Urlaub ist auch keine Lösung - Wendelin Schnitzler - E-Book

Urlaub ist auch keine Lösung E-Book

Wendelin Schnitzler

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Beschreibung

Von Abenteuern und Aliens. Alles außer Urlaub. In Zeiten, in denen uns Computer immer mehr Arbeit abnehmen, ist es geradezu überlebensnotwendig, sein Glück außerhalb des Berufslebens zu finden. Die traurigsten Geschichten sind die von Dingen, die wir nicht gemacht haben. Der Handtuch-Mafia am Hotelpool muss der Kampf angesagt werden! Es gilt im Urlaub, wie im Leben: Nur wer etwas erlebt, hat etwas, an das es sich zu erinnern lohnt. Unterwegs trifft man auf die spannendsten Menschen und ihre Geschichte. Menschen, die an Außerirdische glauben und solche die meinen, schon mal von ihnen entführt worden zu sein. Und auf der Suche nach dem Abenteuer kann es einen schon mal ins Dschungelcamp verschlagen. Dieses Buch begleitet den Leser auf dem Weg zum Abenteuer, unterhält dabei, motiviert und zeigt viele Fallen des Alltags auf, die wahre Abenteuer-Killer sind. Mit der Abenteuer-Philosophie wird aus der freien Zeit mehr als einfach nur Urlaub.

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Wendelin Schnitzler

Urlaub ist auch keine Lösung

Die Abenteuer-Philosophie

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Vorstellung

Übersicht

 

Einleitung

Unglaublich, was manche Leute sich so unter einem perfekten Leben vorstellen. Sonntägliche Idylle draußen im eigenen Garten. Die Beförderung mit den Liebsten feiern, der Lack des neuen Autos glänzt frisch poliert in der Sonne, die Kinder sitzen brav neben dem frisch gemähten Rasen, die Vögel zwitschern.Kitsch ist geil, die Welt ist schön!Wenn da nur nicht diese blöde Realität wäre.Die letzte Rate für das Haus ist in zwanzig Jahren fällig, der Garten endet an der dicken Mauer des Nachbargrundstücks und mit den Gedanken ist man mehr denn je bei der Arbeit: Kann man die hohen Erwartungen erfüllen? Bleibt der Job auch in Zukunft sicher? Mache ich überhaupt das Richtige? Alles ist purer Stress.Zum Glück gibt es den Jahresurlaub. Keine Mauern, herrliche Sonne unter Palmen und hinterm Hotelpool das große weite Meer. Dann wird endlich alles perfekt sein.Doch leider ist da ja immer noch diese blöde Realität. Und mit ihr die böse Frau aus Zimmer 336 mit dem bunt-gestreiften Handtuch. Der Lieblingsplatz am Pool ist dahin und am Meer sieht es auch nicht besser aus. Auf bunten Strandtüchern rekeln sich dicke, bleichbeinige Menschen mit rotverbrannten Rücken, die unter knallfarbenen Tank-Tops hervorglühen. Nicht gerade die klassische Mittelmeerromantik.Dann eben Kultur! Beim Trip ins historische Stadtzentrum stolpert man über endlose Verkaufsgestelle voll mit Postkarten oder geschmacklosen Sonnenbrillen und es gibt mehr Touristen als Tauben – oder schlimmer: umgekehrt! Nichts ist es mit dem authentischen Urlaubserlebnis.

