Was wir verloren glaubten - Brittainy Cherry - E-Book

Was wir verloren glaubten E-Book

Brittainy Cherry

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Beschreibung

Manchmal gewinnst du, und manchmal verlierst du. Aber egal was passiert, du spielst immer weiter

Avery Kingsleys großer Traum geht in Erfüllung, als sie das Angebot bekommt. In der nächsten Saison das Baseball-Team der Highschool als Head-Coach zu trainieren. Doch plötzlich ist Baseball-Star Nathan Pierce zurück in Honey Creek - und mit ihm sorgsam verstaute Erinnerungen an Averys erste große Liebe. Nathan soll sich mit ihr die Leitung des Teams teilen, dabei möchte Avery nichts lieber, als sich von ihm fernzuhalten und ihr Herz zu beschützen. Denn sie spürt bei jeder Begegnung, dass das Spiel zwischen ihnen auch für Nathan noch nicht vorbei ist ...

»Wenn ich ein Buch von Brittainy Cherry in die Hand nehme, habe ich das Gefühl, als würde die Welt stehen bleiben. Sie ist die Queen of Emotional Damage - aber auf die beste Art und Weise.« @MISS.NERDSTAGRAM

Band 2 der PROBLEMS-Reihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Brittainy Cherry

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 548

Veröffentlichungsjahr: 2025

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INHALT

Titel

Zu diesem Buch

Leser:innenhinweis

Widmung

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Epilog

Dank

Die Autorin

Die Romane von Brittainy Cherry bei LYX

Impressum

Brittainy Cherry

Was wir verloren glaubten

Roman

Ins Deutsche übertragen von Katia Liebig

ZU DIESEM BUCH

Als Avery Kingsley das Angebot bekommt, in der nächsten Saison das Baseball-Team der Highschool als Head-Coach zu trainieren, geht ihr größter Traum in Erfüllung. Doch dann kehrt Baseball-Star Nathan Pierce völlig unerwartet nach Honey Creek zurück, was in Avery längst verdrängte Gefühle hervorruft. Nathan war ihre erste große Liebe und der Mann, mit dem sie sich alles hätte vorstellen können – bevor er sich gegen Avery und für seine Karriere als Profisportler entschied. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, soll er sie auch noch als Assistenzcoach beim Training unterstützen! Avery möchte nichts lieber, als endlich mit ihrer Vergangenheit abzuschließen und sich von Nathan fernzuhalten, um ihr Herz zu beschützen. Doch auch Nathan spürt bei jeder Begegnung, dass das Spiel zwischen ihnen noch nicht vorbei ist, und wenn er beim Baseball eins gelernt hat, dann dass Aufgeben keine Option ist …

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle

das bestmögliche Leseerlebnis.

Euer LYX-Verlag

Für das älteste Kind:

Mögest du deine Sonnenstrahlen finden.

1

AVERY

»Den hast du, den hast du! ACH, KOMM SCHON!«, kreischte ich und sprang vom Badewannenrand, mein Handy fest umklammert. Das war das ergreifendste Footballspiel, das ich je gesehen hatte. Das erste Quarter war noch nicht ganz vorbei, und ich kapierte einfach nicht, warum der Quarterback ausgerechnet zu Mr Butterfingers werfen musste.

Sie hatten Glück, dass der Wurf nicht abgefangen wurde, so wie bei einem der letzten Spiele. Mein Team machte einfach zu viele Fehler, und das schon gleich zu Beginn.

Ein Klopfen an der Tür ließ mich zusammenzucken.

»Avery? Kommst du?«, fragte Wesley von draußen.

Panisch blickte ich mich im Badezimmer um, bevor ich mir mein Handy in den BH schob.

Mein Verlobter und ich hatten heute zu einem technikfreien Abend eingeladen, was überhaupt keinen Sinn ergab, denn heute war Super Bowl. Wer veranstaltete an einem solchen Tag technikfreie Abende?

So was wäre Grund genug, meine Verlobung zu lösen. Erst recht, wenn das Spiel so spannend war wie dieses. Alle sahen es sich an, nur ich würde es verpassen. Nach unserer Trennung würden Wesley und ich den Leuten was von »unüberbrückbaren Differenzen« erzählen und jeder unserer Wege gehen.

Nächstes Jahr würde ich eine Super-Bowl-Party schmeißen.

Okay, es mag ein wenig weit hergeholt sein, eine Beziehung wegen eines Footballspiels zu beenden, aber es kam schließlich nicht jedes Jahr vor, dass mein Lieblingsteam das Spiel aller Spiele spielte. In den nächsten dreißig Jahren würde so etwas wahrscheinlich nicht noch einmal passieren.

Wetten, mein Dad feierte bei sich zu Hause, zusammen mit Tatiana, meinen beiden Schwestern Yara und Willow und meinem Schwager Alex? Tatiana war die beste Freundin unserer Mutter gewesen und wie eine Tante für mich. Nach Mamas Tod war sie eingesprungen und hatte Dad geholfen, mich und meine beiden Schwestern großzuziehen.

Und sie machte den besten Buffalo-Chicken-Dip für Dads Super-Bowl-Partys.

Abgrundtiefer Neid erfüllte mich, als ich daran dachte, dass Yara den Dip ohne mich verputzen würde, während Willow sich ihren veganen Dip reinzog.

»Alles in Ordnung?«, fragte Wesley.

»Ja, ja, sorry!«, rief ich, strich über mein schwarzes Kleid und kämmte mir die glatten schwarzen Haare hinter die Ohren. Ich blickte in den Spiegel und sah Mamas braune Augen zurückschauen. Manchmal war es Segen und Fluch zugleich, dass ich so viel von ihr geerbt hatte, von ihrer runden Nase und den hohen Wangenknochen bis zu ihrer dunkelbraunen Haut und dem nachtschwarzen Haar.

Ich atmete tief ein und aus, während ich mich innerlich darauf vorbereitete, den Abend mit Menschen zu verbringen, die ich nicht kannte. Mit fremden Leuten zu plaudern, war nicht gerade meine Stärke. Plaudern war generell nicht meine Stärke. Am liebsten waren mir Menschen, die gar nicht redeten. Oder zumindest nicht versuchten, mit mir zu reden.

Im reifen Alter von sechsunddreißig hoffte ich, abgesehen von meinen Schülern, bereits all die Menschen getroffen zu haben, denen ich in meinem Leben begegnen wollte. Doch leider war mein Raketenwissenschaftler-Verlobter für meinen Geschmack viel zu gesellig. Und schlimmer noch, die Leute, mit denen er sich umgab, waren ziemlich intelligent – also super-schlau. So helle, dass ich mich daneben wie eine Kiste Socken fühlte. Wir reden hier von einem IQ über 150.

Worüber sollte ich mich mit diesen Menschen unterhalten? Ganz sicher nicht über den Super Bowl, so viel stand fest.

Wenn ich mit Wesley allein war, konnte ich mit seiner Intelligenz umgehen. Wir führten eine ganz normale Beziehung – solange er nicht in irgendwelche Statistiken abtauchte. Ich hätte nicht gedacht, dass ein Mensch Statistiken und Wahrscheinlichkeiten so lieben konnte. Als er mich überredet hatte, mit ihm auszugehen, kam er mit einem kompletten Tortendiagramm, um mir zu zeigen, warum ein so abweisender und in sich gekehrter Mensch wie ich perfekt zu seiner lebhaften, sozialen Art passte.

Ich konnte den Zahlen unmöglich widersprechen.

Unsere Beziehung war in einem Laboratorium entwickelt worden.

Trotzdem reichte die Vorstellung, den Abend mit seinen Collegefreunden zu verbringen, um mich in Panik zu versetzen. Ich hatte Wesley schon zu ein paar Veranstaltungen seines Arbeitgebers begleitet und seine Kollegen kennengelernt, was jedes Mal eine ziemlich deprimierende Erfahrung gewesen war. Dabei glaube ich nicht mal, dass sie es mit Absicht getan hatten. Sie sprachen nur eine Sprache, die ich nicht verstand. Wenn ich über Sport geredet und richtig losgelegt hätte, würden sie mich vermutlich auch nicht verstanden haben.

Es muss also wohl kaum erwähnt werden, dass ich fürchtete, rein gar nichts mit diesen Menschen gemeinsam zu haben, die Wesley so viel bedeuteten.

Ich ließ die Badezimmertür aufschwingen und lächelte Wesley zu. »Bitte entschuldige. Hat länger gedauert, als ich dachte.«

Er grinste und zog eine Augenbraue hoch. »Tatsächlich?«

»Tatsächlich.«

Wortlos griff er in meinen BH und zog mein Handy heraus. »Du hast dir also nicht gerade die World Series angesehen und dabei dein Handy angeschrien?«

»Den Super Bowl«, korrigierte ich und nahm ihm mein Telefon aus der Hand. »Und nein, hab ich nicht. Natürlich nicht. Schließlich haben wir heute einen technikfreien Abend.«

»Gut. Ich nehme an, dann wird es dich sicher auch nicht stören, wenn ich das hier in meine Obhut nehme.« Er nahm mir mein Handy wieder ab, schob es in seine Gesäßtasche und drückte mir einen Kuss auf die Wange. »Und jetzt komm, es wird Zeit, dass du meine Freunde kennenlernst. Sie haben gerade geschrieben, dass sie in etwa zwei Minuten hier sind.«

Wesley und ich waren seit über drei Jahren zusammen, doch bisher hatte ich seine engsten Freunde noch immer nicht kennengelernt. Er war vor fünf Jahren für einen neuen Job von Charlotte, North Carolina, nach Illinois gezogen und hatte dabei seine besten Freunde zurückgelassen. Es war das erste Mal, dass die drei ihn hier in Honey Creek besuchten.

Und tatsächlich freute ich mich, endlich seine Trauzeugen kennenzulernen. Ich hatte schon viel über Patrick, Lance und Drew gehört, wobei Drew bei der Hochzeit nicht dabei sein würde, denn ich hatte nur meine beiden Schwestern als Brautjungfern, und damit wäre es nicht aufgegangen. Trotzdem war es seltsam, dass Wesley Drew zwar als engsten Kumpel bezeichnete, ihn aber nicht gebeten hatte, sein Best Man, also sein erster Trauzeuge zu sein. Stattdessen hatte Lance diese Rolle übernommen. Als ich Wesley danach gefragt hatte, zuckte er allerdings nur mit den Schultern. Vielleicht funktionierten Freundschaften unter Männern ja anders als Frauenfreundschaften.

Die vier Freunde hatten während ihrer ersten Jahre an der Uni zusammen studiert und seitdem Kontakt gehalten, auch wenn danach jeder seinen eigenen Weg gegangen war. Soweit ich wusste, waren die anderen drei ebensolche Genies wie Wesley.

Als es an der Tür klingelte, folgte ich ihm nach vorne und machte mich bereit, so gesellschaftsfähig wie möglich zu sein. Ich klebte mir ein breites Lächeln ins Gesicht, Wesley öffnete die Tür, und vor uns standen seine drei Freunde und grinsten uns an. Jubelnd präsentierten sie die Sektflaschen in ihren Händen und stürzten sich auf Wesley, um ihn zu umarmen.

Sie lachten und feierten ihr Wiedersehen, während ich danebenstand und die Situation in mich aufnahm. Irgendwann ließen sie von Wesley ab, traten ins Haus und lächelten mich an.

Wesley kam zu mir und legte den Arm um meine Taille. »Leute, das ist meine wunderschöne, talentierte, atemberaubende Verlobte Avery. Avery, das sind Patrick, Lance und Drew«, verkündete er.

Ein wenig überrascht schüttelte ich den dreien die Hand, denn wie sich herausstellte, hatte es in Drews Fall wohl ein kleines Missverständnis gegeben. Sein bester Freund war eine FreundIN.

Drew Jacobson war eine Frau.

Eine wunderschöne Frau mit langen blonden Haaren und den blauesten Augen, die ich jemals gesehen hatte.

Ich gab mir alle Mühe, cool zu bleiben, kam aber einfach nicht darüber hinweg, dass der beste Kumpel meines Verlobten eine Vagina hatte – und ich hatte nichts gewusst.

Reizend.

Normalerweise war ich ziemlich selbstbewusst, aber Drews Erscheinen jagte eine Welle des Unbehagens durch meinen Körper. Vor allem der Blick, mit dem sie Wesley ansah. Vielleicht bildete ich es mir ja nur ein, aber für meinen Geschmack hatte Drew Wesley ein bisschen zu lange in den Arm genommen. Es war immer ein wenig unangenehm, wenn eine Frau einen Mann, der bereits vergeben war, ein bisschen zu lange umarmte. Letztes Jahr hätte ich mich fast mit der Tratschtante unserer kleinen Stadt, Milly West, angelegt, weil sie Alex auf Alex’ und Yaras Hochzeit mit ihren schmierigen Fingern angefasst hatte. Willow hatte mir erklärt, dass es nicht sehr damenhaft wäre, auf der Hochzeit meiner Schwester eine ältere Frau zu vermöbeln, aber ich hatte mich nur so gerade zusammenreißen können. Jedenfalls bis Alex das Gesicht verzog, Millys Hände von sich abschälte und seine eigenen um Yara legte, wobei er genervt die Augen verdrehte.

Typisch Alex Ramírez. Er rollte ständig genervt mit den Augen, und zwar über alles und jeden, abgesehen von seiner Frau. Er hasste den Umgang mit Menschen genauso sehr wie ich. Eines der Dinge, die wir gemeinsam hatten. Das andere war unsere Liebe für meine kleine Schwester.

Alex war ein guter, loyaler Mann wie mein Vater. Und Wesley stand auch auf dieser Liste.

Vor Wesley war ich nur mit einem einzigen Mann zusammen gewesen, damals im zarten Alter von achtzehn. Die ganze Geschichte hatte auch nur einen Sommer lang gehalten. Danach hatte ich den größten Teil meines Lebens als Single verbracht, was mich nicht im Geringsten gestört hatte. Erst als Wesley auf der Bildfläche erschien, dachte ich wieder ernsthaft darüber nach, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein, einen anderen Menschen zu lieben. Davor hatte ich mich bereits mit dem Gedanken angefreundet, als alte Jungfer zu sterben und mein Leben vorher voll auszukosten. Ich wusste, dass ich keinen Mann brauchte, um glücklich zu sein. Tatsächlich war ich von der männlichen Spezies sogar eher genervt.

Meine jüngste Schwester Willow, Freigeist, der sie war, erinnerte Yara und mich zuverlässig daran, dass die größten Liebesgeschichten die waren, die uns im Spiegel entgegenblickten, und Männer bloß interessante Spielfiguren, die wir nach Belieben aufnehmen und wieder weglegen konnten.

Ich dachte immer, das sei bloß ihre Ausrede dafür, dass sie selbst im Laufe der Zeit so einige Spielzeugfiguren aufgenommen und wieder abgelegt hatte. Trotzdem glaubte ich ihr und sorgte dafür, dass mein Leben sich nie nur um Männer drehte. Ehrlich gesagt, hielt ich die meisten von ihnen ohnehin für arrogant, übelriechend und ziemlich wertlos. Als ich dann aber Wesley kennenlernte, spürte ich, dass er anders war, denn er brachte meine Vorurteile über Männer ins Wanken.

Dachte ich jedenfalls, bis ich in unserem Wohnzimmer saß und mit seinen Freunden Scharade spielte.

Mit Drew.

Drew mit der Vagina.

Ein paar Dinge, die ich in den letzten dreißig Minuten über Drew erfahren hatte: Sie lachte wie eine Hyäne; wenn sie log, zuckte ihr Mund; und sie vermied raffinierten Zucker mit jeder Faser ihres Wesens. Was jedoch, dem Zucken ihrer Lippen nach zu urteilen, gelogen war.

Und je mehr Sekt die Frau trank, desto unausstehlicher wurde sie.

Drew stellte sich vor uns hin, band ihre langen Haare zu einem Pferdeschwanz und klatschte in die Hände. Dann machte sie eine Geste, als würde sie eine altmodische Kamera bedienen.

»Ein Film!«, rief Wesley. Ein bisschen übereifrig, wenn ihr mich fragt. Er grinste ununterbrochen, seit diese Frau – und seine anderen Freunde – unser Haus betreten hatten. Ich schwöre, es war das erste Mal, dass ich sein komplettes Gebiss zu Gesicht bekam. Du meine Güte, hatte er etwa noch seine Weisheitszähne? Normalerweise hielt sich Wesley mit seinem Lächeln ziemlich zurück und machte ein eher nüchternes Gesicht.

Drew nickte und hielt dann zwei Finger in die Luft.

»Zwei Wörter!«, rief Wesley.

Wieder nickte sie und begann dann, eine Szene zu spielen – und zwar ziemlich schlecht. Sie sah aus wie ein wildes Kind, streckte die Hände in die Luft, und Wesley starrte sie an wie Meryl Streep in einem Oscar-prämierten Film. Das war der Moment, in dem meine Spidey-Sinne vibrierten. Die Art, wie mein Verlobter diese Frau anstarrte, gefiel mir überhaupt nicht. Nennt mich paranoid, aber mein Vater hatte mir schon früh beigebracht, immer auf mein Bauchgefühl zu hören. Und mein Bauchgefühl sagte mir jetzt, dass an der Beziehung zwischen Drew und Wesley irgendetwas seltsam war.

Patrick und Lance lachten über Drews Vorstellung und hatten offensichtlich keine Ahnung, was Drew da machte. Mir ging es nicht anders, während ich zusah, wie die Frau ihr Bestes gab. Aber offenbar war ihr Bestes nicht gut genug. Sie mochte Raketenwissenschaftlerin sein, aber eine Scharadenkönigin war sie eindeutig nicht.

»Kommt schon!«, rief Drew und klatschte in Richtung Wesley in die Hände. »Wir haben es bei unserem ersten Date gemacht, auf dem Schiff!«, drängte sie.

Und da war’s.

Mein Bauchgefühl hatte recht gehabt.

Erstes Date?

Diese Bemerkung konnte ich nicht einfach übergehen.

Oder vielleicht doch. Denn Wesley sprang auf und klatschte in die Hände. »Titanic!«, rief er und machte ein paar Karateschläge in die Luft, wobei er vor Aufregung fast platzte.

Dieser. Blödmann.

Starr vor Schreck hockte ich wie festgeklebt auf der Couch.

