Unsere fünf heiligen Bäume - Dr. Wolf-Dieter Storl - E-Book

Unsere fünf heiligen Bäume E-Book

Dr. Wolf-Dieter Storl

0,0
14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wegweiser zum eigenen Selbst: Baum-Meditationen mit Bestseller-Autor Wolf-Dieter Storl. Mit den Baum-Meditationen, die uns der Kulturanthropologe und Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl, vorstellt, lernen wir, wie man die Seele öffnet und dabei mit dem Wesen eines Baumes in Resonanz kommt. Wir erfahren, dass jede Baumart ihre eigenen charakteristischen Botschaften vermittelt. Traditionelle Waldmenschen, die Heiler und Schamanen der indigenen Völker sowie unsere fernen Ahnen kannten das schon immer. Die Botschaften, Bilder und Eindrücke, welche die Menschen auf diese Weise empfingen, wurden in Form von Mythen, Märchen, Brauchtum und Heilwissen weitergegeben. In diesem Natur-Ratgeber stellt Wolf-Dieter Storl 5 einheimische Bäume vor, wobei jeder für ein großes Lebensthema steht: Die Birke ist der Baum des lichtvollen Anfangs, die Buche schafft geistige Verbindung, die Eiche unterstützt ordnende Kräfte, die Linde ist der Baum der heilenden Liebe und die Eibe steht für die offenen Lebensfragen. Durch die Natur-Meditation öffnen wir uns für eine größere Dimension. Dafür ist nicht unbedingt eine besondere Sitzhaltung notwendig, man kann den Baum auch umarmen, die Rinde fühlen, sie riechen, ein Blatt kosten. Wichtig ist, das Bewusstsein auf den Baum zu richten und auf das, was seine Gegenwart in unserer Seele in Resonanz bringt. "Nach Jahren der Meditationen mit Bäumen besteht für mich kein Zweifel mehr, dass Bäume mit uns reden, mit uns träumen – das ist eine sehr heilsame Kommunikation." Wolf-Dieter Storl

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 194

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wolf-Dieter Storl

Unsere fünf heiligen Bäume

Meditieren und heil werden in der Natur

Knaur e-books

Über dieses Buch

Wegweiser zum eigenen Selbst: Baum-Meditationen mit Bestseller-Autor Wolf-Dieter Storl.

 

Mit den Baum-Meditationen, die uns der Kulturanthropologe und Ethnobotaniker Wolf-Dieter Storl, vorstellt, lernen wir, wie man die Seele öffnet und dabei mit dem Wesen eines Baumes in Resonanz kommt. Wir erfahren, dass jede Baumart ihre eigenen charakteristischen Botschaften vermittelt. Traditionelle Waldmenschen, die Heiler und Schamanen der indigenen Völker sowie unsere fernen Ahnen kannten das schon immer.

Die Botschaften, Bilder und Eindrücke, welche die Menschen auf diese Weise empfingen, wurden in Form von Mythen, Märchen, Brauchtum und Heilwissen weitergegeben.

In diesem Natur-Ratgeber stellt Wolf-Dieter Storl 5 einheimische Bäume vor, wobei jeder für ein großes Lebensthema steht: Die Birke ist der Baum des lichtvollen Anfangs, die Buche schafft geistige Verbindung, die Eiche unterstützt ordnende Kräfte, die Linde ist der Baum der heilenden Liebe und die Eibe steht für die offenen Lebensfragen.

Durch die Natur-Meditation öffnen wir uns für eine größere Dimension. Dafür ist nicht unbedingt eine besondere Sitzhaltung notwendig, man kann den Baum auch umarmen, die Rinde fühlen, sie riechen, ein Blatt kosten. Wichtig ist, das Bewusstsein auf den Baum zu richten und auf das, was seine Gegenwart in unserer Seele in Resonanz bringt.

