Verrat in einer ehemaligen Alpenfestung - Peter Rudin - E-Book

Verrat in einer ehemaligen Alpenfestung E-Book

Peter Rudin

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Beschreibung

Zur Abwehr eines Überfalls durch Nazi-Deutschland errichtete die Schweiz in den Hochalpen schwer zugängliche Festungsanlagen. Lukas Vischer, Kampfhelikopter-Pilot und ehemaliger Kommandant einer Fallschirm-Eliteeinheit, übernimmt als Mieter eine dieser Festungen in der Absicht, damit einen neuen kalten Krieg zu verhindern und die Schweiz vor einem dritten Weltkrieg zu schützen. Nach dem Einbruch in das Entwicklungslabor eines revolutionären Systems zur Bekämpfung von Hirnkrankheiten vereinbaren Max Meister als verantwortlicher Venture-Kapital-Investor und Lukas Vischer als Mieter, das Labor und das Entwicklungsteam in seine Alpenfestung zu verlegen. In einer von Vischer finanzierten Privatklinik am Genfersee wird das 'Neuro Processing System (NPS)' getestet. Da NPS auch zur Kontrolle des Verhaltens von Soldaten in Kriegshandlungen eingesetzt werden kann, interessieren sich der US-Geheimdienst CIA und der russische KGB ebenfalls für das Produkt. Schon kurz nach dem Umzug in die Festung stürzt ein Mitarbeiter des NPS-Entwicklungsteams beim Versuch, Software über den Ausgang eines ehemaligen Kanonenschachts zu stehlen, an der steilen Festungswand tödlich ab. Ermittlungen ergeben, dass der KGB diesen Mitarbeiter bestochen hat. In Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst MI5 und zum Schutz der Alpenfestung wie auch der Privatklinik beschaffen Vischer und Meister neue, in Entwicklung stehende Waffensysteme, um die Fertigstellung von NPS abzusichern.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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Über den Autor

PETER RUDIN geboren am 10. August 1941 und aufgewachsen in Basel am Rhein, arbeitete für viele Jahre bei einem weltweit tätigen IT-Unternehmen. Mit einer Ausbildung als Diplomingenieur der ETH und industrieller Psychologe an der Universität Columbia in New York machte er als Dreißigjähriger den Schritt zum selbständigen Unternehmer. Die Gründung mehrerer Start-up-Unternehmen entsprach seinem Interesse, visionäre Ideen in die Tat umzusetzen. Nach seinem Rückzug aus dieser spannenden Lebensphase entdeckte er seine Freude am Schreiben. Die Beschäftigung mit Themen zur künstlichen Intelligenz und der Neurowissenschaften hat dazu geführt, dass er während der vergangenen sechs Jahre auf seiner Website www.singularity2030.ch über 160 Essays als Sachartikel publiziert hat. Dies ist sein Erstlingswerk und er hofft, dass der politisch und wirtschaftlich hochaktuelle Inhalt das Taschenbuch spannend und lesenswert macht.

***

In Abweichung zum klassischen Kriminalroman schildern Politthriller spannende Verwicklungen der Akteure mit staatlichen Institutionen oder Militärorganisationen und deren Geheimdiensten. Typische Handlungen sind geplante Terroranschläge, Spionage oder staatliche Verschwörungen. Im Gegensatz zum klassischen Kriminalroman finden die Handlungen eines Politthrillers an verschiedenen Orten gleichzeitig statt. Frankreich, England, Russland, die USA sind die Orte des Geschehens, bevor die Täter in der Schweiz zur Strecke gebracht werden. Die Personen und Szenarien sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit echten Personen, lebend oder verstorben, wäre rein zufällig und ist nicht beabsichtigt. Anderseits sind die Namen gewisser Institutionen wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) reell.

«Wer Freiheit opfert, um Sicherheit zu gewinnen, wird beides verlieren.»

