Unter Eulen - Sandra Altmann - E-Book

Unter Eulen E-Book

Sandra Altmann

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Beschreibung

Herrn Hellas´ beruflicher Werdegang kennt nur eine Richtung: immer steil bergauf. Abitur, Examen und Promotion - alles meistert der fettleibige Einzelgänger mit Bravour. Nur privat will es nicht so recht klappen. Seine sexuelle Unerfahrenheit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Das will Herr Hellas nun ändern. Doch dabei tappt er von einem Fettnäpchen ins nächste. Aber vielleicht ist die Lösung all seiner Probleme ganz einfach, denn an einem Sommernachmittag lernt er Corinna kennen und damit ändert sich Herrn Hellas´ Sicht auf die Welt.

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Unter Eulen

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Erzählung

Sandra Altmann

© 2022 Sandra Altmann

Fotografien von: Ilker Ergun (https://www.istockphoto.com)

Coverdesign von: Julia Dest (just-publish.com)

Lektorat: Claudia und Kilian Fischer (Lektorat Wortfischerei)

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

ISBN Softcover: 978-3-347-65744-1

ISBN E-Book: 978-3-347-65746-5

ISBN Großschrift: 978-3-347-65747-2

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Herr Hellas ist keine Romanfigur. Sein Leben interessiert nicht, von seinem Studium will niemand etwas wissen. Herr Hellas ist anders. Er unterhält sich mit Senatoren in Toga, die in all seinen Gedanken sind. Nennen Sie ihn ein Genie, aber sich schuldig zu machen an einem willenlosen Mädchen, das hätte nicht sein dürfen!

Teil 1 - Die Gelehrtenkomödie

Auf den Beginn des Wintersemesters hat Herr Hellas sich gefreut. Ein Oberseminar wird stattfinden. Und obwohl das Thema `Eros´ Herrn Hellas erst einmal befremdete, hatte er sich dennoch dafür angemeldet, schließlich war sein Doktorvater Leiter dieser Veranstaltung, also musste er sich beweisen. Hier kann Herr Hellas auf sich aufmerksam machen. Hier will er wissenschaftlich in Erscheinung treten, hier wird er von sich reden machen und beeindrucken, welch geistige Sprünge ein Dreißigjähriger zu unternehmen versteht. Doch zuerst heißt es sich vorzubereiten. Es gilt, sich mit der Materie vertraut zu machen, um nach den einzelnen Referaten die intelligentesten Fragen stellen zu können. Tage und Wochen hat Herr Hellas damit zugebracht, die einschlägige Literatur zu sichten. Tage und Wochen hat Herr Hellas die Bibliothek nur verlassen, um zu essen oder sich schlafen zu legen. Tage und Wochen hat er abends sogar auf die kleinen Pornofilme verzichtet, die er so gerne auf Türkisch oder Bulgarisch ansieht. Herr Hellas weiß: nach diesem Oberseminar werden seine Kommilitonen seinen Namen kennen und nicht mehr vergessen, sein Doktorvater wird stolz auf ihn sein müssen.

Auf dem Weg zum Seminarraum begegnet ihm Frau Fröhlich, auch sie ist Doktorandin der Latinistik. Doch weitere Gemeinsamkeiten konnte Herr Hellas nie zwischen sich und dieser vulgären Person entdecken, die in der Mensa ordinäre Possen reißt, dem Alkohol zuspricht und ihre Homosexualität in die Welt posaunt, als interessiere sich irgendjemand dafür, wohin sie ihre Zunge steckt. Man hat sich auf ein gegenseitiges Ignorieren verständigt, zu groß scheinen die Unterschiede, doch heute spricht sie mit Herrn Hellas – eine seltsame Sache. Dass sie Gefallen daran findet, ihn zu beschämen, war Herrn Hellas schon aufgefallen. Immer versucht sie das Gespräch auf ein Thema zu lenken, das ihm die Schamesröte ins Gesicht treibt. Und wenn er ins Straucheln kommt, lächelt sie wie jemand, der einen wichtigen Sieg davongetragen hat. Ob er sich mit dem Eingeschlechtermodell beschäftigt habe, fragt sie ihn heute, ohne auf seine Antwort zu warten. Sie finde es hochinteressant, dass Galenos die Genitalien von Mann und Frau als äquivalent ansehe. Nur auf Grund der unterschiedlichen Körpertemperatur sei die Vagina der Frau nach innen gestülpt, während sich Hoden und Penis des Mannes außen befänden. Verblüfft habe sie auch die Aussage von Aristoteles, dass nicht vollzogener gegengeschlechtlicher Sexualverkehr bei Frauen als krankheitserregend gelte. Da müsse man als Frau eben sehr auf die eigene Gesundheit achten, lacht sie und verschwindet im Gedränge.

