reserven mehr für sie mobilisieren konnte. Zwillinge. Ich liebe sie, aber noch mal würde ich das nicht machen, ich bin mir nicht mal sicher, wie ich die Anfangszeit überlebt habe. Wenn Maeve in dem ersten Jahr krank gewesen wäre und nicht später, als die beiden zumindest für einen Teil des Tages in Kindertagesstätten abgegeben werden konnten, ich wäre vermutlich durchgedreht.

Jetzt, wo ich wach bin, kann ich es hören. Irgendwo im Haus tropft es, leise und hallend. Ich habe sofort eine Pfütze vor Augen, die sich in einem Waschbecken bildet, ihr Pegel steigt und steigt, bis sie über den Rand tritt, das Wasser auf den Boden rinnt und dann in andere Zimmer kriecht, nass und träge.

Dieses Haus hat fünf Bäder. Unser kleines beim Schlafzimmer, dann oben das Familienbad, ein etwas kleineres Gästebad, das Klo im Erdgeschoss und die Außentoilette, die damals der Gärtner benutzt hat. Fünf Bäder mit tropfenden Hähnen, mit verschimmelten Fliesen und rostigen Flecken, mit gealterten, stöhnenden Leitungen, die dringend ersetzt werden müssen. Alex sieht die Exzesse dieses Hauses — all die Zimmer, die eine fünfköpfige Familie gar nicht braucht — als etwas, auf das man stolz sein kann, das man feiern sollte. Ich sehe sie als zusätzliche Arbeit, als Hohlräume, in die Geld gesteckt werden und auf Nimmerwiedersehen darin verschwinden wird, in dem Versuch, dieses alte Haus, das Haus meines Vaters, vor dem Zerfall zu bewahren.

Ich mache mich auf die Suche nach der Quelle des Geräuschs, bleibe vor den Zimmern meiner Kinder stehen, lausche ihren unbeschwerten Atemzügen. Da ist immer eine leise Panik, dass ihnen etwas zugestoßen sein könnte, dass sie sich davongemacht haben, während ich schlief. Als Maeve krank war und zu Hause sein durfte, hat es nicht gereicht, vor der Tür zu stehen; ich musste mich zu ihr ans Bett hocken und sie beobachten, die dunklen Ringe unter ihren Augen betrachten, ihrer schweren Atmung lauschen. Manchmal fand Alex mich morgens unruhig auf dem Boden dösend. Du brennst noch aus, sagte er dann für gewöhnlich, ihr geht es gut.

Ihr geht es gut — eine Phrase, die tröstend gemeint war, aber auf die ich immer protestierend entgegnen wollte, dass es ihr nicht gut ging und dass ich nicht bemerkt hatte, wann das anfing, weil ich nicht zugehört hatte, als sie erzählte, sie sei müde und außer Atem. Das alles habe ich als Wachstumsbeschwerden abgetan und ihr gesagt, dass es ihr gut gehe.

Der tropfende Hahn ist im Gästebad, dem Bad, das so klein ist, dass man von der Toilette aus sowohl Waschbecken als auch Wanne berühren kann. Jetzt stehe ich vor dem Waschbecken, halte eine Hand unter jeden der beiden Wasserhähne, um den Übeltäter zu finden oder als würde ich auf eine Segnung warten. Einen Moment lang passiert nichts, dann fällt ein kalter Tropfen auf meine rechte Handfläche und rollt an der Innenseite meines Handgelenks hinunter.

In dem dunklen Spiegel erscheine ich alterslos, unkenntlich. Ich könnte sie sein, mein jugendliches Ich, wach gehalten von wilden Gedanken, von Traurigkeit getrieben, am liebsten überall sonst als hier. Es könnte der Anfang jenes Sommers sein, und ich könnte noch alles verhindern, bevor es überhaupt geschah.

Ich war es, die das erste Foto von einem der Mädchen im Fluss gemacht hat, und manchmal glaube ich deshalb, an allem schuld zu sein. Es war ein Foto von Joan Summers. Joan Summers mit ihren glatten, schwarzen Haaren und den wässrigen blauen Augen, die unheimlich und alt aussahen in den überbelichteten Aufnahmen.

Sie trug immer ein ganz bestimmtes, gestreiftes Kleid mit Nackenträgern, das sie auf der King’s Road gekauft und dann absichtlich hatte einlaufen lassen, damit man ihre Unterwäsche sehen konnte. Außerdem hatte sie den Ruf, ein leichtes Mädchen zu sein. Hätte meine Mutter noch gelebt, sie hätte Joan vielleicht mit »Ärger« gleichgesetzt; wobei, vielleicht auch nicht — da sind keinerlei Erinnerungen an meine Mutter, nicht mal eine daran, wie sie meine Kinderwange an ihren Wollpulli drückte oder mir mit sanfter Hand über die Stirn streichelte. Ich weiß gar nicht, wie sie war.

Joans Eltern waren Theaterpädagogen, und später würden wir ihre Programmhefte und die Buchdeckel oder Illustrationen aus ihren Büchern über Hamlet und die Nachdrucke von Millais’ Ophelia aus meinen Kunstbänden nutzen, um unsere eigene Vorstellung von Shakespeares Heldin damit zu vergleichen, davor war unsere Inspiration natürlicher gewesen, organischer, als lebte in jeder von uns ein ertrinkendes Mädchen, das nur auf seine Entdeckung wartete.

