Verbrechen (und Lagerbier) (London Roses Europareise – Band 3) - Blake Pierce - E-Book

Verbrechen (und Lagerbier) (London Roses Europareise – Band 3) E-Book

Blake Pierce

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Beschreibung

"Wenn man denkt, dass das Leben nicht besser werden kann, kommt Blake Pierce mit einem weiteren Meisterwerk an Spannung und Geheimnis daher! Dieses Buch ist voller Wendungen und am Ende gibt's eine überraschende Enthüllung. Sehr empfehlenswert für die Dauerbibliothek eines jeden Lesers, der einen sehr gut geschriebenen Thriller zu schätzen weiß." --Books and Movie Review (über 'So Gut Wie Vorüber') VERBRECHEN (UND LAGERBIER) ist das dritte Buch der charmanten, neuen Cosy-Krimi-Reihe des #1 Bestsellerautors Blake Pierce, dessen Buch 'Verschwunden' über 1.500 Fünf-Sterne-Rezensionen bekommen hat. Die Serie beginnt mit MORD (UND BAKLAVA) – BUCH #1. Als London Rose, 33, von ihrem langjährigen Freund einen Heiratsantrag erhält, wird ihr klar, dass sie einem stabilen, vorhersehbaren, vorherbestimmten (und leidenschaftslosen) Leben gegenübersteht. Sie flippt aus, rennt in die andere Richtung - und nimmt stattdessen einen Job jenseits des Atlantiks an, als Reiseleiterin auf einer europäischen High-End-Kreuzfahrtlinie, die täglich durch ein anderes Land fährt. London ist auf der Suche nach einem romantischen, ungeschriebenen und aufregenden Leben, von dem sie sich sicher ist, dass es irgendwo da draußen existiert. London ist begeistert: Die europäischen Flussstädte sind klein, historisch und charmant. Jeden Abend sieht sie einen neuen Hafen, probiert eine endlose Reihe von neuen Gerichten und trifft einen Strom interessanter Leute. Es ist der Traum eines Reisenden - und alles andere als vorhersehbar. In Buch 3, VERBRECHEN (UND LAGERBIER), führt sie die Kreuzfahrt nach Deutschland - in historische Städte und zu sagenumwobenen Bierfesten. Aber als ein Festivalbesucher - ein lauter, arroganter Einheimischer - tot umkippt, weil er zu viel Bier getrunken hat, fällt der Verdacht auf die Reisenden. Der Tod wird schnell zum Mord erklärt, und London erkennt, dass ihre Zukunft - und die des Schiffes - von der Aufklärung des Verbrechens abhängt. Zum Lachen komisch, romantisch, liebenswert, voller neuer Sehenswürdigkeiten, Kultur und Essen: VERBRECHEN (UND LAGERBIER) bietet eine lustige und spannende Reise durch das Herz Europas, verankert in einem faszinierenden Mysterium, das euch bis zur allerletzten Seite in seinen Bann ziehen wird.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

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VERBRECHEN

(UND BIER)

London Roses Europareise, Band 3

Blake Pierce

Blake Pierce ist die Autorin der RILEY-PAGE-Bestsellerreihe, die siebzehn Krimis um die FBI-Spezialagentin umfasst. Aus ihrer Feder stammt außerdem die vierzehnbändige MACKENZIE-WHITE- Krimiserie. Darüber hinaus sind von ihr die Krimis um AVERY BLACK (sechs Bände), KERI LOCKE (fünf Bände), die Krimiserie DAS MAKING OF RILEY PAIGE (sechs Bände), die KATE-WISE- Krimiserie (sieben Bände), die Psychothriller um JESSE HUNT (vierzehn Bände), die Psychothriller-Trilogie AU PAIR, die ZOE-PRIME-Krimiserie (bislang fünf Bände), die neue Krimireihe um ADELE SHARP und die Cosy-Krimi-Reihe LONDON ROSES EUROPAREISE, deren erster Band hier vorliegt, erschienen.

Als begeisterte Leserin und lebenslanger Fan des Krimi- und Thriller-Genres freut sich Blake immer, von ihren Leserinnen und Lesern zu hören. Bitte besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.

Copyright © 2021 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig.

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

EIN ELLA-DARK-THRILLER

IM SCHATTEN (Band #1)

EIN JAHR IN EUROPA

EIN MORD IN PARIS (Band #1)

LONDON ROSES EUROPAREISE

MORD (UND BAKLAVA) (Band #1)

TOD (UND APFELSTRUDEL) (Band #2)

VERBRECHEN (UND BIER) (Band #3)

ADELE SHARP MYSTERY-SERIE

NICHTS ALS STERBEN (Band #1)

NICHTS ALS RENNEN (Band #2)

NICHTS ALS VERSTECKEN (Band #3)

NICHTS ALS TÖTEN(Band #4)

NICHTS ALS MORD (Band #5)

NICHTS ALS NEID (Band #6)

NICHTS ALS FEHLER (Band #7)

DAS AU-PAIR

SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)

SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)

SO GUT WIE TOT (Band #3)

ZOE PRIME KRIMIREIHE

GESICHT DES TODES (Band #1)

GESICHT DES MORDES (Band #2)

GESICHT DER ANGST (Band #3)

GESICHT DES WAHNSINNS (Band #4)

GESICHT DES ZORNS (Band #5)

JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)

DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)

DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)

DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)

DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)

DER PERFEKTE LOOK (Band #6)

DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)

DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)

DIE PERFEKTE NACHBARIN (Band #9)

DIE PERFEKTE VERKLEIDUNG (Band #10)

DAS PERFEKTE GEHEIMNIS (Band #11)

DIE PERFEKTE FASSADE (Band #12)

CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Band #1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)

SACKGASSE (Band #3)