Die Flucht aus dem stressigen Alltag in zwei Wochen Urlaub zu suchen, funktioniert nicht. Was zu Hause nervt, wird auch nicht besser, nur weil man in Spanien ist. Das Schnarchen des Partners klingt auch in der Fremde nicht plötzlich schön. Wer ängstlich ist, wird es auch im Urlaub sein. Wer traurig ist, wird sich von Palmen nicht lange trösten lassen.Wie sagt man im Ruhrgebiet so schön: „Woanders is‘ auch scheiße!"Da man sowieso viel mehr Zeit mit dem Daheim sein verbringt, ist das eigentlich ein beruhigender Gedanke.Wer zu viel vom Urlaub erwartet, hat hinterher oft größere Probleme als vorher. Nicht von Ungefähr ist es, neben Weihnachten, die streit- und trennungsreichste Zeit des Jahres.Häufig muss der Urlaub einfach für zu viel Alltagsfrust herhalten. Das ganze Jahr hat tagein tagaus der Radiowecker geklingelt, hat man den bestgelauntesten Super-Morgenshow-Moderator mit seiner gespielten Glückseligkeit ertragen, stand im Stau, wollte eigentlich einmal im Leben so hupen, wie es nur die Italiener können, hat man sich dann doch nicht getraut und ist schließlich völlig genervt ins Büro gehetzt. Bis irgendwann nur noch der eine Gedanke da war. Der Gedanke, den jeder nochbessergelaunte Supermoderator aus dem Radio spätestens ab Mittwochmittag ständig wiederholt: „Bald ist endlich Wochenende".Dem Typen aus dem Radio geht es in Wirklichkeit oft genauso, wie seinen Hörern im Büro. Nur dass er auch noch so tun muss, als wäre sein Job total abwechslungsreich und lustig. Als ob man seinem dümmlich überheblichen Chef jeden Tag fröhlich sagen müsste, für wie klug man ihn hält und sich innerlich am liebsten über seinen Schreibtisch erbrechen würde.Selbst wenn man zu den Glücklichen gehört, denen die Arbeit Spaß macht, auf die Routine, wie das Eintippen der Daten des siebzehntausensten Kunden in die Exceltabelle freut sich wohl niemand.Kein Kind hat jemals gesagt: „Wenn ich mal groß bin, werde ich Sachbearbeiter."

So wenig abwechslungsreich wie der Beruf ist meist auch die Wahl des Reiseziels, denn Urlaubsorte sind wie Kindergartenfreunde. Wer zufällig neben dir steht, ist ab jetzt dein Freund. Triefende Rotznase und verfilztes Haar hin oder her. Ab jetzt wird sich gemocht.Der erste Strand ist ab sofort auch dein Freund.Leider ist nichts so aufregend wie das erste Kennenlernen. Die schönen Familienerinnerungen, der erste viel zu feuchte Kuss im Zelt bei der Jugendfreizeit oder das Frankreich-Surfcamp als Student: In Zukunft muss dieser Traumort als Sehnsuchtsort den ganzen Alltagsfrust aufwiegen. Bestenfalls geht die kostbare Zeit viel zu schnell vorüber, schlimmstenfalls geht alles schief, weil der eigene Kopf immer noch der gleiche ist, weil man die ungeliebten Teile seiner Persönlichkeit auch in der Ferne mit sich herumschleppt.

In der Erinnerung sind die ungemütlichen Lagerfeuernächte im T-Shirt, am doch gar nicht so warmen Strand, das Paradies. Klar kennt die Vorfreude auf das zweite Mal keine Grenzen. Und siehe da, der zweite Urlaub am gleichen Ort ist längst nicht mehr so mühsam wie der erste.Leider auch bei Weitem nicht mehr so aufregend. Da das Gewohnheitstier in uns ein starker Wolf ist, bleiben wir meist trotzdem dabei. Spätestens beim dritten Mal fangen wir uns an zu langweilen. Die neuen Abläufe sind eintrainiert, der Weg zur Dusche geht sich im Schlaf und genauso verbringen wir auch den Urlaub. Heimlich träumen wir immer noch davon, wie es war, als wir nach einer zwanzigstündigen Fahrt nachts zum allerersten Mal im kühlen Sand saßen, auf den Atlantik schauten und uns am Horizont das weite Amerika vorstellten.Dabei packt einen dann die Wehmut, weil es nie wieder so aufregend wird wie damals und wir sehnen uns nach mehr Abenteuer in unserem Leben. Als Kind haben wir uns das doch so schön vorgestellt.Als stolzer Feuerwehrmann wollten wir Katzen von brennenden Bäumen retten oder als mutiger Gesetzeshüter nachts böse Verbrecher fangen.Stattdessen heißt es in der Realität viel zu oft Kaffee, Kopierer, Kippchen und weiter in der altbewährten Routine.Den richtigen Zeitpunkt für ein Abenteuer haben wir verpasst.Zwischen Ausbildung, Studium und Karriere ist an ein Abenteuer nicht zu denken und nachdem das erste Kind geboren wurde erst recht nicht.Irgendwann muss man halt erwachsen werden ...Vielleicht stimmt das. Irgendwann muss man es bestimmt. Warum aber nicht noch ein bisschen warten? Oder sich einmal eine Pause davon gönnen.Es lohnt sich immer, es noch mal auszuprobieren, das mit dem jung und wild sein.Ein Abenteuer erleben und aus der freien Zeit mehr machen als einfach nur Urlaub. Im schlechtesten Fall gewinnt man damit eine neue Erfahrung, im besten ein neues, glücklicheres Leben.