 

»Nach Jahren der Meditationen mit Bäumen besteht für mich kein Zweifel mehr, dass Bäume mit uns reden, mit uns träumen – das ist eine sehr heilsame Kommunikation.« Wolf-Dieter Storl

Inhaltsübersicht

VorwortBeheimatet in den BäumenErbe der PrimatenWaldkulturen, Weltenbäume und SchamanenbäumeKinderzeichnungen, Kletterbäume und StammbäumeSeelenbaum BirkeReinigen heißt Erstarrtes lösenInspirieren heißt in Fluss bringenAltes lassen und neu anfangenEmporgehoben und gewiegt werdenMaifest und MaiköniginAltes BrauchtumSchamanen- und WeltenbaumFliegenpilzreiseMagisches und SymbolischesVon Anfang bis zum EndeDie Birke schenkt uns KraftSeelenbaum BucheBuchenstab-OrakelSaturnische SchwelleWaldkathedraleMastjahreNutzung und VerbreitungOrakel und HeilmittelNamen und OrteHofbäumeBotschaften und InspirationenSeelenbaum EicheBlitz und DonnerRecht schaffenEingemittetNährendFruchtbarHeiligHeilkundeTreue und OrdnungSchubkraft für die IndustrialisierungWir haben die WahlTreue zu sich selbstSeelenbaum LindeLebensfreude und SinnlichkeitEkstase und InnigkeitPhilemon und BaucisDie Seele berührenLind und heilendPflanzengeistDie HoflindeDurchlässig seinLebende Präsenz und BegeisterungSeelenbaum EibeDurchbrochener Kreis und Tor zur EwigkeitWesten und OstenTodbringendGiftigSchutz vor ElbenzauberGöttlich und dunkelAltes BrauchtumTeil der GanzheitMein Weg zu den BaummeditationenWie man Baummeditationen macht
[home]

Vorwort

Westliche Menschen sind seelisch oft am Hungern, es fehlt ihnen im Alltag etwas ganz Wesentliches. Sie spüren nicht die Gewissheit und das Vertrauen, dass alle und alles verbunden ist, wir geborgen und aufgehoben sind und das, was wir brauchen, zur Verfügung steht. Dieses Manko zeigt sich gesellschaftlich in kompensatorischem Konsum. Das vorliegende Buch öffnet, inspiriert und gibt Anleitungen, wie und wo wir etwas von diesem vordergründig Fehlenden finden können. Es ist nicht weit. Es braucht nicht viel. Glücklicherweise.

Für die Gespräche über die fünf heiligen Bäume habe ich ein paar Tage bei Wolf-Dieter Storl und seiner Familie im Allgäu verbracht. Zwischen den langen und intensiven Tonaufnahmen sind wir auf Anhöhen spazieren gegangen oder saßen im Garten beim Mittagessen. Gespräche über Gott und die Welt gingen in dieser Zeit natürlich weiter. Es war eine friedliche Atmosphäre voller Engagement und gleichzeitiger Gelassenheit. Dafür möchte ich Wolf-Dieter Storl und seiner Familie von Herzen danken! Ich freue mich sehr, haben wir mit dem vorliegenden Buch doch ein weiteres schönes Produkt zusammen geschaffen. Es ist ein wichtiges und hilfreiches Werk, das seine Lesenden, alt und jung und alle dazwischen, finden wird. Davon bin ich überzeugt.

Es ist immer eine Freude und hoch inspirierend, Wolf-Dieter Storl ein paar wenige Fragen zu stellen und ihm dann den Raum zu lassen. Er ist ein begnadeter Erzähler! Seine mündlichen Erläuterungen wirken aufs Erste wenig strukturiert; er erzählt nicht unbedingt chronologisch oder gemäß einer ersichtlichen oder rational nachvollziehbaren Logik. Stattdessen überlegt er zuerst kurz und beginnt dann an einem Punkt; von da aus schöpft er aus dem Vollen und erzählt dann Geschichten in den Geschichten in den Geschichten. Das habe er in Indien so gelernt, sagt er. Als Zuhörende muss ich gar nicht seiner übergeordneten Sicht folgen wollen, sondern es ist lohnender, sich geistig an die Hand nehmen zu lassen und einfach nur mitzugehen, sich führen zu lassen und sich dabei nicht vor einer leichten Trance zu fürchten. Diese hilft, ganz präsent und im Herzen zu bleiben und sich nicht im Verstand zu verheddern. Storl selbst sind natürlich die aufgeworfenen Fragen und das ursprüngliche Thema immer präsent, und er erzählt vielschichtig und differenziert. Am Schluss ist jedenfalls alles beantwortet, und man erkennt jetzt darüber hinaus viele Zusammenhänge, die man zu erfragen gar nicht imstande gewesen wäre. Und zwischendurch wird einfach so richtig herzlich gelacht – Storls Schalk ist mitreißend.

