Unter dem Gesetz der Wüste - Reinhard Roehle - E-Book

Unter dem Gesetz der Wüste E-Book

Reinhard Roehle

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Beschreibung

Der junge Archäologe Doktor Geldern forscht im Orient nach Altertümern. Als sein Koch erkrankt, schleicht sich unter falschem Namen ein verräterischer Beduine bei ihm ein, um ihn unterwegs in eine Falle zu locken und auszurauben. Ein abenteuerliches Geschehen um Mord, Raub und Blutrache beginnt …

Reinhard Röhle lebte von 1876 bis 1938. Jahrelang fuhr er zur See. Anschließend verarbeitete er seine Reiseeindrücke zu Büchern.

Coverbild: © Elillustrator / Shutterstock.com

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Unter dem Gesetz der Wüste

Erzählung

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Reinhard Roehle

Unter dem Gesetz der Wüste

Coverbild: © Elillustrator / Shutterstock.com

 

Unter dem Gesetz der Wüste

»Aufstehen, Herr! Besuch! Boten vom Scheich Jussuf der Schammar. Er ist Scheich der Scheiche und besitzt viele Hundert Kamele. Sein Stamm ist mächtig. Geh hinaus zu ihnen, denn hier kannst du sie nicht empfangen!«

Trotz guter Kenntnis der Landessprache brauchte der aus dem Schlaf gerissene Europäer eine Weile, ehe er den Sinn der arabischen Worte begriff, die Ibrahim, der älteste seiner eingeborenen Begleiter, rasch heraussprudelte.

Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Was habe ich mit einem Beduinenscheich zu tun? Es wird ein Irrtum sein. Frage die Reiter, was sie von mir wollen!«

»Aber Herr« – Ibrahim rang die Hände und seine Stimme überschlug sich fast vor Erregung – »erinnere dich doch! Es war der Sohn des Scheichs, dem du neulich den Arm, vielleicht sogar das Leben gerettet hast. Der Scheich ist reich. Vielleicht schickt er dir ein Geschenk. Der Knochen war in viele Teile gebrochen, und ohne deine Hilfe …«

»Schon gut, ich komme«, schnitt sein Herr den Redestrom ab und sprang vom Lager auf. Er hatte kaum noch an den Vorfall gedacht, den Ibrahim mit diesem unerwarteten Besuch zu frühester Morgenstunde in Verbindung brachte. Zum ersten Male war ihm kürzlich zustattengekommen, dass er in einem Sanitätskursus gelernt hatte, gebrochene Knochen zu schienen. Ein Arzt hätte gewiss sein Werk nicht völlig gutgeheißen, doch bei dem kleinen Beduinentrupp, dem er in der Wüste begegnet war, befand sich offenbar niemand, der dem durch einen Sturz seines Pferdes schwer verletzten jungen Menschen zu helfen verstand.

Und nun sollte der Vater das Bedürfnis verspüren, dem unbekannten Helfer durch ein Geschenk einen greifbaren Beweis seines Dankes zu senden? Das stand nicht gerade im Einklang mit dem Bild, das sich Doktor Geldern aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen vom Charakter der Wüstensöhne gebildet hatte. Bei den Ausgrabungen, zu denen der etwa dreißigjährige Gelehrte schon zum dritten Male für eine Reihe von Monaten als wissenschaftlicher Assistent nach Vorderasien berufen worden war, galten Beduinen als die habgierigsten und unzuverlässigsten Eingeborenen, denen gegenüber immer Misstrauen am Platz war.

Aber was mochte die Besucher hergeführt haben?

Seine Neugier verwandelte sich in Staunen, als er, im Schlafanzug ins Freie tretend, den Reitertrupp erblickte, der als eindrucksvolle Gruppe vor dem Eingang des Hauses hielt, das er dank einer Empfehlung zu kurzer Rast in der sonnendurchglühten kleinen Wüstenstadt bewohnte.

Ein tief gebräunter Reiter auf edlem, reinweißem Ross fiel ihm zunächst in die Augen. Seine prächtige Kleidung und das silberbeschlagene Zaumzeug des Pferdes ließen ihn ohne Weiteres als Führer erkennen. Gleich seinen Gefährten trug er ein Gewehr auf dem Rücken, ein krummer Säbel, auf dessen Scheide Edelsteine funkelten, hing ihm an der Seite.

Beim Erscheinen des Europäers flogen alle rechten Hände an die Stirn, und sein Gruß »Marhaba« (Willkommen) weckte ein vielstimmiges Echo.

»Dein Tag sei glücklich, dein Tag sei gesegnet!«, fügte der Anführer hinzu, ohne Miene zu machen abzusteigen.