1

Kapitel 1

Früher war alles besser. Also viel früher. Genauer gesagt: in der Steinzeit!Damals wurde nicht gejammert: „Ich habe gar nichts zum Anziehen“. Damals hat sich die Frau das stinkende, verlauste Bärenfell über die Schultern geworfen, zufrieden gegrunzt und ihr Spiegelbild in einer braunen Pfütze bewundert. Der Mann hat sich bei der Jagd abreagiert und jeder Gang zum Beerensammeln in den Wald war ein großes Abenteuer.

Der Mensch von heute hat es nicht so gut. Statt aufgeregt hinter einem wilden Bison herzurennen, hechelt er neben zehn anderen auf dem Laufband. Statt süßer Früchte, sammelt er Akten auf dem Schreibtisch und statt des Lagerfeuers, flackert abends der Fernseher.Unser Leben ist so behaglich geworden, dass wir leider verlernt haben, uns für neue Abenteuer zu motivieren. Auf der vollgestopften To-do-Liste ist dafür kein Platz. Da schreit das zweijährige Kind in der Wohnung, weil Banane plötzlich doch ganz doof schmeckt, da schreit der Chef auf der Arbeit, weil er sich mehr Überstunden wünscht und daneben muss auch noch der Hamster gefüttert, die Eltern besucht und die beste Freundin getröstet werden.Gründe, warum ein Abenteuer gerade nicht passt, gibt es viele. Und so gerät man beim wohlverdienten Feierabendbier für eine kurze Zeit ins Träumen. Bis die größte Sehnsucht wieder gestillt ist.Das kann gefährlich werden, denn leider haben wohlverdiente Feierabendbiere so manche Nebenwirkung. Im Moment lassen sie die Zeit wie im Nu vorbeigehen, beflügeln scheinbar die Gedanken und rächen sich nach einigen Jahren doch bitter. Dann nämlich, wenn die Einsicht kommt, in dieser Zeit in Wahrheit nichts getan und noch viel weniger erlebt zu haben.

Eine andere Möglichkeit ist es sich so sehr auf die Karriere zu konzentrieren, dass für Träumereien im viel beschäftigten Kopf schlicht gar kein Platz mehr ist.Genau das hat eine frühere Klassenkameradin von mir getan. Nach ihrem Abitur als Beste des Jahrgangs begann sie direkt mit dem Jurastudium. Da sie offenkundig weder faul noch blöd war, war klar, sie wollte es im Studium zu etwas bringen. Statt wie andere die elende Juristerei nach drei Semestern erfolgreich abzubrechen, war sie fleißig und lernte viel. Jeden Tag außer sonntags verbrachte sie mindestens zwölf Stunden im Hörsaal und der Bibliothek. Lerngruppe, Seminar, Repetitorium (eine zusätzliche, teure Nachhilfe, die Juristen häufig nehmen, um mit dem vielen Stoff hinterherzukommen), dazwischen kurz ins Café und dann wieder zurück in die Bibliothek. Urlaub gönnte sie sich von Anfang an nicht mehr als zwei Wochen im Jahr.Sie bedauerte es so wenig Zeit für Freunde und Hobbys zu haben, doch das konnte sie ja nach dem Examen nachholen. Erst musste ein guter Abschluss her.Das schaffte sie. Ihr Examen hatte die Traumnote vollbefriedigend, was für Juristen die Eintrittskarte zu den angesehensten und bestbezahlten Jobs ist. Zeit für Hobbys war danach allerdings wieder nicht. Jahrelang hatte sie für diese tolle Note gearbeitet, welchen Sinn hätte es gehabt, diese jetzt einfach wegzuwerfen. Staatsanwältin wollte sie werden.Für Freizeit war im Referendariat, nach dem Studium, wenig Platz. Und, man ahnt es schon, auch später wurde es nicht besser. Als junge Staatsanwältin hat man viel zu tun. Das viele Lernen, der ganze Verzicht, natürlich sollte sich das im Berufsleben bezahlt machen.Vom ganz persönlichen Abenteuer blieb nur der Traum und die Idee, dass es irgendwann in ferner Zukunft klappt.