STUMMER NACHBAR (Band #4)

HEIMKEHR (Band #5)

GETÖNTE FENSTER (Band #6)

KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Band #1)

WENN SIE SÄHE (Band #2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)

WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)

WENN SIE HÖRTE (Band #7)

DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

WARTET (Band #2)

LOCKT (Band #3)

NIMMT (Band #4)

LAUERT (Band #5)

TÖTET (Band #6)

RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

RUHEND (Band #14)

GEMIEDEN (Band #15)

VERMISST (Band #16)

AUSERWÄHLT (Band #17)

EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE

EINST GELÖST

MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)

VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)

VORHER NEIDET ER (Band #12)

VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)

VORHER SCHADET ER (Band #14)

AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

MORDMOTIV (Band #1)

FLUCHTMOTIV (Band #2)

TATMOTIV (Band #3)

MACHTMOTIV (Band #4)

RETTUNGSDRANG (Band #5)

SCHRECKEN (Band #6)

KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

 

 

INHALT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

 

KAPITEL EINS

London Rose erschrak, als der Boden unter ihren Füßen leicht schwankte und alles zur Seite zu rutschen schien. Einige andere Leute im Gang schauten erschrocken, und der kleine Hund an ihrer Seite gab ein ängstliches Kläffen von sich.

Was mochte dem Schiff widerfahren sein, auf dem sie sich befanden? Die Nachtmusik fuhr immer sehr ruhig, auf den europäischen Flüssen war ihre Bewegung nur selten zu spüren.

Dann wurde London klar, wo sie sich befinden mussten.

Sie lächelte den Passagieren zu und sagte: „Keine Sorge, es ist alles in Ordnung. Wie Sie sich vielleicht erinnern, hat der Kapitän über diese Kehre ein Memo herumgeschickt. Kommen Sie mit aufs Rondodeck, dann zeige ich Ihnen, was los ist.“

Das ist sicher eine nette Abwechslung, dachte sie.

An diesem Tag hatten ihre Pflichten als Social Director sie besonders in Anspruch genommen. Immer wenn sie irgendwo anlegten, wollten viele der hundert Passagierinnen und Passagiere an Bord entweder an einer der geführten Stadtbesichtigungen teilnehmen oder auf eigene Faust Abenteuer erleben. Wenn die Nachtmusik zwischen zwei Häfen unterwegs war, hatte London für die Unterhaltung zu sorgen.

Tatsächlich war ihr Job deutlich komplexer als in den vergangenen Jahren, als sie auf großen Ozeankreuzfahrtschiffen gearbeitet hatte, aber sie liebte die Abwechslung. Begeistert hatte sie festgestellt, dass die Position außerdem einen gewissen Status und definitiv den einen oder anderen Vorteil mit sich brachte.

Jetzt hob London Sir Reggie, ihren Yorkshireterrier, hoch und führte die kleine Gruppe zu den Aufzügen unter der Wendeltreppe, die alle für Passagiere zugänglichen Decks miteinander verbanden. Sie begaben sich ein Deck höher ins Freie.

Tatsächlich erwartete sie dort ein beeindruckender Anblick. Das Schiff vollführte langsam eine Drehung um fast hundertachtzig Grad. Die yachtartige Nachtmusik war zwar kleiner als die meisten Flussschiffe, aber lang und niedrig, weswegen London klar war, dass dies für die Person am Steuerrad keine Kleinigkeit darstellte. Der Steuermann stellte definitiv gerade die überaus hohe Manövrierfähigkeit des Schiffes und sein eigenes Können unter Beweis.

Die frische Brise auf dem Rondodeck spielte mit Londons kurzem, rotbraunem Haar, als sie ihre Gruppe zur Backbordreling hinüberführte. Zusammen mit den Passagieren spähte sie in die spätnachmittägliche Sonne hinaus, während sie Sir Reggie auf Deck absetzte und erklärte, was sie vor sich sahen.

„Sie sehen hier die Altstadt von Passau, die sich auf dieser kleinen Halbinsel erstreckt. Passau ist als die ‚Dreiflüssestadt‘bekannt, und hier sieht man deutlich, warum. Tatsächlich kann man es von hier aus sogar ganz hervorragend erkennen.“

Londons Stimme ging beinahe im Maschinenlärm des Schiffes unter, dessen Motoren härter arbeiten mussten als sonst. Sie sprach lauter, um das Getöse zu übertönen.

„Wir sind gerade an der Mündung des Inn, des Flusses zu Ihrer Linken, vorbeigefahren. Ganz da drüben rechts sehen Sie die Mündung des Flüsschens Ilz. Wir sind jetzt an der Stelle, wo Inn und Ilz in die Donau münden, dem breiten Fluss zwischen den beiden anderen. Sobald wir gewendet haben, fahren wir auf der Donau flussaufwärts Richtung Regensburg, wo wir als Nächstes anlegen.“

Die Passagierinnen und Passagieren gaben halblaut ihrer Bewunderung für die außergewöhnliche Bewegung des Schiffes Ausdruck – die schärfste Kehre, die es seit dem Aufbruch aus Budapest einige Tage zuvor vollführt hatte. Das Schiff schien sich wie auf einer unsichtbaren Achse zu drehen, wie die Nadeln eines riesigen Kompasses.

Aber der Anblick der alten Stadt Passau war interessanter als die Kunst des Steuermanns – und mit ihren Steingebäuden, den roten Dächern und den zahlreichen Türmchen war sie sicherlich auch charmanter. London musste daran denken, dass diese Häuser und sonstigen Gebäude am Fluss sich schon seit Jahrhunderten in dessen Wasser spiegelten. Lange davor hatten germanische Stämme und dann römische Kolonisten an diesem Ufer gelebt.

Diesen Aspekt ihres Berufs liebte sie – die Expeditionen in die schöne Gegenwart und die vielfältige Vergangenheit der europäischen Zivilisation. Bisher hatte sie auf dieser Reise viele bemerkenswerte Fakten und fesselnde Legenden gehört. Sie hatte schöne Dinge gesehen …

Aber auch ein paar hässliche, rief sie sich ins Gedächtnis.

Bei zwei Landgängen waren Menschen gestorben, und London hatte in beiden Fällen Ärger mit der Polizei bekommen. Sie schüttelte diese Erinnerungen ab und wandte sich wieder den Passagierinnen und Passagieren zu, die darauf warteten, dass sie weitersprach.

London deutete auf verschiedene Gebäude.

„Da drüben in der Altstadt sehen Sie St. Paul, die älteste Kirche in Passau. Die beiden weißen Zwiebeltürme mit den Kupferdächern näher am Ufer gehören zu dem Barockdom St. Stephan. Er beherbergt angeblich die größte Domorgel der Welt. Da drüben sehen Sie den gotischen Turm des Alten Rathauses aus dem vierzehnten Jahrhundert. Auf dem Hügel da drüben über der Stadt, am anderen Donauufer …“

London unterbrach sich, als sie sah, dass sich eine weitere Passagiergruppe weiter vorne am Bug sammelte. Dort sah sie den Schiffshistoriker, Emil Waldmüller, der ebenfalls einen kleinen Vortrag hielt.

London lächelte und sagte zu ihrer Gruppe: „Vielleicht sollten wir lieber meinem Kollegen, Herrn Waldmüller, zuhören. Er weiß über solche Dinge viel mehr als ich.“

Während sich Londons Gruppe in Emils Richtung bewegte, hörte sie eine scharfe Frauenstimme: „Miss! Kommen Sie mal her!“

London war nicht sicher, wer da so unfreundlich gerufen wurde, doch sie drehte sich um und sah eine Frau an der Reling in einem Liegestuhl ausgestreckt. Sie war mittleren Alters, hatte lange Arme und Beine und einen Lockenkopf, der aussah, als wolle er von ihrem Kopf fliehen. Sie hatte in einem Taschenbuch gelesen, weil die wunderbare Aussicht sie offenbar nicht interessierte.

London kannte die Namen aller hundert Passagierinnen und Passagieren der Nachtmusik, daher wusste sie, dass es sich um Audrey Bolton handelte.

„Haben Sie nicht gehört?“, beklagte sich Audrey und funkelte London an. „Also wirklich, es ist nicht leicht, auf diesem schrecklichen Schiff die Aufmerksamkeit des Personals zu erregen!“

London ärgerte sich innerlich über diese Bemerkung. Sie hatte sich zwar noch nicht ausführlicher mit Audrey Bolton unterhalten, seit diese in Budapest an Bord der Nachtmusik gekommen war, doch sie hatte von anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehört, sie sei schwierig – und man könne es ihr einfach nicht recht machen.

London ging zu der Frau im Liegestuhl hinüber und fragte freundlich: „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“

Die Frau warf über den oberen Rand ihrer Sonnenbrille einen missbilligenden Blick auf Sir Reggie.

„Zunächst mal kann ich Hunde nicht ausstehen“, antwortete sie. „Ich verbringe auch meinen teuren Urlaub nicht gern mit ihnen.“

London versuchte, sich ihre Verblüffung nicht anmerken zu lassen. Sir Reggie war praktisch der Star der Nachtmusik. Nur selten beklagten sich Passagierinnen oder Passagiere über ihn.

Zum Glück schien der Hund die Abneigung der Frau zu spüren. Er winselte leise und verzog sich zu der Gruppe, die dem Historiker lauschte. Zwei der Passagiere dort fügten sich sofort und hießen den Yorkshireterrier mit ein paar Streicheleinheiten willkommen.

„Hmpf“, schnaubte Audrey Bolton, als sie das sah. „Ich hoffe, dieses schreckliche kleine Vieh beißt nicht.“

„Nein, er ist völlig zahm“, sagte London.

„Ich nehme Sie beim Wort. Aber halten Sie ihn von mir fern.“

„Versprochen“, versicherte London. „Was kann ich sonst noch für Sie tun?“

Die kantigen Züge der Frau verzogen sich wieder missbilligend, als sie auf einen Zeitschriftenständer in der Nähe deutete.

„Wenn es Ihnen nicht allzu viel ausmacht, Fräulein, holen Sie mir mal eine Zeitschrift.“

Die seltsame Formulierung überraschte London ein wenig, denn es klang fast, als spreche Audrey Bolton nicht mit ihr, sondern mit Sir Reggie. So vielfältig Londons Job auch war, bisher hatte das „Holen“ von Dingen für Passagierinnen nicht dazugehört. Sie war es auch nicht gewohnt, dass man sie „Fräulein“ nannte. Aber sie rief sich ihr berufliches Motto ins Gedächtnis.

Der Kunde hat vielleicht nicht immer recht, aber er ist immer der Kunde.

London schenkte Audrey ihr strahlendstes Lächeln.

„Aber gern“, antwortete sie. „Welche hätten Sie denn gern?“

Audrey Bolton sah sie über ihre auf die Nasenspitze geschobene Sonnenbrille hinweg mit zusammengekniffenen Augen grimmig an.

„Na, The New Yorker natürlich“, erwiderte sie, als hätte London das selbstverständlich wissen müssen.

„Kommt sofort“, entgegnete London. Sie ging zu dem Ständer hinüber, entnahm ihm eine Ausgabe von The New Yorker, kehrte zurück und reichte sie der Dame.

Audrey sah die Zeitschrift finster an und gab sie London dann zurück.

„Das ist nicht die aktuelle Ausgabe“, stellte sie fest.

London warf einen Blick auf das Datum auf der Titelseite. Eine aktuellere Ausgabe hatten sie gewiss nicht an Bord. Für einen Augenblick wusste sie nicht, was sie sagen sollte.

Einfach tief Luft holen, erinnerte sie sich.

„Es tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen“, sagte London dann. „Wir werden bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit die aktuelle Ausgabe anschaffen.“

Wenigstens bin ich ehrlich, dachte sie. Sie wusste, dass das Personal im nächsten Hafen aktuelle Zeitschriften und Zeitungen kaufen würde.

„Das reicht mir nicht“, knurrte Audrey. „Ganz und gar nicht.“

Dann starrte die Frau ins Leere, als sei sie plötzlich tief in Gedanken versunken. London fragte sich, ob sie sich einfach mit einer weiteren Entschuldigung zurückziehen sollte.

Schließlich wandte sich Audrey Bolton wieder an Sie: „Bringen Sie mir die aktuelle Cosmopolitan.“

Langsam machte sich London ein bisschen Sorgen, doch sie ging zu dem Ständer hinüber und entnahm ihm die aktuelle Ausgabe der monatlich erscheinenden Zeitschrift. Sie warf einen Blick aufs Titelblatt und stellte fest, dass es definitiv noch keine neuere gab.

Dann reichte sie die Zeitschrift Audrey, die stirnrunzelnd das Titelblatt musterte.

„Dieser Artikel klingen alle langweilig“, murrte sie.

London musste ein Lachen unterdrücken. Machte diese Passagierin sie wirklich gerade für den Inhalt der Zeitschriften im Zeitschriftenständer verantwortlich?

„Tut mir leid“, wiederholte sie so ernst wie möglich. „Soll ich mich nach etwas … Passenderem umsehen?“

„Nein, Sie würden ohnehin die falsche Auswahl treffen.“

Mit einem Blick auf ihre Armbanduhr setzte die verschrobene Frau hinzu: „Außerdem habe ich für so etwas keine Zeit.“

Sie hat keine Zeit,?, wunderte sich London.

Vorsichtig fragte sie: „Müssen Sie irgendwohin?“

Audrey lächelte herablassend.

„Regensburg wäre schön, oder?“, entgegnete sie.

London kniff neugierig die Augen zusammen.

„Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe, was Sie meinen“, sagte sie.

„Nun, heute hätten wir eigentlich Regensburg erreichen sollen, oder?“, erwiderte Audrey. „Wenn wir nicht so fürchterlich hinter unserem Zeitplan herhinken würden, meine ich. Stattdessen fahren wir gerade an Passau vorbei, was wir eigentlich gestern schon hätten tun sollen.“

London verzog erneut das Gesicht. Kaum ein Passagier hatte sich über die Verzögerungen im Fahrplan des Schiffes beklagt. Offenbar bildete Audrey Bolton eine Ausnahme.

London erklärte: „Miss Bolton, im Namen des Personals und der Mannschaft der Nachtmusik sowie im Namen von Epoch World Cruise Lines bitte ich um Entschuldigung für unsere Verspätung. Aufgrund von Umständen, auf die wir keinen Einfluss hatten …“

„Sie meinen, weil ständig irgendwelche Leute ermordet worden sind?“, unterbrach Audrey sie.

KAPITEL ZWEI

London atmete langsam und versuchte, sich nicht aufzuregen. Diese Frau testete definitiv die Grenzen ihrer professionellen Geduld aus.

Es wurden nicht „ständig“ Passagiere der Nachtmusik ermordet. Eine Passagierin, eine ältere, kranke Dame namens Mrs Klimowski, war in der Kathedrale von Györ getötet worden. Es hatte sich allerdings keineswegs um einen kaltblütigen Mord gehandelt, nur um einen versuchten Raub, der schrecklich schiefgegangen war. Dennoch hatten sie einen vollen Tag ungeplanten Aufenthalt in Györ gehabt, bis der Mörder in erster Linie durch Londons Ermittlungsarbeit festgenommen worden war.

Dann hatte es natürlich den Vorfall in Salzburg gegeben, bei dem die Nachtmusik wieder eine Verzögerung hatte in Kauf nehmen müssen, weil ein örtlicher Fremdenführer unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen war. Ja, bei der Aufklärung dieses Verbrechens hätte London beinahe selbst ihr Leben gelassen. Aber dafür konnte niemand an Bord der Nachtmusik etwas.

London was sicher, dass es keinen Sinn hatte zu versuchen, all das Audrey Bolton zu erklären.

„Einige unvorhergesehene Tragödien haben unsere Reise gestört“, sagte sie deshalb nur.

„So kann man es auch sagen“, erwiderte Audrey.

„Wir haben alles in unserer Macht Stehende getan, um die Verspätung wieder aufzuholen“, fuhr London fort. „Beispielsweise haben wir nur einen Tag in Wien verbracht …“

„Eine überaus bedauerliche Entscheidung“, unterbrach Audrey sie erneut. „Wien muss man in Ruhe genießen. Ich zum Beispiel habe mich um einen Aufenthaltstag betrogen gefühlt. Zweifellos gab – und gibt – es bessere Methoden, die verlorene Zeit wieder aufzuholen.“

Zum Beispiel?, hätte London beinahe herausgeplatzt.

Doch sie wagte es nicht, die Frage zu stellen. Außerdem ahnte sie Audreys Antwort bereits.

Ihr Gegenüber liegt die Fingerspitzen aneinander und schaute nachdenklich auf die Donau hinaus.

„Warum haben wir beispielsweise“, erkundigte sie sich, „Salzburg nicht ganz ausgelassen? Dann wären wir dort nicht in diese schreckliche Angelegenheit verwickelt worden.“

Salzburg auslassen?, dachte London ungläubig. Mozarts Heimatstadt?

Das wäre natürlich undenkbar gewesen. Für die meisten Passagierinnen und Passagiere war der Besuch dort höchst lohnend gewesen. Die Verzögerung hatte ihnen nur mehr Gelegenheit gegeben, die ganze Bandbreite der dortigen touristischen Angebote zu genießen – von der Musik über die Geschichte bis hin zu den kulinarischen Köstlichkeiten der Stadt. Außerdem hatte ja niemand ahnen können, was sich dort für Probleme ergeben würden.

Audrey, die London noch immer anfunkelte, zuckte die Achseln.

„Nun, noch ist es nicht zu spät“, fuhr sie fort. „Warum legen wir morgen nicht einfach wie geplant in Regensburg an und lassen übermorgen Bamberg aus? Die Stadt klingt für mich total langweilig. Das würde uns einen ganzen Tag ersparen. Dann kommen wir planmäßig in Amsterdam an.“

Bamberg auslassen?, dachteLondon.

Konnten Sie wirklich eine der schönsten Städte Deutschlands auslassen, mit einem mittelalterlichen Stadtkern, der UNESCO-Weltkulturerbe war?

Nicht, dass London das überhaupt hätte entscheiden können. Epoch World Cruise Lines hatte Bamberg auf den Reiseplan gesetzt, und die notwendigen Anpassungen an ihre Besuchszeiten waren bereits gelaufen.

Außerdem hatte diese Frau das ganz bestimmt auch nicht zu entscheiden.

Aber Audrey nickte autoritär.

„Ja, wir sollten Bamberg auslassen. Wir müssen Bamberg auslassen. Ich bestehe darauf. Sagen Sie das unbedingt dem Kapitän.“

Der Gedanke, nur wegen der Laune einer einzelnen mürrischen Passagierin dem stämmigen, gutherzigen Kapitän Hays vorzuschlagen, ihren Zwischenstopp in Bamberg abzusagen, kam London absurd vor. Er hätte sie sicher einfach nur ausgelacht.

Doch im Augenblick fand London nichts an der Situation amüsant. Sie fragte sich angesichts von Audrey Boltons anmaßend-autoritärem Auftreten unwillkürlich, was diese wohl beruflich machte.

„Sie werden das dem Kapitän doch ausrichten, oder?“, verlangte Audrey zu wissen.

London stotterte: „Ich … ich werde ihm Ihre Meinung übermitteln.“

Wieder runzelte Audrey die Stirn. Offenbar hatte sie von London mehr Engagement für ihre Sache erwartet. Dann zuckte sie erneut die Achseln und schlug ihre Zeitschrift auf.

„Das wäre dann alles“, sagte sie zu London. „Sie können gehen.“

So unbedingt London von Audrey Bolton weg wollte, war sie doch für ein paar Augenblicke zu verdattert, um sich zu bewegen.

Sie sah, dass ihre kleine Gruppe von Passagierinnen und Passagieren immer noch bei den anderen stand, die sich versammelt hatten, um Emil Waldmüllers Vortrag zu lauschen. Einige von ihnen hatten sich offenbar Getränke aus dem kleinen Café in der Nähe des Pools am Bug des Schiffes geholt, und alle wirkten fröhlich und aufmerksam. Sogar Sir Reggie saß mit schief gelegtem Kopf da, als sei er fasziniert von jedem Wort des Mannes.

London hatte den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Schiffshistoriker schon immer bewundert. Er war ein gutaussehender Mann mit einer etwas lebensfernen Art, und zu Beginn der Tour hatte sie sich dabei ertappt, wie sie sich ein wenig in ihn verknallte. Seine Intelligenz und sein Wissen waren beeindruckend, und seine kultivierten europäischen Umgangsformen konnten charmant sein, trotz seines Hanges zu hochmütiger Unnahbarkeit.

Nichtsdestoweniger hatte London beschlossen, weder mit dem deutschen Historiker noch mit dem australischen Koch, den sie auf eine ganz andere Weise attraktiv fand, anzubandeln. Sie war entschlossen, sich auf ihren Job zu konzentrieren. Wenn diese allererste Flusskreuzfahrt der Epoch World Cruise Lines nicht erfolgreich war, würde das Unternehmen wahrscheinlich bankrottgehen, und um ihre eigene Zukunft würde es ziemlich schlecht stehen. Möglicherweise würde sie sogar gezwungen sein, nach Connecticut zurückzukehren und dort sesshaft zu werden, wie es ihre Schwester getan hatte. London aber hatte beschlossen, sich auf dieses neue Abenteuer einzulassen und wollte unbedingt, dass es weiterging.

Sie näherte sich der Gruppe, um zu hören, was Emil zu sagen hatte, aber just als sie eintraf, applaudierten seine Zuhörerinnen und Zuhörer begeistert, und Emil deutete eine Verbeugung an. Sein Vortrag war offenbar vorbei, und seine Zuhörerschaft zerstreute sich.

„Tut mir leid, dass ich deine Ausführungen verpasst habe“, sprach London ihn an.

Emil sah sie distanzierter und geistesabwesender an denn je.

„Du hast nicht sehr viel verpasst“, erwiderte er ziemlich förmlich. „Ich habe gerade auf die Veste Oberhaus, die mittelalterliche Burg oberhalb der Stadt, hingewiesen. Außerdem habe ich die Stadtgeschichte kurz zusammengefasst – die Ursprünge als keltische Siedlung, die Kolonialisierung durch die Römer, dann der Übergang zum religiösen Zentrum des Heiligen Römischen Reiches, die Rolle, die Passau für den mittelalterlichen Handel und Warenverkehr gespielt hat und … nun ja, und so weiter und so weiter und so fort und …“

Mit einem arroganten Grinsen fügte er hinzu: „Ich glaube, der amerikanische Ausdruck wäre yada yada.“ Einen Augenblick wirkte es, als wisse er nicht, was er als Nächstes sagen sollte. Dann schloss er knapp: „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, ich muss zurück in die Bibliothek.“

Er schob London praktisch beiseite und ging zur Treppe.

Während London Emil nachsah, fragte sie sich, ob sie ihm folgen sollte. Sie wusste, ihre Theorien über die komplizierten Vorfälle, mit denen sie es zu tun gehabt hatten, hatten ihn geärgert. Aber andererseits hatte er ihr geholfen, den Mord an Mrs Klimowski aufzuklären, indem er den wahren Wert eines gestohlenen Gegenstandes erkannt hatte, den sonst niemand für wichtig gehalten hatte.

London sah hinab zu Sir Reggie, der an ihre Seite geeilt war.

„Was meinst du, warum er sich so benimmt?“, fragte sie den Hund.

Der langhaarige kleine Terrier knurrte leise, als sei auch er verwirrt von Emils Benehmen.

Während der Hund mit großen Augen zu ihr aufsah und dabei einem Teddybären viel mehr glich als einem Terrier, fragte sich London, wie es sein konnte, dass Audrey Bolton ihn nicht mochte. Warum hatte sie befürchtet, er könne bissig sein?

Allerdings hatte Sir Reggie herzhaft in den kleinen Finger eines Mannes gebissen, der sie angegriffen hatte. Davor hatte er einen Mörder auf der Flucht zum Stolpern gebracht. Dieser Yorkshireterrier mochte sein Leben als Sir Reginald Taft, Ausstellungshund und Handtaschentier, begonnen haben, als er noch Mrs Klimowski gehört hatte. Aber seit er bei London war, hatte er sich in einen lebensfrohen, sehr nützlichen Gefährten verwandelt.

Sie bückte sich und streichelte Sir Reggie, dachte dabei aber weiter über die unerwartete Kühle des Historikers nach.

Ich schätze, es war nicht gerade hilfreich, dass ich Emil des Mordes verdächtigt habe, rief sich London ins Gedächtnis.

Aber nur kurz und ein bisschen – und nicht ganz zu Unrecht. Schließlich hatte sie viele Personen und Möglichkeiten in Betracht ziehen müssen.

Er ist nicht der einzige, in dem ich mich getäuscht habe, dachte London. Wichtig ist, in wem ich mich nicht getäuscht habe.

„Nun, daran lässt sich im Augenblick vermutlich nichts ändern“, sagte London zu Sir Reggie.

Sie richtete sich auf und zückte ihr Handy, um nachzusehen, ob neue Nachrichten eingegangen waren. Natürlich hatte sie drei neue.

Die erste lautete: „Bitte finden Sie sofort einen Vierten für uns.“

Einen vierten was?, fragte sie sich.

Dann erkannte sie den Namen des Absenders als den eines der begeistertsten Kartenspieler des Schiffes. Am Ende der kurzen Nachricht standen zwei weitere Namen, also brauchten sie offensichtlich eine vierte Person für eine Runde Bridge. London ging im Geiste mehrere Möglichkeiten durch und schrieb dann eine potenzielle Mitspielerin an, um nachzufragen, ob sie Zeit und Lust habe.

Die nächste Nachricht kam von einem Paar, das andere Möbel in seiner Kabine haben wollte. Wenn das nicht ging, wollte es die Kabine wechseln. Nun, das Schiff war komplett ausgebucht, aber sie würde zu dem unglücklichen Paar hinuntergehen und prüfen, ob die Hauswirtschafter des Schiffes einige seiner Wünsche erfüllen konnten.

Dann wollte eine Sängerin in der Lounge des Schiffes auftreten und suchte einen Musiker, der sie begleiten konnte. Als London sah, von wem die Nachricht kam, lächelte sie. Dieser Sängerin würde sie nur zu gern behilflich sein.

„Komm, Sir Reggie“, sagte London zu ihrem Hund und begab sich Richtung Treppe. „Wir müssen ein wenig umdekorieren und einen Begleitmusiker für unsere freundliche Bordkleptomanin suchen.“

 

KAPITEL DREI

 

Als London später am Abend die Amadeus-Lounge des Schiffes betrat, hoffte sie, für diesen Tag alle Probleme gelöst zu haben. Die Bridgerunde lief, und das Paar, das seine Kabine umgestaltet haben wollte, hatte sich damit zufriedengegeben, dass die Bilder in der Kabine ausgetauscht wurden. Aber sie war immer noch unsicher, was das kleine Konzert anging, das bald stattfinden sollte. Obwohl sie den gewünschten musikalischen Begleiter gefunden hatte, war sie unsicher, was für eine Art von Auftritt die Sängerin wohl im Sinn hatte.

London hatte noch nicht zu Abend gegessen und hoffte, in der Bar einen Happen zu sich nehmen und dabei mit ihrer Freundin, der Barkeeperin Elsie Sloan, plaudern zu können. Auf dem Weg durch die Lounge bemerkte sie Amy Blassingame, die Concierge des Schiffes, an einem Tisch am Fenster. Als London ihr zuwinkte, wandte sie rasch den Kopf ab, als sei sie ganz auf die Aussicht konzentriert. Da es draußen dunkel war, hatte London ihre Zweifel, dass diese so faszinierend sein konnte.

Vielleicht hat sie mich nicht gesehen, dachte London.

Natürlich konnte Amy auch wegen irgendetwas eingeschnappt sein und sie einfach nicht sehen wollen.

