Wie umwerfend darf ein Lächeln sein? - Rainer Erlinger - E-Book

Wie umwerfend darf ein Lächeln sein? E-Book

Rainer Erlinger

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Beschreibung

Der moralische Kompass durch den Alltag Eine Sammlung der Fragen und Antworten aus der beliebten Kolumne »Die Gewissensfrage« aus dem Magazin der »Süddeutschen Zeitung« Zum Beherzigen oder Verschenken Nicht nur das Leben, auch die Liebe konfrontiert uns häufig mit moralischen Fragen: Wem gehören Liebesbriefe – dem Absender oder dem Empfänger? Darf man einen Orgasmus faken? Darf man eine Scheidung feiern? Darf eine emanzipierte Frau auf einen echten Kerl stehen? Darf man ein »Ich liebe dich« einfordern? Niemand kennt sich auf dem Gebiet der moralischen Alltagsfragen besser aus als Rainer Erlinger. Seit vielen Jahren beantwortet er wöchentlich in seiner Kolumne »Die Gewissensfrage« im Magazin der »Süddeutschen Zeitung« Zuschriften von Leserinnen und Lesern, die ihn um Rat fragen. Die besten Fragen und Antworten rund um Liebe und Leben sind hier versammelt.

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Seitenzahl: 249

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Rainer Erlinger

Wie umwerfend darf ein Lächeln sein?

111 Gewissensfragen rund um die Liebe und das Leben

FISCHER E-Books

Inhalt

VorwortSchmetterlinge im Bauch»Ein Bekannter hat zwei [...]»Über ein Internet-Dating-Portal habe [...]»Ich habe mich ziemlich [...]»Ich bin seit drei [...]»In einer verzwickten emotionalen [...]»Ich hatte eine Liebesbeziehung, [...]»Vor geraumer Zeit wollte [...]»Im fortgeschrittenen Alter von [...]»Beim ersten Date zum [...]»Als emanzipierte Frau sieht [...]»Ich habe von verschiedenen [...]Ein Herz und eine Seele»Wenn ich meinen Freund [...]»Gestern bekam ich die [...]»Meine Freundin und ich [...]»Warum soll es falsch [...]»Eine langjährige Freundin, mit [...]»Mein Mann war früher [...]»Als mein Mann und [...]»Mein Mann und ich [...]»Mein Gehalt liegt deutlich [...]»Seit Jahren dreht sich [...]»Mein Freund hat einen [...]»Mein Partner ist Fußballer [...]»Ich bin gegen Überwachung, [...]»Meine Freundin macht mit [...]Die Schattenseiten»Ich lebe seit neun [...]»Meine beste Freundin betrügt [...]»Meine beste Freundin ist [...]»Meine Freundin lässt in [...]»Wenn ich mit meinen [...]»Bei einem Ausflug nach [...]»In der Silvesternacht hat [...]»Ich habe vor kurzem [...]»Wenn mein Freund in [...]Ex und Hopp»Meine Freundin macht seit [...]»Vor ein paar Monaten [...]»Nach 16 Jahren Beziehung hat [...]»Wer darf nach einer [...]»Eine Freundin wurde sehr [...]»Ich habe gehört, dass [...]»Vor einigen Jahren hat [...]»Ist es guter oder [...]»Mein Freund hat sich [...]»Vor 20 Jahren schenkte mir [...]»Vor vier Monaten trennte [...]»Vor wenigen Wochen ist [...]»Ist es in Ordnung, [...]Kröten und Sümpfe»Ich habe eine Espresso-Maschine, [...]»Die USA gehören zu [...]»Auf einem millionenfach geklickten [...]»Mein relativ neuer weißer [...]»Ich mag große Autos [...]»Kürzlich entdeckte ich auf [...]»Für die Haare unserer [...]In gesunden und in kranken Tagen»Vor einigen Jahren habe [...]»Wegen Verspannungen ließ ich [...]»Ich hatte Brustkrebs, darum [...]»Mein 90-jähriger Großvater ist [...]»Ich arbeite seit kurzem [...]»Ich würde gern einen [...]»Als ich heute mit [...]»Ist es moralisch vertretbar, [...]Kröten und Mäuse»Ein befreundetes Paar will [...]»Ich bin Studentin und [...]»Mein Sohn studiert Wirtschaft [...]»Für das Finale der [...]»Kürzlich bin ich einer [...]»Unlängst bekam ich unmittelbar [...]»Vor kurzem stand eine [...]»Von Zeit zu Zeit [...]Hin und Her»Auf einer achtstündigen Fahrt [...]»Beim Rhein-Main-Verkehrsverbund kann man [...]»Ich muss beruflich sehr [...]»Jeden Morgen werde ich [...]»Ich habe als Radfahrer [...]»Ich pendle jeden Tag [...]»Ich reise gern mit [...]»Wir wohnen in einer [...]Sehen, Hören und Lesen»Neulich bekam ich zwei [...]»In einer Ausstellung wurde [...]»Im Gespräch mit Kollegen [...]»In den vergangenen Wochen [...]»Als ich vor kurzem [...]»Wir haben auf dem [...]»Mein Schwager wirft mir [...]»In unserer Stadt gibt [...]»Bei einem Konzertbesuch verkündete [...]»Ich löse gerade meine [...]Die einen und die anderen»Bei meinem Discounter wünschen [...]»Vor einigen Wochen habe [...]»Mit einigen Kollegen hatte [...]»Es ist mir unangenehm, [...]»Mein Friseur spricht mit [...]»Oft erlebe ich, dass [...]»Menschen mit Handy nehmen [...]»An der S-Bahn-Station hörte [...]»Kürzlich habe ich einen [...]»Für Herbst planen wir [...]Dies und das»Ich hätte eine Frage: [...]»Wenn man in ein [...]»Ich bin Punk! Mein [...]»Ich bin Agnostiker und [...]»Neulich war ich im [...]»Darf man elementar wichtige [...]»Vor einem Konzert hatten [...]»Zum 40. Geburtstag habe [...]»Vor kurzem wurde in [...]»Vor einiger Zeit war [...]»Meine Schwester hat sich [...]»Wir haben seit geraumer [...]»Man bekommt kurz vor [...]Register