Kein Stress im Beruf und im Geldbeutel sind auch noch genügend große Scheine übrig und trotzdem bleibt die Abenteuerreise nur ein Traum? Da sind sie wieder, die vielen Gründe etwas nicht zu tun. Reisen mit Baby? In einem Flugzeug? Bis nach Neuseeland? Das geht nicht und das Kind hat doch auch nichts davon. Und vor allem: Was denken denn die Leute!Tja, das kann man schlecht bestreiten, die Leute denken tatsächlich so einiges:Das blödeste Argument, warum man mit Baby in der Elternzeit nicht reisen sollte, fiel in einer Radiosendung. Es sei doch falsch, wenn man mit dem Geld vom Staat Urlaub mache, empörte sich ein Hörer. Dafür sei Elterngeld doch nicht gedacht!Kindererziehung? Gern, aber bitteschön nur ohne Vergnügen!?

Ob es da wohl eine Formel gibt? Je mehr die Ohren vom Babyschreien klingeln, desto mehr hat man sich Zeit mit dem Nachwuchs verdient? Und wenn die kleine Tochter gerade so richtig anstrengend ist, dann soll man sich mit ihr in ein stilles Ecklein verziehen. Da Flugzeuge bekanntlich eher weniger über stille Ecken verfügen, hat ein Baby darin nichts zu suchen. Aber auf wen muss man eigentlich Rücksicht nehmen? Auf die Miesepeter, wie der Anrufer beim Radio, die einem keinen Spaß gönnen? Auf die Nachbarn? Auf die armen Flugzeugpassagiere?Gut, wenn das eigene Kind tatsächlich ein ausgesprochenes Schreibaby ist, dann ist das mit dem Fliegen wohl wirklich keine gute Idee. Wenn das Baby schon beim Autofahren Panik bekommt, dann auch nicht. Aber mal ehrlich, wie viele solche Babys gibt es? Ein bisschen Babygeschrei, das kann man Passagieren in einem Flugzeug durchaus mal zumuten. Ein Baby lässt sich nicht verschieben. Das Leben lässt sich nicht verschieben.

Natürlich ist es wichtig, Rücksicht zu nehmen, manchmal, gar nicht so selten, sind es aber die anderen, denen ein bisschen mehr Rücksichtnahme auch sehr gut stehen würde.Wenn man sich das nächste Mal fragt, was denn die Leute denken sollen … ja was denn eigentlich? Vielleicht ja einfach: „Coole Typen meine Nachbarn, die reisen mit Kind um die halbe Welt."

Oft ist das Problem gar nicht, was die anderen, sondern was wir selber denken. Der Feind des Guten ist das Bessere und so stehen wir uns mit unserem Perfektionismus häufig selber im Weg. Das aufwendige Abenteuer könnte ja nicht vollkommen werden. Wer garantiert mir, dass es sich wirklich lohnt, dafür so viel Zeit aufzubringen?