Pünktlich findet sich Herr Hellas – in einen grauen Anzug gesteckt - im angegebenen Seminarraum der geisteswissenschaftlichen Fakultät ein, bescheiden wählt er einen Randplatz in der dritten Reihe, um sich nicht in den Vordergrund zu drängen. Der Stuhl neben Herrn Hellas wird frei bleiben, seit seinem ersten Semester bleiben die Plätze neben ihm unbesetzt, mag die Veranstaltung auch noch so überfüllt sein. An diesem kalten Februarmorgen nun heißt sein Doktorvater die anwesenden Studenten willkommen, erklärt, dass er sich auf das Seminar freue. Es verspreche ein elitärer Kreis zu werden, schließlich hätten sich nur Doktoranden angemeldet. Dann gibt er das Wort weiter an den ersten Referenten. Der spricht über Orpheus´ Verhältnis zum Weiblichen. Unabhängig davon, was der Kommilitone erzählen wird, hat sich Herr Hellas vorgenommen, sich nach der tragischen Schuld im Orpheusmythos zu erkundigen, schließlich liegt der Vorteil jeder wissenschaftlichen Diskussion darin, vorher überlegte Fragen zu stellen, um dadurch ausufernd sein eigenes Wissen mitzuteilen. Konzentriert, seine dicken Beine elegant verschränkt lauscht Herr Hellas den Worten des Studenten, nickt bisweilen, um sein Interesse zu bezeugen.

Doch den ganzen Vormittag über hatte Herr Hellas in der Magengegend ein flaues Gefühl, das er aber durch die Gedanken an sein glänzendes Auftreten zu verdrängen versuchte. Konsul Volusius in Herrn Hellas´ Kopf hatte ihn schon beim Aufstehen gemahnt, die Öffentlichkeit heute zu meiden, die Vorzeichen sprächen nichts Gutes, und Seneca hatte beim Frühstück noch daran erinnert, Herr Hellas solle seine Gesundheit nicht sträflich vernachlässigen. Doch wie ein Caesar alle Prophezeiungen in den Wind schlug, hatte sich Herr Hellas einfach in den Sitzungssaal begeben und seinen Schwindel schlichtweg hinuntergeschluckt. Als Herr Hellas schon bei den einleitenden Worten des ersten Referenten erneut ein Gefühl der Ohnmacht übermannt, schlingt er seine klobigen Herkulesarme noch ein wenig enger um seinen mächtigen Bauch und ermuntert sich selbst, keine körperliche Schwäche zu zeigen. Der Doktorand erläutert Orpheus´ Abstieg in die Unterwelt, da durchfährt Herrn Hellas ein Schmerz, der vom Bauch zum Kopf aufsteigt. Herr Hellas hört ein Hämmern, begleitet von lauten Sirenen. Er fühlt, nicht mehr Herr über die Situation zu sein, sein schwerfälliger Oberkörper fällt vornüber und ruht auf seinen Beinen. Nur mit Mühe ist er noch in der Lage sein eigenes Gewicht zu halten. Er atmet tief und laut. Mit einer gleichmäßigen Atmung meint er, das Steuer noch einmal herumreißen zu können. Doch es hilft nicht. Er sinkt wie ein ungezogenes Kind vom Stuhl. Fragmentarisch kann Herr Hellas sich an den Ablauf des Folgenden erinnern: Der Referent weiß nicht, wie er sich verhalten soll. Sein Blick wandert zwischen seinen Unterlagen, Herrn Hellas und seinem Doktorvater hin und her. Er versucht für kurze Zeit seinen Vortrag fortzusetzen, doch haben die ersten beiden Reihen bereits ihre Aufmerksamkeit dem am Boden liegenden Hellas zugewandt. Einige sind schon aufgestanden in der Meinung, dem Doktoranden helfen zu müssen. Der Referent legt seine Aufzeichnungen aus der Hand, Herrn Hellas´ Doktorvater bittet das Auditorium Ruhe zu bewahren. Ein Großteil der Kommilitonen hat die Plätze nun verlassen und sich kreisförmig um Herrn Hellas gruppiert, der zitternd und keuchend am Boden liegt. Seine Zunge hängt über die Lippen und berührt den staubigen Boden. Herr Hellas möchte seine Zunge in den Mund zurückziehen, doch es gelingt ihm nicht, sie hängt im rechten Mundwinkel wie der Rüssel eines Insekts. Herr Hellas möchte schweigen, doch seine Kehle gibt Töne von sich, die niemand versteht, nicht einmal er selbst, Speichel tropft, die Augen starren ins Leere. Unaufhörlich zuckt Herrn Hellas´ rechtes Bein und schlägt gegen einen Stuhl, ein seltsamer Rhythmus entsteht, zu dem der Doktorand gleichzeitig mit dem Kopf wippt.

