Ver-rücktes Erwachen - Ruth Affolter - E-Book

Ver-rücktes Erwachen E-Book

Ruth Affolter

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Beschreibung

Eine alte Frau wird aus dem Schlaf gerissen und befindet sich plötzlich in einer anderen Dimension. Von seltsamen grauen Gestalten umringt, wird sie mit ihrem Leben, den Höhen und Tiefen ihres Selbst und dem damit verbundenen Alterungsprozess des Menschen aus einer neuen Perspektive konfrontiert. So begibt sie sich ungewollt auf eine Reise durch die Vergangenheit und ihre Gefühlswelt, während sie gleichzeitig versucht, sich aus ihrem seltsamen Schwebezustand zu befreien und zu verstehen, wer ihre Peiniger sind. Doch so einfach ist es nicht, sich mit seiner eigenen Sterblichkeit und seinen eigenen Fehlern zu befassen …

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Seitenzahl: 100

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2024 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99146-496-9

ISBN e-book: 978-3-99146-497-6

Lektorat: A. Petersen

Umschlagfoto: Alenavlad | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Teil 1

Es ist die Kälte, die mich schaudernd und vollends aus einem unruhigen Schlaf aufwachen lässt.

Ich kann nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob ich nur gedöst oder aber tief und fest geschlafen habe. Mir fällt dazu ein, dass ich die große Pendeluhr in der Stube zu jeder Stunde schlagen hörte. Daher war mein Schlaf diese Nacht wohl nicht sehr tief und am heutigen Tag werde ich wohl immer wieder zwischendurch einnicken, weil ich mich, wie so oft in letzter Zeit, müde und erschlagen fühlen werde.

Aber nun ist mir kalt. Eisige Winde wehen um mich herum, ja sogar durch mich hindurch? Schnell will ich nach meiner Bettdecke greifen. Jedoch kann ich weder Hände noch Arme zum Handeln animieren? Es scheint mir, als hätten die sich aufgelöst?

Was ist denn passiert? Normalerweise kenne ich den Unterschied zwischen Traum und Wachsein! Doch meine ich zu wissen, der gegenwärtige Zustand ist weder noch?

Eigenartigerweise kann ich auch nichts Konkretes erkennen, denn ich bin komplett umgeben von einem diffusen Licht? Wie dichter Nebel und es ist mir nicht möglich, dadurch zu blicken!

Ab und zu schweben Schatten hin und her Sobald sie mir gegenüber baumeln, machen sie einen kurzen Halt und, ohne dass ich etwas Deutlicheres erblicken könnte, ziehen sie wieder achtlos weiter. Nur ihr modriger Gestank bleibt eine Zeitlang an mir hängen, bis auch der sich, zum Glück, wieder verflüchtigt.

Ich nehme an, dass die Schatten mich nicht bemerkt haben.

Vorhin war es mir gar nicht aufgefallen, aber ich bewege mich leicht wie ein Pendel hin und her. Ganz von alleine und ohne mein Zutun? Oder ist es der eisige Wind, der mich schwingen lässt? Nein, kann nicht sein, der Wind bläst aus einer anderen Richtung!

In meinem Innern beginnt es zu rumoren und auf einmal drängen starke und schwere Empfindungen, im Schwall aus meiner Bauchgegend heraus. Diese Kräfte umspannen mich im Nu wie Fesseln. Ihretwegen kann ich mich nirgendwohin bewegen und es gibt kein Entrinnen daraus!

Trotz der engen Fesseln fühle ich mich wie neu geboren, frisch und frei! All das Schwere ist nach außen gekehrt und liegt nicht weiter in meinem Innern! Meine bleiernen, ständig wiederkehrenden Gedanken haben sich aufgelöst? Es ist so, dass sich meine ganze Wahrnehmung in eine andere Dimension begeben hat. Das ganze Denken bereitet mir auf einmal keine Schwierigkeiten mehr. Alles erscheint mir klar und einfach.

Manche Alltagsbegebenheiten, die für mich unlösbar waren und die ich ganz frustriert in Gedanken zur Seite geschoben hatte, um sie zu vergessen, erklären sich in diesem Augenblick von alleine! Was für ein Wunder?

Es sind allesamt Muster, die sich in meinem gesamten Leben angesammelt und in Schichten aufgetürmt hatten, von sehr komplex bis ganz einfach. Immer wiederkehrend und für die mein dunstiger Verstand weder eine Alternative noch eine Lösung gefunden hatte!