Dabei muss ich an die Ents denken. Das sind riesige sprechende Bäume in Der Herr der Ringe. Sie haben eine eigene Sprache und sprechen sehr langsam. Daher reden sie nur dann, wenn es sich wirklich lohnt, so viel Zeit dafür aufzuwenden. Diskussionen mit ungewissem Ausgang sind ihre Sache nicht. Im Zweifel sagen sie lieber gar nichts.Leider müssen sie deshalb erst von zwei kleinen Hobbits darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein böser Zauberer gerade ihren Wald abfackelt. Hätten die alten Ents es so gemacht wie immer, hätten sie geschwiegen und keinen Aufwand betrieben. Sie hätten den bösen Zauberer nicht bekämpft und wären vernichtet worden.Ein Abenteuer ist wie ein Gespräch der alten Ents. Vorher weiß man nicht, ob es sich lohnt, dafür so viel Zeit aufzuwenden. Wenn man aber einfach wartet und nichts tut, ist der Wald womöglich bereits abgebrannt.

Zum Glück sind unsere Feinde eher selten böse Zauberer, die uns nach dem Leben trachten – wenn wir uns nicht gerade mit einem Voodoo-Priester verstritten haben. Das hat doch etwas Beruhigendes, denn so unangenehm eine Situation erscheint, lebensbedrohlich ist sie meist nicht.Wenn ich monatelang am Schreibtisch über Landkarten gebrütet habe, dann endlich losgehe und nach einigen Wochen feststelle: „Was für ein Mist. Da latsch ich mir die Füße wund und dieser saublöde Rucksack: Hat da jemand heimlich einen Zementsack eingenäht?", genervt meinen Rucksack zu Boden schmeiße, mein Smartphone aus der Tasche krame, ein Taxi bestelle und das Elend beende.Das kann passieren. Ein Abenteuer kann trotz bester Planung ein Flop werden.Was ist schon dabei?Auch aus einer schlechten Erfahrung lerne ich immer bedeutend mehr als aus gar keiner. Und vielleicht lasse ich das Taxi auch wieder wegfahren, werfe die Hälfte Zeug aus meinem Rucksack raus, laufe mit leichterem Gepäck weiter und habe einfach nur lernen müssen, dass ich viele Dinge eigentlich gar nicht brauche.Wann hat etwas perfekt funktioniert? Vielleicht gerade dann, wenn eigentlich gar nichts so funktioniert hat, wie man es geplant hat.Auf das Machen kommt es an.Die schlechtesten Geschichten sind die von Dingen, die wir nicht getan haben. Ich war noch niemals in New York, ist ein netter Schlager aber eine armselige Story. Da heult einer rum, weil er so vieles nicht gesehen hat.Das ist erbärmlich.Wenigstens ist es ein Anfang: Denn, „Ich war noch niemals in New York", bedeutet ja irgendwie auch: „Ich möchte da gerne mal hin."Und das ist doch ein wunderbarer erster kleiner Schritt, sich endlich selbst zu motivieren, die eigenen Träume anzupacken.

Kapitel 2

Woher weiß ich eigentlich, ob ich ein Abenteuer brauche? Ewiges grübeln und abwägen ist zu mühsam?Am besten wäre doch ein einfacher Test!Wäre ich zu meinem Chef und den Kollegen genauso freundlich, wenn ich nicht zum Geldverdienen auf die Arbeit angewiesen wäre? Wenn nein: erster Abenteuerpunkt!Ich zähle die Tage, bis zu dem Moment, an dem die Kinder endlich aus dem Haus sind … es sind noch 6534, uff. Noch ein Abenteuerpunkt. Ob meine Freundin wohl die Richtige für mich ist? Na ja egal, ist halt ne Frau, hätte schlimmer kommen können...: hundert Abenteuerpunkte!Ich mache ernsthaft diesen Test? Haha: eintausend Punkte!Für alle geheimen Wünsche und Probleme gibt es scheinbar den einen Online-Test, mit dem man ganz einfach und mit ein paar Klicks feststellen kann, wer man ist und was man tun muss. Das macht zwar irgendwie Spaß, bringt aber nicht so richtig viel. Die wichtigste Antwort gibt man sich meist selbst, bevor man auf den ersten Button geklickt hat. Die Tatsache, dass man den Burnout-Test überhaupt geöffnet hat, verrät schon einiges über einen. Jemand, der mit seinem Job rundum zufrieden ist, wird einen solchen Test wohl kaum anklicken. Wenn doch, dann wäre der Verschwende-Ich-Gerne-Meine-Zeit-Test sicherlich der passen-dere gewesen.