Damals waren es Joan und ich und eins der anderen Mädchen — wer genau, habe ich vergessen, vielleicht, weil wir nach der Zeit im Fluss in gewisser Hinsicht austauschbar waren, als ob das Wasser unsere Grenzen aufgelöst hätte —, die in der Sonne am Flussufer entlanggewandert waren, laut ein Lied von James Taylor trällernd, an den Handgelenken welkende Ketten aus Gänseblümchen. Wir warfen Stöcke in den Fluss, ließen sie um die Wette schwimmen, und als sich Joans Stock unter einer moosbewachsenen Wurzel verfing, sagte ich ihr, sie solle ins Wasser gehen und ihn holen. An jenem Tag trug sie eine weiße, luftige Bauernbluse, und während sie fluchend in den Fluss kletterte, um ans andere Ufer zu gelangen, blähte das Wasser die Bluse auf und machte sie durchsichtig, sodass der darunterliegende Spitzen-BH zum Vorschein kam, um den wir alle sie schwer beneideten.

Ich hatte eine Kamera dabei. Ich weiß noch, dass ich dachte, das sei ein wichtiges Jahr, es wert, festgehalten zu werden, als wären unsere kleinen Teenieleben vergleichbar mit dem Wirbelwind, der in London, New York, San Francisco, Vietnam wütete.

Joan drehte sich triumphierend um, als sie den Stock zu packen bekommen hatte, und sah, wie ich die Kameratasche öffnete.

Mach ein Foto!, rief sie. Von mir, wie ich im Fluss ertrinke. Und dann ließ sie sich lachend mit einer theatralischen Geste ins Wasser sinken, und ich dachte, ja, ja, genau das, und etwas in mir bebte, erblühte. Ich hockte mich ans Ufer, und Joan legte den Kopf zurück, der Stock war vergessen und trieb flussabwärts, ihre Bluse wippte an der Oberfläche, ihre Beine blass in dem schimmernden, grünen Wasser, zu ihrer Blumenkette gesellten sich Farnwedel, die sich um ihre Kehle schlangen.

Danach drückte ich Joan die Kamera in die Hand, jetzt war ich an der Reihe. Und, oh, der erste Schritt in den Fluss, die Kälte des Wassers, die Steine schmerzhaft an meinen Zehen — konnte überhaupt je etwas schöner sein?

Vom Ufer aus wirkte das Wasser fast still, aber ein Fluss ist kein Schwimmbad, man kann nicht einfach hineinsinken und ruhig an der Oberfläche treiben Es gibt eine Strömung, die dich mitnehmen will wie die Algen und Blätter und Treibgut, unter dir Kies und Steine, über dir Zweige und Wurzeln, wie Arme, die sich nach dir strecken. Das Licht an einem heißen Sommertag wird blendend vom Wasser zurückgeworfen, bildet fulminante Muster, die Äste der Trauerweiden sind schwindelerregend in ihrem Detailreichtum, während die Lippe des Wassers über deine Haut tanzt und das Gurgeln der Unterwasserwelt in deinen Ohren dröhnt.

Ich glaube, in diesem Moment habe ich den Sinn der Taufe verstanden, und in diesem Moment hat sich mein Körper zum ersten Mal lebendig angefühlt, ganz mein.

Wir gingen erst, als uns vor Kälte die Zähne klapperten und sich dunkle Wolken am Himmel türmten. Und während wir durch den Wald stolperten und unsere Kleidung gegen unsere kribbelnde Haut schlug, hatten wir das Gefühl, in einem fremden Land angespült worden zu sein. Und als die Fotos entwickelt waren, als ich mit dem verschlossenen Paket aus dem Ort zurückradelte und wir vier uns unter einen Baum setzten, unsere Münder klebrig von Bonbons, die wir aus glänzenden Papierchen wickelten, unsere Beine kreuz und quer übereinandergelegt, sahen wir, wie uns Linse und Film verwandelt hatten. Das in die alte Kamera einfallende Licht war wie das goldene Licht in Heiligengemälden, wie die blendende Sommersonne — in uns regte sich ein ganz neues Gefühl von Macht, von Möglichkeiten.

Wo sind all diese Möglichkeiten hin?, frage ich mich jetzt mit schmerzender Hand, nachdem ich vergeblich versucht habe, den Kaltwasserhahn weiter zuzudrehen, damit er zu tropfen aufhört, als würde das beweisen, dass ich auch nur die geringste Kontrolle über dieses Haus habe. Wohin sind die Hoffnungen und Träume dieses Mädchens verschwunden, des Mädchens, das geschworen hat, nie zu tun, was von ihr erwartet wurde, das ein Leben frei von den Fesseln der Ehe und von Kindern führen, das reisen und Kunst machen, das diese dunklen, stickigen Zimmer hinter sich lassen und nie zurückkehren wollte.

Ich bereue die Kinder nicht, sie tragen einen Teil meines Herzens in sich, aber ich würde alles tun, um nicht hier sein zu müssen, umgeben von den Habseligkeiten meines Vaters, von meinen Erinnerungen. Dieses Haus, die Wiesen, der Wald und der Fluss werden mir doch keine Antworten bescheren, egal wie sehr meine Träume auch danach suchen. Nur Leid, denke ich, während mir das Tropfen des Wasserhahns wie der Rhythmus eines spöttischen Metronoms bis ins Bett folgt.

3

Am nächsten Tag steht Maeve länger als sonst vor ihrem Schrank, unzufrieden mit jedem Oberteil, Rock und Kleid, das sie besitzt. Sie kann sich nicht daran erinnern, wann sie zuletzt einkaufen war; sie hatte weder die nötige Energie noch die mentale Stärke, um sich den Horden von Jugendlichen zu stellen, die sich in den Gängen von Topshop oder Miss Selfridge drängten. Deshalb trug sie einfach weiter ihre Krankenhausklamotten — weich und formlos — oder Katalogware. Sie ist schlank, aber immerhin nicht mehr mager, stellt sie nach Anheben des großen T-Shirts fest, in dem sie schläft. Nachdem sie kurz zur geschlossenen Zimmertür, dann zum Vorhang geschielt hat, der vor ihr Erkerfenster gezogen ist, betrachtet sie sich selbst im Spiegel, ihr Blick wandert von Narbe zu Narbe. Obwohl sie erst spät ihre Periode bekommen hat und sie immer noch unregelmäßig ist, sieht sie wie eine Frau aus: Brüste, Hüfte, eine Taille über den Beckenknochen, die sich wie Keramikscherben unter ihrer Haut abzeichnen.

