Wachstum ist kein Zufall - Markus Schmidt - E-Book

Wachstum ist kein Zufall E-Book

Markus Schmidt

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Beschreibung

Wünschst du dir, dass dein Leben einen Mehrwert hat, einen Ewigkeitswert, der einen echten Unterschied in deinem Umfeld macht? Wie ein guter Coach führt dich dieses Buch in die Selbstverantwortung vor Gott und dir selbst. Denn Wachstumsspezialisten haben erkannt: Wachstum passiert zwar automatisch, aber nicht zufällig. Es gibt Bereiche, die sind unsere Aufgabe - die können wir trainieren - und solche, um die kümmert sich Gott. Bist du bereit, deinen persönlichen Wachstumsprozess in Angriff zu nehmen, mit dem Ziel vor Augen, immer mehr wie Jesus zu sein?

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MARKUS SCHMIDT

WACHSTUM

IST KEIN ZUFALL

Wie du zum Spezialisten für deinegeistliche Entwicklung wirst

SCM R.Brockhaus ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-417-27009-9 (E-Book)

ISBN 978-3-417-26929-1 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© 2021 SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Str. 41 · 1088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-brockhaus.de; E-Mail: [email protected]

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006

SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Witten/Holzgerlingen

Weiter wurden verwendet:

Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH, Witten/Holzgerlingen

Bibeltext der Schlachter Bibelübersetzung,

Copyright © 2000 Genfer Bibelgesellschaft.

Wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung.

Alle Rechte vorbehalten.

NeÜ bibel.heute © 2010 Karl-Heinz Vanheiden, www.derbibelvertrauen.de

und Christliche Verlagsgesellschaft Dillenburg, www.cv-dillenburg.de

Lektorat: Annalena Pabst

Umschlaggestaltung: Grafikbüro Sonnhüter, www.grafikbuero-sonnhueter.de

Titelbild: Singleline, shutterstock

Autorenfoto: © Philipp Poppe

Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach

Dieses Buch ist meiner Frau Judith und meinen Kindern Paul, Levi, Linus und Bosse gewidmet. Glücklich der Mann, der sein Leben mit einer so wundervollen Frau teilen kann und mit vier fantastischen Söhnen beschenkt wurde. Ihr seid mein großes Glück, meine Inspiration und mein Ansporn, die beste Version von mir selbst zu werden.

Ich widme dieses Buch auch allen Mentoren und Begleitern. Wohin ich auch gehe, nie werde ich vergessen, wer mir auf meinem Weg geholfen hat. Mein besonderer Dank gilt Micha Siebeneich, ohne den ich heute nicht mehr im Dienst wäre.

INHALT

Über den Autor

Stimmen zum Buch

Vorwort

Teil 1: Geistliches Wachstum

1 | Wachstumswunsch

2 | Wachstumsspezialisten

3 | Wachstumsphasen

4 | Wachstumsformel

Teil 2: Bibel

5 | Tägliches Bibellesen

6 | Lectio Divina

7 | Bibelstudium

8 | Gehorsamsschritte

9 | Aufmerksamkeitsfokus

Teil 3: Reflexion

10 | Wachstumsgesinnung

11 | Das Seelenschiff

12 | Wachstumsschmerzen

13 | Die Fünf-Finger-Reflexion

14 | Lernfelder kennen

15 | Feedback

16 | Wachstumsziele

Teil 4: Beziehungen

17 | Das Geheimnis der fünf Freunde

18 | Mentoring

19 | Das Rechenschaftsprinzip

20 | Beichten

21 | Zweierschaften

Teil 5: Verantwortung

22 | Raus aus der Komfortzone

23 | Bewegung

24 | Der Eltern-Effekt

25 | Mentor sein

Teil 6: Gewohnheiten

26 | Schlüsselgewohnheiten

27 | Die 5x1-Regel

28 | Die sieben Zugangswege

29 | Der perfekte geistliche Tag

30 | Tagebuch schreiben

31 | Die Disziplin des Lesens

32 | Affirmationen

Nachwort: Ein Dranbleiber werden

Literatur und Leseempfehlungen

Anmerkungen

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ÜBER DEN AUTOR

Markus Schmidt ist mit Judith verheiratet und hat vier Kinder. Er ist Gründer und Pastor von »dreisechzehn« in Hannover. Sein Herz schlägt für das persönliche Wachstum, die Gründung neuer Gemeinden und die Begleitung (potenzieller) Führungskräfte.www.wachstum-ist-kein-zufall.de

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STIMMEN ZUM BUCH

»Wachstum ist kein Zufall ist ein Buch für jeden, der sich wünscht, geistlich vorwärtszukommen und nicht länger auf der Stelle treten möchte. Ich kann das Buch auch besonders Mentoren empfehlen und allen, die andere geistlich begleiten. Markus gibt hier als erfahrener Pastor, Mentor und geistlicher Leiter jede Menge Hilfestellung, um andere bei ihrer geistlichen Entwicklung zu fördern.«

Artur SiegertGründer und Seniorpastor der Kirche für Oberberg, Gründer des K5-Leitertrainings und des Momentum College, Autor des Buches »Die Kunst des Einflussnehmens«

»Es gibt eine Fähigkeit, die immer wichtiger wird: die Fähigkeit, ein Leben lang zu lernen. Wer das will, hat mit diesem Buch eine großartige Ermutigung inklusive praktischer Werkzeuge in der Hand.

Als ich Markus Schmidts Buch zuerst durchblätterte, klangen die Stichworte nach Optimierungswahn, nach Machbarkeit, höher, schneller, besser. Aber weit gefehlt. Auf der Grundlage der Gnade Gottes und mit dem Rückenwind seiner vorbehaltlosen Liebe macht sich Markus Schmidt auf den Weg und möchte eins: niemals stehen bleiben. Wer reflexartig frommen Stress befürchtet, wird überrascht von der Leben erfüllenden Sehnsucht danach, Jesus Christus ähnlicher zu werden.

Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass christliche Massenveranstaltungen nicht alles bieten können, um geistlich zu wachsen. Die persönliche Weiterentwicklung macht den Unterschied. Man kann es auch Jüngerschaft nennen. Genau dafür bietet dieses Buch großartige Hilfen. Und man spürt, dass Markus Schmidt aus Leidenschaft für Menschen schreibt und dass er alles selbst ausprobiert und durchlebt hat.«

Ansgar HörstingPräses des Bundes Freier ev. Gemeinden Deutschland und Präsident des Internationalen Bundes Freier ev. Gemeinden

»Es muss unbedingt mehr Christen geben, die sich mit bloßem Auge nur wenig von Jesus unterscheiden – Diese Sehnsucht spürt man Markus Schmidt auf jeder Seite seines Buches ab. Deswegen nimmt er uns mit auf einen Weg, der ihm selbst vertraut ist, weil er ihn immer wieder geht. Nah an der Bibel, nah am Leben. Geistlicher Tiefgang, aus dem Anstöße wachsen, die man sofort umsetzen kann – diese seltene Mischung ist dem Autor gelungen.

Nichts in Wachstum ist kein Zufall bleibt theoretisch. Vieles ist im eigenen Leben durchgerungen und Markus Schmidt berichtet darüber schonungslos ehrlich. Auf eine Weise, die einen befreit aufatmen lässt, weil man sich darin einfach selbst so oft wiederfinden muss.

Dieses Buch ist auch gefährlich: Es macht es fast unmöglich, sich passiv zurückzulehnen. Man will es eigentlich auch nicht. Weil die praktischen Anleitungen so vielfältig sind, dass es immer etwas gibt, was man zum persönlichen Wachstum angehen kann.

Vor allem, das macht Markus Schmidt sehr klar, brauchen wir dabei Mentoren und Freunde als Gefährten. Und wir sollten auch selbst für andere wieder zu Gefährten werden. Meine dringende Empfehlung wäre deshalb: Heben Sie die Schätze dieses Buches in einer Zweierschaft mit einem Freund oder einer Freundin.«

Daniel AckersLeiter der Navigatoren Deutschland

»Ich bin überzeugt davon, dass jeder Christ geistlich wachsen möchte, mündig sein will, so wie es Paulus in Epheser 4 beschreibt. Aber oftmals fördern wir das geistliche Wachstum nicht, weil wir lediglich dazu appellieren, dass Wachstum nötig ist, ohne konkret zu zeigen, wie man wachsen kann. Markus ist keiner, der ein kurzes Strohfeuer der Begeisterung auslösen will, er will Menschen befähigen. Mit seinem Buch gibt er konkrete Hilfestellung, wie das geschehen kann. Nun liegt der Ball, geistlich zu wachsen, bei dir und mir!«

Micha SiebeneichPastor und beratender Supervisor von Gemeinden

»Wachstum ist ein Geschenk. In der Natur können wir es überall sehen: Gott lässt wachsen, blühen, Früchte hervorkommen. Und Jesus arbeitet häufig mit solchen Bildern – Bäume können gehegt werden, Samen muss auf gutes Land fallen und wer seine Talente vergräbt, geht leer aus. Wachstum ist kein Zufall. Wir können gute Rahmenbedingungen schaffen und Markus Schmidt zählt sie nicht nur auf, sondern verbindet sie großartig mit eigenen Erfahrungen und konkreten Umsetzungsideen. Kein Buch für laue Sofa-Kartoffeln! Kein Buch für Perfektionisten!

Ein herausragendes Buch für alle, die Sehnsucht nach mehr von Gott in ihrem Leben haben, die diese Welt verändern wollen – und sich ehrlich eingestehen, dass wir dafür bei uns selbst anfangen müssen. Und wer sich dürr und vertrocknet fühlt, wird beim Lesen hoffentlich Lust bekommen, Gott wieder neu was zuzutrauen: Wachstum ist sein Geschenk.«

Pfarrer Stefan PahlGeschäftsführer von mc² und Vorsitzender des christlichen Mentoringnetzwerkes cMn

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VORWORT

Was sagt der große Stift zum kleinen Stift? Wachs-Mal-Stift!

Ich muss bekennen, dass ich mich fast scheckiggelacht habe, als ich diesen Witz das erste Mal gehört habe. Witze dieser Art finde ich, aus welchen Gründen auch immer, einfach lustig. Sie treffen irgendwie mein Komikzentrum.

Weniger komisch finde ich den Gedanken, in meiner Beziehung zu Jesus jahrelang auf der Stelle zu treten und mich nicht zu entwickeln. Der Gedanke an Stagnation zaubert mir definitiv kein Lächeln aufs Gesicht. Würde mir jemand sagen, dass ich mich in den letzten Jahren überhaupt nicht verändert habe, würde ich das definitiv nicht als Kompliment verstehen.

Tief in mir steckt die Sehnsucht nach geistlichem Wachstum! Mehr als so vieles andere möchte ich vorwärtskommen. Beinahe jeden Tag bete ich dafür, Jesus immer ähnlicher zu werden.

Die gleiche Sehnsucht treibt mich auch als Pastor um. Es ist eine wahre Freude für mich, Leute dabei zu beobachten und manchmal auch dahingehend zu begleiten, wie sie Wachstumsschritte unternehmen und zunehmende geistliche Reife entwickeln. Gleichzeitig schmerzt es mich, wenn Christen scheinbar gar kein Verlangen (mehr) danach haben, Jesus zum Verwechseln ähnlich zu sehen; wenn die geistliche Lernkurve eher nach unten als nach oben zeigt.

Der Wunsch danach, geistliches Wachstum nachhaltig zu fördern, trug vor einigen Jahren maßgeblich dazu bei, in unserer Gemeinde dreisechzehn in Hannover den Wachstumskatalysator ins Leben zu rufen (www.wachstumskatalysator.de). Das ist eine Mentoring-Plattform. Wer geistlich vorankommen möchte, findet mithilfe des Wachstumskatalysators einen passenden Mentor, der die persönliche Entwicklung begleitet, fördert, prägt und letztlich beschleunigt.