Vorwort

»Wie umwerfend darf ein Lächeln sein?« Die Frage spannt im Grunde schon alles auf. Denn man kann sie unterschiedlich lesen, auf zwei Arten, die sich an zwei Bedeutungen des Wortes Lächeln festmachen lassen. Man kann unter einem Lächeln, speziell unter einem umwerfenden Lächeln, eine Art Sache verstehen, eine Gegebenheit, etwas, das jemand hat, mitbekommen hat. Von wem auch immer. Dann würde sich die Frage, wie umwerfend es sein darf, an diejenige Macht oder denjenigen Mechanismus stellen, der, die oder das dieses Lächeln geschaffen hat. Darf man ein derartiges, womöglich gefährliches Lächeln – im Englischen heißt es nicht umsonst »Killer smile« – in die Welt setzen und jemandem geben, der es vielleicht nicht nur in guter Weise einsetzt? Und ist es gerecht, dieses Lächeln nur manchen zu geben, anderen aber nicht?

Oder man versteht darunter Lächeln als Tätigkeit. To smile or not to smile – lächeln oder nicht lächeln, das wäre dann die Frage. Denn wem immer dieses Lächeln gegeben wurde, der oder die hat die Fähigkeit zu diesem Lächeln bekommen und damit die Entscheidung darüber, zu lächeln oder nicht zu lächeln, diese Fähigkeit einzusetzen oder nicht. Andere damit umzuwerfen oder nicht. Sich Gefälligkeiten oder gar das Herz eines oder einer anderen zu erlächeln, vielleicht sogar ganz bewusst und gezielt. Und dann spannt diese Frage wirklich alles auf, nämlich den Unterschied zwischen Können und Dürfen, das eigentliche Feld der Moral.

 

Über 16 Jahre gibt es mittlerweile die Kolumne »Die Gewissensfrage« im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Jede Woche werden dort Leserfragen zur Alltagsmoral beantwortet. Dieser Band beinhaltet eine Auswahl davon. Und, wie der Titel des Buches ahnen lässt, mit einem Schwerpunkt: Liebe und Partnerschaft. Er umfasst fast die Hälfte dieses Buches.

Allerdings könnten da erste Zweifel aufkommen. Die Frage »Soll ich lieben?« scheint unsinnig, dabei ist das »Sollen« doch der eigentliche Kern moralischer Überlegungen. Schon Immanuel Kant, sonst ein großer Freund von Pflichten, hatte die Idee ausdrücklich verworfen, dass es eine Pflicht zur Liebe geben könnte: »Liebe ist eine Sache der Empfindung, nicht des Wollens, und ich kann nicht lieben, weil ich will, noch weniger aber, weil ich soll (zur Liebe genöthigt werden); mithin ist eine Pflicht zu lieben ein Unding.«

»Darf ich lieben?« scheint schon weniger unsinnig, hat aber auch ein Problem: Was macht man, wenn die Antwort »nein« lautet? Liebt man dann einfach nicht? Oder trotzdem? Auch hier gilt: Die Liebe ist ein Gefühl, und Gefühle lassen sich nur schwer oder gar nicht kontrollieren. Kann es deshalb unmoralisch sein zu lieben? Darf man deshalb aus Liebe oder für die Liebe alles tun? Gemäß dem Sprichwort »All is fair in love and war« – »Im Krieg und in der Liebe sind alle Tricks erlaubt«. Dass das nicht so allgemein gelten kann, mag hier schon mancher ahnen, es lauern also die ersten Probleme. Genaueres zur Reichweite, aber auch zur Herkunft dieses Sprichworts auf S. 17.