Benjamin Franklin, US-amerikanischer Physiker

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Der Leichenfund unterhalb der Festungswand

Lukas Vischers Werdegang zum Mieter einer Alpenfestung

Lukas Vischer als Kampfpilot und Kommandant einer Fallschirm-Eliteeinheit

Lukas Vischers Partnerschaft mit Max Meister zur Entwicklung von NPS

Aufbau der Geheimarmee P31 als Nachfolger der legendären P26

Abklärungen der Todesumstände eines NPS-Mitarbeiters durch Professor Nötzli

Sitzung von Professor Nötzli mit dem SECO und dem militärischen Nachrichtendienst

Verifizierung, dass Software von russischem KGB-Mitarbeiter gestohlen wurde

Sitzung der Akademie der Wissenschaften. Besuch einer Gefechtseinheit in Sibirien

Besuch und Inspektion der Privatklinik am Genfersee durch Vischer und Meister

Strategie-Sitzung der CIA Deutschland unter Vorsitz von Allen Bradley

Beschaffung und Installation des Laser-Abwehrsystems zum Schutz der Alpenfestung

Sitzung der NSA in Fort Meade unter dem Vorsitz des US-Verteidigungsministers

Die Installation einer Cruise-Missiles-Abschussrampe in den französischen Alpen

15. Jane Foresight trifft Max Meister in Zürich als Gesandte von US-Venture-Kapitalisten

Tod von Simpson durch Drohnenangriff bei der Privatklinik Le Castellet

Epilog

Prolog

Im Zweiten Weltkrieg, zur Abwehr eines Überfalls durch Nazi-Deutschland, errichtete die Schweiz in den Hochalpen mehrere mit 15-Zentimeter-Geschützen ausgerüstete, schwer zugängliche Festungsanlagen. Lukas Vischer, Kampfhelikopter-Pilot und ehemaliger Kommandant einer Fallschirm-Eliteeinheit, übernimmt als Mieter eine dieser Festungen in der Absicht, damit einen neuen kalten Krieg zu verhindern und die Schweiz vor einem dritten, durch Russland ausgelösten Weltkrieg zu schützen.

Nach dem Einbruch in das Entwicklungslabor eines revolutionären Systems zur Bekämpfung von Hirnkrankheiten durch einen Spin-off der Universität Zürich ersucht Max Meister als führender Venture-Kapital-Investor seinen langjährigen Freund Lukas Vischer das Labor und das Entwicklungsteam in die Alpenfestung zu verlegen. Da das »Neuro Processing System (NPS)« auch zur Kontrolle des Verhaltens von Soldaten in Kriegshandlungen eingesetzt werden kann, befürchtet Max Meister, dass fremde Geheimdienste durch Diebstahl oder Zerstörung den Erfolg von NPS verhindern wollen.

Die Festung diente früher als Standort der legendären Geheimarmee P26 mit engen Beziehungen zum britischen Geheimdienst MI5. Nur wenigen ist bekannt, dass der aus einer Basler Pharma-Dynastie stammende Vischer in einer Privatklinik am Genfersee den NPS-Heilungsprozess mit freiwilligen Probanden testet. Sowohl zum Schutz der Klinik wie auch der Alpenfestung ist Vischer dabei, mit ehemaligen Mitgliedern der Fallschirm-Eliteeinheit eine neue Geheimarmee unter dem Decknahmen P31 aufzubauen.

Schon kurz nach dem Umzug in die Festung stürzt ein Mitarbeiter des NPS-Entwicklungsteams, beim Versuch, Software über den Ausgang eines ehemaligen Kanonenschachts zu stehlen, an der steilen Festungswand tödlich ab.

