VERSTEHE DICH SELBST - Osho - E-Book

VERSTEHE DICH SELBST E-Book

OSHO

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Beschreibung

· Psychoanalyse und Beichte bringen vorübergehend Erleichterung · Verhaltenstherapie verändert die Peripherie · Ändert sich aber das Bewusstsein, ändert sich das Verhalten ganz von selbst In diesem Buch geht Osho weit über Freud, Jung und die Erkenntnisse der westlichen Psychologie hinaus. Wenn Freuds Psychologie eine Psychologie des Pathologischen ist und Maslovs Psychologie, die Psychologie des Gesunden, dann ist Oshos Psychologie, die Psychologie der Buddhas. Osho fängt beim Physischen an und geht Schritt für Schritt bis zum Transzendentalen, vom Bekannten bis zum Unerkennbaren und durchdringt so mit unbestechlichem Scharfblick die letzten Winkel unseres Daseins. Dabei gilt es, weder das Rationale noch das Irrationale zu verleugnen, weder Intellekt und Wissenschaft, noch Gefühl und Religion. Der Mensch muss fließend, "flüssig" bleiben, fähig sein, von einem Pol zum anderen zu wechseln.

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Seitenzahl: 322

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Alle Osho Diskurse sind als Originale publiziert worden und als Original-Audios erhältlich. Audios und das vollständige Text-Archiv finden sie unter der online Bibliothek „Osho Library“ bei www.osho.com

Titel der Originalausgabe:

Psychology of the Esoteric

1. Ebook-Auflage 2019

Übersetzung: Nirvano Spohr

Umschlaggestaltung: Bunda S. Watermeier, www.watermeier.net

Unter Verwendung eines Fotos von Clipdealer, anegada

Copyright© 1978 Osho International Foundation, Zürich, Schweiz

www.osho.com/copyright

Copyright© 2012, Innenwelt Verlag GmbH, Köln

OSHO® ist eine registrierte Handelsmarke der Osho International

Foundation, www.osho.com/trademarks

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags

www.innenwelt-verlag.de

eISBN 978-3-947508-20-4

OSHO

VERSTEHE

DIE PSYCHOLOGIE

DICH

DER BUDDHANATUR

SELBST

INHALT

1.Die innere Revolution

2.Durch die Begegnung mit dem wirklichen Leben zur Meditation finden

3.Sex, Liebe, Gebet: Die drei Stufen zum Göttlichen

4.Kundalini-Yoga – Lebensenergie nach innen lenken

5.Esoterische Spiele – ein Falle für inneres Wachstum

6.Die Psychologie der Träume

7.Der Weg durch die sieben Körper

8.Die Spannung zwischen Sein und Werden

9.Du bist weit mehr als dein Verstand

10.Etwas zu erkennen bedeutet, es zu sein

11.Die richtige Art zu fragen

12.Werde frei von Fixierungen

Über Osho

1. Kapitel

DIE INNERE REVOLUTION

Ist es möglich, dass auf dem Wege der Evolution die gesamte Menschheit zu irgendeinem zukünftigen Zeitpunkt erleuchtet werden kann? Welches Stadium der Evolution hat der Mensch bis heute erreicht?

Der natürliche, automatische Prozess der Evolution ist mit dem Menschen beendet. Der Mensch ist das letzte Produkt unbewusster und der Anfang bewusster Evolution.

Viele Dinge müssen berücksichtigt werden.

Erstens: Unbewusste Evolution ist mechanisch und natürlich. Sie geschieht von selbst. Durch diese Art von Evolution entwickelt sich Bewusstsein. Sobald Bewusstsein aber entstanden ist, hört unbewusste Evolution auf, da ihr Zweck erfüllt ist. Unbewusste Evolution ist nur bis zu dem Punkt notwendig, an dem sich Bewusstsein bildet. Der Mensch hat diesen Punkt erreicht. In diesem Sinne ist er der Natur entwachsen. Die Natur kann jetzt nichts mehr hinzufügen. Das letzte Produkt, das durch natürliche Evolution möglich war, ist entstanden. Der Mensch ist jetzt frei, selbst zu entscheiden, ob er sich weiterentwickeln will oder nicht…

Zweitens: Unbewusste Evolution ist kollektiv; sobald sie aber bewusst wird, wird sie zu einer individuellen Angelegenheit. Kollektive, automatische Evolution führt nie weiter als bis zum Menschen. Von jetzt an wird Evolution zu einem individuellen Prozess. Bewusstsein führt zu Individualität. Bevor sich Bewusstsein entwickelt hat, gibt es keine Individuen sondern nur Arten. Solange Evolution noch unbewusst ist, stellt sie einen automatischen Prozess dar; es gibt dabei keine Ungewissheiten. Alles geschieht nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Das Dasein ist mechanisch und gewiss. Mit dem Menschen jedoch, mit dem Bewusstsein, tritt Ungewissheit auf. Jetzt ist nichts sicher. Evolution mag stattfinden oder nicht. Die Möglichkeit besteht, doch die Wahl liegt vollkommen bei jedem einzelnen Menschen selbst. Das ist der Grund, warum Ratlosigkeit und Sorge ein menschliches Phänomen sind. Auf niedrigeren Stufen der Entwicklung gibt es keine Unruhe, keine Angst, da die Möglichkeit einer Wahl nicht besteht. Alles geschieht, wie es muss. Es gibt keine Wahl, keinen, der wählt, und damit ist Angst unmöglich. Wer soll denn ängstlich sein? Wer soll da sein, um krampfhaft nach dem richtigen Weg zu suchen?

Mit der Möglichkeit der Wahl kommt die Angst vor der Wahl wie ein Schatten. Man muss jetzt alles entscheiden; alles ist eine bewusste Anstrengung. Du allein bist verantwortlich; wenn du versagst, dann versagst du, das liegt an dir. Hast du Erfolg, dann hast du Erfolg; auch das liegt an dir.

Und jede Wahl ist in gewisser Hinsicht endgültig. Du kannst sie nicht ungeschehen machen oder vergessen, du kannst davon nicht mehr zurücktreten. Deine Wahl wird zu deinem Schicksal. Sie bleibt Teil von dir, du kannst sie nicht verleugnen. Da deine Wahl jedoch immer ein Glücksspiel ist, da du sie im Dunkeln getroffen hast – nichts ist gewiss – leidest du unter dem Druck der Entscheidung. Der Mensch ist bis in die Zehenspitzen verunsichert. Was ihn von vornherein grundsätzlich quält, ist die Frage: Sein oder Nichtsein? Tun oder Nichttun?