Gestern Abend hat sie eine kurzärmelige Carmenbluse und einen knielangen Rock getragen, beide aus billigem, dehnbarem Material. Heute hätte sie gern ein enges Slipdress aus Seide in einem Pastellton gehabt. Aber sie muss sich wohl mit einem Jeansrock und einem schlichten lila Top mit weitem Ausschnitt begnügen, das sie noch nie getragen hat, weil man so die etwa daumengroße, erhabene Narbe vom Port unterhalb ihres linken Schlüsselbeins sehen kann.

»Schön siehst du heute aus, mein Schatz«, sagt ihre Mutter beim Frühstück, und Maeve zuckt nur verlegen mit der Schulter.

Ihre Mutter trägt ein großes, ärmelloses Shirt und eine kurze Cordhose, die an ihrem athletischen Körper burschikos wirkt.

»Wir haben uns noch gar nicht über den Sommer unterhalten«, fährt sie fort und beobachtet Maeve, die mit dem Löffel in der Schüssel halb gegessener Ricicles rührt.

Ihre Mutter hat so sehr darauf geachtet, was Maeve aß, hat jeden Löffel begutachtet, den sie zum Mund führte, als wäre er das Einzige, was zwischen ihr und ihrem Tod stand. Appetit war ein wichtiges Zeichen im Krankenhaus, ein kleiner Triumph, stets kommentiert von Schwestern, Ärztinnen, Ärzten und anderen Eltern. Oh, ihr Appetit ist zurück, sagten sie wissend, begeistert, voll polternder Erleichterung.

»Ich hole morgen Erdbeeren«, sagt ihre Mutter und spült ihre Kaffeetasse aus. »Sommer«, wiederholt sie. »Hast du schon darüber nachgedacht, was du machen möchtest? Im Ort werden ein paar Kurse angeboten. Kunst, Musik. Oder wir könnten einen Tutor kommen lassen, wenn du magst, falls du dir Sorgen machst, in der Schule den Anschluss verloren zu haben. Außerdem haben dein Vater und ich überlegt, mit euch einen richtigen Urlaub zu machen, vielleicht im Süden. Was meinst du?«, fragt sie mit einem Ausdruck solch liebevoller Hoffnung, dass etwas in Maeve zerplatzt, wie wenn man auf eine überreife Frucht tritt.

Sie zuckt zusammen, kratzt mit dem Löffel am Rand der Schale entlang. »Ich möchte mich nur ausruhen.«

»Natürlich«, sagt ihre Mutter und legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Melde dich einfach, falls du deine Meinung änderst. Wir könnten ein historisches Gebäude besichtigen oder nach London fahren und ins Theater gehen, was immer du willst.«

Nach dem Frühstück kehrt Maeve in ihr Zimmer zurück und legt sich aufs Bett, spürt ihren Bauch gurgeln. Sie dreht den Kopf, um die Poster und Postkarten anzuschauen, die sie in einer kurzen, manischen Anwandlung in der ersten Woche hier angebracht hat, weil ihr vom winzigen Muster der alten Tapete schwindelig wurde, weil sie sich das Zimmer ein bisschen erobern wollte, ihre Mutter verdrängen. Vielleicht hätte sie weitergemacht, auch die anderen Wände gepflastert, aber ihre Mutter sagte: oh, wie schön, als sie am nächsten Tag hereinkam, und das hat alles ruiniert.

Jetzt wandert ihr Blick über die Bilder aus den Modemagazinen, während ein langsamer Bass von ihrem Discman durch ihren Kopf pulsiert. Eine Frau in einem Kleid mit langer Schleppe, die auf einem steigenden Pferd sitzt. Eine Frau, die auf einem Stapel pastellfarbener Matratzen liegt, ein modernes Dornröschen. Zwei Frauen in weißen Sommerkleidern in einer Weide, die in gelbes Licht getaucht ist. Ein glamouröses Mädchen neben einer großen Parfumflasche mit einem Mann in einem stilvollen Anzug, der sie stirnrunzelnd ansieht, seine Hand fest um ihren Oberarm geschlossen. Die Bilder von Schauspielern und Schauspielerinnen ausgeschnitten aus Zeitschriften, eine Handvoll Fotos aus einer Kindheit, die so weit weg scheint: sie auf den Schultern ihres Vaters, sie mit einem breiten Grinsen und dazu den Zwillingen auf dem Schoß, sie in einem übergroßen Touri-T-Shirt stirnrunzelnd am Strand. Und dann die Bilder, die ihr gerade so häufig durch den Kopf gehen, die Postkarten von Gemälden, überwiegend von Frauen: Impressionismus, Präraffaelismus, Renaissance.

Sie hat die Karten bei den Galerieausflügen gekauft, die sie mit der Krankenhausschule gemacht hat. Wenn ihre Mutter sie als Kind zu Kunstausstellungen mitnahm, hat sie sich gelangweilt und dann nur mit den üblicherweise ausgehändigten fünfzig Pence Stifte und farbenfrohe Radiergummis gekauft. Aber die Ausflüge mit der bunten Truppe kranker Kids — mit ihren Mützen und Rollstühlen und Sauerstoffflaschen und schlurfenden Füßen — waren herrlich gewesen. Es war irgendwie lustig gewesen, Teil einer solchen Gruppe zu sein und so viel Mitleid und Neugierde bei den anderen Galeriebesuchern zu wecken.