»Ja!« Drew rannte zu meinem Verlobten und schlang die Arme um ihn. Und er erwiderte ihre Umarmung so fest, als wäre es vollkommen in Ordnung. Kochend vor Zorn saß ich da wie die letzte Idiotin und verfolgte die romantische Szene, die sich vor meinen Augen abspielte.

Was.

Zur.

Hölle?

Ich starrte die beiden an, als wären ihnen gerade drei Köpfe gewachsen. Vollkommen fassungslos. Sie hätten sich ebenso gut die Klamotten vom Leib reißen und es gleich hier im Wohnzimmer treiben können. Die Respektlosigkeit, die sich vor meinen Augen vollzog, war einfach unglaublich.

Als sie sich endlich losließen, sagte ich: »Das zählt nicht.«

Alle sahen mich irritiert an.

Drew kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Was zählt nicht?«

»Euer Punkt für das Spiel. Er zählt nicht. Du darfst keine Worte benutzen.«

Wesley lachte und setzte sich neben mich. Er fuhr sich mit der Hand durch das rotbraune Haar und zuckte die Schultern. »Ich finde, wir können unsere Regeln selbst machen.«

Hatte er gerade in meinen Augen an Attraktivität verloren?

Ich schwöre, eben hatte er noch sehr viel besser ausgesehen.

Jetzt klang seine Stimme wie Fingernägel auf einer Schultafel.

Oh mein Gott, ich war mit einem hässlichen Mann verlobt!

»Warum sollten wir die Regeln selbst machen? Es gibt schon Regeln für dieses Spiel«, sagte ich. »Der Sinn einer Scharade liegt darin, nicht zu sprechen. Das ist buchstäblich die Definition von Scharade.«

»Das Wort Scharade kann auch eine absurde Vorstellung mit dem Zweck einer spaßigen Erscheinung bedeuten«, erwiderte Drew lachend. Wie schön, dass sie immer noch so viel Spaß hatte.

»Ja, aber dieses Spiel hier nicht. Deshalb bekommt ihr keinen Punkt.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und spürte, wie die Stimmung im Raum kippte. Und sofort fühlte ich mich miserabel, weil ich dafür verantwortlich war. Ich und irgendwelche neu erschlossenen Unsicherheiten, mit denen ich nicht umgehen konnte. Ich hatte ja nicht mal gewusst, dass ich so was überhaupt hatte! Wegen eines Mannes? Wie enttäuschend. Was war nur los mit mir?

»Nimm’s nicht so ernst, Schatz«, sagte Wesley und lehnte sich zu mir rüber. Sein »Schatz« klang in meinen Ohren ziemlich herablassend. Vielleicht war ich aber auch nur ziemlich kritisch. Er gab mir einen leichten Kuss auf die Wange. »Ich glaube, wir brauchen einfach mehr Sekt.«

Ich sah zur Küche hinüber, wo Patrick stand und die leeren Flaschen hochhielt. »Leider gibt es keinen mehr«, sagte er.

Ich sprang von der Couch. »Ich flitze rasch zum Laden an der Ecke und hole Nachschub. Bin gleich wieder da.«

»Oh, aber das brauchst du …«, setzte Lance an.

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, schon gut. Macht ihr einfach weiter mit eurer wortreichen Scharade. Ihr werdet gar nicht merken, dass ich weg bin.« Ich drehte mich nicht noch mal zu Wesley um, denn ich war mir sicher, dass er mich ziemlich irritiert ansah. Aber ganz ehrlich? Scheiß drauf!

Denn warum hatte Drew eine Vagina, mit der er mal ausgegangen war? Und die beiden waren nicht nur miteinander ausgegangen, sie hatten auch eine Szene aus Titanic nachgespielt. Das musste Liebe sein!

Ich schnappte mir Handtasche und Jacke und lief zur Tür. Als die eisige Februarluft meine Wangen traf, entspannte sich mein überhitzter Körper ein wenig. Vielleicht reichte das ja schon – ein wenig frische Luft, um wieder runterzukommen. Kaum vorstellbar, dass eine einfache Scharade meinen Blutdruck so nach oben getrieben hatte.

Während ich über den halb mit Schnee bedeckten Gehweg zu Jackie’s Beer & Spirits stapfte, schimpfte ich leise mit mir selbst, weil ich mich wegen eines blöden Spiels so aufgeregt hatte. Hatte ich überreagiert? Schon möglich, aber Wesley hatte schließlich nie erwähnt, dass sein bester Kumpel eine Frau war. Eine Frau, mit der er immerhin mal gegangen war. Ich fand, dass ich jedes Recht hatte, wütend zu sein. Noch mehr allerdings ärgerte ich mich darüber, wie ich auf seine Freunde gewirkt haben musste. Ich hatte einen ziemlich miesen ersten Eindruck gemacht, und jetzt hielten sie mich wahrscheinlich für eine Psychopathin.

Ich betrat den Liquor Store und atmete erleichtert auf, als ich eines meiner Lieblingsgeräusche hörte – die Stimme eines Sportmoderators im Fernsehen. Schnell schnappte ich mir ein paar Flaschen Sekt und ging wieder nach vorn, wo Jackie hinter ihrem Tresen saß und sich das Super-Bowl-Spiel ansah.

»Hey Avery. Bin überrascht, dass du dich vom Spiel losreißen konntest. Hast du die Show in der Halbzeitpause gesehen? Miley Cyrus war die Überraschung!« Jackie nahm mir die Flaschen ab und scannte sie ein.

Mürrisch schüttelte ich den Kopf. »Hab’s verpasst.«

»Du? Die Sportlady persönlich hat das Spiel verpasst?«

»Ja, ich sehe mir das Spiel heute Abend nicht an«, murmelte ich und starrte auf den Fernseher. Mein Team führte mit drei Punkten im vierten Quarter. Wie zum Teufel hatten die das hinbekommen? Ohne den Blick vom Fernseher abzuwenden, bezahlte ich die drei Flaschen und ergriff sie am Hals. Die Menge jubelte, als das gegnerische Team warf und der Wurf von Jameson abgefangen wurde.

»Ja, verdammt!«, rief ich und warf die Hände in die Luft. Ich konnte es einfach nicht glauben, dass ich hier im Liquor Store eine der besten Interceptions aller Zeiten miterlebt hatte. Jameson fing den Ball nicht nur, sondern sprintete sofort los, als würde er von einem maskierten Killer verfolgt. »Lauf, lauf, lauf!«, kreischten Jackie und ich unisono. Mein Herz schlug wie wild, als er es in die Endzone schaffte und einen weiteren Touchdown hinlegte.

»Oh mein Gott!«, rief ich und hüpfte vor Freude auf und ab.

»Verrückt!«, sagte Jackie und schüttelte ungläubig den Kopf.

»Du hast recht, das war echt der Wahnsinn.« Die tiefe, samtige Stimme hinter mir ließ mich vor Schreck wieder in meinen Körper zurückfahren. Ich drehte mich um und stieß mit einem riesigen, festen Körper zusammen, wobei sich mein Griff um die Flaschen lockerte. Sie begannen zu rutschen, doch der Mann hatte gute Reflexe und fing alle drei mit den Armen auf.

Mit. Verdammt. Gigantischen. Armen.

»Wow. Gut gerettet, Nathan«, bemerkte Jackie und konzentrierte sich wieder auf den Fernseher.

Meine Augen wanderten nach oben, und als sich unsere Blicke trafen, hämmerte mein Herz wie verrückt gegen meine Rippen. Diesmal allerdings nicht vor Aufregung, sondern vor Verachtung.

Nathan. F**king. Pierce.

Schlimmer konnte mein Abend nicht mehr werden.

Mit meinen Sektflaschen in den Armen stand Nathan da. Und hatte die Nerven, mich mit seinem strahlend weißen, typisch amerikanischen Lächeln zu erquicken. Ich hasste dieses Lächeln mehr als alles auf der Welt und tat so ziemlich alles, um ihm aus dem Weg zu gehen, seit er wieder in Honey Creek war.

Nathan Pierce war nicht einfach nur ein Junge, der von hier fortgegangen war – er war verflucht noch mal davongerannt. Ich war mir nicht sicher, ob es einen Menschen gab, den ich noch abgrundtiefer hasste als diesen Mann, der hier vor mir stand. Neben seinem nervtötend beeindruckenden Körperbau, in endlosen Stunden auf dem Baseballfeld geformt, und seiner ein Meter sechsundneunzig messenden Muskelmasse fühlte ich mich winzig. Und dabei war ich mit meinen eins fünfundsiebzig nicht mal sonderlich klein. Aber wenn Nathan neben mir stand, fühlte ich mich wie eine Ameise.

Zumal er nicht nur einen riesigen Körper hatte, sondern auch ein riesengroßes Herz. Seine Gesichtszüge waren so warm und einladend, dass ich am liebsten die Wände hochgegangen wäre. Alle in der Stadt liebten diesen Mann. Wahrscheinlich weil er mal berühmt gewesen war. Die Leute in Honey Creek liebten alles, was einen Hauch von Erfolg aufweisen konnte. Auch wenn Nathan mit fliegenden Fahnen untergegangen war.

