Wenn du mir nur zur Seite stehst - Laura Martens - E-Book

Wenn du mir nur zur Seite stehst E-Book

Laura Martens

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Beschreibung

Dr. Baumann ist ein echter Menschenfreund, rund um die Uhr im Einsatz, immer mit einem offenen Ohr für die Nöte und Sorgen seiner Patienten, ein Arzt und Lebensretter aus Berufung, wie ihn sich jeder an Leib und Seele Erkrankte wünscht. Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen. Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird. »Hast du in der vergangenen Nacht auch die Katze schreien gehört, Katharina?« erkundigte sich Dr. Eric Baumann, als er in die Küche hinunterkam. »Es klang, als würde sie sich ganz in unserer Nähe aufhalten. Ich bin zweimal aufgestanden, um nach ihr zu sehen, habe aber nicht einmal ihre Schwanzspitze entdeckt.« »Ich auch nicht«, erwiderte die Haushälterin, »allerdings bin ich nur einmal aufgestanden.« Sie stellte die Kaffeekanne auf den Küchentisch. »Franzl hatte es heute morgen so eilig, daß er kaum abwarten konnte, bis ich für ihn die Haustür geöffnet habe.« »Wer weiß, vielleicht hat er eine Verabredung«, scherzte der Arzt. »Ich gehe nach dem Frühstück noch ein Stückchen mit ihm spazieren.« Er schnupperte. »Wonach duftet es hier denn so köstlich?« »Nach den frischen Hörnchen, die ich im Backofen habe«, erklärte Katharina Wittenberg. »Den Teig habe ich gestern abend schon vorbereitet.« Sie öffnete die Backofentür und nahm das Blech heraus. Eric wollte nach einem der Hörnchen greifen. »Paß auf, sie sind heiß.«

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Der Arzt vom Tegernsee – 21–

Wenn du mir nur zur Seite stehst

Laura Martens

»Hast du in der vergangenen Nacht auch die Katze schreien gehört, Katharina?« erkundigte sich Dr. Eric Baumann, als er in die Küche hinunterkam. »Es klang, als würde sie sich ganz in unserer Nähe aufhalten. Ich bin zweimal aufgestanden, um nach ihr zu sehen, habe aber nicht einmal ihre Schwanzspitze entdeckt.«

»Ich auch nicht«, erwiderte die Haushälterin, »allerdings bin ich nur einmal aufgestanden.« Sie stellte die Kaffeekanne auf den Küchentisch. »Franzl hatte es heute morgen so eilig, daß er kaum abwarten konnte, bis ich für ihn die Haustür geöffnet habe.«

»Wer weiß, vielleicht hat er eine Verabredung«, scherzte der Arzt. »Ich gehe nach dem Frühstück noch ein Stückchen mit ihm spazieren.« Er schnupperte. »Wonach duftet es hier denn so köstlich?«

»Nach den frischen Hörnchen, die ich im Backofen habe«, erklärte Katharina Wittenberg. »Den Teig habe ich gestern abend schon vorbereitet.« Sie öffnete die Backofentür und nahm das Blech heraus. Eric wollte nach einem der Hörnchen greifen. »Paß auf, sie sind heiß.«

»Dann werde ich schweren Herzens noch ein paar Minuten warten müssen«, meinte er und füllte Franzls Freßnapf mit Trockenfutter.

Draußen polterte etwas gegen die Haustür.

»Das wird der Franzl sein«, sagte Katharina. »Ich muß versehentlich hinter ihm die Tür geschlossen haben.«

Dr. Baumann hatte bereits die Küche verlassen. Er öffnete die Haustür. »Franzl…« Überrascht trat er einen Schritt zur Seite. »Sieht aus, als hättest du dir einen Gast mitgebracht«, meinte er und starrte auf das etwa drei Monate alte Kätzchen, das Franzl am Nackenfell gepackt in der Schnauze trug. Es sah nicht aus, als würde es sich vor ihm fürchten.

