Verliebt in eine Fee - Barbara Cartland - E-Book

Verliebt in eine Fee E-Book

Barbara Cartland

0,0

Beschreibung

Lady Eifa Allerton, die jüngste und etwas verträumte feengleiche Tochter des Herzogs von Northallerton will ihre sehr hübsche Schwester Caroline vor einer Zwangsheirat retten, da diese sehr verliebt in Edward ist und ihr Vater ursprünglich sein Einverständnis zu dieser Ehe gegeben hatte. Der Herzog will auf eine etwas unkonventionelle Weise einen Streit mit dem jungen Herzog von Lynchester beilegen. Die Vorfahren des Herzogs von Northallerton hatten beim Kartenspiel vom Herzog von Lynchester das Wald- und Jagdgebiet Magnus Croft gewonnen. Seit diesem Zeitpunkt sind die Familien im Streit, da der Vorfahre des Herzogs von Lynchester behauptete bei dem Spiel betrunken gewesen zu sein. Der Herzog von Northallerton verspricht dem jungen gutaussehenden Herzog von Lynchester seine Tochter Caroline und nach der Hochzeit soll dieser auch das Jagdgebiet erhalten. Lady Eifa erfährt davon zufällig und will ihre Schwester vor dieser unglücklichen Ehe schützen, zumal der Herzog von Lynchester für seine Liebesaffären mit verheirateten Frauen bekannt ist. Sie bringt ihn dazu, um ihre Hand anzuhalten, anstatt der von ihrer Schwester. Eifa ist sich nicht ganz bewusst, in welche Situation sie sich gebracht hat, aber sie will zu ihrem Versprechen, dem Herzog in der Öffentlichkeit eine gute Ehefrau zu sein, stehen. Auch für den Herzog, der daran gewohnt ist, von allen Frauen umgarnt zu werden, ist diese Beziehung sehr anders. Werden Eifa und Silvanus ihre Gemeinsamkeiten entdecken und den anfänglichen Feindseligkeiten einiger Adeligen trotzen?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 174

Veröffentlichungsjahr: 2025

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



1 ~ 1870

Als sich die Bibliothekstür öffnete, legte sich Lady Eifa Allerton rasch auf den Boden der Galerie. Der Raum zählte zu den imposantesten im Haus des Herzogs von Allerton, und jeder Besucher bewunderte die gewaltigen Ausmaße, die reichgeschmückte durchbrochene Messinggalerie, die um zwei Wände herumführte und über eine zierliche Wendeltreppe, ebenfalls aus Messing, zu erreichen war.

Durch das üppige Blumen und Rankenmuster konnte man Lady Eifa unmöglich sehen, wenn man unter der Galerie stand. Sie lag auf dem Bauch, rückte lautlos das Buch zurecht, in dem sie gerade las, und hoffte, die Person, die hereingekommen war, würde bald wieder gehen. Wahrscheinlich ist es Mama, dachte sie. Wenn sie mich hier oben entdeckt, wird sie mich sofort zur Gartenarbeit abkommandieren.

Die Herzogin von Northallerton war geradezu besessen von ihrem Garten und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, warum es ihre Kinder langweilte, welke Blumenköpfe abzuschneiden, neue Errungenschaften aus verschiedenen Landesteilen einzupflanzen oder - noch schlimmer - Unkraut zu jäten. Sie fand, ihre jüngere Tochter Eifa würde viel zu viel Zeit mit albernen Büchern verbringen, die ihr das Gehirn umnebelten. »Sie lebt in einer Traumwelt«, pflegte die Herzogin jedem zu erklären, der es hören wollte.

Vorsichtig blätterte Eifa eine Seite um und konzentrierte sich auf ihre Lektüre, die ihr hochinteressant erschien. Doch da hörte sie die scharfe Stimme ihres Vaters.

