Was steht zur Wahl? - Hamed Abdel-Samad - E-Book

Was steht zur Wahl? E-Book

Hamed Abdel-Samad

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Beschreibung

Herfried Münkler, Hamed Abdel-Samad und Juli Zeh sprechen vor der anstehenden Bundestagswahl über die politische Landschaft in Deutschland. Welche Konstellationen, Personen und Themen sind von Bedeutung? Was sind wünschenswerte, was wahrscheinliche, was problematische Entwicklungen? Eine anregende Diskussion über die Grundlagen unserer Demokratie. Moderiert von Volker Panzer.

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Seitenzahl: 64

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Neuhardenberger Gespräche zur Zeit 2

Hamed Abdel-Samad, Juli Zeh undHerfried Münklerim Gespräch mit Volker Panzer

Was steht zur Wahl?

Über die Zukunft der Politik

Impressum

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2013

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Designbüro Gestaltungssaal

Umschlagmotive: © dpa Picture-Alliance / Wikimedia Commons Fotos im Innenteil:

© Stiftung Schloss Neuhardenberg/Torsten Stapel

ISBN (E-Book) 978-3-451-80073-3

ISBN (Buch) 978-3-451-30913-7

Die Veranstaltung ›Was steht zur Wahl? Über die Zukunft der Politik‹ fand am 21. April 2013 auf Schloss Neuhardenberg statt.

Die Reihe ›Neuhardenberger Gespräche zur Zeit‹ ist ein Projekt der Stiftung Schloss Neuhardenberg.

www.schlossneuhardenberg.de

INHALT

Begrüßung

Was steht zur Wahl? Über die Zukunft der Politik

Autoren und Stiftung

Begrüßung

VOLKER PANZER: Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zum zweiten »Neuhardenberger Gespräch zur Zeit«. Mein Name ist Volker Panzer. Vielleicht hat der eine oder andere noch das ZDF nachtstudio in Erinnerung, das ich über 15 Jahre moderiert habe.

»Was steht zur Wahl?« heißt unser Thema. Fast auf den Tag genau in fünf Monaten, am 22. September 2013, wählt das deutsche Volk den 18. Bundestag. Nach 64 Jahren Demokratie in Westdeutschland und 24 Jahren in den bis heute sogenannten neuen Bundesländern sind nach übereinstimmenden Umfragen die Deutschen nicht unbedingt demokratiefreundlich. Weniger als 50 Prozent glauben, dass unsere Demokratie das richtige System ist. In Finnland sind über 80 Prozent bekennende Demokraten.

Woran liegt das? Haben die Deutschen ein kritisches Verhältnis zur Demokratie oder verwechseln sie gar politisches System mit politischem Handeln? Sind wir Deutschen zu anfällig für Resignation gegenüber den gesellschaftlichen Anforderungen angesichts all dieser Krisen – der Euro-Krise, der Banken-Krise, der Werte-Krise und so fort? Oder ist das Gegenteil richtig? Wir verlassen uns nicht mehr auf die Gewählten, die da oben, sondern gehen zu Tausenden als Wutbürger auf die Straße, wie als bestes Beispiel die Protestbewegungen gegen Stuttgart 21 gezeigt haben?

Wie steht es also um Deutschland im Wahljahr 2013? Bedarf es grundlegender Änderungen der Gesellschaft jenseits politischer Alltagsgeschäfte? Müssen Versäumnisse abgebaut werden? Was bedeutet Demokratie in einer globalisierten Welt? Gibt es Alternativen? Und wenn ja, welche Alternativen zu Alternativlosigkeit von Regelungs- und Rettungsaktionen gibt es?

Meine Gäste bei diesem Gespräch sind Juli Zeh, Herfried Münkler und Hamed Abdel-Samad.

Dr. Juli Zeh ist promovierte Volljuristin und Diplom-Schriftstellerin – ja, das gibt es, an der Universität in Leipzig. Im Bundestagswahlkampf 2005 hat sie zusammen mit Günter Grass Rot-Grün unterstützt. 2008 hat sie Verfassungsbeschwerde gegen den biometrischen Reisepass eingelegt; heute wissen wir, dass es erfolglos war. 2009 war sie Mitglied der Bundesversammlung. Neben ihren Romanen hat sie sich auch mit politischen Büchern immer wieder eingemischt, so 2002 mit Die Stille ist ein Geräusch, einem Reisetagebuch über Bosnien, 2009 schrieb sie zusammen mit Ilija Trojanow Angriff auf die Freiheit. Mit ihrem neuen Roman Nullzeit ist sie zurzeit auf anstrengender Lesereise. Deshalb freue ich mich besonders, dass sie da ist. Herzlich willkommen, Juli Zeh.

