Von Porto nach Santiago - Thomas Schmidt - E-Book

Von Porto nach Santiago E-Book

Thomas Schmidt

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Beschreibung

Zugegeben: Wie bei vielen Pilgerschwestern und -brüdern fing die Inspiration auch bei mir mit Hape Kerkeling an. Sein Buch kam zum richtigen Zeitpunkt. Als ich es verschlungen hatte, wurde mir klar, dass auch ich bald mal weg auf dem Camino sein würde. Schon seit Monaten suchte ich beharrlich nach einem Weg aus der Krise. Der Jakobsweg hat mir die Augen für einiges Unverstandene geöffnet. Er hat mir vieles abverlangt, mich immer wieder herausgefordert, sowohl mental, wie auch physisch, sodass ich mich manches Mal gefragt habe: Warum tue ich mir das an? Wenn ich es mir dann angetan habe, hat der Camino mich zuversichtlich gemacht. Mehr noch: Er hat mir neuen Mut verliehen. Ohne diesen wäre mein weiterer Lebensweg nicht so entstanden. Jeder, der ihn gepilgert ist, weiß, dass neben der Meditation die Begegnungen mit anderen Menschen in den Herbergen oder unterwegs einen erheblichen Teil der Faszination Jakobsweg ausmachen. Wunderschöne, abwechslungsreiche, zuweilen aber auch sehr einsame, öde Landstriche durfte ich durch die Jakobswege kennenlernen. Ich bin eingetaucht in die Geschichte Spaniens und Portugals, die mir aus Schulzeiten nur rudimentär bekannt war und habe in den Dörfern das andere Spanien jenseits von Mallorca und Barcelona erfahren. Gerade das Ankommen und Leben in den kleinen Ortschaften Spaniens und Portugals mit ihren archaischen Strukturen war sehr prägend und hat zur Ruhe und Gelassenheit beigetragen, die mir (zumindest vorübergehend) zuteil wurde.

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Für meinen Bruder Michael

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Teil I

Kapitel 1 Bocholt - Weeze - Porto

Kapitel 2 Porto - Rates

Kapitel 3 Rates - Portela de Tamel

Kapitel 4 Portela de Tamel - Ponte da Lima

Kapitel 5 Ponte da Lima - Valenca

Kapitel 6 Valenca - Caminha - Porto - Weeze

Daheim im Alltag

Teil II

Kapitel 7 Bocholt - Weeze - Porto

Kapitel 8 Porto - O Porrino

Kapitel 9 O Porrino - Pontevedra

Kapitel 10 Pontevedra - Caldas de Reis

Kapitel 11 Caldas de Reis - Padrón

Kapitel 12 Padrón - Santiago de Compostela

Luca‘s Nachwort

VORWORT

Was hat dieses Bild mit dem Jakobsweg zu tun?

Mit Carlo 2010 in Caminha

Es wurde in Caminha, einer Nebenstrecke des Portugiesischen Jakobsweges aufgenommen und erinnert mich an den gedanklichen Ursprung meiner zweiten Wanderung nach Santiago di Compostela. Im Sommer 2010 verbrachte ich eine Woche mit Carlo in Caminha an der atlantischen Nordküste Portugals. Im Rahmen einer Mountainbiketour landeten wir in Valenca, wo mir plötzlich das ins Hirn eingebrannte Erkennungszeichen des Camino de Santiago vor den Augen erschien: strahlende Sonne auf blauem Hintergrund. Da war sie wieder - die Lust aufs Pilgern. Valenca ist die letzte Etappe des Portugiesischen Jakobsweges in Portugal vor der galicischen Grenzstadt Tui. Hier entstand die Idee, nochmal nach Santiago zu pilgern und ab sofort begannen meine gedanklichen Planungen.

Zu Hause angekommen sichtete ich die Literatur über den Portugiesischen Jakobsweg. Ich besorgte mir den Pilgerführer von Raimund Joos; so konnte ich die Etappen im Geiste schon mal durchwandern.