Alles Weitere entzieht sich der Erinnerung des Doktoranden. Gegen zehn Uhr muss Herr Hellas ins angrenzende Klinikum eingeliefert worden sein, erst hier setzt seine Erinnerung wieder ein.

Von den Diagnosen und Ratschlägen der Ärzte will Herr Hellas nichts wissen, er verlangt nach seinen Büchern und seiner Brille, die irgendwo auf dem Boden des Seminarraumes liegen muss. Außerdem fordert er, die Klinik sofort verlassen zu dürfen. Er möchte keine Medikamente, keine Therapie und auch auf Krankenruhe könne er verzichten. Als bedauerlich empfindet Herr Hellas weniger seinen physischen Zustand als mehr die Tatsache, dass er seine über Monate geplante Frage im Anschluss an den Vortrag seines Kommilitonen nicht stellen kann. Dennoch hat man Herrn Hellas einige Wochen zur Beobachtung, wie die Ärzte so gerne sagen, im Krankenhaus zurückbehalten, alle geistige Arbeit hat man ihm untersagt, demnach durfte Herr Hellas nicht einmal lesen. Die im Seminarzimmer verlorene Brille nahm Herrn Hellas´ Mutter in Verwahrung, da sich kein Kommilitone finden wollte, der den Doktoranden aus freien Stücken besucht hätte. Erst Ende Februar darf Herr Hellas kleine Spaziergänge im Innenhof der Klinik unternehmen. Vom Gerede an der Universität muss Herr Hellas, wollen wir sagen, Gott sei Dank, nicht viel erfahren. Wie auch immer. Der Doktorand konzentriert sich auf die Hoffnung, das Krankenhaus bald verlassen zu können. Mag man über ihn tuscheln. Er würde seine Studien wieder aufnehmen. Er würde vormittags lesen, in der Mensa zu Mittag essen, er würde am Nachmittag eine schöne Vorlesung besuchen und am Abend einen bulgarischen Film ansehen. Das Leben wird weitergehen.

Beim Entlassungsgespräch erkundigt sich die Ärztin noch einmal, was Herrn Hellas denn belaste, und hier sieht der Doktorand die Möglichkeit, seinen Sorgen Platz zu machen: Die Welt sei ungerecht, erläutert Herr Hellas, daran leide er, denn die Welt teile das Glück nicht auf nach Leistung und nach Forschung, der Dumme werde belohnt, der Dumme nur sei glücklich, der Dumme liebe, lebe und heirate. Doch er, Hellas, sei nicht dumm, im Gegenteil, er sei genial, ein gebildeter Mensch und damit zum Unglücklichsein verdammt. Er werde Professor der Latinistik werden und besitze alle Qualifikationen, sein Werdegang suche Seinesgleichen, so schwärmt er: Einschulung mit fünf, Abitur und erstes Staatsexamen mit Bestnote, erste Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften. Ein Doktorvater sei gefunden. Und von seinem vor gezeichneten Weg sei er in keiner Sekunde seines Daseins abgewichen. Er habe sich niemals auf dem Schulhof geprügelt, das habe die Mutter ihm auch deutlich verboten, vielleicht schlagen lassen, ja, aber ein Täter sei er nie gewesen, so spricht er. Was er verschweigt, sind die Senatoren in seinem Kopf. Meistens loben sie ihn, weil er es weit gebracht habe und in seinem Fachbereich geradezu ein Genie sei. Einzelne Senatoren lenken ihn aber auch von seiner Arbeit ab. Tigellinus ist so ein Verführer, der immer wieder von Sex spricht und von Lustgewinn und der die stummen Hallen der Bibliothek geradezu besudelt mit seinen Beischlafphantasien. Dieser Tigellinus ermutigt Herrn Hellas bald täglich, sich bei jedem Mädchen, dem er zufällig begegnet, zu überlegen, ob er mit ihr sein erstes Mal erleben möchte. Doch davon kein Wort zu seiner Ärztin, nichts von Tigellinus und nichts von all den anderen Herren in weißer Toga. Was gehen die Ärztin Herrn Hellas´ Gedanken an? Doch weil die Medizinerin Herrn Hellas mit etwas schiefem Blick ansieht und wissen möchte, ob er Freunde habe oder eine Lebensgefährtin, bekräftigt der angehende Professor: Er könne sich schon vorstellen, sich einmal zu verlieben. Aber man dürfe dabei nicht seine Ziele außer Acht lassen. Darunter versteht Herr Hellas seine universitäre Laufbahn. Die Ärztin kneift die Augen zusammen, als könne sie in den Doktoranden hineinsehen – sie kann es nicht, das freut den Altphilologen - und dabei reicht sie Herrn Hellas ein Rezept für ein Medikament, das er weder erwerben noch einnehmen wird, das weiß Herr Hellas schon im Augenblick der Übergabe. Er grüble sehr viel, erläutert ihm die Ärztin, zu viel. In nächster Zeit solle er sich mehr an der frischen Luft aufhalten, was Herr Hellas gar nicht mag, aber das verschwiegt er der Medizinerin. Und er solle weniger arbeiten, stattdessen den Umgang mit anderen Menschen pflegen, was Herr Hellas noch weniger leiden kann, schließlich hat er den Senat seiner Gedanken, wozu sollte er sich also mit Menschen unterhalten, aber auch davon verrät er der Medizinerin nichts. „Und wissen Sie“, lächelt die Ärztin, „für Ihre Gesundheit wäre es das Beste, Sie würden aus sich herausgehen, Sie sind doch jung! Machen Sie Yoga! Suchen Sie sich eine Freundin, dann wird Ihnen das Leben leichter.“ Froh ist Herr Hellas, als ihn die Ärztin endlich gehen lässt. Was sie auch sagt, sie wird ihn nicht verstehen.

