Walter Ulbrichts letzter Coup - Claudia Johanna Bauer - E-Book

Walter Ulbrichts letzter Coup E-Book

Claudia Johanna Bauer

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Beschreibung

Berlin 1973: Der Kalte Krieg ist allgegenwärtig. In Ost-Berlin regieren die Russen, in West-Berlin die Alliierten und Axel Springer. Thea von Glinsky arbeitet als Enthüllungsjournalistin für die B.Z. Als ihre Tante Erna in Ost-Berlin stirbt, bittet sie ihren Ex-Mann Oliver, ein wertvolles Erbstück aus Ernas Wohnung zu holen – ohne zu ahnen, dass das silberne Kreuz von großer Bedeutung ist. Mit seiner Hilfe nämlich lässt sich die geheimnisumwitterte Abteilung V steuern, die Walter Ulbrichts letzten Coup ins Werk setzen soll. Doch das Kreuz ist inzwischen in die falschen Hände geraten …

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Seitenzahl: 464

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Bauer Gollanek Klostius Stracke

Walter Ulbrichts letzter Coup

Roman

Jaron Verlag

Sie sind ein eingespieltes Team: MANUELA KLOSTIUS, OLIVER GOLLANEK und FRIEDRICH STRACKE schreiben schon seit Jahren zusammen unter der fachlichen Anleitung von CLAUDIA JOHANNA BAUER. Für Walter Ulbrichts letzter Coup haben sie jahrelang sorgfältig recherchiert – und dann mit viel Kreativität eine kontrafaktische Geschichte erschaffen.

Lieber Friedrich, dein trockener Humor hat diesen Roman geprägt. Danke.

Manu, Olli und Claudia

Originalausgabe

1. Auflage 2023

© 2023 Jaron Verlag GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.

www.jaron-verlag.de

Umschlaggestaltung: Henning Lindeke, Wachtendonk Satz und Layout: Prill Partners|producing, Barcelona E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

ISBN 978-3-95552-064-9

Inhalt

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Epilog

Prolog

»Später … später sieht man erst alles ein«, sang Marlene Dietrich.

Die letzten Takte verklangen, es blieb ein rhythmisches Knacken und das Knistern des Lautsprechers. Ulbricht stand am Fenster. In der Scheibe spiegelte sich das Licht einer Stehlampe, vor der Lampe ein runder Rauchtisch mit zwei Sesseln, auf dem Tisch eine rote Aktenmappe und ein Hochglanzprospekt der X. Weltfestspiele der Jugend, die in diesem Sommer 1973 stattfinden sollten.

Ulbricht konzentrierte seinen Blick auf die triste Straßenbeleuchtung. Von den Häusern der Waldsiedlung Wandlitz gab sie nur Umrisse frei, kahle Bäume flankierten die niedrige Mauer und das Gartentor. Dieser Winter hatte noch keinen Schnee gebracht, dabei war es bereits Februar. Es war nur kalt gewesen.

Auf der Straße näherten sich Scheinwerfer. Ein Wartburg hielt vor dem Tor. Der Gast kam pünktlich, wie immer. Wenigstens auf diesen einen war noch Verlass. Ulbricht atmete tief ein und seufzte. Er schlurfte zum Plattenspieler, drückte einen Knopf. Der Tonarm glitt in die Halterung, das Knistern des Lautsprechers verstummte. Liebevoll hob er die Schallplatte vom Teller, schob sie zuerst in die Papierhülle, dann in den Pappschuber. Er blickte auf Marlenes Gesicht, sein Finger streifte ihre blonden Wasserwellen, strich über die schmalen Wangen.

Es klingelte. Im Flur hörte er Schritte klappern, das Mädchen eilte zur Haustür. Ulbricht bückte sich mühsam. Er verstaute die Schallplatte im Schrank unter dem Plattenspieler, verschloss sorgfältig die Tür und richtete sich mit einem Ächzen wieder auf. Den Schlüssel steckte er in die Westentasche.

Es klopfte. Zu früh, dachte er. Ich bin eine Schnecke geworden.

Er steuerte den Sessel an, der weiter von der Stehlampe entfernt stand, und setzte sich. Es klopfte noch einmal.

»Bitte«, rief er mit heiserer Stimme.

Die Tür öffnete sich. Vom Flur fiel zusätzliches Licht in den Raum.

»Der Herr ist jetzt da«, sagte das Mädchen.

»Danke.«

Der Gast trat ein. Sein Gehstock, mit dem er das steife rechte Bein unterstützte, pochte mit jedem Schritt auf das Parkett. Trotzdem sieht er immer noch drahtig aus, dachte Ulbricht, immer noch hart und effizient mit seinem militärisch kurzen Haar, auch wenn es inzwischen weiß ist. Er bleibt ein Krieger. Das ist gut für mich, für mein Anliegen.

Das Mädchen wollte die Tür schließen.

»Haben wir Besuch?« Eilige Schritte näherten sich.

»Gnädige Frau …«

»Wer ist es denn?«

»Ihr Mann wünscht, nicht gestört zu werden.«

»Aber wieso sagt er mir denn nicht –« Die Tür wurde geschlossen. Draußen ging die Auseinandersetzung weiter, aber die Worte waren nicht mehr zu verstehen.

»Willkommen«, sagte Ulbricht und deutete auf den freien Sessel.

Der Gast setzte sich. Während er noch damit beschäftigt war, eine bequeme Position für sein Bein zu finden, begann er schon das Gespräch: »Mein Freund, ich muss sagen, es ist heute wirklich lausekalt hier draußen. In Berlin merkt man das nicht so.«

»Du solltest dir vielleicht einen kleinen Wärmespeicher zulegen.« Ulbricht fuhr sich mit der Hand über den Bauch, schmunzelte.

»Ach, lass mal. Ich bin froh, dass ich noch fit bin.«

»Ja«, nickte Ulbricht, »man könnte neidisch werden.«

»Aber was ist mit dir? Du siehst blass aus.«

»Das ist nicht wichtig. Nicht mehr.«

»Jetzt red nicht so.«

»Doch, doch. Mit fast achtzig darf ich so reden.«

»Na, dann hab ich ja noch vier Jahre Zeit.«

Die beiden Männer tauschten ein Lächeln. Für eine Weile sagte keiner etwas, dann seufzte Ulbricht. Er legte den Finger über den Mund und zeigte dem anderen ein bedeutsames Kopfschütteln. Der Gast zog fragend die Augenbrauen hoch, blickte sich im Raum um. Ulbricht nickte und deutete auf die Stehlampe.

»Du wolltest mich sehen, alter Freund?« Der Gast lehnte den Kopf zurück und untersuchte mit forschendem Blick das Innere der Lampe. Auf seiner Stirn trat eine Ader hervor.

»Ja. Ich brauche deine Unterstützung«, sagte Ulbricht. »Diesbezüglich.« Sein Knöchel pochte auf die Tischplatte.

Der Gast schien die Abhörwanze im Lampenschirm entdeckt zu haben. Jetzt richtete er seinen Blick auf die Papiere. »Die Weltfestspiele. Was für ein schöner Prospekt.« Doch seine Hand griff nach der roten Aktenmappe, die neben dem Hochglanzheft lag. Er schlug sie auf und begann zu lesen, blätterte einmal, noch einmal und zog einen handgeschriebenen Brief hervor, an den eine Pappkarte geklammert war. »Ein großartiges Ereignis. Die ganze Welt wird auf uns schauen.«

»Die Vorbereitungen laufen bereits«, sagte Ulbricht. »Ich würde mir das sehr gerne angucken.« Er deutete auf die Akte. »Wenn du vielleicht …?«

»Ich werde sehen, was sich machen lässt«, nickte der Gast. »Aber das wird nicht leicht. Die Plätze sind heiß begehrt.«

»Ich weiß.«

»Möchte Lotte auch …?« Er zögerte.

»Nein, nein«, sagte Ulbricht schnell.

Es entstand eine Pause. Der Gast schwieg, wartete ab.

»Das ist nichts für sie. Das ist ihr zu viel …« Ulbricht suchte das passende Wort. »… zu viel Trubel. Also bitte nur für mich. Nur einen Platz.«

»Verstehe«, sagte der Gast. »Ich melde mich dann.«

»Ja.« Wieder ein Seufzen, diesmal klang es erleichtert.

Paul hörte Schritte, auf jeden folgte ein kurzes Echo. Dann und wann tauchte ein schwacher Lichtschein die Umgebung in kontrastarmes Grau. Ein Rauschen füllte seinen Kopf. Er wollte selber gehen, wollte seine Arme bewegen, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Er wollte sich umsehen, konnte aber den Kopf nicht wenden.

Paul strengte sich an, dachte nach. Der Hall, die schemenhaften Umrisse, das musste ein Tunnel sein. Seine Füße liefen in einem fremden Rhythmus. Er wurde gezogen. Seine Kopfhaut juckte, es kribbelte unter der Schädeldecke. Er hätte sich da drinnen, mitten im Kopf, gerne gekratzt, aber irgendetwas hielt seine Hände fest. Je mehr er darüber nachdachte, desto stärker quälte ihn das Kribbeln.

Es war stickig hier, modrige Luft machte das Atmen anstrengend. Und da war noch etwas: Ammoniak. Ja, es roch nach Ammoniak. Ihm wurde übel, er musste würgen. Urämie. Obwohl er den Sinn des Wortes nicht zu fassen bekam, jagte es ihm Angst ein.

Er wurde um eine Kurve gezogen, sein Kopf kippte zur Seite. Er hörte eine Frauenstimme, die in einer fremden Sprache redete. Direkt neben seinem Ohr antwortete ein Mann. Es waren hastig geflüsterte, harte Worte, wohl bloß ein Austausch von Anweisungen.

Sie blieben abrupt stehen.

Paul hörte, wie sich jemand in rasendem Tempo entfernte. Ein schmerzvolles Quieken hallte von den Wänden, ließ Paul erzittern.

Dann näherten sich gemächliche Schritte. Für einen Moment fiel ein Lichtschein auf das Gesicht des Mannes dort im Tunnel, Paul sah ihn plötzlich ganz deutlich. Er war schön. Die feine Narbe, die das Gesicht durchzog, änderte daran nichts, eher im Gegenteil. Paul fröstelte, als der Mann ihn wieder mit festem Griff am Unterarm packte.

»Entschuldigung«, sagte er mit seinem harten, fremden Akzent.

Paul verstand nicht, was er meinte, aber er kam nicht zum Nachdenken, seine Beine verfielen erneut in den fremdbestimmten Rhythmus, er musste laufen, in seinem Kopf begann es wieder zu jucken. Er würde sich so gerne kratzen! Was tat ihm sein Bruder da an? Er hatte Hilfe versprochen, hatte ihm die beiden Fremden geschickt, um sein Leiden zu überwinden. Aber das hier war eine andere, viel schlimmere Qual. »Otto, hilf mir doch!«, wollte er schreien, aber seine Stimmbänder versagten. Er wurde weitergezogen.

Jeder Schritt bedeutete große Anstrengung, das Jucken im Kopf war kaum noch auszuhalten. Bunte Punkte tanzten vor seinen geschlossenen Augen. Indigoblau, karminrot, zitronengelb. Er hätte das Muster gerne gemalt, versuchte es stattdessen im Kopf festzuhalten, aber das Jucken machte es unmöglich. Er war völlig erschöpft.

Dann durchzuckte ihn etwas wie ein Stromschlag. Während die Punkte sich langsam auflösten, verschwand auch das Jucken.

Er hörte das Knarren einer großen Tür und fiel in kühle Luft. Herrlich kühle Luft. Er musste immer noch laufen, aber jetzt in seinem eigenen Rhythmus. Auch den Kopf konnte er wieder bewegen. Da war ein Bahndamm. Diese ungewöhnlichen Straßenlaternen, das musste West-Berlin sein. Da war eine Straße mit einem einzelnen Taxi. Für einen Moment sah er dem Mann auf dem Fahrersitz direkt in die Augen. Dann stolperte er, wurde weitergezogen, griff sich an den Kopf. War da nicht eben noch …? Er hatte seinen Hut verloren.

Im Radio lief Cream mit I feel free. Abends brachte der RIAS manchmal längere Stücke. Jochen Strelow drehte das Radio lauter, kurbelte das Fenster runter und zündete sich ein Tütchen an. Es war ihm egal, dass er jetzt den Funk nicht mehr hörte. Den letzten Fahrgast hatte er in der Gleimstraße abgesetzt. Hier, direkt an der Mauer, war nicht viel los. Hier gab es keine Einsteiger, die spontan ein Taxi brauchten.

Jochen klopfte auf dem Lenkrad den Takt mit, den Ginger Baker trommelte. Der treibende Rhythmus und der schrille Gesang, untermalt von Eric Claptons genialem Gitarrenspiel, wirkten hypnotisierend. Das waren die Vorteile des Taxifahrens, man konnte ein Päuschen machen, ohne gleich vom Chef drangsaliert zu werden.

Cream kam langsam zum Ende, und der Moderator blendete aus. Dann machte er eine kurze Pause, damit man zu Hause den Kassettenrekorder ausschalten konnte, bevor er den nächsten Titel ankündigte. Jochen stellte die Rückenlehne flacher, um ein bisschen zu dösen. Jetzt im März war es um halb acht schon völlig dunkel. Der Song hatte ihn in angenehme Stimmung versetzt, besser als die süßliche Schlager-Soße, die man sonst auf allen Sendern hörte.

Zuletzt hatte er I feel free mit seiner Freundin in der Disko gehört. Elfi war toll. Endlich mal eine, die ihn nicht dauernd triezte, dass er sein Studium beenden und einen richtigen Job annehmen sollte. Leider hatte sie schon wieder einen neuen Freund, einen Zahnarzt.

Aber was war schon ein »richtiger« Job, sinnierte Jochen. Sein bester Kumpel Oliver hatte einen. Er war Fotograf, sogar mit eigenem Fotoladen, und fotografierte außerdem für die Zeitung. Trotzdem hatte Jochen meistens mehr Geld in der Tasche.

Eine Bewegung am Bahndamm irritierte ihn. Mitten im Niemandsland traten drei Leute aus dem Gebüsch, offenbar ein Paar, das jemanden mit sich schleppte. Der Mann im Ledermantel war sehr groß, seine dunkle Mähne hinten zusammengebunden. Im Licht der Straßenlaternen sah Jochen eine weiße Linie in seinem Gesicht, eine Narbe. Die Frau erinnerte ihn an die Models in der Zeitschrift Twen. Sie trug Plateaustiefel, die nach Schlangenleder aussahen, und rieb sie an den Hosenbeinen, um den Staub abzuwischen. Der ältere Mann, den sie an den Armen gepackt hielten, wirkte dagegen grau, die beiden mussten ihn massiv stützen. Im Laternenschein sah Jochen sein Gesicht. Es kam ihm bekannt vor. Bloß woher?

Er setzte sich auf, um genauer hinzuschauen.

Wahrscheinlich lag es an der Bewegung. Plötzlich ruckten die Köpfe herum, das Paar starrte Jochen an. Schlagartig war er hellwach, packte den Zündschlüssel, ein Fluchtreflex. Er spürte den Blick der Frau wie eine eisige Berührung auf der Stirn.

Weiter vorn blinkte ein Auto mit der Lichthupe, ein Opel Admiral. Die drei gingen weiter. Der große Mann half der Frau und ihrem grauen Begleiter, hinten einzusteigen. Dann setzte er sich auf den Beifahrersitz.

Als der Wagen an dem Taxi vorbeifuhr, konnte Jochen dem grauen Mann noch einmal ins Gesicht sehen. Woher kannte er den bloß? Da fiel ihm der Spiegel-Artikel ein, den er gestern beim Zahnarzt gelesen hatte: Kunst im DDR-Sozialismus. Was hatte das denn damit zu tun? Wahrscheinlich sollte er nicht so viel kiffen.

1

»Mamamama Mamama Loo …« Thea von Glinsky gab Gas und grölte den Nummer-Eins-Hit der Les Humphries Singers mit, der im Radio lief. Die rote Baustellenampel hätte sie fast übersehen. »Verdammt!«

Sie bremste scharf. Der R4 kam geräuschvoll zum Stehen.

»Mama Loo, you got to get through …«

Thea nutzte die Wartezeit, knipste die Innenbeleuchtung an und kramte in ihrer Handtasche nach dem Lippenstift. Dschungelrot. Sie zeigte dem Rückspiegel einen Schmollmund. Für Bernie wollte sie heute Abend schön sein, Bernie stand auf blond. Vielleicht konnte sie den Preis für die Lieferung dadurch etwas drücken.

Von hinten ertönte eine Hupe wie eine Orchesterfanfare. Der Blick in den Rückspiegel zeigte einen Rolls-Royce.

»Auch das noch«, murmelte Thea. »Der Eden.«

Der Fahrer des Rolls-Royce gestikulierte wütend.

Thea schenkte ihm im Außenspiegel ein dschungelrotes Lächeln und rührte an der Revolverschaltung des R4 herum. »Mist, abgewürgt.«

Der stadtbekannte Playboy stieg aus und kam nach vorne. Verlegen machte Thea das Fenster auf. Ihr Lächeln fühlte sich gequält an.

»Soll ich Ihnen nächstes Mal einen Brief schreiben, dass die Ampel grün ist, Fräulein?« Eden starrte auf ihre Lederjacke und in ihren Ausschnitt. »Sieh an, die Frau von Glinsky. In so einer Nuckelpinne. Bezahlt die B.Z. ihre Journalisten so schlecht?«

»Ach was, das ist bloß Tarnung.«

Sein Blick klebte immer noch an ihrem Blusenknopf, der etwas spannte. »Was halten Sie davon, wenn wir den Frühlingsanfang mit einem Gläschen Schampus begießen?« Er grinste. Dieser Charmeur.

»Nächstes Mal gerne.« Die Ampel war wieder grün. Thea knallte den Gang rein und trat aufs Pedal. Sie war sowieso schon spät dran. Für sieben Uhr hatten sie sich verabredet, und es war schon fünf nach. Mit Vollgas sauste sie durch die Nürnberger Straße und bog mit quietschenden Reifen in die Parkgarage des Europa-Centers.

Ihre Absätze klackerten über den Betonboden der Empore. Bernie hatte merkwürdige Vorlieben für seine Treffpunkte, heute nun ausgerechnet Kuttis Kneipe. Thea blickte über die Balustrade. Unten auf der Eisfläche des Europa-Centers liefen ein paar Leute Schlittschuh.

Es war zehn nach sieben, als sie die Kneipe betrat. Zigarettenqualm hing in der Luft. An den rustikalen Tischen saßen ausschließlich Männer. Nur an der Bar lehnte eine Frau im Hosenanzug. Bernie stand hinten am Billardtisch, ein Bier neben sich, und spielte gegen sich selbst. Er trug wie immer einen Rollkragenpullover. Die blonden Strubbelhaare hingen ihm ins Gesicht, als er mit dem Queue eine Kugel anvisierte.

Als Thea sich zu ihm durchschlängelte, fühlte sie sich gemustert. An einem der vorderen Tische saßen drei Kerle, einer schaute zu ihr auf. Ihre Blicke trafen sich – nach Theas Empfinden einen Moment zu lang. Der Typ hatte dunkles Haar, aber seine Augen waren hell, spielten ins Grünbraune. Eine feine Narbe zog sich vom Augenwinkel zum Kinn. Wo er die wohl her hatte? Ein warmes Gefühl durchströmte sie. Du wirst doch jetzt nicht anfangen zu flirten, Thea! Sie hatte Wichtigeres zu tun. Doch es fiel ihr schwer, den Blick abzuwenden.

Seine Stimme war tief und der Akzent ausgesprochen sexy: »Na, ob das hier der richtige Laden für dich ist?«

Sie konterte: »Ich bin immer im richtigen Laden.« Vielleicht würde sie später noch einen Drink mit ihm nehmen.

»Schade, ich wollte dir gerade meine Briefmarkensammlung zeigen.«

Die Dreiertruppe lachte. Thea strich den Drink aus ihrem Kopf.

»Oder vielleicht hat Kutti ein Separee für uns …«

Thea strich den ganzen Typen.

In diesem Moment legte Bernie ihr den Arm um die Taille. »Wenn du solche Lust auf Körperkontakt hast«, blaffte er den Kerl an, »können wir beide gerne mal vor die Tür gehen!«

Jetzt schauten alle drei Männer auf Bernie. Thea spürte, wie er sich anspannte. Klar, Bernie war nicht ganz hilflos, aber gleich gegen drei?

Ein Klirren lenkte sie ab. Die Frau im Hosenanzug hatte ein Glas umgestoßen. »Oh, tut mir leid«, hörte Thea sie sagen. Flüssigkeit verteilte sich auf dem Tresen.

»Macht ja nichts«, brummte der Wirt säuerlich.

»Kein Körperkontakt.« Der Kerl mit der Narbe hob beschwichtigend die Hände. »Macht euch einen schönen Abend«, sagte er zu Bernie. Dann ein Zwinkern in Theas Richtung. »Aber dich behalte ich im Auge. Das blonde Hemd hier ist nichts für eine schöne Frau wie dich.«

»Pass bloß auf, dass du nicht meine Faust im Auge behältst«, zischte Bernie. Doch der Kerl grinste nur selbstgefällig.

»Wir sehen uns wieder«, sagte er zu Thea.

»Träum weiter«, meinte Bernie.

»Was für ein Affe!« Bernie griff sein Bierglas und zog Thea an einen der letzten freien Tische. »Ich hab dich gerettet, Süße. Bist du jetzt stolz auf mich?«

»Ja. Das war sehr männlich von dir«, nickte sie. »Aber nenn mich nicht Süße!« Sie verdrehte die Augen. Bernie hatte Beziehungen zu allen möglichen Leuten. Er war ein zuverlässiger Informant, und sie vertraute ihm. Ganz zu schweigen davon, dass er auch ein sehr einfühlsamer Liebhaber war. Allerdings war er so überzeugt von sich, dass es ziemlich anstrengend war mit ihm. »Lass uns lieber darüber reden, was du mir mitgebracht hast, Bernie. Hattest du Erfolg?«

»Erfolg? Klar. Ich bin erfolgreich entkommen.« Er winkte mit seinem Bierglas Richtung Tresen und hielt zwei Finger hoch. »Du hättest ruhig etwas konkreter werden können, als du sagtest, dass es dort aufmerksame Nachbarn gibt.«

»Ich habe dir einen ziemlich konkreten Batzen Geld dafür geboten, dass du mir diesen kleinen Gefallen tust. Du kennst mich doch. Für einfache Jobs zahle ich nichts.«

»Ich sage ja nur, dass es hilfreich gewesen wäre, wenn ich gewusst hätte, worauf ich mich da einlasse.«

»Ach, Bernie«, seufzte Thea. »Du wusstest, dass die Dame, aus deren Wohnung du die Dinge beschaffen solltest, eine große Nummer in puncto Entführungen und Menschenraub war. Das wird sie wohl kaum fürs Rote Kreuz gemacht haben.« Sie schnaubte. »Tausend Mark habe ich dir angeboten. Für ein altes Notizbuch aus der Handtasche meiner verstorbenen Tante. Und ein kleines Andenken, ein silbernes Kreuz. Das ist ein einfacher Auftrag, Bernie, der hier im Westen maximal einen Hunni wert gewesen wäre.«

»Hier im Westen, du sagst es!« Er knallte sein Glas auf den Tisch.

»Der Rest ist deine Gefahrenzulage.«

»Die Wohnung war versiegelt. Hättest du mir nicht sagen können, dass du mich zu einem Tatort schickst?«

»Wieso versiegelt?«, fragte sie irritiert.

»Ver-sie-gelt. Mit schönen Grüßen von der Volkspolizei.«

»Warum sollte das ein Tatort sein?« Thea schüttelte den Kopf. »Meine Tante war alt. Die wurde doch nicht umgebracht.«

»Träum weiter.« Bernie nahm einen Schluck aus dem Bierglas, das der Kellner ihm hinstellte. »Das ganze Haus ist ein Hochsicherheitsbereich für DDR-Bonzen. Du glaubst nicht, wie schwierig es war, da überhaupt reinzukommen.«

»Du bist doch sonst kein Kind von Traurigkeit«, grinste sie. »Und von wegen Hochsicherheitsbereich.« Sie malte Anführungszeichen in die Luft. »Da sitzt ein alter Pförtner und guckt. Das ist alles.«

»Der guckt nicht nur, der horcht auch.«

»Hä …?«

»Na, Stasi. Horch und Guck. MfS. Ministerium für Staatssicherheit.«

»Ach, hör auf. Das ist ein Pförtner, nichts weiter.« Sie winkte ab.

»Ein Stasi-Pförtner mit einem lockeren Finger am Telefon.«

»Willst du mir nicht langsam mal erzählen, was passiert ist?«

Bernie nickte heftig. »Dein harmloser alter Pförtner hat mich mit meinem Blaumann und dem Werkzeugkasten zwar ins Haus gelassen, aber er hatte nichts Besseres zu tun, als mich zu melden.«

Thea riss die Augen auf. »Und dann stand die Stasi vor der Tür?«

»Nicht direkt. Aber da waren merkwürdige Gestalten.«

Jetzt musste sie wieder grinsen. »Bernie, das ist Ost-Berlin. Da sind überall merkwürdige Gestalten.«

»Auf dem Balkon?« Bernie hob die Augenbrauen.

»Wie, auf dem Balkon?«, wunderte sich Thea.

»Auf dem Balkon!«

»Und dann?«

»Hab ich gemacht, dass ich wegkomme.« Wieder hob er sein Bierglas und trank, als müsse er sonst verdursten. »Ich werde übrigens immer noch beobachtet«, sagte er mit ernster Miene. »Glaube ich.«

»Bitte, was …?«

»Seit ich zurück bin, sehe ich ständig merkwürdige Gestalten rumlungern, wie die drei Typen da am Tisch.«

Thea warf einen raschen Blick über Bernies Schulter. Der Kerl mit der Narbe prostete ihr zu. »Sag mal, kiffst du wieder regelmäßig?«

»Ach, hör doch auf«, brummte er. »Komm, wir schließen das Geschäft hier ab, und danach lässt du mich mit deinem Privatscheiß in Ruhe. Im Osten mache ich jedenfalls nichts mehr.«

»Gut, okay«, nickte sie. »Hast du denn alles gefunden?«

»Naja …«

»Hast du?« Sie musterte ihn angespannt.

»Hier.« Er reichte ihr ein abgegriffenes Buch.

Thea nahm es und blätterte darin. Wie erwartet sah sie Einsatzpläne, Auftragsdaten, Namen und Codeworte, alles in Russisch. Sie steckte das Notizbuch in ihre Handtasche, schaute Bernie erwartungsvoll an. »Und das Kreuz?«

Er schüttelte den Kopf.

»Was soll das heißen?«

»Da war kein Kreuz.«

»Das darf doch nicht wahr sein!« Einige Gäste drehten die Köpfe und schauten herüber. »Ich hab dir das Versteck ganz genau beschrieben!«

»Und ich habe ganz genau nachgesehen. Da war nichts.«

»Versager!«

»Da war nur das Notizbuch und nichts weiter«, erklärte Bernie, mühsam beherrscht. »Jetzt gib mir die zweite Rate, und dann ist gut.«

»Halbe Leistung, halber Preis.«

»Hast du sie noch alle?« Die Leute schauten schon wieder. »Gib mir mein Geld, sonst ist hier gleich was los!«

»Du hast dein Geld. Die Hälfte als Anzahlung, die andere Hälfte bei Lieferung, das war abgemacht. Aber du hast nur die Hälfte geliefert.«

»Ich glaub, ich spinne!« Er drosch seine Faust auf die Tischplatte. »Ich riskiere Kopf und Kragen, und die Frau Superjournalistin zahlt nicht!«

»Halbe Lieferung, halbe Kohle.«

»Weißt du was, Thea? Leck mich! Das war das letzte Mal, dass ich für dich was erledigt habe. Das letzte Mal, dass überhaupt jemand was für dich erledigt hat. Ich kenne die halbe Stadt. Wenn die Leute hören, wie du mich verarscht hast, wird keiner mehr für dich arbeiten.« Er nahm seine Geldbörse, knallte fünf Hunderter auf den Tisch und sprang auf. »Du kannst dir deine Kohle sonstwohin stecken!« Zwei Scheine landeten auf dem Boden. Thea blickte ihnen nach, rührte sich nicht.

Bernie zog seine Lederjacke an und drückte sich den Motorradhelm auf den Kopf. »Du bist erledigt, Thea. Besser, du ziehst gleich um! Nach Bayern oder so.« Mit schnellem Griff packte er ihre Handtasche und schnappte sich das Notizbuch. »Und das behalte ich.«

Dann stampfte er zum Ausgang.

Thea saß da wie gelähmt. Was sollte sie tun? Ihm nachlaufen? Ihn umstimmen mit den berühmten Waffen einer Frau? Da sah sie die Frau im Hosenanzug, die vorher an der Bar gelehnt hatte, eine strenge Matrone mit straff zurückgekämmtem Haar. Jetzt war sie an der Eingangstür, und es sah fast so aus, als wollten sie und Bernie gleichzeitig hinaus. Ruppig schob er die Frau beiseite.

»Bernie!«, schrie Thea und stieß ihren Stuhl zurück. Wenn er wütend war, kannte er weder Freund noch Feind, das hatte sie schon erlebt. Wenn er jetzt die Frau verdrosch, gab es richtigen Ärger.

Thea rannte los. Sie musste ihn aufhalten. Aber der Kerl mit der Narbe trat ihr in den Weg. »Na, noch ein Bierchen zu zweit?«

»Lassen Sie mich durch!« Sie wollte sich vorbeidrängeln, er fasste ihr Handgelenk. »Ich muss da raus! Er tut der Frau was an!«

Der Kerl zuckte die Achseln. »Würde mich wundern.«

»Lassen Sie mich los!« Ihre Stimme überschlug sich.

Er grinste. Doch er lockerte seinen Griff. »Bitteschön.«

Sie rannte auf die Empore, schaute hektisch in alle Richtungen. Kein Bernie. Auch die Frau war verschwunden. Wie konnte das sein?

Thea beugte sich über das Geländer – und dann sah sie ihn.

Unten auf der Eisfläche lag Bernie, neben ihm der Motorradhelm. Sein Kopf war seltsam verdreht. Darunter breitete sich eine Blutlache aus.

Reiß dich zusammen, Thea! Du bist Journalistin, also handle wie eine Journalistin! Aber ihre Hände zitterten, als sie die Handtasche öffnete. Da war ihre Leica. Das kühle Metall unter den Fingern gab ihr Ruhe. Sie machte die nötigen Einstellungen, sah durch den Sucher und drückte auf den Auslöser. Ein, zwei, drei Aufnahmen, das genügte. Um das Opfer scharten sich die Schlittschuhläufer, sodass Thea keine freie Sicht mehr hatte. Sie schaute sich um. Keine Spur von der Frau im Hosenanzug. Dafür immer mehr Schaulustige, die sich übers Geländer lehnten. Immer mehr Gerede und Gezischel. Thea drängelte sich durch und eilte nach unten. Das Notizbuch! Sie musste es holen!

Auf der Eisbahn schlitterte sie mehr, als dass sie lief.

Ein Mann rief: »Jemand muss einen Arzt rufen!«

»Und die Polizei!«, schrie ein anderer.

»Lassen Sie mich durch, ich bin Ärztin.« Die Worte kamen ohne jedes Zögern. Die Schlittschuhläufer machten ihr Platz. Sie kniete sich neben Bernie und suchte mit zwei Fingern an seinem Handgelenk nach dem Puls. Nichts. Dann der Blick zur Halsschlagader. Thea sah den herausstehenden Knochen. Dort kam auch das Blut her, das sich immer weiter ausbreitete. »Nichts mehr zu machen.«

Aufgeregtes Gemurmel von den Umstehenden.

Sie tastete den Toten ab, durchsuchte die Jacke, alle Taschen. Das Notizbuch war verschwunden.

»Ey, was machen Sie denn da?« Jemand packte sie an der Schulter. »Wollen Sie den beklauen? Das gibt’s doch wohl nicht. Polizei! Jemand muss die Polizei rufen!«

»Finger weg!« Thea drehte sich um. »Ich muss doch nach seinen Papieren suchen, damit ich weiß, wer das Opfer ist.« Wieder schaute sie sich um. Da lag nur der Motorradhelm. »Ich kümmere mich um die Polizei.« Schlingernd eilte sie von der Eisbahn. Ihr war nicht gut.

In Kuttis Kneipe war es jetzt leer, sie gafften alle übers Geländer. Ich hätte Bernie zudecken müssen, schoss es Thea in den Kopf. Den sensationsgeilen Spannern den Spaß verderben.

Hinter dem Tresen hing ein grünes Telefon an der Wand. Thea schlüpfte unter der Tresenklappe durch und nahm den Hörer ab. Bevor sie wählte, ließ sie den Blick noch einmal durch den Laden schweifen. Kein Mensch weit und breit. Sie wählte eine Nummer. »Chef? Glinsky hier. Räumen Sie die Titelseite! Ich hab eine wirklich heiße Story.«

Kowalski knipste in seinem Wohnzimmer das Licht aus, bevor er sich hinter dem Gardinenspalt postierte. »Schon wieder dieses Auto.« Im orangen Schein der Straßenbeleuchtung erkannte er den Wartburg. Auf der Fahrerseite glomm eine Zigarette auf. »Jetzt reicht’s mir aber!« Er griff zum Telefon, das auf dem Tischchen unter dem Fenster bereitstand.

Es klingelte dreimal. »Ja, bitte?«

»Ich bin’s, Waldi.« Er hasste seinen Decknamen. »Dieses Subjekt ist wieder da. Darf ich den jetzt endlich mal kontrollieren?«

»Bitte was?«

»Ich möchte endlich wissen, wer hier seit etlichen Nächten unser Haus observiert. Das kommt mir komisch vor. Der Kerl hat Genossin Paschke früher häufig besucht. Und seit sie tot ist, hockt er nachts in seinem Wagen vor unserem Haus.«

»Er hat sie zu Lebzeiten besucht?«, kam es aus dem Hörer. »Und kein Eintrag im Hausbuch?«

»Kein Eintrag«, bestätigte Kowalski, nun etwas kleinlaut.

»Wie erklären Sie sich das?«

»Keine Ahnung«, brummte Kowalski. Und nach einer kurzen Pause: »Aber ich könnte ihn jetzt kontrollieren, wenn’s gestattet ist.«

Er hörte seinen Führungsoffizier atmen.

»Das war doch dieser 311er-Wartburg mit dem Kennzeichen IB 18-97?«

»Genau der.«

»Weiterhin beobachten, täglich Bericht erstatten.«

»Aber ich könnte mir doch mal die Papiere zeigen lassen.«

»Ist nicht nötig. Wir wissen, wer er ist. Haben die Sache im Griff.«

»Ach so?« Jetzt wurde es Kowalski aber langsam zu bunt! »Na, das hab ich gesehen, wie ihr die Sache im Griff habt! Und der junge Mann mit dem blonden Wuschelkopf, der gestern in die Paschke-Wohnung eingebrochen ist, kam der etwa auch von euch?«

Aus der Leitung atmete das Schweigen.

»Wann unternehmt ihr endlich was?«, ereiferte sich Kowalski.

»Zu gegebener Zeit. Bleiben Sie bei Ihrer Aufgabe, Waldi!«

»Hören Sie mal, ich –« Klick.

Kowalski starrte entgeistert auf den Telefonhörer. »Ist das zu fassen, aufgelegt!« Er war wütend. »Jeden Furz soll ich melden, aber wenn es wirklich wichtig ist, heißt es nur: Waldi, bleiben Sie bei Ihrer Aufgabe! Dabei ist das meine Aufgabe, genau das. Ordnung und Sicherheit. Solchen Kerlen muss man direkt an die Eier gehen!« Er klemmte sich die Zigarre zwischen die Zähne und eilte aus der Wohnung.

Vor dem Eingangstor hielt er inne. Da drüben stand der Wartburg. Kowalski starrte hinüber und ließ sein dickes Schlüsselbund um den Zeigefinger kreisen. Drüben öffnete sich die Fahrertür. Ein Gehstock wurde auf das Autodach gelegt. Ein alter Mann stieg aus und salutierte spöttisch mit zwei Fingern. Kowalski wäre beinahe die Zigarre aus dem Mundwinkel gefallen. Meinte der tatsächlich ihn? Der Alte nahm den Gehstock und hinkte die Reihe der parkenden Autos entlang bis zum letzten Wagen, einem Lada. Kowalski folgte ihm auf seiner Straßenseite.

Im Lada saßen zwei Männer. Der Alte klopfte an das Fahrerfenster. Keine Reaktion. Erst als er noch einmal energischer klopfte, wurde die Scheibe heruntergekurbelt. Kowalski hörte, wie der alte Mann mit rauer Stimme sagte: »Tut mir leid, Jungs, dass ich euch Umstände mache, aber mir sind die Streichhölzer ausgegangen. Habt ihr mal Feuer?« Er beugte sich zum Fahrer hinunter und murmelte etwas. Als er sich aufrichtete, blies er den Qualm in Kowalskis Richtung.

Die Männer im Lada lachten laut. Der alte Mann lachte mit.

Kowalski schnaubte vor Wut. Das Schlüsselbund fegte mit Schwung von seinem Zeigefinger, schlug gegen die Fensterscheibe eines Autos und landete klirrend auf dem Gehweg. »Unglaublich«, brummte er, »die verarschen mich doch alle.«

Thea suchte nach der Hausnummer 12. Da vorne standen aufgeregte Leute, da musste es sein. Dreist parkte sie ihren R4 in der Einfahrt und klemmte ihre Pressekarte hinter die Windschutzscheibe. Im Hof sah sie Blitzlichtgeflacker. Sehr gut, anscheinend war der Fotograf schon da.

Plötzlich ertönte hinter ihr eine Sirene. Blaulicht. Sie versperrte den Rettungsfahrzeugen die Einfahrt. Schnell fuhr sie ein Stück weiter und parkte in zweiter Reihe. Es würde ja nicht lange dauern.

Als sie den Hinterhof betrat, drängte die Polizei gerade die Schaulustigen zurück. Einer der Polizisten erkannte Thea und ließ sie durch. Der wild herumknipsende Pressefotograf war Oliver, ihr hoch verschuldeter Ex-Mann. Ausgerechnet! Er flirtete nach Kräften mit einer Journalistin vom Tagesspiegel.

»Der Herr hier hat übrigens Kinder und zahlt schon seit Monaten keinen Unterhalt«, mischte Thea sich ein.

»Nur ein Kind«, empörte sich Oliver. »Und ich bin höchstens zwei Monate im Rückstand.«

Die Kollegin grinste Thea an. »Eher zwei Jahre«, sagte die. »Warum haben sie ausgerechnet dich geschickt, Oliver? Hast du wenigstens schon was Gutes für die Titelseite?«

Die Kollegin verzog sich.

»Der CvD hat mich angerufen.« Mit der einen Hand jonglierte Oliver seine Nikon, mit der anderen zog er die aktuelle B.Z. aus der Tasche. »Warum hast du mir davon nichts gesagt?« Er streckte ihr das Foto von Bernie auf der Eisfläche entgegen. »Wir waren alte Bekannte.«

»Das hätte ich schon noch. Es war doch erst gestern.«

»Ach ja? Du hältst mich von allen alten Kontakten fern, seit wir uns getrennt haben.«

»Geschieden, Oliver. Wir sind rechtskräftig geschieden. Du trägst die Schuld daran. Und ja, ich habe ein paar Freunde gewarnt, sich nicht von dir anpumpen zu lassen. Ich muss jetzt arbeiten, lass mich in Ruhe.«

Abrupt wandte sie sich an einen der Polizisten. »Was ist hier eigentlich los?« An der hinteren Hofseite waren Feuerwehrleute dabei, einen Trümmerhaufen aufzuschütten.

»Hier wollten drei ziemlich ungeschickte Leute von ihrem Keller aus einen Fluchttunnel in den Osten graben«, erklärte der Polizist. »Leider ist das Bauwerk eingestürzt und hat diese Dilettanten unter sich begraben. Zwei sind schwer verletzt, einer hat’s nicht überlebt.« Er zuckte mit den Schultern.

»Nur gut gemeint hilft auch nicht«, sagte Thea. »Aber danke für die Auskunft.« Sie machte sich auf die Suche nach Zeugen. Es stellte sich heraus, dass die Leute vor Ort alle nur Wichtigtuer oder ratlose Rettungskräfte waren. »In welche Klinik werden die beiden Überlebenden denn gebracht?« Dort konnte sie später Interviews machen.

»Ich habe drei Filme voll«, sagte Oliver und gab sie ihr. »Mensch, jetzt erzähl doch mal von Bernie! Was war denn los?«

Thea ignorierte seine Frage. »Hast du Bilder von den Verletzten?«

»Du bist ganz schön kaltschnäuzig.«

»Und von dieser selbst gebauten Motorfräse, oder was das da ist?« Sie zeigte auf ein demoliertes Gerät, das auf dem Schutt lag.

»Ja, hab ich alles, aber du weichst mir aus. Was war mit Bernie?«

Sie schaute ihre Notizen durch, während sie zu ihrem Auto gingen. »Ich bin nicht kaltschnäuzig, bei dir muss man bloß vorsichtig sein.« Ihre Handtasche flog auf den Beifahrersitz. »Übrigens: Tante Erna ist tot.«

»Was? Deine Tante Erna, bei der du aufgewachsen bist?«

»Welche sonst? Ich habe nur eine Tante«, sagte Thea. »Die Nachbarin, Frau Helm, hat mir telegrafiert. Hier.« Sie reichte ihm das Telegramm. »Und bevor du dich jetzt wunderst, was das mit Bernie zu tun hat: Er sollte mir etwas aus Ernas Wohnung besorgen. Übergabe im Europa-Center. Und dann hat er sich da mit irgendwelchen Leuten angelegt.«

»Was für Leute denn?«, fragte Oliver. »Und warum holst du dir dein Zeug nicht selbst?«

»Ich hab’s versucht, aber als Springer-Journalistin kriege ich keinen Passierschein.«

»Hm, verstehe«, nickte Oliver.

»Ich wollte gerne das alte Silberkreuz haben, erinnerst du dich daran? Stalin hat es Erna geschenkt, kurz vor seinem Tod. Sie hatte es immer bei sich. Ich glaube, es ist einiges wert, und ich bin ihre einzige Erbin.«

»Du bist raffgierig und hast schon wieder Dollarzeichen in den Pupillen. Was wolltest du Bernie denn dafür geben?«

»500 Mark.«

»500 Mark?« Er hielt kurz inne. »Und wenn ich es dir besorge?«

»Ach, Oliver«, seufzte sie, »das hast du doch schon früher nicht geschafft.«

Er rollte mit den Augen. »Ich meine, wenn ich dir das Kreuz hole.«

»Dann erlasse ich dir drei Monate Unterhalt.« Sie grinste.

Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, vergiss es. Das ist nichts für dich. Wenn Bernie das schon nicht hinkriegt! Und ich weiß auch nicht genau, ob sein … also, ob es damit zusammenhängt.«

»In dem Fall erlässt du mir alles«, ereiferte sich Oliver.

»Spinnst du? Das sind über 2.000 Mark. Ich erlasse dir ein halbes Jahr, das sind fast 800 Mark.« Sie dachte daran, was Bernie ihr erzählt hatte. »Aber nichts da! Du machst das nicht, das ist viel zu gefährlich!«

Oliver betrachtete nachdenklich das Telegramm, während Thea ihm die Quittung für die Filme ausstellte. »Aber ich –«

Jetzt schaute sie ihm direkt in die Augen. »Du gehst da auf gar keinen Fall hin! Entweder gibt es ein offizielles Nachlassverfahren, oder ich muss die Sache eben abhaken. Halt dich da raus!«

2

Auf der Trauerkarte stand Dienstag, 3. April 1973. Das war heute.

Ulbricht griff seine Aktentasche und nahm den Hut von der Garderobe. Er machte einen Knoten in seinen Gürtel, ging durch den Seitenausgang zur Garage und setzte sich hinten in den Dienstwolga. Der Fahrer würde gleich kommen.

In Erinnerungen versunken kramte er in seiner Tasche. Da war das Foto von Erna, das er herausgesucht hatte, nachdem die Trauerkarte gekommen war. Sie hatte ja mal richtig gut ausgesehen in ihrem hübschen Sommerkleid. War es nicht blau gewesen? Ja. Er erinnerte sich, weil das Blau so gut zu ihren Augen gepasst hatte.

Er nahm seine Prothese aus dem Mund und schnüffelte daran. Dann rieb er mit dem Ärmel über die künstlichen Zähne. Als er sein eingefallenes Gesicht im Rückspiegel sah, schob er die Prothese zurück in den Mund.

Erna war immer sehr energisch gewesen. Er dachte an die Zeit in Moskau. Dort hatte er sich in sie verliebt. Aber sie hatte den Mächtigeren vorgezogen, wollte gleich ganz an die Spitze.

Ulbricht lief eine Träne über die Wange, als er daran dachte. Wo blieb bloß der Fahrer? Sie würden noch zu spät zur Beerdigung kommen.

Das waren aufregende Zeiten gewesen, als sie nach dem Krieg die DDR aufgebaut hatten. Damals war seine Frau ihm eine große Stütze gewesen. Lotte hatte einen siebten Sinn für all die Intrigen, die gegen ihn gesponnen wurden. Nur einmal, im Juni 1953, war es richtig eng geworden. Wenn damals nicht Genosse Stalin mit der Abteilung V ausgeholfen hätte, wäre es aus gewesen. Aus und vorbei.

Ulbricht bohrte gedankenverloren in der Nase. Das Ergebnis seiner Suche steckte er in den Mund. 1953, dachte er, da stand es wirklich auf Messers Schneide. Einige Rädelsführer des Aufstands hatte man später diskret, aber handfest überzeugen können, andere waren einfach verschwunden. Auch in der Zeit danach war Erna tatkräftig im Kampf gegen die Revanchisten im Einsatz gewesen. Die Abteilung V, die nun von ihr befehligt wurde, hatte den Nazi Linse in die DDR geschafft. Und auch diesen BRD-Verfassungsschützer, wie hieß der noch gleich? John. Otto John. Ja, das war sein Name. Ulbricht seufzte. Sein Gedächtnis machte ihm zu schaffen. Jetzt musste die Abteilung V nur noch eine wichtige Aufgabe für ihn erledigen.

Wo der Fahrer nur blieb? Er schaute auf die Armbanduhr.

Endlich öffnete sich die seitliche Garagentür. Aber es war nur Lotte. »Warum sitzt du hier im Auto?«, fragte sie.

Er senkte den Blick. »Ich warte auf meinen Fahrer.«

Sie seufzte. »Den haben sie dir doch schon vor drei Monaten weggenommen.«

»Tatsächlich?«

»Wo willst du denn hin?«

»Zu Ernas Beerdigung.«

»In deinem alten Bademantel? Walter, ich bitte dich.« Sie schüttelte resigniert den Kopf. »Ach, dann bleib doch hier sitzen.«

»Wie war der Name, Otto Boettcher?«, fragte der Wachposten arrogant, als Oboe mit seinem 311er-Wartburg am Schlagbaum der Waldsiedlung vorfuhr. »Nie gehört. Warten Sie hier.«

Oboe seufzte. Wie oft war er durch dieses Tor schon ein- und ausgefahren, ohne dass jemand seine Identität angezweifelt hatte. Aber vor anderthalb Jahren war sein alter Freund entmachtet worden, und er war ebenfalls in Ungnade gefallen. Seitdem wurde er verstärkt beobachtet. Nicht dass ihm früher gar keiner auf die Finger gesehen hätte, aber es war jetzt viel schwerer geworden, im Verborgenen zu agieren. Und er war nun mal ein Mann fürs Verborgene, fürs Geheime, für Spezialaufträge.

Endlich hatte der Wachposten seine Kontrollanrufe erledigt. Sicher hatte er auch das Ministerium verständigt, das gab wieder einen Eintrag in seiner Akte: Boettcher besucht Ulbricht.

Mit versteinerter Miene wurde Oboe durchgewunken.

»Hirnloser Idiot«, brummte er.

Vor dem Haus Nummer 7 empfing ihn Ulbrichts Dienstmädchen.

»Genosse Boettcher, die Herrschaften erwarten Sie in der Garage.«

»In der Garage?«, wiederholte Oboe überrascht.

»Ja. Die gnädige Frau versucht seit einiger Zeit, ihn aus dem Auto zu locken«, erklärte das Mädchen und eilte voraus. Oboe hatte mit seinem Gehstock Mühe mitzuhalten. Die Verbindungstür zwischen Haus und Garage stand offen. Er hörte Lottes Zetern, bevor er sie sah. Was für ein Glück, dass er nicht verheiratet war. Lottes Hinterteil ragte aus der Beifahrertür. Die bunte Dederonschürze wirkte grotesk vor dem eleganten schwarzen Autolack.

»Guten Tag.« Oboes raue Stimme unterbrach ihren Redeschwall.

Lotte zuckte zusammen, stieß sich den Kopf an der Türkante. »Otto! Gott sei Dank!« So freundlich redete sie sonst nicht mit ihm. Sie musste sehr verzweifelt sein. »Bitte bring Walter zur Vernunft. Er will unbedingt zur Beerdigung von Erna Paschke, das geht doch nicht! Er sitzt da und wartet auf den Fahrer.«

»Lass mich alleine mit ihm reden.« Er sah ihr ruhig in die Augen, fasste ihre Schulter und übte leichten Druck aus. Es war ein Routinegriff, der immer überzeugte. »Fünf Minuten.«

Sie nickte und verließ die Garage.

Oboe stellte seinen Gehstock an die Wand und setzte sich zu Ulbricht auf den Rücksitz. Enge Sitzgelegenheiten machten ihm zu schaffen.

Im Wagen nahm er Lottes süßliches Parfüm und Ulbrichts typischen Altmännergeruch wahr. »Alter Freund«, begann er sanft, »hast du denn vergessen, dass du, seit du zurückgetreten bist, keinen Fahrer mehr hast?«

»Zurückgetreten?« Ulbricht sah ihn an. »Du kannst mich fahren. Du bist mein einziger wahrer Freund.«

Obwohl Oboe bereits wusste, wie schlecht es um den anderen stand, gab es ihm einen Stich, ihn so zu sehen. Ulbricht hatte ihn damals zu seinem persönlichen Adjutanten ernannt, hatte ihm alle Türen geöffnet. Durch ihn wurde Oboe der Beste seines sehr speziellen Fachgebiets. Sie teilten viele Geheimnisse. Immer noch.

Ulbricht schaute auf das Foto in seiner Hand. Zärtlich strich sein Daumen über die junge Frau im Sommerkleid. »Ich würde ihr gerne das letzte Geleit geben, Otto. Bring mich zum Dorotheenstädtischen Friedhof.«

»Ich glaube, das ist keine gute Idee.« Oboe deutete auf Ulbrichts Bademantel, meinte jedoch mehr als nur die Kleidung. »Da ist die Presse vor Ort.«

Ulbricht nickte bedächtig. »Ich nehme an, mein Platz bei den …« Er zögerte. »… den Weltfestspielen ist jetzt auch gefährdet?«

»Ja, deswegen bin ich hergekommen. Die Zeit ist knapp geworden. Aber ich tue alles, was in meiner Macht steht. Wenn du möchtest, gehe ich auch für dich zu Ernas Beerdigung.« Oboes Hals kratzte, ein Kloß hing ihm in der Kehle. »Das bin ich ihr schuldig.«

Ulbricht zog einen gefalteten Zettel aus der Manteltasche. »Hier.«

»Was ist das?«

»Meine Rede. Jemand muss ein paar Abschiedsworte sagen.«

»Ja, schon. Aber ich …«

Ulbricht tätschelte Oboes Knie. »Du schaffst das, alter Freund.«

»Puh! Hier stinkt’s!« Conny hielt sich demonstrativ die Nase zu.

Oliver von Glinsky schob seine Tochter am Griff ihres Rucksacks in den schmalen Durchgang am Grenzübergang Friedrichstraße. Er roch ihn auch, diesen antiseptischen Geruch, den Duft der Zone. »Sei still, Mäuschen.« Seine Hände schlossen sich um ihre Schultern. »Sowas sagt man hier nicht.«

Hinter der Panzerglasscheibe lauerte ein Paar wässriger Augen, doppelt geschützt durch eine altmodische Brille. Oliver spürte, wie er unter dem Blick des Grenzbeamten zu schrumpfen begann.

»Aber es stimmt doch«, protestierte Conny.

»Und wenn schon«, brummte er.

»Aber es stinkt!«

Zwei graue Augenbrauen wuchsen in unverhohlenem Erstaunen dem Mützenschirm entgegen. Die Hand des Grenzers näherte sich bedächtig seinem Kinnbart.

»Du hältst jetzt die Klappe«, zischte Oliver. Seit die Scheidung durch war, wurde Conny zusehends frecher. Dahinter steckte natürlich Thea. Sie untergrub seine Autorität, wo sie nur konnte.

»Aber –«

»Ich warne dich, Frollein!«

Conny zuckte die Achseln und schenkte dem Mann hinter der Glasscheibe ein Lächeln. »Mein Vater ist bloß nervös«, erklärte sie ihm.

»So? Dann liegt wohl etwas Besonderes an?«

Dieser sächselnde Tonfall! Oliver kniff irritiert die Augen zusammen.

»Tante Erna ist gestorben«, sagte Conny. »Wir müssen zur Beerdigung.«

»Ach so?« Die wässrigen Augen richteten sich auf Oliver. »Ihre Papiere.«

Über Olivers Unterarme kroch eine Gänsehaut. Das genäselte Sächsisch, der zugespitzte Kinnbart, die Brille. Nein, unmöglich! Sie hatten Ulbricht abgesetzt, schön und gut. Seit anderthalb Jahren führte Honecker die Staatsgeschäfte. Doch selbst der wäre nicht dreist genug, den Vorgänger auf seine alten Tage in dieses Grenzkabuff zu verfrachten. Schließlich hatte Ulbricht noch Ämter, war Ehrendies und Ehrendas. So einen konnte man nicht einfach zum Frondienst in die Friedrichstraße abschieben. Oliver musterte den Grenzer, der jetzt mit gerunzelter Stirn den Passierschein studierte. Andererseits war im Sozialismus alles möglich. Da gab es keine Privilegien. Warum nicht den ehemaligen Parteichef in den sozialistischen Alltag eingliedern?

»Name?« Die altersfleckigen Finger drehten und wendeten Olivers Behelfsmäßigen Personalausweis, den er, wie jeder West-Berliner, anstatt eines westdeutschen Personalausweises besaß.