Dieses oder jenes tun? Keine Wahl ist unmöglich. Wenn du nicht wählst, dann wählst du es, nicht zu wählen; es bleibt eine Wahl. Deswegen musst du zwangsläufig wählen; du bist nicht frei, keine Wahl zu treffen. Nicht zu wählen hat dieselbe Auswirkung wie jede andere Wahl. Das Würdevolle, Schöne und Glorreiche am Menschen ist dieses Bewusstsein. Es ist aber auch eine Bürde. Glanz und Bürde gehen Hand in Hand im Augenblick, in dem du bewusst wirst. Jeder Schritt bedeutet eine Bewegung zwischen den zweien. Mit dem Menschen treten Wahl und bewusste Individualität in Erscheinung. Du kannst dich weiterentwickeln, aber es wird eine individuelle Anstrengung sein. Du magst zu einem Buddha reifen oder nicht, es ist deine Wahl.

Es gibt also zwei Typen von Evolution: die kollektive und die individuelle, bewusste. Das Wort „Evolution“ schließt einen unbewussten, kollektiven Ablauf ein, deswegen ist es besser, das Wort „Revolution“ zu verwenden, wenn man über den Menschen spricht. Revolution ist nur für den Menschen möglich. In meinem Sinne bedeutet Revolution eine bewusste, individuelle Wachstumsanstrengung. Sie bringt die individuelle Verantwortung zu einem Höhepunkt. Du allein bist verantwortlich für deine Entwicklung.

Gewöhnlich versuchen die Menschen, ihrer Verantwortung für ihr Wachstum und ihrer Entscheidungsfreiheit zu entkommen. Freiheit ruft große Furcht hervor. Als Sklave bist du für dein eigenes Leben nicht verantwortlich; ein anderer trägt die Verantwortung. Aus dieser Sicht ist Sklaverei eine sehr angenehme Sache. Es gibt keine Bürde. In dieser Hinsicht bedeutet Sklaverei Freiheit: Freiheit von bewusster Wahl. Sobald du vollkommen frei wirst, musst du deine eigenen Entscheidungen treffen. Niemand zwingt dich, etwas zu tun; alle Alternativen stehen dir offen. Dann beginnt das Ringen mit dem Verstand, und so entsteht Angst vor der Freiheit.

Ein Teil der Anziehung, die Ideologien wie Kommunismus und Faschismus ausüben, ist, dass sie eine Fluchtmöglichkeit vor individueller Freiheit und ein Erlöschen individueller Verantwortung in Aussicht stellen. Die Last der Verantwortung geht vom Einzelnen auf die Gesellschaft über. Wenn irgendetwas schiefgeht, kannst du es auf den Staat, die Organisation schieben. Der Mensch wird zu einem Teilchen im kollektiven Gefüge. Aber indem Faschismus und Kommunismus die individuelle Freiheit verleugnen, verleugnen sie auch die Möglichkeit der menschlichen Evolution. Es ist ein Rückfall von der großen Chance, die Revolutionen in sich bergen: die Chance der totalen Verwandlung des Menschen. Wenn dies geschieht, dann machst du die Chance zunichte, das höchste Ziel zu erreichen. Du fällst auf die Stufe der Tiere zurück.

Für mich ist die weitere Evolution nur möglich, wenn sie mit individueller Verantwortung einher geht. Du allein bist verantwortlich, und das ist ein großes Glück, das sich im Nachhinein als Segen erweist. Mit der individuellen Verantwortung entstehen Auseinandersetzungen, die letztlich zu einem Bewusstsein führen, das frei vom Zwang der Wahl ist.

Das alte Muster der unbewussten Evolution hat für uns keine Gültigkeit mehr. Du kannst in es zurückfallen, jedoch nicht darin bleiben. Dein inneres Wesen wird sich zur Wehr setzen. Der Mensch ist bewusst geworden; er muss bewusst bleiben. Es gibt keinen anderen Weg.

Philosophen wie Aurobindo üben große Anziehung auf Drückeberger aus. Sie behaupten, kollektive Evolution sei möglich. Das Göttliche steigt vom Himmel hernieder, und jeder wird erleuchtet. Für mich ist das nicht möglich. Und selbst wenn es möglich wäre, wäre es nichts wert. Wenn du erleuchtet wirst, ohne dich selbst darum bemüht zu haben, dann lohnt sich diese Erleuchtung nicht. Sie wird dir nicht die Ekstase geben, die die Mühe krönt; du wirst sie für selbstverständlich halten, wie deine Augen, Hände oder dein Atemsystem. Auch sie sind große Gaben, aber niemand nimmt sie dankbar entgegen.

Irgendwann kannst du dann auch erleuchtet geboren werden, genau wie Aurobindo es verspricht. Das wird wertlos sein. Du wirst reich sein; weil es aber ohne Anstrengung, ohne konstante Bemühung gekommen ist, wird es dir nichts bedeuten; die Bedeutung geht verloren. Bewusster Einsatz ist notwendig. Was du erreicht hast, ist nicht so wichtig wie die Mühe selbst, die erst Bedeutung verleiht; du musst um Bedeutung ringen.

Aus meiner Sicht ist Erleuchtung, die unbewusst und kollektiv als ein göttliches Geschenk kommt, nicht nur unmöglich, sondern auch bedeutungslos. Du musst um Erleuchtung kämpfen; dadurch schaffst du die Fähigkeit, den kommenden Segen zu sehen, zu fühlen und ihn zu erhalten.

Unbewusste Evolution hört beim Menschen auf, und die bewusste Evolution – Revolution – beginnt. Bewusste Entfaltung jedoch fängt nicht notwendigerweise bei irgendjemand beliebigem an. Sie beginnt nur, wenn du dich dafür entscheidest. Aber wenn du dich – wie die meisten Leute – nicht dafür entscheidest, dann befindest du dich in einer äußerst gespannten Lage. Mit der heutigen Menschheit sieht das etwa so aus: Nirgendwohin kann sie gehen, es gibt nichts zu erreichen. Es gibt jetzt kein Weiterkommen ohne bewussten Einsatz, kein Zurück zu unbewussten Stadien. Die Türe ist zu, die Brücke gebrochen.