Hamed Abdel-Samad ist in Gizeh bei Kairo geboren. Mit 23 Jahren kam er nach Deutschland, er studierte hier Politikwissenschaft und Geschichte. Bis 2010 arbeitete er am Institut für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität in München. Er hat übrigens eine Dissertation geschrieben, aber nicht abgeschlossen; Das Bild der Juden in ägyptischen Schulbüchern hieß sein Dissertationsthema. Seine Bücher Mein Abschied vom Himmel (2009), Der Untergang der islamischen Welt (2010), und zuletzt Krieg oder Frieden – Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens (2011) sind Bestseller. Berühmt wurde er als der Kluge und Ruhige neben dem quengeligen und lauten Herrn Broder in der Fernsehserie Entweder Broder – Die Deutschland-Safari. Er sagt von sich: Ich bin ein Muslim, der vom Glauben zum Wissen konvertiert ist. Herzlich willkommen, Hamed Abdel-Samad.

Professor Dr. Herfried Münkler hat den Lehrstuhl für Theorie der Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin inne. Seine Überlegungen zu Krieg, Imperien und übrigens auch zu den Mythen und zur Musik haben ganz neue Akzente in Politik und Geschichtswissenschaft gesetzt. So sind seine Publikationen, wie zum Beispiel Imperien. Die Logik der Weltherrschaft – Vom alten Rom bis zu den Vereinigten Staaten (2005), Der Wandel des Krieges – Von der Symmetrie zur Asymmetrie (2006) oder Mitte und Maß – Der Kampf um die richtige Ordnung (2010) nicht nur Bestseller, sondern auch Standardwerke geworden. Für sein Buch Die Deutschen und ihre Mythen (2009) bekam er den Buchpreis der Leipziger Buchmesse. Herzlich willkommen, Herfried Münkler.

Was steht zur Wahl? Über die Zukunft der Politik

VOLKER PANZER: »Was steht zur Wahl?« heißt unser Thema. Ist diese Bundestageswahl etwas ganz Neues, oder ist sie in die Reihung der anderen Wahlen einzuordnen? Ich möchte Sie gerne mit einem Zitat der Bundeskanzlerin konfrontieren. Sie hat am Freitag der Bild-Zeitung im Interview gesagt: »Bei der Bundestagswahl entscheiden Millionen von Menschen darüber, was sie von der Politik für ihr Leben erwarten.« Stimmt das, hat sie recht?

v.l.n.r.: Volker Panzer, Juli Zeh, Hamed Abdel-Samad und Herfried Münkler

HERFRIED MÜNKLER: Wenn die Millionen zur Wahl gehen und eine Entscheidung treffen, dann entscheiden sie jedenfalls, welche Regierung in Deutschland gebildet wird. Was den Einzelnen betrifft, ist das sehr viel komplizierter. Meine Kollegen aus der Spieltheorie haben ausgerechnet, dass in Deutschland die Wahrscheinlichkeit, die Zusammensetzung einer Regierung durch sein Wahlverhalten zu beeinflussen, geringer ist, als dass man auf dem Weg zum Wahllokal ums Leben kommt. Spieltheoretisch mag es für den Einzelnen also durchaus rational sein, zu Hause zu bleiben. Andererseits ist diese Wahrscheinlichkeit bei allen unseren tagtäglichen Verrichtungen gegeben. Insofern kann man sagen, wir bewältigen ohnehin in psychologischer Indifferenz, dass wir im Leben vom Tode bedroht sind, und dann kann man auch zur Wahl gehen. Es wird diesmal allerdings vermutlich eine Wahl sein, bei der es einen sehr geringen Grad an Polarisierung gibt, weil die Sozialdemokraten zu schwach sind und im Prinzip sicher ist, dass Frau Merkel mit irgendjemandem eine Regierung bildet, also Kanzlerin bleibt. So ist vorauszusehen, dass nicht so furchtbar viele zur Wahl gehen werden. Es wird schon eine ordentliche Wahlbeteiligung geben, aber die Mobilisierung, die durch Polarisierung zustande kommt, wird nicht eintreten. Das kann man jetzt schon leicht prognostizieren, glaube ich. Insofern ist es eine Wahl, die sich von früheren durchaus unterscheidet. Dass man bei dieser Wahl über das Leben entscheidet, glaube ich nicht wirklich. Die Bundesrepublik Deutschland ist so aufgestellt, dass Wahlentscheidungen, die zu Regierungswechseln geführt haben, keine fundamentalen Kurswechsel zur Folge hatten. Ob das gut ist? Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber es gehört zum Grundkonsens der alten Bundesrepublik und auch des vereinten Deutschland, dass, wie man so sagt, das Ruder nie richtig herumgeworfen wird. Es sind eher unterschiedliche Stellschrauben, die bedient werden. Insofern ist es nur ein bisschen Leben, über das wir entscheiden, wenn wir in diesem Herbst zur Wahl gehen.

VOLKER PANZER: Frau Zeh, ist es nicht ein bisschen sehr aus dem Vollen gegriffen, wenn eine Bundeskanzlerin sagt: Bei einer Bundestagswahl wird über das Leben entschieden? Oder hat sich in den vier Jahren seit der letzten Wahl so viel geändert, dass wir tatsächlich vor einer Entscheidungswahl stehen?

JULI ZEH: