Wildau – ein starkes Stück Ostdeutschland - Uwe Malich - E-Book

Wildau – ein starkes Stück Ostdeutschland E-Book

Uwe Malich

0,0
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Bürgermeister außer Dienst hält Rückschau. Auf sein Wildau. Eine Stadt, hinter deren attraktiver Fassade eine bewegte Geschichte schlummert. Der Ort - außerhalb der Tore Berlins - bezeugt die schwierige Situation ostdeutscher Kommunen nach der Wiedervereinigung. Bekannt ist Wildau als wichtiger Arbeitsstandort und für seine technische Hochschule mit internationalem Renommee. Die Herausforderungen nach der Wende zeichnet der Autor als promovierter Ökonom ebenso beeindruckend nach wie die Irrungen und Wirrungen der Kommunalpolitik. Heute kann Wildau getrost wieder als Teil der gesamtdeutschen Spitze betrachtet werden! Den Aufstieg des Ortes beschreibt das vorliegende Buch. Ob es weiter gut voran geht, bleibt offen. "Schauen wir mal", sagt der Autor - nicht ohne Hoffnung.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 70

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Impressum 2

Vorspiel 3

Wahlkampf 2001 13

Die Arbeit beginnt 17

Wirtschaft, Wissenschaft, Lebensqualität 22

Wildorado 27

Weitere Arbeitsschwerpunkte in den Anfangsjahren 31

Höhepunkte 2007 bis 2009 38

Schwierigkeiten beim weiteren Aufstieg von Wildau 46

Weiterer Aufschwung – trotz schweren Unfalls 50

Weitere Höhepunkte ab 2014 – und ein schlimmer Radsturz mit Folgen 68

Nachtrag 90

Schluss 91

Quellen und Anmerkungen 94

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2021 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-903271-99-9

ISBN e-book: 978-3-903861-01-5

Lektorat: Thomas Schwentenwein

Umschlagfoto: Oliver Hein, Zeuthen

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen:

Bildquellennachweis:

Bild 1, 22, 35, 36:©Katja Lützelberger

Bild2, 5, 6, 11, 13, 15, 17, 18, 23, 33:©Valerie Malich-Richel

Bild3:©Gerlinde Irmscher

Bild4:©Archiv Schlütter

Bild7, 8, 21, 24, 28, 29, 30, 31, 32:©Bernd Schlütter

Bild9:©Wildorado Archiv

Bild12:©Xenia Marz

Bild14:©Archiv TFH

Bild10, 16, 19, 26, 27, 34:©Oli Hein, Zeuthen

Bild20:©Grit Müller

Bild25:©Archiv Schmiedewerk

Bild37:©Sebastian Franke

www.novumverlag.com

Vorspiel

Natürlich wurde auch in Wildau in der so genannten Wendezeit die Grenzöffnung im Herbst 1989 mit großer Sehnsucht erwartet. Als ich am 10.11.1989 von der Arbeit nach Hause kam, stand eine riesige Menschenmenge vor dem Einwohnermeldeamt von Wildau, um einen Stempel für Schritte über die innerdeutsche Grenze zu bekommen. Die meisten von ihnen wollten nur gucken, einige allerdings der DDR für immer den Rücken kehren.

Der Autor am Beginn seiner Amtszeit

Ich war vom Verlauf der Ereignisse damals nicht begeistert. Denn ich konnte mir als Volkswirt und Wirtschaftshistoriker klar ausmalen, was die Grenzöffnung bedeutete: den Untergang der DDR, – Verzeihung – den Anschluss der DDR an das viel stärkere Westdeutschland und die unbeschränkte Einflussnahme bundesdeutscher Eliten auf die weitere Entwicklung im Osten. Was mich anfänglich wunderte, war die zunächst zögerliche Haltung von Margarete Thatcher und Francois Mitterand. Die Britin und der Franzose wollten offenbar die dominierende Rolle ihrer Länder in Europa in Folge des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Teilung nicht einfach aufgeben, auch aufgrund ihrer historischen Erfahrungen mit einem Groß-Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Helmut Kohl war aber zu stark und zu klug, und er hatte mit Michail Gorbatschow und dem US-Präsidenten George Bush die Führer der wichtigsten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges auf seiner Seite.

Ich blieb skeptisch. Klar, es musste etwas passieren, aber nicht gerade der Anschluss des Ostens an den Westen. Selbstständige Reformen in der DDR, eine eigeninitiierte Stärkung des Landes wären sinnvoller gewesen. Doch die Sowjetunion und ihre Satelliten-Staaten, einschließlich der DDR, waren zu schwach, die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen zu verkrustet, um kurzfristig noch eigene Wege zu suchen und erfolgreich zu beschreiten. Für die meisten Ostdeutschen war vor allem die D-Mark zu attraktiv, die wollten sie möglichst schnell ihr Eigen nennen, und gegen die damit verbundenen Versprechen und Verheißungen gab es kein Halten. Ich mischte mich damals ein und schrieb einen Artikel (zeitiges Frühjahr 1990) für die Ost-taz, in dem ich die schnelle Einführung der D-Mark in der DDR mit dem Trojanischen Pferd verglich. Sinnlos. Das ersehnte neue Geld wurde freudetrunken im Land begrüßt (01. Juli 1990).

Die Wirkung der D-Mark war ambivalent. Alle Bürger erhielten endlich eine überall kaufkräftige Währung, die ihnen von der SED immer wieder verwehrt worden war. Für die ostdeutschen Betriebe bedeutete die D-Mark allerdings eine schwere Belastung. Die gerade in Umwandlung zu Kapitalgesellschaften befindlichen Unternehmen wurden über Nacht mit Weltmarktpreisen konfrontiert, mussten radikal Kosten senken, um überhaupt noch absetzen zu können. Sie waren in der Regel aber überhaupt nicht wettbewerbsfähig, weil ihnen quasi über Nacht ihr Hauptabsatzmarkt, das „sozialistische Wirtschaftssystem RGW“, wegbrach. Bei dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe handelte es sich um das zentrale Organisationsorgan für die Zusammenarbeit zwischen Sowjetunion und den Satellitenstaaten. Die langjährigen Kunden dort konnten mangels konvertierbarer Währungen nicht mehr bezahlen …

„Personaleinsparung“ wurde zum Hauptansatzpunkt. Vorher undenkbar: Massenarbeitslosigkeit und vorzeitige Berentung waren die Folgen. Auch Wildau, insbesondere der große Wildauer Schwermaschinenbaubetrieb, der vor allem für den DDR-Schiffbau-Ostexport produzierte, wurde davon hart getroffen. Mehrere Tausend, bis dahin bestens ausgebildete und gut bezahlte Arbeitskräfte wurden in Wildau und Umgebung arbeitslos – mit schlechten Aussichten auf einen neuen Job. Wie sollte es weiter gehen?

Vor diesen Fragen standen die Bürgerinnen und Bürger, der neue sozialdemokratische Bürgermeister sowie die unterschiedlichen Fraktionen in der Gemeindevertretung. Immerhin hatte Wildau von Anfang an einen gewichtigen Vorteil gegenüber anderen ostdeutschen Kommunen: die Berlin-Nähe. Schon gleich nach der Vereinigung, dem Anschluss des Ostens von Deutschland an die Bundesrepublik Deutschland, begann von Berlin aus ein starker Suburbanisierungsprozess. Viele Berliner zogen jetzt in das schöne Umland. Auch Wildau wurde davon positiv betroffen. Trotz der Massenarbeitslosigkeit stieg die Bevölkerungszahl rasant an.