Franzl blickte herausfordernd zu ihm auf, dann marschierte er hocherhobenen Hauptes in die Küche, stoppte vor Katharina und legte ihr das Kätzchen zu Füßen. »Wuw«, meinte er und wedelte mit der Rute.

»Na, wen haben wir denn da? – Womöglich den Schreihals von heute nacht.« Katharina Wittenberg beugte sich zu dem Kätzchen hinunter und hob es hoch. »So ein armes, kleines Ding«, bemerkte sie zu Eric. »Sieht aus, als hätte es schon lange nichts mehr zu fressen bekommen.«

»Dem können wir zum Glück abhelfen«, sagte der Arzt. »Du bist ein braver Hund, Franzl.« Er tätschelte den breiten Rücken des Hundes. »Jetzt wirst du allerdings etwas von deinem Dosenfutter opfern müssen.«

Franzl begleitete ihn schwanzwedelnd in die Speisekammer. Er wirkte sehr zufrieden, als Eric eine Dose mit Hundefutter von einem der Regale nahm, und leckte sich die Schnauze, als sein Herrchen zum Dosenöffner griff. Mit einem Satz stellte er sich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf die Anrichte.

»Irrtum, die Dose ist nicht für dich bestimmt, sondern für deinen Findling«, erklärte Eric. »Runter mit den Pfoten.« Er füllte einen Glasteller. »Hoffen wir, daß der kleine Kerl Hundefutter mag.«

»Dem ›kleinen Kerl‹ schien es völlig gleichgültig zu sein, was sich auf dem Teller befand, die Hauptsache, man konnte es fressen. Ausgehungert stürzte er sich über das Futter.

Franzl starrte auf das Kätzchen hinunter, trottete zu seinem eigenen Freßnapf, schaute hinein, drehte sich um und setzte sich ­Eric zu Füßen. Verlangend blickte er zu der Dose auf, die der Arzt wieder auf die Anrichte gestellt hatte. Als sein Herrchen nicht gleich reagierte, stieß er mit der Schnauze gegen dessen Bein.

»Waren wir uns nicht einig, daß es frühmorgens Trockenfutter gibt?« fragte Eric belustigt. »Nun ja, machen wir mal eine Ausnahme.« Er griff nach der Dose und leerte sie in einen zweiten Freßnapf. Franzl warf einen Blick zu dem Kätzchen, überzeugte sich, daß dieses noch immer mit seinem eigenen Futter beschäftigt war, dann machte er sich in Windeseile über den eigenen Napf her.

»Franziska kommt!« rief Ka­tharina. Sie eilte in die Diele, um für die Krankengymnastin die Haustür zu öffnen. »Wir haben Familienzuwachs bekommen«, erzählte sie, kaum, daß sie die junge Frau ins Haus gelassen hatte. »Der Franzl hat ein Kätzchen angebracht.«

Franziska, die seit einem Unfall in ihrer Kindheit nicht mehr sprechen konnte, sah sie ungläubig an. Sie traute dem Franzl zwar einiges zu, aber nicht, daß er sich um Katzen kümmerte.

»Doch, es stimmt.« Katharina wies in die Küche.

Franzl rannte Franziska entgegen. Schwanzwedelnd umtänzelte er sie. Erst, nachdem sie ihn ausgiebig begrüßt hatte, ließ er von ihr ab und kehrte zu dem Kätzchen zurück, das noch immer dabei war, sein Futter hinunterzuschlingen.

»Guten Morgen, Franziska«, sagte Dr. Baumann. Er erzählte ihr, daß er die Katze in der Nacht gehört hatte. »Vermutlich hat sie sich verlaufen, oder jemand hat sie ausgesetzt. Jedenfalls scheint sie schon seit Tagen nichts mehr gefressen zu haben.«

Franziska strich zärtlich durch das schwarze Fell des Kätzchens. Es kümmerte sich überhaupt nicht darum, sondern fraß unbeirrt weiter.