Hier kommt eure kranke Jugend, hat Georgia, ihre beste Freundin, ihr einmal vergnügt ins Ohr geflüstert, weil eine Frau sie mit offenem Mund angestarrt hatte. Hier sind die Geister, die ihr lieber wegsperrt. Vielleicht bist auch du krank und wirst sterben!, verkündete sie und ließ ihren dünnen Arm bewusst zittern, mit dem sie auf einen älteren Mann zeigte, und Maeve musste so stark das Lachen unterdrücken, dass ihr der Brustkorb schmerzte.

Während sie vor den Gemälden — in der Tate, der Nationalgalerie — oder den Skulpturen und Statuen im British Museum und dem Victoria and Albert Museum saß, wurde Maeve deren Schönheit quälend bewusst. Nirgendwo war der Kontrast zu ihrem Alltag — die grell erleuchteten Korridore ihrer Station, die breiten Plastikbalken an ihrem Bett — deutlicher als in diesen kalten Gebäuden mit ihren Marmorböden und Decken hoch wie in Kathedralen, mit den fetten Goldrahmen und all den Wundern, die sie einfassten: Meereslandschaften und malerische Ruinen, Frauen in Kleidung jeder erdenklichen Epoche, Eden-ähnliche Gärten, Sonnenunter- und Sonnenaufgänge, Götter und Göttinnen, Kleider aus Seide und Spitze und Pelz und Samt. Sie hat sich ein bisschen in die Tourguides verliebt, die ihre Lehrer immer organisierten. In ihre Tweedjacken, ihre Etuikleider oder altmodischen Strickwesten; in das Funkeln ihrer Augen, wenn sie ehrfürchtig die Kunst betrachteten, die sie gerade beschrieben, den Moment, wenn ihnen die Worte ausgingen und sie schief grinsend mit den Schultern zuckten, als wollten sie sagen: Es ist mir absolut bewusst, dass ich das niemals erschöpfend erklären kann, mir ist klar, dass Sprache dazu niemals ausreichen wird, aber guckt doch einfach hin.

Sie versucht, zurück zu dem Gefühl zu finden, während sie die Postkarten anschaut, versucht, sich in die Erinnerung zu atmen. Die warme Holzbank unter sich, Georgia neben sich, die leise Wow sagt und das ganz ernst meint; der Schleier ihrer Schmerzmittel, der sich für einen Moment reinen, brennenden Genusses lichtet, der nichts mit ihrem geschundenen Körper, nichts mit ihr zu tun hat.

Doch gerade juckt ihr Bein und ihr Bauch tut weh; die gedruckten Oberflächen schimmern, wodurch die Bilder trüb wirken; außerdem ist sie allein. Ihr Herz krampft kurz in einem Anflug von Panik, dann nimmt sie die Kopfhörer raus und setzt sich auf, fährt sich mit der Hand durchs Haar.

Beim Abendessen auf der Terrasse sind die Zwillinge quengelig und müde von einem langen Tag mit zu viel Sonne. Seufzend ermahnt ihre Mutter sie, aufrecht zu sitzen, ihre Teller leer zu essen, und die Witze ihres Vaters kommen nicht an, Iza rümpft die Nase, als wäre sie eine reiche alte Dame, die ein fürchterliches Theaterstück ansehen muss, ihre Locken hüpfen um ihr Gesicht, als hätte sie extra Wickler drin gehabt. Izas Haare haben das gleiche Straßenköterblond wie die ihres Vaters, und die von Michael auch. So sahen Maeves Haare früher auch aus, aber als sie nach der Chemo wieder wuchsen, waren sie so rot wie die ihrer Mutter, als sie jung war.

Maeve sitzt am Kopfende des Tischs, gegenüber von ihrem Vater, eigentlich ihr Lieblingsplatz, bloß heute, mit Stuart, fühlt sie sich wie ausgestellt. Verlegen hält sie den Blick auf die trockene Tischplatte gerichtet, deren Holz durch die Sonne vieler Sommer ausgeblichen ist.

Das Telefon neben dem Ellbogen ihres Vaters klingelt, er geht schnell dran und schlendert zurück in sein Arbeitszimmer. Nach eilig verteiltem Joghurt, den die Zwillinge verweigern, verkündet ihre Mutter verkniffen, dass es Zeit fürs Bett ist, und bringt die Jüngsten ins Haus.

Stuart lächelt Maeve höflich an. Sie sollte etwas sagen, denkt sie, ihr Mund sauer vom Joghurt. Sie sollte diese Minuten nutzen, die nur ihr und ihm gehören.

»Wollen wir davon etwas reinbringen?«, fragt er und streckt die Arme über den Kopf, bevor er sich mit der Hand durchs Haar fährt.

Maeve nickt und ihr Stuhl kratzt schockierend laut über den Boden, als sie aufsteht. Sie überschlägt die Anzahl der Gegenstände auf dem Tisch, kalkuliert, wie oft sie laufen müssen, um mit vier Händen alles fortzuschaffen.

In der Küche füllt sie schnell den restlichen Salat in einen Behälter und beißt in eine Kirschtomate, während Stuart schon wieder hinausgeht. Sie beobachtet ihn durch das niedrige Küchenfenster, wie er sich über den Tisch beugt, um an etwas zu kommen. Sie mag seinen Gürtel, das Braun hebt sich von der blassen Jeans ab und passt gut zur Farbe seiner abgetragenen Lederschuhe.

Sie wäscht einen Lappen aus und bringt ihn hinaus, das Wasser kalt an ihren Fingern, vereinzelte Tropfen färben die Schieferplatten vor ihr dunkel. Stuart geht mit einem Arm voller Teller, Gläser und Löffel an ihr vorbei. Auf dem Tisch sind noch zwei Gläser und ein Stapel Platzsets. Maeve wischt die Oberfläche mit dem Lappen ab, spürt, wie der Saum ihres Kleids sich gegen ihren Oberschenkel presst.