Und es gab erste Investoren, die in der Nähe von Berlin, innerhalb des Autobahnringes, ihr Geld anlegen wollten. In Wildauentstanden unter anderem Tochtergesellschaften von BMW und Toyota. Eine sehr große, baurechtlich schwierige und umstrittene Investition wurde gegen viele Widerstände getätigt: das A10-Center. Für rund 300 Millionen D-Mark wurde eines der größten, wenn nicht das größte, deutsche Einkaufszentrum mit rund 1.000 Frauen-Arbeitsplätzen in den märkischen Sand gebaut, im ostdeutschen Wildau. Der Begriff „Frauen-Arbeitsplätze“ erntet heute nur noch Hohn und Spott, war aber damals in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit und der Massenabwanderung in Richtung Westen sehr wichtig. Arbeitsplätze wurden geschaffen, die trotz der relativ geringen Bezahlung sehr gern angenommen wurden, vor allem von Frauen. Man konnte mit der eigenen Hände Arbeit wieder sicher sein Geld verdienen und konnte damit auch im Osten bleiben. Die Stärkung der „Frauen-Arbeit“ war ein wichtiger demografischer Faktor für den Osten. Es gab trotzdem Widerstand, vor allem von den Nachbarn (besonders Königs Wusterhausen). Aber Wildau, der Investor und der Bürgermeister Gerd Richter setzten sich durch. Im Herbst 1996 wurde das A10 Center eröffnet.

Ich selbst war Anfang der 90er Jahre noch in Berlin beschäftigt, an „meiner“ Hochschule für Ökonomie (HfÖ) im Bereich Wirtschaftsgeschichte. 1991 kam ich in die so genannte „Warteschleife“. Im selben Jahr wurde die Hochschule abgewickelt. Einen wirklichen Grund dafür gab es aus meiner Sicht nicht. Die neue Ostberliner Politführung soll vor allem dahingehend interessiert/bestrebt gewesen sein. Ich hatte später die Gelegenheit, den damaligen regierenden Bürgermeister Walter Momper daraufhin anzusprechen. „Ihr habt Euch doch kaum gewehrt“, war seine Antwort. Er hatte leider nicht unrecht. Wir – der Bereich Wirtschaftsgeschichte – gingen immerhin den Rechtsweg gegen die Abwicklung, wenn auch erfolglos.

Von einer der gewerkschaftlichen Helferinnen hörten wir intern: „Das geschieht Euch doch recht, was hier passiert“. Eine Begründung lieferte sie nicht. Aber das Thema GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) hatte sich damit für mich erledigt.

Ich brachte parallel noch meine Promotion B zum Abschluss, vergleichbar mit der bundesdeutschen Habilitation. Anfang August 1991 hatte mich mein ehemaliger Chef Prof. Walter Becker überzeugt, die abschließenden Thesen zu schreiben, was ich dann auch mit Hilfe meiner damaligen Frau tat. Die Studien der Promotion B und die Thesensind heute noch lesbar.

Mit ehem. Kollegen der Hochschule für Ökonomie Berlin; Prof. Dr. Michael Laschke (mittig), Prof. Dr. Walter Becker (rechts)

Insbesondere die Studie zum ersten Weltkrieg (2018 noch einmal publiziert) ist nach wie vor aktuell und wichtig, weil sie „das Geheimnis des Krieges“ erklärt.Heute werden der russische Zar und der deutsche Kaiser gern als Traumwandler dargestellt, die mit ihrer verantwortlichen Entourage in den Krieg hineinschlitterten. Das wird den Tatsachen nicht gerecht. Zar und Kaiser sowie viele andere damals politisch Verantwortliche unterschätzten im Juli 1914 den künftigen Krieg völlig, verharmlosten das, was kam, was kommen musste. Der Krieg wurde furchtbar für die Menschen und auch für die damals „allerhöchsten Stellen“. Meine Studie wirkt heute ein bisschen Lenin-lastig. Es schien aber damals unumgänglich, diesen wichtigen Zeitzeugen mit seinen Widersprüchlichkeiten ausführlich zu zitieren, um eine neue Sicht zu begründen. Immerhin fand ich auch Rosa Luxemburg auf meiner Seite, die frühzeitig die wahre Dimension dieses Krieges erkannte.Meine B-Promotion wurde die letzte an der HfÖ.

Schon gleich danach kam der Bruch mit dieser Institution. Ich hätte ins Ausland (Japan) gehen können. Doch ich wollte in Wildau bleiben, meinem Geburtsort. Aber Volkswirte oder Wirtschaftshistoriker hatten jetzt nur geringe neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere wenn sie aus dem Osten kamen.