Dass die Liebe sehr wohl ihre Probleme verursacht, das weiß nicht nur jeder aus dem eigenen Leben. Literatur, Film, Oper, fast alle Kunstgattungen befassen sich damit. Liebesromane wären nach ein paar Seiten zu Ende, gäbe es nicht Verwicklungen zuhauf, »Liebesdrama« ist ein feststehender Begriff. Man ahnt schon, das Thema Liebe bietet nicht nur reichlich Rührstoff oder Grund für Freude wie für Tränen, sondern auch Anlässe genug zum Nachdenken. Auch in moralischer Hinsicht.

 

»111 Gewissensfragen rund um die Liebe und das Leben« lautet der Untertitel des Buches – mit Absicht: »rund um«. Denn auch wenn die Liebe als Gefühl sich vielleicht der moralischen Beurteilung entzieht, das, was mit ihr zusammenhängt, wie man sich verhält, tut es nicht. Einerseits mag mancher Liebeskranke nicht wirklich zurechnungsfähig sein (siehe S. 22), andererseits entstehen durch das Band der Liebe besondere Verpflichtungen. In vielerlei Hinsicht. Die Verpflichtung, dem Partner oder der Partnerin treu zu sein, ist nur eine mögliche davon, aber offenbar so wichtig und deshalb so häufig Gegenstand von Fragen, dass den Problemen, die in diesem Bereich auftreten können, ein eigenes Kapitel gewidmet ist (siehe »Eifersucht und Seitensprung« S. 67).

Generell lassen sich die Fragen rund um die Liebe vier größeren Themenbereichen zuordnen: 1. Die Anbahnung: Suchen, Rendezvous, Flirts, Verlieben. 2. Der Lauf einer Partnerschaft mit ihren Licht- und Schattenseiten. 3. Die schon genannten besonderen Schattenseiten Seitensprung und Eifersucht. 4. Die Nachwirkungen einer Beziehung.

Dass dieser vierte Bereich, die Nachwirkungen einer oftmals gescheiterten Beziehung, einen relativ großen Raum einnimmt (siehe S. 87–114), ist bei genauerem Nachdenken nicht verwunderlich. Natürlich werden die Reibungen größer, wenn keine Liebe mehr da ist. Und oft gab oder gibt es Verletzungen, die ein richtiges Verhalten schwieriger machen. Schon Freiherr von Knigge hatte das erkannt und mahnte deshalb für den Umgang mit »Ex«: »Haben Liebe und Vertraulichkeit Dich an ein Geschöpf gekettet und Eure Bande würden getrennt, sei es nun durch Schicksale, Untreue und Leichtfertigkeit des einen Teils oder durch andre Umstände, so handle nach dem Bruche, oder wenn die Verbindung sonst aufhört, nie unedel!«

Mehr als 16 Jahre gibt es die Kolumne also schon, und Fragen rund um die Liebe gab es von Anfang an. Deshalb habe ich manche Klassiker schon sehr früh beantwortet. Darunter zum Beispiel eine Frage, die immer wieder kommt: Wie antwortet man auf die Frage: Bin ich zu dick (S. 48)? Und andere mehr. Eine Sammlung mit dem Schwerpunkt Liebe wäre unvollständig, wenn sie und andere Klassiker nicht enthalten wären. Deshalb habe ich sie mit aufgenommen.

 

Die Liebe ist nicht alles, deshalb enthält das Buch auch Fragen zur Alltagsmoral aus anderen Lebensbereichen: Umwelt und Tiere, Körper und Gesundheit, Wirtschaften und Geld, Verkehr, Kultur und Medien, das Miteinander und Verschiedenes.

 

Aber mit der Liebe und deren Beginn soll auch das Buch beginnen.

Schmetterlinge im Bauch

Über Sich Finden und Zusammenkommen

»Ein Bekannter hat zwei gefährliche ›Waffen‹: strahlende Augen und ein umwerfendes Lächeln. Er weiß um die Wirkung dieser Eigenschaften auf Frauen. Muss er sich zurücknehmen, um keine übersteigerten Erwartungen zu schüren? Oder ist es an den Frauen, sich vor eventuellen Enttäuschungen zu schützen?« Heike R., Köln

In David Foster Wallace’ Monumental-Roman Unendlicher Spaß gibt es die Figur der Joelle Van Dyne, genannt Madame Psychosis, die der »Liga der Absolut Rüde Verunstalteten und Entstellten«, kurz L.A.R.V.E. angehört und deshalb ständig einen Schleier trägt. An einer Stelle erklärt sie jedoch, dass der wahre Grund für die Verschleierung bei ihr ein ganz anderer sei: »Don, ich bin vollkommen. Ich bin dermaßen schön, dass ich jeden fühlenden Menschen ganz einfach um den Verstand bringe.«

So schlimm ist es bei Ihrem Bekannten hoffentlich nicht, andererseits ist wohl jeder schon einmal unter einem derart strahlenden Blick zu einem leicht formbaren Klumpen weichen Wachses geworden. Es kann daher tatsächlich gefährlich für das Gegenüber werden.