Stuart kommt wieder heraus, ohne Eile, an einem Glas mit frischem Wasser nippend. Sie sieht, dass er einen Blick auf ihre Portnarbe wirft, die sich oberhalb ihres Ausschnitts befindet, dann setzt er sich auf eine der Liegen mit den dunkelgrünen Polstern am Rand der Terrasse. Als der Tisch fertig abgewischt ist, stellt sie die beiden Gläser auf die Platzmatten und setzt sich dann auf die Kante der Liege neben seiner, als würde sie nur kurz verweilen wollen, als wäre sie so erschöpft vom Abwischen des Tischs, dass es ganz natürlich ist, sich kurz auszuruhen.

Die Sonne geht gerade unter, die Farben am Himmel wie ein Gemälde. »Wie schön«, sagt sie.

Er nickt und dreht das Feuerzeug in der Hand, lehnt dann den Kopf an die Lehne. »Ich habe gehört, dass du krank warst. Also, mehr als krank«, korrigiert er sich und hat kurz einen gequälten Gesichtsausdruck, als sein Blick erneut zu ihrer Narbe wandert. »Das muss schwer sein, jetzt. So was zu bewältigen.«

Sie sackt ein bisschen tiefer in das Polster. »Ja«, sagt sie und schiebt die Ober- über die Unterlippe. »Ich habe aufgehört zu atmen«, gesteht sie schnell. »Sie mussten mich wiederbeleben.«

Er stößt laut Luft aus, hebt die Augenbrauen. »Krass.«

»Ja«, wiederholt sie. Ihr Knie zittert, da ist so viel, was sie sagen möchte. Ihre Eltern werden blass, wenn sie darauf zu sprechen kommen will; ihr Vater hat Wörter wie sich daran aufhängen und ungesund benutzt. Es tut ihnen als Eltern weh, daran erinnert zu werden, das weiß sie, und so egoistisch ist sie nicht. Allerdings tut es ihr auch weh, und zwar die ganze Zeit.

»Das ist heftig. Freut mich aber, dass du überlebt hast.« Sein Lächeln ist ein bisschen traurig. Sie ist froh, dass er nicht so was sagt wie ihr Vater, dass der Tod einen nur noch froher macht, am Leben zu sein. »Das muss schwer sein«, wiederholt er und reibt mit der Seite seines Daumens an der Unterlippe.

»Ist es.« Sie erwidert seinen Blick, badet in seiner Besorgnis.

Er reibt die trockenen Handflächen gegeneinander. »Ich sollte heute besser früh ins Bett gehen, ich habe morgen eine lange Fahrt vor mir.«

Schon ist sie auf den Beinen und greift nach dem Stapel auf dem Tisch, doch er sagt: »Warte, ich hab was für dich. Warte hier, ich hol es schnell.«

»Okay«, sagt sie und schaut ihm nach, wie er über die Wiese zu dem Gartentor joggt, durch das er in den Innenhof kommt, vorbei an der Milchkammer, bis zum Nebengebäude. Eigentlich ist es eher ein Atelier, ein langes, einstöckiges Gebäude mit geweißten Wänden und einer wilden Mischung alter Möbel, die vom Haupthaus dorthin abgeschoben wurden. Als sie eingezogen sind, scherzte ihr Vater — wobei ihr klar war, dass er das nicht scherzhaft meinte —, dass dies der perfekte Ort für sie wäre, dass sie dort mit ihren Freundinnen und Freunden abhängen und all den jugendlichen Blödsinn machen könne, den sie durch ihre Krankheit verpasst hat. Sie stellt sich das vor, sich selbst im Nebengebäude, auf dem abgenutzten Cordsofa rumlungernd, eine Wodkaflasche in der Hand, ein leicht blecherner Housebeat durch ihren Körper dröhnend.

Maeve trödelt auf der Terrasse. Das Licht im Garten ist nun ein violettstichiges Blau, in den Bäumen zwitschern noch Vögel, die leichte Brise kribbelt auf ihrer Haut. Aber sie fürchtet, hier entdeckt zu werden, wartend, und sich dann erklären zu müssen, deshalb folgt sie ihm langsam über die Wiese. Nach dem Regen der letzten Woche ist das Gras weich unter ihren Füßen, die Blumen riechen modrig.

Das Tor quietscht, als er es öffnet. Er scheint nicht überrascht zu sein, sie mitten im Garten vorzufinden, vom Haus aus wegen der Rosensträucher nicht zu sehen. Er hat jetzt eine brennende Zigarette im Mund, die er zum Sprechen herausnimmt. »Hier«, sagt er und bläst den Rauch bewusst von ihr weg, ein kleines Zeichen von Rücksicht, das fast etwas Ritterliches hat. »Für deine Wand«, sagt er und reicht ihr zwei Postkarten, deren Ecken bestoßen sind, als wären sie eine Weile in einer Tasche mitgereist oder zu lange von einer hitzigen Hand gehalten worden.

»Dein Vater hat mich im Haus rumgeführt«, erklärt er und beantwortet damit eine Frage, die sie nicht gestellt hat, »und da habe ich deine Wand vom Flur aus gesehen. Hast du die schon?«

»Nein.«

»Das ist die von Millais.« Er tritt so nah zu ihr, dass der Ärmel seines T-Shirts ihren Arm streift, dass sie seine Körperwärme spürt. »Und das ist die von Waterhouse von 1889. Er hat Ophelia dreimal gemalt, jedes Mal ein bisschen anders.« Das Licht ist fast weg, Maeve kann vom Hintergrund nichts erkennen, nur die blassen Gesichter und das Weiß von Waterhouse’ schwärmender Ophelia.