»Hier steckst du also, Elizabeth! Ich habe dich überall gesucht! Ich dachte, du wärst im Garten.«

»Ich wollte nur nachsehen, wie man den lateinischen Namen der Azalee schreibt, die soeben eingetroffen ist«, erwiderte die Herzogin. »O Arthur, du musst sie dir unbedingt anschauen! Es ist eine äußerst seltene Spezies, und ich bin überglücklich, dass sie die weite Reise so gut überstanden hat.«

»Ich muss dir etwas erzählen, Elizabeth, und das ist wesentlich aufregender als diese Azalee und deine übrigen Pflanzen.«

»Was ist denn geschehen?« fragte sie besorgt. Nur selten verlor ihr phlegmatischer, eher prosaischer Ehemann die Ruhe - und wenn, dann drückte es sich normalerweise nicht in seinem Tonfall aus.

»Ich habe das Problem Croft ein für alle Mal gelöst.«

»Magnus Croft?« wiederholte die Herzogin verständnislos.

»Frage nicht so dumm, Elizabeth! Wie du sehr wohl weißt, spreche ich von den zehntausend Morgen Land, um die wir seit zwanzig Jahren mit Lynchester streiten.«

»Ach - darum geht es.«

»Allerdings. Und ich glaube, niemand außer mir hätte sich einen so großartigen Kompromiss ausdenken können.«

Eifas Neugierde war geweckt, denn sie wusste noch besser als ihre Mutter über den Zankapfel Bescheid, der zu einer erbitterten Fehde zwischen den beiden herzoglichen Häusern geführt hatte und das halbe Land amüsierte. Dass die zwei bedeutendsten Großgrundbesitzer in dieser Gegend einander so heftig bekämpften und einer dem anderen geflissentlich aus dem Weg ging, war ein beliebtes Thema endloser Klatschgeschichten. Sogar in den Zeitungen wurde der Zwist häufig erwähnt. Der neueste Artikel hatte den Herzog von Northallerton sehr erzürnt. Er verachtete die Boulevardpresse und fand, der Name eines anständigen Aristokraten dürfe nur anlässlich seiner Geburt oder seines Todes gedruckt werden.

Wegen der Feindseligkeiten zwischen den beiden Familien wurden Eifa und ihre Schwester Caroline niemals zu den Partys eingeladen, die in Chester House stattfanden, der Residenz des Herzogs von Lynchester. In ihrer Kindheit hatte sie das nicht gestört, da sie bei vielen anderen Nachbarn gerngesehene Gäste gewesen waren. Aber jetzt, da Caroline als erwachsene junge Dame galt und Eifa in diesem Jahr ihr gesellschaftliches Debüt absolvieren sollte, ärgerten sich die beiden Mädchen maßlos über die immerwährende Fehde. Seit der Herzog vor zwei Jahren sein Erbe angetreten hatte, veranstaltete er opulente Feste, von denen sie ausgeschlossen waren.

»Dort würdet ihr euch ohnehin nicht amüsieren«, pflegte die Herzogin zu behaupten, wenn sich ihre Töchter beklagten. »Die Freunde des Herzogs sind viel älter und weltgewandter als ihr. In diesen Kreisen würdet ihr euch deplatziert fühlen.« Dabei verriet ihre Miene deutlich, dass sie Lynchesters gesellschaftlichen Umgang missbilligte.

Trotzdem glaubte Eifa, diese Leute müssten wesentlich unterhaltsamer und faszinierender sein als die Jagdkameraden ihres Vaters und die ältlichen Würdenträger der Gegend, die auf Allerton Towers ein und aus gingen.

Carolines Interesse an Lynchester war inzwischen erloschen, aber Eifa beobachtete ihn manchmal aus der Ferne, wenn sie ihren Vater auf der Jagd begleitete. Und sie fand, dass er genauso aussah, wie sie sich einen jungen Herzog vorstellte.

