Unternehmenskooperationen in disruptiven Zeiten - Marcel Tiemann - E-Book

Unternehmenskooperationen in disruptiven Zeiten E-Book

Marcel Tiemann

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Beschreibung

Kooperationen zwischen Unternehmen erhöhen deren Chance, dem disruptiven Wandel des 21. Jahrhunderts erfolgreich zu begegnen, denn Digitalisierung, Energiewende und die Konkurrenz durch China haben Einfluss auf die Wirtschaftsstrukturen der Industrienationen und stellen Wirtschaft und Politik vor große Herausforderungen. Für die deutsche Wirtschaft und deren Schlüsselindustrien geht es um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund untersucht der Autor, wie erfolgreiche Unternehmenskooperationen aufgebaut werden können. Anhand eines Referenzmodells zeigt er, unter welchen Bedingungen und wie durch eine Fokussierung stabile Kooperationen zwischen Unternehmen systematisch gefördert und etabliert werden können, um gemeinsame Kooperationsgewinne zu erzielen. Mit Handlungsempfehlungen für erfolgreiche Interaktionen und zahlreichen Fallstudien auf myBook+.   Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.  

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[9]Inhaltsverzeichnis

Hinweis zum UrheberrechtImpressumVorwortAbbildungsverzeichnisTabellenverzeichnis Augmented Reality (AR)Abkürzungsverzeichnis1 Einleitung1.1 Relevanz von Unternehmenskooperationen im ökonomischen Kontext des 21. Jahrhunderts1.2 Relevanz von Rohstoffen wie Seltenen Erden im ökonomischen Kontext des 21. Jahrhunderts1.3 Stand der Forschung und Forschungslücken1.4 Struktur des Buchs2 Forschungsdesign und -methode2.1 Forschungsdesign2.2 Forschungsmethode2.3 Theoretische Grundlagen – Kerntheorien2.3.1 Kooperation als Basis von funktionierenden Wirtschaftssystemen2.3.2 Evolution der Kooperation2.3.3 Bedeutung der Neuen Institutionenökonomik bei Kooperation3 Marktversagen bei Seltenen Erden und Gefährdung der Versorgungssicherheit3.1 Ressourcenökonomie: Anwendung der Hotelling-Regel bei endlichen Ressourcen3.1.1 Unelastische Nachfrage bei Seltenen Erden (kurz- bis mittelfristig)3.1.2 Geringe Angebotselastizität bei Seltenen Erden (kurz- bis mittelfristig)3.1.3 Monopolrenten aufgrund unvollkommener Konkurrenz3.2 Marktversagen bedingt durch die strategische chinesische Handels- und Industriepolitik sowie das chinesische Quasimonopol 3.3 Zwischenfazit: Marktversagen resultiert aus der Two-Fist-Industriepolitik4 Historische Ursachen und (Re-)Integration zur Bereitstellung des Gutes »Gewährleistung der Versorgungssicherheit«4.1 Historische Ursachen der Abhängigkeit von Seltenen Erden4.2 Bewertung und Limitierung vertikaler (Re-)Integration beim Zugang zu Seltenen Erden4.3 Rohstoffallianz: Freiwillige Kooperation zur Umsetzung einer Integrationsstrategie zur Sicherung der Rohstoffversorgung4.3.1 Rohstoffallianz zur Umsetzung einer Integrationsstrategie4.3.2 Die Rohstoffallianz aus Sicht der freiwilligen Kooperation zur Bereitstellung von Kollektivgütern4.4 Zwischenfazit: Ende der Rohstoffallianz als Integrationsstrategie5 Rohstoffallianz 2020+ – ein neuer Ansatz zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit5.1 Problem: Die Rohstoffallianz im Gefangenendilemma 5.2 Eine Analyse des Scheiterns der Rohstoffallianz5.2.1 Technische Machbarkeit zur Kosten-Nutzen-Messung5.2.2 Die wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Unternehmen5.2.3 Kosten der Bereitstellung5.2.4 Fazit: Erkenntnisse aus der Analyse des Scheiterns5.3 Entwicklung von Maßnahmen zum Aufbau einer stabilen Kooperation unter empirischen Bedingungen5.3.1 Empfehlungen und Maßnahmen anhand der strategischen Kooperationsfaktoren5.3.2 Fazit: Empfehlungen und Maßnahmen zum Aufbau stabiler freiwilliger Kooperation6 Exkurs: Public-Private-Partnership-Initiativen zur Stabilisierung von freiwilligen Kooperationen6.1 Flankierende staatliche Maßnahmen im Kontext des Marktversagens bei Seltenen Erden6.2 Vergleich staatlicher Interventionen im Bereich der Versorgungssicherheit sowie der Technologie- und Zukunftsförderungen6.3 Ländervergleich nationaler Versorgungsstrategien bei Seltenen Erden6.4 Fazit: Staatliche Intervention zur Stärkung einer freiwilligen Kooperation7 Reflexion: Fazit, kritische Würdigung und Einschränkungen7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse7.2 Implikationen und kritische Würdigung der Ergebnisse7.3 Ausblick und weiterführende Empfehlungen für zukünftige Forschung8 AnhangLiteraturverzeichnisStichwortverzeichnisDer Autor
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft - Steuern - Recht GmbH

[6]Die Publikation ist Teil der Dissertation zur Promotion zum Dr. rer. oec. an der HHL – Leipzig Graduate School of Management. Betreut von Prof. Dr. Wilhelm Althammer, Inhaber des Lehrstuhls für Makroökonomie, und Prof. Dr. Andreas Suchanek, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Unternehmensethik.

Dissertation HHL – Leipzig Graduate School of Management 2019

Die digitalen Inhalte als Teil der Augmented Reality bilden eine zusätzliche Erweiterung und sind nicht Teil der zugrunde liegenden Originalversion.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-7910-5057-7

Bestell-Nr. 10578-0001

ePub:

ISBN 978-3-7910-5058-4

Bestell-Nr. 10578-0100

ePDF:

ISBN 978-3-7910-5059-1

Bestell-Nr. 10578-0150

Marcel Tiemann

Unternehmenskooperationen in disruptiven Zeiten

1. Auflage, Februar 2021

© 2021 Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH

www.schaeffer-poeschel.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): © Yuichiro Chino, gettyimages

Produktmanagement: Alexander Kühn

Lektorat: Susanne Mall | www.conscripto.de

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart

Ein Unternehmen der Haufe Group

[7]Vorwort

Das vorliegende Buch entstand während meiner Promotionszeit am Lehrstuhl für Makroökonomie zusammen mit dem Lehrstuhl für Wirtschafts- und Unternehmensethik der Handelshochschule – HHL Leipzig Graduate School of Management sowie ergänzender Aufenthalte an der London School of Economics & Political Science.

Die Betrachtung des spannenden und immer wichtiger werdenden Themas der Unternehmenskooperation rückte durch meine berufliche Erfahrung in der Unternehmensentwicklung und Strategieberatung in den Mittelpunkt des hier vorliegenden Buchs. Es ist unbestritten, dass Unternehmenskooperationen sinnvoll sind und auch in der Praxis etabliert werden, aber es fehlt an grundlegenden Erkenntnissen, WIE strategische Allianzen zur Sicherung der Innovationsführerschaft erfolgreich umgesetzt werden können.