Was hat sich in den letzten Jahren verändert? Was treibt mich wieder an? Ist es die Suche nach einer sinnstiftenden Auszeit inmitten des Alltagstrotts? Eines ist klar und hat mir meine erste Pilgerreise nach Santiago vor zwei Jahren gezeigt: Auf dem Jakobsweg haben nicht nur die Füße, sondern auch die Gedanken freien Lauf. Und noch eines ist mir bewusst geworden: der Zustand der Erkenntnis ist nicht dauerhaft, immer wieder heißt es, sich neu zu orientieren, die Luft anhalten, reflektieren - was will ich, wo will ich hin, wer bin ich? Panta rhei – alles fließt – ist doch eigentlich ein alter Hut! Wiederherstellung der Genussfähigkeit – so wurde das Motto der psychosomatischen Fortbildung, die ich im letzten Jahr auf Mallorca besucht habe, umschrieben. Dazu gehört – wie heißt es so schön – Entschleunigung, aber nicht in Form einer Kur oder Rehabilitation alle paar Jahre, sondern immer wieder zwischendurch, für eine Woche, für eine Stunde oder auch nur für ein paar Minuten. Für einige Tage hole ich mir diese Entschleunigung von Zeit zu Zeit auf der autofreien ostfriesischen Insel Langeoog. Aber warum dann trotzdem immer wieder Jakobsweg? Es gibt doch auch andere schöne Wanderwege. Eine passable Antwort finde ich in dem Buch von Stefan Albus: „Santiago liegt direkt um die Ecke“. „Das Geheimnis sind die Menschen, die diesem Weg folgen... Mit vielen von ihnen ergeben sich äußerst fruchtbare Gespräche. Wer auf dem Jakobsweg pilgert, zeigt sich und anderen, dass er auf dem Weg nach innen ist. Pilgern heißt loszugehen, um letztlich bei sich anzukommen.“ schreibt Albus.

Albus, Albus Albus – irgendwie kommt mir der Name bekannt vor, schließlich ist er kein solcher Allerweltsname wie Schmidt. Aufmerksam geworden bin ich auf das Buch, als ich mich eines Samstagmorgens mal wieder an einer Schilderung über Jakobswege in der Tageszeitung ergötzte. Ich las, dass Stefan Albus in Herne wohnt – und habe plötzlich die erhoffte Erleuchtung: Da gab es doch einen Kollegen meines Vaters mit dem gleichen Nachnamen in Herne - Sodingen. Dann wird Stefan wohl sein Sohn sein. Er ging den Jakobsweg vom Ruhrgebiet nach Trier im Jahre 2009, im gleichen Jahr, als ich den Spanischen Jakobsweg von Leon nach Santiago lief. Zufälle gibt’s...

Ich lese sein Buch in einem Rutsch, und das, obwohl es deutlich umfangreicher ist als meines vom Camino Francés. Ich muss sagen, der Mann hat Talent, kann wahrhaftig gut schreiben. Der Genuss der Lektüre ist jedoch nicht ohne Nebenwirkungen: mir werden deutlich meine literarischen Grenzen aufgezeigt. Egal – ich schreibe trotzdem weiter, schließlich ist Albus Journalist. Gegen Ende seines Buches bleibe ich bei der Bilanzierung seiner Reise an einem Satz hängen, den ich immer wieder lesen muss: „Den richtigen Moment zum Loslassen zu finden, ist das Schwierigste überhaupt“. Wie recht er hat!