Seit seiner Rückkehr hatte ich ihn aus der Ferne beobachtet. Seine tiefsitzenden braunen Augen waren intensiv und ausdrucksvoll. Er konnte eine Million Dinge allein mit seinen Augen ausdrücken, und es hatte mal eine Zeit gegeben, da konnte ich sie alle lesen. Er hatte glatte braune Haut, die selbst im Winter vor Gesundheit zu leuchten schien. Sein Lächeln zog die Leute mit seiner Wärme in seinen Bann, und seine raue Schönheit sorgte dafür, dass sich ihm die Frauen buchstäblich an den Hals warfen. Der leichte Bartschatten am Kinn und wie er sein Basecap trug, mit deutlich sichtbarer Biegung im Schirm, gaben ihm einen mühelosen Charme und eine besondere Attraktivität.

Jedenfalls für alle anderen.

Ich fand, es sah ziemlich dämlich aus.

Dämlich und hässlich.

Hässlich und dämlich.

Sein Lächeln wurde breiter, was meine Haut kribbeln ließ, als hätte jemand eine Million Spinnen darauf losgelassen. Noch nie war mir ein Lächeln begegnet, bei dem ich so dringend kotzen wollte.

»Hey Avery«, sagte er.

Oh mein Gott.

Ich wünschte, er hätte meinen Namen vergessen, denn das Letzte, was ich hören wollte, war, wie mein Name über seine Lippen kam. Wesley war meine aktuelle Liebe, doch Nathan war meine erste gewesen. Er war der Mann, der mich dazu gebracht hatte, Männer zu hassen. Der Mann, der tiefe Narben auf meinem Herzen hinterlassen hatte, und das viele Jahre, bevor er loszog, um für Kalifornien die World Series zu gewinnen.

Zweimal.

Wesley hatte mich sozusagen von meinem Hass auf Männer erlöst. Jedenfalls bis die hübsche kleine Miss Drew auf der Bildfläche erschienen war.

Jetzt hasste ich sie wieder alle.

Vor allem den, der jetzt meine Sektflaschen im Arm trug.

Ich riss ihm die Flaschen weg und starrte ihn feindselig an. »Sprich nicht mit mir«, befahl ich ihm, meine Stimme triefte vor Verachtung. Und dann verließ ich ohne ein weiteres Wort den Laden und stapfte wütend nach Hause zurück.

Typisch Nathan. Wer sonst würde mir allein durch seine Existenz die perfekte Touchdown-Freude verderben?

»Okay, verstehe«, sagte Wesley, nachdem seine Freunde sich verabschiedet hatten, und drehte dabei ein paar Würfel zwischen den Fingern. »Du bist sauer.«

»Ach wirklich?«, schnaubte ich, während ich die leeren Sektflaschen zum Altglas stellte. Ich hasste es, wenn er das tat – wenn er mir sagte, wie ich mich fühlte. Wenn ich wütend war, dann wollte ich selbst zu dieser Erkenntnis kommen. Wesley musste mir nicht sagen, dass ich wütend war. Das machte mich nur noch wütender.

Als ich vom Sektholen zurückgekommen war, hatte ich ein tapferes Lächeln aufgesetzt und so getan, als wäre alles in bester Ordnung, damit Wesleys Freunde mich nicht für eine vor Wut rasende Dramaqueen hielten. Auch wenn ich in Wahrheit eine vor Wut rasende Dramaqueen war. Plötzlich bemerkte ich jeden kleinsten Kommentar, den Drew in Wesleys Richtung abgab, und zählte, wie oft sie eine Gelegenheit fand, ihn anzutatschen.

Siebenundvierzig Mal.

Sie hatte ihn siebenundvierzig Mal berührt!

»Ja, das bist du, und es ist vollkommen verständlich«, sagte Wesley jetzt, der mir mit der fast leeren Charcuterie-Platte in die Küche folgte. »Ich hätte dir von Drew erzählen müssen.«

»Du meinst, du hättest erwähnen müssen, dass dein bester Kumpel eine Frau ist, und dass ihr mal zusammen wart? Du hättest erwähnen müssen, dass deine Exfreundin vorbeikommt, statt es mich durch eine Bemerkung bei eurer Scharade selbst herausfinden zu lassen? Ja. Ja, das hättest du wohl. Du hattest überhaupt noch nie erwähnt, dass du vor mir schon mal mit jemandem zusammen warst.«

»Weil mir vor dir niemand wirklich etwas bedeutet hat.«

»Netter Versuch, Schleimer. Wie lange wart ihr beide zusammen?«

»Nicht lange.« Er warf ergeben die Hände in die Luft. »Nur ganz kurz.«

»Wie kurz ist kurz?«

»Drei oder vier Jahre.«

»Vier Jahre?« Ich schnappte nach Luft.

Er ist so hässlich!

»Ich weiß, das klingt lang, aber ehrlich, Avery, es ist ewig her. Wir waren ein typisches Collegepärchen. Das Ganze ist längst Geschichte.«

»Das schien sie aber anders zu sehen«, murmelte ich. »Sie ist in dich verliebt.«

Er schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht in mich verliebt.«

»Sie hat den ganzen Abend nichts anderes gemacht, als zu erzählen, wie wundervoll du bist, und dass du ihr alles beigebracht hast, was sie über das Schub-Gewicht-Verhältnis weiß, was in meinen Ohren ziemlich unangebracht klingt.«

»Oh, nein. Das hat nichts mit Sex oder so zu tun, falls du das denkst. Das Schub-Gewicht-Verhältnis vergleicht die Schubkraft eines Motors mit dem Gewicht des Fahrzeugs und …«

Ich legte ihm eine Hand auf den Unterarm. »Wesley.«

»Ja?«

»Von Raketenwissenschaft habe ich vielleicht keine Ahnung, aber von Frauen. Sie hat davon gesprochen, wie du dein Gewicht in ihr Fahrzeug geschoben hast.«

Er schüttelte den Kopf. »Findest du nicht, dass du überreagierst?«

»Sag das nicht. Sonst tue ich es wirklich, und dann schläfst du heute Nacht auf der Couch. Ich will damit nur sagen, dass es nett gewesen wäre, eine kleine Vorwarnung zu bekommen, dass du deine Ex zum Spieleabend eingeladen hast. Zumal das einzige Spiel, das wir uns an diesem Abend hätten ansehen sollen, der Super Bowl gewesen wäre.«

Er kniff die Augen zusammen. »Ist es das, worum es hier geht? Dass du dein Footballspiel verpasst hast?«

»Nein, es geht nicht darum, dass ich das Spiel versäumt habe, auch wenn es das spannendste Spiel in der Geschichte des Football gewesen sein dürfte. Es geht um die mangelnde Kommunikation. Du hast mich in eine unangenehme Situation gebracht, und das mag ich nicht, Wesley. Ich mag es nicht, so überrumpelt zu werden.«

»Du hast recht.« Er trat näher, legte die Hände auf meine Schultern und küsste mich. »Ich hatte unrecht.« Er küsste mich. »Entschuldige.« Kuss. »Vergib mir.«

Ich murrte noch ein wenig, erwiderte seinen Kuss jedoch. »Okay. Aber nur, wenn du dir mit mir die Replays vom Spiel heute Abend ansiehst.«

»Einverstanden. Aber sag mir … Wie findest du meine Freunde?«

Lance und Patrick mochte ich. Die beiden waren witzig und bodenständig, was mir sehr gefiel. Aber Drew? Ja, screw Drew. Aber das wollte ich Wesley so nicht sagen, es wäre gemein gewesen. Und außerdem war ich mir sicher, dass er mir dann bloß mangelndes Selbstwertgefühl vorgehalten hätte. Und nichts machte mich wütender als die Vorstellung, dass ein Mann denken könnte, mein Selbstwertgefühl ramponiert zu haben.

Trotzdem. Ihn anzulügen erschien mir auch nicht richtig. Also sagte ich ihm das Einzige, was mir einfiel: »Sie sind echt schlau«, lobte ich. »Extrem schlau.«

Er lächelte stolz. »Ja, nicht wahr?«

2

AVERY

Nach dem Super Bowl begann für mich die beste Zeit des Jahres: Die Baseballsaison. Ich war Fachleiterin für Sport an der städtischen High School und gleichzeitig seit fünf Jahren Assistenztrainerin unseres Baseballteams. Bis dieses Jahr Coach Erikson als Haupttrainer abgetreten war und ich die Gelegenheit bekommen hatte, die Leitung zu übernehmen. In den letzten Jahren hatten meine Schwestern mich immer schon als Head Coach betrachtet, auch wenn ich es nie gewesen war, denn Coach Erikson hatte sorgfältig darauf geachtet, mich klein zu halten, sodass ich das Team im Grunde nie wirklich hatte unterstützen können. Mit Ende sechzig und einem ziemlich veralteten Trainingsansatz war er nicht selten mit mir aneinandergeraten, weshalb ich mich jetzt darauf freute, allen zu zeigen, dass die Honey Creek Hornets kein schlechtes Team waren – sie waren bloß schlecht geführt worden.

Mit der ersten Februarwoche begann die Pre-Season, und ich konnte es kaum erwarten, endlich anzufangen. Mein gesamter Stolz steckte in diesem Sport, auch wenn unser Team nicht unbedingt das beste war. Trotzdem hatten wir ein paar ziemlich gute Spieler, die es vielleicht bis in die großen Ligen schaffen konnten. Ich glaubte an die Jungs und wusste, dass sie auf dem Feld unglaubliche Dinge vollbringen konnten, wenn man sie nur in die richtige Richtung wies.

Cameron Fisher war einer von ihnen. Jedenfalls war er es gewesen, bis er letztes Jahr einen schweren Schicksalsschlag hatte verkraften müssen. An seinem Spiel konnte ich sehen, wie sehr der Verlust seiner Mutter ihm zusetzte, und ich überlegte immer noch, wie ich ihm am besten helfen konnte, denn mittlerweile war er in seinem vorletzten Jahr an der High School, und die Scouts waren extrem an ihm interessiert. Gewesen.

Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen …

Oh Mist. Der Junge würde jeden Moment losheulen.

Cameron stand an seiner Plate, biss sich auf die Unterlippe und versuchte die Tränen zurückzudrängen, die sich hinter seinen Augen sammelten. Er hatte schon zwei Strikes, und seinem Lippenkauen und den zitternden Ellbogen nach zu urteilen, würde er auch noch den dritten kassieren.

In letzter Zeit hatte Cameron eine Art Lampenfieber entwickelt. Dabei war er locker der beste Spieler im Team. Jedenfalls im Training. Da konnte der Junge mit geschlossenen Augen einen Homerun schlagen, doch wenn er gegen ein anderes Team spielen musste, erstarrte er wie ein Fertiggericht, dass man hinten im Gefrierschrank vergessen hatte.

Ich hockte im Dugout, wrang die Hände und rief stumm, was ich immer rief, wenn Cameron als Schlagmann dran war.

Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen …

Er ging in Schlaghaltung und hielt den Schläger perfekt. Seine Teamkollegen im Dugout feuerten ihn an und klatschten. Sie wussten ebenso gut wie ich, was passieren würde, aber sie feuerten ihn trotzdem an, denn so machten das gute Teamkollegen.

Ich sah hinüber zu den Scouts auf der Tribüne. Was für ein Pech, dass sie ausgerechnet heute gekommen waren, um Cameron spielen zu sehen. Er war so viel besser, aber sie sahen natürlich genau das Gegenteil. Es war nicht fair, aber der Junge lebte in letzter Zeit zu viel in seinem Kopf und zu wenig in seinem Herzen. Was ich ihm nicht verübeln konnte. Nach dem Tod meiner Mutter war ich durchs Leben gewatet wie durch Treibsand und nirgendwo angekommen. Trotzdem ärgerte ich mich darüber, dass es ausgerechnet Cameron passieren musste, und das in so einem wichtigen Moment seiner Baseballkarriere.

Die Scouts waren ohnehin noch ziemlich früh dran. Die Saison hatte noch gar nicht richtig angefangen, und diese Freundschaftsspiele zählten gar nichts.

Cameron atmete tief durch, und ich hielt die Luft an.

Der Ball flog, Cameron holte aus – und schlug daneben.

Verdammt.

Die Zuschauer des anderen Teams jubelten, während unsere Handvoll Fans buhte. Das lauteste Buh kam von Camerons Vater Adam Fisher, der ebenfalls auf der Tribüne stand, vermutlich betrunken.

»Was war das denn, Cam? Verdammt!«, brüllte Adam und gestikulierte wild, als wäre gerade die Welt untergegangen. »Komm schon!«

Der Gesichtsausdruck, mit dem die Scouts ihre Sachen zusammenpackten und die Tribüne verließen, sagte alles. Sie hatten genug gesehen, was mich ehrlich wütend machte, denn tatsächlich hatten sie nicht mal annähernd genug von diesem Jungen gesehen. Er hatte so viel mehr drauf, als er in seiner Trauer präsentieren konnte.

Mein Vater saß ebenfalls auf der Tribüne. Seit ich vor fünf Jahren als Trainerin angefangen hatte, war Daddy bei jedem Heimspiel dabei. Er lächelte mir zu und zuckte die Schultern. Ich konnte seinen Kommentar hören, ohne dass er überhaupt etwas sagte: Manchmal gewinnst du, und manchmal verlierst du, aber egal was passiert, du spielst immer weiter.

Matthew Kingsley war der Vater des Jahrhunderts. Er hatte mich zum Baseball geführt, und seine stille Unterstützung brachte mich jedes Mal durch die Saison. Ich wünschte, Adam Fisher würde zum Thema elterliche Unterstützung mal einen Blick ins Handbuch meines Vaters werfen.

Cameron stürmte vom Feld. Ein paar seiner Teamkollegen versuchten ihm auf die Schulter zu klopfen und ihm zu versichern, dass es schon okay war, doch Cameron schüttelte sie bloß ab und schob sich in die hinterste Ecke des Dugout, wo er seinen Helm abzog und auf den Boden schleuderte.

Nicht weinen. Nicht weinen. Nicht weinen …

»Scheiße!«, platzte es aus ihm heraus, er vergrub das Gesicht in den Händen und fing an zu weinen.

Mist.

Jedes Mal, wenn er das tat, brach mir das Herz.

Ich ging zu ihm und setzte mich neben ihn auf die Bank. Mit verschränkten Händen saß ich einen Moment lang schweigend da. Ich war nicht besonders gut darin, anderen beim Weinen zuzusehen, denn ich selbst zeigte meine Gefühle nicht so wie normale Menschen. Als ich das letzte Mal geweint hatte, war ich achtzehn Jahre alt gewesen. Das war jetzt fast zwei Jahrzehnte her. Andere Menschen weinen zu sehen, war mir also ziemlich unangenehm. Vielleicht hätte ich mal eine Therapie machen sollen, aber dafür hätte ich mich einem anderen Menschen öffnen müssen, und … na ja … nein danke.

Ich verzog das Gesicht, hob die Hand und tätschelte Camerons Schulter. »Schon gut«, murmelte ich. »Nächstes Mal triffst du, Cam. Das ist ohnehin nur ein Freundschaftsspiel, es zählt nicht.«

»Sie haben gesagt, jedes Spiel zählt, Coach K«, erwiderte er.

»Hab ich das? Nun, ja. Das hier nicht. Jedes Spiel bis auf das hier. Nächstes Mal triffst du.«

Ich stand auf und verließ die Situation, denn es fühlte sich komisch an, dort sitzen zu bleiben. Wenn ich weinen müsste, hätte ich nicht gern andere Leute neben mir sitzen, die zugucken und mir die Schulter tätscheln. Also gab ich Cameron ein wenig Raum, um sich wieder zusammenzureißen.

Stattdessen coachte ich das restliche Spiel, das wir mit einer Handvoll Runs verloren. Cameron ohrfeigte sich vermutlich innerlich, weil er die drei Strikes kassiert hatte, aber im Grunde spielte es keine Rolle. Unser Team war jedes Jahr schlecht. Ich war beinahe überrascht, dass der Schulbezirk unser Baseballteam nicht längst aufgelöst hatte, um noch ein paar Dollar zu sparen, aber nach Nathans Erfolg in den Major Leagues hatten sie viel Geld in ein sündhaft teures Feld mit allem Drum und Dran investiert, in der Hoffnung, eine neue Brutstätte für Major-Leagues-Spieler zu werden. Aber viel war nicht passiert, vor allem dank des Teams, das meine Wenigkeit trainierte.

Vielleicht würde es dieses Jahr ohne Coach Erikson ja anders werden. Hoffentlich.

In der ersten Märzwoche wurde ich ins Büro des Rektors gerufen, wo ich erfuhr, dass der Bezirk die schlechte Performance unserer Mannschaft diskutiert hatte. Doch statt es komplett aufzulösen, hatte Rektor Raymond, oder Ray, wie ich ihn nannte, eine noch viel schlechtere Idee. Eine, bei der mir vor Wut das Blut überkochte, als ich ihm an seinem Schreibtisch gegenübersaß.

»Du holst noch einen weiteren Coach dazu?«, fragte ich überrascht. »Ohne mir eine Chance zu geben, es allein zu versuchen?«

Ray fuhr sich mit der Hand durch das dünner werdende blonde Haar. »Ich hoffe wirklich, du kannst es verstehen, Avery. Wir glauben fest an deine Fähigkeiten als Coach und an das Talent deines Teams.«

»Warum holt ihr dann noch jemanden dazu, ohne vorher mit mir zu sprechen? Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich einen weiteren Trainer brauche. Ich hab das Team im Griff. Die Saison fängt gerade erst an. Wir stehen erst seit ein paar Tagen wieder auf dem Feld.«

»Ja, das verstehe ich. Aber, ähm, ihr habt seit drei Jahren kein einziges Spiel mehr gewonnen, Avery.«

War das wirklich schon drei Jahre her? Unmöglich.

Da war doch dieses Spiel in … Oh, Mist.

Wir hatten seit über drei Jahren kein Spiel mehr gewonnen. Das sah wirklich nicht besonders gut aus.

»Das lag an Coach Erikson. Aber ich bin nicht er.«

»Trotzdem. Drei Jahre.«

»Aber noch ein Coach?«, murrte ich. »Warum streicht ihr das ganze Baseballprogramm nicht einfach?«, fragte ich sarkastisch.

»Weil es ein tolles Programm ist, und es ist gut für die Schüler, um ihre Fertigkeiten zu fördern. Trotzdem sind wir der Ansicht, dass ein zusätzlicher Coach uns mehr bringen wird, als wir es uns je hätten vorstellen können. Außerdem weiß ich, dass du das Baseballprogramm auch beibehalten willst. Du hast schon so viel investiert. Das wird gut, Avery. Das wird großartig.«

Er hatte recht. Ich wollte nicht, dass das Team eingestampft wurde. Viele der Kids brauchten das Spiel, um den Kopf über Wasser zu halten, weil sie zu Hause alle möglichen Probleme hatten, mit denen sie klarkommen mussten. Es war ihre Möglichkeit, Druck abzulassen, ihr sicherer Hafen, und das wollte ich ihnen nicht nehmen. Als Lehrerin und Coach hatte ich mir stets vorgenommen, die Bedürfnisse meiner Schüler vor meine eigenen zu stellen. Das Problem war nur, ich war eine einsame Wölfin. Ich arbeitete nicht gut mit anderen zusammen. Die letzten fünf Jahre hatte ich damit verbracht, mich ständig mit Coach Erikson anzulegen. Und bei der Vorstellung, einen weiteren Coach an die Seite gestellt zu bekommen, rollten sich mir die Zehennägel auf.

»Werde ich in den Auswahlprozess mit einbezogen werden?«, fragte ich und konnte die Antwort bereits an Rays Reaktion ablesen.

»Wir waren so frei, dir das abzunehmen. Er müsste jeden Augenblick hier sein«, erklärte Ray und sah auf seine Uhr.

Ich zog eine Augenbraue hoch. »Ihr habt bereits jemanden eingestellt?«

Doch bevor er antworten konnte, betrat jemand eilig das Büro.

»Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Ich bin im Laden meines Bruders aufgehalten worden.«

Ich drehte mich um und begegnete Nathans Blick.

Nathan. F**king. Pierce.

Echt jetzt?

Meine Kinnlade fiel förmlich bis auf den Fußboden, während sich in meinem Magen eine Welle des Widerwillens sammelte. Ray hatte nicht Nathan Pierce als meinen Assistenztrainer eingestellt. Auf keinen Fall!

»Stampf das Programm ein.« Ich drehte mich wieder zu Ray. »Stampf es ein«, zischte ich wütend, während ich ihn mit auf die Liste der Männer setzte, die mir das Leben versauerten. Sein Name stand direkt unter dem Arschloch, das sich heute Morgen im Coffeeshop vor mich gedrängelt hatte.

»Avery«, setzte Ray an, doch ich war bereits aufgesprungen, um aus dem Büro zu stürmen. Unter keinen Umständen würde ich in diesem Zimmer bleiben und dieselbe Luft atmen wie … wie dieser … dieser … Mann.

Ich marschierte an Nathan vorbei und direkt hinaus in den Flur. Sekunden später hörte ich ihn meinen Namen rufen. Er lief mir nach, doch ich hatte nicht vor, mich umzudrehen.

»Avery! Warte!«, rief er, während ich mich zwischen den Schülern hindurchdrängelte.

»Oh mein Gott! Alter! Du bist Nathan Pierce!«, riefen ein paar der Jungs, als sie ihn erkannten. Ich warf einen Blick über die Schulter und verdrehte die Augen, als ich sah, wie Nathan sein All-Stars-Lächeln anknipste und die leicht zu beeindruckenden Teenager damit bedachte.

Oh, bitte!

So unglaublich war er nun wirklich nicht.

Gewinn ein oder zwei World Series, und die Leute benehmen sich, als würde deine Kacke nicht stinken.

Ich marschierte weiter zu meinem Büro in der Turnhalle. Dort angekommen knallte ich die Tür zu und atmete tief durch. Sekunden später wurde meine Tür wieder geöffnet, und siehe da: Es war Nathan.

Großartig.

Dämlicher Stalker.

Alle wussten, dass er, nachdem seine Karriere einen Sturzflug hingelegt hatte, wieder in unser kleines Städtchen Honey Creek, Illinois, zurückgekehrt war. Mittlerweile war er seit etwa einem Jahr wieder hier, und ich war ziemlich stolz darauf, dass es mir so lange gelungen war, ihm aus dem Weg zu gehen. Zwar ärgerte ich mich, dass er meinen Rekord am Tag des Super Bowl beendet hatte, doch ich war sofort bereit, wieder von vorne anzufangen. Immerhin hatte ich vor dieser schrecklichen Begegnung einen ganzen Monat geschafft.

Im Grunde war es immer furchtbar unangenehm, einem Exfreund über den Weg zu laufen. Aber einem berühmten Exfreund über den Weg zu laufen war ganz besonders unangenehm. Vor allem, weil niemand außer meinen Schwestern wusste, dass wir mal zusammen gewesen waren.

Es war im Sommer nach der High School gewesen. Drei Monate. Natürlich war es albern, in so kurzer Zeit so starke Gefühle für jemanden zu entwickeln, aber so war das eben mit der Liebe – sie folgte keinem Zeitplan, sondern tauchte immer genau dann auf, wenn du sie am wenigsten erwartet hättest. Ich hatte Nathan damals wirklich geliebt und war mir so sicher gewesen, dass ich zu ihm gehörte, und er zu mir, und dass wir für immer zusammen sein würden.

Mein Herz hatte sich nie davon erholt, dass er so plötzlich mit mir Schluss gemacht hatte. Nie hätte ich gedacht, dass ausgerechnet Liebe der Grund dafür sein würde, dass ich seitdem keinem Menschen mehr vertrauen konnte.

»Hey.« Nathan stand da und sah mich mit seinem dämlichen attraktiven Lächeln an.

Am liebsten hätte ich es ihm aus dem Gesicht geschlagen. Mit das Schlimmste an einer Begegnung mit einem Ex ist zu sehen, wie attraktiv er im Laufe der Jahre geworden ist. Nathan hatte immer schon gut ausgesehen, aber jetzt sah er aus wie ein mit Gold überzogener Diamant. Die Muskeln an seinen gigantischen Armen, die er jetzt vor der Brust verschränkte, waren nicht zu übersehen. Seine braune Haut wirkte schon fast lächerlich gut hydriert. Die dunkelbraunen Haare waren im Fade-Cut geschnitten, und in den Ohren trug er Diamantstecker. Seine braunen Augen erinnerten mich immer noch an den Himmel auf Erden, und sein teuflisches Grinsen an die Hölle.

Er trug einen dunkelgrauen Pullover, der ihm, jedenfalls an den Oberarmen, eine Nummer zu klein war, eine schwarze Jogginghose und überteuerte Sneakers.

Ich hasste es, wie schön und groß er war. Nicht viele Männer in dieser Stadt konnten mir das Gefühl geben, klein zu sein, aber neben Nathan fühlte ich mich winzig.

Was der Grund dafür war, aus dem ich jetzt die Brust rausschob und die Augen zu schmalen Schlitzen zusammenkniff. »Was willst du, Nathaniel?«, zischte ich, genervt von seiner körperlichen Nähe und der Tatsache, dass er gerade versuchte, aufs Neue mein Leben zu zerstören.

»Nathaniel.« Er lachte leise in sich hinein. »Benutzt du meinen vollen Namen, um mir zu zeigen, wie sehr du mich vermisst hast?«

»Ich benutze deinen vollen Namen als Zeichen meines Hasses.«

»Du hast ihn mal aus ganz anderen Gründen benutzt.«

Ich spürte, wie meine Haut bei seinen Worten glühte. »Ja, aber damals war ich noch ein dummes Kind. Jetzt bedeutet er Hass.«

Er trat näher. »Also hasst du mich, Ave?«

»Leidenschaftlich«, erklärte ich. »Mit abgrundtiefer, schädelspaltender Leidenschaft.«

Nathan kratzte sich den Bart, der im letzten Monat ein ganzes Stück länger geworden war. »Und ich hatte gedacht, wir könnten die Vergangenheit vergangen sein lassen.«

»Das hätten wir tun können. Wenn du weg geblieben wärst. Das war die ungeschriebene Abmachung. Du brichst mir das Herz und bleibst weg.« Für den Bruchteil einer Sekunde flog ein Ausdruck von Schuld über sein Gesicht. Doch bevor er noch ein schlechtes Gewissen bekommen konnte, weil er mir das Herz gebrochen hatte, rollte ich theatralisch mit den Augen, damit er es auch wirklich sah. »Kein Grund sich aufzuplustern. Ich hab’s überwunden. Ich bin jetzt verlobt«, erklärte ich und hielt den Finger mit dem Ring hoch. »Mit einem Raketenwissenschaftler!« Warum redete ich so viel? Warum erzählte ich ihm überhaupt irgendetwas aus meinem Leben?

Halt einfach die Klappe, Avery.

»Ist mir zu Ohren gekommen«, antwortete er. »Glückwunsch.«

»Ich will deine Glückwünsche nicht. Ich will, dass du verschwindest.«

Er schob die Hände in die Taschen seiner Jogginghose. »Das wird ein wenig schwierig werden, wenn man bedenkt, dass ich von jetzt an gemeinsam mit dir das Baseballteam trainieren werde.«

»Nein«, erklärt ich. »Wirst du nicht. Das ist allein meine Sache.«

»Ja, aber Raymond sagt …«

»Es ist mir egal, was er sagt, Nathan. Mir ist es lieber, das ganze Ding geht in Flammen auf, als mit dir zusammen zu trainieren. Hältst du dich jetzt für ein Genie oder was, bloß weil du mal in den Major Leagues gespielt hast? Ich war zehnmal besser im Baseball, als du jemals hättest sein können.«

»Ich weiß«, sagte er schnell. »Ich habe auch nie behauptet, dass ich besser bin als du.«

»Dann verstehst du, warum ich dich nicht brauche? Gut.«

»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Du brauchst mich sehr wohl. Ich hab mir ein paar eurer Spiele angesehen. Deinem Team fehlt ein bisschen …« Er wedelte abschätzig mit der Hand. »… Schwung.«

»Wie bitte?!«

»Das soll jetzt keine Beleidigung sein oder so was. Ich bin mir sicher, du tust, was du kannst, aber ich glaube, dass ich mit meinen Erfahrungen und meinen persönlichen Stärken einiges beisteuern kann. Und du als mein Assistenzcoach …«

»Was? Sag das noch mal. Assistenzcoach?« Er hatte gerade nicht Assistenz gesagt. Als wäre er plötzlich der Cheftrainer des Teams, das ich seit Jahren trainierte. Der Typ hatte echt Nerven!

»Ich dachte, Raymond hätte es dir …«

Bevor er den Satz beenden konnte, war ich auf dem Weg zurück zu Rektor Raymonds Büro, in das ich, ohne anzuklopfen, hineinstürmte und losbrüllte: »Ray, was meint dieser Mann damit, dass er jetzt Head Coach ist?«

Raymond sah ängstlich von seinen Unterlagen auf. Zu Recht. Ich stand kurz davor, ihm die Augäpfel aus dem Kopf zu reißen, so wütend war ich.

»Bitte, Avery«, sagte er ruhig, und die Ruhe in seiner Stimme wirkte ein wenig herablassend. Vielleicht war ich auch ein wenig zu emotional, aber wer konnte mir das verübeln? Die eine Sache, die allein mir gehörte – mein Team – war mir gerade ohne Vorwarnung aus den Händen gerissen worden.

Wie konnte der Schulbezirk nur denken, mich zu degradieren sei die richtige Entscheidung? Ohne vorher mit mir zu sprechen? Das war mehr als nur demütigend. Es war ein Angriff auf mich persönlich und meine Autorität.

Was war hier eigentlich los? Warum redete niemand mit mir, sondern wartete, bis ich es selbst herausfand? Und das auf so schmerzhafte Weise? Ich hatte das mit Drew selbst nach einem Monat noch nicht verkraftet, und jetzt das.

»Du hast Unglaubliches für dieses Team geleistet«, erklärte Raymond. »Aber wir sind uns sicher, dass wir diese Spieler mit einem Major-Leagues-Profi dorthin bekommen, wo sie sein sollten. Vielleicht schaffen wir es sogar in die Playoffs. Und wer weiß? Mit der richtigen Teamführung bekommen die Jungs vielleicht sogar ein Angebot von einem College.«

Mit der richtigen Teamführung.

Was bedeutete, ich war die falsche Teamführung.

Sie gaben mir noch nicht mal eine Chance.

Es tat weh, doch ich ließ mir nichts anmerken.

Ich durfte ihm nicht zeigen, wie sehr er mich verletzt hatte.

Ich durfte niemandem zeigen, dass er oder sie mich verletzt hatte.

Die Schulglocke läutete zur zweiten Stunde, und mir wurde übel, als mir bewusst wurde, dass ich jetzt unterrichten musste.

»Das ist Bullshit, und das weißt du, Ray«, schnaubte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. »Es hätte ein Gespräch geben müssen.«

»Nun, dann lass uns das hier als das Gespräch betrachten und dann nach vorne schauen. Du kannst natürlich auch vom Team zurücktreten. Du bist nicht verpflichtet zu bleiben, Avery. Du kannst jederzeit aussteigen und deine Energie in etwas anderes investieren. Etwas, das dir Freude bereitet. Ich meine, ganz ehrlich, macht es dir überhaupt Spaß, die Jungs zu trainieren? Denn ich kann es nicht erkennen.«

Seine Worte waren wie eine Ohrfeige für meine Seele.

Ich liebte es, diese Jungs zu trainieren.

Dieses Team war das Highlight meines Jahres. Das Highlight meines Lebens. Ich liebte Baseball mehr als die meisten Menschen. Mehr als Nathan Pierce. Sicher, er hatte in den großen Ligen gespielt, was aber nicht bedeutete, dass das Spiel ihm gehörte. Eine Million Menschen werden die Chance, die Nathan bekommen hatte, niemals bekommen. Was nicht bedeutete, dass sie es weniger verdient hätten oder es weniger wollten.

»Ich liebe meinen Job«, sagte ich, und meine Stimme brach. Ich fühlte mich wie auf der Schlachtbank, und gesagt zu bekommen, etwas, das mir so viel bedeutete, könnte mir egal sein, gab mir ein echt mieses Gefühl. Es tat weh und machte mich unendlich wütend.

»Dann zeig es. Zeig uns, dass du trotz dieses Rückschlags für die Schüler da bist und ihnen das gibst, was sie brauchen. Und jetzt gehst du besser zu deinen anderen Schülern, die bereits darauf warten, dass du sie unterrichtest.«

Ray senkte den Blick wieder auf seine Unterlagen, ein eindeutiges Zeichen, dass diese Unterredung beendet war und nichts, was ich noch sagen könnte, seine Meinung ändern würde.

Ich war offiziell vom Head Coach zum Assistenztrainer degradiert und gezwungen, diese Position meinem Ex zu überlassen.

Ich hätte kotzen können.

Als ich Rays Büro verließ und auf den leeren Korridor hinaustrat, sah ich Nathan an einem der Spinde stehen. Er blickte auf und bedachte mich mit einem so mitleidigen Blick, dass ich ihm am liebsten die Faust ins Gesicht gedonnert hätte.

Und jetzt kam er auch noch auf mich zu. »Avery, ich wusste nicht …«

»Bist du jetzt stolz auf dich?«, rief ich tonlos, während ich auf ihn zuging. »Fühlst du dich so richtig gut dabei, zurückzukommen und mir das wegzunehmen, was mir am meisten bedeutet?«

»Avery …«

»Was auch immer du sagen willst, ich will es nicht hören. Es ist auch so schon schwer genug.« Verdammt. Ich ärgerte mich, dass mir diese Worte rausgerutscht waren, denn Nathan sollte auf keinen Fall merken, wie sehr er mir immer noch unter die Haut ging. Aber so war es. Jede Faser in mir glühte vor Zorn darüber, dass er einfach in meine Welt spaziert war und die Kontrolle über das übernommen hatte, was mir am meisten bedeutete.

Das ganze Jahr kämpfte ich um meine geistige Gesundheit. Immer wieder bekam ich ungebetenen Besuch von meinen Depressionen, und manchmal überkamen sie mich mit einer Wucht, gegen die ich nicht mehr ankam. Doch die Baseballsaison war die eine Sache, auf die ich mich immer freuen konnte. Sie war mein sicherer Hafen in einer Welt, die mir manchmal zu schwer wurde. Meine Rückkehr zu mir selbst, nachdem ich monatelang im Schatten gelebt hatte. Und das hatte Nathan mir gerade genommen. Er nahm mir die kleinen wohltuenden Atemzüge, die ich im Laufe des Jahres hatte.

Nathan rieb sich mit der Hand über den Kopf. »Wenn du es mich erklären lassen würdest …«

»Fahr zur Hölle, Nathaniel«, fauchte ich giftig. »Oder tu mir wenigstens den Gefallen und geh mir aus dem Weg.«

Als ich weiterstürmte, um zum Unterricht zu kommen, rief er mir nach: »Wir sprechen uns nach dem Wochenende!«

»Ich hasse ihn!«, schrie ich, sobald ich die Tür zum Pup Around the Corner, Yaras Hunde-Spa, aufgerissen hatte. Sie stand gerade mit einer Kundin an der Kasse, als ich hereinplatzte. »Ich hasse, hasse, hasse ihn!«

Yara sah mich mit großen Augen an und wandte sich dann wieder an ihre Kundin. »Danke, Sally. Wir sehen uns in ein paar Wochen, wenn du Eddie wieder zum Trimmen bringst.«

Sally sah mich an und schüttelte missbilligend den Kopf. »So herumzuschreien ist aber nicht sehr damenhaft, Avery Kingsley.«

»Nun, das habe ich auch nie behauptet. Tschüss, Sally.«

Erneut schüttelte sie den Kopf und verließ dann gemeinsam mit ihrem Hund den Laden. Ich war mir sicher, dass sie ihren Freundinnen sogleich erzählen würde, wie unfreundlich ich gewesen war, und dann würde sich in der gesamten Stadt verbreiten, dass ich die Gemeinste der Kingsley-Schwestern war, die die Leute mieden wie die Pest.

Egal. Es interessierte mich nicht, was die Leute von mir dachten. Jedenfalls redete ich mir das ein.

Yara bedachte mich mit ihrem warmherzigen Lächeln. Meine Schwester war eine wahre Meisterin des warmherzigen Lächelns und bestimmt die Beliebteste von uns dreien. Willow würde vermutlich mit ihr gleichziehen, wenn sie mal lange genug in Honey Creek bleiben würde, um mit den Menschen hier warmzuwerden. Doch sie war immer auf der Jagd nach dem nächsten Abenteuer.

Yara kam um den Tresen herum, ich blickte grinsend auf ihren wachsenden Babybauch und vergaß darüber fast, wie wütend ich eigentlich war. Yara und Alex würden in wenigen Monaten ein Kind bekommen. Meine kleine Lieblingsfamilie. Die beiden waren ein lebendes Beispiel für die alte Weisheit, dass Gegensätze sich anziehen. Seine brummige Art harmonierte perfekt mit ihrer sonnigen, fröhlichen Natur.

Yara stand da in ihrem Overall, die natürlich krausen Haare auf dem Kopf zu zwei bauschigen Puffs zusammengebunden, und sah so süß aus wie immer, doch ich konnte mich davon nicht von meiner schlechten Laune ablenken lassen. »Ich hasse ihn«, erklärte ich noch einmal.

»Du hasst alle Männer, ich brauche also ein wenig mehr Details, welchen du augenblicklich hasst«, sagte sie, nur halb im Scherz.

Das war natürlich kein Geheimnis. Ich hasste tatsächlich alle Männer. Sicher, Wesley war einer von den Guten, aber am Ende des Tages war auch er ein Schwanz auf zwei Beinen. Und bei Schwänzen auf zwei Beinen bestand immer die Gefahr, dass sie einer Frau wehtaten. Selbst bei den Guten.

Exponat A: Drew.

»Nathan«, erklärte ich.

»Nathan wer?«

»Wie meinst du das, Nathan wer? Mein Nathan. Also, nicht mein Nathan, aber der Nathan. Nathan Pierce.«

Ihre Augen wurden groß, und ihre Kinnlade fiel hinunter. »Du bist Nathan Pierce begegnet?«

»Ja.« Und meine Achselhöhlen wurden schon nass, wenn ich nur daran dachte.

»Nachdem du dir so viel Mühe gegeben hast, ihm aus dem Weg zu gehen?«

»Ja. Und es wird noch schlimmer. Ray hat Nathan als Coach für das Baseballteam angeheuert. Er soll die Jungs gemeinsam mit mir trainieren.«

»Nein!«, rief sie schockiert, und ich war dankbar, dass sie genauso entsetzt war wie ich. Ohne ihre lebhafte Reaktion hätte ich noch glauben können, ich hätte überreagiert.

»Doch!«, sagte ich und warf die Hände in die Luft. »Und! Nicht bloß als Coach. Als Head Coach!«

»Neeiin!«, rief sie. Und dann wackelte sie mit den Hüften und kniff die Beine zusammen. »Oh mein Gott, ich habe gerade ein bisschen Pipi gemacht.«

»Ja, ich hab mir auch fast in die Hosen gemacht, als ich es gehört habe.«

»Nein, ich meine, ich habe wirklich ein bisschen Pipi gemacht. Das passiert mir heute schon den ganzen Tag immer wieder.«

Alarmiert sah ich sie an. »Ähm, musst du vielleicht aufs Klo oder so?«

Sie winkte ab. »Nein. Ich trage eine Einlage. Schon okay. Erzähl weiter.«

Die schwangere Yara war echt eine Show für sich. Und tatsächlich wollte ich noch ein bisschen weiter darüber ausrasten, dass Nathan es irgendwie geschafft hatte, sich in meine Arbeit zu drängen und mir meine Stellung wegzunehmen. Diese Schlange.

»Ich bin so wütend.« Ich seufzte. »Ray meinte, entweder ich akzeptiere Nathan als Head Coach und assistiere ihm, oder er schmeißt mich komplett aus dem Team.«

»Kann er das so einfach?«

»Ja. Das Baseballteam ist nicht Teil meines Lehrvertrags. Er kann mich einfach so abziehen. Er hat zu mir gesagt, ich sei kindisch, also habe ich ihm gesagt, er soll sich ins Knie ficken.«

»Avery, das hast du nicht!«

»Nein«, stöhnte ich. »Aber ich wollte. Ich kann es einfach nicht glauben. Diese Jungs und dieses Spiel bedeuten mir alles, und jetzt kommt Mr Major Leagues an und nimmt es mir so weg. Das ist einfach nicht fair.«

»Nun, sieh’s mal so: Von seinem Wissen können alle profitieren. Und hier geht es in erster Linie um die Jungs, richtig?«

Ich bedachte meine Schwester mit einem angewiderten Blick. »Auf welcher Seite stehst du eigentlich?«

»Auf deiner natürlich. Immer auf deiner. Scheiß auf Nathan Pierce. Entschuldige. Die Schwangerschaftshormone lassen mich manchmal seltsame Dinge sagen«, unkte sie.

»Richtig. Okay. Gut. Denn wenn ich vor Wut irrational werde, brauche ich dich an meiner Seite.«

»Ja, natürlich, aber …«

»Aber?«

»Aber«, fuhr sie fort, »letzte Woche hast du noch gesagt, du wünschtest, im Team würde sich so was wie eine innere Starre lösen. Damit du sie so gut machen kannst, wie sie noch nie waren. Das hier könnte dein Geschenk des Universums sein.«

»Nathan Pierce? Ein Geschenk! Pff.« Ich winkte ab. »Das ist mir ein bisschen zu hippiemäßig. Hast du dich in letzter Zeit mit Willow getroffen?«

»Tatsächlich hat sie mir heute Morgen eine spezielle Teemischung vorbeigebracht«, antwortete Yara. Unsere kleine Schwester Willow Kingsley war ein echter Freigeist und das exakte Gegenteil von mir. Während ich mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand, schwebte Willow irgendwo in den Wolken. Das war der Vorteil daran, die Jüngste zu sein. Die Jüngsten schienen immer mehr Freiheiten im Leben zu haben als die älteren Töchter.

»Aber ich glaube an Geschenke des Universums«, erklärte Yara.

»Kann ich die Annahme verweigern?«, murmelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Ich weiß, dass du damit nicht glücklich bist, Avery, aber für das Team könnte es etwas Gutes bedeuten. Mit Nathan zu arbeiten, wird wahrscheinlich ein wenig seltsam, aber ihr seid beide erwachsen und in der Lage, die Vergangenheit außen vor zu lassen. Ich weiß, dass du es kannst, denn du wirst mit allem fertig. Selbst mit Exfreunden.«

3

NATHAN

Ich konnte Leute nicht ausstehen, die logen, um zu bekommen, was sie wollten. Nichts ärgerte mich mehr als ein Lügner.

»Du hast gesagt, du hättest mit Avery darüber gesprochen, dass ich Head Coach werden soll, und sie wäre einverstanden.« Ich stand in Raymonds Büro und konnte einfach nicht glauben, dass er Avery nichts gesagt hatte. Ich fühlte mich wie der letzte Dreck, weil ich sie so überrumpelt hatte. Wenn Raymond mir gesagt hätte, dass Avery von der Sache nichts gewusst hatte, hätte ich darauf bestanden, dass er so schnell wie möglich mit ihr spricht. Ohne ihre Zustimmung hätte ich mich niemals darauf eingelassen.

Avery Kingsley zu überrumpeln, war keine gute Idee.

Das hatte ich auf die harte Tour gelernt.

»Möglicherweise habe ich ein wenig geflunkert. Denn mal ehrlich, mir war klar, dass du die Stelle als Head Coach nicht angenommen hättest, wenn du gewusst hättest, dass Avery nicht einverstanden ist. Aber ich glaube, dass du ein großes Geschenk für dieses Team bist, Nathan, und ich konnte es nicht riskieren, dass du abspringst.«

»Ich wäre nicht abgesprungen, ich hätte bloß die Stelle als Head Coach nicht angenommen.«

»Hör zu, du kennst Avery nicht so gut wie ich. Sie kann ziemlich anstrengend sein. Sie ist ein ziemlicher Hitzkopf und wäre so oder so ausgerastet, wie sanft wir ihr unser Vorhaben auch beigebracht hätten. Deshalb dachte ich mir, das Pflaster mit einem Ruck abzureißen, wäre unsere beste Chance.«

»Das hätten wir vorher besprechen müssen. Jetzt hab ich eine wütende Trainerin, die mir nicht traut. Was es nicht gerade einfacher für mich macht.«

»Warten wir’s ab. Ich habe Avery gesagt, wenn sie sich mit dir nicht arrangieren kann, kann sie das Team jederzeit verlassen. Und wenn sie dir Schwierigkeiten macht, schmeiße ich sie eigenhändig raus.«

Sollte das ein Witz sein?

Raymond hatte offenbar kein Problem damit, Averys Welt auf den Kopf zu stellen und ihr dann damit zu drohen, sie ganz rauszuschmeißen.

Was für ein Wichser.

»Wir werden schon zurechtkommen«, erklärte ich, während ich in Gedanken immer noch zu verarbeiten versuchte, was gerade passierte. Ich hatte das Angebot, das Baseballteam zu trainieren, nur deshalb ernsthaft erwogen, weil meine Mutter der Ansicht war, dass ich mich zu sehr auf die Farm konzentrierte. Sie meinte, ich sollte mir dringend ein Hobby suchen. Etwas anderes als Buchhaltung. Und außerdem fehlte mir Baseball.

Gab es einen Teil von mir, der sich darauf freute, in Avery Kingsleys Nähe zu sein? Schon möglich.

Aber die Verbindung, die wir damals zueinander gehabt hatten, war tot und begraben. Und ich wollte sie auch nicht wieder ausgraben. Wenn überhaupt, dann war es eher Neugier, zu sehen, was für eine Frau Avery heute war.