»Das hab ich im Tate gesehen«, sagt sie und schaut von der Postkarte in sein lächelndes Gesicht.

»Das freut mich. Das von Waterhouse ist in einer Privatsammlung«, fügt er hinzu und tippt an die Ecke der Postkarte, sein Finger berührt dabei ihren, wodurch ihre Knie fast nachgeben. »Irgendein glücklicher Bastard kann es jeden Tag beim Frühstück anglotzen. Obwohl, so wie ich die Reichen kenne, steckt das sicher in irgendeinem Lager — was echt kriminell ist.«

Seine Zigarette leuchtet wie ein Glühwürmchen.

»Ich dachte jedenfalls, sie könnten dir gefallen.«

»Das tun sie, danke«, sagt sie und versucht, dem Wort mehr Tiefe zu geben.

»Dann mal gute Nacht«, sagt er und streift ihr leicht über die Schulter.

»Nacht«, flüstert sie, während das Tor auf- und hinter ihm wieder zugeht.

Wieder im Haus steht sie zitternd mitten in der dunklen Küche, greift dann zum Fleecepullover ihres Vaters und hängt ihn sich über die Schultern. Sie hält die Postkarten in der Hand, sie fühlen sich kalt an, und als sie ein Geräusch im Flur hört, versteckt sie die Hand hinterm Rücken.

»Warum stehst du denn hier im Dunkeln, mein Schatz?«, fragt ihre Mutter leicht spöttisch. »Wo sind alle hin?«, fügt sie hinzu und dreht dann das Wasser auf, woraufhin die Leitungen laut seufzen.

»Ins Bett«, sagt Maeve.

»Wer hat denn angerufen?«, fragt sie, als Alex zu ihnen stößt.

»Jemand von der Arbeit, irgendein Problem in der Vertretung in Madrid. Die Farbe steht dir super, Maeve«, kommentiert er seinen marineblauen Pulli. »Schlafen unsere beiden Unruhestifter?«, fragt er Ruth, gibt ihr einen Kuss auf die Wange und öffnet den Kühlschrank.

»Ja, endlich.«

»Was ein Glück, dass das mit dir so leicht war, Maeve, sonst hätten wir vielleicht keine weiteren Kinder bekommen.«

»Was ein Glück, dass ihr sie bekommen habt, bevor ich krank wurde, meinst du sicher«, kontert sie und zieht den Fleece aus.

»He, sag so was nicht.« Ihr Vater runzelt die Stirn.

»Ich bin müde«, sagt sie dann und verlässt die Küche, geht die Treppe hinauf, bleibt am oberen Absatz stehen, dem einen Ort, an dem man fast alles hören kann, was im Haus passiert.

»Manchmal hab ich das Gefühl, sie gibt uns die Schuld«, sagt ihr Vater.

»Und, sind wir nicht schuld?«

»Das würdige ich nicht mal mit einer Antwort. Bist du sicher, dass du nicht mal mit jemandem sprechen willst?«

»Worüber?«

»Über alles. Deinen Vater ‒«

»Mir geht’s gut.«

»Gut.«

Als sie im Bett liegt, die neuen Postkarten vorsichtig an die Wand gepinnt, denkt Maeve an den eingezäunten Garten. An die Rosensträucher, die Mondsichel, daran, wie aufgeladen die Luft eines heißen Sommerabends ist, voller Möglichkeiten. Im hinteren Teil des Gartens war mal ein Teich. Sie kann sich noch daran erinnern, während einem der wenigen Besuche bei ihrem Großvater danebengehockt und einen Wasserläufer beobachtet zu haben, ein Herbstblatt drehte sich in seinem Kielwasser; sie weiß noch, wie ihr Ellbogen schmerzte, weil ihre Mutter sie grob vom Rand wegriss. Als sie das nächste Mal zu Besuch kamen, war der Teich mit Erde aufgefüllt und bepflanzt. Aber sie stellt sich vor, es wäre noch ein Teich. Sich mittendrin, wartend zwischen den Lilien und Libellen, ihr Rock schwer vom Wasser, allein ihre Atmung machte konzentrische Kreise auf der Oberfläche.

4

Wir sind in einem der oberen Zimmer, in dem mein Vater den Ramsch lagerte, die Luft trüb durch das warme Sommerlicht und den Staub, den wir aufgewirbelt haben. Michael, Iza, ich und der Fensterfuzzi, den Alex hergebeten hat, um einen Kostenvoranschlag zu machen, ohne mich zu informieren, weshalb ich vorhin, als ich aus dem unteren Gästebad kam und gerade noch meine Hose zumachte, erst mal im finsteren Flur einem fremden Mann in die Arme lief.

Er tippt mit dem Finger gegen die Scheibe. »Der Fensterrahmen ist verfault.«

»Tatsächlich?«, antworte ich voller Ironie. Alle Fenster des Hauses sind verfault und undicht, die Rahmenfarbe blättert in exzentrischen Kringeln und Streifen ab, und spontan bin ich froh, dass die Zwillinge nicht länger in dem Alter sind, in dem sie sich alles in den Mund stecken. Wir setzen die Tour durchs Haus fort, in vielen Zimmern herrscht ein heilloses Durcheinander aus alten und neuen Kartons, und die Äußerungen des Mannes zum schlechten Zustand der Fenster, sein abschätziges Schmatzen, sein Kopfkratzen, wirken immer zufriedener, als hätte er den Verfall des Hauses schon vor dem Betreten festgestellt und ist stolz, recht behalten zu haben.