Online-Tests liefern uns das, was wir ohnehin schon mindestens geahnt haben. Das ist nicht viel aber auch nicht nichts. Manchmal muss man über ein Problem erst gelesen haben, um zu wissen, dass man selbst betroffen ist. Vieles ahnt man schon lange, traut sich aber nicht so recht, es sich einzugestehen. Viele bewundernswerte Menschen halten viele Jahre lang in einem Job aus, den sie eigentlich hassen. Ihr starker Wille, an sich eine große Stärke, wird ihnen zum Verhängnis.

Wer an irgendeinem Punkt in seinem Leben das Gefühl hat etwas zu verpassen, sollte das am besten ernstnehmen, bevor er von der Routine abgestumpft wurde.

Ein Bekannter von mir hat vor einiger Zeit einen Job als Projektmanager angefangen. Seine Aufgabe ist es, über die Bestellung von Elektro-Teilen zu wachen, damit diese dann in China korrekt zusammengebaut werden. Das läuft etwa so ab: Kunde bestellt elektrisches Gerät, Teile werden aus China nach Deutschland zu einem Zwischenhändler geschickt, dann in die Firma meines Bekannten, dann zurück nach China, um zusammengelötet zu werden, anschließend wieder in die Firma meines Bekannten und danach zum Kunden. Wenn nicht zwischendrin irgendetwas falsch läuft und alles wieder zurück nach China muss. Er verdient so viel, wie noch nie in seinem Leben, hat Verantwortung und ist todunglücklich. Einschließlich Pendeln verbringt er jeden Tag etwa elf Stunden mit der Arbeit. Diese Zeit nimmt er als sinnlos vertan wahr. Dafür soll nun jede Minute seiner Freizeit so effizient wie möglich genutzt werden. Falls er möglicherweise, eventuell, vielleicht eine Viertelstunde warten muss, verabredet er sich lieber gar nicht. Vor einiger Zeit schrieb er mir, er wundere sich, wie schnell er in letzter Zeit gealtert sei. Am Morgen freue er sich auf den Feierabend, am Montag auf das Wochenende und so weiter.Im Abenteuer-Bedürftigkeits-Index käme er schon jetzt auf die volle Punktzahl. Noch sind es nur ein paar Monate in seinem neuen Leben. Wenn er nicht aufpasst, werden daraus schnell einige Jahre. Vielleicht ist es die Macht des Geldes, die ihn gefangen hält. Lieber unglücklich als arbeitslos. Ewig gut gehen kann das natürlich nicht. Wenn er sich nicht eine andere Arbeit sucht oder einen Weg findet, in seinem Job zufrieden zu werden, ist er am Ende womöglich beides: unglücklich und arbeitslos.

Um unseren materiellen Wohlstand nicht aufs Spiel zu setzen, wagen wir oft den Absprung nicht. Dabei braucht es gar nicht gleich den ganz großen Schritt. Wer vor einem großen Umbruch zurückschreckt, kann auch erst mal ein kleines Abenteuer wagen. Wem ein Fallschirmsprung zu gefährlich ist, der fängt einfach mit Bungee-Jumping an. Oder einem Trampolin.Oder einer Parkbank.Hauptsache ein Sprung halt.Sieht man danach seine bisherige Situation mit völlig neuen Augen, ist es wahrscheinlich schon geschafft. Beantwortet man die eingangs gestellten Fragen immer noch genau gleich, ist es wohl notwendig, es noch mal mit einem größeren Abenteuer zu versuchen.