Die bewusste Wahl weiter zu wachsen, ist ein großes Abenteuer, das einzige Abenteuer, das es für einen Menschen gibt. Der Weg ist mühselig; das lässt sich nicht vermeiden. Irrtum und Versagen sind notwendige Begleiterscheinungen, weil nichts sicher ist. Diese Situation führt zu inneren Spannungen. Du weißt nicht, wo du bist, du weißt nicht, wo du hingehst. Deine Identität geht verloren. Die Situation mag sich so zuspitzen, dass du selbstzerstörerisch wirst. Selbstmord ist ein menschliches Phänomen, das mit der menschlichen Entscheidungsfreiheit einhergeht.

Tiere können nicht Selbstmord begehen, weil es unmöglich für sie ist, den Tod bewusst zu wählen. Ihre Geburt ist unbewusst und ebenso ihr Tod. Aber bei dem Menschen – dem irregeleiteten, unentwickelten – wird eines möglich: die Fähigkeit, den Tod zu wählen.

Deine Geburt, die nicht deine Wahl ist, spielt sich nach den Regeln unbewusster Evolution ab. In Wahrheit ist deine Geburt gar kein menschlicher Vorgang. Sie ist ihrer Natur nach tierisch, weil sie nicht deine Wahl ist. „Wahl“ kennzeichnet den Beginn des Mensch-Seins. Aber du kannst den Tod wählen – eine entschlossene Handlung: Damit wird Selbstmord ausschließlich zu einer menschlichen Handlung.

Und wenn du dich nicht für bewusste Evolution entscheidest, dann besteht die Möglichkeit, dass du dich für Selbstmord entscheidest. Vielleicht hast du nicht den Mut, dich tatsächlich zu töten, aber du wirst durch einen langsamen Prozess gehen – auf der Schwelle zum Tod – und nur darauf warten zu sterben. Du kannst niemand anderen für deine Entwicklung verantwortlich machen. Diese Sachlage zu akzeptieren gibt Kraft. Dann bist du auf deinem Weg zu wachsen, dich zu entfalten.

Wir schaffen uns Götter oder suchen unser Heil in Gurus, damit wir nicht zu unserem eigenen Leben, unserer eigenen Entwicklung stehen müssen. Wir versuchen, die Verantwortung weit von uns wegzuschieben. Können wir weder Gott noch Guru akzeptieren, dann versuchen wir, uns durch Rauschmittel oder Beruhigungsmittel um die Verantwortung zu drücken; jeder findet irgendetwas, was ihn unbewusst macht. Aber diese Versuche, Verantwortung zu leugnen, sind absurd, unreif und kindisch. Sie schieben das Problem nur hinaus. Sie sind keine Lösungen. Du kannst es aufschieben, bis du stirbst, aber das Problem bleibt bestehen, und deine neue Geburt wird am selben Punkt anknüpfen. Ist dir erst einmal bewusst, dass du allein verantwortlich bist, dann gibt es keine Flucht in irgendeine Art von Unbewusstsein. Und du bist ein Narr, wenn du versuchst, dich darum zu drücken, weil Verantwortung deine große Entwicklungschance ist.

Aus dem Kampf, der dabei entfacht wird, entsteht das Neue. Bewusstwerdung setzt voraus, dass dir klar ist, dass alles von dir abhängt. Sogar dein Gott ist von dir abhängig, weil du ihn in deiner Vorstellung geschaffen hast. Letzten Endes ist alles ein Teil von dir, und du musst dafür geradestehen. Keiner hört sich deine Entschuldigungen an; es gibt keine gerichtlichen Instanzen dafür. Die gesamte Verantwortung liegt bei dir. Und du bist allein, absolut allein. Darüber muss man sich ganz im Klaren sein. Im Augenblick, wo du bewusst wirst, bist du allein. Je bewusster du wirst, desto bewusster wird dir dein Alleinsein. Deswegen versuche nicht, dieser Tatsache durch Gesellschaft, Freunde, Verbindungen oder Massenveranstaltungen auszuweichen. Lauf nicht vor dem Alleinsein davon. Es ist ein großartiges Phänomen, der gesamte Evolutionsprozess hat darauf hingearbeitet. Bewusstsein hat jetzt den Punkt erreicht, an dem du erkennst, dass du allein bist. Und nur im Alleinsein kannst du Erleuchtung erlangen.

Ich sage nicht „Einsamkeit“. Das Gefühl der Einsamkeit stellt sich ein, wenn man vor dem Alleinsein flüchtet, wenn man es nicht akzeptieren will. Akzeptierst du die Tatsache deines Alleinseins nicht, fühlst du dich einsam und suchst nach Leuten und Rauschmitteln, um dich zu vergessen. Aus Einsamkeit entsteht die Magie des Vergessens. Wenn du allein sein kannst – und wenn es nur für einen Moment ist –, dann stirbt das Ego; das „Ich“ stirbt. Du löst dich auf. Es gibt dich nicht mehr. Das Ego kann nicht allein sein. Es kann nur in Beziehung zu anderen existieren. Jedes Mal, wenn du allein bist, geschieht ein Wunder. Das Ego wird geschwächt. Es kann jetzt nicht lang weiterbestehen. Egoistische Menschen neigen eher zum Selbstmord. Selbstmord steht immer in Beziehung zum anderen, ist niemals eine Tat, die dem Alleinsein entspringt. Das Ego leidet nicht im Selbstmord, vielmehr gewinnt es an Ausdruckskraft. Es wird mit größerer Kraft in eine neue Geburt drängen.

Durch Alleinsein wird das Ego gebrochen. Ohne Bezugsmöglichkeit kann es nicht bestehen. Wenn du also bereit bist, allein zu sein, standhaft allein zu sein, weder auszuweichen noch zurückzufallen, wenn du bereit bist, die Tatsache des Alleinseins hinzunehmen, wie sie ist – dann hast du eine ungeahnte Möglichkeit. Dann bist du genau wie ein Samenkorn, mit einer großen Wachstumsmöglichkeit. Vergiss aber nicht, dass das Samenkorn sich zerstören muss, damit die Pflanze wachsen kann. Das Ego ist ein Samenkorn. Wenn es zerspringt, dann wird das Göttliche geboren. Das Göttliche ist weder „Ich“ noch „Du“, es ist eins. Durch Alleinsein kommst du zu diesem Eins-Sein. Du kannst dir einen falschen Ersatz für dieses Eins-Sein schaffen. Hinduismus, Christentum, Islam, Indien, China, sie alle sind nur Ersatz für Eins-Sein. Eins-Sein entsteht nur durch totales Alleinsein.