»Du wirst zwar schon gefrühstückt haben, aber es schadet durchaus nichts, wenn du es noch ein zweites Mal tust«, meinte Katharina Wittenberg. »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, Franziska, doch meiner Meinung nach bist du etwas zu dünn.«

»Die Hörnchen duften so wundervoll, daß ich der Versuchung einfach nicht widerstehen kann«, schrieb die Krankengymnastin auf den Block, den sie immer bei sich trug.

»Fein, dann wollen wir uns endlich an den Tisch setzen.« Die Haushälterin nahm ein weiteres Gedeck aus dem Schrank.

»Soll ich das Kätzchen mit auf den Hof nehmen, oder wollt ihr es behalten?« fragte Franziska etwas später. Sie schob Eric den Block zu und schenkte sich eine zweite Tasse Kaffee ein.

»Vorläufig behalten wir es«, bestimmte der Arzt. »Wer weiß, vielleicht meldet sich sein Besitzer. Ich werde auf jeden Fall eine Anzeige in die Zeitung geben. Wenn nicht, können wir uns in ein paar Tagen immer noch überlegen, was wir mit dem Kerlchen tun werden. Ich hätte nichts gegen eine Katze. Und wie es aussieht, Franzl auch nicht.«

»Von mir ganz zu schweigen.« Katharina Wittenberg bückte sich und hob das Kätzchen, das seine Mahlzeit beendet hatte und zu ihr an den Stuhl gekommen war, hoch. »Falls es jemanden interessiert, es ist ein Kater«, verkündete sie.

Dr. Baumann blieb noch eine halbe Stunde Zeit, um mit Franzl spazierenzugehen. Als er zurückkehrte, warteten bereits die ersten Patienten auf ihn. Durch Wechselsprecher bat er seine Sprechstundenhilfe, ihm den ersten hineinzuschicken. In Gedanken seufzte er auf, als er an Hand des Krankenblattes sah, daß es sich um Fred Becker handelte, den Mann einer der größten Klatschbasen von Tegernsee.

»Einen schönen Gruß von meiner Frau«, sagte Fred Becker, als er dem Arzt gegenüber Platz nahm. »An und für sich wollte sie mich begleiten, statt dessen hat sie sich in die ersten Seiten unserer Familiengeschichte vertieft. Sie wissen ja, daß ich gerade dabei bin, etwas Ahnenforschung zu betreiben.« Er hob die Schultern. »In früheren Jahren hatte ich dazu keine Zeit, doch jetzt als Rentner… Wer weiß, vielleicht ist an mir ein Schriftsteller verlorengegangen. Meine Lina meint es jedenfalls.«

Dr. Baumann hatte bereits davon gehört, daß Fred Becker sich extra einen Computer angeschafft hatte, um die Geschichte seiner Familie aufzuschreiben. »Jeder Mensch braucht eine vernünftige Beschäftigung«, meinte er. »Allerdings sollten Sie auch darauf achten, daß Sie sich genügend an der frischen Luft bewegen.«

»Dank Harvard und unseres Gartens mangelt es mir an Bewegung und frischer Luft durchaus nicht«, erwiderte Herr Becker. »Wenn ich mir dagegen so andere Leute anschaue, dann…«

»Und was fehlt Ihnen?« fiel ihm Eric ins Wort. Er hatte weder Lust noch Zeit, sich Geschichten über andere Leute anzuhören.

»Mein Herz macht mir in letzter Zeit etwas Probleme.« Fred Becker preßte theatralisch die Rechte auf seine Brust. »Ich gerate schnell außer Atem und habe auch hin und wieder Schmerzen.«

»Ich würde vorschlagen, daß wir erst einmal ein EKG machen«, meinte der Arzt, nachdem er den Blutdruck des Patienten gemessen hatte. »Tina wird sich darum kümmern. Ich sage ihr Bescheid. Nehmen Sie doch bitte wieder im Wartezimmer Platz.«

»Wenn es denn sein muß.« Fred Becker stand auf. »Ist Ihnen schon einmal klargeworden, daß man den größten Teil seines Lebens mit Warten verbringt?« Alles andere als begeistert kehrte er ins Wartezimmer zurück.

