Was Sie dachten, NIEMALS über KANADA wissen zu wollen - Manuela König - E-Book

Was Sie dachten, NIEMALS über KANADA wissen zu wollen E-Book

Manuela König

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Beschreibung

Ahornsirup, Holzfällerhemden, Eishockey, strenge Winter, Bären – sind das die ersten Bilder, die aufkommen, wenn Sie an Kanada denken? Dann liegen Sie ganz richtig und träumen höchstwahrscheinlich noch davon, dieses weite Land einmal zu bereisen. Oder sind Sie bereits eine Stufe weiter und schwärmen davon, wie freundlich und zuvorkommend die Kanadier sind und dass sie sich – wo sie gehen und stehen – für alles entschuldigen? Dann waren Sie schon vor Ort und träumen nicht mehr nur davon. Oder wissen Sie gar schon, dass man Autos im Winter in die Steckdose steckt? Und dass kanadische Sätze in den meisten Fällen mit einem "eh?" enden? Dann sind Sie auf dem Weg zum echten Insider! In 55 Kapiteln bekommen Sie eine heitere und zugleich kritische Sicht auf das zweitgrößte Land der Erde. Gleichzeitig ist dieses Buch eine ganz persönliche Liebeserklärung an das Land.

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Die gebürtige Würzburgerin Manuela König lebt seit 2010 in der Provinz Alberta in Kanada, wo sie zunächst als Übersetzerin und Dolmetscherin arbeitete und ihr erstes Buch schrieb, bevor sie anschließend eine Anstellung an der University of Alberta im Department of Medicine annahm. Ihre Leidenschaft für Gesundheit und Sport ließ sie zwischenzeitlich eine kanadische Ausbildung zum Personal Trainer und Healthy Eating & Weight Loss Coach absolvieren. In ihrem Häuschen in einem idyllischen, von Wildwest-Romantik geprägten Vorort von Edmonton genoss sie bis vor Kurzem die Vorzüge des Daseins als freiberufliche Schriftstellerin und Übersetzerin, bevor sie sich zu einem neuen Abenteuer mit Zwischenstopp in Deutschland aufmachte.

MANUELA KÖNIG

Was Sie dachten

NIEMALS

über

KANADA

wissen zu wollen

55 enthüllende Einblicke in einwarm angezogenes Land

© Conbook Medien GmbH, Neuss, 2022

Alle Rechte vorbehalten.

www.conbook-verlag.de

Einbandgestaltung: Weiß-Freiburg GmbH, Grafik und Buchgestaltung

unter Verwendung der Motive von Grushin/Shutterstock.com

und BGSmith/Shutterstock.com

Satz: Röser MEDIA, Karlsruhe

Druck und Verarbeitung: Multiprint, Bulgarien

Die in diesem Buch dargestellten Zusammenhänge, Erlebnisse und Thesen entstammen den Erfahrungen und/oder der Fantasie der Autorin und/oder geben ihre Sicht der Ereignisse wieder. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Unternehmen oder Institutionen sowie deren Handlungen und Ansichten sind rein zufällig. Die genannten Fakten wurden mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert, eine Garantie für Richtigkeit und Vollständigkeit können aber weder der Verlag noch die Autorin übernehmen. Lesermeinungen gerne an [email protected].