Eine Menschenmasse kann sich als eins bezeichnen, aber dieses Eins-Sein steht immer im Gegensatz zu etwas anderem. Sobald du in der Menge bist, fühlst du dich erleichtert. Jetzt bist du nicht mehr verantwortlich. Allein zündest du keine Moschee an, allein zerstörst du keinen Tempel, aber als Teil eines Mobs bist du dazu imstande, weil du jetzt nicht persönlich verantwortlich bist. Alle sind dafür verantwortlich und deshalb niemand für sich genommen. Statt individuellem Bewusstsein breitet sich Gruppenbewusstsein aus.

In der Masse fällst du auf die Ebene des Tiers zurück. Die Masse ist ein falscher Ersatz für das Gefühl des Eins-Seins. Wer das weiß, wer seine Verantwortung als Mensch wahrnimmt und sieht, dass es eine schwierige, mühselige Aufgabe ist, ein Mensch zu sein, wählt keinen falschen Ersatz. Er lebt mit den Tatsachen, wie sie sind, und bastelt sich keine Fiktionen. Eure Religionen und politischen Ideologien sind nur Fiktionen, die ein trügerisches Gefühl des Eins-Seins schaffen. Das Eins-Sein entsteht nur, wenn du egolos wirst, und das Ego kann nur sterben, wenn du total allein bist; wenn du völlig allein bist, bist du nicht. Genau in diesem Moment geschieht die Explosion. Du löst dich ins Unbegrenzte auf. Und nur das ist Evolution. Ich nenne es Revolution, weil es nicht unbewusst ist. Du magst vom Ego frei werden oder nicht – es hängt von dir ab.

Allein zu sein ist die einzige wirkliche Revolution. Viel Mut gehört dazu. Nur ein Buddha, ein Jesus oder ein Mahavir ist allein. Nicht dass sie ihre Familien, die Welt verlassen hätten; es scheint so, ist aber nicht der Fall. Sie haben etwas hinter sich gelassen, aber nicht aus Abweisung. Die Handlung war positiv; sie war ein Schritt in Richtung des Alleinseins. Sie suchten nach totalem Alleinsein. Die ganze Suche gilt dem Moment der Explosion, dem Moment des Alleinseins. Im Alleinsein ist Glückseligkeit verborgen. Und nur so erlangst du Erleuchtung.

Wir können nicht allein sein, andere können auch nicht allein sein, deswegen bilden wir Gruppen, Familien, Gesellschaften, Nationen. Alle Nationen, Familien oder Gruppen setzen sich aus Feiglingen zusammen, die nicht Mut genug haben, allein zu sein. Wirklicher Mut ist der Mut zum Alleinsein. Er bedeutet eine bewusste Realisierung der Tatsache, dass du allein bist und nichts anderes sein kannst. Du kannst dich darüber hinwegtäuschen oder damit leben. Du kannst dir Leben für Leben etwas vormachen, aber du wirst dich nur in einem Teufelskreis bewegen. Nur wenn du mit der Tatsache des Alleinseins leben kannst, ist der Kreislauf gebrochen und du gelangst zur Mitte. Diese Mitte ist das Zentrum der Göttlichkeit, des Ganzen, des Heiligen. Ich kann mir kein Zeitalter vorstellen, in dem dies das Geburtsrecht eines jeden Menschen sein kann. Es ist unmöglich. Bewusstsein ist individuell. Nur Unbewusstheit ist kollektiv.

Die Menschen haben ein Stadium des Bewusstseins erreicht, in dem sie zu Individuen geworden sind. Es gibt nicht die Menschheit als solche, sondern nur individuelle Menschen. Jeder Mensch muss seine Individualität und die Verantwortung dafür verwirklichen.

Als Erstes müssen wir Alleinsein als die grundlegende Tatsache akzeptieren und damit leben lernen. Wir dürfen uns nicht mit Fiktionen abgeben. Fiktionen verhindern, dass du jemals die Wahrheit erfährst; sie sind projizierte, künstliche, gezüchtete „Wahrheiten“, die dir den direkten Einblick ins Sein verwehren. Kannst du aber mit der Tatsache deines Alleinseins leben, dann gibt es keine Fiktionen mehr, und die Wahrheit enthüllt ihr Gesicht. Jede Tatsache, in die du tiefen Einblick hast, gibt die Wahrheit preis.

Deswegen lebe mit Verantwortung, sei allein. Dann ist der Durchbruch möglich. Es ist mühsam, aber der einzige Weg. Diese Wahrheit zu akzeptieren fällt nicht leicht, aber nur so gelangst du zum Punkt der Verwandlung, zum Punkt der Glückseligkeit. Wird sie dir schon fertig gegeben, dann verliert sie ihren Wert, weil du sie nicht verdient hast. Du bist nicht fähig, den Zustand tiefen Glücks zu fühlen. Diese Fähigkeit kommt nur mit Disziplin.

Wenn du mit der Tatsache deiner eigenen Verantwortung zurechtkommst, entsteht automatisch Disziplin in dir. Total auf dich gestellt, kommst du ohne Disziplin nicht aus. Aber diese Disziplin ist nicht von außen aufgenötigt. Sie kommt von innen. Weil du die gesamte Verantwortung für dich trägst, gehst du mit größerer Sorgsamkeit vor. Du kannst kein einziges unverantwortliches Wort von dir geben. Bist du dir über dein Alleinsein bewusst, dann erkennst du, dass andere auch leiden. Dann kannst du gar nicht verantwortungslos handeln, weil deine Verantwortung andere mit einschließt. Dann weißt du, dass sich jeder einsam fühlt. Der Sohn weiß, dass der Vater einsam ist, die Ehefrau weiß, dass ihr Mann, und der Mann, dass seine Frau einsam ist; es ist unmöglich, nicht mitzufühlen.