Und wie bei Unternehmenskooperationen basieren der erfolgreiche Abschluss einer Dissertation sowie die Veröffentlichung eines Buches, das Sie in den Händen halten, neben dem eigenen Handeln verbunden mit hohen Investitionen und einer starken Selbstbindung auch auf der Kooperation mit anderen – in diesem Fall mit anderen Menschen. Daher möchte ich mich bei denen bedanken, die mich darin unterstützt haben, die Dissertation erfolgreich abzuschließen.

So gilt mein Dank meinen Betreuern Prof. Dr. Wilhelm Althammer und Prof. Dr. Andreas Suchanek für ihren akademischen Rat und für ihr Vertrauen. Meinem Vater Horst Tiemann, der die Grundlagen für diesen Schritt durch seine Liebe und Fürsorge geschaffen hat, auch wenn er dieses Buch nicht mehr in seinen Händen halten wird – ihm widme ich daher dieses Buch. Meiner Partnerin, meinen Freunden und Gefährten1 für ihre kooperative Unterstützung, Inspirationen und Geduld. Darüber hinaus der HHL-Community, insbesondere den anderen HHL-Doktoranden, für die vielen fachlichen Anregungen und konstruktiven Diskussionen im Rahmen von Doktoranden- und Forschungskolloquien sowie meinen Kollegen aus der strategischen Managementberatung, die mit ihrer Projekterfahrung zu strategischen Unternehmenskooperationen dieses Buch bereichert haben.

[8]

AR 1: Vorstellung des Autors und Fragen zum Buch Foto: © peshkov, Adobe Stock

Mein besonderer Dank gilt Ihnen als Leser, weil Sie dadurch signalisieren, dass das Thema der Unternehmenskooperationen in Zeiten des disruptiven Wandels eine stärkere Beachtung in der Forschung und in der Praxis verdient hat. Ich freue mich, wenn dieses Buch für Sie ein nützlicher Leitfaden zur erfolgreichen Umsetzung von strategischen Allianzen wird.

Dr. Marcel Tiemann

Oktober 2020

1 Namentlich sind dies: Dr. Daniela Padula, Dr. Michael Förster, Dr. Melanie Hoppe, Dr. Henry Meyer zu Schwabedissen, René, Thomas und Elvira Passmann, Tim Rehkopf, Dr. Patrick Trutwein, Pascal Zurek sowie Tiglet Aslan, Bert Dauelsberg, Thorsten Haag, Björn und Katrin Hinrichs, Goran Mazar, Felix Krüger, Alexandre Pedersen, Alexander Stumpf, Dieter Stüdemann, Kim Ostkamp und Holger, Rita und Karen Schulze.

[11]Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Übersicht von Seltenen Erden in einem Mittelklasse-AutomodellAbbildung 2:Bewertung der Kritikalität von kritischen Rohstoffen im Jahr 2017Abbildung 3:Arten und Ebenen von Institutionen im Rahmen der UntersuchungAbbildung 4:Das GefangenendilemmaAbbildung 5:Übersicht der Neuen InstitutionenökonomikAbbildung 6:Entwicklung der Exportquote für Seltene Erden in China bis 2012Abbildung 7:Preisentwicklung von SEE-Oxiden von 1994 bis 2018Abbildung 8:Schematische Darstellung der Preisentwicklung bei endlichen RessourcenAbbildung 9:Angebot und Nachfrage für ausgewählte SEE im Jahr 2013Abbildung 10:Angebot 2013 und Nachfrage nach SEE 2035 im VergleichAbbildung 11:Entwicklungsphasen für die Bereitstellung von SEEAbbildung 12:Entwicklung in der deutschen Rohstoffwirtschaft im AuslandsbergbauAbbildung 13:Wertschöpfungsstufen im Markt für SEEAbbildung 14:Bewertung des Know-hows und der Kosten in der Wertschöpfungskette für Seltene ErdenAbbildung 15:Klassifizierung von GüternAbbildung 16:Die Rohstoffallianz im GefangenendilemmaAbbildung 17:Rohstoffallianz 2020+ im Stag Hunt unter wirksamen AnreizbedingungenAbbildung 18:WZ-Dependenzmodell der RohstoffallianzAbbildung 19:Länderanalyse der Strategien zur Sicherung der Versorgung mit Seltenen ErdenAbbildung 20:Einteilung der Seltenen ErdenAbbildung 21:Rohstoffimporte der Jahre 2010, 2012 und 2014Abbildung 22:Volatilitäten einiger Seltenen ErdenAbbildung 23:Gründe für den AuslandsbergbauAbbildung 24:WertschöpfungsketteAbbildung 25:Globale Verteilung Seltener ErdenAbbildung 26:Weltweite Verteilung der Aufbereitungs- und VerarbeitungsanlagenAbbildung 27:Konzept vertikaler Restrukturierungen

[12]Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:Anwendungsgebiete und ihr Bedarf an SEETabelle 2:Übersicht über weltweite Vorkommen von SEE nach LändernTabelle 3:Weltweite Produktion von SEE nach Ländern in den Jahren 2014 bis 2016Tabelle 4:Übersicht über Anreize bei UnternehmenskooperationenTabelle 5:Strategische Erfolgsfaktoren für stabile KooperationenTabelle 6:Übersicht der Mitgliedsunternehmen der Rohstoffallianz

Augmented Reality (AR)

AR 1:Vorstellung des Autors und Fragen zum BuchAR 2:Weiterführende Fallstudien zu Unternehmenskooperationen aus den Bereichen: Finanzdienstleistung, Pharma, Industrie und Chemie sowie Automobil-IndustrieAR 3:Erklärvideo zum Modell der strategischen Erfolgsfaktoren für Unternehmen im AlltagAR 4:Die Bedeutung von Vertrauen bei Unternehmenskooperationen

[13]Abkürzungsverzeichnis

ABSAntiblockiersystemAGAktiengesellschaftAgSilberAlAluminiumBaBariumBCGBoston Consulting Group (Beratungsunternehmen)BDIBundesverband der Deutschen Industrie e. V.BGRBundesanstalt für Geowissenschaften und RohstoffeBIPBruttoinlandsproduktBMWiBundesministerium für Wirtschaft und EnergieBRDBundesrepublik DeutschlandBRICdie Staaten Brasilien, Russland, Indien und ChinaCAPEXCapital ExpendituresCerCeriumCoKobaltCOMESComité pour les métaux stratégiquesCPSCyber-Physical SystemsCsCaesiumCuKupferDCFDiscounted CashflowDMehemalige Währung der BRD; dotiert in Deutsche MarkDyDysprosiumE-AutoElektroautoErErbiumESGEnvironmental, Social & GovernanceEUEuropäische UnionEuEuropiumf.folgendff.folgendeGdGadoliniumGeGermaniumGmbH & Co. KG aAGesellschaft mit beschränkter Haftung & Kommanditgesellschaft auf AktienHoHolmiumIRInfrarotITInformationstechnologieJOGMECJapan Oil, Gas and Metals National CorporationKKaliumLaLanthanLEDLight-Emitting Diodes, Leuchtdioden[14]LiLithiumLSEELeichte Seltene-Erden-ElementeLuLutetiumM&AMergers & AcquisitionsMgMagnesiumMnManganN/Anot announcedNdNeodymNE-MetalleNichteisenmetalleNIR-EmitterNear Infrared Light-Emitting DiodesNMRNuclear Magnetic Resonance (Spectroscopy)NPDein organischer Halbleiter, der häufig in Leuchtdioden verwendet wirdOEMOriginal Equipment Manufacturero. g.oben genanntOZOrdnungszahlPdPalladiumPkwPersonenkraftwagenPmPromethiumPrPraseodymR&DResearch & DevelopmentRbRubidiumScScandiumSCRSelektive Katalytische ReduktionSEESeltene Erden/Seltene-Erden-ElementeSmSamariumsog.sogenanntSSEESchwere-Seltene-Erden-ElementeTaTantalTbTerbiumTiTitanTmThuliumUSGSU.S. Geological SurveyUVUltraviolettVUCAVolatility, Uncertainty, Complexity, AmbiguityVCIVerband der Chemischen Industrie e. V.VDAVerband der Automobilindustrie e. V.VUVVakuumultraviolettWTOWorld Trade OrganizationWZWirtschaftszweigYYttrium