Also lauschte sie gespannt, als ihre Mutter fragte: »Was hast du bezüglich des Landes unternommen, Arthur? Ich bin es leid, immer wieder damit belästigt zu werden. Es wäre am vernünftigsten gewesen, du hättest es mit Lynchester geteilt.«

»Du hörst nie zu, wenn ich mit dir rede, Elizabeth!« schimpfte ihr Ehemann. »Unentwegt erkläre ich dir, dass der verstorbene Herzog meinem Vater genau diesen Vorschlag gemacht hat. Aber dieser weigerte sich entschieden, eine solche Idee auch nur in Erwägung zu ziehen. Er sagte dieses Land gehöre ihm, und er wolle verdammt sein, falls er jemals darauf verzichten würde. Er sei bereit, bis zum Lebensende darum zu kämpfen - und wenn er eines Tages nur noch einen einzigen Penny besitzen sollte.«

Die Herzogin seufzte. »Das hatte ich vergessen, Arthur.«

»Du musst dich doch an all die Dispute erinnern! Der alte Lynchester deutete mehrmals an, mein Vater habe ihm das Land am Spieltisch abgewonnen, als er selbst zu betrunken gewesen sei, um seine Handlungsweise zu ermessen. Ich kann nur sagen - wenn ein Mann in so einem Zustand Karten spielt, verdient er nichts Besseres!«

Wieder seufzte die Herzogin. Das alles hatte sie schon oft genug gehört. Sie konnte sich keines einzigen Gesprächs mit ihrem Mann entsinnen, in dem es nicht um das Land zwischen den beiden Herzogtümern gegangen wäre, Magnus Croft hatte einst zu den besten Jagdgebieten des Lynchester-Landguts gehört und mehr Fasane beherbergt als irgendein anderes Stück Land in der Umgebung.

Seit der junge Herzog den Titel geerbt hatte, versuchte er die zehntausend Morgen zurückzukaufen, die sich jahrhundertelang im Besitz der Lynchesters befunden hatten. Aber der Herzog von Northallerton war nicht gerade mittellos, und obwohl Magnus Croft am äußersten Rand seiner Ländereien lag und sich, deshalb nur unter gewissen Schwierigkeiten bewirtschaften ließ, lehnte er es ab, etwas aufzugeben, das rechtmäßig ihm gehörte. Doch der neue Herzog war bekannt für seine Willenskraft.

»Weil du nie zuhörst, habe ich bisher nichts davon erwähnt«, fuhr Allerton fort. »Jedes Mal, wenn wir uns im White’s Club treffen, und bei jeder County-Versammlung, die wir beide besuchen, liegt mir Lynchester wegen dieses Landes in den Ohren. Sogar auf der Jagd fällt er mir damit auf die Nerven - und du weißt, dass ich mich dabei wirklich nicht mit Geschäften befassen will.«

»Natürlich nicht«, bestätigte die Herzogin gequält.

»Heute sprachen wir über die Unverschämtheit dieses neuen Grundbesitzers, der eine zusätzliche Meute Jagdhunde ins Feld schicken will. Und als Lynchester danach wieder das Thema Magnus Croft anschnitt, hatte ich plötzlich eine Idee.«

»Welche denn, Arthur?« fragte sie, als ihr Mann eine Pause machte, um Atem zu schöpfen. Sehnsüchtig blickte sie durch das Fenster nach draußen und hoffte, bald in ihren Garten zurückkehren zu können. Die Jahreszeit war ideal, um Setzlinge zu pflanzen. Und damit eilte es, denn sie hatte warten müssen, bis die Keimlinge im Gewächshaus kräftig genug waren, um ins Freie übersiedeln zu können.

»Ich erwiderte, dieser Streit zwischen uns habe schon viel zu lange gedauert«, berichtete der Herzog. »Und ich schlug Lynchester vor, ihm das Land auf eine ganz besondere Weise zu überlassen. Er fragte, was ich meine, und ich erklärte: ‚Wenn Sie meine Tochter heiraten, bekommen Sie Magnus Croft als Teil ihrer Mitgift!‘«

Die Herzogin hielt den Atem an. »Du hast ihm gesagt, er soll Caroline heiraten? Oh Arthur, wie konntest du nur?«

»Ich finde diese Lösung grandios. Mit seinen vierunddreißig Jahren muss Lynchester allmählich eine Familie gründen. Vor allem braucht er einen Erben. Könnte er eine bessere Frau finden als Caroline?«

»Aber du weißt doch, dass sie Edward Dalkirk liebt!« »Der Bursche besitzt keinen Penny, und Lynchester ist zweifellos die begehrenswerteste Partie im ganzen Land.«

»Du hast Caroline versprochen, sie dürfe Edward heiraten, wenn er mit seinen Pferden Erfolg hat.«

»Ich habe gar nichts versprochen, sondern nur gesagt, in einem solchen Fall würde ich es mir überlegen. Jetzt lautet meine Antwort nein! Caroline wird Lynchester heiraten und Magnus Croft in die Ehe mitbringen. Sie wird eine bildschöne Herzogin abgeben, besonders, wenn sie die Lynchester-Diamanten trägt.« Seine Stimme nahm einen sanften Klang an.

Nie hatte er verhehlt, dass er seine ältere Tochter den anderen Kindern vorzog. So stolz er auch auf seine beiden Söhne war, die in Eton zur Schule gingen - Caroline war sein besonderer Liebling. Mühelos hatte sie ihm die Zusage entlockt, sie könne den Mann ihrer Wahl heiraten.

»Aber Arthur!« protestierte die Herzogin. »Caroline hat ihre Liebe einem anderen geschenkt.«

»Liebe! Liebe!« rief der Herzog verächtlich. »Was hat das denn damit zu tun? Die Liebe stellt sich meistens erst in der Ehe ein, Elizabeth. Und wenn nicht... Nun, Lynchester wird seiner Frau ohnehin nur wenig Zeit widmen. Wir wissen ja alle, wo seine Interessen liegen.«

»Also wirklich, Arthur, wie kannst du so etwas sagen . . .«

»Sei doch vernünftig, Elizabeth!« unterbrach er sie. »Seit er die Schule verließ, wird er von allen hübschen Frauen zwischen England und dem Nordpol verfolgt. Aber diese eleganten, erfahrenen Damen sind verheiratet, und er wird wohl kaum einen Skandal heraufbeschwören, indem er mit einer seiner Bewunderinnen durchbrennt.«.

»Aber - warum ausgerechnet Caroline?« jammerte die Herzogin.

»Du wirst deiner Tochter das Herz brechen.«

Der Herzog schnaufte angewidert. »Darüber wird sie bald hinwegkommen. Viele jungen Mädchen bilden sich ein, verliebt zu sein. Eines Tages wird sie einsehen, dass Edward Dalkirk kein passender Heiratskandidat für sie war.«

»Bisher hast du anders gedacht.«

»Das spielt keine Rolle«, entgegnete der Herzog ärgerlich. »Caroline wird Lynchester heiraten, und du solltest ihr klarmachen, dass jeder Widerstand zwecklos ist. Ich weigere mich, meine Pläne zu ändern.«

»Aber Arthur . . .«, begann seine Frau von neuem, doch er ließ sie nicht ausreden.

»Das ist mein letztes Wort! Und da Lynchester morgen Nachmittag zu uns kommt, bereitest du sie besser schon heute darauf vor.«

Sie versuchte es ein letztes Mal. »Aber Arthur . . .«

Doch da fiel bereits die Tür ins Schloss. Er hatte die Bibliothek verlassen.

Eifa rührte sich nicht. Seit ihr Vater zu reden begonnen hatte, lag sie reglos am Boden der Galerie. Es kam ihr so vor, als hätte sie während des ganzen Gesprächs den Atem angehalten. Erst als sie hörte, wie auch ihre Mutter hinausging, wagte sie auszuatmen.

Wie konnte ihr Vater nur so grausam sein? Hätte sie es nicht mit eigenen Ohren gehört, sie würde es nicht glauben. Steifbeinig stand sie auf, stellte das Buch ins Regal zurück und eilte die Wendeltreppe hinab.

So schnell ihre Beine sie trugen, lief sie aus der Bibliothek hinaus und einen langen Korridor hinunter, der nicht in die große Halle mit dem Marmorboden und den Statuen führte, sondern zu einer Seitentreppe. Über diese gelangte man in den zweiten Stock hinauf. Dort schliefen die beiden Mädchen. Auf der gleichen Etage befand sich auch das einstige Schulzimmer, das nach dem Auszug von Eifas Gouvernante in einen privaten Salon für die Töchter des Hauses umgewandelt worden war.