»Haben Sie schon versucht, das hier zu öffnen?«

»Das? Nein, noch nicht.«

»Hm, davon würde ich auch abraten. Wenn sie in so schlechtem Zustand sind, hat man schnell das ganze Fenster rausgedrückt, wenn man versucht, es aufzumachen.«

»Ich werd’s mir merken.«

Iza ist auf einen wackligen alten Holzstuhl geklettert, und ich packe sie am Hosenbund, als sie sich nach einem ramponierten Hut reckt, der auf dem Schrank liegt. Die Zwillinge durften bisher noch nicht in dieses Zimmer, und sie haben meine höfliche Aufforderung, sich doch zu Maeve zu gesellen, die unten vorm Fernseher sitzt, einfach ignoriert.

Michael zerrt laut kreischend an einer Schublade des Aktenschranks, und der Fensterfuzzi schaut von ihm zu mir. Etwas fällt mit einem lauten Knall vom Aktenschrank und rollt auf den Mann zu, der demonstrativ hustet.

Ich lege keinen Wert darauf, neben dem Zustand der fauligen Fenster und des verfallenden Hauses auch noch meine Erziehungsfähigkeiten begutachten zu lassen, noch dazu von jemandem, den ich gar nicht herbestellt habe. »Sind Sie dann fertig?«, frage ich.

»Nun, fast ‒«

»Ich habe mir selbst einen Überblick über die Fenster verschafft«, sage ich und hebe das Geschoss des Anstoßes auf, einen staubigen Cricketball. »Sie sind alle in ähnlich schlechtem Zustand, schätzen Sie den Rest also einfach und melden Sie sich mit dem Kostenvoranschlag bei meinem Mann.«

Als ich ihn zu seinem Wagen gebracht habe, schaue ich zum Haus, den Ball noch in der Hand. Mein Daumen fährt über die raue Naht, über das apfelrote Leder.

Mein Vater hat Cricket geliebt. Manchmal hat er mir im Vorgarten Bälle zugeworfen und angekündigt, wohin er zielt, während ich den riesigen Schläger schwang. In den seltenen Fällen, als er sonntags zu Hause war, saß ich am Boden seines Büros und lauschte mit ihm den knisternden Testspielen im Radio, Pfeifenrauch und Sherrygeruch in der Luft, jeden seiner ironischen Kommentare förmlich aufsaugend. Aber er hörte auf, mit mir Cricket zu spielen, als ich neun oder zehn war, ließ nicht länger seine Bürotür offen stehen, schaltete das Radio ab, wenn ich anklopfte und hereinkam, und fragte: Ja? Brauchst du was, Ruth?

Ich war zu alt für dieses jungenhafte Auftreten, zu alt, weiter so von ihm behandelt zu werden, aber er schien auch nicht zu wissen, wie er mit mir als Mädchen umgehen sollte. Fast war es, als würde er davon ausgehen, den nächsten Schritt übernähme meine Mutter, bloß, dass es sie nicht mehr gab. Den Großteil meiner Erziehung hatten die Haushälterin und Lehrerinnen geleistet, weil seine langen Arbeitstage ihn an London banden und er danach noch sozialen Verpflichtungen nachging oder an Vorstandssitzungen teilnahm und die Samstage auf dem Golfplatz oder bei Mittagsverabredungen oder mit weiteren Abstechern in die Stadt verbrachte; aber meine wertvolle kleine Zeitinsel mit ihm driftete weg, je älter ich wurde. Sein Verhalten mir gegenüber kühlte auch immer weiter ab, ganz so, als würde ich ihn enttäuschen, ohne mir den geringsten Hinweis darauf zu geben, was ich besser machen könnte.

Stuart hingegen war in seinen letzten beiden Sommern vor der Uni weiterhin willkommen gewesen bei ihm im Büro, und das hatte mich eifersüchtig auf ihn gemacht, aber nicht so eifersüchtig, wie ich gewesen wäre, hätte er mit ihm Cricket gespielt, vielleicht, weil ich alles am Beruf meines Vaters, dem Anwalt für Wirtschaftsrecht, sterbenslangweilig fand. Stuart wollte auch Anwalt werden, allerdings interessierten ihn weder Wirtschafts- noch Familienrecht, er wollte gegen Konzerne und Regierungen kämpfen, Seite an Seite mit dem Volk — deshalb ließ mein Vater ihn bei Telefonaten beisitzen, diskutierte Fälle mit ihm, fragte ihn ab über all das, was in den schweren Rechtsbänden stand, die auf mich nichts als öde wirkten.

Jetzt, wo ich durch den Flur laufe, fällt mir ein Sommernachmittag ein, an dem ich mich in der Dunkelheit vor dem Büro herumgedrückt und den dumpfen Stimmen darin gelauscht habe — die frischen Konsonanten meines Vaters gefolgt von Stille, weil Stuart viel leiser sprach. Ich weiß noch, wie leer sich das Haus hinter mir anfühlte, aber dass ich nicht die Energie aufbringen konnte, es zu verlassen und hinaus in die helle Natur zu gehen. Meine Füße froren auf dem Fliesenboden, meine Haare klebten mir im Nacken nach einer weiteren stickigen Nacht.

Ich hörte ein Knarzen, konnte aber nicht schnell genug verschwinden, bevor sich die Tür öffnete.

»Ich freu mich schon darauf, deine Meinung dazu zu hören«, sagte mein Vater, und ich stand nah genug, um die Wärme auf seinem Gesicht sehen zu können, mit der er Stuart betrachtete, dicht gefolgt von dem verkniffenen Zug um seinen Mund, als er mich erblickte.

Ich wurde rot.

»Hallo, Ruth«, sagte Stuart mit pubertärer Freude.

Immerhin einer war froh, mich zu sehen.

»Wolltest du …?« Er hielt mir die Tür auf.

Mein Vater schaute schon wieder auf den Tisch, kritzelte irgendetwas in seiner unleserlichen Handschrift, wegen der ich immer Mitleid mit seinen Sekretärinnen hatte.