Daneben ist der Wachstumskatalysator ein monatlicher Podcast, der das geistliche Wachstum in regelmäßigen Abständen anspornen soll. Auf die Idee mit dem Podcast bin ich durch einige der zahlreichen Fitnesspodcasts gekommen, die ich seinerzeit hörte. Ich hatte die Erfahrung gemacht, dass sich durch diese Podcasts sehr viel in meinem Leben geändert hat, weil ich immer wieder mit Tipps, Tricks und Tools rund um die Themen Sport, Ernährung und Gesundheit konfrontiert wurde.

In jeder Hinsicht etwas aus der Form geraten, entwickelte ich so über kurz oder lang neue Gewohnheiten in Sachen Sport und Ernährung. Ich esse seitdem gesünder und ausgewogener und achte darauf, meinem Körper täglich die Bewegung zu geben, die er benötigt. Die Folge: Ich bin körperlich fitter denn je! Auch mein Umfeld hat die positiven Auswirkungen davon schon zu spüren und zu sehen bekommen.

Doch viel wichtiger als körperlich fit zu sein, ist es für mich, geistlich fit zu sein. Und das wünsche ich mir auch für alle, die mir als Pastor anvertraut sind – und für dich, der du zu meinem Buch gegriffen hast: dass deine geistliche Fitness in Bewegung kommt!

Ich bin absolut davon überzeugt, dass geistliches Wachstum kein Zufall ist. Ohne jede Frage ist es zwar Gott, der das Wachstum schenkt, aber ganz ohne unser Zutun passiert nur wenig. Die Grundthese meines Buches ist, dass geistliches Wachstum automatisch, aber nicht zufällig geschieht. Es gibt bestimmte Faktoren, die wir berücksichtigen dürfen, damit Gott uns wachsen lässt.

Nach über fünf Jahren Podcast, vielen ermutigenden Rückmeldungen dazu, intensiven Überlegungen und zahlreichen Interviews mit anderen geistlichen Leitern entstand die Idee, meine gesammelten Erkenntnisse in Form eines Buches zu präsentieren. Meine Hoffnung und mein Gebet ist es, dass durch dieses Buch Nachfolger Jesu zu Wachstumsspezialisten verändert werden.

Viel Freude beim Lesen – und frohes Wachsen!

Markus SchmidtFebruar 2021

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TEIL 1

GEIST­LICHESWACHSTUM

»Das Leben ist eine Baustelle.Bete, als hinge alles von Gott ab.Handle, als hinge alles von dir ab.«

Augustinus

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1WACHSTUMSWUNSCH

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, es als Kind nicht abwarten zu können, endlich »groß« zu sein. Heute bin ich Vater von vier Kindern. Und auch bei meinen eigenen Kindern kann ich immer wieder beobachten, wie sehr sie sich danach sehnen zu wachsen. In unserer Küche hängt ein langes Maßband. Daran überprüfen meine Kinder immer wieder, ob sie in der letzten Zeit schon größer geworden sind. Jeder neu dazugewonnene Zentimeter wird gefeiert und mit stolzgeschwellter Brust wird verkündet, wie groß man denn nun schon sei.

Kinder können es scheinbar gar nicht abwarten, bis sie endlich groß sind – oder zumindest groß genug für bestimmte Dinge des Lebens. Im Leben eines Kindes herrscht eine ausgeprägte Wachstumseuphorie. Jeder Meilenstein wird sehnlichst herbeigewünscht. Endlich groß genug sein, um in den Kindergarten zu dürfen. Endlich groß genug sein, um eingeschult zu werden. Endlich groß genug, um Baggerfahrer, Prinzessin, Feuerwehrmann, Tierärztin oder Astronaut zu sein. Endlich groß genug, um beim Autofahren vorne sitzen zu dürfen. Später dann – endlich groß genug, um allein tanzen oder auf die angesagten Partys gehen zu dürfen. Endlich groß genug, um den Führerschein zu machen und unabhängig von Papa und Mama zu sein.

Doch nicht nur in den Kindern, sondern in jedem Menschen ist die Sehnsucht nach Weiterentwicklung und Wachstum angelegt. Durch die Biologenbrille sieht man schnell, dass letztlich jede Form des Lebens auf Wachstum angelegt ist. Kein Lebewesen der Welt ist für Stillstand geschaffen worden. Das gilt besonders für uns Menschen. Wir tragen eine tiefe Sehnsucht nach Fortschritt, Wachstum und Entwicklung in uns und sind darauf angelegt zu gedeihen.

Als ich damals als Teenager zum Glauben gekommen bin und anfing, Jesus nachzufolgen, erschloss sich mir eine völlig neue Welt, die es zu entdecken galt. Ich war positiv angetrieben von dem Wunsch, Jesus immer ähnlicher zu werden, meine Berufung zu entdecken, meine Gaben zu entfalten und in jeder Hinsicht geistlich zu wachsen. Ich habe jeden Meilenstein, den ich erreichte, gefeiert: die Entdeckung meiner individuellen Gaben, neue geistliche Erkenntnisse, erste Erfahrungen darin, wie man anderen Leuten eindrücklich und nachhaltig vom eigenen Glauben erzählt und so weiter.

Dann kamen auch die Zeiten, in denen ich weder die Sehnsucht nach geistlicher Entwicklung noch Fortschritte in meinem Glauben erkennen konnte. Die Gründe dafür mögen vielfältig gewesen sein, doch jede meiner geistlichen Talfahrten begann stets damit, keine Sehnsucht mehr nach geistlichem Wachstum zu spüren. Es fehlte schlicht der Wunsch danach, weiterzuwachsen, vorwärtszukommen und Fortschritte zu machen.

Es geht um Reife

So wie mir immer wieder, geht es wahrscheinlich mehr Christen, als man ahnt. Das mag sehr subjektiv, vielleicht auch überheblich klingen, aber ich wage diese Aussage trotzdem: Schauen wir uns die Generation der heute Dreißig- bis Fünfzigjährigen an. Das, was die Leute am allermeisten beschäftigt hält, ist ihr Alltag – der fordert oft enorm viel Kapazität. »Es ist nicht übertrieben, dieser Generation einen Namen zu geben. Es ist die Generation Zuviel. Zu viel Information. Zu viele Wahlmöglichkeiten. Zu viel Konkurrenz. Zu viel Unsicherheit. Zu viele Verpflichtungen gleichzeitig.«1

Damit verblasst auch der Wunsch nach persönlicher Entwicklung, von geistlichem Wachstum ganz zu schweigen. Vorbei die Zeit, als man es gar nicht mehr abwarten konnte, endlich groß genug zu sein, um neue Felder zu bestellen. Durch ein ständiges Zuviel-Gefühl kommt es zu Stagnation und Wachstumsabbruch.