Die ursprünglich erzählten Texte über die fünf heiligen Bäume in diesem Buch sind wie gesagt durch Tonaufnahmen entstanden, die ich danach bearbeitet habe. Vermutlich werden alle, die die angenehme und freundliche Stimme Storls aus Seminaren, Vorträgen oder von CDs kennen, ihn beim Lesen innerlich erzählen hören. Und somit nicht nur Lesegenuss, sondern durchaus auch etwas Erzähl-Atmosphäre erleben.

Wolf-Dieter Storl hat im Nachhinein das Buch schriftlich mit dem ersten und den zwei letzten Kapiteln ergänzt. Er erzählt darin Spannendes über unser ursprünglich sehr enges Verhältnis zu den Bäumen und gibt Hinweise, wie wir mit den Bäumen meditieren können. So erfahren wir die Heilkraft der Bäume mit unserem ganzen Wesen und können Zuversicht, Weisheit, Inspiration und echten Rat empfangen. Transzendenz inklusive.

 

Rébecca Kunz

Biologin/Therapeutin

www.heilender-raum.ch

[home]

Beheimatet in den Bäumen

Einst, an einem taufrischen Morgen am Anfang der Zeit, wanderten die drei Ur-Götter Wodan (Odin), Vili (Hönir) und Ve (Lodur, Loki) entlang des Gestades des Ur-Meeres. Am Strand entdeckten sie zwei angeschwemmte Baumstämme. Der eine Stamm war der einer Esche, der andere einer Ulme. Wodan, der Herr der Winde, blies sie an und schenkte ihnen damit den Lebensatem – den Geist und die Stimme; Vili erweckte in ihnen die Seele voller Empfindung und Leidenschaft; und Ve, der Gott des Feuers, schenkte ihnen rotes Blut und rote Backen, die Lebenswärme und das innere Feuer. Die klugen Zwerge eilten herbei mit Schnitzmesser und Meißel und gaben ihren Körpern menschliche Gestalt. So entstand aus dem Eschenstamm der erste Mann und aus der Ulme die erste Frau.

Diese altnordische Sage ist nicht einmalig. Auch in vielen anderen Kulturkreisen, etwa bei den Kelten, den altsibirischen Völkern, den Indianern und auch bei einigen Afrikanern, traten die ersten Menschen aus Bäumen hervor. Bäume sind sozusagen die Eltern des Menschengeschlechts.

Wir modernen Menschen halten uns für wissenschaftlich aufgeklärt. Solche alten Sagen, meinen wir, mögen ganz nett sein, aber mit der Wirklichkeit haben sie nichts zu tun. Es sind halt die phantasievollen Erklärungsversuche primitiver Völker. Wir sollten mit unserem Urteil aber nicht zu vorschnell sein. Wenn wir tiefer nachsinnen, dann erweisen sich solche Geschichten gar nicht als so unwahr. Unsere Art wurde tatsächlich biologisch und seelisch von den Bäumen geprägt und geformt. Ohne Bäume und Wald hätte es die Primatengattung Homo gar nicht gegeben. Bäume sind unsere Eltern; aus ihnen sind wir hervorgegangen.

Erbe der Primaten

Anfang des Paläozäns, vor 65 Millionen Jahren, nachdem ein mächtiger Kometeneinschlag die Riesenechsen, die Dinosaurier, ausgelöscht hatte, bedeckte tropischer Regenwald drei Viertel der Erde. Es war feucht und heiß; an den Polen gab es kein Eis. In diesem Baumbiotop konnten sich die damals katzen- oder eichhörnchengroßen Primaten gut entwickeln. In den Kronen der Laubbäume fanden sie nicht nur Schutz vor Raubtieren und Greifvögeln, sondern zugleich auch einen reichlich gedeckten Tisch mit unzähligen proteinreichen Insekten, Vogeleiern, zarten Blättern, den Rinden junger Zweige und vor allem süßen energiereichen Früchten. Primaten sind in erster Linie Obst- und Früchtefresser. Unsere Liebe für Zucker und Süßes allgemein ist auch ein Erbe dieser Vorfahren.