»Nein, ich bin nur zufällig vorbeigekommen.«

Stuart schloss die Tür, und schon war es wieder dunkel im Flur. »Ich verstehe nicht, was du an so einem schönen Tag drinnen machst«, stichelte er, und ich folgte ihm zur Haustür. Er blieb auf der Schwelle stehen, blinzelte im Sonnenlicht.

Ich hatte Stuart etwa sechs Jahre zuvor das erste Mal getroffen, als ich über die Straße vorm Haus schlenderte und einen Jungen mit dunklen Locken und einem schiefen Grinsen in einem Baum entdeckte. Sein Vater hatte gerade die Hausmeisterkate bezogen, und Stuart verbrachte den Sommer bei ihm statt bei seiner Mutter in London. Sie lassen sich scheiden, hatte er mir gleich an jenem ersten Tag anvertraut, als wir unvermittelt Geheimnisse austauschten, wie Kinder das manchmal machen, einfach Geschichten um Geschichten anhand ausgedachter Maßstäbe messen, um zu prüfen, ob wir einander gewachsen waren. Zwischen den Sommern sah ich ihn nicht, dachte auch kaum an ihn, weil ich viel zu beschäftigt war mit meinen Schulfreundinnen, aber wann immer wir uns wiedersahen, war da eine willkommene Nähe. Jungs konnten komisch werden, wenn es darum ging, mit einem Mädchen befreundet zu sein, das hatte ich schon selbst erlebt, aber mit Stuart war alles ganz unbefangen.

»Kommst du später mit auf die Wiese?«, fragte ich ihn an jenem Sommertag, und er schob sich eine Locke hinters Ohr. Drei weitere Jugendliche verbrachten den Sommer mit ihren Familien in den Ferienhäusern, und wir lungerten tagsüber mit dem Plattenspieler auf der Wiese ganz in der Nähe unseres Hauses.

Stuart schüttelte den Kopf. Sein Vater ließ ihn für sich arbeiten — Rasen mähen, Baumstämme hochklettern, Gartenabfälle zum Kompost tragen oder zum Feuerplatz, seine Werkzeuge reinigen. Wir sind hier nicht zum Vergnügen, Junge, sagte Stuart oft mit betont tiefer Stimme und einer Spur Spott, um ihn nachzuahmen. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen ich die beiden nebeneinander sah, war ich jedes Mal unendlich erstaunt, dass sie überhaupt verwandt waren: der Vater rotwangig mit dickem Bauch — barsch —, der Sohn blass, dünn, immer mit einem Lächeln.

»Wie läuft’s mit den Paragrafen?«

»Ich lerne Unmengen, werde gefordert. Er weiß so viel.« Seine Stimme erstarb, als er sehnsüchtig zurück ins Haus blickte.

»Er ist mein Vater, das weißt du schon, oder? Du kannst ihn nicht haben«, sagte ich im Versuch, einen fiesen Witz zu machen.

»Ich will ihn gar nicht. Mach dir keine Sorgen, dich mag ich viel lieber«, sagte er, legte mir den Arm um die Schultern und drückte mich.

Ich schüttelte ihn ab und streckte ihm die Zunge raus, dann rannte ich über die Wiese davon und wusste, dass er mir nachlaufen würde. Er hatte mich nach etwa der Hälfte eingeholt, griff lachend nach meinem Arm. Ich beugte mich vornüber, um zu verschnaufen und mein zufriedenes Grinsen zu verbergen.

»Es macht dir doch nichts aus, dass er mir was beibringt, oder?«, fragte er.

»Schon okay.«

»Wir kommen nicht alle mit einem goldenen Löffel im Mund zur Welt, Ruth, ich brauche jede Unterstützung, die ich kriegen kann.«

»Oh, ja, wir schwimmen schließlich im Geld«, sagte ich.

Ich muss an den Solipsismus meiner Jugend denken, daran, dass ich glaubte, nur weil wir keine schicken Autos hatten, extravagante Urlaube machten und mit vollen Händen Geld scheffelten, dass mein Vater und ich nicht wohlhabend waren, wohlsituiert, im Vergleich zu anderen, zu Stuart. Daran denke ich jetzt, seit ich weiß, wie teuer es ist, ein Haus wie dieses zu unterhalten, während mein Blick zu einem feuchten Fleck am Fuß der Treppe wandert, dann zum aufgeblähten Holz des abblätternden Fensterrahmens am oberen Ende, bevor ich in den Ramschraum zurückkehre.

Die Stapel von Kartons, die schiere Last der Habseligkeiten meines Vaters, die alles andere verdrängt, machen mich wütend. Warum muss ich das alles entrümpeln? Warum konnte er das nicht selbst? Ich hatte nicht damit gerechnet, das Haus und die damit verbundene Verantwortung zu erben — schließlich waren wir entfremdet gewesen —, aber als ich das Alex gegenüber erwähnte, fragte dieser nur, und wem hätte er es sonst vermachen sollen?

Alex mag Logik, mag Dinge, die Sinn ergeben, nachvollziehbar sind. Er mag es nicht, wenn die hübschen Regeln seiner Welt auf den Kopf gestellt werden. Als Maeve ihre erste Krebsdiagnose bekam, saß er da und schaute die Ärztin stirnrunzelnd an, als wäre sie ein Schulmädchen, das einen Fehler in Algebra gemacht hatte.

Ich bin im Garten, als Alex nach Hause kommt, und trinke einen Gin Tonic mit Gin, den ich aus dem beträchtlichen Vorrat meines Vaters gemopst habe, und abgestandenem Tonic aus dem Kühlschrank.

»Ich habe Paige am Bahnhof getroffen«, sagt Alex, der zu mir an die Liege tritt, die ich auf die Wiese gezerrt habe mit Blick auf die Rosensträucher.

»Wer ist Paige?«

»Die Frau mit dem Marktstand. Die Honig von ihren Bienen verkauft?«