Gut möglich, dass man nach dem Abenteuer erkennt, dass man den alten Job nicht weiter machen möchte. Das kann finanziellen Verzicht bedeuten, es kann Anstrengung und Unsicherheit bedeuten. Es kann schiefgehen. Es kann einem aber auch jahrelanges Leiden und einen Burnout ersparen.Dazu ein unter Surfern beliebtes Motiv: Ein Vater bringt seinem Sohn das Surfen bei. Der Junge jauchzt und jubelt, als er die erste Welle bekommt. Daraufhin der Freund des Vaters nüchtern: „Eine Karriere als Firmenchef macht der Junge nicht mehr."Stimmt! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Surfen kann ein enormer Karriere-Killer sein. Wenn es einen packt, hat man oft nichts anderes mehr im Kopf. Vielleicht wirken die Klischee-Surfer in Filmen deswegen immer etwas dümmlich. Oder es liegt einfach daran, dass sie gerade völlig zu gekifft sind. Diese Vorstellung lehne ich aber selbstverständlich als viel zu unromantisch ab. So oder so, Karriere wollen und werden die nicht mehr machen.Das sollte einen nicht abschrecken, denn gerade deswegen kann ein Abenteuer genau das Richtige sein. Mit etwas Glück findet man etwas, das einem mehr bedeutet als Geld und Status.

Viele werden nun zu Recht anmahnen, dass man sich absichern muss, für das Alter vorsorgen, dass der Wohlstand in unserer Gesellschaft nicht von alleine kommt, hart erarbeitet werden muss. Das ist wahr. Aber wo, wenn nicht in einem der reichsten Länder der Welt, sollte es auch möglich sein, etwas zu wagen.Man kann auch sehr glücklich in seinem Beruf sein und trotzdem ein Abenteuer brauchen. Dann nämlich, wenn sich die Jahre in der Erinnerung kaum noch voneinander unterscheiden.Für Fußballfans sind Großereignisse, wie eine Welt- oder Europameisterschaft, zunächst ein wunderbarer Fixpunkt. Das hilft auch Jahre später vergangene Ereignisse den richtigen Jahreszahlen zuzuordnen. Das kann eine ganze Weile funktionieren. Leider werden irgendwann auch die Großereignisse zur Routine. Nach der fünften Weltmeisterschaft kann man schon mal durcheinander kommen. Hat da Deutschland jetzt gegen Frankreich gewonnen, oder war das doch die WM davor, oder sind sie da ausgeschieden?In unserem Kopf versuchen wir stets, alle Ereignisse zu sortieren. In dem Jahr als das war, bin ich da hingefahren und so weiter. Ähneln sich die Ereignisse zu sehr, wird daraus irgendwann ein wirrer Gedankensalat. Das Jahr, in dem man etwas völlig Neues erlebt hat, bleibt garantiert im Gedächtnis. Man wird noch in fünfzig Jahren wissen, in welchem Jahr das Auslandssemester in Amerika war. Hört man Musik aus diesem Jahr, wird man sie sofort erkennen und sich erinnern.Außergewöhnliche Ereignisse bleiben im Kopf. Mit allen Sinnen. Wir merken uns Gerüche, Geräusche, sogar das Wetter kann uns in frühere Zeiten zurückversetzen. Ein herrliches Gefühl.Leider werden die Abstände zwischen besonderen Lebensereignissen im Laufe eines Lebens immer größer.In der Kindheit ist noch so vieles neu, da ist fast alles ein großes Event. Nach dem Examen, der Hochzeit oder der ersten Beförderung geschieht immer weniger Aufregendes.Wann brauche ich also ein Abenteuer? Ganz sicher dann, wenn ich mit meinem Leben unzufrieden bin und eine Veränderung suche. Wahrscheinlich aber auch dann, wenn ich es mir in meinem Leben zu behaglich gemacht habe, und drohe in meinen Routinen zu versinken.

Kapitel 3

Nichts ist langweiliger als die Langeweile. In unserem Alltag versuchen wir sie daher mit allen Mitteln zu vermeiden. Auch wenn es komisch klingt, für ein Abenteuer brauchen wir sie, die öden Minuten, die zäh, gefühlt wie Stunden dahinkriechen, schneckengleich, schleimig, nicht enden wollend, unser Gehirn zerfressend, ohne Sinn – einfach existierend, träge … bis der Kopf nur noch voller Matsch ist ...

Warum ist die, eigentlich doch so unangenehme Langeweile, so wichtig? Manche glauben, die besten Ideen entstünden aus ihr. Das halte ich eher für Quatsch. Jugendliche, die nichts zu tun haben, kommen aus Langeweile auf die dümmsten Ideen. Sie verwechseln eine U-Bahn mit einer Welle und meinen sie könnten darauf surfen, zünden Mülleimer an oder stürzen beim megacoolen Selfie vor dem Abgrund in den Tod. Vor Letzterem sind leider nicht mal Erwachsene gefeit.Der Moment mit den guten Ideen ist etwas anderes und wird gerne mit Langeweile verwechselt. Das ist dieser Moment, wenn im Zug, beim Blick in die Landschaft die Gedanken abschweifen und irgendwo landen, wo sie keiner erwartet hat.Langeweile braucht es für etwas anderes.Die Motivation.Während einer anstrengenden, stressigen Arbeitswoche denkt kaum einer, jetzt habe ich Lust auf ein mühsames Abenteuer. Wochenende, Füße hochlegen, fertig!Wer nach einem Achtstunden-Tag mit Überstunden nach Hause kommt, hat keine Lust sich vorzustellen, wie es sein könnte mit dem Fahrrad durch die Gegend zu strampeln. Wer richtig müde ist, den kann das schönste Erlebnis mal gerne haben. Für ein Abenteuer braucht man Energie. Und die kann man prima sammeln, wenn man sich langweilt.Wer aus dem einen Stress in den nächsten rutscht, hat seine Anfangseuphorie schnell verbraucht. Sehr wahrscheinlich wird das ersehnte Abenteuer zu einer einzigen Qual.Wer sich vorher zu Tode gelangweilt hat, wird froh sein, wenn es endlich losgeht und voller Tatendrang sein.

Ab wann es einem fad wird, hängt sehr vom Typ und vom Alter ab. Für ein Kleinkind sind fünf Minuten prozentual gesehen ein gar nicht so kleiner Anteil an der bisherigen Gesamtlebenszeit. Besser also es passiert etwas. Für jemanden mit ADHS sind diese fünf Minuten vielleicht auch mit zwanzig noch eine kaum zu ertragende Ewigkeit – ein tibetischer Mönch kann über so einen kurzen Windhauch hingegen nur milde lächeln. Zeit ist relativ. Das hat schon Einstein gewusst. Hätte er ein Smartphone gehabt, hätte er es bestimmt noch früher herausgefunden. Da kann man eine Stunde gedankenversunken im Bus sitzen, nichts tun, außer sich bräsig seinem Ziel entgegenfahren zu lassen und dabei bester Dinge sein und sich im nächsten Moment entsetzlich darüber aufregen, dass die verdammte Kackapp schon wieder zwei Sekunden hängt.Vielleicht sollte man dem tibetischen Mönch mal ein Smartphone leihen und vorher schön den Speicher vollmachen, damit das Teil so richtig schön langsam ist. Wenn er dabei auch noch so aufreizend gelassen bleibt, ist er wohl wirklich auf einer anderen Bewusstseinsstufe. Oder eine Wachsfigur.

Um zu wissen, wie viele Wochen man für eine Zeit der Langeweile einplanen sollte, ist es wichtig, herauszufinden, ab wann einem überhaupt langweilig wird. Um auf Nummer sicher zu gehen, würde ich sechseinhalb Wochen empfehlen. Die Schulsommerferien sind nicht umsonst exakt so lang. Nach dieser Zeit sollte auch der letzte Schüler genug vom Herumgammeln haben und wenigstens am Anfang voll motiviert dabei sein. Wiederum, oh Zufall, sind sechs Wochen später auch schon wieder Ferien.Wer nach einer Woche Urlaub schon nervös mit dem Finger zuckt und es kaum erwarten kann, endlich wieder zur Arbeit zu dürfen, kann gerne auch früher starten. Oder am besten gar nicht! Denn mal ehrlich, wem die Arbeit wichtiger als alles andere ist, der würde sich mit einem großen Abenteuer keinen Gefallen tun.