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INHALT

Vorwort

1. Was dem Bayern seine Lederhose, ist dem Kanadier sein Holzfällerhemd

2. Auch Kanadier haben seltsame Sitten und Gebräuche

3. Nicht alle Kanadier sind gleich, aber sie können alle kein Französisch

4. Kanadier haben Vorurteile und sind neugierig

5. Kanadische Freunde sind unspontan

6. Der Kanadier ist ein Weichei

7. Der Kanadier hat ein Helfersyndrom

8. Der kanadische Arbeitshimmel ist die Hölle

9. Der kanadische Arbeitnehmer läuft dem deutschen Beamten den Rang ab

10. »Und du bist raus« auf Kanadisch

11. Der Kanadier tanzt beruflich gerne auf vielen Hochzeiten

12. Kanadier übertreiben maßlos bei ihren Feiertagen

13. Kanadier sind entweder Spaßvögel oder haben riesige Komplexe – man weiß es nicht so genau

14. »Dä Zoch kütt!« oder auf Kanadisch anstatt Kölsch: »Where’s the end?«

15.»It’s Hockey Night in Canada!« oder: weg vom Klischee, her mit der Realität

16. Kanadische Eltern fördern das Lotterleben ihrer Kinder

17. Kanadier sind vergnügungssüchtig – draußen und drinnen

18. Kanadische Casinos haben alles unter einem Dach

19. Kanadier halten sich für was Besseres und stehlen Kinder

20. Kanadier sind so langsam, weil sich Kinder auf der Fahrbahn befinden

21. Kanadische Klapperkisten außer Kontrolle

22. In Kanada hat man ein Herz für Autodiebe

23. Wie die kanadische Polizei Versicherungen reicher macht

24. Kanadische Feuerwehrleute steigen nicht nur aufs Dach, sondern campen da auch regelmäßig

25. Der kanadische Hausarzt kommt aus Ägypten, und sein Hobby ist Operieren

26. Kanadier werden beim Zahnarzt massiert

27. Über kanadischen Geschmack lässt sich ganz sicher nicht streiten, oder?

– Warum Sie immer wieder nach Kanada reisen sollten

28. Kanadier haben keine Ahnung, wie man richtig grillt

29. Die albertanische Kuh trägt keine Schuld am desolaten Ernährungszustand der Kanadier

30. Beim Essen geben Kanadier so richtig Gas

31. In Kanada werden Hollywood-Stars und Öl gefördert

32.Landfills – Die Kanadier kümmern sich einen Dreck um ihren Dreck

33. Welches Müllproblem? Der Kanadier ist Umweltschützer!

34. »Rauchst du noch, oder kiffst du schon?« lautet die Frage in Kanada

35. Na, dann Prost! Oder »Cheers«, wie der Kanadier sagt

36. Kanadische Nationalparks oder: die Ruhe vor dem Sturm

37. Kanadas unzählige Seen sind größenwahnsinnig

38. Warum Glamping in Kanada besser ist als Camping

39. Vor der kanadischen Tierwelt ist man nirgends sicher – NIRGENDS!

40. Warum der kanadische Bär nicht wirklich kuschelig ist

41. In Kanada wird noch zivilisiert gejagt und geangelt

42. In Kanada ist auch im Sommer Winter

43. Kanadier mögen Ruhe nicht so gern

44. Es wird eng im weiten Kanada

45. Kanadier sind miese Mieter und Messies

46. Kanadier können ohne Stresstest kein Haus mehr kaufen

47. Das kanadische Häuschen besteht keinen Wolf-Puste-Test

48. Kanada macht seine Kunden entscheidungsunfähig

49. Auf Tante Emma steht man in Kanada gar nicht

50. Kanadier lässt man einfach nicht laufen

51. Kanadier wollen nicht auf ihren Klebestern verzichten

52. Kanadische Wetterkapriolen oder: »Zieht euch warm an!«

53. Jack Frost – von allen gehasst, von den Kanadiern gefeiert

54. Kanadier müssen mit tödlichen Tornados und mystischen Himmelslichtern leben

55. Kanadisches Englisch für Anfänger und Fortgeschrittene

Danke

This one’s for you, Canada.I love you.You rock.

VORWORT

In einer Welt, die völlig aus den Fugen geraten zu sein scheint und in der rund um die Uhr Angst und Hass geschürt werden, habe ich das große Privileg, in einem Land zu leben, in dem Anderssein nicht automatisch Ausgrenzung bedeutet, sondern eher das Gegenteil. Freunde aus Peru, Kollegen aus dem Iran, Nachbarn aus Ostafrika, und alle freuen sich, wenn sie sich sehen. Man isst, lacht und diskutiert zusammen und erzählt sich Geschichten aus der alten Heimat. So viel Liebe und Friede unter so vielen verschiedenen Kulturen. Wenn ich dann aber die aktuellen Geschehnisse in der Welt beobachte, bekomme ich manchmal Angst, dass sich das eines Tages vielleicht doch noch ändern könnte. Denn auch ich bin Ausländer hier. Deshalb dieses Buch, um die Menschen mit all ihren seltsamen und zugleich liebenswerten Angewohnheiten und Eigenheiten einander näherzubringen. Kritik mal von einer anderen, heiteren Seite präsentieren – mit spitzbübischer Ironie und ohne Menschen bloßzustellen. Wenn es mir so gelingt, mehr Verständnis zu schaffen und Vorurteile abzubauen, dann ist das mehr, als ich mir für das neue Jahrzehnt wünschen könnte.

Liebe war und ist und bleibt das Zauberwort. Wo Liebe ist, ist Frieden, und da geht es uns allen gut. Wo Toleranz, Respekt und Hilfsbereitschaft herrschen, da »menschelt« es. So wiederum entsteht Verständnis und Herzenswärme. Und Letztere tut uns immens gut. Gerade in der heutigen Zeit, in der – wie man uns ja ständig glaubhaft versichern möchte – zwischenmenschlich eine Eiszeit ausgebrochen ist. Lassen Sie uns doch alle unser Scherflein dazu beitragen, dass es bald überall auf der Welt wieder etwas mehr »menschelt«.

Achtung

Extrem sarkastisch! Dieses Buch ist nicht für Menschen geeignet, die keinen oder nur einen verkümmerten Sinn für Humor, Ironie, Sarkasmus oder Zynismus haben. Die kreative Spitzzüngigkeit der Autorin könnte bei zu Beleidigt-Sein, Empörung, hohem Blutdruck oder einem Drang zum Shitstorm-Verfassen führen. Seien Sie versichert, dass hierfür absolut kein Grund besteht. Die Autorin bestätigt ausdrücklich, dass sämtliche ironischen, sarkastischen und zynischen Inhalte lediglich als kreative Stilmittel verwendet wurden, um das Geschriebene unterhaltsam in Szene zu setzen.

1Mode

WAS DEM BAYERNSEINE LEDERHOSE, ISTDEM KANADIER SEINHOLZFÄLLERHEMD

Wie sieht denn eigentlich so ein typischer Kanadier aus? Die haben doch nicht wirklich Stil, oder? Von Haute Couture haben die außerhalb Europas ja gar keine Ahnung. Wenn man überhaupt eine Vorstellung von einem Kanadier hat, denkt man wohl am ehesten an einen Mountie mit der typisch kanadischen Uniform: rote Jacke, schwarze Hose, Reiterstiefel und zu guter Letzt den Hut mit breiter Krempe. Sehr konservativ und sehr langweilig. Ansonsten hat man eher so gar keine Idee, oder?

Halt, stopp, da fällt mir doch noch was ein: das Holzfällerhemd! Man sieht es überall in Kanada, in allen Gesellschaftsschichten. Ja, mag sein, dass es eine Funktion erfüllt, nämlich warmzuhalten, aber chic geht anders. Praktisch ist natürlich auch, dass man darunter immer noch ein T-Shirt tragen kann und somit unzählige Farbkombinationsmöglichkeiten bestehen. Aber wie man damit in der Modewelt überleben soll, bleibt ein Rätsel. Gut, man kann diesen modischen Fauxpas aufpimpen mit Baseball-Cap und Sonnenbrille. Das hat sich wohl auch herumgesprochen, denn so ziemlich jeder Kanadier – egal ob Holzfällerhemdträger oder nicht – hat diese Accessoires mittlerweile in sein modisches Repertoire aufgenommen.

Eher nachlässig ist der Kanadier auch, wenn er sich im Alltag unter seine Mitmenschen mischt. Schmutzige Arbeitsschuhe und Jogginghosen sieht man da nicht selten. Wie Herr Lagerfeld ja einst feststellte, hat man sich aufgegeben, wenn man Jogginghosen trägt. Für den Kanadier ist demnach jegliche Hoffnung verloren.

Übrigens

Eine (zumindest in Alberta) weit verbreitete Unsitte ist es, im Schlafanzug vor die Tür zu gehen, wenn man am Wochenende noch schnell was im Supermarkt einkaufen will. Auch Strampelanzüge für Erwachsene, sogenannte Onesies, sind als bequeme Sonntagsbekleidung äußerst beliebt und werden ganz selbstverständlich auch in der Öffentlichkeit getragen. Für die Wintermonate sind diese extra kuschelig in wärmendem Flanell und natürlich mit Kapuze erhältlich. Im Gegensatz zu Deutschland stört sich hier aber keiner daran. Wenn man es überhaupt wahrnimmt, schmunzelt man eher darüber und findet die Onesies lustig.

