Vom Adel der menschlichen Seele - Meister Eckhart - E-Book

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Meister Eckhart

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Beschreibung

Meister Eckhart ist der berühmteste deutsche Mystiker des Mittelalters – die Weisheit, die er in seinen Schriften lehrt, zielt auf einen Weg der inneren Wandlung, der zur Erkenntnis der Wahrheit im Herzen führt und die Seele des Menschen adelt.

Mit einer Einleitung von Gerhard Wehr.

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Seitenzahl: 97

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Meister Eckhart

Vom Adel dermenschlichen Seele

Herausgegeben und eingeleitetvon Gerhard Wehr

ANACONDA

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese

Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet

unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2014, 2021 by Anaconda Verlag, einem Unternehmen

der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle Rechte vorbehalten.

Umschlagmotiv: Francisco de Zurbaran (1598–1664),

Ausschnitt aus »Bruder Pedro Machado« (1604), Real Academia

de Bellas Artes de San Fernando, Madrid,

Bridgeman Images. – shutterstock / missis (Wabenmuster)

Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de

Satz und Layout: InterMedia – Lemke e. K., Heiligenhaus

ISBN978-3-641-28382-7V001

www.anacondaverlag.de

INHALT

EINLEITUNG

VOMEDLENMENSCHEN

WORTEDERUNTERWEISUNG

GEEINTSEINUNDVERWANDELTWERDEN

GOTTUNDDIESEELE

UNTERWEGSZURGOTTESGEBURT

LITERATURHINWEISE

Gott hat all seine Lust in der Geburt,

und darum gebiert er seinen Sohn in uns,

dass auch wir all unsere Lust darin haben …

DWII, 627

EINLEITUNG

Berühmt und kaum bekannt

Die Gestalt Meister Eckharts, oft gerühmt als Haupt der deutschen Mystik, übt seit Langem eine starke Faszination aus. Dabei wissen wir verhältnismäßig wenig von seinen Lebensumständen. So stammt von dem protestantischen Kirchenhistoriker Albert Hauck das Wort: »Mit Meister Eckhart nennen wir einen großen Namen, aber der Name bedeutet eine große Frage. Wir kennen Eckhart und kennen ihn nicht.« – Eckharts Person tritt hinter das Werk des Philosophen und Mystikers, des Lehrers, Predigers und Seelsorgers zurück. Wer daher diesem »Meister« begegnen will, der muss ihn dort suchen, wo er in deutscher und lateinischer Sprache die Ergebnisse seines Forschens und Suchens niedergelegt hat, nämlich in seinen Schriften und Predigten, in seinen Unterweisungen und Traktaten. Dabei ist hier die Frage nicht zu entscheiden, ob die lateinischen Wortlaute den deutschen vorzuziehen seien.

Lebensspuren

Um das Jahr 1260 wird Eckhart von Hochheim in Thüringen geboren. Es muss jedoch offen bleiben, ob Hochheim einen Adelsnamen darstellt oder eine Herkunftsbezeichnung; ungewiss ist ferner, welches Hochheim gemeint sei. Wir wissen nicht, was ihn bewogen haben mag, ins Kloster zu gehen und Mönch zu werden, statt – gegebenenfalls – als Landedelmann sein Gut zu bestellen, der Jagd zu obliegen, Turniere auszutragen und im Falle eines Krieges dem König Heerfolge zu leisten.

Freilich, als Eckhart das Licht der Welt erblickt, dauert noch die sogenannte »kaiserlose, die schreckliche Zeit« an, die bis zum Jahre 1273 gedauert hat. Und ein anderes, die abendländische Kirchen­geschichte einschneidendes Ereignis steht bevor: die sogenannte »babylonische Gefangenschaft« der Päpste, die zwischen 1309 und 1377 im französischen Avignon residieren und dort ein Finanzimperium von noch nicht da gewesenem Ausmaß aufbauen.