Der Apostel Paulus schreibt:

Er hat die einen als Apostel, die anderen als Propheten, wieder andere als Prediger und schließlich einige als Hirten und Lehrer eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, die Gläubigen für ihren Dienst vorzubereiten und die Gemeinde – den Leib Christi – zu stärken. Auf diese Weise sollen wir alle im Glauben eins werden und den Sohn Gottes immer besser kennenlernen, sodass unser Glaube zur vollen Reife gelangt und wir ganz von Christus erfüllt sind.

Dann werden wir nicht länger wie Kinder sein und uns ständig von jeder fremden Meinung beeinflussen oder verunsichern lassen, nur weil geschickte Betrüger uns eine Lüge als Wahrheit hinstellen. Stattdessen lasst uns in Liebe an der Wahrheit festhalten und in jeder Hinsicht Christus ähnlicher werden, der das Haupt seines Leibes – der Gemeinde – ist. Durch ihn wird der ganze Leib zu einer Einheit. Und jeder Teil erfüllt seine besondere Aufgabe und trägt zum Wachstum der anderen bei, sodass der ganze Leib gesund ist und wächst und von Liebe erfüllt ist.

Epheser 4,11-16

Doch wie sehr ist die Sehnsucht nach geistlicher Reife und Mündigkeit im Glauben in uns ausgeprägt? Als Gemeindegründer erlebe ich, dass zunehmend mehr Menschen Interesse am Glauben haben, sich womöglich auch bekehren. Dass viele Christen danach aber häufig lediglich von einem Geborgensein im Glauben sprechen. Keine Frage: Geborgensein im Glauben ist wunderschön und wichtig. Es ist existenziell für unsere Seele, das bei Gott zu erleben. Es tut unglaublich gut zu wissen, dass Gott mich umgibt, mich hält und trägt.

Doch das ist einer unserer ersten Schritte auf unserem Weg mit Gott – nicht das Ziel. Es geht um mehr als um Geborgenheit. Es geht darum, zur vollen Reife zu gelangen, wie Paulus es beschreibt, gemeinsam im Glauben eins zu werden und den Sohn Gottes immer besser kennenzulernen. Es geht um eine Standhaftigkeit, Krisensicherheit und Klarheit im Meer der Meinungen.

Geistlich groß werden

Als meine Kinder noch nicht trocken waren, haben sie sich manchmal heimlich in eine Ecke des Hauses verzogen, um dort mit puterrotem Kopf ihr Geschäft zu verrichten. Zu diesem Zeitpunkt war das mitunter sehr komisch mitanzusehen. Doch wenn meine vier Söhne heute, mehr als zehn Jahre später, »ihr Geschäft« noch immer so verrichten würden, dann wäre das alles andere als lustig! Es wäre eher pathologisch. Irgendwann wird es einfach Zeit, erwachsen zu werden!

Genau wie unser Körper wächst, ist auch unser Geist auf Wachstum angelegt. Geistliches Wachstum ist kein Nebengleis, sondern die Hauptstrecke unserer geistlichen Reise. Als Nachfolger von Jesus benötigen wir nicht nur rudimentäre Kenntnisse über das Wie der geistlichen Entwicklung. Wir sollen zu Wachstumsspezialisten werden. Und dieser Weg beginnt mit einer tiefen Sehnsucht danach, vorwärtszukommen, mit der Neugierde nach Neuem, mit dem Drang danach, mehr von Gottes Wesen zu erleben.

Bestandsaufnahme

Spür in dich hinein: Ist da noch die Sehnsucht danach, zur vollen Reife zu gelangen? Wünschst du dir immer noch den Tag herbei, an dem du all das bist, was Gott sich erdacht hat? Oder gibst du dich eher mit dem Ist-Zustand zufrieden, an Gott zu glauben und immer mal wieder Geborgenheit im Glauben zu erfahren? An welcher Stelle stehst du?

Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir ehrlich zugeben, dass unsere persönliche Entwicklung stagniert und ein geistliches Plateau erreicht wurde. »Wer nicht wächst, bleibt kein Kind, sondern wird ein Gnom«, so sagte es der Franziskaner und Bestsellerautor Richard Rohr einmal. Er meint damit, dass auch in unserer geistlichen Entwicklung ein Zustand eintreten kann, der ähnlich pathologisch ist wie Erwachsene, die im Kleinkindverhalten stecken bleiben.

Mich motiviert das enorm! Ich möchte kein Gnom sein. Ich möchte geistlich groß werden, über die spirituelle Tischkante hinausblicken können. Ich möchte ein Riese werden, ein Glaubensriese. Jemand, der prächtig entwickelt und völlig ausgebildet ist. Einer, der in seinem Glauben zur vollen Reife gelangt ist. Einer, der eine tiefe Sehnsucht nach Wachstum in sich trägt und genau weiß, welche Faktoren die geistliche Entwicklung beeinflussen. Ein Wachstumsspezialist eben!

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2WACHSTUMS­SPEZIALISTEN

»Er muss wachsen, ich aber abnehmen«, das ist einer meiner Lieblingsverse im Zusammenhang mit geistlichem Wachstum und das Credo aller Wachstumsspezialisten. Der Satz stammt von einem besonderen Spezialisten für geistliches Wachstum – Johannes dem Täufer.

Danach kamen Jesus und seine Jünger in das Land Judäa, und dort verweilte er mit ihnen und taufte. Aber auch Johannes taufte zu Änon, nahe bei Salim, weil dort viel Wasser war; und sie kamen hin und wurden getauft. Denn Johannes war noch nicht ins Gefängnis geworfen.