[15]1Einleitung

Freiwillige Kooperationen zwischen Unternehmen können deren Chance erhöhen, erfolgreich dem disruptiven Wandel des 21. Jahrhunderts zu begegnen, denn erstens die Digitalisierung, zweitens die Energiewende als Sinnbild der Green Technology2 und drittens die Konkurrenz vonseiten Chinas haben einen Einfluss auf die Wirtschaftsstrukturen der Industrienationen und stellen die Wirtschaft und Politik vor große Herausforderungen.3 Für die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland und deren Schlüsselindustrien geht es um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit (Kramp-Karrenbauer und Ziemiak 2019, S. 1–2; Student 2018, S. 94; Romer 2018; Bardt 2019, S. 87).

Vor diesem Hintergrund wird untersucht, wie erfolgreiche Unternehmenskooperationen aufgebaut werden können. Anhand eines Referenzmodells wird gezeigt, unter welchen Bedingungen und wie durch eine Fokussierung stabile Kooperationen zwischen Unternehmen systematisch gefördert und etabliert werden können, um gemeinsame Kooperationsgewinne zu erzielen.

Handlungsempfehlungen für erfolgreiche Interaktionen werden entwickelt und am Praxisfall illustriert. Zusätzlich wird gezeigt, dass der Staat die Bedingungen für eine stabile Kooperation von Unternehmen verbessern kann. Die Begriffe Unternehmenskooperationen und strategische Allianzen werden in diesem Zusammenhang synonym verwendet.

1.1Relevanz von Unternehmenskooperationen im ökonomischen Kontext des 21. Jahrhunderts

Ein Blick in die Praxis zeigt, dass Unternehmenskooperationen in allen Bereichen der Wirtschaft eine enorme Relevanz für die Überlebensfähigkeit von Unternehmen haben, insbesondere wenn die Unternehmen selbst oder die Industrien starken Änderungsprozessen ausgesetzt sind. Die aktuellen Einflussfaktoren, welche Unternehmen zum Handeln zwingen, sind: die rasante technologische Entwicklung in allen Bereichen der Wirtschaft, der Klimaschutz auch im Rahmen der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Relevanz von ESG und geopolitische Risiken durch die Missachtung von geltenden internationalen Regelungen und von geistigem Eigentum.

[16]Zur Illustration dienen ausgewählte Beispiele aus der Praxis entlang unterschiedlicher Industrien:4

Die gemessen am Umsatz größte Industrie mit 404 Mrd. Euro, die Automobilindustrie (Statista 2016f), sucht in einem sich konsolidierenden Markt mit neuen Wettbewerbern wie Tesla und Google nach neuen Lösungen mit dem Ziel, die Entwicklungskosten und das Know-how im Bereich der Elektromobilität und des Autonomen Fahrens durch Kooperationen zu teilen. Beispielsweise bildeten BMW und Daimler im Jahr 2019 eine strategische Allianz, um die nächste Technologiegeneration für automatisiertes Fahren und Fahrassistenzsysteme sowie automatisierte Parkfunktionen jeweils bis Level 4 zu entwickeln. Hierzu arbeiteten teilweise bis zu 1.200 Mitarbeiter in gemischten Teams zusammen. Im Juni 2020 verkündeten beide Unternehmen, dass die Entwicklungskooperation aufgrund des hohen Aufwands für eine gemeinsame technologische Basis und vor dem Hintergrund der gesamtunternehmerischen und konjunkturellen Rahmenbedingungen vorerst ruhen wird (Borgmann 2020, S. 1–2).

Im Bereich von 3D-Karten, welche für das autonome Fahren von relevanter Bedeutung sind, erwarben die Unternehmen Daimler, BMW und Audi zu gleichen Anteilen das bestehende digitale Kartengeschäft HERE von Nokia. Das Ziel war, mittels hochauflösender und dreidimensionaler Karten sowie der damit verbundenen Datenbasis Fahrzeugbewegungen in intelligenter Echtzeit mit ortsbezogenen Diensten für das autonome Fahren zu nutzen und so gegenüber Google eine relevante Marktmacht darzustellen (Hubik 2019, S. 1; Glies 2015, S. 1).5

Zum Aufbau einer Infrastruktur für die Elektromobilität gründete die Autoindustrie im Jahr 2017 eine E-Auto-Ladesäulen-Allianz. Bei der European High Power Charging GmbH & Co. KG sind Porsche, BMW, Daimler und Ford Europa zu je einem Viertel beteiligt. Im Sommer 2020 betrieb das Joint Venture, mittlerweile unter dem Namen IONITY, über 250 ultraschnelle Ladeparks außerhalb von Städten und Metropolregionen in ganz Europa (Hajesch und Groll 2020, S. 1).

Bei der digitalen Transformation in der Automobilindustrie zur Entwicklung von Innovationen und zum Aufbau von datengetriebenen Geschäftsmodellen, künstlicher Intelligenz sowie Endto-End-Prozessen bildete Porsche im Oktober 2019 eine strategische Allianz mit dem Technologiekonzern SAP (Deutschenbaur 2019, S. 1) – eine noch sehr junge Kooperation, deren Ausmaß noch nicht detailliert bewertet werden kann.

Die gemessen am Umsatz drittgrößte Industrie mit 189 Mrd. Euro, die Pharma- und Chemieindustrie (Statista 2016f), sucht in einem immer stärker werdenden Wettbewerb nach neuen [17]Absatzkanälen, da das Pharmageschäftsmodell sich von produktzentriert zu patientenzentriert verändern wird, Therapiegebiete immer hochspezialisierter werden und so die Entwicklungskosten in die Höhe getrieben werden. Um hierfür neue Technologien zu entwickeln und um konkurrenzfähig zu bleiben, gehen Großkonzerne in der Pharmaindustrie milliardenschwere Kooperationen mit Konkurrenzunternehmen ein. Dies zeigt sich deutlich am Beispiel von Merck, das bereits im Jahr 2014 eine Kooperation mit Pfister einging, um den Wirkstoff Avelumab als Krebsmedikament (Bavencio) für die Behandlung von metastasierendem Blasenkrebs zuzulassen. Die erfolgreiche erweiterte FDA-Zulassung erfolgte im März 2020 (FDA 2017, S. 1–20, 2020, S. 1–38).