Eckhart wird Dominikaner, das heißt: Er tritt jenem Orden bei, der ähnlich dem Franziskanerorden die Tugenden der apostolischen Armut und einer strengen asketischen Lebenshaltung pflegt. Und noch etwas zeichnet diese Mönche aus. Sie sind nicht an ein und dasselbe Kloster gebunden. Das verschafft den Bettelmönchen, den missionarisch aktiven geistlichen Söhnen des Dominikus die erforderliche Mobilität. Und hinsichtlich ihrer Gelehrsamkeit nehmen sie es mit den Franziskanern auf. Dominikaner und Franziskaner bestimmen als Philosophen wie als Theologen das geistig-geistliche Leben des 13. und 14. Jahrhunderts. Sie besetzen die Lehrstühle an den hohen Schulen.

Es ist die Zeit, in der – zwischen 1250 und 1268 – die Hohenstaufen untergehen. Es ist aber auch die Zeit, in der die Baumeister der Gotik die himmelanstrebenden Dome und Kathedralen errichten, während die Lehrmeister der zeitgenössischen Philosophie, eben die Angehörigen beider Orden, ihre nicht minder kühnen Ideengerüste des gläubig denkenden Menschen ausgestalten.

Der junge Eckhart nimmt nicht nur die geistige Nahrung des scholastischen Denkens in sich auf, als er in das Dominikanerkloster in Erfurt eintritt. Er wird selbst ein »Meister« (magister), also ein Professor dieser herrschenden philosophischen Schulrichtung, in der man beispielsweise das Verhältnis von Glauben und Erkennen zu bestimmen sucht. Josef Pieper bemerkt hierzu:

»Die Verknüpfung von Vernunft und Glaube … besagt, dass ein rationales Verständnis des in der Offenbarung ergangenen Wortes Gottes zu erreichen sein müsse; dieses Prinzip beruht offenkundig auf einem ausdrücklichen tiefen Vertrauen in die natürlichen Erkenntniskräfte des Menschen.«

Ehe nun Eckhart näher mit dieser Problematik in Berührung kommt, fungiert er als Prior seines Klosters in Erfurt und als Vikar seines Ordens in Thüringen. Der noch nicht Vierzigjährige ist demnach – um 1298 – ein in Mitteldeutschland geachteter Ordensmann. Seine »Reden der Unterweisung«, Wortlaute abendlicher Lehrgespräche, die uns heute zusammen mit seinen Predigten wieder zugänglich sind, stammen aus dieser ersten Zeit. Darin heißt es:

»Der Mensch soll Gott in allen Dingen ergreifen und soll sein Gemüt daran gewöhnen, Gott allezeit gegenwärtig zu haben im Gemüt und im Streben und in der Liebe. Achte darauf, wie du deinem Gott zugekehrt bist, wenn du in der Kirche bist oder in der Zelle: Diese selbe Gestimmtheit behalte und trage sie unter die Menge und in die Unruhe und in die Ungleichheit.«

Die mystische Ausrichtung, die aus diesen Zeilen spricht, ist unverkennbar. In der Gottesgegenwart leben, und zwar unabhängig von dem augenblicklichen Aufenthaltsort, auch unabhängig von der jeweiligen Tätigkeit, – das ist das eine. Zum andern gilt es, in dieser »Gestimmtheit« – es ist viel mehr als nur eine Stimmung! – in den Alltag hi­neinzugehen und in ihm zu wirken. Denn nicht weltflüchtiges Nichtstun kennzeichnet die mys­tische Grundhaltung eines Meisters Eckhart; kommt es doch gerade darauf an, »in allen Dingen«, in allen Verrichtungen, in allen Lebenssituationen Gott zu »ergreifen«. Im Nächstliegenden fängt der Gottesdienst an! Man könnte allenfalls darauf hinweisen, dass dies keinesfalls allein eine eckhartsche Lehre sei. Kennen wir sie nicht auch aus dem Zen-Buddhismus; kennen wir sie nicht ebenso von dem Baal-Schem-Tow und seinen chassidischen Gefolgsleuten? (Unnötig die Beteuerung, dass derlei Hinweise nicht im Sinne einer Nivellierung dessen gemeint sein können, was man eine mystische Lebenslehre nennt.)