Mit den Gegebenheiten leben – das ist das einzige Yoga, die einzige Disziplin. Wenn du dir erst einmal total bewusst bist, wie es um den Menschen steht, dann wirst du religiös. Du wirst dein eigener Meister. Der Verzicht, der damit kommt, ist nicht der Verzicht eines Asketen. Er ist nicht erzwungen, nicht hässlich, abstoßend. Dieser Verzicht ist ästhetisch. Du fühlst, dass dies die einzige Möglichkeit ist, dass du gar nicht anders handeln kannst. Dann gibst du die Jagd nach Dingen auf; du verzichtest auf Besitz.

Der Drang zu besitzen, ist der Drang, nicht allein zu sein. Wer nicht allein sein kann, sucht nach Gesellschaft. Aber die Gesellschaft anderer Leute ist nicht verlässlich, deswegen sucht er stattdessen die Gesellschaft von Dingen. Mit einer Frau zu leben ist schwierig; mit einem Auto ist es nicht so schwierig; deswegen richtet sich der Besitztrieb letzten Endes auf Dinge. Du bist sogar imstande und versuchst, Personen zu Dingen zu machen. Du versuchst, sie auf eine solche Art hinzubiegen, dass sie ihre Persönlichkeit, ihre Individualität verlieren. Eine Ehefrau, ein Ehemann ist ein Ding und keine Person.

Wenn du mit deinem Alleinsein vertraut wirst, respektierst du auch das Alleinsein des anderen. Dann erkennst du, dass du bei dem Versuch, andere zu besitzen, zu weit gehst. Du verzichtest jedoch nie aus guten Vorsätzen oder einer positiven Moral. Verzicht wird einfach nur zum negativen Schatten deines Alleinseins. Du bist nicht mehr besitzergreifend. Du kannst zwar ein Liebhaber sein, aber kein Ehemann, keine Ehefrau.

Wenn der Besitztrieb wegfällt, kommen Mitgefühl und Anspruchslosigkeit auf. Es entsteht Unschuld in dir. Verleugnest du die Tatsachen des Lebens, dann kannst du nicht unschuldig sein; du wirst berechnend. Du täuschst dich und andere. Bist du aber mutig genug, mit den gegebenen Tatsachen zu leben, dann wirst du unschuldig. Diese Unschuld ist nicht kultiviert. Du bist es: unschuldig.

Für mich ist Unschuld alles, was man erreichen muss. Sei unschuldig und das Göttliche wird dich immer mit Segen überhäufen. Unschuld ist die Fähigkeit, aufzunehmen, zu empfangen, Teil des Göttlichen zu sein. Werde unschuldig, und der Gast ist da. Werde zum Gastgeber. Diese Unschuld kann nicht kultiviert werden: Kultivierung bedeutet immer Taktik. Sie ist kalkuliert. Unschuld kann man jedoch nicht kalkulieren. Unschuld ist Religiosität, ist der Höhepunkt wahrer Verwirklichung.

Wahre Unschuld kommt aber nur durch eine bewusste Revolution; sie ist nicht durch irgendeine kollektive, unbewusste Evolution möglich. Der Mensch ist allein. Er ist frei zu wählen: Himmel oder Hölle, Leben oder Tod, die Ekstase der Verwirklichung oder die Misere unseres sogenannten Lebens.

Sartre sagte irgendwo: „Der Mensch ist dazu verdammt, frei zu sein.“ Du kannst dich zwischen Himmel und Hölle entscheiden. Freiheit bedeutet, dass du unter allen Möglichkeiten die Wahl hast; Himmel ohne die Möglichkeit der Hölle ist die Hölle selbst. Wenn du dich nur für das Gute entscheiden kannst, dann ist dies keine Freiheit.

Ob Freiheit zur Verdammung oder zum Segen wird, hängt von der richtigen Wahl ab. Du bist für deine Wahl restlos verantwortlich. Wenn du bereit bist, dann kann aus deinen inneren Tiefen eine neue Dimension aufsteigen: die Dimension der Revolution. Die Evolution ist beendet. Jetzt braucht es eine Revolution, um dich für das Grenzenlose, das Kosmische zu öffnen. Es ist eine individuelle Revolution.

Eine innere Revolution.

2. Kapitel

DURCH DIE BEGEGNUNG MIT DEM WIRKLICHEN LEBEN ZUR MEDITATION FINDEN

Was ist Meditation?

Meditation ist nicht etwa eine indische Methode; sie ist nicht einfach eine Technik. Du kannst sie nicht erlernen. Sie wächst heran: Sie wächst aus deinem ganzen Sein hervor, sie entsteht, wenn du rückhaltlos lebst. Meditation ist nichts, was dir, so wie du bist, von außen hinzugefügt werden kann. Sie kann nur durch eine grundlegende Umwandlung, durch eine Verwandlung in dir entstehen. Sie ist ein Aufblühen, ein Heranwachsen. Und wachsen kann nur immer das Ganze; es kann nicht aufgepfropft werden. Du musst in die Meditation hineinwachsen.

Dieses totale Aufblühen der Persönlichkeit muss richtig verstanden werden. Sonst kann man Spiele mit sich treiben, kann sich mit gedanklichen Tricks abgeben. Und es gibt so viele Tricks; sie halten dich nicht nur zum Narren, ohne dass du in irgendeiner Weise etwas dabei gewinnst, sondern sie können dir wirklich schaden. Der Glaube, dass es für Meditation einen Trick, eine Methode gibt, ist von vornherein falsch. Und wenn man sich mit gedanklichen Tricks etwas vormacht, schadet das dem Denken selbst. So wie unser Geist beschaffen ist, ist er nicht meditativ. Die gesamte Geistesstruktur muss sich verändern, bevor man meditieren kann.

Was ist dann unser Geist, so wie er jetzt besteht? Wie funktioniert er?

Der Geist verwandelt alles in Worte. Du kannst Worte wissen, die Sprache kennen, du kannst über die Strukturen Bescheid wissen, in denen das Denken abläuft, aber das ist nicht meditatives Denken. Im Gegenteil, es ist eine Flucht vor dem Denken. Du siehst eine Blume und verbalisierst es. Der Verstand kann jede existenzielle Sache in Worte verwandeln. So werden die Worte zu einer Barriere, zu einem Gefängnis.