Im Jahr 2019 begann Merck eine globale strategische Allianz mit GlaxoSmithKline, um mit einem vielversprechenden Arzneimittelkandidaten (M7824) neue Optionen für schwer behandelbare Krebsarten zu schaffen, mit dem Ziel, einen Paradigmenwechsel bei der Behandlung von Krebs voranzutreiben und in dieser neuartigen Klasse von Immuntherapien eine führende Rolle einzunehmen (Garijo und Segeberg 2019, S. 1–3).

Im Bereich der Patientenversorgung vereinbarte Merck eine strategische Kollaboration mit dem chinesischen Technologiekonzern Tencent. Ziel ist es, mithilfe von künstlicher Intelligenz, Big Data sowie Cloud Computing die patientenzentrierte Gesundheitsversorgung in China durch digitale Plattformen für alle Patienten einfacher und effizienter zu gestalten (Janssens und Yussefi 2019, S. 1).

In der Chemieindustrie unterzeichnete BASF mit dem finnischen Energiekonzern Fortum und dem Bergbaukonzern Nornickel eine Absichtserklärung zur Kooperation, um den CO2-Ausstoß beim Bau von Akkus für Elektrofahrzeuge zu reduzieren. Ziel ist der Aufbau eines Batterierecyclingclusters in Harjavalta, Finnland, welches zeitgleich Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet. Hierbei soll die Rückgewinnungsrate von Wertstoffen in Lithium-Ionen-Batterien von 50 % auf über 80 % erhöht und mit Kobalt, Nickel und anderen kritischen Metallen aus Primärquellen ergänzt werden (Hellmann 2020, S. 1–2).

Auch Siemens und Evonik versuchen, nach der Grundlagenzusammenarbeit in Rheticus I in einer zweiten Phase seit Oktober 2019 einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende zu leisten. Dabei wird CO2 als Rohstoff verwendet, um über künstliche Photosynthese wertvolle Chemikalien zu erzeugen. Siemens bringt dazu den weltweit ersten CO2-Elektrolyseur ein und Evonik Kernkompetenzen in der Biotechnologie und Erzeugung von Spezialchemikalien (Schulze und Martini 2019, S. 1–2).

In der Finanzindustrie dienen Kooperationen zwischen Banken und Drittanbietern, viele davon mit Fintechs, vor allem dem Ausbau des Service- und Produktangebotes, insbesondere im Bereich Beyond Banking, um auch Lösungen außerhalb vom traditionalen Bankengeschäft anzubieten. Aber auch im Bereich der Infrastrukturen wird nach Kooperationen gesucht (Junghanns und Niebudek 2019, S. 4–14). Beispielsweise gingen im Sommer 2020 die Deutsche Bank [18]und Google Cloud eine strategische Partnerschaft ein, um technologiebasierte Finanzprodukte zu entwickeln und die Modernisierung alter Systeme voranzutreiben, und zwar durch Data Analytics und Skaleneffekte bei cloudbasierten Diensten (Krämer-Bach und Randzio-Niedermeier 2020, S. 1–2).

Die genannten Beispiele in den genannten Industrien – Automobil, Pharma, Chemie sowie Finanzen – ließen sich beliebig erweitern und auch um Beispiele aus anderen Sektoren wie dem Bildungs-, Logistik- und Agrarsektor ergänzen. Beispielsweise stellte Bertelsmann das Thema Allianzen und Partnerschaften in den Mittelpunkt seiner Geschäftstätigkeiten im Jahr 2019 (Rabe 2020, S. 1–70). Fakt ist, dass für Unternehmen Kooperationen und strategische Allianzen zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, um den Herausforderungen der Zukunft und den damit verbundenen Strukturumbrüchen zu begegnen; Fakt ist aber auch, dass viele der Kooperationen trotz des gemeinsamen Willens und Könnens der Unternehmen in Alltag scheitern, besonders wenn sie über die reine Finanzbeteiligung an selbstständigen Einheiten wie dem Kartenanbieter HERE hinausgehen.

AR 2: Weiterführende Fallstudien zu Unternehmenskooperationen aus den Bereichen: Finanzdienstleistung, Pharma, Industrie und Chemie sowie Automobil-Industrie

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Anwendungsfelder wird betrachtet, wie erfolgreiche Unternehmenskooperationen im Alltag diesen Strukturumbrüchen und Herausforderungen begegnen können.

[19]1.2Relevanz von Rohstoffen wie Seltenen Erden im ökonomischen Kontext des 21. Jahrhunderts

Die geopolitischen Veränderungen, die Änderung des gesellschaftlichen Blicks auf die Themen Environment, Social, Governance, welche zentrale Faktoren bei der Messung der Nachhaltigkeit und der gesellschaftlichen Auswirkungen einer Investition in und von Unternehmen darstellen, sowie die fortschreitende Digitalisierung haben auch einen Einfluss auf die Versorgung der Unternehmen mit wichtigen Rohstoffen und somit gleichfalls auf die Art der Zusammenarbeit innerhalb der Wirtschaft. In diesem Zusammenhang verwies Obama (2012, S. 1) auf die Relevanz von Seltenen Erden für die Wirtschaft: »Rare earth materials […] are used by […] manufacturers to make high-tech products. [Therefore], we’ve got to take control of our energy future and we cannot let that energy industry take root in some other country because they were allowed to break the rules«. Das Zitat des ehemaligen US-Präsidenten fasst sehr gut die Bedeutung von Seltenen Erden im Kontext der aktuellen Strukturumbrüche und des disruptiven Wandels im 21. Jahrhundert zusammen«.6

Daher kann am Beispiel von Rohstoffen und SEE die virulente Bedeutung von Unternehmenskooperationen verdeutlicht werden. Denn natürliche Ressourcen7 im Allgemeinen und SEE im Besonderen sind elementare Produktionsfaktoren,8 die einen Einfluss auf die Produktionsfunktion einer Volkswirtschaft haben und somit das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand einer Gesellschaft bestimmen (Mankiw und Taylor 2016, S. 681 ff.; Wilken und Franke 2017, S. 1–2). Krugman (1994, S. 11) fasst dies wie folgt zusammen: »Productivity isn’t everything, but in the long run, it is almost everything«. Deutschland selbst verfügt über keine SEE und ist bei mineralischen und metallischen Rohstoffen fast komplett bzw. bei den Metallrohstoffen der SEE komplett von Importen abhängig (Wilken und Franke 2017, S. 1 ff.).9

Rohstoffe, insbesondere mineralische und metallische Rohstoffe wie SEE als Input für das produzierende Gewerbe, haben einen signifikanten Einfluss auf die Produktionsfunktion und den Wohlstand der deutschen Volkswirtschaft, für die das produzierende Gewerbe10 von elementarer Bedeutung ist. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Gesamtbruttowert[20]schöpfung von 2.940 Mrd. Euro lag bei 672 Mrd. Euro,11 was im Jahr 201712 einem Anteil von 22,8 % entsprach (Hüther et al. 2018, S. 1; Hauf und Schäfer 2018, S. 82).13 Die Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes unterstreicht ein Bericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (2016, S. 6), nach dem Deutschland eine führende Industrienation mit einem starken produzierenden Gewerbe und großen Exporterfolgen ist. Die Exportquote Deutschlands lag im Jahr 2015 bei 47,7 % (Statista 2016c).14