Auch der Dichter Gustav von Aschenbach in Thomas Manns Novelle Der Tod in Venedig geht an der Schönheit des von ihm begehrten, aber unerreichbaren Knaben Tadzio zugrunde. Dort, bei Thomas Mann, findet man aber auch eine Stelle, die zur Lösung Ihrer Frage weist. Tadzio hat wohl die Blicke Aschenbachs bemerkt, und eines Tages lächelt er ihn an, »sprechend, vertraut, liebreizend und unverhohlen, mit Lippen, die sich im Lächeln erst langsam öffneten«. Mann lässt die Erklärung folgen: »Es war das Lächeln des Narziß, der sich über das spiegelnde Wasser neigt, jenes tiefe, bezauberte, hingezogene Lächeln, mit dem er nach dem Widerschein der eigenen Schönheit die Arme streckt.«

Das trifft den entscheidenden Punkt: In der Angewohnheit, jeden Menschen mit einer vollen Breitseite seines Charmes unter Feuer zu nehmen, dürfte ein gerüttelt Maß an Narzissmus stecken. Und Aschenbach, wiewohl oder gerade weil der narzisstischen Schönheit bereits verfallen, weiß auch die Antwort: »Du darfst so nicht lächeln! Höre, man darf so niemandem lächeln!«

Quellen:

David Foster Wallace, Unendlicher Spaß, aus dem amerikanischen Englisch kongenial übersetzt von Ulrich Blumenbach, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. Die Stellen zu Joelle Van Dyne und der Gesellschaft L.A.R.V.E. finden sich in der Hardcoverausgabe auf den Seiten 769, 775 und 1351.

 

Im Englischen heißt die Gesellschaft »Union of the Hideously and Improbably Deformed« U.H.I.D., die Textstellen finden sich auf den Seiten 533, 538 und 940.

 

Da der Roman nicht nur umfangreich, sondern auch komplex ist, kann es hilfreich sein, zusätzliche Informationen zu Autor und Roman zu lesen, zum Beispiel in: Stephen Burn, David Foster Wallace’s Infinite Jest: A Reader’s Guide, The Continuum International Publishing Group, New York / London 2003

 

Thomas Mann, Der Tod in Venedig, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1977, S. 48

»Über ein Internet-Dating-Portal habe ich, 76, eine Frau kennengelernt, die sich als 76 Jahre alt vorstellte. Wir haben uns zweimal gesehen und gut verstanden. Nun hat sie gestanden, dass sie sich um drei Jahre jünger gemacht hat. Mich stört das, weil ich mir nach dem frühen Tod meiner Frau eine jüngere Partnerin gewünscht hätte und es sich um eine Lüge handelt. Wie soll ich mich verhalten?« Hans M., München

Hier scheinen sich verschiedene Fragen zu überlagern. Die erste Frage ist, ob die Dame und Sie einander sympathisch finden und eine Anziehung verspüren. Denn das ist meines Erachtens die wichtigste Frage dafür, ob man die Bekanntschaft vertiefen will. Die zweite Frage ist, ob es etwas ausmacht, dass die Dame drei Jahre älter ist. Die Abweichung des biologischen und geistigen Alters gegenüber dem numerischen Alter ist individuell so unterschiedlich – und die Dame ist, wenn Sie das wahre Alter nicht bemerkt haben, offensichtlich biologisch und mental jünger –, dass ich es für unsinnig halte, sich am numerischen Alter festzuklammern. Noch dazu, wenn die Abweichung weniger als vier Prozent beträgt. Und obwohl man Ihren Wunsch nach einer jüngeren Partnerin nach dem Verlust Ihrer Frau verstehen kann, halte ich ihn für zumindest ein bisschen egoistisch der neuen Partnerin gegenüber.

Die dritte Frage lautet, ob die Lüge relevant ist. Wenn Sie auf diesem Gebiet sehr streng sind, ist das natürlich ein Argument, das gegen eine weitere Annäherung spricht. Allerdings erschiene mir, obwohl ich tendentiell auch eher streng auf diesem Gebiet bin, die Lüge hier nicht so schlimm. Man kann das charmant begründen damit, dass es ein Gewohnheitsrecht der Frauen gibt, über ihr Alter zu täuschen. Dieses Gewohnheitsrecht findet eine moralische Begründung darin, dass das Alter bei den Frauen traditionell stärker beachtet und ein höheres Alter negativer bewertet wird als bei Männern, was eine geschlechtsbezogene Ungerechtigkeit darstellt, gegen die sich Frauen wehren dürfen. Oder man erkennt an, dass heute jeder jünger sein will und es deshalb sozial üblich ist, sich jünger zu machen. Man empfindet es nicht als vorwerfbare Lüge, sich die Haare zu färben, und das hier ist so etwas wie Geburtsdatum-Färben.