Es entstand nun eine Streitfrage vonseiten der Jünger des Johannes mit einem Juden über die Reinigung. Und sie kamen zu Johannes und sprachen zu ihm: »Rabbi, der jenseits des Jordan bei dir war, dem du Zeugnis gegeben hast, siehe, der tauft, und alle kommen zu ihm.«

Johannes antwortete und sprach: »Ein Mensch kann nichts empfangen, auch nicht eins, es sei ihm denn aus dem Himmel gegeben. Ihr selbst gebt mir Zeugnis, dass ich sagte: ›Ich bin nicht der Christus, sondern ich bin vor ihm hergesandt.‹ Der die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dasteht und ihn hört, ist hoch erfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude nun ist erfüllt. Er muss wachsen, ich aber abnehmen.«

Johannes 3,22-30; ELB

Nicht es – er!

Ein Wachstumsspezialist zu sein, bedeutet nicht, alles über geistliches Wachstum zu wissen. Wissen allein reicht nicht aus. So lieb und teuer mir Theologie auch ist und so sehr ich in diesem Buch auch versuche, Wachstumsprinzipien zu beschreiben: um Wissen allein geht es nicht.

Das Ziel unserer geistlichen Entwicklung ist es nicht, alles über Jesus zu wissen. Das Ziel besteht darin, immer mehr wie Jesus zu sein.

Johannes der Täufer bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass Jesus wachsen muss. Interessanterweise spricht Johannes darüber, dass er und nicht es wachsen muss. Nicht das Bibelwissen oder irgendetwas sonst muss wachsen. Er muss wachsen!

Der Umgang mit der Bibel ist natürlich grundlegend und ich widme einen gesamten Teil des Buches diesem Thema. Aber Bibelwissen allein macht uns nicht zu Wachstumsspezialisten. Jesus sagte den Schriftgelehrten seiner Zeit: »Ihr forscht in der Schrift, weil ihr glaubt, dass sie euch das ewige Leben geben kann. Und gerade sie verweist auf mich! Dennoch weigert ihr euch, zu mir zu kommen, damit ich euch das ewige Leben schenken kann« (Johannes 5,39-40).

Wachstumsspezialisten geht es um Jesus selbst. Es geht ihnen darum, dass er in ihnen mehr Raum einnehmen darf. Die beste theologische Bildung führt ins Leere, wenn man dadurch Jesus nicht ähnlicher wird.

Die Jünger von Johannes dem Täufer beschweren sich bei ihrem Rabbi darüber, dass Jesus und dessen Jünger scheinbar erfolgreicher sind als sie. Es wurmt sie, dass Jesus mehr Zulauf als sie selbst hatte. Aber Johannes bleibt total gelassen: »Der die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der dasteht und ihn hört, ist hoch erfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude nun ist erfüllt« (Vers 29).

Johannes hat kein Problem damit, dass es nicht mehr wächst. Es stört ihn nicht, dass seine Anhängerschaft nicht in gleichem Maße wächst wie die von Jesus. Er versteht, worum es geht. Es ist nicht sein Ziel, möglichst berühmt oder erfolgreich zu werden. Er will, dass Jesus groß, übergroß und riesengroß in seinem Leben wird.

Es geht allein um Jesus. Die Hauptsache ist, dass die Hauptsache die Hauptsache ist! Und Jesus ist die Hauptsache, der absolute Mittelpunkt, um den sich alles dreht. Alles andere ist nebensächlich. Das wird auch bei der Verklärung von Jesus deutlich, die drei seiner Jünger miterleben dürfen.

Nach der ganzen Aufregung um die Erscheinung von Mose und Elia will Petrus am liebsten drei Hütten bauen: eine für Elia, eine für Mose und eine für Jesus. »Aber noch während er das sagte, glitt eine helle Wolke über sie, aus der eine Stimme sprach: ›Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich meine Freude habe‹« (Matthäus 17,5). Und nur einen kurzen Moment danach sehen Petrus und die anderen »niemanden mehr außer Jesus« (Matthäus 17,8). Jesus als Person, sein Wesen und Wirken, wird in den absoluten Mittelpunkt gerückt.

Wachstumsspezialisten haben nur Augen für Jesus und sind neben der Anbetung Jesu vor allem darauf fokussiert, mehr und mehr wie er selbst zu werden.

Es passiert so schnell, dass wir meinen, im Christsein ginge es vor allem um den Dienst für Gott, am Nächsten oder in der Gesellschaft. Oder darum, das ewige Leben zu bekommen und zu wissen, wo man nach dem Tod landen wird. Oder sogar, dass Gottes einziges Bestreben darin läge, es uns gut gehen zu lassen und uns glücklich zu machen.

So richtig alle Aspekte teilweise auch sein mögen, so zweitrangig sind sie doch gleichzeitig. Viel wichtiger als Dienstbereitschaft, Segen oder Glück ist es, dass wir immer mehr Jesus zum Verwechseln ähnlich sehen! Diese Sehnsucht trieb auch den Apostel Paulus in Hinblick auf die Christen in Galatien an, als er ihnen schrieb: »Meine Kinder, um die ich abermals Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt gewonnen hat …« (Galater 4,19; ELB). Dass wir Jesus immer mehr Gestalt in uns gewinnen lassen, ist und bleibt das Grundanliegen der Nachfolge.

Wenn ein Rabbi in biblischen Zeiten sagte: »Komm und folge mir nach«, ging es nicht einfach um den reinen Gehorsamsakt und die Bereitschaft, alles aufzugeben. In der Aufforderung des Rabbis schwang noch etwas anderes mit: Der Rabbi sagte seinem potenziellen Nachfolger, dass er eines Tages genauso sein und das Gleiche tun würde wie der Rabbi selbst. Wenn Jesus uns in die Nachfolge ruft, sagt er damit letztlich: »Du sollst einmal genauso sein wie ich. Man soll keinen Unterschied feststellen zwischen dir und mir.«

Im Neuen Testament wird der Begriff »Christen« nur zweimal erwähnt. »Christ« war zunächst ein Schimpfwort. Die Nachfolger von Jesus sollten dadurch verunglimpft werden. Weil sie versuchten, wie Jesus zu sein und wie Jesus zu handeln, bezeichnete man sie als »kleine Christusse«. Aber im Grunde genommen – und vielleicht einer der Gründe dafür, warum sich die Bezeichnung bis heute durchgesetzt hat – handelte es sich um eine Auszeichnung. Als Christen sind wir nach Christus benannt. Was einst als Schimpfwort erdacht war, wird zu einem Ehrentitel. Als Christen tragen wir diesen Namen mit Stolz und Würde und wir setzen alles daran, dem Wesen von Jesus entsprechen zu wollen.