Zur Sicherung dieser Position und der Wettbewerbsfähigkeit investiert das verarbeitende Gewerbe jährlich fast 100 Mrd. Euro in Innovation und Forschung.15 Das Ziel ist, angesichts des disruptiven Wandels »eine wettbewerbsfähige und beschäftigungsstarke Wirtschaft [zu erreichen], die mit zukunftsfähigen Produkten und Dienstleistungen mit den innovativsten Wettbewerbern weltweit erfolgreich konkurrieren« kann (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017, S. 1 ff.; Kagermann et al. 2013, S. 5–6).16

Insbesondere SEE sind für die Erreichung dieser Ziele wichtige strategische Ressourcen und indirekte Technologietreiber. Sie sind aufgrund ihrer besonderen chemischen sowie physikalischen Eigenschaften für die nationale wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar (McLellan et al. 2013, S. 305). Aufgrund der ungewöhnlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften werden sie in fast allen elektronischen Produkten, aber vor allem in Hightechprodukten wie Smartphones und auch in Produkten für die Luft- und Raumfahrt sowie für die Automobilindustrie eingesetzt. Schätzungen zufolge liegt der Umsatz von direkt oder indirekt anhängigen Gütern von Seltenen Erden bei bis zu 7,0 Billionen Euro pro anno (Lima und Leal Filho 2016, S. 37–55; Ganguli und Cook 2018, S. 1). Die Eigenschaften machen SEE zu strategisch wichtigen natürlichen Rohstoffen mit hoher Bedeutung für die Wirtschaft (van Gosen et al. 2017, S. 2). Im Folgenden wird die Anwendung von SEE pars pro toto anhand der Zukunftstechnologien der Energiewende dargestellt:17

[21]Zero-Emission-Mobilität

In einem Mittelklasse-Automodell aus dem Jahr 2012 waren bereits 440 Gramm SEE verbaut (Groke et al. 2015, S. 55; Alonso et al. 2012, S. 3406–3414).18 SEE sind essenzieller Bestandteil zahlreicher Komponenten im Auto. Abbildung 1 zeigt den Anteil an Seltenen Erden in einer Mittelklasse-Limousine und eine Übersicht über die entsprechenden Segmente beim Automobil.19

Abbildung 1: Übersicht von Seltenen Erden in einem Mittelklasse-Automodell Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Alonso et al. 2012, S. 3406–3414; Groke et al. 2015, S. 55; American Elements 2012, S. 1

Aufgrund der Zunahme von Elektronikkomponenten in Automobilen und der weiteren Elektrifizierung in Form von Hybrid- und Elektrofahrzeugen wird der Anteil von SEE weiter zunehmen, und zwar um mindestens 1 bis 5 Kilogramm pro Automobil (Sanderson 2017, S. 3; Rowson 2017, S. 1–5).20 Zusätzlich wird die Gesamtnachfrage durch das weltweite Wachstum der Neuverkäufe von Automobilen von durchschnittlich 2,5 % pro Jahr getrieben, in Zahlen von 95 Mio. im Jahr 201821 auf 113 Mio. im Jahr 2025, wobei gleichzeitig der Anteil an Elektrofahrzeugen zunehmen wird (LMC 2019b).22

[22]Windenergie und Solarenergie23

In den Generatoren von Windkraftanlagen mit einer Fünf-Megawatt-Turbine sind bis zu 800 Kilogramm Neodym, 200 Kilogramm Dysprosium sowie Praseodym, Samarium, Lanthan und Terbium verbaut. Insbesondere in Offshore-Windanlagen ist der Anteil hoch (Schüler 2011, S. 5).

Bedeutung von Seltenen Erden für die deutsche Wirtschaft

Die Bedeutung von SEE für die deutsche Wirtschaft kann wie folgt zusammengefasst werden (European Commission 2017b, S. 1):

SEE sind von großer Bedeutung in der Industrie; nicht energietragende Rohstoffe werden in allen Industrien und allen Wertschöpfungsstufen benötigt.SEE sind essenziell für moderne Technologien in einer digitalen Welt; technologischer Fortschritt und die Steigerung der Lebensqualität sind abhängig vom Zugang zu einer steigenden Anzahl an Rohstoffen.SEE sind wichtig für die Umsetzung der Digitalisierung und die Energiewende; beispielsweise ist der Einsatz von SEE in Smartphones, Computerchips, Solaranlagen, Windturbinen, Hybrid- und Elektrofahrzeugen und energieeffizienten Beleuchtungsanlagen aktuell und auf absehbare Zeit noch nicht substituierbar.

In Summe zählen SEE nicht nur zu den wichtigsten Inputfaktoren natürlicher Ressourcen, sondern haben aufgrund des Anwendungsbereichs auch einen signifikanten Einfluss auf die Verfügbarkeit und Entwicklung neuer Technologien.24 SEE »[...] don’t make the products we buy, they make the products we buy smaller, faster and more powerful« (Abraham 2017, S. 2).25 Im Ergebnis führt das verbesserte technologische Wissen zu mehr Output bei gleichem Inputfaktor in der Volkswirtschaft. Gleichzeitig setzt ein technologischer Wandel Arbeitskapazitäten frei, die für die Produktion weiterer Waren und Dienstleistungen genutzt werden können (Mankiw und Taylor 2016, S. 681).

Es ist daher unbestritten, dass die deutsche Wirtschaft auf eine sichere Versorgung mit mineralischen und metallischen Rohstoffen wie SEE angewiesen ist, damit es auch weiterhin Zukunftstechnologien »Made in Germany« gibt, welche die Grundlagen des Wohlstands in Deutschland bilden (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2017, S. 1 ff.; Kempf 2018d, S. 4 ff.). Digitalisierung und Energiewende werden die Nachfrage nach Rohstoffen wie etwa SEE oder Lithium deutlich verstärken (Grillo 2016, S. 1–2).

[23]Allerdings sind die weltweite und die deutsche Wirtschaft fast komplett von chinesischen Importen dieser Rohstoffe abhängig. Nach Angaben im USGS Mineral Commodity Summary Report wird der heutige Bedarf an SEE zu über 83 % von chinesischen Produzenten abgebaut, verarbeitet und gehandelt (Gambogi 2017a, S. 133–134).26 Die European Commission (2017b, S. 4–8) nennt in einer Studie aus dem Jahr 2017 für den Zeitraum von 2010 bis 2014 China mit einem Anteil von 95 % als den mit Abstand größten Erzeuger für SEE.27 Im Vergleich dazu verfügt China nur über 37 % der weltweiten Vorkommen von SEE von rund 120.000.000 Tonnen (Gambogi 2017b, S. 133–134). Allerdings wird der Bedarf an SEE bis 2035 um einen Faktor von 2,9 steigen (Marscheider-Weidemann et al. 2016, S. 14). Daher konstatiert Krugman (2010, S. 1) zu dem Problem der Abhängigkeit, einem Kernthema dieser Arbeit: »The world needs to develop non-Chinese sources of these [rare earth elements] materials«.

Dieses Ziel der Reduzierung der Abhängigkeit verfolgte die im Jahr 2012 von der deutschen Wirtschaft gegründete Rohstoffallianz, die allerdings nicht das gewünschte Ziel der Gewährleistung der Versorgungssicherheit erreichte und deswegen Anfang des Jahres 2016 gesellschaftsrechtlich liquidiert wurde (Arnold 2012a, S. 1–8; Wiskow 2015, S. 1). Dabei ist eine sichere Versorgung elementarer als jemals zuvor. Kempf (2018a) proklamiert in der Berliner Rohstofferklärung: »Die Verfügbarkeit von Rohstoffen [wie Seltene Erden] wird damit zu einer zentralen Herausforderung für das Industrieland Deutschland [...]«.

Daher wird das Thema Unternehmenskooperationen an der Herausforderung der Rohstoffversorgung vertieft illustriert. Es handelt sich hierbei um die größtmögliche Komplexität von Unternehmenskooperationen mit n-Kooperationsunternehmen, die sich aus sämtlichen Industrien und Unternehmensgrößen zusammensetzt. Die aus diesem Beispiel entwickelten wesentlichen Erfolgsfaktoren lassen sich auf alle Arten von Unternehmenskooperationen in allen Industrien anwenden und leisten somit einen praxisrelevanten Beitrag zur Schließung der Forschungslücke.

1.3Stand der Forschung und Forschungslücken

Die existierende Forschung hat bereits relevante Erkenntnisse zu den beiden Forschungsthemen SEE und Kooperationen hervorgebracht, die zum einen unterschiedlich weit entwickelt sind und zum anderen nicht in der Kombination betrachtet wurden.

Im Bereich der SEE fokussiert der überwiegende Teil der Forschung auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften sowie die technische Anwendung in zukünftigen Technologien (van Gosen et al. 2017, S. 2–3; Marscheider-Weidemann et al. 2016, S. 13–14). Darüber hinaus [24]gibt es Analysen zur Risikobewertung bezüglich der geografischen und politischen Lieferabhängigkeiten Deutschlands und anderer Länder. Die European Commission (2017a, S. 4–8) und Gambogi (2017b, S. 134) stellen fest, dass SEE einen wichtigen Inputfaktor für die Sicherung der Innovationsfähigkeit darstellen, aber Länder wie die USA und Deutschland bei der industriellen Produktion und bei der Versorgung mit SEE vollkommen abhängig von China sind. Rohstoffe werden als »kritisch« definiert, wenn sie eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für heimische Industrien haben, schwer zu ersetzen sind28 und ein hohes Risiko der Versorgung beim Handel durch hohe Importabhängigkeiten und Ausfuhrbeschränkungen besteht. Somit gelten SEE sowohl als strategische als auch als kritische Rohstoffe. Abbildung 2 zeigt die Einordnung von Rohstoffen hinsichtlich der beiden Faktoren wirtschaftliche Bedeutung und Versorgungsrisiken (engl. Economic Importance and Supply Risk), die auf dem Bericht der EU-Kommission (2017b) zu »Criticality Raw Material Assessment« basieren.

Abbildung 2: Bewertung der Kritikalität von kritischen Rohstoffen im Jahr 2017 Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an European Commission 2017b, S. 12

[25]Abbildung 2 zeigt für die blauen Punkte den durchschnittlichen Score aller Rohstoffe, der hellrote Punkt und der dunkelrote Punkt repräsentieren die durchschnittlichen Ergebnisse für leichte SEE (LSEE) und schwere SEE (SSEE). Die X-Achse bewertet auf einer Skala von 0 bis 7,5 die wirtschaftliche Bedeutung des Rohstoffs für Endprodukte.29 Die Y-Achse spiegelt auf einer Skala von 0 bis 5 das Risiko der Störung für die Versorgung (Versorgungsrisiken)30 mit dem Rohstoff in der EU wider. Hierbei stehen Konzentrationsrisiko und Zuverlässigkeit der Handelspartner bezüglich staatlicher Eingriffe in den Handel im Vordergrund.31

Aufgrund des Versorgungsrisikos bei SEE wurden im politischen Bereich unterschiedliche Strategiepapiere entwickelt, in denen das Problem benannt wird, eine Umsetzung bei vielen Punkten bleibt aber aus (Bofinger et al. 2001, S. 3–15; Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2010, S. 1; European Commission 2017b, S. 1–3, 2017a, S. 9–16).32 Dies liegt oftmals daran, dass ein einzelner Akteur das Problem nicht lösen kann, sondern es einer Kooperation mehrerer Akteure bedarf.

Im Bereich der Forschung zu Kooperationen, welche für die Umsetzung solcher Strategien die Grundlage bilden, existieren mit der Neuen Institutionenökonomik und der damit verbundenen Transaktionskostentheorie sowie mit der Evolution der Kooperation (Coase 1937, S. 387 ff.; Coase 1991, S. 2–3; Axelrod 2000, S. 3–4) umfangreiche theoretische Modelle, die allerdings noch Forschungspotenzial bei der Anwendung auf konkrete Probleme der Kooperation haben, beispielsweise bei der praxisrelevanten Anwendung auf Kooperationen zwischen Unternehmen, insbesondere im Kontext der Arbeit bezüglich der Versorgungssicherheit mit SEE.

Der Fall der Rohstoffallianz – als ein Ansatz zur freiwilligen Kooperation zwischen Unternehmen – und die immer noch hohe Abhängigkeit von SEE zeigen, dass in diesem Fall noch eine Forschungslücke existiert. Das gilt vor allem im Zusammenhang mit der Aktualität des Themas, die von Scheremet (2016, S. 1) unterstrichen wird, der darauf verweist, dass »Rohstoffsicherheit [26]und -verfügbarkeit wichtig für ein Industrieland wie Deutschland sind, um an der Spitze der Technologieführerschaft zu bleiben«.33

1.4Struktur des Buchs

Die Schließung der Forschungslücke und die (Weiter-)Entwicklung von Strategien zur Rohstoffsicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland (Marscheider-Weidemann et al. 2016, S. 13; Gabriel et al. 2016, S. 5; Buchholz 2016, S. 1) wurden bereits in mehreren Studien und Stellungnahmen von Verbänden und Forschungsinstituten gefordert.34 Die Forschungslücke wird in dieser Arbeit adressiert, wobei der Fokus auf folgenden Forschungsfragen liegt:

Wodurch wird das Marktversagen bei SEE verursacht?Wie kann durch die Bereitstellung eines Kollektivgutes, nämlich der »Gewährleistung der Versorgungssicherheit«, das Marktversagen gelöst werden?Unter welchen Bedingungen können (freiwillige) Kooperationen das Kollektivgut bereitstellen?35Wie kann der Staat eine solche (freiwillige) Kooperation der Wirtschaft unterstützen?36

Die leitende Forschungsfrage, die sich hieraus ergibt, lautet: Wie kann durch eine freiwillige Kooperation der deutschen Wirtschaft aufgrund des Marktversagens bei SEE die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zum Schutz der industriellen Innovationsführerschaft sichergestellt werden?