Literatur:

Sehr gute Ausführungen zum Recht, zum Schutz der Privatsphäre zu lügen, finden sich bei:

 

Simone Dietz, Die Kunst des Lügens, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2003. Ein insgesamt sehr empfehlenswertes Buch zum Thema Lüge – Dietz bezieht sich dabei auch auf: Arthur Schopenhauer, Preisschrift über die Grundlage der Moral, Neuausgabe im Meiner Verlag 2006.

 

Einen Überblick bietet:

 

»Wer einmal lügt … Über Lüge und Wahrheit«, in: Rainer Erlinger, Nachdenken über Moral. Gewissensfragen auf den Grund gegangen, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2012, S. 13–46

»Ich habe mich ziemlich heftig in einen Mann verliebt, so stark wie erst einmal in meinem Leben. Das Problem: Er hat seit über sechs Jahren eine Freundin. Wir haben uns vor einem Jahr rein freundschaftlich kennengelernt, aber langsam wurde immer mehr daraus. Für mich ist inzwischen klar, was er mir bedeutet, und ich glaube, auch ihn lässt die Sache nicht kalt. Meine Frage ist nun: Darf ich in dem Wissen, dass er bereits gebunden ist, ungeniert mit ihm flirten, mit dem eindeutigen Ziel, dass wir mehr werden als nur Freunde?« Barbara B., Köln

»Love knoweth no laws«, schrieb der englische Renaissanceschriftsteller John Lyly 1579, woraus die Redeweise »All’s fair in love and war« wurde – »Im Krieg und in der Liebe sind alle Tricks erlaubt.« Daneben vertrete ich die Meinung, dass ein volljähriger Mensch selbst wissen muss, was er tut, und damit hier, ob er auf ein Werben eingeht. Für die jetzige Partnerin gilt, dass sie kein verbrieftes Anrecht auf die Beziehung hat: Man kann einen Menschen nun einmal nicht besitzen. Als Romantiker wünsche auch ich nichts mehr als ewige Liebe, aber niemand kann ein Gefühl auf Dauer garantieren.

Gewiss, die langjährige Beziehung hat den Vorzug, dass sie sich bewährt hat, tragfähig ist, nicht nur eine kurze sexuelle Begierde. Auf der anderen Seite ist das, was viele Paare zusammenhält, vor allem Gewohnheit. Das kann besser sein als allein zu leben, aber es ist schlechter als echte Liebe, wenn die denn kommt. Die Chance auf diese echte dauerhafte Liebe darf man als Wert nicht vernachlässigen – zumal die Gefühle ja groß zu sein scheinen. Es spräche also so manches dafür, Ihnen grünes Licht zu geben.

Dennoch stört mich etwas. Vielleicht bin ich wirklich zu sehr Romantiker, aber für mich hat eine bestehende Beziehung – unabhängig von kirchlichen Treueschwüren – etwas Besonderes, fast Heiliges, ein Angriff darauf damit etwas Zerstörerisches, Teuflisches. Vielleicht ist es auch nur, dass ich eine Beziehung als etwas empfinde, was den Partnern gemeinsam gehört. Das kann nun jeder von beiden aufgeben, er bleibt ein freier Mensch – mit Verantwortung für den anderen und das Leid, das er ihm zufügt. Ein Außenstehender aber hat dieses Recht nicht, er darf den gemeinsamen Besitz der Partner nicht aktiv zerschlagen, um sich selbst amourös zu bereichern. Mein Fazit deshalb: Interesse bekunden, ja, alle Register ziehen, nein.

Quellen:

John Lyly, Euphues: The Anatomy of Wyt, London, 1578, online abrufbar unter (dort S. 69): https://archive.org/details/cu31924013122084

 

All’s fair in love and war, in: Wordsworth Dictionary of Proverbs, von George Latimer Apperson, Wordsworth Editions, London 2006, S. 355

»Ich bin seit drei Jahren geschieden und Vater einer sechsjährigen Tochter. Wenn Frauen, die ich kennenlerne, erfahren, dass ich ›mit Anhang‹ bin, sind sie oft gar nicht mehr an mir interessiert oder deswegen besonders. Deshalb habe ich beschlossen, zunächst nichts von meiner Tochter zu erzählen, da ja bei einer Beziehung die Partner im Vordergrund stehen sollten. Nun plagt mich das Gewissen: Hintergehe ich jemanden, wenn ich erst später damit herausrücke, womöglich nach ersten sexuellen Kontakten?« Klaus K., Fulda

Natürlich träumt jeder davon, um seiner selbst willen geliebt zu werden. Nur wegen seiner schönen Augen, ja nicht einmal deretwegen, sondern sozusagen seelisch nackt, einfach als Mensch an sich. Würde dieser Wunsch allgemeine Realität, führte er zwar mit ziemlicher Sicherheit zum Konkurs so manches Sportwagenherstellers und Modeunternehmens; er zeigt aber auch, dass sich ohne äußere Umstände darzustellen nicht unehrlich, sondern umgekehrt besonders ehrlich ist.

Nur, was sind innere und was äußere Umstände? Bei Sportwagen und edler Kleidung kann man eine Trennlinie zum Besitzer ziehen – hinter der bei manchem freilich wenig bleibt. Im Falle Ihrer Tochter liegt es anders, sie ist untrennbarer Teil Ihres Lebens und einen solchen absichtlich zu verschweigen eine kleine Täuschung. Darf man die nutzen auf dem Weg zur wahren Liebe?

In Francesco Cavallis Barockoper La Calisto rät Merkur dem Jupiter, sich als Diana zu verkleiden, um die Titelheldin zu gewinnen: »Nehmt eure Zuflucht zum Schwindel, denn der trügerische Liebhaber gewinnt.« Dies dient allerdings mehr den amourösen Gelüsten des Göttervaters denn großer Liebe, wie auch sonst Merkurs Ratschläge von zweifelhafter Moral sind: »Nicht zu retten / ist der Gatte, / der die Regelung seiner Gelüste / seiner Frau überlassen müsste.« Doch auch Jupiter entwickelt bei der Täuschung so etwas wie echte Gefühle: Er verschafft Calisto am Ende einen Platz als Sternbild am Firmament – nachdem diese alles ausbaden musste, von der eifersüchtigen Gattin Juno in eine Bärin verwandelt.

Die Engländer sehen es zielorientiert, sie haben ein sehr gängiges Sprichwort: »All is fair in love and war«, das gute Ziel zählt; nicht umsonst ist der Utilitarismus, die Nützlichkeitsethik, eine britische Erfindung. Wenn ich auf das Ergebnis schaue, komme ich jedoch zu einem anderen Schluss: Selbst wenn die Liebe entbrennt, als absichtlich spät Eingeweihter käme ich mir immer getäuscht, schlimmer noch, geprüft vor. Und das hinterließe bei mir ein unschönes Gefühl.

Quellen:

Francesco Cavalli, La Calisto, Dramma per musica. Libretto von Giovanni Faustini. Uraufführung am 28. November 1651 im Teatro Sant’ Apolinare, Venedig. Münchner Erstaufführung am 9. Mai 2005 im Nationaltheater. Die Zitate aus dem 1. Akt 6. Auftritt bzw. 2. Akt 9. Auftritt entstammen der deutschen Übersetzung von Liesel B. Sayre.

»In einer verzwickten emotionalen Situation verschickte ich in einem Anfall von Übermut einen Liebesbrief. Da der Empfänger gerade verreist war, grübelte ich mehrere Tage, ob diese Aktion richtig war. Schließlich nagten die Zweifel so an mir, dass ich zu der Adresse fuhr und den zugestellten Brief wieder aus dem Briefkasten zog. Habe ich mich als Absenderin und ›Diebin‹ des Briefs in einer Person dennoch des Postraubs schuldig gemacht? Wenig später habe ich den Brief übrigens doch noch persönlich übergeben …« Petra G., München

Diese Frage stellen Sie einem gelernten Juristen? Dem sofort Begriffe durch den Kopf schwirren wie Herrschaftsbereich des Empfängers, Gewahrsamsbruch, Diebstahl und Schlimmeres? Schon das bloße Nachdenken darüber vermag bedrohliche Schatten auf Ihr hoffentlich bis dato jungfräuliches Vorstrafenregister zu werfen. Und jetzt wollen Sie wahrscheinlich von mir hören, dass die Übertretung von einem halben Dutzend Gesetzen in diesem Fall in Ordnung ist.

Geschätzte Staatsanwälte, Rechtstheoretiker, Erziehungsberechtigte, Medienwächter und alle, die sonst noch Anstoß an öffentlicher Billigung von Straftaten nehmen könnten: Bitte lesen Sie nicht weiter. Denn, liebe Frau G., meinen Segen haben Sie. Ich könnte jetzt ein paar hundert Zitate bringen, warum die Liebe alles erlaubt, aber glauben Sie es mir einfach. Zwar halte ich nicht so viel davon, sich der ersten Stimme des Herzens zu widersetzen, und auch bei Ihnen scheint ja am Ende der spontan abgeschickte Liebesbrief richtig gewesen zu sein. Doch Ihre Tat ist nicht vorwerfbar.

Das, was den eigentlichen Zauber der Liebe und ihres ersten Anwalls, des Verliebtseins, ausmacht, ist der Wahnsinn, das Lodern, das Unbedingte, das Nichtbedenken der Folgen. Wenn der Geliebte am anderen Ende der Welt lebte, man flöge hin, auch wenn man ihn nur kurz sähe und es vermeintlich »nicht lohnt«. Alles lohnt sich, wie Irving Berlin dazu schrieb, in seinem wunderbaren Song How Deep Is The Ocean?: »How far would I travel / To be where you are? / How far is the journey / From here to a star?« Was zählt da schon ein lächerlicher Postraub? Des eigenen Briefes? Gegenüber einer Himmelsmacht?

Sie waren schlicht nicht zurechnungsfähig. Falls Sie in der Sache einen Verteidiger brauchen, rufen Sie mich an. Ich pauk Sie da raus!

Quellen:

§ 242 Diebstahl

 

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

(2) Der Versuch ist strafbar.

 

§ 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen

 

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

 

Das Lied »How Deep Is The Ocean« von Irving Berlin findet sich in einer wunderbaren Interpretation von Ella Fitzgerald auf dem Album »Ella Fitzgerald Sings The Irving Berlin Songbook« erschienen bei Verve.

»Ich hatte eine Liebesbeziehung, bei der ich ›mehr Beziehung‹ wollte als die andere Person. Sie war zwar verliebt, erklärte jedoch schnell, dass sie keine Verpflichtungen wünsche. Ich litt darunter, beendete unsere ›unverbindliche Beziehung‹ aber erst nach einem halben Jahr, da ich sehr verliebt war und zunächst dachte, damit umgehen zu können. Nun schwanke ich zwischen zwei Ansichten: zum einen, dass ich erwachsen bin und damit für mich selbst verantwortlich – mir wurde ja nichts vorgemacht. Andererseits finde ich, sie hätte sich nicht darauf einlassen dürfen, da ihr klar war, dass sie mich verletzt. Was meinen Sie?« Thomas K., Berlin

Das Grundproblem Ihrer Frage kennt jeder, meist sogar von beiden Seiten. Bei seiner Bewertung bewegt man sich zwischen zwei Prinzipien. Das eine nenne ich das »Volljährigkeitsprinzip«: Ein Volljähriger muss wissen, was er tut. Das andere ist das »Verantwortungsprinzip«: Macht ist mit Verantwortung verbunden und deshalb muss bei einem deutlichen Ungleichgewicht der Stärkere auch im Interesse des Schwächeren handeln.

Genau das ist aber auch eine Bevormundung, die sehr unerwünscht sein kann. In Händels Oper Rodelinda singt der liebeskranke Grimoaldo: »Traurig, krank liegt mein Herz darnieder, / doch sein Leiden gefällt ihm so gut, / dass nach Frieden es sich nicht mehr sehnt.«

Im Grunde muss es jedem unbenommen bleiben, auch unglücklich zu lieben. Allerdings mit Einschränkungen: Notwendig ist absolute Offenheit, man darf niemals mit dem oder der anderen spielen, und eine Grenze hat alles, wenn einer heftig leidet und darin gefangen ist. Liebe macht nämlich nicht nur blind, sondern vor allem taub: Was ein schwer Verliebter nicht hören will, hört er einfach nicht. Ein »Read my lips: I do NOT love you!« weiß er problemlos als verklausulierten Liebesschwur zu deuten. Und selbst bei klarem Erkennen kann es an der Kraft mangeln, Konsequenzen zu ziehen. In derartigen Fällen ist der oder die Nichtliebende deutlich stärker und trägt deshalb Verantwortung.

Bei Ihnen dagegen waren beide verliebt, beide wollten eine Beziehung, wenn auch in unterschiedlicher Form. Hier besteht ein gewisses Gleichgewicht und man muss sich auch davor hüten, Entscheidungen des eigenen Lebens als moralische Last auf andere abzuwälzen.

Quellen:

Georg Friedrich Händel: Rodelinda, Regina de’ Longobardi, Dramma per musica in drei Akten. Libretto von Nicola Francesco Haym. Uraufführung am 13. Februar 1725 im King’s Theatre in the Haymarket, London, Münchner Erstaufführung am 28. Juni 2003 im Nationaltheater. Das Zitat entstammt der deutschen Übersetzung von Reinhard Strohm.

»Vor geraumer Zeit wollte ich mir ein gebrauchtes Auto kaufen. Der Verkäufer hatte natürlich ein Auto für mich im Angebot und versuchte es mir schönzureden. Er verschwieg mir aber Mängel, worauf ich mich gegen diesen PKW entschied. In eine ähnliche Situation geriet ich, als ich auf der Suche nach einem Partner war. Nun meine Frage: Ist es denn unmoralisch, wenn man sich in diesem Fall von seiner besten Seite zeigt und seine Mängel verheimlicht?« David A., Hamburg

Im ersten Moment zuckt man natürlich, wenn Sie die Partnersuche mit dem Kauf eines Gebrauchtwagens gleichsetzen, und denkt, das kann man nicht vergleichen! Stimmt, aber das Problem, das Sie aufzeigen, bleibt bestehen. Wahrscheinlich wird beim Autoverkauf sogar weniger »geschummelt« als in Liebesdingen. Am Beginn weist man den anderen niemals zurecht, lacht über jeden Witz und findet alles interessant. Mit der späteren Alltagswirklichkeit hat das oft nur am Rande zu tun.

Doch selbst wenn das eine Täuschung darstellt, ist sie ausnahmsweise in Ordnung. Zoologen sehen in der Partnersuche neben allen amourösen Aspekten einen handfesten biologischen Sinn, nämlich die Fortpflanzung. Deshalb hat die Natur es auch so eingerichtet, dass zur Paarungszeit das bunteste Gefieder und die schönsten Gesänge präsentiert werden. All dies ist, da der Rest des Jahres oft anders aussieht, auch eine Täuschung, wenn man so will, die aber offensichtlich in der Natur der Sache liegt.

Anthropologen beschreiben die Liebe als Spiel, das bestimmten Regeln unterliegt. Dazu gehört, dass sich jeder so gut darstellt, wie es geht, umgekehrt aber weiß oder wissen muss, dass der andere es genauso macht. Es verstößt also keiner gegen die Regeln des Zusammenlebens. Und schließlich enthält das positive Verhalten des frisch Verliebten auch immer die Absicht oder auch nur die Möglichkeit, sich durch den anderen zu verändern, also besser zu werden. Das ist nicht verwerflich. Außerdem darf man eines nicht übersehen: Wenn Sie schon beim ersten Treffen alle Ihre negativen Seiten zeigen, bleiben Sie zwar hochehrlich, aber ziemlich sicher auch allein.

Literatur:

Eckart Voland, Die Natur des Menschen. Grundkurs Soziobiologie, Verlag C.H. Beck, München 2007

Leider nur mehr antiquarisch erhältlich, dennoch lesenswert.

 

Zum Balzverhalten bei Tieren: Irenäus Eibl-Eibesfeldt. Grundriss der vergleichenden Verhaltensforschung, 7. Aufl., Piper Verlag, München, 1987, S. 231ff.

Zur Paarfindung beim Menschen: Irenäus Eibl-Eibesfeldt. Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriß der Humanethologie. 3. Aufl., Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 327ff.

Auch die Bücher von Eibl-Eibesfeld sind nur mehr antiquarisch erhältlich, die letzten Neuauflagen liegen inzwischen etliche Jahre zurück und die Bücher sind in mancherlei Hinsicht zum Teil zu Recht umstritten. Dennoch sind sie für Grundlagen und Originalbefunde weiterhin interessant.

»Im fortgeschrittenen Alter von fast fünfzig habe ich mich bei einem Online-Dating-Portal angemeldet. Nun hatte ich bereits ein paar Dates, einige davon waren amüsant bis erschreckend. Ist es erlaubt, beim nächsten Date ohne Namensnennung über vorhergehende Missgeschicke zu sprechen bzw. sich ein wenig lustig zu machen, oder sollte man dies in jedem Fall unterlassen?« Ulla H., Köln

Eigenartig: In Beziehungsdingen und bei Dates gehören »Vorgänger« doch eigentlich zu den Themen, die man eher nicht hören will und deshalb vermeidet. Warum wollen Sie dennoch diese Geschichten erzählen? Mir fallen drei Gründe ein: Erstens, Sie wollen Ihrem Gegenüber schmeicheln, dass er offensichtlich kein solches Missgeschick ist. Zweitens, Sie wollen in der etwas schwierigen Situation eines ersten Dates das Eis brechen, indem Sie lustige Anekdoten erzählen aus einem Bereich, den Sie vermutlich beide kennen. Drittens, Sie wollen mit den Geschichten belegen, dass Sie nicht so sind wie die anderen Menschen, die versuchen, über ein Dating-Portal jemanden kennenzulernen.

In allen Fällen benutzen Sie die Menschen, über die Sie sich lustig machen, auch wenn es ohne Namen geschieht und diejenigen nichts davon erfahren. Bei den ersten beiden Motiven, Ihrem aktuellen Date schmeicheln oder das Eis brechen zu wollen, sehe ich es noch als vertretbar an. Im Krieg und in der Liebe sind schließlich, dem Sprichwort zufolge, alle Tricks erlaubt. Und in beiden Fällen ist die Zielrichtung des Erzählens primär Ihr Gegenüber und nicht Ihr Ego.