Ein Muss

Wachstumsspezialisten sind beseelt von dem Wunsch, Jesus zum Verwechseln ähnlich zu sehen. Sie sehen und spüren aber auch die Dringlichkeit dazu. Wenn Johannes davon spricht, dass Jesus wachsen muss, spricht das nicht über eine Notwendigkeit im Sinne der Erlösung. Die Erlösung ist keine Frage des Wachstums, sondern eine Frage der Gnade. Die Bibel sagt unmissverständlich, dass wir aus Gnade errettet sind (Epheser 2,8). Das »muss« bezieht sich auf etwas anderes. Es ist Ausdruck einer Sehnsucht und zugleich einer Dringlichkeit.

Wachstumsspezialisten spüren eine Dringlichkeit, dass durch ihre eigene geistliche Reife mehr sichtbar wird, wie groß und gut Gott ist.

Es muss unbedingt mehr Christen geben, die sich mit bloßem Auge nur wenig von Jesus unterscheiden. Denn geistliche Unterentwicklung und Reifeverzögerungen tragen unter Umständen zur Ablehnung des Evangeliums bei. Was einst über die Juden geschrieben wurde, trifft manchmal leider auch auf uns Christen heute zu: »Euretwegen verspottet die Welt den Namen Gottes« (Römer 2,24).

Der Friedensnobelpreisträger Mahatma Gandhi war Hinduist. Aber nicht von Kindesbeinen an. Er hatte es durchaus in Betracht gezogen, Christ zu werden, da er den Jesus der Evangelien liebte. Als er dann aber sah, wie die Christen lebten, wandte sich Gandhi angewidert ab und sagte: »Ich halte das westliche Christentum in der Praxis als eine Verneinung des Christentums Christi.«2 Und später sagte Gandhi: »Ich mag euren Christus, aber ich mag eure Christen nicht. Eure Christen sind so wenig wie euer Christus.«3

Wenn ich Geschichten wie die von Gandhi höre, bin ich mehr denn je davon überzeugt, dass unsere Welt auf die Offenbarung der Söhne Gottes wartet, wie Paulus es im Römerbrief beschreibt: »Denn das sehnsüchtige Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes« (Römer 8,19; ELB). In diesem Vers geht es um die Vollendung dieses Zeitalters und Gottes neue Welt. Aber nicht nur: Der Vers zeigt mir auch immer wieder, wie dringend unsere Welt darauf wartet, dass die Söhne und Töchter Gottes die Kraft und Schönheit Jesu in die Welt tragen. Die Welt wartet auf Menschen, in denen Jesus Gestalt gewonnen hat, die Jesus verkörpern und ihm zum Verwechseln ähnlich sehen.

Mich bewegt in diesem Zusammenhang die Geschichte von Joe, die der amerikanische Soziologe und Pastor Tony Campolo einmal erzählte:

Joe war früher Trinker, ein hoffnungsloser Fall, einer, der nicht mehr lange zu leben hatte. Aber nach seiner Bekehrung in einer christlich-sozialen Einrichtung veränderte sich alles. Joe wurde zu einem der liebevollsten Menschen, die man sich nur vorstellen kann. Er arbeitete weiterhin in der Einrichtung, in der er selbst zum Glauben gekommen war, und kümmerte sich um andere Trinker. Er war immer da, Tag und Nacht. Und er erfüllte voller Dankbarkeit jede noch so unangenehme Aufgabe. Er wischte Erbrochenes oder Urin auf und wusch die Betrunkenen. Keine Aufgabe war zu erniedrigend für ihn. Eines Abends während eines Gottesdienstes kam einer dieser Trinker, für die Joe gesorgt hatte, nach vorne, warf sich auf die Knie und flehte Gott an, ihn zu verändern. »Oh Gott«, schrie er, »mach, dass ich so sein kann wie Joe!« Der Prediger des Abends hörte, was der Mann sagte, und griff korrigierend ein: »Es wäre besser zu beten: ›Mach mich wie Jesus.‹« Der Mann schaute den Prediger verwundert an und fragte dann: »Ist dieser Jesus denn wie Joe?«4

Ist dieser Jesus denn wie ich, wie du?

Splitter und Balken

Johannes der Täufer sagte außerdem, dass nicht die anderen, sondern er selbst abnehmen müsse. Das ist eine weitere Qualität von Wachstumsspezialisten:

Wachstumsspezialisten haben zunächst einmal ihr eigenes Wachstum vor Augen. Es geht ihnen darum, dass sie selbst sich im Sinne Jesu verändern.

In puncto Wachstum müssen wir uns zunächst an die eigene Nase fassen. Wir wissen meistens ziemlich schnell, wo unser Gegenüber sich noch verändern darf, und hätten auch die ein oder andere Idee, wo man Hand anlegen könnte. Doch die einzige Person, die man jemals verändern kann, ist man selbst. Auch wenn das nicht die einzige Person ist, die man gerne verändern würde. Wir alle wünschen uns dann und wann, dass sich der Partner, der Chef oder einige Leute aus der Gemeinde zuerst verändern würden. Aber das ist aussichtslos. Wir können und wir werden andere nicht verändern können. Der Fokus liegt auf uns selbst. Diesen Fokus setzt auch Jesus, wenn er in der Bergpredigt sagt:

Warum regst du dich über einen Splitter im Auge deines Nächsten auf, wenn du selbst einen Balken im Auge hast? Mit welchem Recht sagst du: »Mein Freund, komm, ich helfe dir, den Splitter aus deinem Auge zu ziehen«, wenn du doch nicht über den Balken in deinem eigenen Auge hinaussehen kannst? Du Heuchler! Zieh erst den Balken aus deinem eigenen Auge; dann siehst du vielleicht genug, um dich mit dem Splitter im Auge deines Freundes zu befassen.

Matthäus 7,3-5

Ich bin seit 1999 mit meiner Frau Judith verheiratet und seit 1994 sind wir ein Paar. In diesen Jahren habe ich so oft und so tief in ihre wunderschönen Augen geblickt. Mittlerweile habe ich gefühlt jeden noch so kleinen Splitter entdeckt. Ich weiß um jede Schwäche, jede Eigenart und jeden Fehler. Aber es ist meine Aufgabe, sie zu lieben und nicht, sie zu verändern. Ich habe nicht einmal das Recht dazu.

Das Recht, Menschenherzen zu verändern, hat nur Gott. Und wenn wir ehrlich sind: Nur er kann es auch gut. Ich habe meine Frau mit all ihren Spezialeffekten geheiratet und versprochen, sie so zu lieben, wie sie ist. Für mich geht es nicht darum, sie zu verändern, sondern darum, Gott an meine Spezialeffekte ranzulassen.

Noch viel zu oft sind wir Christen weltberühmt dafür, als Moralapostel unterwegs zu sein und für unsere Zeigefingermentalität. Das ist unsympathisch. Der Versuch, einen anderen verändern zu wollen, sorgt meist nur für ein Störsignal auf dessen Radar. Um es etwas pointierter auszudrücken: Eine Zeigefingermentalität führt fast immer zu einer Mittelfingermentalität. Niemand möchte permanent auf seine Schwachstellen aufmerksam gemacht werden. Natürlich ist das auch mal dran, aber es ist wichtig, den Beziehungskontext im Blick zu behalten. Und zuerst liegt der Fokus für Veränderungspotenzial stets auf mir selbst.

Kurz vor seiner Himmelfahrt wurde Jesus von Petrus gefragt, was denn eigentlich aus Johannes, dem vermeintlichen Lieblingsjünger Jesu, werden würde. Die Antwort von Jesus ist bemerkenswert: »Wenn ich will, dass er bleibt, bis ich komme, was geht es dich an? Folge du mir nach« (Johannes 21,22; ELB). Das ist ein klarer Fokus, den Jesus hier setzt: Petrus soll sich keine Gedanken um die weitere Entwicklung von Johannes machen, sondern erst einmal ganz bei sich selbst bleiben. Er soll sich auf seine eigene Entwicklung und sein persönliches Wachstum konzentrieren.

Denn mit dem richtigen Fokus gelingt es früher oder später, auch andere positiv zu beeinflussen. Warum Wachstumsspezialisten bei sich selbst anfangen sollten, zeigt die Grabinschrift eines anglikanischen Bischofs in der Westminster Abbey um 1100 n. Chr.:

Als ich jung und frei war und meine Fantasie keine Grenzen kannte, träumte ich davon, die Welt zu verändern.

Als ich älter wurde und weiser, entdeckte ich, dass sich die Welt nicht ändern würde, also änderte ich meinen Blick etwas und beschloss, nur mein Land zu ändern. Aber es schien ebenso unbeweglich.

Als mein Lebensabend vor der Tür stand, unternahm ich einen letzten verzweifelten Versuch und entschied mich dafür, nur meine Familie zu ändern, die, die mir am nächsten waren. Aber herrje, sie wollten nichts davon wissen.

Und nun liege ich auf meinem Totenbett und mir wird plötzlich klar: Wenn ich mich nur selbst zuerst verändert hätte, dann hätte ich durch mein gutes Beispiel meine Familie verändert. Durch ihre Inspiration und Ermutigung hätte ich mein Land verbessern können. Und, wer weiß, vielleicht sogar die Welt.

Stück für Stück mehr Licht

»Er muss wachsen, ich aber abnehmen.« Wir können diesen Satz von Johannes mit dem falschen Ohr hören. Zum Beispiel, wenn wir meinen, zunächst abnehmen zu müssen, damit Jesus überhaupt in uns wachsen kann. Man könnte meinen, dass er nur wächst, wenn man selbst abnimmt. Das lässt aber allenfalls ein schlechtes Gewissen wachsen. Hier braucht es Wachsamkeit: Sich ständig die defizitären Bereiche vor Augen zu halten, bringt die Polonaise schnell zu Ende. Man fühlt sich schlecht, unzulänglich und landet leicht in völligem Frust.

Deswegen ein Blick auf den Kontext: Die in Johannes 3,30 verwendeten Worte »wachsen« und »abnehmen« gebrauchte man damals im Zusammenhang von Licht und Finsternis. Wie treibt man die Finsternis aus? Indem man sich eingehend mit der Finsternis beschäftigt? Indem man analysiert, warum und seit wann es dunkel ist? Indem man unterschiedlichste Formen von Finsternis beschreibt? Natürlich nicht! Die Finsternis nimmt automatisch ab, wenn das Licht zunimmt. Das Licht vertreibt die Finsternis. Und zwar immer, ohne jede Ausnahme. Die Macken, Spezialeffekte oder Sünden schwinden in dem Maß, in dem Jesus zunimmt.

Faszinierenderweise steht das Verb »abnehmen« in der ursprünglichen griechischen Form an dieser Stelle im Passiv: »abgenommen werden«. Es geht also nicht um die Konzentration auf die eigenen Fehler. Es geht darum, Jesus an uns ranzulassen. Er ist selbst das Licht. Wenn er in unserem Leben zunimmt, wird es automatisch heller – in uns und um uns herum. Das ist unser Fokus und unsere Blickrichtung. Paulus schreibt dazu:

Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie es vom Herrn, dem Geist, geschieht.

2. Korinther 3,18; ELB

Die Frage ist, wie Jesus – das Licht – konkret zunimmt, wie das Schauen auf Jesus ganz praktisch aussieht und welche Faktoren Berücksichtigung finden müssen. Dazu wirst du viele konkrete Schritte in diesem Buch finden. Doch an dieser Stelle schon vorweg: Unser geistliches Wachstum ist kein Instantprodukt. Wachstum ist ein Prozess, ein Weg. Wenn Johannes sagt, dass er wachsen muss, denkt er an Wachstumsprozesse. Das griechische Wort, das hier mit »wachsen« übersetzt ist, meint nämlich eine andauernde Handlung.