[27]Die Struktur der Arbeit folgt den Forschungsfragen zur Schließung der Forschungslücke:

In Kapitel 2 werden das Forschungsdesign und die Forschungsmethode sowie ausgewählte Grundtheorien zur Beantwortung der Fragen beschrieben.In Kapitel3 werden die Gründe analysiert, warum es zu einem Versorgungsrisiko bei SEE kommt und die Verknappung der Ressourcen bei SEE zu einem Marktversagen führt, insbesondere im Hinblick auf die chinesische Ressourcenpolitik sowie strategische Handels- und Industriepolitik.In den Kapiteln 4, 5 und 6 wird konzeptionell erschlossen, wie freiwillige Kooperationen aussehen können und wie durch die Kooperation das Gut, nämlich die »Gewährleistung der Versorgungssicherheit«, zur Verfügung gestellt werden kann. Ausgangspunkt in Kapitel 4 ist die Untersuchung der primären Ursachen für das aktuelle Marktversagen. Darauf aufbauend werden die bisherigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sowohl aus Sicht des staatlichen Eingriffes37 als auch aus privatwirtschaftlicher Perspektive analysiert.In Kapitel 5 liegt der Fokus auf der Analyse der Fallstudie der Rohstoffallianz im Zeitraum von 2011 bis 2016. Die Grundlage stellt hierbei das Modell von Sammeck dar, das im Wesentlichen auf den Theorien der Neuen Institutionenökonomik und den Grundlagen zur Kooperation von Axelrod und Suchanek aufsetzt. Im Mittelpunkt steht dabei die Identifikation der richtigen Anreizfaktoren für eine stabile und erfolgreiche freiwillige Kooperation, die auf die aktuelle Situation und die möglichen Akteure übertragen werden, mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen zur Lösung des Problems zu geben.In Kapitel 6 wird analysiert, wie andere Länder im Kontext der chinesischen Ressourcenpolitik sowie strategischer Handels- und Industriepolitik reagieren. Außerdem wird hergeleitet, wie Public-Private-Partnership-Initiativen einen Beitrag zur Stabilisierung von freiwilligen Kooperationen leisten können.Abschließend werden in Kapitel 7 die Ergebnisse zusammengefasst und einer kritischen Reflexion unterzogen, insbesondere bezüglich der Praxisrelevanz bei Unternehmenskooperationen. Darüber hinaus wird auf mögliche Limitierungen des erarbeiteten Lösungsansatzes hingewiesen und das Potenzial für weitere Forschungen aufgezeigt.

In Hinblick auf die Aktualität und Relevanz hat die vorliegende Arbeit das Ziel, aus anwendungsorientierter Sicht einen Beitrag zur Sicherung der Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei SEE zum Schutz der industriellen Innovationsführerschaft durch freiwillige Kooperationen zu leisten. Darüber hinaus soll Unternehmen ein konkreter Rahmenvorschlag geboten werden, wie erfolgreiche und strategische Unternehmenskooperationen aufgebaut werden können.

2 Unter dem Begriff der Energiewende bzw. der Green Technology wird unter anderem auch die Entwicklung der Zero-Emission-Mobilität subsummiert.

3 Zusätzlich zu den vorgestellten makroökonomischen Entwicklungen lassen sich weitere Punkte nennen, wie etwa die demografische Entwicklung, der Klimawandel, die Erhöhung der Staatsverschuldungen usw. Allerdings bilden die drei genannten Entwicklungen den Rahmen für die Untersuchung, insbesondere bezüglich der Nachfrage- und Angebotssituation bei SEE (Gros 2018, S. 3–135).

4 Die hier ausgewählten Beispiele dienen ausschließlich der Illustration, erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und sind aufgrund der dynamischen Entwicklung aktualisiert worden.

5 Mittlerweile sind auch die Zulieferer Bosch und Continental sowie weitere Investoren wie Intel Capital, Mitsubishi Corporation, Nippon Telegraph and Telephone Corporation und Pioneer an HERE beteiligt (Overstall 2019, S. 1).

6 Der disruptive Wandel der Gesellschaft und Wirtschaft wird unter dem Akronym »VUCA World« zusammengefasst. VUCA steht dabei für die Anfangsbuchstaben der vier englischen Wörter volatility, uncertainty, complexity und ambiguity (Bennett und Lemoine 2014, S. 311–313).

7 Natürliche Ressourcen sind Bestandteile der Natur mit ökonomischem Nutzen und werden unterschieden in erneuerbare und nicht erneuerbare Ressourcen.

8 Die Produktivität selbst wird in zahlreiche Faktoren unterteilt: 1. Realkapital, 2. Humankapital, 3. natürliche Ressourcen und 4. technologisches Wissen (Mankiw und Taylor 2016, S. 683).

9 Für eine ausführliche Darstellung der Rohstoffimporte siehe Anhang.

10 Ohne Baugewerbe, entsprechend der offiziellen Definition des Statistischen Bundesamtes.

11 Die größten Industriezweige des produzierenden Gewerbes sind, gemessen am Umsatz, die Automobilindustrie (404 Mrd. Euro), der Maschinenbau (212 Mrd. Euro), die Chemie- und Pharmaindustrie (189 Mrd. Euro) und die Elektroindustrie (178 Mrd. Euro) (Statista 2016f). Im November 2018 waren ca. 5,7 Mio. von rund 45 Mio. Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe tätig (Statista 2016a, 2016e, Statistisches Bundesamt 2019, S. 1).

12 Im internationalen Vergleich liegt Deutschland beim Anteil des produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung auf Platz zwei hinter Südkorea mit 31,1 % und vor Japan mit 18,6 % (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2016). Der Vergleich basiert auf Daten aus dem Jahr 2012 und umfasst zusätzlich zum verarbeitenden Gewerbe das Baugewerbe (Statista 2018a, 2018b).

13 Gemessen als Anteil der nominalen Bruttowertschöpfung des jeweiligen Wirtschaftsbereichs an der gesamten nominalen Bruttowertschöpfung.

14 Die Exportquote basiert auf dem Konzept der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Die Exportquote nach dem volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungskonzept zeigt das Verhältnis zwischen Exporten von Waren und Dienstleistungen und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) (Statista 2016c).

15 Dabei lagen die Ausgaben in der Automobilindustrie bei 38,7 Mrd. Euro, im Maschinenbau bei 12,7 Mrd. Euro, in der Chemie- und Pharmaindustrie bei 13,4 Mrd. Euro und in der Elektroindustrie bei 16,7 Mrd. Euro (Statista 2016d).

16 Kagermann et al. (2013, 5–6) fokussieren dabei auf die Sicherung als Leitanbieter und die Entwicklung neuer (Leit-)Märkte.

17 Eine detaillierte Auflistung weiterer Anwendungsfelder sowie eine grundlegende Erläuterung zu den Eigenschaften von SEE sind im Anhang einzusehen. SEE sind als Inputfaktor für verschiedene Geräte und Anwendungen wie z. B. Screens von Smartphones, Flatscreens, Festplatten, Chips, Batterien von Hybrid- und Elektrofahrzeugen, neuen Leuchtmitteln wie LEDs, großen Windturbinen, Generatoren mit starken Permanentmagneten etc. nützlich und unerlässlich für Leitanbieter bei der Entwicklung neuer Leitmärkte (van Gosen et al. 2017, S. 2).

18 Der überwiegende Teil von 400 Gramm wird für elementar wichtige Funktionsweisen benötigt. Lediglich 40 Gramm entfallen auf Zubehörteile (Groke et al. 2015, S. 55).

19 Illustrative Darstellung inklusive Hybrid- und Elektromotorengetriebe. Für eine 1:1-Zuordnung vgl. auch Groke et al. 2015, S. 56.

20 Rowson (2017, S. 1–5) verweist darauf: »The amount of REEs present in fully electric vehicles varies with the type/model of vehicle. Typically, an ELV EV (with a NiMH battery type) contains 4–5 kg of REEs compared to less than a kilo in a new petrol/diesel car. In the case the battery is of the Li-ion type, the total amount of REEs is lower.«

21 Die Automobilindustrie benötigt über 42.000 Tonnen SEE im Jahr 2018.

22 Studien gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2030 voraussichtlich 30 bis 45 % der Weltproduktion für Neufahrzeuge reine Elektrofahrzeuge ohne Verbrennungsmotor sind (Hucko und Randoll 2017, S. 1; Randoll 2018, S. 6–161; Baptiste 2018, S. 1–2; Hüther et al. 2018, S. 1–2). Der Anstieg der Elektronikkomponenten im Fahrzeug wird durch die stärkere Vernetzung der Fahrzeuge getrieben (Burg und Moser 2017, S. 815). Der Anteil der Komponenten beträgt bereits 20 bis 30 % der Herstellkosten und wird in den nächsten Jahren nach Schätzungen von Experten die Marke von 40 % erreichen (Burg und Moser 2017, S. 815).

23 Im Bereich der Solarenergie gibt es unterschiedliche Forschungen, unter anderem vom Fraunhofer-Institut, mit dem Ziel, den Wirkungsgrad von Solarzellen mithilfe von SEE zu erhöhen.

24 Neue Technologien wie Hochleistungsrechner helfen dabei, eine Steigerung des technologischen Wissens herbeizuführen, also des Wissens der Gesellschaft über den besten Prozess zur Herstellung von Waren und Dienstleistungen. Eine zunehmende Verbesserung der Technologie führt somit zu einer steigenden Produktivität.

25 Beispielsweise beinhaltet ein Smartphone 50 verschiedene Arten von metallischen Rohstoffen, die für die geringe Größe, das geringe Gewicht und die gleichzeitig hohe Funktionalität verantwortlich sind.

26 Grob (2019, S. 1) verweist drauf, dass bei schweren SEE wie beispielsweise Dysprosium, Terbium oder Gadolinium der Markt im Jahr 2019 weiterhin nahezu zu 100 % von China dominiert wird.

27 An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr die ungenügende Datenqualität im Bereich der SEE.

28 Die EU definiert die Ersetzbarkeit mit einem Index. Die Werte liegen im Bereich zwischen 0 und 1, wobei 1 die niedrigste Ersetzbarkeit darstellt. Der Wert für SEE liegt bei 0,96 für schwere SEE und bei 0,90 für leichte SEE (European Commission 2017a, S. 3–8). Zur Unterscheidung zwischen schweren und leichten SEE siehe Anhang.

29 Die wirtschaftliche Bedeutung gibt Aufschluss über die Bedeutung eines Rohstoffes für die EU-Wirtschaft im Hinblick auf das Endprodukt und die Wertschöpfung der entsprechenden verarbeitenden Industrien anhand der Wirtschaftszweige der EU. Die wirtschaftliche Bedeutung wird durch den Substitutionsindex in Bezug auf die technische und wirtschaftliche Leistung der Substitute für einzelne Anwendungen korrigiert. Die mittlere Einstufung bei SEE resultiert aus der Tatsache, dass SEE überwiegend in Hightechprodukten verarbeitet werden und beispielsweise nicht im Baugewerbe (van Gosen et al. 2017, S. 2; European Commission 2017b, S. 12).

30 Das Versorgungsrisiko spiegelt das Risiko einer Unterbrechung der EU-Versorgung mit dem Rohstoff wider. Die Einstufung basiert auf der Konzentration der Primärversorgung aus rohstoffproduzierenden Ländern unter Berücksichtigung der Regierungsform und der Handelsstrategie. Die Importabhängigkeit der EU wird unter zwei Aspekten betrachtet, nämlich der Qualität der Lieferanten sowie dem Land, aus denen die EU die Rohstoffe bezieht. Das Versorgungsrisiko wird beim »Flaschenhals« des Rohstoffes (Gewinnung oder Verarbeitung) gemessen, der das höchste Versorgungsrisiko für die EU darstellt. Substitution und Recycling gelten als risikomindernde Maßnahmen (van Gosen et al. 2017, S. 2; European Commission 2017b, S. 12).

31 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass SEE wissenschaftlich belegt zu den Rohstoffen mit dem größten Versorgungsrisiko zählen (European Commission 2017c, S. 1–3, 2017b, S. 9–16).

32 Die Deutsche Industrie fordert daher, dass die Bundesregierung die Rohstoffstrategie überdenken muss (Kempf 2018b, S. 1).

33 Im Koalitionsvertrag »Deutschlands Zukunft gestalten« der Regierungsparteien der 18. Legislaturperiode (Merkel et al. 2013, S. 14) heißt es in Bezug auf die Rohstoffsicherung: »Deutschland ist bei vielen wichtigen Rohstoffen wie Seltenen Erden und Metallen auf Importe angewiesen. Angesichts der weltweit steigenden Nachfrage sowie der wachsenden Zahl staatlicher Eingriffe in Rohstoffmärkte und damit verbundener Wettbewerbsverzerrungen ist gezieltes Handeln geboten, um mögliche negative Auswirkungen auf die Wertschöpfung in Deutschland zu vermeiden.« Im Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode (Merkel et al. 2018, S. 59) wird ergänzt, dass »die Versorgung mit und der sichere Zugang zu Rohstoffen [...] entscheidende Faktoren für den Wirtschaftsstandort [Deutschland]« sind.

34 Unter anderem in der Studie »Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2016« vom Fraunhofer-Institut, vorgestellt im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie am 04.07.2016 (detaillierte Darstellung der Studie des Fraunhofer-Instituts vgl. Marscheider-Weidemann et al. 2016), in der Stellungnahme »Rohstoffe für die Energiewende« der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V. im Februar 2017 (für eine umfangreiche Darstellung der Forderung vgl. Byfield 2017, S. 7 ff.) sowie beim Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) bei den Rohstoffkongressen am 05.07.2016 und am 03.07.2018. Der 5. BDI-Rohstoffkongress im Jahr 2016 widmete sich unter der Überschrift »Rohstoffsicherung 4.0« der Frage, welche Bedeutung die Rohstoffversorgung für die erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 hat und wie dies im Rahmen einer zukunftsorientierten Industrie- und Rohstoffpolitik zu berücksichtigen ist. Diskutiert wurde die Frage unter anderem von dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der Bundesforschungsministerin Johanna Wanka sowie dem BDI-Präsidenten Ulrich Grillo (Stollberger 2017, S. 1). Der 6. BDI-Rohstoffkongress im Jahr 2018 erhob ebenfalls die Forderung eines Paradigmenwechsels in der Rohstoffpolitik. Diskutiert wurde die Forderung unter anderem vom Präsidenten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) Ralph Watzel, dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier und dem BDI-Präsidenten Dieter Kempf (Klencke 2018, S. 1–2).

35 Ausgangssituation der Forschungsfrage ist, dass die Rohstoffallianz als freiwillige Kooperation, d. h. privatwirtschaftliche Initiative, gescheitert ist.