Die Augen dieser Baumbewohner verschoben sich immer weiter nach vorne, sodass sich die Gesichtsfelder überschnitten und das Tiefensehen immer präziser wurde. Zugleich wurden ihre Hälse beweglicher; kaum ein anderes Säugetier kann den Kopf so weit nach hinten drehen wie die Primaten.

Diesen Primatenvorfahren verdanken wir auch unsere greifenden Hände mit dem abgespreizten Daumen, der sich den anderen vier Fingern gegenüberstellen kann. Wenn ein solcher Vorfahr durch die Äste sprang, dann war es absolut notwendig, den nächsten Ast genau zu orten. Wenn im Geäst der Bäume die greifenden Hände nicht exakt mit dem räumlichen Sehen koordiniert wären und man danebengreifen würde, dann würde man – ganz im Sinne der natürlichen genetischen Auslese – abstürzen und aus dem Gen-Pool ausscheiden. Es ist noch in der Sprache erhalten: Um zu überleben, muss man »be-greifen« können, die Dinge im Griff haben, den Halt nicht verlieren und durchhalten können. Wie wichtig das Greifen war, zeigt sich bis heute im Klammerreflex der Säuglinge.

Der Daumen erlaubte diesen Primaten, die Nahrung mit den Händen zum Munde zu führen. Dabei fingen sie an, beim Essen eine Sitzhaltung einzunehmen. Das sind Fähigkeiten, die uns bis heute erhalten geblieben sind und es uns Menschen ermöglichen, mit Werkzeugen umzugehen.

Wir gehören zu den wenigen Tierarten, die ein breites Spektrum von Farben sehen können. Der Lebensraum in den Baumkronen, durch die sich die Primatenhorden bewegten, bestand aus vielen Nuancen und Schattierungen von Grün. Überlebenswichtig in dieser grünen Welt war es, Gelb und Rot gut zu erkennen, denn mit diesen herausstechenden Farben signalisierten die reifen Früchte ihr Dasein. Andere Säugetiere können das nicht. Hunde nehmen Grün und Blau wahr, aber kein Gelb, Orange oder Rot; ebenso Pferde, die weder Blau noch Rot wahrnehmen können. Auch die Stiere in der Stierkampfarena können kein Rot sehen, sie reagieren lediglich auf das bedrohlich flatternde Tuch. Nachtaktive Säugetiere sind farbenblind. Die meisten Vögel und Insekten, vor allem Bienen und Schmetterlinge, sehen Farben – sie sehen auch weiter ins Ultraviolette hinein –, da auch sie auf Blütenfarben oder Beerenobst angewiesen sind.

Wir bewegen uns zwar nicht mehr in den Baumkronen, aber im alltäglichen Verkehr kommen diese Fähigkeiten noch zur Geltung. Noch immer bedeutet für uns Menschen das Grün freie Fahrt – die grüne Welle –, bei Gelb werden wir aufmerksam, und bei Rot halten wir. Wir wickeln Geschenke in farbiges Papier, bunte Blumensträuße berühren uns seelisch, und selbstverständlich hat auch die Werbung die Kraft der Farben entdeckt.