Diese ständige Umwandlung von Dingen in Worte, von Existenz in Worte, ist das Hindernis für einen meditativen Geist. Um seinen Geist meditativer zu machen, muss man sich über das ständige Verbalisieren bewusst werden und lernen, wie man es anhalten kann. Sieh die Dinge einfach; fasse sie nicht in Worte. Nimm ihre Anwesenheit wahr, aber verwandle sie nicht in Worte. Lass die Dinge, wie sie sind, sprich nicht, lass Personen wie sie sind, vergiss die Sprache; lass Situationen so sein, wie sie sind, sei sprachlos. Das ist nicht unmöglich, es ist sogar natürlich. Euer Geist, so wie er jetzt ist, fließt in unnatürlichen, künstlichen Bahnen; nur haben wir uns so daran gewöhnt, alles geht so mechanisch zu, dass wir nicht merken, wie wir ständig Erfahrung in Worte verwandeln.

Die Sonne geht auf. Du bist dir niemals des Abstandes bewusst, der zwischen dem Sehen und dem Darübersprechen liegt. Du siehst die Sonne, fühlst sie, und sofort fasst du das Erlebnis in Worte. Der Abstand zwischen Sehen und Sprechen geht verloren. Man muss die Tatsache erkennen, dass der Sonnenaufgang kein Wort ist. Er ist eine Tatsache, eine Gegenwart. Der Verstand macht automatisch aus Erfahrungen Worte. Die Worte können zwischen dich und die Erfahrung treten.

Meditation bedeutet, ohne Worte zu leben, nicht linguistisch zu leben. Manchmal geschieht es spontan. Wenn du verliebt bist, fühlst du die reine Gegenwart, nicht die Sprache. Wenn zwei Liebende miteinander vertraut werden, sind sie still. Nicht, weil es nichts zu sagen gibt; im Gegenteil, es gibt überwältigend viel zu sagen. Aber es gibt keine Worte; es kann sie nicht geben. Sie stellen sich erst ein, wenn die Liebe vorbei ist.

Wenn zwei Liebende niemals still sind, ist das ein Zeichen, dass die Liebe verflogen ist. Jetzt füllen sie die Lücke mit Worten. Solange die Liebe lebendig ist, gibt es keine Worte, weil das Dasein der Liebe selbst so überwältigend ist, so durchdringend, dass die Barriere aus Sprache und Worten verschwindet. Und sie verschwindet gewöhnlich nur in der Liebe. Meditation ist der Höhepunkt der Liebe: Liebe, nicht zu einer einzelnen Person, sondern zur gesamten Existenz. Für mich ist Meditation eine lebendige Beziehung mit der ganzen Existenz ringsum. Wenn du jeder Situation in Liebe begegnen kannst, dann bist du in Meditation.

Und das ist kein Trick deines Verstandes. Es ist keine Methode, den Verstand zum Stillstand zu bringen. Vielmehr ist dazu ein tiefer Einblick in den Mechanismus des Verstandes notwendig. Im Moment, in dem du deine mechanische Gewohnheit, immer alles gleich zu verbalisieren, durchschaust und siehst, wie du das Dasein ständig in Worte umwandelst, nimmst du davon Abstand. Abstand entsteht spontan, er folgt dem Verstehen wie ein Schatten.

Das wirkliche Problem ist nicht, wie du in Meditation sein kannst, sondern zu erkennen, warum du nicht darin bist. Der eigentliche Prozess der Meditation ist negativ. Es wird dir nichts hinzugefügt, es wird dir vielmehr etwas weggenommen, was dir vorher aufgebürdet worden war.

Gesellschaft kann nicht ohne Sprache bestehen; sie braucht Sprache. Aber die Existenz braucht keine Sprache. Ich sage nicht, du sollst ohne Sprache leben; du kannst nicht ohne sie auskommen. Aber du musst fähig sein, den Mechanismus ein- und auszuschalten. Im sozialen Rahmen brauchst du den Sprachmechanismus; bist du aber mit dem Dasein allein, musst du ihn abstellen können. Wenn du ihn nicht abstellen kannst, wenn er immer weiterläuft und du ihn nicht anhalten kannst, dann bist du sein Sklave geworden. Der Verstand muss ein Instrument bleiben und darf nicht zum Meister werden. Wenn der Verstand Meister ist, bist du in einem nicht-meditativen Zustand. Wenn du der Meister bist, wenn dein Bewusstsein der Meister ist, dann bist du in einem meditativen Zustand.

Meditation bedeutet also, zum Meister seiner Verstandesmaschinerie zu werden. Der Intellekt und seine sprachliche Funktionsweise sind nicht die letzte Instanz. Du bist jenseits davon; das Dasein ist jenseits davon. Das Bewusstsein ist jenseits von Linguistik. Wenn Bewusstsein und Existenz zusammentreffen, dann sind sie miteinander in Kommunion. Diese Vereinigung ist Meditation.

Man muss die Sprache fallen lassen. Nicht, dass du sie unterdrücken oder zerstören sollst; ich will damit nur sagen, dass sie für dich keine 24-Stunden-Gewohnheit werden darf. Wenn du gehst, musst du deine Beine benutzen; wenn sie sich aber noch im Sitzen weiterbewegen, dann bist du verrückt. Du musst fähig sein, sie ruhig zu halten. Ebenso wenig darf die Sprechmaschine weiterlaufen, wenn du nicht mit jemandem redest. Sie ist eine Kommunikationstechnik. Wenn du nicht mit jemandem kommunizierst, darf keine Sprache da sein. Wenn du das kannst, wächst du in die Meditation hinein. Meditation ist ein Wachstumsprozess, keine Technik. Eine Technik ist immer tot, deshalb kannst du sie dir aneignen, aber ein Prozess ist immer etwas Lebendiges. Es wächst etwas, dehnt sich aus. Sprache ist notwendig, aber du darfst nicht darin gefangen sein. Es muss wortlose Momente geben, in denen du einfach nur da bist. Nicht, dass du einfach vegetierst. Deine Wahrnehmung ist bewusst und sogar schärfer, lebendiger, weil sie nicht von der Sprache abgestumpft wird. Sprache besteht aus Wiederholungen, deshalb erzeugt sie Langeweile. Je wichtiger Sprache für dich ist, umso gelangweilter bist du.