Vor der Tür hielt Eifa kurz inne, um Atem zu schöpfen und ihre Gedanken zu ordnen. Wie sollte sie es Caroline beibringen?

Als sie den Salon betrat, fühlte sie sich wie der Unglücksbote in einer griechischen Tragödie.

»Ich ... ich will Edward nicht verlieren!« schluchzte Caroline wohl zum hundertsten Mal. Die Tränen, die über ihr Gesicht strömten, taten ihrer Schönheit keinen Abbruch.

Jeder Mann muss sie bezaubernd finden, dachte Eifa, sogar der Herzog von Lynchester, trotz seiner reichen Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht.

»Ich weiß, Liebste, aber Papa ist fest entschlossen. Und wie sollen wir den Herzog daran hindern, um dich anzuhalten?«

»Und wenn ich nein sage?« fragte Caroline mit bebender Stimme.

»Weder der Herzog noch Papa würden auf dich hören.« Eifa hatte versucht, ihrer Schwester die schlechte Neuigkeit so schonend wie möglich mitzuteilen. Doch Caroline war leichenblass geworden, als wollte sie in Ohnmacht fallen, und dann in Tränen ausgebrochen. Sie besaß keine innere Kraft, war ein süßes, sanftes, umgängliches Mädchen - und so schön, dass kein Mann den Blick von ihr wenden konnte.

Lynchester müsste eine ideale Herzogin in ihr sehen, überlegte Eifa. Ihre Schwester war groß und schlank; ihr blondes Haar leuchtete wie reifer Weizen, die blauen Augen und der rosige Teint passten perfekt dazu.

Nie in ihrem Leben hatte sie ihren Eltern Sorgen bereitet - bis zu dem Tag, da ihr Herz für Edward Dalkirk entbrannt war. Sie liebte ihn so sehr, dass andere Männer nicht mehr zu existieren schienen. Einige hatten versucht, um sie zu werben, aber die Hoffnung bald aufgegeben, weil es ihnen trotz aller Mühe nicht gelungen war, Carolines Aufmerksamkeit zu erregen.

Der Herzog hatte nichts gegen Edward einzuwenden - abgesehen davon, dass er zu arm war, um seine Tochter zu heiraten. Als einziger Sohn des Vicomte Dalkirk hatte der junge Mann nur ein baufälliges Schloss auf einem verarmten schottischen Landsitz geerbt. Seit er mit höchsten Ehren aus seinem Regiment entlassen worden war, versuchte er sich als Pferdezüchter. Diese Ambitionen wurden durch den Nachlass seines Onkels erleichtert, der ihm das Haus mit fünfhundert Morgen Land an der Grenze des Herzogtums Northallerton vermacht hatte. Und an dieser Grenze war er Caroline begegnet. Weil er sie ebenso innig liebte wie sie ihn, arbeitete er seit jenem Augenblick mit wahrem Feuereifer, um seine Einkünfte zu verbessern, so dass er ihr einen Antrag machen konnte.

Unglücklicherweise sah er sich außerstande, Stuten von hoher Qualität zu kaufen. Deshalb würde es noch einige Zeit dauern, bis er den richtigen Pferdetypus gezüchtet hatte. Ehe er es wagen durfte, den Herzog um Carolines Hand zu bitten, würde noch mindestens ein Jahr verstreichen.

»Vielleicht solltet ihr durchbrennen und euch irgendwo verstecken, wo Papa euch niemals findet«, schlug Eifa vor.

»Dann würde Edward das Geld verlieren, das er in die Pferde investiert hat. Und er wäre nicht in der Lage, ein neues Haus zu kaufen. Aber ich kann den Herzog unmöglich heiraten!« klagte Caroline. »Ich liebe Edward, und wenn ich mit einem anderen vermählt werde, sterbe ich!«