Der Leichenfund unterhalb der Festungswand

Am frühen Morgen Anfang Oktober, nach einer regnerischen Nacht, spaziert ein älterer, aus der Region stammender und inzwischen pensionierter Elektriker mit seinem Hund auf dem Waldweg der ehemaligen Alpenfestung entlang. Nebelschwaden gleiten durch das Tal und es riecht nach Moos. Vom nahe liegenden Fluss hört man ein leichtes Plätschern. Das erste Herbstlaub bedeckt den Waldweg, mit dem Resultat, dass der Hund mit dem Namen »George«, wie immer um diese Jahreszeit, seiner Nase und seinem Geruchsinn folgend, ständig unter dem Laub nach Spuren anderer Hunde forscht. Und so muss der mit einer blauen Wollmütze und einer grünen Regenjacke bekleidete Spaziergänger etwas genervt seinen Hund immer wieder dazu animieren, ihm endlich zu folgen. Eigentlich war es seine Tochter, welche ihn überzeugte, einen Hund aus dem Tierheim aufzunehmen, damit er den Nachmittag nicht nur vor dem Fernseher verbrachte. Sehr überzeugend, wie sie eben sein konnte, vertrat sie die Meinung, dass er, wenn er zweimal mit dem Hund spazieren ging, damit auch etwas für seine körperliche Gesundheit tun würde. Und eigentlich hatte sie ja Recht. Seit seiner Pensionierung hat er, nicht gerade zur Freude seiner Frau, aber mit viel Verständnis von seinen gleichaltrigen Kollegen, um etliche Kilos zugenommen. Und so entwickelte sich im Laufe der Zeit zwischen den beiden dann doch eine gewisse Zuneigung mit dem Resultat, dass George sich vom täglichen Spaziergang auf der mit einer braunen Wolldecke belegten Ledercouch erholen durfte.

Während des Spazierens – mit seinen Gedanken immer noch beim gestern Abend übertragenen Fussballmatch und seinem mit Bier heruntergespülten Ärger über den verschossenen Penalty – stolpert der Spaziergänger über die Leiche eines jungen Mannes. »Mein Gott, was ist da passiert. So wie es aussieht, ist dieser wahrscheinlich aus der Höhe der Festungswand entlang abgestürzt«, überlegt der völlig aufgewühlte Spaziergänger. »Das sieht ja fürchterlich aus. Mit seinen schweren Wunden am Kopf und einer großen Blutlache beim Nasenausgang und Knochenbrüchen, erkennbar durch eine merkwürdige Verrenkung der Beine, war dieser wohl erst dreißig Jahre alte Mann beim Aufprall sicher sofort tot.«

Nach dem ersten Schrecken, schon etwas beruhigt, stellt der Spaziergänger erstaunt fest, dass bei dem mit einer grünen Sportjacke, braunen Manchesterhose und Kletterschuhen bekleideten Mann an der linken Hand ein Handschuh fehlt. »Vielleicht ist dieser Handschuh an einem der vielen Sträucher, welche die Festungswand tarnen, beim Absturz hängen geblieben«, sinniert der Spaziergänger. »Allerdings, nach seinem Bauchgefühl beurteilend, ist dies schon etwas merkwürdig.« Um der Grübelei ein Ende zu bereiten – »schließlich geht ihn das eigentlich gar nichts an« – beschließt er umgehend via Handy den Dorfpolizisten anzurufen.

Wie zu erwarten, antwortet der Telefonautomat mit dem Hinweis, dass das Büro erst um neun Uhr öffne und man bei dringenden Fällen die Kantonspolizei unter der Notrufnummer anrufen soll. »Diese Schlafmützen brauchen ja mindestens zwei Stunden, bis sie hier sind. So lange kann man diesen toten Kerl doch nicht hier einfach liegen lassen«, überlegt der Spaziergänger. Da er den Dorfpolizisten persönlich kennt, versucht er es nochmal mit einer via SMS abgesetzten Nachricht: »Hallo Melchior, bin unten bei der Festung, hier liegt ein Toter, komm sofort.« Diese Meldung erzielt die gewünschte Wirkung. Aufgeschreckt beendet der noch unrasierte Dorfpolizist abrupt sein Frühstück. Ziemlich nervös zieht er die gebügelte blaue Uniformhose sowie das blaue mit »Polizei« beschriftete Hemd an. Die ungeladene Dienstpistole schnallt er seufzend um den etwas zu dicken Bauch. Einen Toten in seinem Revier, sowas hat er noch nie erlebt. Seiner Frau zurufend »Putze gefälligst den Hühnerstall, damit es morgen frische Eier gibt«, verlässt er fluchtartig das Haus. Und so kommt der Dorfpolizist dann doch mit etlicher Verspätung mit seinem schwarzen Motorrad – einer etwas in die Jahre gekommenen BMW mit Boxermotor – laut knatternd angerast. Nach einer etwas gehässigen Begrüßung mit der an den Dorfpolizisten gestellten Frage, warum er das Telefon nicht abgenommen habe, weist der Spaziergänger sofort und mit Nachdruck darauf hin, dass er mit der ganzen Sache nichts zu tun hat. »Ich komme jeden Morgen mit dem Hund an dieser Felswand vorbei, aber sowas Schlimmes habe ich noch nie erlebt. Melchior, dies ist eine ganz gruselige Sache und ich hoffe nur, dass meine Frau davon nichts erfährt, sonst ist bei mir zu Hause die Hölle los. Ihre Neugier wie auch ihre Bedürfnisse, alles zu erforschen und auszuquatschen, sind grenzenlos«.