Das Dasein wiederholt sich nie. Jede Rose ist eine neue Rose, völlig neu. Es gab niemals vorher eine solche Rose, und es wird sie auch nicht wieder geben. Aber wenn wir sie Rose nennen, ist das Wort „Rose“ eine Wiederholung. Dieses Wort war immer so und wird so bleiben. Du hast das Neue mit einem alten Wort getötet.

Die Existenz ist immer jung, und die Sprache ist immer alt. Durch Sprache kannst du der Existenz entrinnen, vor dem Leben weglaufen, weil Sprache tot ist. Je mehr du darin verwickelt bist, desto leichenhafter wird sie dich machen. Ein Gelehrter ist völlig leblos, weil er nichts als Sprache ist, nur noch aus Worten besteht.

Sartre nannte seine Autobiographie „Die Wörter“. Wir leben in Worten. Das heißt, wir leben nicht. Am Ende ist nur ein Haufen Wörter übrig, nichts anderes. Wörter sind wie Fotografien. Du siehst etwas Lebendiges und machst ein Bild davon. Das Bild ist tot. Dann machst du ein Album aus toten Bildern. Eine Person, die nicht in Meditation gelebt hat, ist wie ein Album toter Bilder. Nichts als verbale Bilder, nur Erinnerungen. Nichts wurde gelebt; alles wurde nur verbalisiert.

Meditation bedeutet, total zu leben, aber du kannst nur total leben, wenn du still bist. Mit „still sein“ meine ich nicht, unbewusst sein. Du kannst still und unbewusst sein, aber dann ist es kein lebendiges Schweigen. Dann hast du es wieder verfehlt.

Durch Mantras zum Beispiel kannst du dich selbst hypnotisieren. Wenn du einfach ein Wort immer wieder vor dich hinsagst, kannst du so viel Langeweile im Verstand erzeugen, dass er einschläft. Du fällst in Schlaf, ins Unbewusste. Wenn du „Ram-Ram-Ram“ singst, geht der Verstand schlafen. Dann gibt es keine Sprachbarriere mehr, aber du bist unbewusst. Meditation bedeutet Bewusstsein ohne Sprache. Anders gibt es keine Vereinigung mit dem Dasein, mit allem, was ist. Kein Mantra, kein Singen kann helfen. Autohypnose ist nicht Meditation, sondern Regression. Du gehst nicht über die Sprache hinaus; du fällst unter sie zurück. Gib deshalb alle Mantras auf, alle diese Techniken. Lass wortlose Momente zu. Du kannst die Worte nicht durch Mantras loswerden, weil du dabei selbst wieder Worte benutzt. Du kannst Sprache nicht mit Worten auflösen; es geht nicht.

Was tun? Du kannst tatsächlich überhaupt nichts tun, als zu verstehen. Alles was du tun kannst, kann nur aus dem kommen, was du bist. Du bist verwirrt, bist nicht in Meditation, dein Verstand ist nicht ruhig, deshalb wird alles, was aus dir kommt, nur noch mehr Verwirrung stiften. Du kannst nur eins tun: bewusst erkennen, wie der Verstand, der Intellekt, funktioniert. Das ist alles – sei einfach nur wach. Bewusstsein hat nichts mit Worten zu tun. Es ist ein existenzieller Akt, kein mentaler Akt. Der erste Punkt ist also, bewusst zu sein. Sei dir über deine Hirntätigkeit bewusst, die Arbeitsweise deines Intellekts. In dem Moment, in dem dir das bewusst wird, bist du nicht mehr im Intellekt. Das Bewusstsein davon bedeutet eben, dass du jenseits davon bist: Zuschauer von einer höheren Warte. Und je bewusster du wirst, desto mehr fallen dir die Intervalle zwischen Erfahrung und Verbalisierung auf. Es gibt diesen Abstand; du nimmst ihn allerdings nie wahr, weil du so unbewusst bist.

Zwischen zwei Worten gibt es immer einen Abstand, egal wie unsichtbar, wie klein. Sonst können die zwei Worte nicht zwei getrennte bleiben; sie verschmelzen. Zwischen zwei Musiknoten gibt es immer einen Abstand, ein Schweigen. Zwei Worte oder zwei Noten können nicht zwei sein, wenn sie nicht durch ein Intervall getrennt werden. Es gibt immer ein Intervall, aber man muss wirklich bewusst, wirklich aufmerksam sein, um es zu fühlen. Je bewusster du wirst, desto langsamer wird der Intellekt. Es ist immer relativ: Je weniger bewusst du bist, desto schneller ist der Verstand.

Wenn du den Gedankenprozess bewusster wahrnimmst, wird er langsamer, und die Intervalle zwischen den Gedanken werden größer. Dann kannst du sie sehen. Es ist genau wie im Film. Wenn ein Projektor in Zeitlupe gefahren wird, siehst du die Bildabstände. Wenn du filmen willst, wie ich meine Hand hebe, musst du dafür 100 Bilder verschießen. Jedes Bild ist eine einzelne Fotografie. Wenn alle einzelnen Bilder so schnell an deinen Augen vorbeiziehen, dass du die Abstände nicht sehen kannst, dann siehst du das Anheben der Hand als Prozess. In Zeitlupe jedoch kann man die Intervalle sehen.

Der Verstand läuft genauso ab wie ein Film. Es gibt Abstände. Je aufmerksamer du auf dein Denken achtest, desto besser kannst du sie sehen. Es ist genau wie ein Vexierbild – ein Bild, das zwei verschiedene Bilder in sich vereinigt. Du kannst das eine oder das andere Bild sehen, aber nicht beide gleichzeitig. Das Vexierbild kann sich aus dem Bild einer alten Frau und dem Bild einer jungen Frau zusammensetzen; und wenn du auf eines schaust, kannst du das andere nicht sehen, und wenn du auf das andere schaust, ist das erste unsichtbar. Selbst wenn du genau weißt, dass du beide Bilder gesehen hast, kannst du sie nicht gleichzeitig sehen.

Mit dem Verstand ist es dasselbe. Wenn du die Worte siehst, kannst du die Zwischenräume nicht sehen, und umgekehrt. Auf jedes Wort folgt ein Abstand, und auf jeden Abstand ein Wort, aber du kannst sie nicht gleichzeitig sehen. Wenn du dich auf die Zwischenräume konzentrierst, gehen die Worte verloren, und du fällst in Meditation. Ein Bewusstsein, das sich nur auf Worte bezieht, ist nicht-meditativ. Und ein Bewusstsein, das nur auf Zwischenräume ausgerichtet ist, ist meditativ. Immer, wenn du dir der Zwischenräume bewusst wirst, gehen die Worte verloren. Wenn du etwas aufmerksam beobachtest, findest du keine Worte; du findest nur einen Zwischenraum.

Du kannst den Unterschied zwischen zwei Worten fühlen, aber nicht den Unterschied zwischen zwei Intervallen. Worte sind immer eine Vielzahl, und der Zwischenraum ist immer ein Singular, ein und derselbe: „der“ Zwischenraum. Sie verschmelzen und werden eins. Meditation bedeutet, sich auf den Zwischenraum zu fokussieren. Dadurch ändert sich die ganze Gestalt. Noch etwas muss man verstehen. Wenn du auf das Vexierbild schaust und deine Aufmerksamkeit ist auf die alte Frau gerichtet, kannst du das andere Bild nicht sehen, wenn du dich jedoch ständig auf die alte Frau konzentrierst, ihrem Bild deine totale Aufmerksamkeit schenkst, kommt ein Moment, in dem der Brennpunkt wechselt und plötzlich das andere Bild erscheint.

Wie kommt das? Es geschieht, weil der Verstand nicht auf Dauer konzentriert werden kann. Er braucht Veränderung oder er schläft ein. Dies sind die beiden einzigen Möglichkeiten. Wenn du ihn auf eine Sache beschränkst, geht der Geist schlafen. Er kann nicht unbeweglich bleiben; er ist ein lebendiger Prozess – wenn du ihn langweilst, schläft er ein, um dem Stillstand zu entkommen. Dann kann er in Träumen weiterleben. Das ist Meditation im Stil Mahesh Yogis. Sie ist friedvoll, erfrischend, kann dir zu physischer Gesundheit und geistiger Ausgewogenheit verhelfen, aber es ist nicht Meditation.

Derselbe Effekt kann durch Autohypnose erzielt werden. Das indische Wort Mantra bedeutet Suggestion, nichts anderes. Das als Meditation misszuverstehen, ist ein großer Fehler. Wenn du glaubst, das sei Meditation, wirst du niemals nach echter Meditation suchen. Das ist der wirkliche Schaden, den diese Praktiken und ihre Verfechter anrichten. Es ist nur eine psychologische Droge.

Benutze also auf keinen Fall ein Mantra, um Worte aus dem Weg zu schaffen. Werde dir der Worte einfach bewusst, und dein Augenmerk geht automatisch auf die Zwischenräume über. Wenn du dich mit Worten identifizierst, springst du von einem Wort zum anderen und nimmst die Intervalle nicht wahr. Immer wieder zieht ein neues Wort deine Aufmerksamkeit an. Der Geist, d.h. deine Aufmerksamkeit springt weiter von einem Gegenstand zum anderen.

Aber wenn du dich nicht mit Worten identifizierst, wenn du nur Beobachter bleibst – die Worte unbeteiligt beobachtest, wie sie in einer Prozession an dir vorbeiziehen –, dann wechselt der Schwerpunkt deiner Aufmerksamkeit auf den Zwischenraum über. Genauso ist es, wenn du auf der Straße die Leute an dir vorbeigehen siehst: Es ist jemand an dir vorbeigegangen, und der nächste ist noch nicht gekommen – es entsteht ein Intervall; die Straße ist leer. Wenn du beobachtest, wirst du das Intervall erkennen; wenn du erst einmal weißt, was es ist, dann hältst du dich selbst dort auf – du bist hineingesprungen. Es ist wie ein Abgrund – aus ihm steigt Friede auf, er ist ein Quell von Bewusstheit. In diesem Intervall zu sein ist die Verwandlung – ist Meditation. Jetzt brauchst du keine Sprache mehr; du lässt sie hinter dir. Du gibst sie ganz bewusst auf. Du wirst dir der Stille bewusst, dieser unendlichen Stille. Du bist Teil davon, eins damit. Du nimmst den Abgrund nicht als etwas von dir Getrenntes wahr; du erkennst dein eigenes Wesen in diesem Abgrund. Du weißt, aber jetzt bist du dieses Wissen. Du beobachtest den Zwischenraum, aber jetzt ist der Beobachter der Beobachtete.

Worte und Gedanken kannst du beobachten, du bist der Beobachter, bist von ihnen getrennt, du bist nicht die Worte – die Worte sind das „Andere“. Wenn es keine Worte gibt, bist du das Intervall, die Stille – und bist doch bewusst, dass du bist. Zwischen dir und dem Intervall, zwischen dem Bewusstsein und der Existenz gibt es keine Schranken mehr. Worte sind das einzige Hindernis. Jetzt bist du in einer existenziellen Situation. Und das ist Meditation: Eins mit der Existenz, dem Ganzen zu sein, total darin aufzugehen und trotzdem bewusst zu bleiben. Das ist der Widerspruch, das ist das Paradox. Jetzt hast du am eigenen Leib erfahren, was es heißt, bewusst zu sein und trotzdem ungeteilt.

Normalerweise ist etwas, dessen wir uns bewusst sind, das „Andere“, es ist von uns getrennt. Und wenn wir mit etwas identifiziert sind, dann ist es zwar nicht „das Andere“, aber dann sind wir nicht bewusst, wie zum Beispiel in der Wut, im Sex. Wir werden damit nur eins, wenn wir unbewusst sind.

Sex hat so viel Anziehungskraft, weil im Orgasmus für einen Moment die Teilung aufgehoben wird. Aber in diesem Moment bist du unbewusst. Du suchst nach Unbewusstheit, weil du Einheit suchst. Aber je mehr du danach suchst, desto bewusster wirst du. Dann fühlst du bald nicht mehr die Glückseligkeit des Sex, weil sie aus der Unbewusstheit kommt.

Im Moment der Leidenschaft konntest du unbewusst werden. Dein Bewusstsein verschwand. Einen einzigen Moment lang warst du im Abgrund – aber unbewusst. Aber je mehr du suchst, desto weniger kannst du unbewusst sein. Schließlich kommt ein Moment, wo du im Sex nicht mehr unbewusst wirst. Der Abgrund ist verloren, die Glückseligkeit ist verloren. Dann wird der Akt sinnlos, nur eine mechanische Entladung; es gibt nichts Spirituelles mehr daran.