London seufzte. Sie war Amys Vorgesetzte, versuchte aber dennoch stets, eine freundschaftliche Beziehung zu ihr zu wahren. Leider waren Amy und sie auf der bisherigen Reise nicht besonders gut miteinander ausgekommen. Vielleicht sollte sie sich zu ihr setzen und versuchen, die entstandenen Risse zu kitten.

Oder sollte ich mir einfach erst mal ein Sandwich und etwas zu trinken holen?

Ehe sie sich entscheiden konnte, hörte sie erste, zögernde Klavierklänge. Sie wandte sich um und sah Letitia Hartzer auf einer kleinen Bühne am Rand des großen, offenen Raumes stehen. Der Pianist, den London ihr besorgt hatte, spielte bereits die ersten Töne.

Unsere Bordkleptomanin wird gleich singen, dachte London lächelnd.

London mochte Letitia trotz dieses unschönen Charakterfehlers. Gott sei Dank hatte Letitia nur kleine, unbedeutende Diebstähle begangen, und als sie erwischt worden war, hatte sie geschworen, dies in Zukunft zu unterlassen. Nun wollte Letitia hier in der Lounge singen, und London hatte sich bereit erklärt, das für sie zu arrangieren.

„Wie geht es Ihnen allen heute Abend?“, fragte Letitia lächelnd ihr Publikum.

Zumindest einige Zuhörerinnen und Zuhörer riefen, es gehe ihnen gut. Andere hörten offenbar gar nicht zu, was unter den gegebenen Umständen nicht ungewöhnlich war. London hoffte, dass Letitia das verstehen würde. Die große Amadeus-Lounge im Bug des Schiffes verfügte über zahlreiche Sitzgelegenheiten unterschiedlicher Größe; da gab es Stuhlgruppen und kleine Sofas sowie die Barhocker an der breiten Bar am anderen Ende des Raumes. An Steuerbord befand sich ein kleines Casino. Zwischen ihm und der Bar stand ein Flügel auf einem erhöhten Podium, das gelegentlich für Auftritte genutzt wurde.

Als London sich in der Lounge umsah, bemerkte sie, dass ein Mann, der allein an einem Tisch saß, Letitia sehr genau beobachtete, und das wahrscheinlich nicht, weil er sich auf ihre musikalische Darbietung freute. Zumindest war London ziemlich sicher, dass der Mann die Sängerin anstarrte. Es war immer schwer zu sagen, wohin Bob Turner, der sogenannte Sicherheitsexperte des Schiffes, genau schaute. Er trug immer diese verspiegelte Sonnenbrille, Tag und Nacht, im Freien wie in geschlossenen Räumen.

Bob hatte Letitias Kleptomanie als erste Person an Bord der Nachtmusik erkannt. Jetzt saß er mit verschränkten Armen da und starrte sie an, als rechne er damit, dass sie jeden Augenblick einen Salzsteuer von einem der Tische klauen würde. Schließlich hatte er sie genau bei so etwas schon einmal erwischt.

Sie wirkt nervös, dachte London und hoffte, dass Letitia Bobs argwöhnische Blicke nicht bemerkt hatte.

Für einen Augenblick war London besorgt. Beim letzten Sangesversuch Letitias hatte die Frau sich blamiert, indem sie an einer Mozartarie gescheitert war.

Während der Pianist nun ein Vorspiel improvisierte, holte Letitia tief Luft und schien all ihren Mut zusammenzunehmen. Dann setzte sie ein breites, schelmisches Grinsen auf und setzte zu Cole Porters spritzigem, leicht gewagtem Klassiker „Let’s Do It, Let’s Fall in Love“ an.

London kicherte überrascht. Letitia war eine große, stämmige Frau, die normalerweise die strenge Miene einer etwas griesgrämigen Dame der Gesellschaft zur Schau trug. Dazu wollte das langen Paillettenkleid, indem sie sich lächelnd zu der jazzigen Melodie wiegte, so gar nicht passen. Letitia schien das klar zu sein, und sie zwinkerte dem Publikum verschwörerisch zu, während sie jede freche Doppeldeutigkeit in Cole Porters Lied extra frivol betonte.

Die Leute in der Nähe der kleinen Bühne lächelten, und selbst einige Gäste, die zunächst nicht zugehört hatten, wandten ihre Aufmerksamkeit jetzt Letitia zu.

Sie wird super ankommen, dachte London zufrieden.

London kam zu dem Entschluss, dass Essen und Trinken wichtiger waren als Amy und begab sich an die Bar. Als sie an Bobs Tisch vorbeikam, winkte er ihr zu, weswegen sie stehenblieb und sich vorbeugte, damit sie seine Worte verstehen konnte.

„Wo ist denn mein Ermittlerkollege?“, fragte er.

London wusste, dass er ihren Hund meinte. Bob betrachtete Sir Reggie tatsächlich als Ermittlerkollegen. Doch der kleine Yorkshireterrier folgte London schon seit einer Weile nicht mehr auf Schritt und Tritt, und sie ging davon aus, dass er in ihre Kabine zurückgekehrt war. Seine Hundeklappe ermöglichte ihm, nach Belieben zu kommen und zu gehen.

„Ich schätze, er hat sich bereits zur Ruhe begeben“, erwiderte London.

„Ja, wir Detektive müssen immer gut ausgeschlafen sein“, sagte Bob. „Aber ich bin noch im Dienst. Ich muss unsere Delinquentin da drüben genau im Auge behalten.“

London nickte nur und setzte ihren Weg zur Bar fort. Sie war angenehm überrascht zu sehen, dass Kapitän Hays persönlich auf einem Barhocker saß und sich mit Elsie, der Barchefin, unterhielt. Man sah den behäbigen Engländer mittleren Alters nur selten woanders als auf der Brücke oder bei einer dienstlichen Besprechung in seinem Büro. Jetzt bebte sein Walrossschnurrbart erfreut, als er und London ironisch voreinander salutierten, während sie neben ihm Platz nahm.