Oliver seufzte. Er sieht doch, wie ich heiße, dachte er. Da steht es doch geschrieben. »Oliver Glinsky.«

Aber der vermeintliche Ulbricht war offenbar verbittert. Er hatte nicht abtreten wollen, sie hatten ihn gezwungen. Aus gesundheitlichen Gründen, hieß es in den Nachrichten. Jetzt hörte er nicht auf, Oliver mit prüfenden Blicken anzustarren. Fahrig lockerte Oliver den geliehenen schwarzen Schlips, der ihm die Luft abschnürte. »Und das ist meine Tochter Cornelia.«

Der Grenzer rückte seine Brille zurecht. Der Blick wurde misstrauisch. »Hier steht aber etwas anderes.« Das Bärtchen zitterte bedeutsam.

»Ach so, ja.« Noch ein Seufzer. »Da steht natürlich: von Glinsky.« Schlechter ließ sich ein Besuch im Arbeiter- und Bauernstaat nicht beginnen.

»Das ist Ihr Name?«

»Ja«, nickte Oliver. Und ich bin hier angetreten, um den sozialistischen Arbeitern und Bauern einen uralten, wertvollen Kunstgegenstand wegzuschnappen, ein russisch-orthodoxes Kreuz aus reinem Silber. Meine herzlose Ex-Frau erlässt mir meine Schulden, wenn ich das Erbstück für sie sicherstelle, und meine Tochter habe ich zur Tarnung mitgebracht. Ich bin ein Söldner des Kapitalismus. So sieht’s aus, lieber Ulbricht. Der Schweiß brach ihm aus in seinem geliehenen Beerdigungsjackett. »Ich bin achtunddreißig Jahre alt, schuldig geschieden und arm wie eine Kirchenmaus.«

Er stutzte. Hatte er das jetzt etwa laut gesagt?

Der Kopf des Grenzers rückte dichter an die Scheibe. »Wie bitte?«

»Mensch, Papa! Jetzt sei du aber mal still!«

Er wischte sich mit dem Ärmel die Stirn. »Tut mir leid.«

Was ihm blieb, war die Rache des kleinen Mannes. Er hatte Conny bei den Großeltern abgeholt und war nun im Begriff, sie ohne Theas Wissen in den Osten zu verschleppen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Conny wusste von alledem nichts.

»Dabei kannte ich die Tante Erna gar nicht«, vertraute sie dem Grenzbeamten an, offenbar bestrebt, von dem peinlichen Thema abzulenken. »Sie wohnte ja im Osten.«

»So?«, machte der Mann. »Aber der Papa kannte sie doch, oder?«

Olivers Finger krallten sich in Connys Anorak.

»Nö.« Sie schüttelte heftig den Kopf. »So gut wie gar nicht.«

Oliver biss die Zähne zusammen. Das war leider die falsche Antwort, Mäuschen, die völlig falsche Antwort.

In der Kapelle war es dämmrig. Vorne stand die Urne, umrahmt von Blumengestecken. Sie sah aus wie ein Milchkochtopf mit Deckel, obendrauf ein Kranz roter Nelken. Conny fand die Vorstellung, dass da ein verbrannter Mensch drin war, ziemlich gruselig.

»Na komm, da hinten sind noch zwei Plätze frei«, sagte Oliver und ließ den Blick über die Trauergemeinde schweifen.

»Suchst du jemanden?«, wunderte sich Conny.

»Was? Nein. Ich guck nur so«, murmelte Oliver.

Die kleine Kapelle war voll. Sie konnten sich gerade noch in die letzte Reihe quetschen, eingerahmt von einem Blumenständer auf der linken Seite und drei alten Frauen auf der rechten. Die kleinste schaute zu ihnen herüber, ihre Miene hellte sich schlagartig auf. »Sie sind die Verwandtschaft aus dem Westen, oder?«

»Ja«, sagte Oliver und nickte.

»Sie erkennen mich wohl nicht? Ich bin Frau Helm, Ernas Nachbarin. Wir sind uns ein paarmal begegnet, als Sie das Fräulein Thea besucht haben. Dann ist mein Telegramm also angekommen?«

»Ja.« Er zog es aus der Jackentasche.

»Warum ist Thea denn nicht mit?«

»Sie hat keinen Passierschein bekommen. Sie arbeitet doch bei Springer.«

»Ach ja, richtig«, nickte Frau Helm. »Ich glaube, Erna hat das sehr geärgert, sie hat Thea in den letzten Jahren gar nicht mehr erwähnt. Aber ich konnte das Mädel verstehen. Für so einen schönen Mann hätte ich auch alles stehen und liegen lassen.« Sie kicherte.

»Thea hat mich gebeten, sie heute zu vertreten«, erklärte Oliver.

»Ja, damit jemand aus der Familie da ist. Erna hatte doch sonst niemanden mehr. Und nun ist sie auch noch so unglücklich gestorben.«

»Wie meinen Sie das, unglücklich gestorben?«

»Na, sie ist doch gestürzt und hat sich den Kopf aufgeschlagen, die Ärmste. In ihrer Wohnung. Dabei hatte sie noch so viele Jahre vor sich.«

»Äh … wie alt war sie denn eigentlich?«

»Für einen Verwandten wissen Sie aber reichlich wenig.« Frau Helm schaute streng. »Sie war gerade fünfundsechzig geworden.«

»Und sie ist … gestürzt? Gestolpert, oder wie?«

»Ja«, nickte Frau Helm. »Mit dem Kopf an den Kachelofen, und dann: knack. Wie das manchmal so geht.«

Conny riss die Augen auf. Auch Oliver musste sichtlich schlucken.

In diesem Moment wurde ein Kassettenrecorder eingeschaltet, es ertönte leiernder Gesang. Die Moorsoldaten.

»Sie gehen doch nachher noch mit ins Restaurant?«, flüsterte Frau Helm. Oliver nickte. Die Musik endete, und ein Trauerredner trat ans Pult. Conny sah, dass Frau Helm Tränen in den Augen hatte.

Während der Beerdigung regnete es. Anschließend begab sich die Trauergemeinde zum Restaurant Ganymed am Schiffbauerdamm. Direkt vor dem Lokal parkte ein Trabant, in dem zwei Männer saßen. Oliver fühlte sich taxiert. Ein weißhaariger Mann hielt ihm die Tür auf. »Die Jugend voran«, sagte er mit Raucherstimme. Sie betraten einen Vorraum. Die Zimmerdecke bestand aus breiten Holzpaneelen. Der tiefe Teppichboden dämpfte die Schrittgeräusche. Ein Kellner führte sie an den reservierten Tisch. Er wartete im Hintergrund, bis alle Gäste ihren Platz gefunden hatten.

»Was guckst du denn schon wieder so?«, fragte Conny.

»Wie gucke ich denn?«, fragte Oliver zurück.

»Kann ich einen Kakao haben?«

»Kakao ist aus«, sagte der Kellner.

»Dann will ich eine Cola.«

Oliver beugte sich zu ihr. »Aber jammere mir nachher nicht die Ohren voll, wenn dir die Cola hier nicht schmeckt.«

»Eine große Cola, bitte«, gab Conny unverzüglich ihre Bestellung auf.

Der Kellner nickte. »Und Sie?«, wandte er sich an Frau Helm, die Oliver mit ihren beiden Begleiterinnen aus der Kapelle gegenübersaß. Die Damen bestellten Hochprozentiges. Oliver schauderte. Er hatte keine Lust, den Nachmittag mit einem Trio kichernder alter Schachteln zu verbringen. Wenn er nur wüsste, wie er in Ernas Wohnung gelangen könnte, um seinen Auftrag zu erledigen.

In diesem Moment erhob sich der Weißhaarige und klopfte mit seinem Gehstock dreimal gegen das Tischbein. »Liebe Genossinnen und Genossen, wir sitzen heute hier beisammen, um dem Ableben der verstorbenen Erna –«

»Cola?«, rief der Kellner mitten in die Rede.

Oliver hob die Hand und zeigte auf Conny.

Der Redner setzte neu an: »… um dem Ableben der verstorbenen –«

»Drei Klare und drei Bier«, tönte der Kellner.

Frau Helm hob die Hand. Da traf sie der vorwurfsvolle Blick des Redners. Oliver bemerkte, wie die alte Frau den Kopf einzog. Die unerwartete Autorität des Mannes beeindruckte ihn – weit mehr als seine holprige Rede. Der Kellner stellte vor jede der drei Damen ein Schnapsglas. Frau Helm nahm es und leerte es in einem Zug.

Der Redner musterte sie irritiert. »… um dem Absterben der Verlebten … äh …« Hilflos schüttelte er den Kopf. »… gedenken.«

Schon eilte der nächste Kellner mit einem Tablett Schnapsgläser heran, doch der Redner ließ sich nun nicht mehr ablenken. »Hier im Restaurant Ganymed hat Erna Paschke gewirkt«, rief er mit rauer Stimme. »Hier hat sie mit Umsicht und Dominanz ihre Aufgaben erfüllt.«

Schade, dass er nicht sagt, was für Aufgaben das waren, dachte Oliver. Das Ganymed war ein interessanter Ort. Er wusste, dass das Lokal als Treffpunkt der Ost-Prominenz diente. Brecht, Weigel und Konsorten hatten hier verkehrt. Tante Erna musste viele einflussreiche Menschen gekannt haben. »Was genau hat sie denn hier gemacht?«, wandte er sich gedämpft an Frau Helm. Doch die legte bloß den Finger auf den Mund.

Oliver nickte ergeben. Er wusste, dass Thea bei Erna aufgewachsen war. Ihr Vater war in Stalingrad gefallen, die Mutter bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen. Erna hatte das Kind bei sich aufgenommen, aber die Mutter konnte sie ihm nicht ersetzen, die eigene Karriere ging bei ihr immer vor.

Im Oktober 1963 war Oliver ihr zuletzt begegnet. Damals hatte Thea gerade ihr Volontariat bei der Morgenpost beendet und sollte als Redakteurin übernommen werden. Sie wohnten in Olivers geerbtem Reihenhäuschen in Reinickendorf. Mitten durch die Stadt zog sich seit zwei Jahren die Mauer, und Erna lebte im Osten, jenseits des Eisernen Vorhangs. Trotzdem war sie eines Abends plötzlich vor Olivers Haustür aufgetaucht, Wut in den Augen, die Lippen ganz schmal. Thea hatte sie eilig in ihr Arbeitszimmer bugsiert. Oliver verstand trotzdem jedes Wort. »Es wurde bereits ein Mitarbeiter platziert. Nur für den Fall, dass du bestimmte Geheimnisse in der Westpresse ausplauderst.«

»Warum sollte ich das tun?«, hatte Thea gefaucht.

»Um dich hier beliebt zu machen?«

Eine halbe Stunde später war Erna wieder abgerauscht, der Bruch war perfekt, sie kam nie wieder. Und Thea schwieg sich aus, zehn Jahre lang.

»Im Gedenken!«, rief der Redner. »Zum Wohle!«

Die Tischgäste hoben ihre Schnapsgläser. Gerade noch rechtzeitig entdeckte Oliver den Schokobecher mit Eierlikör in Connys Hand. »Dafür bist du noch etwas zu jung, Mäuschen.«

Conny schmollte. »Ich bin zwölf.«

»Ach, wenn Sie dafür keine Verwendung haben …?« Frau Helm hatte schon vier leere Gläser vor sich, ihre Finger angelten nach dem Eierlikör. »Danke«, sagte sie und trank. Oliver musterte sie. Mensch, dass er da nicht früher drauf gekommen war! Vor ihm saß der Schlüssel zu Ernas Wohnung: die Nachbarin. Da würde er wohl oder übel ein Gläschen mit ihr nehmen müssen.

»Ähem!« Ein Räuspern. »Könnten wir jetzt, bitte?«

Oliver blickte um sich, die Trauergäste starrten mit erhobenen Gläsern zurück. »Äh … na klar. Auf Genossin Paschke!«

3

Eine kalte Brise fuhr über die Spree. Oliver genoss die frische Luft. Bier und Doppelkorn waren ihm zu Kopf gestiegen.

»Wollen Sie mit?«, fragte die kleine Frau Helm. »Wir gehen zu mir. Frau Pfeiffer, Frau Poblotzky und ich. Na, kommen Sie schon.«

Er zögerte. Das Zeitungsfoto von Bernie auf der Eisbahn war ihm eingefallen. »Ja, wenn Sie mir nichts tun …« Er grinste schief.

Frau Poblotzky kicherte. »Oh, das kann ich Ihnen nicht versprechen, junger Mann.« Sie hakte sich bei ihm ein.

Conny warf ihr einen bösen Blick zu. Frau Poblotzky lächelte.

An der nächsten Ecke bogen sie nach rechts, Tristesse wohin man sah. Vor einem fünfgeschossigen Altbau blieben sie stehen. Frau Helm schloss das Eingangstor auf, dahinter ein großzügiger Durchgang. Die Wände waren mit Marmor und Spiegeln verziert. Sie nahmen den linken Aufgang und stiegen eine halbe Treppe hoch. Die rechte Wohnungstür hatte ein Fenster, hinter dem ein Concierge döste. Als die Gesellschaft in ihren Beerdigungskleidern vorbeiging, schreckte er auf.

»’n Abend, Frau Helm.«

»Guten Abend, Herr Kowalski.«

Die noble Ausstattung des Hausflurs setzte sich nach oben hin fort, die Wohnungstüren waren schlicht, aber aus Mahagoni, je eine Tür links und rechts pro Etage. In der zweiten lag die Wohnung von Frau Helm. An der Tür gegenüber sah Oliver ein Messingschild: Paschke.

»Ist das ein Polizeisiegel?« Er strich mit dem Finger über den Aufkleber.

»Ja, natürlich«, sagte Frau Helm. »Die haben die Wohnung gesperrt.«

»Aber das Siegel ist aufgeritzt«, stellte Oliver fest.

»Ach, tatsächlich?« Frau Helm trat einen Schritt näher.

»Jaja, stimmt«, nickte Frau Pfeiffer.

»Ein Einbrecher?«, raunte Frau Poblotzky.

Ob das Bernie gewesen war? »Ist die Tür denn offen?«, fragte Oliver.

»Nein«, sagte Frau Helm. »Aber wir sollten nachschauen, ob etwas gestohlen wurde.« Sie suchte einen modernen Sicherheitsschlüssel aus ihrem Bund und schloss auf. Aus der Wohnung strömte ein Geruch nach Parfüm und alter Frau. »Hallo?« Frau Helm spähte durch den Türspalt. »Ist da jemand?« In der Wohnung blieb es still. Frau Helm hatte plötzlich ein Lächeln im Gesicht. »Wenn ich’s mir recht überlege, sollten wir sicherheitshalber mal in der Küche nachsehen. Da stehen ein paar hübsche Flaschen im Schrank. Wir könnten auf Ernas Andenken trinken, sonst werden die edlen Tropfen noch schlecht.« Ihr Lächeln bekam etwas Verschmitztes. »Kommse rein, kommse rein …«

So einfach kann es manchmal gehen, dachte Oliver. Er starrte auf die groß gemusterte Tapete. Das Parkett knarrte unter den Füßen. Schatten huschten über den goldverzierten Spiegel. An der Flurgarderobe ein Regenschirm, davor ein Paar Pumps mit halbhohen Absätzen. Es war, als könnte Erna jeden Moment aus dem Wohnzimmer treten. Nur die ausgeschüttete Handtasche auf der Kommode und ein auf dem Boden liegendes Buch störten den Eindruck.

»Doch ein Einbrecher?«, hauchte Frau Poblotzky. »Ob der noch hier ist?«

»Nein, das glaube ich nicht.« Die Küchentür quietschte, als Frau Helm sie öffnete.

»Hier ist alles ordentlich«, stellte Frau Poblotzky fest.

In der Mitte stand ein großer Tisch mit vier Stühlen. Frau Helm nahm routiniert vier Gläser aus dem Schrank und holte auch alle Flaschen heraus. Es waren edelste Liköre, hergestellt in West-Deutschland. »Unsere Erna hat es sich gut gehen lassen.«

Frau Poblotzky riss die anderen Schränke auf. Über ihre Schulter sah Oliver Nescafé, Quality-Street-Konfekt, Werthers Echte. »Seht euch das an«, hauchte Frau Poblotzky. »Damit wäre ich auch bedingungslos linientreu.«

»Jaja, stimmt«, nickte Frau Pfeiffer.

Oliver schraubte eine Flasche Asbach Uralt auf. Man prostete sich zu.

»Auf unsere Linientreue!«, rief Frau Helm, und die Damen stimmten ein. Frau Poblotzky kicherte mädchenhaft, während sie Olivers Wangen streichelte. Er drehte den Kopf und lächelte irritiert. Das schien sie zu ermuntern, nun traute sie sich auch an sein Ohrläppchen. Oliver wusste nicht, was er tun sollte. Vor seinen Augen drehte sich alles. Das Denken wurde immer schwieriger. »Ähm …«, wandte er sich an Frau Helm, »sie muss ja sehr unglücklich gefallen sein, die Erna. Ein einsamer Tod.« Ein gefühliger Seufzer drängte aus seiner Brust.

Frau Helm runzelte die Stirn. »Na, ich weiß nicht.« Das Glas, das sie gerade zum Mund führen wollte, sank auf die Tischplatte. »Vielleicht war sie ja nicht ganz so allein, als sie stürzte.«

»Wie meinst du das?«, fragte Frau Poblotzky.

Frau Helm holte tief Luft. »Naja, ich bin ein aufmerk-samer Mensch. Eine gute Nachbarin sollte immer auf der Hut sein.«

»Und?« Frau Poblotzky hielt sichtlich den Atem an.

»Ich habe da jemanden gesehen«, flüsterte Frau Helm. »Erna hatte Besuch an dem Tag.«

»Besuch?« Frau Poblotzky packte Olivers Hand.

»Herrenbesuch«, raunte Frau Helm.

»Vielleicht einer von der Stasi?«, überlegte Oliver laut.

»Wieso denn das?«, fragte Frau Helm.

»Nein, jemand vom KGB«, sagte Frau Poblotzky.

»Jaja, stimmt«, nickte Frau Pfeiffer.

»Vom KGB? Was sollte der von Erna wollen?«, fragte Oliver verdutzt.

»Jaja, stimmt …?«, wunderte sich auch Frau Pfeiffer.