Eifa stand auf und trat ans Fenster. Sie vergötterte ihre Schwester, und es tat ihr weh, sie so verzweifelt zu sehen. Doch ihr fiel kein Argument ein, mit dem Caroline den Vater umstimmen und veranlassen könnte, Edward als Schwiegersohn zu akzeptieren. Der Herzog würde auf seinem Wunsch beharren. Schon immer hatte er große Pläne mit seiner älteren Tochter gehabt, war er doch so stolz auf ihre Schönheit. Lebhaft erinnerte sich Eifa an seine triumphierende Miene auf Carolines erstem Ball, wo sie so zauberhaft ausgesehen hatte. Dieses Fest lag jetzt zwei Jahre zurück. Sie selbst war damals noch ein Schulmädchen gewesen und hatte wehmütig gehofft, Papa würde bei ihrem Debüt genauso stolz sein. Natürlich verstand sie, dass der Herzog für sein liebstes Kind eine Herzogskrone erträumte, schließlich schloss sie eine gesellschaftliche Position ein, die in England nach der königlichen Familie an zweiter Stelle stand.

Zwischen den beiden benachbarten Herzogshäusern herrschte schon seit Generationen heftige Rivalität. North Merton war angesehener gewesen als der alte Lynchester, ein recht haltloser Mensch, und hatte seine Vormachtstellung mühelos behauptet. Aber der junge Herzog trat nicht in die väterlichen Fußstapfen. Wie Eifa wusste, war er mit dem Prinzen von Wales befreundet und ein führendes Mitglied der Londoner High-Society, die von allen, die sie nicht schockierte, bewundert und beneidet wurde. Zweifellos besaß er großen Einfluss. Kein Wunder, dachte sie seufzend. Bei der Jagd brillierte er nicht nur als hervorragender Reiter - er hatte eine persönliche Ausstrahlung, der man sich unmöglich entziehen konnte.

Eifa hatte nie mit ihm gesprochen, hielt ihn aber für arrogant und herrisch. Ein solcher Mann würde die schwache, hilflose Caroline völlig unterdrücken. Von Natur aus nachgiebig, hatte sie der zwei Jahre jüngeren Eifa stets die Rolle der Anführerin überlassen. Eifa war es gewesen, die sich in der Kinderzeit alberne Streiche ausgedacht und dann die Strafe allein auf sich genommen hatte, um Caroline zu schützen. In gewisser Weise musste man das als recht und billig bezeichnen, denn das ältere Mädchen besaß wenig Fantasie, sie selbst dafür umso mehr - zu viel, wie der Herzog oft betonte.

»Was soll ich nur tun?« klagte Caroline und schluchzte in ihr nass geweintes Taschentuch. »Ich kann den Herzog nicht heiraten!« Trotz der geröteten Nase und der verweinten Augen sah sie immer noch hübsch aus.

»Es muss irgendeinen Ausweg geben . . .« Plötzlich stieß Eifa einen unterdrückten Schrei aus. »Ich habe eine Idee!«

Caroline gab keine Antwort. Sie rutschte noch tiefer in ihren Sessel.

Reglos stand Eifa am Fenster. »Ich sehe es deutlich vor mir - ein Bild, das sich in meiner Fantasie entfaltet. Ja, ich weiß, dass ich’s kann!«

»Was denn?« fragte Caroline dumpf.

»Ich werde dich retten!«

»Vor der Ehe mit dem Herzog?«

»Ja!«

»Und wie willst du das anstellen? Papa wird sich nicht erweichen lassen, und Edward hat vorerst kein Geld. Erst gestern erzählte er mir, er habe einen Kredit bei der Bank aufnehmen müssen, um ein paar Stuten zu kaufen.«

»Und wenn er sich eine Million Pfund geborgt hätte - du müsstest trotzdem Herzogin werden.«

»Ich weiß - aber ich will nicht! Ich möchte nur Edward heiraten und in diesem gemütlichen kleinen Haus mit ihm leben.« Neue Tränen tropften von Carolines Wangen auf ihr Kleid hinab.

»Hör mal zu!« Eifa kniete vor ihr nieder und ergriff ihre Hände. »Ich habe mir überlegt, wie ich dir helfen kann. Aber du musst genau das tun, was ich dir sage, Liebste. Versprichst du mir das?«

»Ich verspreche alles - wenn ich nur meinen Edward bekomme!«

»Wunderbar! Und jetzt pass gut auf!«

Der Herzog von Lynchester verabschiedete sich von seinem Gast und beobachtete, wie die Kutsche des Herzogs von Northallerton vorfuhr. Schließlich wandte er sich ab und betrat seine Bibliothek.

Nur wenige Bücherregale bedeckten die Wände, die umso üppiger von großartigen Pferdebildern geschmückt wurden. Diese Bilder hatte der Herzog aus verschiedenen anderen Zimmern seines Hauses zusammengetragen. Die meisten stammten von Stubbs, Sartorious und Herring. Einer seiner Ahnherren hatte sie gesammelt. In der Bibliothek vereint, verliehen sie ihr eine besondere Aura.

Der Herzog plante auch die anderen Räume zu vervollkommnen. Obwohl er es sich nicht eingestand, war er ein Perfektionist, und er liebte es, wenn seine Umgebung sein Auge ebenso wie seinen Geist befriedigte. Immer wieder ärgerte es ihn, dass Chester House von seinem Vater und davor zweifellos auch von seinem Großvater in recht desolatem Zustand hinterlassen worden war. Das imposante Gebäude, 1750 fertiggestellt, hatte zu jener Zeit als hervorragendes Beispiel georgianischer Architektur und georgianischen Geschmacks gegolten. Leider hatte sich der zweite Herzog nur mit Frauen und Pferden beschäftigt, und durch die Spielleidenschaft des dritten war der Landsitz nicht nur um stattliche Geldsummen, sondern auch um kostbare Gemälde ärmer geworden. Die Lücken, die durch den Verkauf dieser Kunstwerke entstanden, hatte man willkürlich mit Bildern in passender Größe aus verschiedenen Zimmern gefüllt. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens erschien dem derzeitigen Herzog weder stilvoll, noch bot es einen erfreulichen Anblick.

Nun brachte er diese Dinge allmählich in Ordnung, aber obwohl er das Haus schon beträchtlich verschönert hatte, fehlte doch an allen Ecken und Enden eine weibliche Hand. Leider ließ sich dieser Mangel nur durch eine Heirat beheben. Jahrelang hatte er den Gedanken an eine Ehe, die ihn in seinen Londoner Vergnügungen und seinen zahlreichen Affären nur behindern würde, weit von sich geschoben. Jetzt wusste er, auch ohne die eindringlichen Ermahnungen seiner Verwandten, dass es an der Zeit war, eine Familie zu gründen und einen Erben zu zeugen.

»Wenn du noch lange wartest, wirst du zu alt sein, um deinen Sohn zum Reiter und Jäger auszubilden«, hatte seine Großmutter bei ihrer letzten Begegnung bissig bemerkt und, als eine Antwort ausgeblieben war, hinzugefügt: »Es betrübt mich zutiefst, dass die Lynchester Diamanten in einem Safe verschlossen sind. Und die Perlen werden sicher ihren Glanz verlieren und Grünspan ansetzen, weil sie nicht auf warmer Haut getragen werden.«

Er hatte zwar gelacht, musste ihr aber recht geben. Doch wie sollte er in einer gesellschaftlichen Sphäre, in der er gewissermaßen als König von eigenen Gnaden regierte, eine passende Braut finden? Natürlich warteten viele Mädchen, von ihren Anstandsdamen wohlbehütet, nur darauf, sein Interesse zu erregen. Aber bisher hatte er nur langweilige, unscheinbare, linkische Geschöpfe gesehen, die seiner nicht würdig waren.

Zu den Hauspartys, die er veranstaltete oder besuchte, wurden nur Leute eingeladen, die eine wichtige Voraussetzung erfüllten: Sie mussten amüsant sein. Was die Frauen betraf, so legte der Herzog auch noch großen Wert auf zwei weitere Qualitäten - Schönheit und Sinnlichkeit. Beides fand er bei den weltgewandten Damen, die ihre langen Wimpern flattern ließen, die roten Lippen provozierend schürzten und ihm deutlich zu verstehen gaben, dass sie einer leidenschaftlichen Liaison ebenso wenig abgeneigt wären wie er.