Elsie hatte London offenbar kommen sehen. Die beiden waren schon seit vielen Jahren befreundet und hatten auf vielen Kreuzfahrtschiffen zusammengearbeitet. Sobald London saß, stellte ihr Elsie ein Cocktailglas mit einem rötlichen Getränk hin.

„Ihr Manhattan, genau wie bestellt, Ma’am“, scherzte sie.

London nahm einen Schluck und genoss den kräftigen, leicht mit Wermut gesüßten Geschmack des Ryewhiskeys.

„Hervorragend wie immer“, lobte London.

Dann wandte sie sich wieder dem Kapitän zu. „Machen Sie tatsächlich eine Pause?“, erkundigte sie sich.

„Gewissermaßen, aber nur kurz“, antwortete er.

Dann hob er sein Glas und fügte hinzu: „Manchmal muss ich mich mit Tonic mit einer Scheibe Limette stärken. Verraten Sie niemandem, dass sie mich beim Trinken im Dienst erwischt haben.“

Elsie flüsterte London hinter vorgehaltener Hand zwinkernd zu: „Da ist kein Tropfen Alkohol drin.“

London lachte.

„Ihr Geheimnis ist bei mir sicher, Kapitän Hays“, versprach London.

„Ich bin sicher, ich kann mich auf Sie verlassen“, lachte der Kapitän.

Dann fiel London die unschöne Episode wieder ein, die sich zuvor auf dem Rondodeck zugetragen hatte.

„Im Übrigen – gut, dass ich Sie treffe, Kapitän“, sagte sie. „Eine unserer Passagierinnen hat mich gebeten, Ihnen eine Beschwerde auszurichten.“

„Ach ja?“, fragte der Kapitän und hob besorgt die buschigen Augenbrauen.

„Ja, sie heißt Audrey Bolton. Sie ist sehr verärgert über unsere Verspätung.“

Der Kapitän brummte bekümmert.

„Daraus kann ich ihr nicht mal einen Vorwurf machen“, räumte er ein. „Mich nervt sie auch ziemlich. Ich bin überrascht, dass sich nicht viel mehr Passagiere beschweren. Wenn wir doch nur etwas dagegen tun könnten!“

London deutete ein Achselzucken an.

„Nun, Miss Bolton hat einen Vorschlag gemacht“, berichtete sie.

„Wirklich?“, staunte der Kapitän.

„Eigentlich sogar mehr als einen Vorschlag. Sie hat eher eine Forderung gestellt.“

„Die Wünsche unserer Passagiere zu erfüllen liegt mir immer am Herzen. Ich höre.“

„Sie besteht darauf, dass wir nicht in Bamberg anlegen. Stattdessen hat sie die Anweisung gegeben, ohne Unterbrechung direkt weiterzufahren bis Amsterdam.“

Kapitän Hays richtete sich überrascht zu seiner vollen Größe auf.

„Was? Bamberg auslassen?“

Dann fügte er in gespielt ernstem Ton hinzu: „Eine schwerwiegende Forderung. Dennoch denke ich, so könnten wir unseren Zeitplan wieder einholen. Wie lautet Ihr Motto noch mal, London?“

„Der Kunde hat vielleicht nicht immer recht, aber er ist immer der Kunde.“

„Weise Worte. Nun, ich werde dem Steuermann neue Anweisungen geben und dann direkt über die Bordlautsprecheranlage alle Passagiere und die Mannschaft darüber informieren, dass wir den ausdrücklichen Anweisungen von … wie hieß sie noch mal?“

„Audrey Bolton.“

„Den Anweisungen von Miss Audrey Bolton Folge leisten und nicht wie geplant über Nacht in Bamberg bleiben. Ich bin sicher, niemand wird etwas dagegen haben. Schließlich ist ein Befehl ein Befehl, und den Anweisungen Miss Audrey Boltons muss man gehorchen. Tatsächlich werde ich volle Kraft voraus befehlen, damit wir mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit so schnell wie möglich an Bamberg vorbeikommen.“

Obwohl der Kapitän diese Worte todernst vortrug, bestand kein Zweifel daran, was er von dem Vorschlag hielt.

„Nun, ich habe versprochen, es Ihnen auszurichten, und das habe ich getan“, schloss London das Thema ab.

„Gut gemacht, London Rose“, lobte er und musste schließlich doch lachen.

„Mal im Ernst, Kapitän“, beharrte London. „Ich bin sicher, sie wird darauf zurückkommen. Was soll ich ihr von Ihnen ausrichten?“

„Sagen Sie ihr, sie soll sich persönlich an mich wenden“, befahl der Kapitän.

„Wird gemacht“, bestätigte London.

„Sehr gut!“

Der Kapitän trank sein Tonic aus, sah auf die Uhr und glitt von seinem Barhocker.

„Nun, es ist Zeit, dass dieser betrunkene Seemann auf die Brücke zurückkehrt“, sagte er zu London. „Schönen Abend noch.“

„Ihnen auch, Sir“, erwiderte London.

Der Kapitän lauschte noch einen Augenblick lang im Stehen Letitia, die gerade eine hübsche, überraschend sinnliche Version von Cole Porters „I’ve Got You Under My Skin“ angestimmt hatte.

„Gute Sängerin“, murmelte Kapitän Hays mit einem Lächeln. „Charmante Frau.“

London lächelte ebenfalls. Wahrscheinlich war es ganz gut, dass der Kapitän nichts über Letitias Hang zu kleineren Diebstählen wusste. Dann begab Hays sich, natürlich vollkommen nüchternen Schrittes, zum Ausgang.