Von Raimund Joos erfahre ich, dass der Portugiesische Jakobsweg südlich von Lissabon kaum gekennzeichnet ist und es auf ihm bisher nur wenige Pilgerunterkünfte gibt. Aber auch der Portugiesische Jakobsweg verfügt über Tradition. Seit dem 10. Jahrhundert gibt es Pilgerwege an das Grab des Heiligen Jakobus nach Santiago. Nach der Unabhängigkeit Portugals kam es im 12. Jahrhundert zu einem rapiden Anstieg der Pilgeraktivitäten. Traditionell ist die Verehrung des heiligen Jakobus im nördlichen Teil des Landes stärker verbreitet als im Süden. 1999 wurden etwa 1.000 Pilger auf dem Portugiesischen Jakobsweg registriert. Wenn man diese Zahl mit der heutigen Menge an Pilgern auf dem Camino Francés vergleicht, mag man es kaum glauben.

Portugal zählt gut 10 Millionen Einwohner, wobei der Landesname in engem Zusammenhang mit der Geschichte der heimlichen Kulturstadt Porto steht. Es besteht eine gewachsene Verbindung zu den Briten, die den Portugiesen in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit von Spanien oft beistanden. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die Portugiesen eine Konversation in gepflegtem Englisch einem Gespräch in der eher ungeliebten spanischen Sprache vorziehen.

Kapitel 1 Bocholt - Weeze - Porto Dienstag, 23. August 2011

So, jetzt sitze ich wieder in der Lobby des Weezer Flughafens, wie vor fast exakt zwei Jahren, als ich nach Santander flog, um den Camino Francés zu laufen. Ich mache die ersten Eintragungen in mein Tagebuch, das mir mein Patenkind Carlotta geschenkt hat. Diesmal habe ich mir den Teil des Portugiesischen Jakobsweges vorgenommen, der über 240 km von Porto nach Santiago de Compostela führt. Da ich in diesem Jahr nur eine Woche Zeit habe, zu laufen, werde ich die Strecke aufteilen: in der kommenden Woche bis nach Valenca an der spanisch-portugiesischen Grenze und dann im nächsten Jahr die andere Hälfte von Valenca nach Santiago. Vielleicht habe ich ja am Ende der diesjährigen Wanderung noch etwas Zeit, die ich dann an der portugiesischen Küste in Caminha verbringen kann; dort, wo ich im letzten Jahr Urlaub mit Carlo gemacht habe und wo die Lust auf einen neuen Jakobsweg entstand.

Um 20.30 Uhr fliegen wir pünktlich ab in Richtung Porto. Im Flieger sitzt Nina aus Solingen vor mir. An ihrem Rucksack mit der Jakobsmuschel erkenne ich, dass sie Ähnliches vor hat wie ich. Im gleichen Moment fallen mir alle meine Versäumnisse ein. Wo ist eigentlich meine Muschel? - und noch viel schlimmer - Wie verwirrt muss ich sein, dass ich meinen Schlafsack vergessen habe? Das ist mir noch nie passiert! Irgendetwas muss mich in den letzten Tagen aus der Spur geworfen haben. Ich hatte mich auch schon gewundert, dass der Rucksack noch leichter war als auf meiner Wanderung vor zwei Jahren. 7,5 Kg – da konnte ja etwas nicht stimmen!

Gegen 22.30 Uhr Ortszeit kommen wir in Porto an. Ich nehme, wie empfohlen, die Metro ins Zentrum, um mein vorgebuchtes Hotel aufzusuchen. Nach Orientierung auf dem Metroplan steige ich an der Station Lappa aus. Statt der erwarteten lebhaften Metropole lande ich an einer stockdunklen, einsamen Haltestelle, an der ein paar zwielichtige Typen herumlungern.

Auf die Frage nach meinem Ziel deuten sie in eine bestimmte Richtung. Dort finde ich zumindest schon mal ein Café, in dem ich noch mal fragen kann. Ein freundliches englisches Paar weist mich schließlich nach einigen Irrgängen zu dem etwas verwinkelt liegenden Hotel. Dort gegen 24.00 Uhr angekommen finde ich zwei ähnlich lautende SMS von Matthias und Walter auf meinem Handy vor: Viel Glück auf dem Jakobsweg! Obrigado amigos - das tut jetzt richtig gut.

Porto

Kapitel 2