Nach diesem kurzen Intermezzo verständigt der sichtlich genervte Dorfpolizist via Handy einen seiner Kollegen bei der Kantonspolizei, mit der Bitte, beim Spital einen Rettungswagen zu organisieren. Danach, gemäß den behördlichen Vorgaben, spannt er pflichtbewusst in einem größeren Umkreis zum Opfer das im BMW-Motorrad verstaute rote Absperrband. Dies gehört offensichtlich zur Prozedur, potenzielle Gaffer fernzuhalten. Allerdings ist zu dieser Jahreszeit und auf diesem abgelegenen Waldweg praktisch niemand unterwegs. Und so wendet sich Melchior mit gewichtiger Mimik, unrasiert und dennoch in typischer Polizeipose – die Arme auf die Hüften gestützt und mit hochgehaltenem Kopf –, an den Spaziergänger.

»Ich mache dich darauf aufmerksam, dass du, Felix, wie auch deine Frau der absoluten Schweigepflicht unterliegen. Vielleicht geht es hier um Mord oder um Diebstahl von geheimen Informationen. So oder so werde ich das Resultat meiner Untersuchung in einem Rapport festhalten müssen. Ich hoffe, dir ist klar, dass Zuwiderhandlung mit Buße oder Gefängnis bestraft wird.« »Mensch, dieser Melchior ist wahrscheinlich am Höhepunkt seiner Karriere angelangt. Ein Verbrechen in einer Alpenfestung, sowas gab es hier noch nie! Dabei kann Melchior kaum einen fehlerfreien Satz in deutscher Sprache schreiben. Wir müssen nur aufpassen, dass die lokalen Medien davon nichts erfahren, sonst ist hier der Teufel los«, reflektiert der sichtlich nervöse Spaziergänger.

Als dann ein Krankenwagen mit abgeschaltetem Blaulicht und ohne Sirene mit hohem Tempo angerast kommt, setzt dies seinem Nachdenken ein abruptes Ende. Nach dem Verlassen des Krankenwagens stellt der in Weiß gekleidete Notarzt sofort fest, dass der am Boden liegende Mann tatsächlich tot ist. »Ich habe den Transport und die Aufbewahrung der Leiche ins Kantonsspital bereits veranlasst«, sagt der Notarzt mit gewichtiger Miene. »Am besten verlasst ihr alle diese Unfallstelle möglichst schnell. Wir wollen kein unnötiges Aufsehen erregen.« Und so rast der Krankenwagen ohne Sirene und Blaulicht in schnellem Tempo zum Krankenhaus, ohne dass Dorfbewohner oder Gäste der naheliegenden Luxushotels etwas von diesem Vorfall mitbekommen. Leicht zerknirscht entfernt der Dorfpolizist das rote Absperrband und wischt das Blut mit einigen abgerissenen Ästen unter das umliegende Laub. Mit einer gelben, wasserfesten Kreide, die er immer bei sich trägt, markiert er pflichtbewusst auf dem Fussgängerweg mit einem X die Stelle, wo die Leiche gefunden wurde.