Schon lange habe ich mich nicht mehr so leicht und wohl gefühlt! Einzig und allein die Kälte stört meinen perfekten Zustand! „Lügen“, schreit sogleich alles in mir auf! Meine Gedanken geben mir unmissverständlich zu verstehen, dass es nicht der eisige Wind ist, der meinen Körper frieren lässt. Diese Kälte entspringt tief aus meinem Innern! „Aber sowas kann ja gar nicht sein!“, will ich mich gleich wieder herauswinden. Meine eigenen Gedanken bezichtigen mich der Lüge? Ich soll diejenige sein, die durch all die Lügen mein Innerstes derart formte, dass ich nun friere! Denn mein Innerstes bin ich und ist untrennbar mit all meinen Sinnen und meinem Körper verbunden. Es geht nicht, diesen oder jenen Bereich von mir selbst einfach abzukoppeln und als etwas Separates, nicht mir Zugehöriges beiseitezustellen, und dann einfach zu behaupten, dieser Bereich sei schuld daran, dass ich nun friere!

Krass, diese Einsicht. Eine derartige Klarheit jagt mir sofort Angst ein! Diese Angst erzeugt wiederum eine noch stärkere Anspannung meiner Fesseln um mich herum. Für meinen Verstand ist das Ganze zutiefst gewöhnungsbedürftig. Ich alleine soll die Schuld dafür tragen, dass ich friere? Nicht irgendjemand anderes oder gar das Wetter!

Mit Widerwillen bleibt mir einfach nichts anderes übrig, als mir die Schuld einzugestehen. Augenblicklich entspannen sich die Gefühlsfesseln um mich herum ein wenig. Jedoch kann ich mich immer noch nicht aus ihnen befreien.

Keine Ahnung, wie ich dieser Kälte abhelfen könnte? Mit Kleidung jedenfalls nicht.

Da ich nur wie ein Pendel hin und her schwinge und ich mich nirgendwohin bewegen kann, tut sich nichts. Und weil ich nicht weiß, was das Ganze hier zu bedeuten hat, beginnt es mich zu nerven, dabei gehen kurze, grelle Blitze von mir ab. Doch sobald ich mich wieder beruhigt habe, scheint alles wieder „normal“?

Lange ist es her, seit ich solch abstruses Zeug geträumt hatte, zuletzt wohl in meiner Kindheit.

Aber warum nur meine ich, dieser Zustand sei nur ein Traum? Weiter fällt mir auf, dass kein einziger Schmerz mich plagt? Es fühlt sich an, als wäre die gesamte körperliche Last von mir abgefallen!

Die ständig präsenten, rheumatischen Schmerzen in meinen Gliedern existieren nicht mehr? Als ich vierzig Jahre alt war, bemerkte ich die ersten Schmerzen in den Achseln und den Fingergelenken. Die schmerzenden Schwellungen in den Fingern führen dazu, dass ich kaum etwas in den Händen halten kann und die Arbeiten im Haushalt liegen lassen muss. Nach und nach gesellten sich beide Knie, der Nacken und der Rücken dazu.

Zu Beginn genügte es, wenn ich mir Wärmekissen auflegte und die schmerzenden Gelenke regelmäßig mit Rheumasalbe einrieb.

In den letzten paar Jahren verschlimmerten sich die Schmerzen rasant. Meine Strategie mit Wärme und Salben hat nur noch bedingt geholfen. Heute kann ich an einer Hand abzählen, welche Gelenke noch nicht von dieser Krankheit befallen sind, wo sich noch nicht Knochen an Knochen reiben. Es ist mir auch nicht mehr möglich, die Finger zu strecken, die haben sich mit den Jahren derart verkrümmt, sodass ich Tassen und andere Gegenstände nur noch mit den Handballen greifen kann.

In all den Jahren mit dieser Krankheit ist kaum ein Tag vergangen, an dem ich keine Schmerzen erlebte. Mit Anbruch der kalten Jahreszeit und besonders, wenn sich Schnee ankündigt, werden die Schmerzen hochgradig. Erst da nehme ich die Pillen ein, die mir mein Arzt verschrieben hat. Ansonsten lasse ich lieber die Finger davon. Die lindern zwar den Schmerz in den Gelenken und hemmen die Entzündungen, andererseits verhalten sie sich dermaßen gallig in meinem Magen, dass ich nachts wegen Übelkeit und Schwindel nicht schlafen kann. Infolge der starken Nebenwirkungen wird auch mein Tagesablauf stark eingeschränkt. Nicht einmal meinen geliebten Kaffee vertrage ich mehr. Meine Magensäfte dulden da nur noch Kamillentee und Zwieback.

Vorausgesetz ich sitze oder liege lange bewegungslos, fühlen sich die Gelenke wie eingerostet an. Laut meinem Hausarzt sollte ich die Glieder dann langsam bewegen, um sie wieder geschmeidiger zu machen. Vielfach vergesse ich aber das Durchbewegen oder bin zu faul dazu! Somit gestaltet sich das Aufstehen mühsamer und schmerzhafter.

Aber nun, was ist los und warum verspüre ich meinen Körper nicht mehr? In diesem trüben Licht vermag ich nicht einmal mehr, an mir herunter zu blicken?

Ohne große Anstrengungen, schnell und klar gelingt es mir; mich an gestern Abend zurückzuerinnern. Normalerweise wusste ich am nächsten Tag nicht mehr, was gestern gewesen war oder was ich am gestrigen Tag zu Mittag gegessen hatte? Welches Wetter herrschte oder um welche Jahreszeit es sich gerade handelte? Alles vergessen. Zu meiner Beruhigung redete ich mir ein, dass dies alles zu wissen, nicht wichtig war.

Also auf jeden Fall weiß ich, dass ich mir nach der Tagesschau unbedingt den Wochenkrimi anschauen wollte. Der Anfang war ja ganz passabel und versprach spannend zu werden. Nach dem Mord, gleich zu Beginn der Sendung, konnte ich dem Geschehen noch richtig gut folgen. Bald aber wurden auf einmal viele verschiedene Leute für die Tat in Betracht gezogen und die verschiedenen Zusammenhänge verwirrten mich immer mehr. Nicht einmal mit Fantasie vermochte ich die vielen unterschiedlichen Eventualitäten einzuordnen. Dabei musste ich mich ständig fragen, wer da von der Polizei und wer Zivilpersonen war? Die Flut an Informationen überforderte meinen Verstand komplett. Außerdem wurde derart schnell und in hochdeutscher Sprache gesprochen, dass ich einfach nicht mehr folgen konnte! Alles wurde zu einem Wirrwarr aus Gesichtern und Wörtern?

Um doch noch zu wissen, wer denn die junge, hübsche Frau dermaßen brutal ermordet hatte, hätte ich bis zum Schluss der Sendung ausharren müssen, dabei wäre ich womöglich eingeschlafen und erst wieder bei der nächsten oder gar übernächsten Sendung aufgewacht. So etwas hätte mich noch mehr geärgert. Also schaltete ich den Fernseher gleich aus. Natürlich genervt!

Maßlos enttäuscht, blieb ich in meinem Sessel sitzen und bedauerte ausgiebig meine schwindenden Sinne und meine Einsamkeit! Die ganze Bitterkeit von gestern Abend steigt wie harte Bänder in mir hoch, die mich umschlingen und weiter einengen.

Ich sehe mich, wie ich in meinem Sessel saß und mit den Tränen kämpfte, bevor ich gleich richtig zu weinen anfing. Und das wollte ich nicht, denn nach meinen vergangenen Erfahrungen würde es Tage dauern, bis ich aus meinem Bedauern herausfand. Mich endlich wieder dazu aufraffen könnte, um wieder einigermaßen normal zu leben und die Kraft für andere Dinge aufzubringen.

Also zwang ich mich gestern Abend dazu, sofort diese dunklen Gedanken zu verbannen und überlegte mir stattdessen, die Nacht gleich hier in meinem Lehnstuhl zu verbringen. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen. Schon allein der Gedanke daran, mich mühsam aus dem tiefen Sessel zu winden, um mich auf die dicken, mit Wasser gefüllten Beine zu stellen, raubte mir gleich die letzte Kraft!

Mit dem Älterwerden verringerten sich meine Sinneskräfte ebenso wie die Muskelkraft. Wo sich früher an meinen Oberarmen noch gut ausgebildete Muskeln befanden, gibt es heute nur noch Haut, ein wenig Fleisch daran und dann kommt schon der Knochen. Habe dies beim Arzt schon oft zu spüren bekommen, wenn mir die Arzthelferin die monatlichen Vitamine in den Oberarm spritzte. So spürte ich, wenn sie den Knochen getroffen hatte, weil einfach fast kein Muskel mehr vorhanden war.

Zu Hause fehlt mir die Kraft, um meinen kleinen Haushalt sauber zu halten. Dauernd muss ich mich dann setzen, um mich auszuruhen. Manchmal dauert es Tage, bis ich mich wieder kräftig genug fühle, um den Abwasch zu erledigen. Wenn sich dann noch ein solch emotionaler Fernsehabend, wie gestern Abend einreiht, wird es noch schwieriger, mich hochzuschwingen.

Falls ich mich jeweils entscheide, im Lehnstuhl sitzen zu bleiben um darin zu nächtigen, versorgt mich die selbst gestrickte, wollene Decke mit behaglicher Wärme. So schlafe ich dann gewöhnlich ein paar Stunden und manchmal sogar bis am nächsten Morgen durch. Derartige Nächte, die ich im Lehnstuhl verbringe, sind nicht gerade von Vorteil für den nächsten Tag. Denn mein Kopf neigt sich beim Schlafen zur Seite oder nach vorne und kein Kissen vermag es, mir den Kopf genügend zu stützen, während ich schlafe. Eine solch unnatürliche Stellung des Kopfes verschafft mir am nächsten Tag eine schlimme Halskehre. Eine weitere Unannehmlichkeit sind meine geschwollenen Beine. Die fühlen sich dann an, als würden sie gleich platzen.