In den hohen Ästen und Wipfeln der Bäume benötigten die Primaten nicht die hoch entwickelten Riechorgane, die den vierbeinigen, Pflanzen fressenden Bodenbewohnern sagen, welches bekömmliche Kräutlein sich da unmittelbar vor der Schnauze befindet. Auch brauchten sie nicht die feine Witterung der Raubtiere, mit der diese einer heißen Spur auf dem Boden nachschnüffeln und sie wissen lässt, dass Beute in der Nähe ist. Für richtige Baumbewohner ist eben das Sehvermögen viel wichtiger. Unsere Nasen sind im Vergleich zu Kühen, Pferden, Bären, Ratten und anderen auf dem ebenen Boden lebenden Säugetieren stark unterentwickelt oder, genauer gesagt, verkümmert. Auch hinterlassen wir und die mit uns verwandten Menschenaffen keine Duftmarken mehr, um Botschaften zu vermitteln. Wenn wir einander begrüßen, dann ist es von Angesicht zu Angesicht – wir blicken einander in die Augen und beschnüffeln einander nicht, und schon gar nicht den Hinterleib, wie es bei Hunden und vielen anderen Säugetieren der Fall ist. So ist es auch kaum verwunderlich, dass das Riechen und Beschnuppern in den sozialen Beziehungen der Primaten immer weniger eine Rolle spielte, dafür aber umso mehr die korrekte Deutung des Gesichtsausdrucks. Die ausdrucksstarke Gesichtsmimik haben wir Menschen ebenfalls von den Primatenvorfahren geerbt.

Durch das ständige Hängen und Klettern in den Ästen entwickelten die Primaten ein ausgeprägtes Schlüsselbein. Dieser S-förmige Knochen zwischen Brustbein und Schulterblatt, den wir von den Reptilien geerbt haben, ermöglicht es uns, mit unserem ganzen Gewicht an einem Ast zu hängen, ohne die Schultermuskeln in Mitleidenschaft zu ziehen oder das Schultergelenk auszukugeln. Mütter können so ihre Kleinen an beiden Armen hochziehen. Würde man das bei Haushunden oder Katzen tun, würden diese vor Schmerzen schreien. Bei den meisten anderen Säugetieren hat sich das Schlüsselbein zurückgebildet oder ist, wie bei Pferden und anderen grasfressenden Steppentieren, völlig verschwunden.

Dank unseres Kletterns können wir die Arme hochheben oder sogar auf dem Rücken verschränken; wir können mit ihnen in jede Richtung langen, die Arme hängen lassen oder sie auch einzeln im Kreis herum schwingen; wir können die Handflächen nach oben und nach unten drehen oder uns auf die entgegengesetzte Schulter legen. Welche anderen Tiere können das?

Die frühen Primaten entwickelten sich in verschiedene Richtungen. Im frühen Miozän, vor rund zwanzig Millionen Jahren, begannen die Menschenaffen, sich von den Altweltaffen abzuspalten. Es kam zu einer regelrechten Blütezeit der Menschenaffen; sie machten sich die Wälder Afrikas und Eurasiens zu eigen. Insgesamt vierzehn Gattungen dieser Tiere machen die Wissenschaftler aus, darunter auch der Dryopithecus, der »Affe aus dem Eichenwald«, ein Baumbewohner, der auch in Europa heimisch war. Einer dieser »Eichenwaldaffen« war der Danuvius, der erst kürzlich (2019) im Ostallgäu entdeckt wurde. Er lebte im Spätmiozän, vor elf Millionen Jahren, in den Laub- und Auenwäldern des Allgäus, und – was die absolute Sensation ist – er konnte aufrecht gehen. Seine Fuß- und Beinknochen lassen diesen Schluss zu. Danuvius stellt sozusagen eine Zwischenstufe zwischen Baum- und Bodenbewohnern dar.

Zu dieser Zeit begann sich das Weltklima allmählich abzukühlen, die Durchschnittstemperatur der Erde sank von 25 °C auf rund 15 °C; die Eiszeiten kündigten sich an. Und wenn es kühler wird, wird es in den Tropen trockener. Warmes Klima lässt mehr Wasser verdunsten und begünstigt den Regen. Wenn es dagegen kälter wird, wenn Wasser in Form von Gletschern und Eis der Atmosphäre entzogen wird, dann schrumpfen die tropischen Regenwälder. Unter diesen Umständen entbrannte unter den baumbewohnenden Menschenaffen ein Konkurrenzkampf um die verbleibenden Waldbiotope. Die Stärkeren, die Vorfahren der Gorillas und Schimpansen, vermochten die Schwächeren – unsere Vorfahren – aus dem Baumparadies zu drängen. Menschenaffen wie der Danuvius – vermutlich ein Vorfahre unserer Gattung – gehörten dazu. Verstoßen aus den Urwäldern, wandten sie sich der Baumsavanne zu und begannen, aufrecht zu gehen.