Nach der Einlieferung in das Kantonsspital bestätigt der diensthabende Chefarzt dem Notarzt mit einem grünen Standardformular die Einlieferung der Leiche. »Ziemlich schlimm, was bei der Festung passiert ist, ich denke, dass dies bei einigen Mitgliedern der Talschaft größere Nervosität auslösen wird«, meint der Notarzt. »Du hast absolut recht und ich bitte dich diesen Vorfall möglichst für dich zu behalten«, erwidert der Chefarzt. »Wie du weißt, bin ich auch Mitglied des Kantonsrats. Im gegenseitigen Vertrauen kann ich dir mitteilen, dass das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) zusammen mit dem Militärdepartement – auch auf Grund von Hinweisen aus dem Nachrichtendienst – seit längerem eine Untersuchung der in der Festung laufenden Aktivitäten durchführt.« »Davon hatte ich keine Ahnung. Offensichtlich wird Geheimhaltung großgeschrieben. Du kannst dich auf mich verlassen, ich halte dicht«, erwidert der Notarzt. »Die intensive Bewachung der Festungseingänge durch Personal, welches nicht aus der Gegend stammt, sowie die öfters stattfindenden Starts und Landungen von Helikoptern einer Firma aus Zug auf dem speziell eingerichteten Landeplatz im obersten Teil der Festung haben bei den Behörden zu Spekulationen geführt. Offensichtlich fragt man sich, ob nicht ausländische Organisationen – mit der Festung als Tarnung – in illegale Geschäfte verwickelt sind. Bekannt ist lediglich, dass ein in der Festung angesiedeltes Hochleistungs-Rechenzentrum für Forschungszwecke eingesetzt wird. Allerdings ist auch schon spekuliert worden, dass etliche in der Festung arbeitende Personen hochrangige Wissenschaftler sind, welche sich mit künstlicher Intelligenz und Biotechnologie beschäftigten. Sogar junge Chinesen habe man schon gesehen, also muss das schon eine ganz wichtige Sache sein, was da in der Festung abläuft«, erklärt der Kantonsrat.

»Dass in der Festung ein Hochleistungs-Rechenzentrum betrieben wird, ist allgemein bekannt. Ich denke, daraus kann doch nichts Negatives abgeleitet werden«, erwidert der Notarzt etwas verstimmt. »Stimmt absolut«, erwidert der Kantonsarzt. »Ich muss jetzt sofort das SECO informieren, dass an der steilen Festungswand ein vermutlich abgestürzter toter Forscher aufgefunden wurde.«

Bereits am nächsten Morgen ruft der zuständige Beamte des SECO den inzwischen recht nervösen Kantonsrat an und teilt ihm mit, dass zur näheren Abklärung der Todesursache der eben erst emeritierte Professor Hans Nötzli aus Zürich beigezogen wird. »Künstliche-Intelligenz und Biotechnologie sind sein Spezialgebiet, für uns ein absoluter Glücksfall. Auf Grund seiner Kenntnisse ist er perfekt qualifiziert die in der Festung arbeitenden Wissenschaftler über die Vorkommnisse, welche zum Tod des Forschers geführt haben, zu befragen«, erklärt der SECO-Beamte. »Haben sie noch Fragen?« »Nein, im Moment nicht, ich werde die Anweisungen von Prof. Nötzli genauestens befolgen.« »Danke, das ist genau die richtige Einstellung. Prof. Nötzli hat sehr gute Beziehungen zum Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Zürich. Er wünscht, dass die Leiche in einem gekühlten Behälter umgehend zum Institut überwiesen wird. Dies natürlich mit der entsprechenden Diskretion, wir wollen kein Aufsehen erregen«, meint der Beamte des SECO. »Wunschgemäß werde ich den Vorfall mit größter Verschwiegenheit behandeln«, antwortet der Kantonsrat. »Auch im Interesse der ganzen Talschaft ist die Klärung dieser Situation für alle Beteiligten äußerst wichtig. Keinesfalls will ich meinen guten Ruf als Mediziner und Kantonsrat gefährden, mit dem Vorwurf, bei der Aufklärung fahrlässig gehandelt zu haben. Die Spuren eines Verbrechens an der Unfallstelle oder bei der Einlieferung ins Spital dürfen nicht verwischt werden.«