Wie aus einem Heilschlaf erwacht – und hier denkt er tatsächlich an Orest, den der Fluch der Erinnyen loslässt, kehrt er dem Krankenhaus den Rücken. Er wohnt nicht weit von hier, die Strecke lässt sich zu Fuß machen, so hat es Herr Hellas mit der Mutter abgemacht. Mit seinem kleinen Koffer in der Hand quert er den botanischen Garten. Noch ist Winter und er liebt die Kälte. Zu einer wärmeren Jahreszeit würde Herr Hellas nicht durch den Park gehen, doch heute ist nicht mit anderen Menschen zu rechnen, diese Gelegenheit will er nutzen, der dichte Nebel ist ihm ein Verbündeter. Keine Menschen, freut er sich, keine Beobachter, keine Spötter! Von Schnee beladen senken die Bäume ihre Zweige. Bei diesem Anblick denkt Herr Hellas daran, wie gewichtig sich das Wissen all die Jahre auf seine Schultern gelegt hat. An einer schneebeladenen Birke hat der Doktorand angehalten und überlegt: Umgang mit anderen Menschen solle er pflegen, sich eine Freundin suchen, dabei weiß er doch, wie das Leben funktioniert, schließlich hat er es bei Platon gelesen. Herr Hellas schüttelt seinen dicken Denkerkopf. „Menschen!“, lachen plötzlich alle Senatoren los. Herr Hellas weiß, sein Denken läuft in höheren Dimensionen: Herr Hellas sieht Senatoren durch seine Kurie stolzieren. Herr Hellas mag keine Menschen, er braucht keine Menschen, er unterhält sich mit feinen Herren in Toga – ganz im Stillen, versteht sich. Dafür sind sie immer für ihn da.

Herr Hellas hört einen Vogel rufen, vielleicht ein aufgeschreckter Kauz. Der Doktorand denkt an die Eulen der Athene. Die Göttin der Weisheit und Strategie soll die Anführerin seines Lebens sein. Wer braucht schon Yoga und gute Freunde, wenn einem eine Göttin den rechten Weg weist. Herr Hellas überlegt: Wenn er Rat sucht, dann im Gespräch mit dem Konsul Antistius oder dem Prätorianerpräfekten Tigellinus, und der ist viel näher, als ein Freund jemals sein kann. Immer lässt es sich mit ihm sprechen. Und niemals würde Herr Hellas ohne seinen Senat einen Beschluss fassen. Und wenn er vor einer großen Entscheidung steht, konsultiert er alle Senatoren, ja selbst nun - vor dem Ausgang des botanischen Gartens - bespricht Herr Hellas sich zuerst mit den Herren in Toga und sagt dann: „senatui placuit exitus“, weil Herr Hellas sich mit dem Konsul Volusius zusammengeschlossen hat, und der möchte nun auch nach Hause. Herrn Hellas´ Welt ist edel und schön und er weiß: seine Welt ist die wahre. Verrückt sind die Welten anderer Menschen. Gegenteiliges will er nicht hören. Er ist normal, nein, noch mehr als das: In seinem Kopf tummelt sich ein ganzer Senat mit aller Beschlusskraft. Die Göttin Athene ist auf seiner Seite, da ist er ganz sicher. Wer hat das schon? Herr Hellas ist außergewöhnlich, überdurchschnittlich, sein Wissen könnte Bände füllen und von der Diagnose der Ärzteschaft will Herr Hellas gar nichts hören. Er weiß, was er weiß, und sollte er im Zweifel sein, so hat er seinen Senat. Die anderen - das ist die Hölle, die Außenwelt eine Katastrophe, und so beschließt Herr Hellas am Tag seiner Entlassung aus dem Bezirksklinikum im Einvernehmen mit dem gesamten Senat, weiterhin strikt zwischen Innen- und Außenwelt zu unterscheiden. Das Externum: Fremde, Menschen, die anderen, die Hölle. Und das Internum: Herrn Hellas´ unversehrte Welt edler und schöner Gedanken, seine Senatoren, alle antiken Götter, seine Freunde, die er nie verraten wird. Was diese Ärztin sich dabei denke, fragt Antistius, ihm Ratschläge zu erteilen, als ob der angehende Professor nicht für sich selbst sorgen könne. Er solle sich eine Freundin suchen, als ob ein wenig Zweisamkeit zum Glück beitrage. Und dabei konnte Herr Hellas oft die Auswirkungen von zu viel Gefühl und zu wenig Verstand beobachten: Seine Mitschülerinnen damals mit ihren vierzehn Jahren, wie sie sich verliebten in die Jungen der höheren Klassen oder in die Lehrer gar. Das Fleisch war schwach, das Ergebnis mäßig: Schulabgänge, uneheliche Kinder, Scheidungen, jedenfalls nichts Hohes.