Der Landessitte gemäß folgte zunächst ein Austausch vieler guter Wünsche, denn es wäre unhöflich gewesen, sogleich den Zweck des Besuches zu verkünden oder gar danach zu fragen.

Endlich waren die Höflichkeiten erschöpft, und dann stellte sich heraus, dass Ibrahim richtig geahnt hatte, als den Besuch mit dem geleisteten Samariterdienst in Verbindung brachte.

Von einem Geschenk war allerdings nicht die Rede. In der bilderreichen Sprache des Orients kam der Dank des Scheichs zum Ausdruck, und daran schloss sich die Einladung, das einige Tagesreisen entfernte Lager des Stamms zu besuchen und Scheich Jussuf Gelegenheit zu geben, dem Retter seines Lieblingssohns ins Auge zu schauen.

Da bei dieser Reise die Weidegründe anderer Stämme berührt würden, sollte ein Schutzbrief, den der Sprecher zum Schluss feierlich überreichte, unliebsame Überraschungen verhüten.

Jetzt im Frühjahr, wo das Grün der weiten Steppen den Tieren reiche Nahrung bot, die Beduinen also unabhängig von der Wasserstellen machte, war die Zeit der Raubzüge. Die führten oft mehrere hundert Kilometer weit zu fremden Stämmen, deren Reichtum an Kamelen Neid und Habgier erregt hatten, auch betrachteten die Beduinen alles als gute Beute, dessen sie in ihrem Gebiet habhaft werden konnten. Um nicht Blutrache auf sich zu ziehen, wurden Menschenleben nach Möglichkeit geschont.

Immerhin war es unangenehm genug, alles Hab und Gut zu verlieren, deshalb nahm Doktor Geldern den Schutzbrief des mächtigen Scheichs mit Dank entgegen und versicherte, dass es ihm eine besondere Freude und Ehre sein werde, die Gastfreundschaft des mächtigen Scheichs der Schammar zu genießen, dessen Ruhm bis in die fernsten Länder gedrungen sei.

Die schwungvollen Sätze waren reich mit Inschallah! (so Gott will!), Bismillah! (im Namen Gottes!), Elhamdulillah! (gelobt sei Gott!) und andern landesüblichen frommen Ausdrücken gespickt, und an mehreren Stellen durchlief ein beifälliges Murmeln die Reihen der bärtigen Wüstensöhne.

Hiernach wurden noch einige Sätze gewechselt, und dann stob die Reiterschar auf ein Zeichen des Führers davon, dass ihr Hufgeklapper von den weißen Mauern der Gebäude widerhallte.

In freudiger Erregung betrat der junge Forscher wieder sein Gemach.

Ibrahim dagegen verhehlte nicht seine Enttäuschung. »Für Worte kann man nichts kaufen«, brummte er und verzog den Mund. »Auf deinen Wunsch, Herr, habe ich mir genau beschreiben lassen, wo das Lager zu finden wäre, aber du willst doch gewiss nicht tagelang reisen, nur um auch aus dem Mund des Scheichs freundliche Worte zu hören.«

»Vielleicht tue ich es doch«, versetzte der andere mit einer Miene, die schon den rasch geborenen Entschluss kundtat. »Sorge du nur dafür, dass wir für Mustafa einen geeigneten Ersatz finden. Er fühlt sich zu schwach, um uns weiter zu begleiten und möchte hierbleiben.«

»Ja, Herr, das ist das Beste für ihn, aber in diesem Ort gibt es sicher niemand, der dich als Koch befriedigen würde. Und du hast selbst bemerkt, wie ungern die Bewohner einen Ungläubigen in ihrer Mitte sehen. Ich kann für mich und Ali kochen, aber unsere Gerichte würden dir nicht munden.«

Der bloße Gedanke, etwas genießen zu sollen, was Ibrahims nie gewaschene Hände zubereitet hatten, war geeignet, den besten Appetit zu verderben. Nach Art der Wüstenbewohner beschränkte sich seine Körperpflege darauf, schwitzende Hautteile mit Sand abzureiben, und er betrachtete Wasser als eine so große Kostbarkeit, dass er es selbst in wasserreichen Oasen, wo andere mit Genuss badeten, nicht anders als zum Trinken verwandte.

Der sechzehnjährige Ali verstand zwar vortrefflich mit Pferden und Kamelen umzugehen, auch schien er nichts sehnlicher zu wünschen, als bei der Abwehr von Räubern seine Tapferkeit zu beweisen, doch als Koch kam er ebenso wenig in Betracht.