Der großgewachsene, weißhaarige, meistens in Jeans gekleidete Kantonsrat ist in der Tat sehr geschätzt. Das Wohlergehen der Bewohner und Kleinbetriebe in der Nähe der Festung ist ihm schon lange und glaubwürdig ein wichtiges Anliegen. Dank der umliegenden Berge und Gletscher hat sich das angrenzende Tal in den vergangenen Jahren zu einem weltweit beliebten Touristikzentrum entwickelt. Zahlreiche Luxus-Hotels, ein umfassendes Freizeitangebot und eine wohlhabende Klientel prägen das Tal. Diese Idylle darf nicht gestört werden. »Ein Mord oder der Diebstahl von wichtigen Daten aus der Festung kann verheerende Folgen haben. Undenkbar die Konsequenzen, wenn diese Geschichte in der nationalen Presse landet und aggressive Journalisten aus Zürich unsere Hotelgäste über angeblich geheime Machenschaften in der Festung befragen oder, noch schlimmer, über das Auffinden einer Leiche berichten«, reflektiert der ziemlich aufgewühlte Kantonsrat als Folge seines Gesprächs mit dem SECO-Beamten.

»Wem gehört denn eigentlich diese Festung? Da wurde beim SECO schon mal der Name Lukas Vischer erwähnt. Doch scheinbar ist dieser bei der lokalen Bevölkerung völlig unbekannt.« Eine Überlegung, welche den Kantonsrat noch nachdenklicher macht. Dass er der Mieter der Festung ist und enorme Geldsummen in die Renovation der Festung investiert, macht die Sache noch geheimnisvoller. »Was mag denn wohl der Grund sein, dass einer sowas tut?« Wie dieser Vischer aussieht, ist für ihn als Kantonsrat unwichtig. Allerdings hätte er diesen geheimnisvollen Typ schon mal gerne persönlich kennen gelernt.

»So wird ja auch gemunkelt, dass Vischer zum Schutz der Anlage eine Geheimarmee beschäftigt, welche aus ehemaligen Armeeangehörigen einer Fallschirmeinheit rekrutiert wurde. Aber für die Talbewohner ist das doch völlig uninteressant«, sinniert der Kantonsrat. »Dass bei der Kleidung der angelieferten Leiche der linke Handschuh fehlt, ist genauso irrelevant und wenn schon, ist es Sache der Behörde, welche die Untersuchung leitet, diese Frage zu beantworten. Das SECO wird ja wohl wissen, woher dieses viele Geld stammt, und wenn da etwas faul wäre, hätten die doch schon längst den Stecker gezogen«, überlegt der Kantonsrat. »Zum Glück war ich gemäß Einsatzplan zum Zeitpunkt der Anlieferung im Spital anwesend. Nicht auszudenken die Folgen, wenn mein nichtsahnender Stellvertreter ohne Wissen, was da beim SECO abläuft, die Spitalleitung über die Einlieferung einer Leiche informiert hätte, ohne zu wissen, was dahintersteckt.« Und schon fast euphorisch – fröhlich eine Melodie aus der Oper Nabucco pfeifend – macht sich der Kantonsrat und Arzt zu später Stunde mit seinem Elektro-Bike und aufgesetztem braunen Lederhelm, mit grüner Regenjacke und etwas verwaschenen Bluejeans, auf den Heimweg. Für ihn ist die Welt wieder in Ordnung.