Auch diese Fähigkeit zum aufrechten Gang verdankten unsere Vorfahren dem Leben in den Bäumen. Das senkrechte Klettern in den Bäumen, das Greifen nach Früchten und das Hängen mit den Armen an Ästen und von Lianen stellten eine Art Voranpassung (Präadaption) zur späteren vertikalen Körperhaltung der Frühmenschen dar. Ein aufrechter Gang lässt die Hände frei zum Tragen von Kleinkindern und Gegenständen sowie zur Herstellung von Werkzeugen.

Eine Parklandschaft mit vereinzelten Bäumen löst in uns unbewusste Erinnerungen an die Baumsavanne aus, in der wir uns zur Gattung Homo entwickelten. Dem Unterbewusstsein erscheinen diese einzeln stehenden Bäume als mögliche Fluchtbäume, sie geben ein Gefühl der Sicherheit; der Herzschlag beruhigt sich messbar, und der Blutzuckerspiegel wird gesenkt. Kaum eine Stadt, die nicht einen Park mit alten Bäumen ihr Eigen nennt. In der entspannenden Atmosphäre eines Parks spielen wir gerne, machen Picknicks und genießen unsere Freizeit.

Wir sehen in dieser kurzen Skizze, dass die Vormenschen sich ganz im Sinne des darwinistischen Evolutionsgesetzes an das Leben in den Bäumen anpassten. Wir sind, wie die alten Mythen es sagen, aus den Bäumen erschaffen worden.

Waldkulturen, Weltenbäume und Schamanenbäume

Mit dem vorläufigen Abschluss unserer biologischen Evolution hörte die Beziehung zwischen Mensch und Baum nicht auf. Die Bäume waren weiterhin Vermittler von inneren Bildern, Gedanken und hohen Inspirationen, die ihren Niederschlag in menschlichen Kulturen finden. Egal, ob bei den zentralafrikanischen Völkern, bei den australischen Ureinwohnern, den Indianern Nord- und Südamerikas, den Taigabewohnern Sibiriens, den Völkern Südostasiens, der Zivilisation Indiens – überall wurden Lebensweise, Brauchtum, Sagen und Märchen von den Bäumen und Wäldern geprägt. Bäume blieben somit unsere Eltern und Erzieher. Das gilt auch für die Vorfahren der Europäer, insbesondere der Kelten, Germanen, Slawen und Balten, sowie der Griechen und frühen Römer.

Überall kannte man den Weltenbaum, der die Mitte des Universums darstellte und eine Verbindung war zwischen den oberen Lichtwelten und den tiefen Wurzelwelten. Viele Völker deuteten das Universum selbst als einen riesigen Baum. So auch die indigenen Völker des Nordens, die Germanen. Ihre Seher kannten neun Ebenen, in denen Götter, mächtige Lichtelfen, Riesen und andere Wesen wohnten. Auch eine drei mal drei gegliederte Wurzelwelt tat sich ihnen kund, wo zuunterst ein mächtiger Drache – Symbol der rohen Lebenskraft – haust, wo der Urbrunnen oder Urquell sprudelt und wo sich die drei Urmütter befinden. Diese mächtigen Frauen sind die Nornen, die das Schicksal aller Wesen, auch das der Götter, spinnen. In der Mittelregion, zwischen den Wurzeltiefen und den neun oberen Stockwerken des Weltenbaums, befindet sich Midgard, der Garten der Mitte oder, wie der Mythologe J. R. Tolkien es nannte, die »Mittelerde« (Middle-earth). Das ist die Heimat der Menschen, Tiere, Pflanzen und aller anderen verkörperten Wesen. Auch wenn wir sie mit den physischen Augen nicht sehen, sind die Wesenheiten, die jenseits Midgard die Äste, Zweige und Wurzeln bewohnen, ganz reale Mächte; aber sie sind metaphysischer oder geistiger Natur.