Gerade wenn die Rede von der Dringlichkeit des Wachstums ist, kann uns das schnell unter Druck setzen. Doch niemand muss über Nacht ein perfektes Duplikat von Jesus werden. Ich selbst kämpfe bis heute mit verschiedenen Spezialeffekten. Mich tröstet sehr, dass Wachstum nicht auf Knopfdruck zu erfolgen hat. Gott geht es darum, mit uns auf dem Weg zu sein. Das ist einer der Hauptgründe, warum er seinen Sohn zu uns geschickt hat: Er ist der Weg zum Vater (Johannes 14,6). Mit ihm unterwegs zu sein, wird uns wachsen lassen.

Das war auch das Selbstverständnis der Apostel: Leute, »die des Weges sind«. Paulus – zu der Zeit, als er noch Saulus, der bekannte Verfolger der Jesus-Jünger war – erbat sich vom Hohepriester »Briefe nach Damaskus an die Synagogen, damit, wenn er einige, die des Weges wären, fände, Männer wie auch Frauen, er sie gebunden nach Jerusalem führe« (Apostelgeschichte 9,2; ELB).

Damals wie heute ist geistliches Wachstum ein Prozess und eine Reise, kein Zustand.

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3WACHSTUMSPHASEN

So wie Rom nicht über Nacht erbaut wurde, entsteht auch geistliches Wachstum nicht über Nacht. Kein noch so hingegebener und leidenschaftlicher Christ wacht eines Morgens auf und stellt fest, über Nacht zu einem voll ausgebildeten Glaubensriesen geworden zu sein.

Wie auch das biologische Wachstum durchläuft das geistliche Wachstum verschiedene Phasen und Reifegrade: Geburt, Kind, Jugendlicher, Erwachsener. Paulus zählt sie in seinem Brief an die Korinther auf: »Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war« (1. Korinther 13,11).

Drei biblische Phasen

Der Apostel Johannes beschreibt das noch genauer. Er nennt drei verschiedene Stufen oder Phasen des geistlichen Wachstums:

Ich schreibe euch, meine Kinder, weil eure Sünden im Namen von Jesus vergeben sind. Ich schreibe an euch Väter, weil ihr Christus erkannt habt – den, der von Anfang an ist.

Ich schreibe an euch junge Männer, weil ihr in eurem Kampf mit dem Satan gesiegt habt. Ich habe an euch Kinder geschrieben, weil ihr den Vater erkannt habt.

Ich habe euch Vätern geschrieben, weil ihr Christus erkannt habt – den, der von Anfang an ist. Ich habe euch jungen Männern geschrieben, weil ihr stark seid und Gottes Wort im Herzen tragt und weil ihr in eurem Kampf mit dem Satan gesiegt habt.

1. Johannes 2,12-14

Kinder, junge Männer und Väter – Johannes meint mit diesen Bezeichnungen nicht tatsächliche physische Kinder, junge Männer und Väter. Und natürlich sind auch weibliche Kinder Gottes mit eingeschlossen. Stattdessen denkt er an verschiedene Reife- und Wachstumsphasen in unserem geistlichen Leben. Er liefert exakte Erklärungen dafür, weshalb von Kindern, jungen Männern und Vätern im Geist gesprochen wird.

1. Kindheitsphase: Eine Personengruppe spricht Johannes als Kinder an. Ich nenne das die Kindheitsphase. Sie folgt unmittelbar auf den Eintritt ins Reich Gottes, unsere geistliche Geburt. Geistliche Kinder haben die Erfahrung gemacht, dass der Vater sie so sehr liebt, dass er sie durch Jesus erlöst hat und ihre Sünden vergeben wurden (Johannes 3,16). Wie jedes andere Kind muss auch ein geistliches Kind noch ganz viel, eigentlich alles Weitere noch lernen.

2. Heranwachsen: Johannes spricht dann die jungen Männer an. Ich nenne das die Phase des Heranwachsens. Die jungen Männer sind stark, tragen Gottes Wort in ihren Herzen und haben den Satan besiegt. Die Rede ist von Christen, die eine gewisse Reife erlangt haben. Sie haben gelernt, sich vom Wort Gottes leiten zu lassen, und treffen auf dessen Grundlage ihre Entscheidungen. Johannes will sagen, dass in dieser Phase bereits einige Herausforderungen und Versuchungen überwunden wurden. Geistliche Jugendliche fangen an, mehr Siege als Niederlagen zu verzeichnen. Sie wachsen und reifen noch, haben aber gelernt, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen.

3. Geistliche Väter: Ein geistlicher Vater ist durch den Weg mit Jesus reif geworden. Charakteristisch für diese Phase ist, Christus erkannt zu haben. Man könnte auch sagen, Christus ist zum absoluten Lebensmittelpunkt geworden. Für geistliche Väter und Mütter ist Christus alles, was sie im Leben brauchen. Alles im Leben hat in Christus sein Fundament gefunden.

Vier Phasen der Reveal-Studie

Neben diesem biblischen Phasenmodell gibt es weitere Modelle. Am bekanntesten ist wahrscheinlich das der Reveal-Studie, die 2004 von der Willow-Creek-Gemeinde in Chicago begonnen wurde. Die aktuellen Ergebnisse basieren heute auf fast 80 000 Fragebögen aus über 200 Gemeinden unterschiedlichster Prägung.5

Die Ergebnisse ließen ein vierstufiges Modell entstehen, das die geistlichen Entwicklungsphasen eines gläubigen Menschen abzubilden versucht. Kurz zusammengefasst lassen sich die vier Phasen folgendermaßen beschreiben:

1. Den Glauben entdecken: Die Menschen dieser Gruppe glauben grundsätzlich an Gott, sind sich aber noch nicht im Klaren darüber, was es mit Christus auf sich hat und welche Rolle er in ihrem Leben spielt.

2.