Lukas Vischers Werdegang zum Mieter einer Alpenfestung

Um Lukas Vischers Werdegang zum Mieter einer Alpenfestung zu verstehen, muss man mit den Nachforschungen in seine Studienzeit zurückgehen. Als aktiver Organisator und Redner von Studentenprotesten gegen den Kalten Krieg war der damals an der Basler Universität studierende Vischer mit seiner enormen Intensität und charismatischen Ausstrahlung zu Fragen der schweizerischen territorialen Sicherheit in Basel bestens bekannt. Der athletisch durchtrainierte, gutaussehende und großgewachsene Vischer trug im Knopfloch seines Jacquets, stets als Zeichen der Solidarität, eine miniaturisierte Schweizer Flagge. Schon damals war allen, die ihn näher kannten, klar: »Der Vischer ist ein Macher.«

Seine Faszination und sein Interesse für Alpenfestungen als Abwehr gegen einen Angriff fremder Truppen beschäftigt ihn bereits während seiner Studienzeit. Ein Freund aus dem engeren Familienkreis ist Kommandant einer Festungsbrigade in den Hochalpen. Auf Vischers Bitte hin organisiert dieser eine Führung durch die noch immer militärisch genutzte Festung. Nach einem gemeinsamen Frühstück marschieren die beiden gut gelaunt zum Eingang der mit einer Panzertür verriegelten Festungsanlage. Zwei bewaffnete Angehörige des Festungscorps öffnen die etwa drei Meter breite Tür und machen den Weg frei in das im Erdgeschoss stationierte, in Fels gehauene Munitionslager. Der Raum ist nur mäßig mit an der Decke hängenden 30-Watt-Elektrobirnen beleuchtet. Es ist unangenehm feucht und Vischer ist froh, als sein Bekannter die Führung durch die Festung in Angriff nimmt.

»Lukas, das wird jetzt ziemlich anstrengend. Wir werden zu Fuß den Weg der Munition bis zur Kanonenplattform mitverfolgen. Dabei beträgt die Höhendifferenz etwa 80 Meter«. »Danke, kein Problem, ich bin sehr fit und gespannt den Weg der Munition mitzuverfolgen.« »Okay, dann starten wir im Erdgeschoss. Hier wird die Munition für die Festungskanonen auf Bänder platziert und bei einem Winkel von circa 30 Grad wie in einem Paternoster nach oben transportiert. Parallel zu diesem »Munitionslift« verlaufen Treppen für das Festungspersonal. Dies ist die einzige Möglichkeit, innerhalb der Festung zu den Festungsgeschützen zu gelangen, hast du Fragen?« »Im Moment nicht, was mich allerdings beschäftigt, ist die Leistungsfähigkeit der Kanonen. Kannst du dazu Angaben machen?« »Sehr gerne, ich habe mit diesen Kanonen kürzlich eine Gefechtsübung absolviert. Eine kompakte und unterhaltsgünstige Anlage beherbergt zwei Geschütze des Typs Bison mit einem Kaliber von 15,5 Zentimetern. In dieser Festung wird mit etwa 6 Meter langen Kanonenrohren dieses Typs geschossen. Die Schießscharten, welche mit Camouflage-Stoff versteckt sind, bleiben bis zum Einsatz unerkannt. Pro Geschütz können innerhalb von 25 Sekunden fünf Schüsse abgeben werden. Bei einer Reichweite von 20 Kilometern oder mehr – je nach Munitionstyp – haben die Geschosse immer noch eine enorme Zerstörungskraft«, erklärt der Kommandant. »Lukas, hast du noch Fragen?«. »Ja, einige, aber ich schlage vor, dass wir diese bei unserer Rückfahrt nach Basel besprechen. Ich bin sehr beeindruckt und bedanke mich schon jetzt ganz herzlich für diese für mich sehr wichtigen Informationen. Diese Bauweise einer Alpenfestung wird mich noch lange beschäftigen.«

Vischer gehört in Basel zum sogenannten »Daig«, eine altbürgerliche, patrizische Elite, welche zusammen mit anderen Familien durch eine gezielte Heiratspolitik für die Kontinuität des erreichten Wohlstandes und der sozialen Stellung sorgt und gleichzeitig sehr darauf bedacht ist, den Reichtum nicht zur Schau zu stellen. Söhne und Töchter werden am Samstagnachmittag zu den Pfadfindern geschickt, um dabei den Kontakt mit Jugendlichen aus