Tina schickte den nächsten Patienten herein. Es handelte sich um Steffen Müller. Der Junge kam in Begleitung seines Vaters, eines Freundes von Dr. Baumann, der sich vor vier Jahren in der Innenstadt von Tegernsee als Architekt selbständig gemacht hatte. Die beiden Männer begrüßten sich überaus herzlich.

»Steffen hat sich einen Nagel eingetreten«, sagte Robert Müller, als sie sich setzten. »Anstatt gleich damit zu mir oder seiner Großmutter zu kommen, hat er ihn sich selbst herausgezogen und gehofft, daß die Wunde von alleine heilen würde.«

»Es tut verdammt weh, Onkel Eric«, warf der Zehnjährige ein. »Dabei hat es zuerst gar nicht so schlimm ausgesehen.«

»Dann will ich mir mal die Wunde anschauen.« Dr. Baumann stand auf. »Zieh bitte deinen Schuh und die Socke aus. Bist du gegen Tetanus geimpft?«

»Letztes Jahr ist er geimpft worden«, antwortete Robert Müller anstelle seines Sohnes. »Gott sei Dank.« Er fuhr Steffen durch die leicht wirren Haare. »Bei dem Burschen kann man ja nie wissen, was er so alles anstellt.«

»Wir sind in unserer Jugend auch nicht anders gewesen«, meinte Eric und zwinkerte Steffen zu. Er hob vorsichtig den Fuß des Buben an und löste das Pflaster, das Robert Müller auf die Wunde geklebt hatte.

»Wie sieht es aus?« fragte der Architekt besorgt.

»Besser, als ich erwartet habe«, antwortete Eric. »Die Wunde hat sich zum Glück nicht allzu sehr entzündet.« Er reinigte sie vorsichtig, behandelte sie mit Jodsalbe und verband sie mit einem neuen Pflaster.

»Kann es eine Blutvergiftung geben?« wollte Robert wissen. »Wer weiß, was an dem Nagel alles für Keime geklebt haben.«

»So, wie die Wunde im Moment aussieht, nicht«, erwiderte Eric und setzte sich an den Schreibtisch, um ein Rezept auszuschreiben. »Da kannst du unbesorgt sein.« Er lächelte ihm ermutigend zu. »Ihr müßt den Salbverband dreimal am Tag erneuern.«

»Bekomme ich auch etwas, damit es nicht mehr so weh tut?« fragte Steffen. »Heute nacht konnte ich kaum schlafen.«

»Ja, ich werde dir ein paar Tabletten gegen die Schmerzen aufschreiben.« Eric sah den Buben eindringlich an. »Du mußt dich aber genau nach den Anweisungen richten, die auf der Packung stehen, Steffen. Es ist sehr wichtig, daß du nicht mehr als drei Tabletten pro Tag nimmst.«

»Ich verspreche es.« Steffen zog sich vorsichtig wieder die Socke an. Dann hob er ruckartig den Kopf. »Hat dich mein Paps schon zur Hochzeit eingeladen, Onkel Eric?«

»Zur Hochzeit?« Dr. Baumann hob die Augenbrauen.

»Bis zur Hochzeit dauert es noch etwas.« Robert Müller lachte leise auf. »Wenn es allerdings nach meinen Kindern gehen würde, dann wären Nadine und ich längst verheiratet.« Er legte den Arm um Steffens Schultern. »Ich habe dir doch von der jungen Frau erzählt, die wir in den Osterferien auf Kreta kennengelernt haben. Es ist Liebe auf den ersten Blick gewesen. Nun, sie kommt in zehn Tagen für immer nach Tegernsee. Weihnachten wollen wir heiraten.«

»Das freut mich, Robert«, sagte Eric herzlich.