Rein optisch bleibt es dennoch so, dass man, wenn man hundert Kanadier unter hundert Europäer mischt, auf den ersten Blick eher keinen Unterschied feststellen wird. Auf den zweiten wahrscheinlich auch nicht. Roots-Bekleidung, die bis vor wenigen Jahren ein Garant für Made in Canada war, wird inzwischen auch in China und anderen Ländern produziert, und man trägt sie überall auf der Welt, nicht mehr nur in Kanada. Karl Lagerfeld hätte beim Anblick des Durchschnittskanadiers höchstwahrscheinlich hyperventiliert.

Ausgenommen hiervon sind natürlich die modebewussten Kanadier in Metropolen wie zum Beispiel Vancouver, Montréal oder Toronto. Dort ist der neueste fashion trend immens wichtig und auch allgegenwärtig. Und lieber verzichtet man dort auf die in Kanada zur Grundausstattung jeder Garderobe gehörende Winterjacke und friert, als dass man den neuesten Schrei verpasst. Cool (im wahrsten Sinne des Wortes) muss man da schon sein. Im restlichen Kanada ist aber nicht zuletzt aufgrund der klimatischen Verhältnisse eher funktionale Kleidung gefragt. So ist der Zwiebel-Look im Winter weitverbreitet und auch unerlässlich. Lange Unterhosen und Angora-Unterhemdchen gehören dazu. Logo, bei minus achtundzwanzig Grad ist man froh, wenn man noch ein Extrakleidungsstück zum Drüber- oder Drunterziehen hat. Für Eitelkeit ist da allerdings gar kein Platz mehr.

Aber

Wer sich über die neuesten kanadischen Modetrends informieren möchte, kann bei Walmart die ungewöhnlichsten Outfits und auch gleich die unglaublichsten Begebenheiten bestaunen. Für diejenigen, die nicht persönlich vor Ort sein können, gibt es eine eigens hierfür eingerichtete Website namens People of Walmart. Sollten Sie mal einen Bad Hair Day haben, schauen Sie sich bitte diese Seite an. Hier gibt es so viel Skurriles, dass Ihr Selbstbild ganz schnell wieder zurechtgerückt wird. Menschen gehen hier nicht nur in den seltsamsten Klamotten, sondern auch mit den ungewöhnlichsten Haustieren zum Einkaufen. So habe ich im Walmart schon mal eine Schlange um den Hals ihres Besitzers gewickelt gesehen. Na, dann viel Spaß!

2Gemütlichkeit

AUCH KANADIER HABENSELTSAME SITTEN UNDGEBRÄUCHE

Wie in jedem anderen Land auf dieser Erde auch gibt es in Kanada Sitten und Gebräuche, mit denen man sich vertraut machen oder die man zumindest kennen sollte, wenn man nicht auffallen und sich unmittelbar als Nicht-Kanadier outen will.

Was einem Europäer mit als Erstes auffällt, ist, dass der sonst so gelassene Kanadier von echter Gemütlichkeit bisher anscheinend wenig gehört hat (siehe auch Kapitel 30, S. 139). Eine der deutschen Lieblingstraditionen, nämlich am Nachmittag das Kaffeekränzchen mit Kuchen an einem schön gedeckten Tisch mit Kerzen und Omas geblümter Kaffeekanne, können Sie gleich vergessen. Das kennt der Kanadier nicht. Noch nie was von gehört. Wenn überhaupt Bedarf an geselligem Zusammensein am Nachmittag besteht, geht man auf einen Kaffee zu McDonald’s, wo man notfalls auch ganz schnell wieder gehen kann und nicht gezwungen ist, stundenlang zu sitzen. Auch die englische Teevariante wird in Kanada – obwohl Kanada (zumindest auf dem Papier) zum Commonwealth gehört – nicht gelebt. Er fühlt sich ja leicht eingesperrt und gefangen, der Kanadier, deshalb muss er auch den geliebten Kaffee mit auf die Flucht nehmen können. Coffee to go im Pappbecher oder in der umweltfreundlicheren Variante mit dem eigenen, von zu Hause mitgebrachten travel mug (einem Becher aus Hartplastik mit Schraubverschluss oder praktischer Nuckelvorrichtung) ist daher nicht nur weitverbreitet, sondern logischerweise auch die bevorzugte Form der »Kaffeeaufnahme«, wie ich das nenne. Von »Kaffeegenuss« kann ja nicht wirklich die Rede sein. Sollte also ein Kanadier mit Ihnen einen Kaffee trinken gehen wollen, freuen Sie sich gar nicht erst darauf, dass das ein gemütlicher Kaffeeklatsch werden könnte. Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. In der Regel holt man sich lediglich den Kaffee im Pappbecher und geht damit eine Runde spazieren oder setzt sich im Idealfall auf eine Bank im Park, wo man einen kurzes, ich wiederhole: kurzes Schwätzchen hält. Alles muss schnell gehen.

Praxistipp

Der echte Kanadier holt sich seinen Kaffee bevorzugt bei Tim Hortons. Diese Fast-Food-Kette ist ein echtes Phänomen. Neben Kaffee gibt es dort auch Donuts im halben oder ganzen Dutzend günstig zu kaufen. Egal wo oder um welche Uhrzeit man an einem Tim Hortons vorbeifährt, am drive through ist IMMER eine lange Autoschlange.

Eine, wie ich finde, durchaus angenehme Sitte der Kanadier ist es, dass grundsätzlich die Schuhe ausgezogen werden, wenn man ein Haus betritt. Das gilt nicht nur für Freunde und Familie, sondern auch für Handwerker oder sonstige Besucher eines Hauses. Gut, die zentimeterdicke Schicht aus Schnee und Matsch, die man im Winter an den Schuhsohlen kleben hat, bekäme man selbst auf dem besten Fußabstreifer nicht ab. Da ist es einfacher, direkt die Schuhe auszuziehen und draußen vor der Türe stehen zu lassen. Der Anblick, der sich einem an der Haustüre bietet, wenn die warmen Füße aus den kalten Schuhen gezogen werden und nur noch die qualmende Fußbekleidung in der Kälte stehen bleibt, trägt zudem sehr zur allgemeinen Erheiterung bei – nicht zuletzt wegen der unglaublich lustigen und vielfältigen Varianten an Socken. Selbst an ausgewachsenen Männerfüßen kann man bunte Socken mit allen möglichen Snoopy-Motiven und auch schon mal rosa Herzchen erspähen. Und man staunt wirklich, wo und an wie vielen Stellen so eine Socke Löcher haben kann. Das hebt die Laune ungemein. Aber mal von all den lustigen Aspekten abgesehen, ist das Betreten eines Hauses ohne Schuhe eine in der Tat respektvolle Geste.

Ach, bevor ich es vergesse, hier noch ganz kurz eine weitere (relativ wichtige) Angewohnheit in kanadischen Häusern: Die Badezimmertüre sollte immer offen bleiben, wenn man das Bad verlässt. Bei geschlossener Türe denken die im Haus befindlichen Personen, dass sich noch jemand im Bad befindet, und warten folglich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag geduldig darauf, dass jemand herauskommt. Tatsächlich abgeschlossen werden Toilettentüren meist nur in der Öffentlichkeit. Wenn die Tür offen ist, weiß man, dass sich auch wirklich niemand mehr im Bad befindet. So einfach ist das.

Aber

Wirklich typisch kanadische Sitten und Gebräuche sind – abgesehen von den oben genannten – relativ selten und schwer ausfindig zu machen. Kanada ist ein Einwanderungsland und damit in der Tat multikulturell. Die Menschen bringen ihre jeweiligen Traditionen mit, pflegen sie und geben sie weiter. Und irgendwie pickt sich dann jeder das Passende für sich heraus und nimmt es in sein Repertoire mit auf. Das macht Kanada gerade für Besucher so interessant. Oder wo sonst auf der Welt feiert man beispielsweise das Oktoberfest mit Lederhosen und Blasmusik, aber ein paar Monate später auch das Chinesische Neue Jahr mit Drachentanz? Genau.

3Fremdsprachen

NICHT ALLE KANADIERSIND GLEICH, ABER SIEKÖNNEN ALLE KEINFRANZÖSISCH

Kanada ist nicht nur wegen seiner vielen Einwanderer so vielschichtig, sondern auch aufgrund der einzelnen Provinzen mit ihren mannigfaltigen Besonderheiten. Da sind die Albertaner, die Québécois, Torontonians und Newfies (also Bewohner von Newfoundland), um nur ein paar zu nennen. Und alle haben so ihre Eigenarten. Man kann sich das in etwa so vorstellen, wie wenn man einen Niederbayern mit einem Ostfriesen vergleicht. Beide sind Deutsche, könnten aber unterschiedlicher nicht sein. Ähnlich verhält es sich mit den Kanadiern. So haben insbesondere die Newfies, wie man sie liebevoll nennt, große Schwierigkeiten, von ihren Landsleuten verstanden zu werden. Kanadier aus allen anderen Provinzen müssen regelmäßig nachfragen, weil sie den Dialekt einfach nicht verstehen. Abgesehen davon sprechen Newfies so schnell, dass die gemütlicheren Bewohner der anderen kanadischen Provinzen schnell die Lust verlieren, beim Zuhören hinterherzuhecheln. Als Nicht-Kanadier mit Englisch als Fremdsprache zweifelt man da schnell an seinen Sprachkünsten, aber wie mir von kanadischen Muttersprachlern versichert wurde, kann man diesen fiesen Dialekt nur verstehen, wenn der Neufundländer betrunken ist, denn dann und nur dann spricht er langsam und deutlich. Aber egal aus welcher Provinz, die Menschen haben alle ihre Eigenheiten, und am Ende sind sie einfach nur Kanadier. So simpel ist das.

Und von wegen hier sprechen alle die gleiche Sprache, oder besser gesagt: zwei Sprachen. Offiziell wird Englisch und Französisch gesprochen. Offiziell. Wenn man sich allerdings außerhalb von Québec aufhält, wird man schnell feststellen, dass kaum ein Mensch in Kanada Französisch spricht. Da wird zwar immer wieder stolz erzählt, dass man ja in der Schule Französisch als Pflichtfach hatte und deshalb zweisprachig aufgewachsen sei, aber für mehr als ein halbes Kinderlied und ein selbstbewusst und mit englischem Akzent herausgeschleudertes »bonjour« oder »merci beaucoup« reicht es leider im Praxistest nicht. Darüber lacht der Kanadier in der Regel. Man sieht das nicht so eng. Auch sieht er viel weniger die Notwendigkeit, überhaupt eine Fremdsprache zu lernen. Wozu die ganze Paukerei? Heutzutage spricht doch eh jeder Englisch. In der Provinz Alberta kann man seine gesamte Schulzeit absolvieren, ohne Französisch oder irgendeine andere Fremdsprache gelernt zu haben. Französisch ist hier kein Pflichtfach. Englisch – wie ich spöttisch zu behaupten wage – anscheinend auch nicht.

Wenn man sich dann aber tatsächlich mal in Québec oder anderen frankokanadischen Teilen des Landes aufhält und versucht, mit seinem in Deutschland gelernten europäischen Französisch zurechtzukommen, wird man schnell an den Rand der Verzweiflung getrieben. Man versteht da einfach gar nix. Das ist für europäische Ohren geradezu eine Zumutung. Mit der kanadisch-französischen Aussprache hat man in Deutschland allerhöchstens seine Französischlehrerin in der Schule geärgert. Hier spricht man ernsthaft so.

Übrigens

Mal abgesehen von dem die Ohren beleidigenden Französisch haben die Frankokanadier noch eine echte kulinarische Glanzleistung von Québec aus in den Rest von Kanada und die weite Welt getragen: poutine. Das sind Pommes mit Käsebruch oder Käsequark (cheese curds) und einer zähflüssigen braunen Bratensoße übergossen. Mmmhhh, lecker. Da hüpft das Herz eines jeden Gourmets, Diabetologen und Kardiologen. Die präzise Reihenfolge, wann welche Zutat dem Gericht hinzugefügt wird, ist dabei eine Wissenschaft für sich. Serviert wird das in ganz Kanada, nicht nur in Québec – probieren Sie es mal aus, wenn Sie die Gelegenheit und die entsprechende körperliche Verfassung dazu haben.

4Klischees

KANADIER HABENVORURTEILE UNDSIND NEUGIERIG

Wenn man als deutscher Urlauber in Kanada unterwegs ist, kann es durchaus sein, dass einem seltsame Fragen gestellt werden wie zum Beispiel »Habt ihr denn eigentlich Autos in Deutschland?«. Schon mal was von Mercedes, BMW und Volkswagen gehört? Hallo?! Nach anfänglich ungläubigem Staunen und kurzfristiger Empörung angesichts solch unfassbar großer Ignoranz stört einen das dann doch nicht wirklich. Irgendwie ist so viel Unwissen ja auch fast schon wieder putzig. Und mal ehrlich, als Deutscher freut man sich eher, wenn Einheimische überhaupt Interesse an der deutschen Kultur zeigen und man dann Gelegenheit hat, den Ahnungslosen etwas von seinem umfangreichen Wissen aufzutischen. Er soll ja auch nicht dumm sterben, der nette Kanadier.

Wenn man hingegen in Kanada lebt, muss man sich auf neugierige Fragen seiner Mitmenschen geradezu einstellen. Insbesondere die der Nachbarn. Die wollen alles wissen. Erst recht wenn man aus einem anderen Land ist. Da muss man freundlich und geduldig bleiben, sonst wird das nichts mit der guten Nachbarschaft oder dem Freundschaftenknüpfen.

Freunde in Kanada zu finden ist nicht ganz einfach, zumindest auch nicht leichter als in Deutschland oder dem Rest der Welt. Wie wahrscheinlich überall bestehen kanadische Freundschaften meist schon von Kindesbeinen an aus der Schule oder der Nachbarschaft über lange Jahre oder Jahrzehnte hinweg. Da ist es schwer, als Neuer in den Freundeskreis aufgenommen zu werden. Folglich ist gerade als Newcomer Eigeninitiative gefragt. Freundschaften entwickeln sich erst über einen längeren Zeitraum, wobei der Kanadier immerhin auffallend offen ist für neue Bekanntschaften. Da er, wie bereits erwähnt, sehr neugierig auf fremde Kulturen und Gepflogenheiten ist, sollte man das zu seinem Vorteil nutzen, denn es erleichtert die Sache ungemein, wenn man in seiner neuen Umgebung einen ersten Anschluss sucht. Die typischen Vorurteile Deutschen gegenüber haben sie alle, und genau diese Vorurteile werden stolz als kulturelles Wissen präsentiert, sollten aber gar nicht wirklich ernst genommen werden, denn als Beleidigung sind sie ganz sicher nicht gemeint. Sobald man als sein Herkunftsland Deutschland preisgegeben hat, sind Bratwurst, Sauerkraut, Bier, Lederhosen und Kuckucksuhren das, was einem in der Regel als Erstes an »Wissen« an den Kopf geworfen wird. Wenn man dann sagt, dass man kein Bier trinkt und auch nicht unbedingt Sauerkraut mag, glaubt einem das sowieso keiner. Also im Zweifelsfall einfach alles abnicken.

Man braucht nicht lange zu suchen, bis man auf nette, aufgeschlossene Leute trifft, denn die gibt es zuhauf in Kanada. Und nicht selten entwickeln sich solche anfänglich lockeren Bekanntschaften im Laufe der Zeit zu beständigen Freundschaften. Nach einer Weile wird man dann ein Stück in die Familie integriert. Einladungen zu sämtlichen größeren Familienfeiern wie Thanksgiving und Weihnachten folgen relativ zügig, denn der Kanadier sieht sich sehr gern in der Rolle des Gastgebers. Und diese Rolle erfüllt er mit Bravour. Da kann man fast ein bisschen stolz sein, wenn man von den Kindern der Freunde »Tante« oder »Onkel« genannt wird. Das ist der ultimative Liebesbeweis, dass man nicht mehr nur der Bekannte oder Nachbar ist, sondern ganz real zur Familie im weitesten Sinne dazugehört.

Aber

Auch Kanadier müssen sich mit vielen Vorurteilen auseinandersetzen. Eine Frage seitens ihrer südlichen Nachbarn, die sich seit Jahrzehnten hartnäckig hält und die sie sich auch heute noch regelmäßig gefallen lassen müssen, lautet: »Wie lebt es sich denn so in euren Iglus?« Diese Frage ist leider kein Witz, sondern völlig ernst gemeint. Dagegen lobe ich mir doch das Bratwurst- und Sauerkraut-Geschwätz, oder?

5Hausbesuche

KANADISCHEFREUNDE SINDUNSPONTAN

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