Der Weltenbaum ist immer zugleich der Schamanenbaum, der die verschiedenen Seinsebenen mittels einer senkrechten Achse verbindet. Es sind Schamanen und Schamaninnen, die es im außergewöhnlichen Bewusstseinszustand vermögen, hinab in die Wurzelwelten zu klettern oder wie ein Vogel hinauf in die Wipfelwelten zu fliegen und heilsame Botschaften zurückzubringen. Jeder alte mächtige Baum kann bei einer schamanischen Séance den Weltenbaum darstellen. In Sibirien ist es meistens eine Birke, die in der Mitte der Jurte oder des Spitzzeltes aufgestellt wird und durch die Rauchöffnung ragt; darauf kann der Schamane in die Ober- oder Unterwelt reisen. Beim alteuropäischen Maifest spielt die Birke eine ähnliche verbindende Rolle.

Die Eiche, in die der Blitz fahren kann, galt bei den indoeuropäischen Völkern als Weltenbaum, unter dem der Stamm den Rat der Himmelsgötter empfangen konnte. Und noch heute holen wir uns den Weltenbaum – als Weihnachtsbaum – in der Form einer Tanne oder Fichte zur Wintersonnwende ins Haus.

Kinderzeichnungen, Kletterbäume und Stammbäume

All das ist nicht nur Geschichte, buntes Brauchtum oder Folklore, die sich jemand willkürlich ausgedacht hatte. Es handelt sich um keine intellektuell konzipierte »kulturelle Konstruktion«, sondern um Urbilder, die sich uns in den tiefsten Schichten der Seele eingeprägt haben. Der Baum ist nicht nur da draußen als Naturobjekt vorhanden, sondern wir tragen ihn in uns.

Das zeigen schon die allerersten Zeichnungen, die Kindergartenschüler oder Erstklässler spontan malen. Fast immer steht da, auf einem grünen Rasen, ein Haus mit Fenstern und einer Tür, daneben ragt ein Baum mit grünem Laub in den blauen Himmel; von oben herab strahlt eine freundliche gelbe Sonne – oft hat sie ein lächelndes Gesicht. Der Schweizer Psychoanalytiker C. G. Jung deutete diese Bilder als Ausdruck der kindlichen Seele: Das Haus stellt den Körper dar; die Sonne ist das göttliche, höhere Selbst, und der aufrechte Baum ist die Verbindung zwischen dem verkörperten Dasein und diesem höheren Selbst.

Kinder klettern gerne in Bäumen herum und schaukeln gerne in den Ästen. Das gilt nicht nur für Jungs, sondern oft ebenso für die Mädchen. Und Baumhäuser sind bei Kindern beliebt. Diese Verhaltensmuster haben wahrscheinlich entwicklungsgeschichtliche Gründe. Seit Ernst Haeckel wissen wir, dass die Entwicklung des einzelnen Organismus die gesamte Stammesgeschichte wiederholt. Wissenschaftlich drückte er diese »biogenetische Grundregel« so aus: Ontogenese rekapituliert die Phylogenese. Das heißt, jeder Einzelne geht im Zeitraffer durch alle Stufen der Evolution seiner Spezies hindurch. Wir fangen als Einzeller im Bauch der Mutter an, gehen durch das Stadium eines Hohltieres, dann entwickeln wir kurzfristig Kiemenspalten wie ein Fisch, kurz darauf ähnelt der Embryo einem Lurch, vorübergehend haben wir eine Schwanzwirbelsäule, und in der dreizehnten bis sechzehnten Schwangerschaftswoche ist der Fötus mit Haarflaum bedeckt. So geht es weiter, bis wir als Säugling geboren werden. Aber auch da hört die Rekapitulation nicht ganz auf. Könnte es nicht sein, dass die Kletterbegeisterung der heranreifenden Kinder mit dem Stadium der waldbewohnenden Primaten in Resonanz steht?

Auf jeden Fall sind Bäume keine dumpfen, materiellen Gegenstände. Sie sind Lebewesen, mit denen wir eine Co-Evolution von Hunderten Millionen Jahren haben. Bäume haben uns während dieses langen Zeitraums innerlich-psychisch wie auch äußerlich-physisch geformt. Sie tun es heute noch. Auch wenn sie schweigen und in unserem Sinne nicht reden können, so kommunizieren sie noch immer mit unserem Unbewussten. Sie prägen sich ein, erzeugen tiefe Resonanzen, werden Teil unserer Seelenwelt, schaffen innere Bilder, die uns inspirieren und in unseren Träumen erscheinen können. Wir können lernen, wie wir ihre Botschaften besser wahrnehmen. Wie man das tut, wollen wir uns im Kapitel über Baummeditationen im letzten Teil des Buches näher anschauen.

Was die Seher, weisen Frauen und Schamanen auf ihren Reisen zu den verschiedenen Baumarten mit ihrer Geisteskraft wahrnahmen, mussten sie erst einmal festhalten und dann in Sprache und in verständliche Bilder fassen. Damit die anderen Stammesmitglieder die Botschaften verstehen konnten, benutzten sie die in der jeweiligen Kultur bekannten Symbole und Motive. Was sie erzählten, waren Märchen im wahrsten Sinne: Botschaften aus göttlichen oder metaphysischen Dimensionen.

In diesem Buch wollen wir nun den über Jahrtausende von sensiblen Menschen wahrgenommenen Bildern und Botschaften nachgehen, die uns fünf unserer einheimischen Waldbäume geschenkt haben. Die fünf Bäume sind Birke, Buche, Eiche, Linde und Eibe. Es hätten auch andere Bäume sein können, denn jede Baumart ist Ausdruck eines göttlichen Archetypus, eines Devas. Diese hier aber haben eine besonders innige Beziehung zu unserer überlieferten Kultur.

[home]

Seelenbaum Birke

Freut euch, ihr Birken,

Freut euch, ihr grünen!

Zu euch gehen die Mädchen,

Euch bringen sie Kuchen,

Backwerk und Omletten.

Russisches Volkslied zu Ehren der Birken

Die Birke – der Baum des lichtvollen Anfangs

Die Birke ist der Baum des Frühlings, des Anfangs, des Neubeginns. Sie ist ein lichterfüllter, reinigender Baum, und die dazugehörige Göttin Brigit oder Birgit läuft im Frühling übers Land und bringt alles zu mehr Leichtigkeit und ins Fließen. Sogar unsere Gedanken und Worte. Die Birke ist im Norden der Maibaum und steht insgesamt für fröhliches Wachstum und Gedeihen.

Die Birke ist auch ein Schamanenbaum, unter ihm wachsen oft Fliegenpilze. In der Meditation werden wir von der Birke hochgehoben ins Licht und in die Anderswelt, deren Zugang unter der Birke nur ein dünner Schleier ist. Sanft werden wir gewiegt und geschaukelt, und alles Verhärtete wird aufgeweicht, gelöst und kommt wieder in den Fluss. Mit Bildern voller Zuversicht und Lebensfreude hilft uns die zarte, elastische Birke, wieder zu uns zu kommen und heil zu werden.

Reinigen heißt Erstarrtes lösen

Im Frühling, wenn die Birke anfängt zu grünen – mit diesem wunderbaren hellen Grün und diesem weißen Stamm –, ist das ein Zeichen, dass die Natur aufgeht und dass die Zeit der Dunkelheit aufhört. Die Winterhärte, das Erstarrte löst sich auf und kommt ins Fließen. Das geschieht in der Natur, und es geschieht auch in uns, wenn wir die Birke betrachten. Wenn wir uns der Birke öffnen. Denn was im Makrokosmos in der Natur geschieht, geschieht auch in uns selbst.

Die Birke spielte schon in der alten Steinzeit eine wichtige Rolle. Die Menschen nannten sie »die hell Glänzende«, die Leuchtende. Das Wort »Birke« im Ur-Indoeuropäischen *bhereg[1] heißt »umhüllter Glanz« oder »umhüllender Glanz«. Entsprechend sind auch die Namen dieser Frühlingsgöttin, der ersten Göttin, der keltischen Göttin des Neuanfangs, Birgit oder Brigit. Im Sanskrit heißt die Birke bhurja. Es ist der lichtgefüllte Baum, der reinigende Baum.