»Nadine ist schrecklich lieb«, warf Steffen ein. »Und sie kennt ganz tolle Spiele. Anna und Sarah freuen sich auch schon. Selbst unsere Oma kann es kaum noch erwarten, bis Nadine endlich bei uns ist.«

Dr. Baumann kannte Agnes Berwald, die Schwiegermutter seines Freundes, seit vielen Jahren. Seit er aus Kenia zurückgekehrt war, gehörte auch sie zu seinen Patienten. Nach dem Tod ihrer Tochter hatte sie wie selbstverständlich deren Haushalt übernommen und den Kindern, so gut es ging, die Mutter ersetzt. Sie war erst letzte Woche wegen eines Venenleidens bei ihm gewesen. Seltsam, sie hatte mit keinem Wort erwähnt, daß ihr Schwiegersohn schon Weihnachten wieder heiraten würde.

»Natürlich wird es für meine Schwiegermutter eine ziemliche Umstellung sein, obwohl sie immer wieder beteuert, daß es richtig ist, wieder zu heiraten«, sagte Robert. »Andererseits hat sie ständig Schmerzen in den Beinen. Da ist es für sie auch eine gewaltige Erleichterung, wenn sie sich nur noch um ihren eigenen Haushalt kümmern muß. Außerdem leben wir ja in einem Doppelhaus. Wenn meine Schwiegermutter aus ihrer Haustür herausgeht, ist sie innerhalb weniger Sekunden bei uns.«

»Ich freue mich für dich«, sagte Eric aufrichtig. »Du mußt mir deine zukünftige Frau sobald wie möglich vorstellen.«

»Das werde ich. Verlaß dich darauf.« Robert Müller stand auf. »Sobald sich Nadine etwas in Tegernsee eingelebt hat, werden wir dich zum Essen einladen.« Er wandte sich mit seinem Sohn der Tür zu. »Damals, als Claudia starb, glaubte ich, in ein tiefes Loch zu stürzen. Ich hatte nicht erwartet, mich jemals wieder zu verlieben. Manchmal kann ich mein Glück immer noch nicht fassen.«

»Ich bin froh, daß du nicht daran vorbeigegangen bist.«

»Und ich erst«, erklärte Steffen grinsend. »Mein Vater ist nämlich manchmal etwas schwer von Begriff.«

»So etwas muß man sich heutzutage von seinen Kindern sagen lassen«, meinte Robert grimmig. Er reichte dem Arzt die Hand. »Wann sollen wir wiederkommen?«

»Am Freitag«, erwiderte Eric und verabschiedete sich von den beiden. Tief in Gedanken kehrte er an seinen Schreibtisch zurück. Er konnte sich noch sehr genau an den Tag erinnern, an dem Claudia Müller gestorben war. Es war derselbe Tag gewesen, an dem ihm seine Verlobte gesagt hatte, daß sie ihn wegen eines anderen verlassen würde.

*

»Wir werden dich schrecklich vermissen, Nadine«, meinte An­drea Neufrat. »Ich begreife nicht, wie du uns so einfach verlassen kannst.« Kopfschüttelnd sah sie ihre bisherige Kollegin an. »Weißt du, daß du absolut herzlos bist?«

Hanna Berger, Nadine Reimanns beste Freundin, lachte. »Schaut sie euch doch an. So wie ich das sehe, ist sie sehr gern herzlos.«

»Du hast es erkannt, Hanna«, meinte die junge Frau und prostete ihrem bisherigen Chef, Kollegen und Freunden zu. »So gern ich in Karlsruhe lebe und auch für Sie gearbeitet habe, Herr Felder, es gibt nichts, was mich hier halten könnte.«

»Das kann ich sehr gut verstehen, Nadine«, meinte Günther Felder. »Immerhin erwartet Sie in Tegernsee die große Liebe.« Er nippte an seinem Wein. »Allerdings wird es auch eine große Umstellung für Sie. Immerhin werden Sie in Zukunft für drei Kinder sorgen müssen.«

»Und den dazugehörigen Vater«, scherzte Gabriel Walter. »Nadine, du solltest nicht vergessen, daß wir Männer sehr anspruchsvoll sein können.«