Als Lehrer und Seelenführer

Um das Jahr 1300 sendet die Ordensleitung den Bruder Eckhart nach Paris, in das damalige Zen­trum der scholastischen Gelehrsamkeit. Er hat dort Vorlesungen zu halten und seine eigene philo­so­phisch­theologische Bildung zu vervollkommnen. Er wird zum Magister (Professor) der Theologie promoviert. Man schreibt das Jahr 1302. Von da an trägt Eckhart den akademischen Titel eines »Meisters«. Schon Thomas von Aquin, sein älterer Ordensbruder, die Leuchte der Scholastik, hat ein Menschenalter vor Eckhart in Paris seine Magister-Promotion erhalten, ehe er daran gehen konnte, seine berühmte »Summe der Theologie« in Angriff zu nehmen.

Meister Eckhart stellt sich in die große Tradition hinein, die über Thomas von Aquin und ­Albertus Magnus zurückreicht zu den Trägern der platonisch-neuplatonischen Philosophie, nämlich über Hugo und Richard von Sankt Viktor, über Skotus Eriugena, über den geheimnisvollen Dionysius Areopagita* bis hin zu Plotin und Platon. Nicht zu vergessen den Kirchenvater Augustinus, den Eckhart in seinen Schriften viele Male wörtlich zitiert.

Diese großen Geister, deren Denken durch die Züge eines geistigen Schauens und eines intuitiven Wahrnehmens geprägt ist und somit bereits mys­tische Züge trägt, bilden die geistige Ahnenkette dessen, der nicht länger als bloßer »Lesemeister« – das heißt als ein literarisch Abhängiger – auf diese Tradition zurückblickt, sondern der aus eigener höherer Wahrnehmung heraus zu einem mystischen »Lebemeister« gereift ist. Gemeint ist ein »Täter des Wortes« im Sinne des Apostelwortes, ein spiritueller Praktiker. Und die Ergebnisse dieser Reife darf er nicht für sich behalten. Er muss sie weitergeben, indem er sie als Lehrer seinen jüngeren Ordensbrüdern und als Seelenführer den ihm anvertrauten Menschen mitteilt.

Der Orden ruft den Hochbegabten wieder in die Heimat zurück. Immer neue Dominikaner- und Dominikanerinnen-Klöster sind in Deutschland entstanden. Sie verlangen eine Führung, die über das Organisatorische und über die Durchführung eines äußeren Reglements weit hinausgeht. Eckhart wird mit dem Amt eines Ordensprovinzials für Sachsen und dem eines Ordensvikars für Böhmen betraut. In dieser Eigenschaft ist er viel unterwegs, indem er von Kloster zu Kloster pilgert, um nach dem Rechten zu sehen. Das »Buch der göttlichen Tröstung« entsteht. Es ist Agnes, der Königin von Ungarn, gewidmet, nachdem ihr Vater, Albrecht I. von Habsburg, 1308 ermordet worden ist.

Nach dem zweiten Paris-Aufenthalt finden wir Eckhart in Straßburg, von wo aus er bis 1322 die dominikanischen Frauenklöster im Elsass und in der benachbarten Schweiz betreut. Schließlich wird er an die Ordenshochschule nach Köln berufen. Unter seinen Schülern und Predigthörern finden sich vermutlich auch zwei junge Ordensbrüder aus Südwestdeutschland, denen es bestimmt sein sollte, das mystische Feuer weiterzutragen. Der eine kommt aus Straßburg und heißt Johannes Tauler, der andere ist der gebürtige Konstanzer Heinrich Seuse. Zumindest er hat sich in seinem eigenen schriftstellerischen Werk zu seinem Lehrer bekannt.

Die Kölner Zeit, die für den nunmehr sechzigjährigen Meister Eckhart anbricht, ist bald von einer tiefen Tragik überschattet. Mit kühnem, für viele mit allzu kühnem Adlerflug hatte er sich in Wort und Schrift über die Ebenen der geläufigen Normaltheologie erhoben. Oft ließ er den »Gemeindeglauben« weit unter sich, ohne sich freilich vom gemeinsamen Glaubensgrund der Christenheit lossagen zu wollen. Aber noch der heutige Leser der eckhartschen Predigten mag sich bisweilen die Frage vor­legen, ob der Meister den Bogen mystischer Rede manchmal nicht doch überspannt habe und ob denn wenigstens die theologisch Gebildeten unter seinen Zuhörerinnen der sublimen Lehre des Predigers gewachsen gewesen sind. Im Übrigen war und ist die spirituelle Strahlkraft Meister Eckharts nicht zu unterschätzen.**

Der Ketzerprozess

So kommt es, wie es kommen musste. Kritik an Meister Eckhart wird laut. Man bezichtigt ihn der Häresie. Auch der Kölner Erzbischof, Heinrich von Virneburg, sieht die Rechtgläubigkeit durch den einflussreichen Theologen gefährdet. Dabei muss man wissen, dass zu dieser Zeit mancherlei »freie Geister« für Unruhe sorgen, indem sie das kirch­liche Dogma infrage stellen, sich über gängige Moralvorschriften hinwegsetzen und die kirchliche Hierarchie gering achten. Sollte der berühmte Meister, der geschätzte Prediger und Seelsorger selbst ein verkappter Freigeist sein? – Ein zeitgenössischer Spruch, der eher als Rühmung gemeint ist, enthält immerhin die Feststellung:

Der weise Meister Eckehart

Will uns vom Nichtse sagen.

Doch wer ihn nicht versteht,

Der mag es Gotte klagen …

Im Jahre 1326 kommt es zum Lernprozess. Eine Anzahl von Sätzen aus verschiedenen Texten des Magisters werden als mit dem Dogma der Kirche in offensichtlichem Gegensatz befindlich erachtet. Andere, so heißt es in der Anklage, klingen häretisch und seien daher geeignet, die Ungebildeten zu verwirren.

Der Prediger ist in einer schwierigen Lage. Eckhart, der nie daran gedacht hat, den Glaubensgrund der allgemeinen Kirche zu verlassen oder infrage zu stellen, auch in seinen gewagtesten Formulierungen nicht, sieht sich genötigt, die betreffenden Artikel zu verteidigen. Wir besitzen in seiner Verteidigungsschrift eine Art Selbstinterpretation dessen, was er wirklich gesagt und gemeint hat. Das bischöfliche Ketzergericht erkennt er jedoch ebenso wenig an wie eine Reihe von Predigtnachschriften, die in der Tat missverständlich oder lückenhaft sind. Dafür beruft sich der gelehrte Scholastiker auf die Universität ebenso wie auf den Papst – ein deutliches Zeichen dafür, welchen Autoritäten Meister Eckhart die erforderliche Kompetenz zutraut. Zwischen 1316 und 1334 regiert Papst Johannes XXII.

Doch ehe sich der um Rehabilitation bemühte Greis auf die lange Reise nach Avignon zum Sitz des Papstes begibt, lässt er in der Kölner Dominikanerkirche seine Rechtfertigungsschrift in deutscher und lateinischer Sprache öffentlich verlesen. Das geschieht am 13. Februar 1327. Er beteuert als »Doktor der heiligen Theologie«, dass er jeden Glaubens­irrtum, auch jede Sittenverderbnis, die daraus erwachsen könnte, verabscheue. Wörtlich heißt es da: